Die neue Normalität: Nachhaltige Geldanlage 2021 - State ...

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Einblicke
ESG: Umwelt,
Gesellschaft,   Die neue Normalität:
Governance
                Nachhaltige Geldanlage 2021
Dezember 2020
                Carlo M. Funk
                Head of EMEA ESG Investment Strategy

                Suzanne K. Smetana
                Head of ESG Investment Integration

                Klimawandel und andere Nachhaltigkeitsfragen sind vielerorts
                wieder in den Fokus gerückt – trotz (oder gerade wegen)
                der alles dominierenden Pandemie. Die Einstellung an den
                Märkten ändert sich, die Politik macht neue Vorgaben. Viele
                Investoren reagieren: Sie integrieren ESG und Klimaschutz in
                ihre Portfolios. Was heißt das für die Zukunft?

                Wir sind der Überzeugung, dass ESG zur neuen Normalität
                wird. Warum das so ist und welche fünf Nachhaltigkeits­
                themen 2021 prägen werden, erfahren Sie hier.

                1 ESG-Ausblick: Europa als Vorreiter – USA, China und Schwellenländer ziehen mit In der EU
                  treten Regulierungen für ein nachhaltiges Finanzwesen in Kraft, die USA und China schlagen beim
                  Klimawandel einen neuen Ton an und auch in den Schwellenländern dürfte auf ESG-Themen mehr
                  Gewicht gelegt werden.

                2 Klimaneutralität als gemeinsames Ziel von Kapitaleignern, Unternehmen und Staaten Ein
                  Wandel in der Regulierung und ein Umdenken in den Köpfen sorgen für eine verstärkte Zusam-
                  menarbeit von Unternehmen und Investoren auf dem Weg zu einer emissionsärmeren Wirtschaft.

                3 ESG-Daten: Immer besser Die Qualität und Verfügbarkeit von ESG-Daten nimmt zu. So werden
                  die Daten immer spezifischer, wodurch Nachhaltigkeitsherausforderungen sowohl auf breiterer
                  Front als auch nuancierter angegangen werden können.

                4 Tracking Error auf dem Prüfstand Während die Integration von ESG-Kriterien an Bedeutung
                  gewinnt, steht die Bedeutung des Tracking Errors auf dem Prüfstand.

                5 Engagement oder Divestment: Eine hitzige Debatte Was tun, wenn ein Unternehmen die ESG-
                  Erwartungen nicht erfüllt: glattstellen oder das Gespräch suchen? Diese Diskussion wird 2021 an
                  Fahrt aufnehmen.
ESG-freundliche           Europa hat bei der Integration von Nachhaltigkeit in Rahmenwerke für Politik und Wirtschaft bislang
Politik und Regulatorik   den größten Ehrgeiz an den Tag gelegt. Mit dem Aktionsplan der Europäischen Kommission zur
                          Finanzierung nachhaltigen Wachstums wurden mehrere Rechtsvorschriften angestoßen, die
weltweit
                          ein nachhaltiges Finanzwesen begünstigen. Dazu zählt insbesondere die ab dem 10. März 2021
                          anzuwendende Offenlegungsverordnung (SFDR), durch die Vermögensverwaltungen verpflichtet
                          werden, auf Unternehmens- und Produktebene verstärkt über Nachhaltigkeitsaspekte ihrer
                          Investitionsentscheidungen zu berichten. Für den Gesamtmarkt schafft dies die dringend benötigte
                          Transparenz.

                          Sowohl in den USA als auch in China hat in Sachen Klimawandel ein Umdenken eingesetzt. Der künftige
                          US-Präsident Joe Biden hat einen ehrgeizigen, 2 Billionen US-Dollar schweren Klimaplan angekündigt,
                          der für sein Land unter anderem sauberen Strom ab 2035 und Klimaneutralität ab 2050 vorsieht. Um
                          die Bedeutung des Kampfes gegen den Klimawandel zu unterstreichen, dürften Biden Schlüsselposten
                          in der Börsenaufsicht (SEC), im Arbeitsministerium, der Notenbank (Fed) und anderen Behörden und
                          Institutionen überprüfen lassen, um so die Perspektive zu wechseln und nachhaltige Investitionen fördern
                          zu können. Im Übrigen hat sich die Fed erstmalig dahingehend geäußert, dass Investoren aufgrund von
                          auf den Klimawandel zurückzuführenden Extremwettereignissen „unter Umständen ihre Einschätzung
                          des Wertes reeller oder finanzieller Vermögenswerte unvermittelt anpassen müssen.“1

