FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE - Auswertungsbericht 2010/2011 Dezernat Bildung und Frauen

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FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE - Auswertungsbericht 2010/2011 Dezernat Bildung und Frauen
FÖRDERPROGRAMM
JUGENDHILFE IN DER
SCHULE

Auswertungsbericht 2010/2011

Dezernat Bildung und Frauen
FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE - Auswertungsbericht 2010/2011 Dezernat Bildung und Frauen
I M P R ES S UM
    Der Magistrat – Stadtschulamt
    40.52.3 Sozialpädagogische Förderung
    Jugendhilfeangebote in Schulen
    Seehofstraße 41
    60594 Frankfurt am Main

    Telefon: +49 (0)69 212 74460
    Telefax: +49 (0)69 212 38225
    E-Mail: andrea.huber@stadt-frankfurt.de
    Internet: http://www.stadtschulamt.stadt-frankfurt.de

    Telefon: +49 (0)69 212 33891
    Telefax: +49 (0)69 212 37852
    E-Mail: verwaltung.amt40@stadt-frankfurt.de
    Internet: http://www.stadtschulamt.stadt-frankfurt.de

    F OT OS
    Stadtschulamt

    Evangelischer Verein für Jugendsozialarbeit, Internationaler Bund,
    Gemeinnütziger Heimverein des Bundes Neudeutschland in Frankfurt
    e.V., KUBI, Caritas, IFZ, silberpol, Hessisches Ministerium für Arbeit
    und Soziales

    D RU C K
    Druckerei Spengler
    Datenbearbeitung & Druckservice, Bruchköbel

2                                    Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011
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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort                                                           5

1. Entwicklung und Rahmen                                         6
Zahlen und Daten                                                  7
Kooperation                                                       8

2. Schwerpunkte, Umsetzungsbausteine und Querschnittsthemen       10
Professionelle Ansprechpartner                                    10
  Praxisbeispiel: Einzelfallarbeit                                13
Das Frankfurter Modell zum Schutz von Kindern und Jugendlichen    15
Berufliche Orientierung                                           18
  Praxisbeispiel: Kompetenzerfassung IGS Nordend September 2011   20
Inklusion                                                         22
Mädchen- und Jungenarbeit                                         23
  Praxisbeispiel: Roberta-AG® an der Friedrich-Ebert-Schule       26
Kulturelle Bildung                                                27
  Praxisbeispiel: Interview mit Dilara Sen und Büsra Tastemur     29
Lernferien                                                        31
  Praxisbeispiel: „Renovierung Schülercafé“ an der IGS Herder     33
Übergangsbegleitung und Soziales Lernen                           35
  Praxisbeispiel: Nicht alles in die Welt posaunen                37
Exkurs: Was ist Jugendhilfe an der Jugendhilfe?                   38

3. Qualitätsdimensionen                                           40

4. Ausblick
   Ausblick                                                       43

5. Anhang                                                         45

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011               3
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4   Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011
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FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE
Auswertungsbericht 2010/2011

Vorwort
Wenn du ein Schiff bauen willst, so beginne nicht damit, Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten,
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Menschen die Sehnsucht nach
dem weiten, endlosen Meer.                                 (Antoine de Saint-Exupery zugeschrieben)

