Editorial - Interstellarum
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Editorial fokussiert Liebe Leserinnen und Leser, als Galileo Galilei vor 400 Jahren, im Herbst 1609, sein Fernrohr erst- mals gen Himmel richtete, traute er kaum seinen Augen: Hinter der Jahrtausende lang bekannten Fassade der nächtlichen Gestirne verbar- gen sich völlig neuartige Sinneseindrücke. Die Beobachtungen aus dem Winter 1609/1610 machten den Italiener nicht nur weltberühmt, son- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. dern auch zum Vorbild für uns heutige Amateurastronomen: Mit dem gerade erfundenen Teleskop sah Galilei die Mondkrater, verfolgte die Jupitermonde und zeichnete Sternhaufen (Seite 14). Vier Jahrhunderte später vollziehen Sternfreunde diese Pioniertaten immer neu nach. Nimmt man das wörtlich und beobachtet mit ähnlichen Optiken, wie Galilei sie zur Verfügung hatte, erkennt man, welche beobachterische Ronald Stoyan, Chefredakteur Leistung sich dahinter verbirgt (Seite 18). Viel besser als Galileis Teleskope, auch wenn der Name das nicht ver- muten lässt, ist ein Gerät, das zum internationalen Astronomiejahr 2009 aufgelegt wurde. Das Galileoscope ist ein einfacher 50mm-Refraktor, der mit vorgefertigten Teilen in kürzester Zeit zu einem voll funktions- fähigen Teleskop zusammen gebaut werden kann. Mit einer Stückzahl von über 100000 ist kaum ein Fernrohr je in größerer Auflage herge- stellt worden, mit einem Preis von 30 Euro kaum je eines preiswerter. in- terstellarum-Redakteur Daniel Fischer hat das innovative Gerät getestet (Seite 50). Schubsen statt Schauen ist das Motto für viele Besitzer von Dobson- Teleskopen: Die manuelle Nachführung gerade bei hohen Vergröße- rungen erfordert viel Fingerspitzengefühl. Wer stattdessen handwerk- liches Geschick hat, kann sich Abhilfe schaffen mit einer äquatorialen Nachführplattform. Deren Prinzip ist schon länger in Umlauf, doch erst in den letzten Jahren hat sich der Selbstbau unter Amateurastronomen verbreitet. Mit Reiner Vogel zeigt ein ausgewiesener Dobson-Experte, worauf man bei der Konstruktion achten muss (Seite 58). Eine sternreiche Weihnachtszeit wünscht Ihr Titelbild: 400 Jahre ist es her, dass Galileo Galilei als einer der ersten Menschen mit einem Fernrohr Astronomie betrieb. Zu seinen berühmtesten Entdeckungen ge- hörten die nach ihm benannten Galileischen Monde. Unsere Collage zeigt ein Portrait des alten Galilei, eines seiner Fernrohre und die vier Jupitermonde. NASA, Justus Sustermans interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 1
Inhalt Hintergrund aktuell auf www.interstellarum.de Hauptartikel 14 Mondgebirge und Jupitermonde Die ersten teleskopischen Die interstellarum-Einsteigerseiten Entdeckungen vor 400 Jahren 18 Astro- Wissen: Wie gut waren Galileis Teleskope? Schlagzeilen 10 Beteigeuze in Aufruhr Beobachtungen, Forschung, Szene Erdähnlicher Exoplanet aktuell informiert alle 14 Tage Jupiters Über- 11 Die Vermessung des raschungsjahr 36 kalten Universums Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Gravitationsechos aus der Frühzeit des Universums 12 Raumfahrt aktuell: Hubble Space Telescope wie neu ausgewählte Angebote für interstellarum-Leser Himmel Ereignisse 20 Silvesternacht mit Extrashow Partielle Mondfinsternis am Galaxienhaufen im Amateurteleskop, Teil 1: 31. Dezember 2009 Abell 757 bis Abell 2064. Geminiden - Meteore am 14. Dezember Galaxienhaufen im Amateurteleskop, Teil 2: 21 Partielle Sonnenfinsternis Abell 2065 bis Abell 2256. Narben auf am 15. Januar 2010 Mond bei Jupiter und Neptun dem Mond 38 am 21. Dezember Deep-Sky Sonnensystem 42 Messier-Objekte 24 Sonne aktuell: Ein im Mini-Newton fleckenloser August Mit einem 76/700mm 25 Planeten aktuell: Newton erfolgreich Deep- Mars in Opposition Sky-Objekte beobachten 26 Kometen aktuell: 81P/Wild – ein bestens erforschter Komet 45 Zoom auf den Sternhimmel Californianebel Eine visuelle Annäherung 29 Astronomie mit bloßem Auge: M 45 an NGC 1499 29 Astronomie mit dem Fernglas: 49 Praxis-Wissen: Wie reinigt Doppelsterne in den Plejaden man Optiken fachgerecht? Zoom auf den 30 Objekt der Saison: IC 2118 Technik Californianebel 45 32 Objekt der Saison: M 78 33 Deep-Sky Herausforderung: Test Sharpless 188 50 Massenteleskop zum Mini-Preis Praxis Das Galileoscope im Test Sonne Astrofotografie 34 Farben einer Finsternis 54 Finsternis-Dirigent Beobachtungen zur Sonnenfinsternis Eclipse Orchestrator im Praxistest vom 22. Juli 2009 Selbstbau Planeten 58 Schauen statt Schubsen 36 Jupiters Eine automatische Nachführung Überraschungsjahr für Dobson-Teleskope Amateurastronomen verfolgen 63 Technik-Wissen: Wie reduziert den Riesenplaneten man das Rauschen von Schauen statt Mond Digitalkameras? (Teil 2) Schubsen 58 38 Narben auf dem Mond Unterwegs im Terra Sanitatis 2 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
Mondgebirge und 14 Jupitermonde Die ersten teleskopischen Entdeckungen vor 400 Jahren Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Beobachtungen Rückblick Massenteleskop 50 65 Halbschatten-Mondfinsternis am 6.8.2009 zum Mini-Preis: 66 First Light Kleine Nachführfehler ausbügeln Das Galileoscope im Test Objekte der Saison 68 M 37 / NGC 1907 Galerie 72 Astrofotos unserer Leser Service Szene 74 »Highlights der Physik« Das Astronomiejahr geht in die letzte Runde Rezensionen 76 Helden des Himmels Nebel und Sternhaufen Himmelsfotografie mit der digitalen Spiegelreflexkamera Astromarkt 77 Kleinanzeigen 1 fokussiert 2 Inhaltsverzeichnis 77 Leserhinweise 78 Vorschau, Impressum interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 3
Hintergrund Schlagzeilen von Susanne und Peter Friedrich Beteigeuze in Aufruhr B eteigeuze (α Ori), der linke Schulter- stern des Orion, ist ein Roter Überriese, dessen Durchmesser den der Sonne um fast das 1000-fache übertriff t – an die Stelle der Sonne gesetzt würde er sich fast bis zur Um- laufbahn des Jupiter erstrecken. Auch seine Leuchtkraft ist mit dem 100000-fachen der Sonnenleuchtkraft gewaltig. Beteigeuze befindet sich bereits in der letzten Phase seines für Sterne recht kurzen Lebens von nur einigen Millionen Jahren. In Form eines Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. heftigen Sternwinds bläst sie riesige Men- gen an Molekülen und Staub ins Weltall. Pro Jahr büßt Beteigeuze so ungefähr eine Erdmasse an Substanz ein. Dieses Materi- al fließt in den Kreislauf der Elemente und dient als Baustoff für die nächste Genera- tion von Sternen. Wie dieser Massenverlust zustande kommt, ist jedoch ungeklärt. ESO PR PHOTO 27B/09 Obwohl Beteigeuze einen Durchmes- ser von 1,3 Milliarden Kilometern besitzt (Sonne: 1,39 Millionen), erscheint der Stern aufgrund seiner Entfernung von 640 Licht- jahren selbst in den größten Teleskopen Beteigeuze mit einer Auflösung von 37 Millibogensekunden. Deutlich ist die abge- lediglich als verwaschener rötlicher Fleck blasene Materie in der Umgebung zu erkennen. unter einem Winkel von nicht