                          Biden hat darüber hinaus den neu geschaffenen Kabinettsposten des Klimabeauftragten mit dem
                          ehemaligen Außenminister John Kerry besetzt. Kerry sieht die Klimakrise als „akute Bedrohung
                          für die nationale Sicherheit“2 und dürfte im Kampf gegen den Klimawandel einen ganzheitlichen
                          Ansatz über Behördengrenzen hinweg verfolgen, der auch den erneuten Beitritt der USA zum Pariser
                          Klimaabkommen vorsieht. Um zu verdeutlichen, dass es der Regierung Biden mit dem Klimaschutz ernst
                          ist, hat Kerry in einer wegweisenden Entscheidung zwei überzeugte Umweltschützer an die Spitze seines
                          Teams berufen.3

                          Auch in China ist eine erfreuliche Entwicklung zu beobachten: Der am Treibhausgasausstoß gemessen
                          größte Klimasünder der Welt will spätestens 2060 klimaneutral wirtschaften. In der Vergangenheit
                          herrschte im Reich der Mitte stets der Primat des Wirtschaftswachstums gegenüber dem Klimaschutz,
                          doch nun hat die Regierung eine Kehrtwende eingeläutet. Für das Ziel der Klimaneutralität wendet sich
                          China von regionalen Initiativen zur CO2-Bepreisung ab und setzt stattdessen auf einen nationalen
                          Emissionshandel, der mit seiner für 2025 geplanten Einführung zum größten CO2-Markt der Welt werden
                          soll.4

                          Rund um den Globus bemühen sich Länder, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, und setzen sich, wie im
                          Pariser Klimaabkommen vereinbart, Klimaneutralität ab spätestens 2050 zum Ziel. Bei der Finanzierung
                          der grünen Wende spielen Staaten eine wesentliche Rolle. Das Emissionsvolumen grüner Anleihen ist
                          2020 gestiegen5 und die Frage, wie die so generierten Erlöse eingesetzt werden, dürfte künftig häufiger
                          gestellt werden. Im Zuge dessen sind auch eine stärkere Kontrolle von und schärfere Anforderungen an
                          als „grün“ geltende Emittenten und Produkte zu erwarten.

                          Neben dem Klimawandel dürfte die systemische Frage der sozialen (Un-)Gerechtigkeit 2021 im Mittel­
                          punkt stehen. Darauf deuten das Wachstum des Marktes sozialer Anleihen und die bis dato größte
                          Emission solcher hin (17 Milliarden Euro durch die Europäische Kommission).6

                          Zudem ist feststellbar, dass das Thema ESG auch in Schwellenländern an Bedeutung gewinnt, was
                          teilweise auf ökologische Herausforderungen – insbesondere die problematische Luftverschmutzung
                          in China und Indien – zurückgeht. So werden auch von Schwellenländern immer mehr grüne Anleihen
                          emittiert,7 was der Entwicklung einer grünen Infrastruktur einen dringend benötigten Schub verleihen
                          könnte. Unternehmen in Schwellenländern berichten verstärkt über ESG- und insbesondere Klima­
                          risiken und tauschen sich mit Investoren u. a. zu Corporate-Governance-Themen aus.8 Für ESG-
                          Schwellenländeranleihen könne 2021 ein entscheidendes Jahr werden.

                          Die neue Normalität: Nachhaltige Geldanlage 2021                                                       2
Wir hoffen, dass diese Fortschritte bei den COP26-Gesprächen im November in Glasgow Früchte tragen.
                      Im besten Fall bekennen sich alle Länder dazu, offenzulegen, wie sie bis spätestens 2050 klimaneutral
                      werden wollen, und integrieren Klimarisiken in ihre Planungen.