mit der Einführung des Angebotes in der                Dieser Bericht soll nicht nur Fakten, Zahlen
Schule am Ried im April 2011 sind alle                 und Grundsatzüberlegungen referieren, son-
Frankfurter Schulen mit Bildungsgang Haupt-            dern auch die Vielfalt der Angebote vor Ort
schule in das Förderprogramm Jugendhilfe in            widerspiegeln. Wir danken daher allen Mitar-
der Schule aufgenommen worden. Damit ist               beiterinnen und Mitarbeitern der mit der Um-
der Auftrag der Stadtverordnetenversamm-               setzung des Programms beauftragten freien
lung aus dem Jahr 2006 zur Stärkung der                Träger, die uns Texte, Bilder, fachliche Anre-
Schülerinnen und Schüler im Bildungsgang               gungen und Inspirationen haben zukommen
Hauptschule erfüllt. Entsprechend einem wei-           lassen.
teren Stadtverordnetenbeschluss von 2009
werden sukzessive Förderschulen ausgestattet.          Wir danken auch für die vielfältige, engagier-
Aus Mitteln im Rahmen des Bildungs- und                te Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen
Teilhabepaketes des Bundes wurde es dar-               in den Schulen, den Koordinatorinnen und
über hinaus 2012 auch möglich Jugendhilfe-             Koordinatoren der beauftragten Träger, den
angebote für den Bildungsgang Realschule               Schulleitungen, den uns konstruktiv beglei-
einzurichten. Nach diesen wichtigen Meilen-            tenden Mitgliedern der Gremien, den Kolle-
steinen legen wir nun den zweiten ausführli-           ginnen und Kollegen im Jugend- und Sozial-
chen Bericht zum Förderprogramm Jugendhil-             amt und unseren Kooperationspartnern in
fe in der Schule vor.                                  Arbeitsagentur, Jobcenter, Gesundheitsamt,
                                                       Frauenreferat, IHK und Handwerkskammer,
Dieser Bericht basiert auf der Auswertung der          Museen, Fachhochschule und Universität. Wir
standardisierten Sachberichte der Angebote             hoffen, dass dieser Bericht ein angemessenes
im Förderprogramm Jugendhilfe in der Schu-             Bild unserer gemeinsamen Arbeit vermittelt
le, sowie auf den vom Fachteam 40.52.3 -               und freuen uns auf weitere, gemeinsam en-
Sozialpädagogische Förderung und Jugend-               gagierte Jahre.
hilfeangebote in allgemeinbildenden Schulen
- geführten Auswertungsgesprächen in den
Schulen und den Ergebnissen der unter-
schiedlichen fachlichen und organisatorischen
Entwicklungsprozesse, die in den vergange-
nen zwei Jahren stattgefunden haben.

Die Entwicklung ist seit 2011 natürlich wei-
tergegangen. Aus diesem Grund verlassen
wir an einigen Stellen den zeitlichen Bezugs-          Annette Gork
rahmen und verweisen auf Entwicklungen in              Abteilungsleiterin 40.5 „Pädagogik, Planung
der Folgezeit.                                         und finanzielle Förderung“