mehr als 43 Millibogensekunden. Am VLT konnte Prozesse wie Konvektion im Inneren des wegt. Der Durchmesser der beobachteten jetzt im infraroten Spektralbereich mit Sterns begünstigt sind, Ursache dieser Un- Gasblasen entspricht etwa dem der Mars- adaptiver Optik und der auch bei Ama- gleichmäßigkeit. Durch die Kombination bahn und erreicht damit die Dimensionen teurastronomen beliebten »Lucky-Ima- dreier sog. Hilfsteleskope mit 1,8m Durch- des Sterns selbst. Die exakte Ursache die- ging-Methode« eine Auflösung von 37 Mil- messer des Very Large Telescope Interfe- ser heftigen Aktivität ist noch nicht geklärt, libogensekunden erreicht werden. Man rometers (VLTI) konnte auch diese Frage es liegt jedoch nahe, dass die gewaltigen entdeckte eine Gasblase mit der Größe des beantwortet werden: Zum ersten Mal ist es Gasblasen Materie von der Sternoberfläche sechsfachen Durchmessers des Sterns. Da- nämlich gelungen, die Gasbewegungen in in den umgebenden Raum befördern. Das raus kann man schließen, dass Materie von der Atmosphäre eines anderen Sterns als bedeutet auch, dass die Materie nicht ru- Beteigeuze nicht in alle Richtungen glei- der Sonne räumlich aufzulösen. So zeigen hig und gleichförmig als Sternwind abfließt, chermaßen abströmt. Wahrscheinlich sind die Beobachtungen, dass sich das Gas in der sondern eher explosiv in Form von Mate- die Pole aufgrund der Rotation oder be- Atmosphäre von Beteigeuze mit Geschwin- riebögen oder Klumpen. [MPG SP / 2009 stimmte Stellen der Oberfläche, die durch digkeiten von 40000km/h auf und ab be- (147), ESO Science Release 27/09] Erdähnlicher Exoplanet Ein im Februar 2009 durch den Satelliten CoRoT (vgl. in- terstellarum 52) entdeckter extrasolarer Planet im Sternbild Monoceros wurde mit dem 3,6m-Teleskop der ESO genauer untersucht, um seine Masse zu bestimmen. Das 500 Lichtjahre entfernte Objekt, das jetzt die Bezeichnung CoRoT-7b trägt, umläuft einen ca. 1,5 Milliarden Jahre alten Stern (TYC 4799- 1733-1 / CoRoT-7), der etwas kleiner und kühler als die Sonne ist. In einer Entfernung von nur 2,5 Millionen Kilometern um- kreist er diesen alle 20,4 Stunden. Bei jedem Umlauf verdeckt er einen kleinen Teil der Sternoberfläche, was zu dem leichten ESO/DIGITIZED SKY SURVEY Lichtabfall des Sterns führt, welcher von CoRoT gemessen wur- de. Während aus den Messdaten von CoRoT eine Größe des Pla- Der Stern CoRoT-7 (Bildmitte) im Sternbild Einhorn. 10 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
Schlagzeilen neten von gut 20000km hervorgeht, waren fünffache Erdmasse und zusammen mit dem Die spektrografischen Untersuchungen zur Bestimmung der Masse spektrografische Planetendurchmesser eine Dichte, die der am 3,6m-Teleskop ergaben außerdem, dass Nachbeobachtungen notwendig, mit denen der Erde ähnelt. Es handelt sich also offen- es einen zweiten Planeten um denselben die durch den Planeten hervorgerufene Be- bar nicht um einen Gasplaneten, sondern Stern gibt, der die achtfache Erdmasse be- wegung des Sterns um den gemeinsamen wahrscheinlich um einen Gesteinsplaneten, sitzt und in größerer Entfernung umläuft. Schwerpunkt gemessen werden konnte. Da- der neben der Größe der Erde auch in dieser [ESO Science Release 33/09] raus ergibt sich für den Planeten etwa die Hinsicht ähnlich wäre. Die Vermessung des kalten Universums Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. ESO PR PHOTO 24A /09 Die galaktische Ebene mit zahlreichen Sternentstehungsgebieten, einzelnen Wolken und größeren Komplexen, beobachtet mit der neuen Submillimeter-Kamera des MPI für Radioastronomie bei Wellenlängen von 0,87mm und 8μm – 20μm. Ein internationales Team von Astro- nige Lichtjahre im Durchmesser und haben und größtformatigen aus einer Serie von nomen unter der Leitung von Forschern die zehn- bis einige tausendfache Masse am MPIfR gebauten Bolometer-Kameras des Max-Planck-Instituts für Radioastrono- unserer Sonne. Das ist hinreichend für die erstellt, die am »Atacama Pathfinder Expe- mie (MPIfR) in Bonn hat einen Himmelsat- Entstehung massereicher Sterne oder so- riment« (APEX), einem Submillimetertele- las bei Submillimeter-Wellenlängen erstellt, gar Sternhaufen. Dazu zeigen die Daten skop in 5100m Höhe in Chile zum Einsatz der einen bis dato nicht möglichen Blick in auch diffuse Strahlung aus dem Bereich kommt. Er umfasst einen Flächenbereich die inneren Regionen unserer Heimatgala- zwischen den Staubklumpen, eine Reihe von ca. 95 Quadratgrad am Himmel und xie, der Milchstraße, ermöglicht. Die Karten von filamentartigen Strukturen und Blasen verläuft in einem nur 2° breiten Streifen zeigen diesen Bereich übersät mit Tausen- im interstellaren Medium, die durch Super- entlang der Ebene unserer Milchstraße über den vorher nicht entdeckter dichter Knoten nova-Explosionen und die Winde masse- eine Gesamtlänge von mehr als 40°. [PRI von kaltem kosmischem Staub, wahrschein- reicher Sterne erzeugt wurden. (MPIfR) 07/2009 (2)] lichen Geburtsorten neuer Sterne. Diese Der Atlas wurde bei einer Wellenlänge Staubklumpen umfassen typischerweise ei- von 0,87mm mit LABOCA, der neuesten Gravitationsechos aus der Frühzeit des Universums Ähnlich wie bei der kosmischen Mikro- wellen-Hintergrundstrahlung nimmt man an, dass der Urknall eine Flut von Gravita- tionswellen – winzige Verzerrungen der Raum-Zeit – verursacht hat, die noch immer das Universum ausfüllen und Informationen über die Zeit unmittelbar nach dem Urknall Das LIGO-Interferometer in Hanford zur Messung von Gravitationswellen. Deutlich sind die beiden Arme zu sehen, in denen La- LIGO L ABORATORY serstrahlen hin und her laufen. Mit ihnen wer- den Längenunterschiede gemessen, die sich durch Gravitationswellen ergeben. 11
Schlagzeilen mit sich tragen. Die Existenz von Gravitati- onswellen wurde von Albert Einstein be- Raumfahrt aktuell reits 1916 im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Diese frü- Hubble Space Telescope wie neu hen Gravitationswellen sind vergleichbar mit der Überlagerung von verschieden gro- ßen und aus unterschiedlichen Richtungen kommenden Wellen, die sich auf der Ober- D as Weltraumteleskop Hubble ist wie- dundanz mehr besaßen: Das war mindes- der da – generalüberholt und mit tens genau so wichtig. Bei der Wartungs- neuen Instrumenten versehen, die sogar mission hatten die Shuttle-Astronauten fläche eines Teiches überlagern. Die Stär- schon ihre ersten echten Entdeckungen — zum Teil improvisierend und mitunter ke dieses Gravitationswellenhintergrundes gemacht haben. Nach dem 5. und letz- mit roher Gewalt — bei fünf Außenbord- steht in direktem Zusammenhang mit den ten Besuch durch Astronauten im Mai arbeiten alle ihrer zahlreichen Aufgaben Parametern, die das Verhalten des Univer- war zunächst wenig von Hubble zu hö- erfüllen können: Das Weltraumteleskop sums während der ersten Minute nach dem ren gewesen, abgesehen von vereinzel- bekam einen neuen Datencomputer Urknall bestimmt haben. Diese Informa- ten Betriebsstörungen und