                      Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Gesetzgeber ihre Erfahrungen aus dem Kampf gegen die
                      Coronapandemie einsetzen (siehe hierzu auch unseren Beitrag: „COVID-19 and ESG: Four Dimensions“).
                      Eine Impfstoffentwicklung innerhalb weniger Monate – anstatt mehrerer Jahre – wäre ohne
                      internationale Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Diesem Beispiel dürfte man auch auf staatlicher
                      Ebene folgen und Standards für die Integration von Nachhaltigkeit in Politik und Regulatorik schaffen.

Zusammenarbeit        Nachdem Staaten, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden umdenken, folgen nun auch ähnliche
von Kapitaleignern,   Entwicklungen in den Chefetagen der Unternehmen, die in Zukunft im Einklang mit Rahmenwerken
                      wie dem Sustainability Accounting Standards Board (SASB) und der Task Force on Climate-related
Unternehmen und
                      Financial Disclosures (TCFD) mehr Informationen zu ihren ESG-Chancen und -Risiken veröffentlichen
Staaten               dürften. Unseren Erwartungen nach dürften Unternehmen ESG-Themen nicht nur intern, sondern auch
                      extern bzw. über ihre gesamte wirtschaftliche Wertschöpfungskette priorisieren.

                      Klimaneutralität ist ein immer häufiger genanntes Ziel der Wirtschaft, das häufig von Investoren und
                      Kapitaleignern angestoßen wurde. Denn Investoren erkennen den Wert von Unternehmen, die gut für die
                      Energiewende aufgestellt sind und kreative sowie innovative Wege dahin finden. Vor allem bei jüngeren
                      Anlegern ist der Ruf nach mehr Einsatz gegen den Klimawandel laut. Das zeigt auch die Deloitte Global
                      Millennial Survey 2020.9

                      Darüber hinaus erwarten wir, dass immer mehr Kapitaleigner genaue und greifbare Klimaziele innerhalb
                      bestimmter Zeiträume nennen bzw. fordern werden, wie es Unternehmen und Staaten bereits tun.
                      So hat sich die Net-Zero Asset Owner Alliance (AOA) – 30 Pensionsfonds, Wertpapierfirmen und
                      Versicherern mit einem gemeinsamen verwalteten Vermögen von 5 Billionen US-Dollar – verpflichtet,
                      die Treibhausgasemissionen ihrer Anlageportfolios bis 2050 auf netto null zu reduzieren. Das
                      erste definierte Ziel der AOA ist eine Senkung der in ihren Aktien-, Unternehmensanleihe- und
                      Immobilieninvestments enthaltenen Emissionen um 16-29 % bis 2025. Solche Bemühungen von
                      Investoren und Kapitaleignern dürften einen Schneeballeffekt auslösen und zur Norm werden.

                      Beim Thema Klimawandel werden die Planung von Klimaszenarien und reale Portfolioauswirkungen in
                      den Fokus rücken. Die Regulierung wird zu einem bedeutenden Katalysator. So hat z. B. das britische
                      Arbeitsministerium (DWP) kürzlich vorgeschlagen, Pensionspläne mit einem verwalteten Vermögen von
                      über 5 Milliarden Pfund Sterling bis Ende 2022 zu verpflichten, Klimaszenarioanalysen durchzuführen.10

                      Der Klimawandel dürfte die Nachhaltigkeitsdebatte weiter dominieren, dennoch ist eine grundsätzlich
                      differenziertere und breitere Diskussion über das Thema Nachhaltigkeit zu erwarten. Extreme Wetter­
                      ereignisse, von Buschbränden in Australien über Hurrikane in den USA bis hin zu Dürren in Afrika, haben
                      die Aufmerksamkeit auf die systemischen Folgen des Klimawandels gelenkt. Zudem haben bekannte
                      Persönlichkeiten wie David Attenborough Themen wie den Verlust der Biodiversität und bedrohte
                      Öko­systeme einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) nennt
                      den Verlust von Biodiversität und die Zerstörung von Ökosystemen einen „planetarischen Notfall“;
                      geschätzte 44 Billionen US-Dollar – und damit mehr als die Hälfte des weltweiten BIP – sind geringfügig
                      oder sehr von der Natur und ihren Ressourcen abhängig.11 Dem WEF zufolge sind durch weniger natür­
                      liche Ressourcen wirtschaftliche Folgen auf Aktivitäten, Wertschöpfungsketten und Märkte möglich.