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                            5
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1. ENTWICKLUNG UND RAHMEN
Alle 25 Frankfurter Schulen mit Bildungsgang       Im Bereich der Kulturellen Bildung haben wir
Hauptschule sowie fünf Schulen für Lernhilfe       gemeinsam mit Frankfurter Museen und den
verfügen seit 2011 über ein Jugendhilfean-         Trägern der Jugendhilfe in der Schule ein
gebot. Diese quantitative Entwicklung war          neues Konzept der Peer-orientierten Bil-
verbunden mit einem qualitativen Ausbau auf        dungsarbeit umgesetzt. 2011 fand in Frank-
mehreren Ebenen. Dabei gab es eine Reihe           furt parallel zur Frauenfußball-WM die „mae-
von Schwerpunktthemen, die bearbeitet wur-         diale“ statt, ein bundesweites Festival für
den.                                               Mädchen. Schwerpunkte waren Sport und
                                                   Kultur. Das Stadtschulamt hat dazu das Pro-
Für den gesetzlichen Schutzauftrag bei Kin-        jekt „girl2girl“ konzipiert, ein Angebot, bei
deswohlgefährdung1 wurde die Kooperation           dem Mädchen aus Frankfurter Schulen mit
von Jugendhilfe und Schule auf eine verbind-       Unterstützung der Jugendhilfemitarbeiterinnen
liche Basis gestellt. In der Praxis zeigte sich,   und -mitarbeiter durch die Museumspädago-
dass die Intensivierung der Zusammenarbeit         ginnen und -pädagogen zu Expertinnen aus-
eine deutliche Verbesserung in diesem Be-          gebildet wurden, die dann im Anschluss für
reich nach sich zog. Dazu haben die Beteilig-      die zum Festival angereisten Mädchen aus
ten zunächst die jeweils unterschiedliche          ganz Deutschland Workshops und Führungen
rechtliche Ausgangslage, aber auch die un-         anboten. Dieses Projekt hat es sogar zur
terschiedlichen Kulturen und Herangehens-          Freude aller Beteiligten in den beiden Wett-
weisen der Verwirklichung des Schutzgedan-         bewerben „mixed up!“ und „Kinder zum
kens betrachtet, wobei sich beide Professio-       Olymp“ ins Finale geschafft.
nen über die Verpflichtung und den Auftrag
einig waren. In einem beteiligungsorientierten     Ein zunehmend wichtiges Querschnittsthema
Arbeitsprozess waren neben dem Stadtschul-         ist die Inklusion, angestoßen durch die Dis-
amt das Staatliche Schulamt, das Jugend-           kussion um die Umsetzung der UN-
und Sozialamt, das Gesundheitsamt, das             Behindertenrechtskonvention sowie die No-
Kinderbüro und das Zentrum für Erziehungs-         vellierung des hessischen Schulgesetzes. Ju-
hilfe einbezogen. Gemeinsam wurde ein              gendhilfe in der Schule versteht sich grund-
Kooperationsmodell entwickelt, das sowohl          sätzlich als inklusives Angebot. Sie richtet sich
grundsätzliches Einvernehmen herstellt wie         an alle Schülerinnen und Schüler, will Be-
auch praktische Handreichung für die Praxis        nachteiligung ausgleichen, den Verbleib im
ist.                                               Regelsystem und damit Bildungsbeteiligung
                                                   sichern. Die Herausforderung ist, dies in ei-
In der Beruflichen Orientierung hat sich in        nem selektiven Schulsystem umzusetzen.
den letzten Jahren eine große Angebotsvielfalt
entwickelt. In diesem Bereich sind viele Träger    Bestandteil des Rahmenkonzeptes für die
mit unterschiedlichen Aufträgen aktiv. Dies        Jugendhilfe in der Förderschule ist als Ange-
erfordert eine genaue Abstimmung, um Dop-          botsbaustein ein inklusives Projekt, das Schü-
pelangebote oder Lücken zu vermeiden. Das          lerinnen und Schüler aus Förder- und Regel-
Land Hessen hat die landesweite Strategie          schulen zusammenbringt. Inklusion ist ein
OloV (Optimierung der lokalen Vermittlungs-        weites Themenfeld, was erforderlich macht,
arbeit bei der Schaffung und Vermittlung von       dass sich die Jugendhilfe hier im Zusammen-
Ausbildungsplätzen) entwickelt, die durch          hang mit der in Schulen geführten Fachdis-
Qualitätsstandards sicherstellt, dass die Un-      kussion deutlich positionieren sollte.
terstützungsangebote in einem stringenten
Prozess aufeinander aufbauen und miteinan-
der vernetzt sind, qualitativen Mindestanfor-
derungen genügen und an den Interessen
und Bedarfen der Schülerinnen und Schüler
ausgerichtet sind. Das Stadtschulamt Frank-
furt sieht sich in der Entwicklung seiner Ange-
botsstruktur diesen Standards verpflichtet.