natürlich ei- verpasst, neue »Gyros« zur Lagebestim- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. tionen können bisher mit keiner anderen ner Aufnahme des neuen, vergänglichen mung, neue Batterien (die durch die astronomischen Methode als der Gravitati- Impaktflecks auf dem Jupiter. Doch im Solarzellen immer wieder neu aufgela- onswellenforschung erschlossen werden. Hintergrund geschah eine Menge: Die den werden), einen neuen Fine Guidance Die Untersuchung basiert auf Daten, die beiden neu installierten Instrumente Wi- Sensor zur präzisen Ausrichtung, an kri- von den drei amerikanischen LIGO-Inter- defield Camera 3 (WFC3) und Cosmic tischen Stellen neue Außenverkleidung ferometern mit Armlängen von zwei bzw. Origins Spectrograph (COS) und die bei- und natürlich die beiden brandneuen vier Kilometern aufgenommen wurden. Je- den reparierten ACS und STIS sowie die Instrumente, während die zwei alten re- der Detektor besteht aus einem L-förmigen zeitweilig eingefrorene NICMOS mussten pariert wurden. Außerdem war noch ein Laserinterferometer, dessen Laserstrahl in hochgefahren und am Himmel getestet spezieller Andockstutzen montiert wor- zwei Teilstrahlen aufgespaltet wird, die in werden. Seit September jagt nun eine den, an dem sich irgendwann nach 2020 den Armen des Interferometers hin und Erfolgsmeldung die nächste: Zunächst einmal ein Roboter festkrallen und Hub- her laufen. Die beiden Strahlen dienen zeigte die NASA am 9. des Monats ein ble zum gezielten Absturz in den Pazifik dazu, Längenunterschiede zwischen den paar der Early Release Observations vor, bringen soll – wenn man sich nicht doch Armen präzise zu messen. Nach der allge- die während der Tests entstanden waren noch entscheiden sollte, den legendären meinen Relativitätstheorie wird ein Arm des – und bereits am 10. wurde die erste For- Satelliten wieder einzufangen und ins Interferometers von einer durchquerenden schungsarbeit mit dem »neuen« Hubble Museum zu stellen. Gravitationswelle ein wenig gestreckt, wäh- eingereicht, der alle paar Tage weitere Daniel Fischer rend gleichzeitig der andere ein wenig folgten. Die ersten befassten sich mit ei- gestaucht wird. Das Interferometer ist so ner besonders »tiefen« Aufnahme eines So sieht Hubbles neue Kamera WFC3 konstruiert, dass Längenänderungen zwi- Sternfeldes, in dem die Kamera WFC3 die bekannte Galaxiengruppe Ste- schen den beiden Armen von weniger als auf Galaxien mit Rotverschiebungen um phans Quintett. Aufnahmen im blauen, einem tausendstel des Durchmessers eines 8 gestoßen zu sein scheint, der Spektro- grünen, nahen infraroten Spektralbereich Atomkerns gemessen werden können. Auf- graph COS nahm sich der Chemie eines und in einer Wasserstofflinie wurden hier grund dieser außergewöhnlichen Genau- Supernovarests an, und wiederum die zusammengefügt, um vor allem unter- igkeit können mit Hilfe der Instrumente WFC3 entdeckte den »vermissten« Zen- schiedliche Sternpopulationen heraus- jetzt einige Modelle zur Entwicklung des tralstern des Planetarischen Nebels NGC zuarbeiten. frühen Universums getestet werden, die da- 6302. NASA, ESA, H UBBLE SM4 ERO T EAM von ausgehen, dass ein Gravitationswellen- Hatte Hubble vor der Hintergrund produziert wurde. Da dieser Servicing Mission nur aber nicht beobachtet wurde, können sol- drei funktionsfähige In- che Modelle zum frühen Universum ausge- strumentenkanäle beses- schlossen werden, die einen relativ starken sen, so sind es nun de- Hintergrund voraussagen. Damit kann man ren 13, einige davon viel die Parameter, die das Universum im Alter empfindlicher als die bis- von weniger als einer Minute beschrei- herigen Detektoren. Bis ben, einschränken. [Max-Planck-Institut für auf ein 30-faches dürfte Gravitationsphysik Albert Einstein Institut die Datenrate am Ende 19.8.2009] ansteigen, und ein nahe- zu lückenloser Spektral- Surftipps bereich vom Ultraviolet- ten bis (nahen) Infraroten JPL/NASA: www.jpl.nasa.gov steht Hubble nun offen. Space Telescope Science Institute: Zudem sind diverse Ver- www.stsci.edu schleißteile ersetzt wor- ESO Presse Mitteilungen: den, die sich schon dem www.eso.org/outreach/press-rel Max-Planck-Gesellschaft: Ende ihrer Lebensdauer www.mpg.de näherten und keine Re- 12 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 13
Hintergrund Hauptartikel Mondgebirge und Jupitermonde Die ersten teleskopischen Entdeckungen vor 400 Jahren VON RONALD STOYAN Kaum war das Teleskop im Jahr 1608 in Holland erfunden worden (vgl. in- Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. terstellarum 66), verbreitete sich die Kunde davon wie ein Lauffeuer, so dass auch Astronomen in England, Italien und Deutschland binnen we- niger Wochen davon erfuhren. Ihre selbstgebauten Instrumente richte- ten Galileo Galilei und andere im Sommer 1609 erstmals an den Him- mel. Was auf die Neugier folgte, wa- ren bahnbrechende Entdeckungen – und die ersten dokumentierten visuellen Teleskopbeobachtungen von Mond, Planeten und Deep-Sky- Objekten. Abb. 1: Der Pionier der astronomischen Teleskopbeobachtung: Galileo Galilei (1564–1642) beobachtete vom November 1609 bis zum März 1610 den Mond, die Milchstraße, verschiedene Deep-Sky-Ob- jekte sowie Jupiter und seine Monde und dokumentierte seine Ergebnisse in Zeich- nungen. D ie Nachrichten von der Erfindung land schon im Oktober 1608, dass bei der tronomie war geboren. Harriot dokumen- des Teleskops verbreiteten sich Vorführung des Geräts durch Lipperhey tierte seine Beobachtung mit einer Skizze, schnell in Europa. Schon wenige »sogar diejenigen Sterne, die normalerweise die noch erhalten ist (Abb. 2). Monate nachdem Hans Lipperhey mit sei- für unser Auge unsichtbar sind, weil sie so Von Harriots Schüler William Lower ist nem Fernrohr am 2. Oktober 1608 bei den klein und unscheinbar sind, mit diesem In- die erste etwas ungelenke Beschreibung niederländischen Generalstaaten vorstellig strument erkannt werden können.« Defini- der Mondoberfläche überliefert: »sieht aus wurde, waren erste Exemplare im Herbst tivere Quellen für diese ersten Versuche am wie die Torte, die mein Koch letzte Wo- 1608 in Frankfurt und Paris aufgetaucht. Sternhimmel liegen jedoch nicht vor. che herstellte: hier ein heller Fleck und da Von einem Franzosen erhielt auch Galileo Genaueres weiß man von Thomas Harri- ein dunkler, alles konfus durcheinander.« Galilei im darauf folgenden Frühjahr Nach- ot, einem englischen Privatgelehrten – dem Harriot ließ weitere Mondbeobachtungen richt von der neuen Erfindung. nachweislich ersten Menschen, der gezielt folgen, im Winter 1610 nahm er auch die astronomische Beobachtungen mit einem Plejaden aufs Korn, sah die Jupitermonde Erste Beobachtungen: Harriot Teleskop durchführte. Harriot hatte bereits am 17.10.1610 nach Kenntnis der Beobach- im Sommer 1609 ein holländisches Fern- tungen von Galilei und nutzte irdische Ne- Die Idee, das neue Instrument an den rohr zur Verfügung. Am 26.7.1609 (julia- bel und Wolken, um in die Sonne zu schau- Himmel zu richten, hatte aber nicht der nischer Kalender, 5.8. nach heutigem Da- en – ohne Filter! 1611 veröffentlichte er die große italienische Gelehrte als erster. So tum) richtete er ein 6-fach vergrößerndes erste teleskopische Mondkarte mit einem berichtete der Botschafter von Siam in Hol- Glas auf den Mond: Die teleskopische As- Durchmesser von 15cm (Abb. 3). 14 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