                      Um diesen Herausforderungen zu begegnen, werden Unternehmen und letztendlich auch Investoren im
                      Sinne der Gesellschaft und der Umwelt handeln müssen. Der alte Grundsatz, dass Unternehmen allein
                      ihren Anteilseignern dienen, gilt nicht mehr: Es wird nun erwartet, dass Unternehmen Verantwortung
                      für eine breitere Interessengruppe, einschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kunden und
                      Lieferanten, übernehmen.12 Der Trend in Richtung Stakeholder-Kapitalismus und Unternehmenszweck
                      dürfte letztendlich bewirken, dass Unternehmen die langfristigen Auswirkungen ihres Geschäfts auf die
                      ganze Gesellschaft bedenken müssen.

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Qualitativ           Auch wenn sich Anleger zunehmend der Tragweite des Nachhaltigkeitsthemas bewusst werden, lassen
hochwertigere und    sich Strategien aufgrund einer schwierigen Datenlage zuweilen nur bedingt anpassen.13 Um Strategien
                     beispielsweise im Sinne der Biodiversität anzupassen, fehlt es schlicht an (belastbaren) Daten.14
spezifischere ESG-
Daten                Erfreulicherweise verbessert sich die ESG-Datenlage kontinuierlich. Dank strengerer
                     Offenlegungsstandards werden künftig mehr und hochwertigere Daten zur Verfügung stehen, sodass
                     Strategien leichter an Rahmenwerke wie das der TCFD oder an die Ziele für nachhaltige Entwicklung der
                     Vereinten Nationen (auch wenn diese nicht für Anlagezwecke gedacht waren) angepasst werden können.

                     Darüber hinaus wird die Nachfrage nach spezifischeren Daten steigen, die genau die Bedürfnisse des
                     Anlegers bedienen – ganz gleich, ob eine Ausschluss- oder Impact-Strategie verfolgt wird. Da eine
                     Standardlösung hier nicht reicht, werden Datenanbieter ihr Angebot überarbeiten und nuancierter
                     gestalten.

                     Auf die Verbesserung der ESG-Datenlage dürften Unternehmen mit ehrgeizigeren Nachhaltigkeitszielen
                     sowie mehr Transparenz und einem rigoroseren ESG-Ansatz reagieren. Ganz allgemein rechnen wir
                     damit, dass sich die nachhaltige Geldanlage von ihrem Ursprung – einem Anlagekonzept basierend auf
                     den Werten und Überzeugungen der Anleger – entfernen und zu einer objektiveren, messbareren und
                     „wissenschaftlicheren“ Anlagestrategie entwickeln wird.

                     Ebenso dürften dringend benötigte Fortschritte bei der Vereinheitlichung von ESG-Berichtsstandards
                     erzielt werden. So wollen fünf der wichtigsten Rahmenwerke und Normgeber15 künftig gemeinsam auf
                     eine umfassende Unternehmensberichterstattung auch zu Klimarisiken hinarbeiten. In den USA legt
                     das Direktorium des Investment Company Institute heimischen börsennotierten Unternehmen eine
                     umfassendere ESG-Berichterstattung im Einklang mit den Empfehlungen der TCFD und dem SASB
                     nahe. Diese Fortschritte sind äußerst vielversprechend und spiegeln auch die Bemühungen zahlreicher
                     Länder wider, ihre Nachhaltigkeitsregulatorik zu vereinheitlichen.

Umdenken beim        Der Tracking Error16 ist ein bekanntes und wichtiges Risikomaß. Bei der Nachbildung eines Benchmark-
Tracking Error       Indexes müssen Investoren oftmals enge Grenzen für den Tracking Error beachten.

                     Werden bei der Indexmethodik jedoch ESG-Aspekte berücksichtigt, sind Abweichungen von der
                     Standard-Benchmark unausweichlich. Anleger, die ihr Portfolio am Pariser Klimaabkommen ausrichten
                     möchten, müssen also einen gewissen Tracking Error hinnehmen.