1
  § 8a VIII. Sozialgesetzbuch (SGB VIII) sowie
  § 3 Hessisches Schulgesetz (HSchG)
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Die Bezeichnung Jugendhilfe in der Schule             Gleichzeitig erkennt die Jugendhilfe in der
drückt das Selbstverständnis des Angebots als         Schule den Auftrag, die Bedingungen und die
Bestandteil der Jugendhilfe aus. Es geht um           Besonderheiten des Systems Schule an. In
die Unterstützung und Förderung der Schüle-           diesem Zusammenhang ist entscheidend,
rinnen und Schüler, basierend auf den                 dass eine partnerschaftliche Zusammenarbeit
Grundsätzen des Kinder- und Jugendhilfege-            nicht nur sinnvoll, sondern auch möglich ist.
setzes mit den Methoden, welche die Jugend-           Dazu gehört die Klärung der Rollen und Auf-
hilfe in den vergangenen Jahrzehnten in Aus-          gaben. Die Jugendhilfe bringt hier spezifische
einandersetzung mit den Jugendlichen und              Kompetenzen ein und trägt mit ihren Metho-
Ihrer Lebenswelt entwickelt hat.                      den und Prinzipien zum Gelingen von Bil-
                                                      dungsverläufen bei. Dabei entwickeln sich
Es bedeutet zudem, dass die darin beschrie-           Schule und Jugendhilfe weiter und es entsteht
benen Verfahren der gemeinsamen Einrich-              aus der gemeinsamen Arbeit eine neue Qua-
tung und Steuerung durch den öffentlichen             lität.
und die freien Träger der Jugendhilfe durch
die Einbeziehung der Schulen erweitert wer-
den.

Zahlen und Daten
                                          betrug der Zuschuss an die freien Träger im Jahr 2011.
 3.374.117,47 €
                                          Schulen verfügten im März 2012 über ein Jugendhil-
                                 30       feangebot, darunter 25 Schulen mit Bildungsgang
                                          Hauptschule und 5 Schulen mit Förderschwerpunkt
                                          Lernen.

                                          Personalstellen wurden im Förderprogramm finan-
                                 54       ziert.

                                          Pädagoginnen und Pädagogen waren an den Schulen
                                 70       im Förderprogramm tätig.

                                          Träger führten die Angebote vor Ort durch, darunter
                                 13       kleine, stadtteilbezogene Vereine ebenso wie große,
                                          überörtliche Träger.

                                          war die Gesamtzahl der Arbeitsstunden, die lt. den
                      82.323              Sachberichten von den Pädagoginnen und Pädagogen
                                          vor Ort geleistet wurden.

                                          Betrug 2011 der Anteil der Arbeitszeit, der sich auf
                            57%           den direkten Kontakt mit Schülerinnen und Schülern
                                          bezog. 43% waren nicht personenbezogene Arbeit
                                          wie Verwaltung und Kooperation.

                                          Schülerinnen und Schüler profitierten an den Schulen
                           5300           mit Jugendhilfe von deren Angebot.

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                          7
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Kooperation
„Jugendhilfe in der Schule“ ersetzt weder den Erziehungsauftrag der Schule noch die eigenständigen
Dienstleistungsangebote der Jugendhilfe im Sozialraum. Sie verfügt über eine Schnittstellen- und Ver-
mittlungsfunktion, insbesondere zum Sozialrathaus und den Institutionen der Jugendhilfe im Umfeld. Es
ist von einer gemeinsamen Orientierung an Erziehung, Bildung und von einer gemeinsamen Bewälti-
gung der Anforderungen, die damit verbunden sind, auszugehen.“
                                   (aus dem Rahmenstandard Jugendhilfe in der Schule. Siehe Anhang)