a b c Abb. 2: Die älteste erhaltene Teleskop- mit »seiner« Erfindung nicht zu früh – nur zeichnung: Die Mondsichel am 26. Juli 1609 wenige Wochen später waren in Venedig nach Thomas Harriot (a), sowie zwei weitere allerorten weitere Fernrohre anderer Her- Skizzen vom 17.7. (b) und 17.8.1610 (c). steller, v.a. von Brillenmachern zu finden. Galilei experimentierte weiter und kon- struierte Fernrohre mit 20-facher und Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 30-facher Vergrößerung. Im Spätherbst 1609 begann er mit astronomischen Beo- bachtungen: Schon im Oktober 1609 rich- tete er erstmals ein Fernrohr auf den Mond, führte jedoch erst vom 31.10. bis zum 19.12. jene sechsteilige Beobachtungs- reihe durch, deren Ergebnisse später pu- bliziert wurden. Galilei erkannte, dass der Mond »keine glatte und polierte Fläche hat, sondern rau und uneben und – gleich dem Antlitz Erde – überall bedeckt ist mit gro- ßen Erhebungen, tiefen Schluchten und Hügeln.« Er hatte bereits die richtige Idee Abb. 3: Harriots Mondkarte, die erste ihrer zur Messung der Mondberghöhen aus ih- Art überhaupt, wurde 1611 vollendet. rem Schatten und spekulierte über die Na- tur der dunklen Flecken als ausgedehnte Harriot stellte verschiedene Teleskope Wasserflächen. auch für Auftraggeber her. Seine eigenen Instrumente besaßen Vergrößerungen von Die ersten Zeichnungen 10×, 20× und 32×. Das Gesichtsfeld betrug von Mond… jeweils nicht mehr als 15'! Abb. 4: Galileo Galilei war nicht nur Physi- Wie Harriot zeichnete Galilei das Ge- ker und Astronom, sondern auch ein Künst- Galilei: bahnbrechende sehene. Seine großartigen Originalzeich- ler, wie diese Originalzeichnungen aus dem Entdeckungen nungen, ausgeführt mit Wasserfarben Herbst 1609 beweisen. Auch die von der Erde und noch nicht in der Bildorientierung beleuchtete Nachtseite des Mondes ist ein- Galileo Galilei erfuhr im April oder ausgerichtet wie die später veröffentlich- gezeichnet! Mai 1609 vom Teleskop aus den Nieder- ten Kopien, sind erhalten geblieben (Abb. landen und Frankreich. Da ein Gerät aus 4): Sie überzeugen noch heute durch ihre Begrenzungen, glühenden Bergrücken Paris zu teuer gewesen wäre, probierte er Lebendigkeit und Wiedergabe. Galilei gleich, gekrönt.« Galilei vergleicht diese sich aufgrund der Hinweise seines Pariser hatte ein geschultes Auge, denn er hatte Situation bildlich mit einem Sonnenauf- Informanten selbst an der Konstruktion. Kunst studiert und war an Malerei inte- gang auf der Erde, »wenn wir die noch Laut eigener Aussage führte ihn sein Ver- ressiert. Dieses Können wird gerade im nicht mit Licht erfüllten Täler sehen, die ständnis der Theorie der Lichtbrechung zu Gegensatz zu Harriots kruden Kritzeleien Berge aber, die sie auf der von der Sonne einem funktionierenden Ergebnis; wahr- deutlich – die Ausdruckskraft und Be- abgewandten Seite umgeben, bereits voll scheinlicher ist aufgrund der damals noch deutung seiner Beobachtungen lebte aber erglänzen«. nicht gelegten theoretischen Grundlagen nicht nur vom grafischen Talent, sondern Dr. Horst Bredekamp, Berliner Kunst- (die erst Kepler 1611 präsentierte) jedoch, auch von seinen klaren Worten aus dem historiker und Galilei-Experte, konnte dass systematisches Probieren ihm zum im März 1610 hastig veröffentlichten »Si- belegen, dass die 20cm großen Aquarelle Erfolg verhalf. dereus Nuncius«, des ersten »Teleskop- (Abb. 5) in einer erst kürzlich entdeckten Am 21.8.1609 lud er die venezianischen Handbuchs« der Welt: »Wir stellten aber Ausgabe des »Sidereus Nuncius« höchst- Dogen zu einer Vorführung seines »Pers- fest, dass die besagten kleinen Flecken wahrscheinlich die Original-Vorlagen für picillum« auf den Turm der Markuskirche alle und immer darin übereinstimmen, die Kupferstiche sind, die man in den ein. Dieses Instrument vergrößerte wahr- dass sie einen schwärzlichen, dem Ort der bisher bekannten Ausgaben sieht. Sie scheinlich nur drei Mal, überzeugte aber Sonne zugewandten Teil haben», schreibt unterscheiden sich von den Tuschezeich- offensichtlich derart, dass man Galilei Galilei im März 1610 über die Mondkra- nungen Galileis und galten als verschol- auf Lebenszeit ein Gehalt versprach: Die ter, richtig den Schattenwurf erkennend. len: »Es hat mich tief beeindruckt, dass militärische Bedeutung war vor der astro- »In dem von der Sonne abgewandten Teil Galilei nicht einfach über eine kleinmei- nomischen erkannt worden. Galilei kam hingegen werden sie von leuchtenden sterliche Genauigkeit verfügt, sondern interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 15
Abb. 5: Auch diese handgezeichneten Vorlagen für die Abbildungen im »Si- dereus Nuncius«, eingezeichnet in bereits gedruckte Exemplare, stammen von Galilei selbst (a), und zeigen die Lebendigkeit der Darstellung im Gegensatz zu den im Buch abgedruckten Kupferstichen (b). hatte, erkannte ich (was vorher wegen der Schwäche des anderen Gerätes nie gelun- gen war), dass bei ihm drei Sternchen stan- a b den, die zwar klein, aber sehr hell waren. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Sie versetzten mich, obgleich ich sie zu den Fixsternen zählte, dennoch in einiges Erstaunen, weil sie auf einer vollkommen geraden Linie parallel zur Ekliptik zu lie- gen und heller als die übrigen Sterne glei- cher Größe zu glänzen scheinen.« (nach [6]) Das Wechselspiel der Jupitermonde, wohl erst durch ein größeres Teleskop als bei den Mondbeobachtungen in Reichwei- te gekommen, fesselte ihn bis in den März: Zunächst konnte er nur drei Monde er- kennen, schließlich alle vier, die nach ihm heute als »Galilei'sche Monde« bekannt sind. 1611 gelang ihm schließlich die Be- stimmung der Umlaufzeiten. Auch die anderen Planeten wurden beo- bachtet: Bei Saturn, der im August 1610 in Opposition stand, zeichnete er korrekt den Ring, konnte aber seine Natur nicht enträtseln. Venus leuchtete gegen Ende Abb. 6: Diese Beobachtungen veränderten unser Weltbild: Auszug aus dem »Sidereus des Jahres prominent am Abendhimmel, Nuncius« mit Galileis Jupitermond-Beobachtungen. Galilei erkannte die wechselnde Phasen- gestalt. Galileis verdienter Ruhm als erster über die Sicherheit einer geübten Hand. kannte, dass sie aus mehr Sternen besteht, großer Teleskopbeobachter schwingt heu- In seinem Strich ist nichts pedantisch als das bloße Auge erkennen kann. Ganz ge- te noch im Namen für das Fernrohr mit: Lernendes, sondern eine Souveränität in zielt beobachtete er jedoch auch Deep-Sky- Bei einer Vorführung seiner Instrumente der Modulierung von Licht und Schatten, Objekte und zeichnete sie: In den Plejaden in Rom 1611 wird der Begriff »telescopio« die von großem Talent und viel Übung konnte er 36 Sterne zählen, die bis dahin erstmals geprägt. zeugt.