                     Unseres Erachtens wird bei der Bewertung des Tracking Errors im ESG-Kontext ein Umdenken
                     einsetzen. Abweichungen von der Standard-Benchmark werden künftig nicht nur akzeptiert, sondern in
                     einigen Fällen (wo zulässig) sogar angestrebt werden – als Beweis dafür, dass ESG- und Klimaaspekte
                     aktiv in den Anlageprozess integriert werden.

                     Auch bei der Frage, inwieweit klassische Benchmarks für die individuellen Ziele der Anleger geeignet
                     sind, ist mit neuen Antworten zu rechnen. In der Folge dürfte die Nachfrage nach maßgeschneiderten
                     Benchmarks steigen.

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Engagement oder        Wenn Strategie oder Aktivitäten eines Unternehmens die ESG-Erwartungen nicht erfüllen, stellt sich den
Divestment?            Anlegern eine Grundsatzfrage: glattstellen oder das Gespräch suchen?
Heiße Debatte um die
                       Ausschlüsse zählen bei vielen ESG-Investoren zum Standard. Die Liste mit Geschäftsaktivitäten und
Gretchenfrage          Verhaltensweisen, die zum Ausschluss führen, ist mit der Zeit länger geworden. Was zum Ausschluss
                       führt, hängt oft von den Werten und Überzeugungen der Anleger bzw. regulatorischen Anforderungen
                       ab. Ein Beispiel dafür ist das Verbot der Europäischen Union, in Unternehmen zu investieren, die an der
                       Herstellung von Massenvernichtungswaffen beteiligt sind.

                       Auch durch ein Divestment lässt sich Druck auf Unternehmen ausüben, was umso wirksamer ist, je
                       mehr Anleger sich zu diesem Schritt entscheiden. Wird ein Unternehmen jedoch ausgeschlossen, weil
                       sein Geschäftsmodell nicht (mehr) mit den Werten des Anlegers vereinbar ist, scheint ein Engagement-
                       Prozess wenig vielversprechend.

                       Der Nachteil eines Divestments: Der Anleger verliert seine Stimme und kann keinen positiven Einfluss
                       mehr nehmen. In manchen Fällen können Anleger aber mehr bewirken, wenn sie direkt das Gespräch mit
                       dem Unternehmen suchen und ihr Stimmrecht nutzen, um Standards zu verbessern.

                       Mit dem Wandel hin zu mehr Transparenz und einem größeren Fokus auf Interessengruppen denn auf
                       Anteilseigner (Stakeholder vs. Shareholder) ist zu erwarten, dass die Bedeutung von Engagement-
                       Aktivitäten steigt. Und je weiter der Wandel hin zu einer emissionsarmen Wirtschaft voranschreitet,
                       desto weniger Anlagemöglichkeiten stehen zur Verfügung, die zur Erfüllung der Pariser Klimaziele
                       verfolgt werden können. Im Zuge dessen werden Engagement-Aktivitäten immer wichtiger, um Strategie-
                       und Risikomanagement im Sinne der Anleger zu gestalten.

                       Insbesondere im Kontext der „universellen Eigentümerschaft“ großer institutioneller Anleger ist die
                       Bedeutung nicht zu unterschätzen, denn diese Anleger sind mit ihren diversifizierten Portfolios in
                       der gesamten Wirtschaft und Finanzwelt engagiert. Beginnt ein Portfoliounternehmen ESG-Fragen
                       abzuwälzen, wirkt sich das auf andere Portfoliounternehmen und schließlich auf die Wirtschaft als
                       Ganzes aus. Universelle Eigentümer sind deshalb im Zugzwang und müssen ihre Bemühungen um ESG-
                       Integration über aktives Aktionärstum und die Strukturierung ihres Vermögens verstärken.