Das dem Förderprogramm zugrunde liegende               Angeboten, die sie sonst nicht erreichen und
Kooperationsverständnis und dessen prakti-             lernten auf vielfältige Weise: sprachliche
sche Umsetzung innerhalb der Schule wurden             Fähigkeiten wurden gestärkt, Zusammenar-
bereits im vorherigen Bericht ausführlich erör-        beit erprobt, Wissen vermittelt, Hemmschwel-
tert. Es hat sich in den vergangenen beiden            len abgebaut und neue Perspektiven eröffnet.
Jahren bestätigt, dass die Qualität der Zu-
sammenarbeit zwischen Jugendhilfe und                  Als weiterer häufiger Kooperationspartner
Schule entscheidend für die Qualität der               wurde die Polizei genannt. Das lässt sich
Umsetzung ist. Wertschätzender Umgang und              teilweise auf das Programm „PiT - Prävention
kooperative Zusammenarbeit auf einer ver-              im Team“ zurückführen, in dem Jugendhilfe,
bindlich vereinbarten anerkannten Grundlage            Schulen und Polizei zusammenarbeiten. Die-
sind für das Gelingen der Angebote unab-               ses Programm richtet sich zwar ursprünglich
dingbar.                                               an Angebote der Jugendhilfe im Stadtteil, die
                                                       Jugendhilfe in der Schule wurde aber häufig
Ein wichtiger Bestandteil des Programms sind           mit einbezogen. Darüber hinaus berichten die
Kooperationen mit außerschulischen Partnern.           Träger, dass es noch weitere Kontakte zur
Das Schaubild auf Seite 9 gibt einen Über-             Polizei gab, teils einzelfallbezogen, teils über
blick über bestehende Kooperationsbezüge.              die Stadtteilarbeit vernetzt.

Ein Großteil der Kooperationsaktivitäten er-           Die Kooperation mit anderen Schulen erfolgte
folgte einzelfallbezogen. Die Mitarbeiterinnen         abhängig vom Projektauftrag. So ist es Be-
und Mitarbeiter der Jugendhilfe in der Schule          standteil der Jugendhilfe an den Förderschu-
nahmen Kontakt zu Institutionen im Stadtteil,          len, mit einer Regelschule bzw. -einrichtung
zum Sozialrathaus oder zu einer Beratungs-             ein Inklusives Projekt durchzuführen. Bei an-
stelle auf, wenn sich aus einer Beratung ein           deren Schulen lag ein Schwerpunkt in der
weiterführender Bedarf ergab. Das entspricht           Kooperation mit Grundschulen im Rahmen
der Intention des Förderprogramms. Jugend-             des Übergangs in Klasse 5.
hilfe in der Schule berät und vermittelt die
Jugendlichen an die entsprechenden Experten.           In der Gremienarbeit dominierten zwei Ar-
                                                       beitskreise: Einerseits die Stadtteil-
Großen Anteil hatte ebenfalls die Kooperati-           Arbeitskreise und zum anderen der Arbeits-
on mit anderen Trägern der Jugendhilfe in              kreis Jugendhilfe-Schule. Während die Stadt-
der Schule. Es zeigte sich, dass die Träger            teil-Arbeitskreise dafür stehen, dass die Ju-
untereinander gut vernetzt waren, besonders            gendhilfeprojekte ihren Auftrag zur Vernet-
auf Stadtteilebene, und die Zusammenarbeit             zung und Zusammenarbeit mit anderen Akt-
suchten und nutzten, um ihre Angebotspalette           euren im Stadtteil aktiv wahrnahmen, ist der
zu erweitern.                                          Arbeitskreis Jugendhilfe-Schule ein von den
                                                       Trägern im Förderprogramm selbst organi-
Die häufige Nennung kultureller Einrichtun-            sierter Kreis, in dem sich Mitarbeiterinnen und
gen als Partner ist auf das Peerprojekt                Mitarbeiter über fachliche Entwicklungen und
„girl2girl“ zurückzuführen. Wir gehen davon            praktische Angebote austauschten. Der Aus-
aus, dass sich die Kontakte zu den Kulturinsti-        tausch des Stadtschulamtes mit den Trägern
tutionen verstetigen. Es hat sich gezeigt, dass        fand auf der Gremienebene im Rahmen der
die Schülerinnen und Schüler von dem Ange-             AG78 Kinder- und Jugendarbeit sowie den
bot profitierten, indem sie in ihren sozialen          Fachausschüssen des Jugendhilfeausschusses
und kommunikativen Kompetenzen gestärkt                statt.
wurden. Sie bekamen Zugang zu kulturellen