« als »Nebulosa« bekannte Praesepe löste er in ähnlich viele Einzelsterne auf, ebenso die Simon Marius: Jupitermonde… …Deep-Sky-Objekten… mit bloßem Auge neblig erscheinende Regi- on am Kopf des Orion, heute als Sternhau- Auch Simon Marius, Hofastronom des Galilei beließ es nicht bei Mondbeobach- fen Collinder 69 bekannt. Eine ausgedehnte Ansbacher Markgrafen, richtete das Tele- tungen. Er durchstreifte die Milchstraße, Zeichnung widmete er den Gürtelsternen skop auf die Planeten, unabhängig von Ga- was mit einem wahren Gesichtsfeld von ca. des Orion und dem Schwertgehänge, ohne lileis Beobachtungen. Marius wollte sich 15' kaum zielgenau möglich war, und er- jedoch den Orionnebel sehen zu können bereits von der Frankfurter Herbstmesse (vgl. Astro-Wissen auf S. 18). 1608 ein Teleskop mitbringen lassen, je- Surftipps doch war das angebotene Gerät viel zu …und Planeten teuer. Marius war jedoch in der Lage das Geschichtsmuseum Florenz mit Prinzip zu verstehen, im Sommer 1609 er- virtueller Ausstellung: Ab dem 7. Januar 1610 widmete Galilei hielt er ein neues Gerät aus Belgien. Eine galileo.imss.firenze.it sich schließlich den Jupitermonden: »Als verbesserte Version mit venetianischen Nationalbibliothek Florenz ich also um die erste Stunde der auf den Linsen stand ihm schließlich Ende 1609 mit digitalisierten 7. Januar des laufenden Jahres 1610 fol- zur Verfügung. Originalmanuskripten: www.bncf.firenze.sbn.it genden Nacht die Gestirne des Himmels Die erste Jupiterbeobachtung gelang Hintergrund zu Galileis Teleskopen: durch das Fernrohr betrachtete, geriet ihm am 29.12.1609 des julianischen Ka- www.pacifier.com/~tpope mir der Jupiter ins Bild, und da ich mir lenders, der dem 8. Januar 1610 nach gre- ein sehr vorzügliches Instrument gebaut gorianischem Kalender entsprach. Marius 16 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
sah die Jupitermonde nur einen Tag später als Galilei Galilei – jedoch wartete er mit der Herausgabe seines Werkes »Mundus Jovialis« bis 1614. Dort beschrieb er seine Entdeckung: »Damals sah ich den Jupiter zum ersten Mal, der sich in Opposition zur Sonne befand, und ich entdeckte win- zige Sternchen bald hinter, bald vor dem Jupiter, in gerader Linie mit dem Jupiter. Erst meinte ich, jene gehörten zur Zahl der Fixsterne, die man anders und ohne dieses Instrument nicht sehen kann. Als aber Ju- piter retrograd war und ich dennoch im Dezember diese um ihn sah, wunderte Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. a c ich mich zuerst sehr; dann aber gelangte ich zu der Meinung dass sich diese Sterne geradeso um den Jupiter bewegen wie die fünf Sonnenplaneten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sich um die Son- ne bewegen. Ich begann also meine Beo- bachtungen aufzuschreiben; die erste war am 29. Dezember, als drei derartige Sterne in gerade Linie vom Jupiter in Richtung Westen zu sehen waren.« (nach [7]). Einen Hinweis auf das bei den Jupiter- beobachtungen verwendete Fernrohr lie- ferte Marius selbst: In seiner Veröffentli- chung von 1614 ist auf seinem Porträt auch ein Fernrohr abgebildet. Es ist beschriftet mit »Perspi cillum«. Die Maße lassen sich abschätzen auf etwa 40cm Länge und 2cm Öff nung. …und der Andromedanebel b d Auch Marius beließ es nicht bei Jupi- ter. 1611/12 gelang die Dokumentation der Venusphasen, und am 5.12.1612 wurde Abb. 7: Die ersten Deep-Sky-Zeichnungen der Geschichte: Collinder 69 (a), M 44 (b), von Ansbach aus die erste teleskopische Orions Gürtel (c) und M 45 (d), wie sie von Galileo Galilei gesehen wurden. Beobachtung einer Galaxie vorgenommen. Es handelte sich gleichzeitig um eine un- abhängige Entdeckung von M 31, da die Sichtung mit bloßem Auge des arabischen Gelehrten Al-Sufi fast 700 Jahre zuvor in Vergessenheit geraten war: »[…] ich mit Hilfe des Fernrohres seit dem 15. Dezem- ber 1612 einen Stern oder einen Fixstern von erstaunlicher Gestalt entdeckt und beobachtet habe, wie ich ihn am ganzen Himmel sonst nicht finden kann. Er befin- det sich aber nahe dem dritten und nörd- licheren Stern im Gürtel der Andromeda. Ohne Instrument sieht man dort etwas wie einen Nebel; aber mit dem Fernrohr erkennt man keine einzelnen Sterne, wie in der Wolke des Krebses oder anderen Sternwolken, sondern nur schimmernde Strahlen die um so heller werden, je nä- her sie dem Zentrum sind. Im Zentrum Abb. 8: Galileis Planetenskizzen zeigen Saturn, Jupiter, Mars und Venus. interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 17
Wie gut waren Galileis Teleskope? A ls Galileo Galilei zum ersten Mal ein Fernrohr in Händen hielt, war über das Prinzip der Ab- bildung sowie der Leistungsdaten von Teleskopen wenig bekannt. Galileis Aussagen zu den von ihm benutzten Teleskopen bleiben vage, so dass offen- bleiben muss, mit welchen Instrumenten die Mond- und Jupiterbeobachtungen durchgeführt wurden. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Sicher ist, dass es sich um Teleskope »hollän- discher« oder »galileischer« Bauart gehandelt hat, die aus einem plankovexen Objektiv und einer plankonkaven Linse bestanden (vgl. Astro-Wissen in interstellarum 66). Nachteil dieser Konstruktion sind extrem kleine scheinbare Gesichtsfelder um 5°. Gleichzeitig wurden relativ kleine Öffnungsverhält- nisse um f/50 verwendet. Außerdem mussten die Linsen am Rand abgeblendet werden, um die Bild- fehler wie sphärische und chromatische Aberration Abb. 9: Simon Marius (1573–1624) sah die Jupitermonde nur einen in Grenzen zu halten. Tag nach Galilei. Der Stich zeigt das Werkzeug des Autors (unten), ein Von den mehr als 60 Teleskopen, die Galilei allein »Perspicillum«. bis 1610 vor allem als Geschenke hergestellt hatte, sind nur zwei erhalten: ein papierbezogenes Exem- ist ein schwacher und blasser Marius auch hier ein Plagiat sei- plar mit 26mm freier Öffnung, 1330mm Brennweite Glanz, der einen Durchmesser ner Pioniertaten, und bekämpfte und 14-facher Vergrößerung sowie ein kürzeres mit von etwa einem viertel Grad hat. seine deutschen Widersacher mit Lederbezug, 16mm Öffnung, 980mm Brennweite Ein recht ähnlicher Lichtglanz allen Mitteln – denn Starrköpfig- und 21-facher Vergrößerung. Schließlich gibt es eine tritt auf, wenn man aus großer keit war offenbar ein anderer We- allerdings gebrochene Linse von 58mm Durchmes- Entfernung eine brennende Ker- senszug dieses ersten großen Te- ser (ursprünglich wohl abgeblendet auf 38mm) mit ze durch ein durchscheinendes leskopbeobachters, der ihm später 1710mm Brennweite, mit der angeblich die Jupiter- Stück Horn betrachtet.