                       Ein interessantes Beispiel findet sich im Energiesektor. Hier üben Öffentlichkeit und Investoren immer
                       stärkeren Druck aus: Sie fordern die Verringerung und schließlich den Ausstieß aus dem Geschäft
                       mit fossilen Brennstoffen. Mehrere große Energieunternehmen haben sich deshalb Ziele zur CO2-
                       Reduktion gesetzt, ihre Investitionen in erneuerbare Energien hochgefahren und sich verpflichtet, keine
                       neuen Ölfelder zu erschließen.17 Während einige ihr Geschäftsmodell wesentlich schneller anpassen
                       als andere,18 ist allen etablierten Anbietern eines gemein: Ihr Ausstieg aus dem Geschäft mit fossilen
                       Brennstoffen wird nicht von heute auf morgen möglich sein.

                       Damit sind wir bei der Gretchenfrage angelangt: Sollen Unternehmen (des Energiesektors) aufgrund
                       ihrer Aktivitäten im Bereich fossiler Brennstoffe grundsätzlich ausgeschlossen werden oder wäre
                       ein differenzierterer Ansatz – die Hinwirkung auf langfristige Veränderung durch entsprechendes
                       Engagement und Stimmrechtsausübung – zielführender? Diese Debatte dürfte 2021 heiß geführt
                       werden.

                       Die neue Normalität: Nachhaltige Geldanlage 2021                                                          5
Fazit      Überlegungen zum Thema Nachhaltigkeit werden sich im kommenden Jahr auf mehreren Ebenen noch
           stärker manifestieren.

           Die internationale Vernetzung wird der ESG-Regulierung jenseits von Europa einen Schub verleihen.
           Der Klimawandel wird nicht nur für Staaten und Unternehmen das alles bestimmende Thema bleiben,
           sondern auch bei universellen Eigentümern zur Priorität werden.

           Durch Verbesserungen in der Datenlandschaft ist mit nuancierteren ESG-Ansätzen zu rechnen. Dadurch
           wird ESG zu einer objektiveren, messbareren und „wissenschaftlicheren“ Anlagestrategie.

           ESG wird neben Risiko und Rendite zunehmend zur dritten Dimension. Bei der Bewertung des Tracking
           Errors gegenüber einer Standard-Benchmark wird deshalb ein Umdenken einsetzen. Zu diesem Thema
           gehört auch die Gretchenfrage: Divestment oder Engagement? Insbesondere im Energiesektor werden
           2021 immer mehr Investoren ihre Stimmrechte nutzen, um ihren ESG-Forderungen Nachdruck zu
           verleihen.

Endnoten   1   https://federalreserve.gov/publications/brainard-               10 https://gov.uk/government/news/britain-s-pension-
               comment-20201109.htm.                                              schemes-lead-on-climate-risk.

           2   https://twitter.com/JohnKerry/                                  11 https://weforum.org/reports/nature-risk-rising-why-the-
               status/1330925522579312640.                                        crisis-engulfing-nature-matters-for-business-and-
                                                                                  the-economy.
           3   https://ft.com/content/c468eb5b-0b86-43c7-b20d-
               646948e77c66.                                                   12 https://mckinsey.com/business-functions/organization/our-
                                                                                  insights/purpose-shifting-from-why-to-how.
           4   https://weforum.org/agenda/2020/11/china-national-
               emissions-trade-scheme-within-five-years/.                      13 https://ssga.com/library-content/pdfs/insights/into-the-
                                                                                  mainstream.pdf.
           5   Moody’s zufolge wurde im zweiten Quartal 2020 ein
               globales Rekordvolumen von 99,9 Milliarden US-Dollar            14 https://ft.com/content/100f0c5b-83c5-4e9a-8ad0-
               (75,5 Milliarden Pfund Sterling) an nachhaltigen und grünen        89af2ea4a758.
               Anleihen begeben: https://edie.net/news/7/Moody-s--Global-
               green-bond-issuance-reached-record-high-amid-Covid-             15 CDP, Climate Disclosure Standards Board (CDSB), Global
               19-crisis/.                                                        Reporting Initiative (GRI), International Integrated Reporting
                                                                                  Council (IIRC) und Sustainability Accounting Standards
           6   Die Emission bestand aus zwei Anleihen: 10 Milliarden              Board (SASB).
               Euro mit Fälligkeit im Oktober 2030 und 7 Milliarden Euro
               mit Fälligkeit 2040. https://ec.europa.eu/commission/           16 Der Tracking Error entspricht der Standardabweichung
               presscorner/detail/en/ip_20_1981.                                  der Differenz zwischen den Erträgen eines Fonds und der
                                                                                  Benchmark.
           7   https://globalcapital.com/article/b1pkxvl3b7vjnp/trendy-em-
               green-bond-market-reaches-critical-mass.                        17 Beispiel Total: https://total.com/sites/g/files/nytnzq111/files/
                                                                                  documents/2020-10/total-climate-report-2020.pdf.
           8   https://portfolio-institutional.co.uk/features/esg-a-growing-
               trend-in-emerging-markets/.                                     18 https://bloomberg.com/news/articles/2020-10-05/exxon-
                                                                                  carbon-emissions-and-climate-leaked-plans-reveal-rising-
           9   https://www2.deloitte.com/global/en/insights/topics/talent/        co2-output.
               deloitte-millennial-survey.html.

           Die neue Normalität: Nachhaltige Geldanlage 2021                                                                                          6
About State Street                                     Wir unterstützen Staaten, institutionelle Anleger und Berater aus aller Welt bei der Erreichung ihrer
Global Advisors                                        Finanzziele. Dabei lassen wir uns von vier Grundsätzen leiten:

                                                       •    Wir setzen auf Disziplin.
                                                       •    Wir nutzen unsere Fähigkeiten.
                                                       •    Wir wirtschaften nachhaltig.
                                                       •    Wir entwerfen die Zukunft.

                                                       Nicht zuletzt dank dieser Grundsätze sind wir seit vierzig Jahren der Fels in der Brandung der Märkte.
                                                       Millionen Menschen sichern mit uns ihre finanzielle Zukunft ab. Damit dies gelingt, braucht es jede und
                                                       jeden unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 31 Standorten rund um den Globus. Sie teilen die
                                                       gemeinsame Überzeugung, dass es immer noch besser geht. Wir sind der drittgrößte Asset Manager der
                                                       Welt und verwalten im Namen unserer Kunden 3,15 Billionen US-Dollar*.

                                                       * Stand: 30. September 2020. Dieser Betrag enthält rund 80,51 Milliarden US-Dollar in SPDR-Produkten, für die State Street Global
                                                          Advisors Funds Distributors, LLC (SSGA FD) lediglich als Vermarktungsagentur dient. SSGA FD und State Street Global Advisors sind
                                                          verbundene Unternehmen.

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                                                       tatsächlichen Ergebnisse oder Entwicklungen von       Entscheidungen, die auf der Grundlage dieser            Empfehlung noch eine „Wertpapieranalyse“,
                                                       den prognostizierten deutlich unterscheiden           Informationen getroffen wurden; vielmehr sollten        sondern vielmehr um eine „Marketing­
State Street Global Advisors in aller Welt             können.                                               diese Informationen nicht als Entscheidungs­            mitteilung“ im Sinne der Richtlinie über
                                                                                                             grundlage dienen.                                       Märkte für Finanzinstrumente (2014/65/EU)
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werden, noch dürfen ihre Inhalte gegenüber Dritten     Informationen sind nicht als Aufforderung zum Kauf    Kapitalverlusts.                                        rechtlichen Anforderungen zur Förderung der
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                                                       betrachten. Anlageziele, Strategien, Steuerstatus     Die hier genannten Marken und Dienstleistungs­          erstellt wurde und (b) keinem Handelsverbot
Bei den in dieser Mitteilung zum Ausdruck              oder Anlagehorizont des einzelnen Investors finden    marken sind das Eigentum der jeweiligen Inhaber.        vor der Verbreitung von Investment-Research
gebrachten Einschätzungen handelt es sich um die       keine Berücksichtigung. Sie sollten Ihren Steuer-     Drittdatenanbieter übernehmen keinerlei Gewähr          unterliegt.
von Carlo M. Funk und Suzanne K. Smetana               bzw. Anlageberater konsultieren. Sämtliche            hinsichtlich der Fehlerfreiheit, Vollständigkeit und
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                                                       Die neue Normalität: Nachhaltige Geldanlage 2021                                                                                                          7
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