« fast zum Verhängnis geworden monde entdeckt worden sein sollen. wäre: Diese Geschichte ist jedoch 1992 untersuchten italienische Optiker die Qua- Andere Beobachter wohlbekannt! lität dieser Linsen interferometrisch. Insbesondere die Einzellinse war von exzellenter, beugungsbe- Nicht nur in England, Italien [1] Watson, F.: Stargazer – the life and times grenzter Qualität und erreichte eine Auflösung von und Deutschland wurden die Ge- of the Telescope, Perseus Books, Cam- 3", war aber stark von Farbfehlern betroffen, die stirne mit dem neuen Instrument bridge (2004) 10" bis 12" große Sternbilder erzeugten. Belegt ist, beobachtet. Der Franzose Nicolas [2] Riekher, R.: Fernrohre und ihre Meister, dass Galilei den »Durchmesser« von Sirius mit 3,7" Peiresc sah schon 1610 die Jupi- VEB Verlag Technik, Berlin (1990) angab. termonde und konnte den von [3] Bredekamp, H.: Galilei der Künstler, Aka- Aus Galileis Beobachtungsbeschreibungen lässt Galilei übersehenen Orionnebel demie-Verlag, Berlin (2007) sich relativ gut ableiten, was seine Instrumente zu ausmachen, er stellte auch erste [4] Sheehan, W. P., Dobbins, T. A.: Epic leisten imstande waren: Die Zeichnungen der Ori- Tagbeobachtungen von Venus Moon, Willmann-Bell, Richmond ongegend und der Plejaden zeigen Sterne bis 8m,8, und Merkur an. (2001) ebenso konnte er Neptun wahrnehmen, den er je- David Fabricius aus Friesland [5] Whitaker, E. A.: Mapping and Naming doch nicht als Planet erkannte. Nicht gesehen hat war wohl der erste, der im März the Moon, Cambridge University Press, er jedoch Saturns Mond Titan, wohl aufgrund der 1610 die Sonnenflecken bemerk- Cambridge (1999) Reflexe des Planeten. Die Vergrößerung bei diesen te. Mit deren Beobachtung profi- [6] Hossenfelder, M. (Übers.): Galileo Galilei, Beobachtungen dürfte um 20× betragen haben, lierte sich ab 1611 der Ingolstädter Sidereus Nuncius, in: Galileo Galilei, Sidere- das Gesichtsfeld jedoch nur 15' – Galilei konnte den Jesuitenpater Christoph Scheiner, us Nuncius, Nachricht von neuen Sternen, Mond nicht auf einmal überblicken! der die ungefährliche Projekti- H. Blumenberg (Hrsg.), Insel-Verlag, Es ist spannend, Galileis Probleme mit einem mo- onsmethode erfand und auch Frankfurt am Main (1965) dernen Nachbau nachzuempfinden. Gut geeignet als erster eine Art parallaktische [7] Schlör, J. (Hrsg.): Simon Marius, Mundus dazu ist der »Galileo-Teleskop«-Bastelsatz von As- Montierung baute – Sternfreunde Iovialis – Die Welt des Jupiters, Schrenk- tromedia: Die Objektiv-Einzellinse von 42mm Durch- bezeichnen das genaue Einrichten Verlag, Gunzenhausen (1988) heute noch als »Scheinern«. Gali- [8] Herrmann, D. B.: Der Zyklop, Wester- leo Galilei wähnte jedoch wie bei mann, Braunschweig (2009) 18 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
Wissen von Ronald Stoyan ASTROWISSEN Optische Daten der zwei erhaltenen Fernrohre und der Einzellinse von Galilei [1] Linse Durchmesser Freie Öffnung Brennweite Objektiv 1 51mm 26mm 1330mm Okular 1 26mm 11mm –94mm Objektiv 2 37mm 16mm 980mm Okular 2 22mm 16mm –47,5mm Linse 3 58mm 38mm 1710mm Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. FRANKLIN INSTITUTE, PHILADELPHIA Abb. 1: Eines der beiden erhaltenen Fernrohre, die sicher aus Galileis Hand stammen, besitzt eine Öffnung von 37mm, ist aber auf 16mm abgeblendet. Die Brennweite beträgt 980mm, die Vergrößerung 21×. messer und 780mm Brennweite, auf 25mm Der Mond passt gerade so ins Gesichts- mehr gesehen, denn die schwächeren abgeblendet, ist allerdings von wesentlich feld des Nachbaus – dies dürfte in Galileis Sterne seiner Zeichnung werden mit dem besserer Qualität als Galileis Erzeugnisse, Fernrohren nicht möglich gewesen sein. Astromedia-Nachbau nicht sichtbar. Der insbesondere was die Transmission an- Krater sind sichtbar, wenn der Terminator Orionnebel ist schließlich tatsächlich nicht geht. Mit dem Okular von –65mm Brenn- günstig steht, bei Vollmond kommen die zu sehen – zu klein sind die Öffnung des weite ergibt sich eine Vergrößerung von Strahlenkränze von Tycho und Copernicus Geräts und das Gesichtsfeld, damit sich der 12× und ein Feld von knapp 30', die gut an zum Vorschein. Nebel abheben kann. Galileis Teleskope herankommen. Diese Jupiter ist aufgrund des kleinen Feldes Optik wird ähnlich wie bei Galilei in einem nur schwer zu finden. Die Jupitermonde [1] Greco, V., Molesni, G., Quercioli, F.: Optical tests of Papptubus untergebracht, der mit Messer sind nur mit sehr viel Mühe zu erahnen – Galileo's lenses, Nature 358, 101 (1992) und Klebstoff aus den beiliegenden, aus- Galilei dürfte statt 12× mit 20× oder 30× führlich dokumentierten Bögen gebaut beobachtet haben. werden kann – nötig sind jedoch viel Ge- Die Plejaden zeigen sich nur in winzigen duld und Genauigkeit. Ausschnitten. Auch hier hat Galilei wohl Abb. 2: Simulierter Anblick des Mondes: Abb. 3: Der Bausatz von Astromedia stellt Galileis Teleskope gut nach – wenn man Galileis Teleskope besaßen einen extremen bereit ist, drei bis fünf Stunden exakte Bastelarbeit zu leisten. »Tunnelblick«! interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 19
Ereignisse Himmelsereignisse im Dezember/Januar 2010 Silvesternacht mit Extrashow Partielle Mondfinsternis am 31. Dezember 2009 Bevor Feuerwerk zum Jahreswechsel den Erdatmosphäre Rechnung zu tragen, kal- stehende Mond dabei von den hellen Ster- Himmel erleuchtet, ereignet sich am Sil- kuliert. nen des Winterhimmels – Orion steht nur vesterabend ein etwas stilleres Schauspiel Das Ereignis dauert kaum mehr als eine ein wenig rechts unterhalb. Bereits um 20:53 Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. am Himmel: eine partielle Mondfinsternis, Stunde. Um 19:52 Uhr tritt der Vollmond in Uhr verlässt der Mond den Kernschatten bei der der Erdtrabant zu knapp 3% (Größe den Kernschatten der Erde ein, so dass sich und es verbleibt nur noch der blasse, kaum 0,0763) verfinstert wird. Die veröffentlich- am rechten unteren Mondrand eine Ver- merkliche Schleier des Halbschattens. ten Zeiten, Größen und Bedeckungsgrade dunklung bemerkbar macht. Nach einer hal- Peter Friedrich der Finsternisse können etwas voneinander ben Stunde ist bereits der Höhepunkt der abweichen, je nachdem welches Modell für Verfinsterung erreicht: Der volle Mond steht Nur gering wird die Verdunklung sein, die Erdatmosphäre verwendet wird. Die hier halbhoch im Osten mit einer kleinen, dunkel wenn der Mond in der Silvesternacht den angegebenen Werte wurden entsprechend und etwas rötlich verfärbten Südkalotte, die Kernschatten der Erde streift – ähnlich wie Danjons Vorschlag von 1951, den Erddurch- vom kraterreichen Hochland geprägt ist. im Bild am 7.9.2006, wo der Schatten aller- messer um 1/85stel zu vergrößern, um der Umgeben ist der mitten in den Zwillingen dings auf der Nordkalotte zu sehen ist. Partielle Mondfinsternis am 31.12.2009 Phase: 19 Erster Kon : Anfang pa EZ Halbschat Phase: 20 18:17:07 M Mitte Finst EZ 20:23:46 M :52:44 M Ende part Letzter Ko takt Halbschat :52:42 MEZ ten rtielle 22:28:15 M EZ ernis: ielle ntakt ten: EZ n te at s ch Kern n tte ha MARIO WEIGAND bsc Hal Geminiden - Meteore am 14. Dezember Zu den verlässlichsten Meteorströmen Die Geminiden sind vom 7. bis 17. Dezem- sekundäre Maxima beobachtet. Das Maxi- im Jahresverlauf gehören die Geminiden. ber aktiv. Das Maximum wird in diesem Jahr mum selbst ist auch nicht scharf definiert Mit Zenitraten um 120 Meteore pro Stunde am Morgen des 14. Dezember um 6:10 MEZ – die Zenitraten von etwa 120 Meteoren pro gehört dieser Strom auch zu den aktivsten erreicht. Die Bedingungen sind daher opti- Stunde können über einen Zeitraum von und steht den Perseidem im August um mal, da sich nur eine schmale Mondsichel rund zwölf Stunden um den Maximumszeit- nichts nach. Markant sind auch viele helle wenige Grad über dem östlichen Horizont punkt beobachtet werden. Meteore, die in diesem Strom eingelagert befindet, während der Radiant der Gemi- sind. Leider werden die Geminiden nur re- niden hoch über dem Nordwesthorizont André Knöfel lativ wenig beobachtet – vermutlich liegt steht. Die Aktivität der Geminiden um das es an den Beobachtungsbedingungen, die Maximum herum ist nicht konstant – im- viele Beobachter abhält. mer wieder wurden in der Vergangenheit 20 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
Ereignisse Himmel Partielle Sonnenfinsternis Astronomische Ereignisse im Dezember/ Januar 2010 am 15. Januar 2010 2.12. 08:30:32 MEZ Vollmond 4.12. 21:55:51 MEZ Mond bedeckt δ Gem 3m,5 be. Da sich im Januar die Erde auf ihrer Bahn nahe dem sonnennäch- 9.12. 01:13:24 MEZ Mond Letztes Viertel % 0,5 sten Punkte befindet und der Mond 14.12. 06:10:00 MEZ Geminiden (Gem), Wien gerade auf seiner Bahn seinen erd- Dauer: 7.12.–17.12., ZHR: 120 7:44 MEZ 0,6% sich htbar 1% Salzburg fernsten Punkt durchläuft, ist die 16.12. 13:02:10 MEZ Neumond t sic r tba Mondscheibe deutlich zu klein, um nich 18.12. 18:06:19 MEZ Merkur in größter östlicher Graz die Sonne vollständig zu verdecken. Innsbruck 7:44 MEZ 0,6% Elongation 20,3° Es ereignet sich eine ringförmige Son- 21.12. 10:12:00 MEZ Jupiter bei Neptun, Klagenfurt nenfinsternis, bei der der verbleibende Jupiter 32' südlich 7:47 MEZ 0,2% Ring der Sonnenscheibe ungewöhnlich Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 21.12. 18:46:52 MEZ Winteranfang breit ist. Am 15. Im deutschsprachigen Raum ist davon 22.12. 19:33:21 MEZ Ganymed bedeckt Europa partiell Januar 2010 ereignet sich mit 11min 8s die nicht viel zu sehen, nur der äußerste Osten längste ringförmige Sonnenfinsternis des von Österreich kann bei Sonnenaufgang das 24.12. 18:36:02 MEZ Mond Erstes Viertel Jahrtausends (vgl. ausführliche Vorschau in Ende der partiellen Phase erleben. Entspre- 25.12. 17:00:13 MEZ Europa bedeckt Io interstellarum 66). In einem 300 Kilome- chend gering ist der Bedeckungsgrad (durch 29.12. 03:36:00 MEZ Mond bei Plejaden, Mond ter breiten Streifen, der von Zentralafrika den Mond bedeckte Fläche). Erschwerend 34' südlich bis zum Gelben Meer reicht – die Stadt kommt noch hinzu, dass der südliche Rand 31.12. 20:12:50 MEZ Vollmond Chongqing in China kam bereits im Juli 2009 der Sonne bedeckt wird, während diese in den Genuss einer totalen Sonnenfinsternis aufgeht. 31.12. 20:23:46 MEZ partielle Mondfinsternis – schiebt sich der Mond vor die Sonnenschei- Peter Friedrich 3.1. 01:09:40 MEZ Erde im Perihel 3.1. 14:00:00 MEZ Quadrantiden (QUA), Die partielle Sonnenfinsternis in Österreich Dauer: 1.1. – 5.1., ZHR: 120 Ort Sonnenaufgang Bedeckungsgrad bei Finsternisende 4.1. 01:49:49 MEZ Mond bedeckt π Leo 4m,9 Sonnenaufgang 7.1. 11:39:33 MEZ Mond Letztes Viertel Wien 7:44:28 MEZ 0,006 7:50:05 MEZ 15.1. 08:06:33 MEZ ringförmige Sonnenfinster- Graz 7:44:15 MEZ 0,006 7:49:53 MEZ nis, in Ostösterreich partiell Klagenfurt 7:47:27 MEZ 0,002 7:49:45 MEZ 15.1. 08:11:27 MEZ Neumond 23.1. 11:53:28 MEZ Mond Erstes Viertel 27.1. 06:45:35 MEZ Merkur in größter west- licher Elongation 24,8° 27.1. 17:42:00 MEZ Mond bei M 35, Mond 18' Mond bei Jupiter und Neptun nördlich am 21. Dezember 28.1. 19:51:20 MEZ Mond bedeckt δ Gem 3m,5 29.1. 20:43:04 MEZ Mars in Opposition Tief am Südwesthorizont, durch die frühe erlichen Begegnung von Jupiter und Nep- 30.1. 07:17:40 MEZ Vollmond Dämmerung aber noch gut beobachtbar, tun (vgl. interstellarum 65). Diesmal trennen 31.1. 05:38:18 MEZ Mond bedeckt ο Leo 3m,8 kommt es am 20. Dezember zu einer neu- beide Planeten nur 0,5° – jedoch ist der Hel- Zeiten bezogen auf die Mitte des deutschen Sprachraums (Nürnberg) Mond bei Jupiter und Neptun am 21.12.2009 ligkeitsunterschied enorm: Während Jupiter mit –2m,1 strahlt, erreicht Neptun nur 7m,9. Ei- nen Abend nach der größten Annäherung Neptun gesellt sich die zunehmende Mondsichel zu Jupiter beiden Planeten, sie steht etwa 3° nördlich. Bei klarem Wetter kann sie dazu dienen, Ju- 10° piter bereits am Taghimmel aufzusuchen. Jupiter bietet zum Schluss seiner Sichtbar- keit noch einmal zwei gegenseitige Mond- erscheinungen: Am 22.12. wird Europa von Ganymed partiell bedeckt (19:33:21 MEZ bis 19:37:09 MEZ), am 25.12. wird Io von Europa 5° bedeckt (17:00:13 MEZ bis 17:03:39 MEZ). Ronald Stoyan fst 6 m, 5 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 21 SW
Himmel Sonnensystem Das Sonnensystem im Dezember/Januar 2010 Dämmerungsdiagramm Dämmerungsdiagramm im Dezember/Januar 2010 Di 1.12. Vollmond 2.12. Mi 2.12. Merkur Untergang 3.12. Venus Untergang Mars Aufgang Venus Aufgang Do 3.12. 4.12. Jupiter Unterggang Fr 4.12. Mond bedeckt δ Gem 3,m5 5.12. Sa 5.12. 6.12. So 6.12. 7.12. gang gang g Satuurrnn Auufffggaaan Mo 7.12. 8.12. Neptun Unter Uranus Unter Di 8.12. Mond Letztes Viertel 9.12. Mi 9.12. 10.12. Do 10.12. 11.12. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. Fr 11.12. 12.12. Sa 12.12. 13.12. So 13.12. Geminiden (Gem) 14.12. Mo 14.12. 15 15.12. MEZ MEZ MEZ MEZ M Z h MEZ MEZ Z EZ MEZ Z MEZ Z 9 ME 21h ME 3 ME h ME Di 15.12. Neumond, 13:02:10 MEZ 16 16.12. hM hM hM Mi 16.12. 17 17.12. 19h 23h 7h 17h 7h 1h 5h 3h 21 17 7 Do 17.12. 18.12. 1 1 2 2 Fr 18.12. Merkur in größter östlicher Elongation 20,3° 19.12. Sa 19.12. 20 20.12. So 20.12. Jupiter bei Neptun, 10:12:00 MEZ 21 21.12. Mo 21.12. Winteranfang 22 22.12. Di 22.12. Ganymed bedeckt Europa partiell 23.12. Mi 23.12. 24.12. Do 24.12. Mond Erstes Viertel 25.12. Fr 25.12. Europa bedeckt Io 26.12. Sa 26.12. 27.12. So 27.12. 28.12. Mo 28.12. Mond bei Plejaden, Mond 34' südlich 29.12. Di 29.12. 30.12. Mi 30.12. 31.12. Do 31.12. Vollmond partielle Mondfinsternis 1.1. Fr 1.1. 2.1. Sa 2.1.. Erde im Perihel 3.1. So 3.1.. Quadrantiden (QUA), 14:00:00 MEZ Mond bedeckt π Leo 4,m9 4.1. Mo 4.1.. 5.1. Di 5.1. 6.1. Mi 6.1. Mond Letztes Viertel, 11:39:33 MEZ 7.1. Do 7.1. 8.1. Fr 8.1. 9.1. Sa 9.1. 10.1. MEZ MEZ MEZ MEZ M Z EZ MEZ Z MEZ Z MEZ Z MEZ Z 9 ME 1 ME 3 ME 7h ME So 10.1. 11.1. hM hM hM hM Mo 11.1. 12.1. 19h 21h 23h 17h 7h 1h 5h 3h 17 Di 12.1. 13.1. Mi 13.1. 14.1. Do 14.1. ringförmige Sonnenfinsternis, in Ostösterreich partiell 15.1. f ang Fr 15.1. 16.1. fg Neumond Mars Unte Neptuun Au Sa 16.1. 17.1. Merkur Aufganng ng So 17.1. 18.1. rgang Mo 18.1. 19.1. Di 19.1. 20.1. Mi 20.1. 21.1. Do 21.1. 222.1. Fr 22.1. Mond Erstes Viertel, 11:53:28 MEZ 223.1. Sa 23.1. 224.1. ang Jupiter Aufga So 24.1. 25.1. Mo 25.1. 26.1. Di 26.1. Merkur in größter westlicher Elongation 24,8° 27.1. Mi 27.1. Mondd bei M 35, Mond 18 18' nördlich 28.1. Do 28.1. Mond bedeckt δ Gem 3,m5 29.1. Fr 29.1. Mars in Opposition Vollmond 30.1. Sa 30.1. Mond bedeckt ο Leo 3,m8 31.1. So 31.1. 1.2. 22 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
Sonnensystem Der Lauf der Planeten im Dezember 2010 Krebs Zwillinge 31. Widder +25° Löwe 29. +20° Mars 3. 5. 1. Fische +15° Stier +10° Schlangenträger 27. 7. +5° Jungfrau Saturn 25. 0° –5° 9. Uranus –10° 23. Neptun –15° Waage 11. Merkur Sonne Jupiter Sonne Venus –20° Venus Wassermann 21. –25° 13. 15. Steinbock 19. 17. Scorpion Schütze morgens sichtbar ganze Nacht sichtbar abends sichtbar Der Lauf der Planeten im Januar 2010 Krebs Zwillinge Widder Löwe Mars 29. +25° 27. Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. +20° 1. 25. Fische +15° 31. Stier +10° 3. 23. +5° Schlangenträger Jungfrau Saturn 0° 21. 5. –5° Uranus 19. –10° Sonne Neptun Sonne –15° Merkur 7. 17. Jupiter –20° Venus Waage 9. Wassermann –25° Venus 15. 13. 11. Scorpion Steinbock Schütze morgens sichtbar ganze Nacht sichtbar abends sichtbar Die Planeten auf ihren Bahnen im Dezember/Januar 2010 GEM CN C U TA LEO ARI Das äußere Sonnensystem Das innere Sonnensystem Jupiter PSC VIR Merkur Saturn Venus Erde Uranus R LIB AQ Mars SC Neptun P O CA SGR Zeitraum 1.12.–31.1. Die Planeten im Fernrohr im Dezember/Januar 2010 Merkur Jupiter 1.12. –0m,5 91,9% 5,1" 20.12. –0m, 4 57,3% 6,9" 10.1. 2m, 1 10,4% 9,6" 31.1. –0m, 1 69,1% 6,3" Io Europa Ganymed Kallisto Venus Saturn Tita n 1.12. –3m,9 98,5% 10,0" 31.1. –3m, 9 99,7% 9,8" 1.1. 0m, 9 99,7% 17,8" 1.1. –2m, 1 99,5% 35,0" Mars Uranus Neptun N 1.12. –0m,1 90,9% 9,9" 31.1. –1m, 3 99,9% 14,1" 1.1. 5m, 9 100,0% 3,5" 1.1. 8m, 0 100,0% 2,2" O W 0" 10" S interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010 23
Himmel Sonnensystem Sonne aktuell Ein fleckenloser August J e länger die gegenwärtige Phase des Son- nenfleckenminimums andauert, desto öf- ter fragen sich auch Wissenschaftler, was es mit dem momentan außergewöhnlich er- scheinenden Verhalten der Sonne auf sich hat. Vom 31. Juli bis zum 31. August wurde erstmals seit dem sehr tiefen Minimum des Dieses Dokument ist urheberrechtlich geschützt. Nutzung nur zu privaten Zwecken. Die Weiterverbreitung ist untersagt. 15. Sonnenfleckenzyklus im Jahr 1913 wieder ein völlig fleckenfreier Monat registriert. Er war somit einer der inaktivsten Zeiträume seit Protuberanz am 26.8.2009, 8:26 MEZ, 1/15s belichtet, 3"-Refraktor bei 6000mm Brenn- Beginn der täglichen Aufzeichnungen im Jahr weite, Coronado Solarmax 60 + 2020-Telezentrik. Erich Kopowski 1849. Die möglicherweise längste fleckenfreie Periode gab es zwischen dem 24. Oktober Relativzahlen und Flecken mit bloßem Auge 1822 und dem 12. März 1823 mit 140 Tagen. Re A Allerdings wurden die Aufzeichnungen durch 250 2,0 eine fehlende Beobachtung am 29.12.1823 Datenquellen: alle Angaben als Monatsmittel unterbrochen, so dass nicht sicher ist, ob sich Relativzahlen - http://sidc.oma.be A-Netz - www.vds-sonne.de ausgerechnet an diesem Tag ein Sonnenfleck 200 Hα Relativzahlen - www.interstellarum.de 1,6 bildete. In dem Fall würde dieser fleckenfreie Zeitraum in zwei kleinere zerfallen. 150 1,2 Immerhin ist der 24. Sonnenfleckenzyklus Aktivität gesamt Aktivität Nordhemisphäre Aktivität Südhemisphäre mit bislang neun Einträgen in der Liste der A-Netz (bloßes Auge) Aktivität H-α an mehr als 20 aufeinander folgenden Tagen 100 0,8 fleckenlosen Perioden schon am zweithäu- figsten vertreten. Nur der 15. Zyklus erscheint mit 17 Eintragungen noch öfter in der Über- 50 0,4 sicht. Und der D-Gruppe, die Anfang Juli zu 0 0 sehen war, folgte nur eine weitere Flecken- 10 12 2 4 6 8 10 12 2 4 6 8 10 12 2 4 6 8 gruppe am 1.9.2009, danach brach eine wei- 2007 2008 2009 tere, bis Mitte September noch nicht unter- man sich Sorgen um die Entwicklung der Son- wicklungen in solaren Magnetfeldern zu er- brochene Periode ohne Sonnenflecken an. nenaktivität in den kommenden Jahrzehnten klären, jedoch nicht, wenn es um Prognosen Bezeichnend für die Minimumszeit, die nach machen müsste. Zwar würden die Maxima für die Zukunft geht. Ein Nachlassen der Stär- bisherigen Berechnungen Ende 2008 einge- eher niedriger ausfallen, aber ganz zum Erlie- ke der Magnetfelder im ablaufenden Zyklus treten sein soll, ist, dass auch im Hα-Licht die gen kommen würde deswegen die Sonnen- nach dem Maximum, wo die meisten Daten Aktivität sehr gering ist und auch nur rela- aktivität nicht. Danach wäre auch kein echtes gewonnen wurden, sei ein vollkommen nor- tiv wenig große Protuberanzen beobachtet neues Maunder-Minimum zu erwarten. maler Vorgang. Daher ist auch davon auszu- werden. Ob sich allerdings der bisherige Zeit- Dem widerspricht aber die schon in der gehen, dass spätestens 2010 die Sonnenakti- punkt für das Minimum halten lässt, bleibt letzten interstellarum-Ausgabe vorgestell- vität wieder spürbar zunehmen wird. Nur die vorerst abzuwarten. te Prognose von William Livingston und regelmäßige Beobachtung auch oder gerade Die Vorhersagen für die weitere Entwick- Matthew Penn vom National Solar Obser- durch Amateursonnenbeobachter, wird zei- lung sind, wie schon in den vorangegan- vatory der USA aus dem Jahr 2008. Anfang gen, wer am Ende Recht behält. genen Monaten, mehr als unsicher. Dieser September präsentierten die Wissenschaftler Manfred Holl Zustand wird solange anhalten, bis die Aktivi- neue Daten, nach denen der Mangel an Son- tät der Sonne insgesamt wieder spürbar auf- nenflecken hauptsächlich in der derzeit etwa Surftipps wärts geht. Das Marshall Space Flight Center um 0,005 Tesla pro Jahr abnehmenden Ma- (MSFC) der NASA geht in einer neuen Progno- gnetfeldstärke der wenigen noch sichtbaren Seite der fleckenlosen Sonne: se davon aus, dass im ungünstigsten Fall (den Sonnenflecken begründet ist. Wird dabei ein users.telenet.be/j.janssens/Spotless/ wir offenbar gerade durchlaufen) ein Anstieg Wert von 0,15T unterschritten, kann es keine Spotless.html#Period erst gegen Ende 2009 zu beobachten sein Flecken im Weißlicht mehr geben. In die Zu- Aktueller Bericht zur Situation nach 2015: science.nasa.gov/headlines/ wird. Das hätte dann ein Maximum mit ei- kunft extrapoliert hieße das: Ab etwa 2015 y2009/03sep_sunspots.htm ner durchschnittlichen Fleckenrelativzahl von wären keine Sonnenflecken mehr zu sehen. Übersicht zur aktuellen 50,0 und ein Minimum im Jahr 2020 zur Folge. David Hathaway, Chefsonnenphysiker der Sonnenaktivität: Allerdings hält das MSFC das lange und tiefe NASA, hält die neue Methode zwar grund- www.solarmonitor.org/index.php Minimum längst nicht für so gravierend, dass sätzlich für geeignet, um Zustände und Ent- 24 interstellarum 67 • Dezember/Januar 2010
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