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FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE - Auswertungsbericht 2010/2011 Dezernat Bildung und Frauen
Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011   9
FÖRDERPROGRAMM JUGENDHILFE IN DER SCHULE - Auswertungsbericht 2010/2011 Dezernat Bildung und Frauen
2. SCHWERPUNKTE, UMSETZUNGSBAUSTEINE UND
QUERSCHNITTSTHEMEN
Professionelle Ansprechpartner
Schülerinnen und Schüler bekommen mit der           dadurch, dass sich die Schülerinnen und
Jugendhilfe in der Schule professionelle, er-       Schüler wahrgenommen und verstanden
fahrene und zugewandte Ansprechpartner zur          fühlen. Vertrauen entsteht durch Begegnung.
Seite gestellt. Die Sozialpädagoginnen und          Aus diesem Grund war es wichtig, dass die
Sozialpädagogen in den Angeboten der Ju-            Jugendhilfemitarbeiterinnen und -mitarbeiter
gendhilfe in der Schule sind ausgebildet in         Ansprechbarkeit zeigten. Das geschah zum
Gesprächsführung, verfügen über Problemlö-          Beispiel in den Angeboten im Klassenkontext.
sekompetenz, die sie den Schülerinnen und           Durch die Förderung der Klassengemein-
Schülern vermitteln können und hören zu. Sie        schaft und das Soziale Lernen in der 5. und 6.
sind vor Ort präsent, machen sich ansprech-         Klasse lernten die Schülerinnen und Schüler
bar, bauen Vertrauen auf und kennen die             die Jugendhilfemitarbeiterinnen und -
verschiedenen Hilfesysteme im Stadtteil und         mitarbeiter kennen. Wichtig war zudem die
darüber hinaus. Beratung gehört zu den              Präsenz im informellen Rahmen. Dazu gehör-
Kernaufgaben von Jugendhilfe in der Schule.         ten die Pausen, in denen die Räume der Ju-
                                                    gendhilfe geöffnet waren oder in denen die
Um in der Beratung von den Adressaten als           Pädagoginnen und Pädagogen auf dem
kompetent anerkannt zu werden, braucht es           Schulhof anwesend waren. Dazu gehörten
zwei Voraussetzungen: eine Vertrauensbasis          genauso die offenen Angebote, meist Schü-
und positive Beratungserfahrungen seitens           lercafés, in denen die Kontaktaufnahme ähn-
der Schülerinnen und Schüler, sei es dadurch,       lich informell wie in der offenen Jugendarbeit
dass die besprochenen Fragen einer Lösung           stattfand.
zugeführt werden konnten, sei es auch nur

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Als Beratungsanlässe wurden am häufigsten
Konflikte mit anderen Schülerinnen und Schü-
lern genannt. Hier war eine deutliche Zu-
nahme von 2010 nach 2011 feststellbar. Die
gestiegene Nachfrage nach Beratung hängt
möglicherweise damit zusammen, dass die
Jugendhilfe als hilfreiche Unterstützung bei
der Konfliktbewältigung wahrgenommen
wurde. Dazu könnten ebenso die Erfahrungen
der Schülerinnen und Schüler in den Angebo-
ten zu Mediation und Streitschlichtung beige-
tragen haben. Zusammen mit der Beratung
zu Konflikten mit Lehrerinnen und Lehrern
sowie bei Fragen zu schulischen Leistungs-
problemen bezogen sich gut 55% der Bera-
tungsgespräche auf den schulischen Bereich.

Der Anteil der Beratungen zu Themen der
Beruflichen Orientierung hat deutlich abge-
nommen. Vermutlich wirkte sich hier aus,
dass im Rahmen der OloV-Strategie Angebo-
te besser aufeinander abgestimmt waren und
Beratung zu Bewerbung, Ausbildung und
Praktika vermehrt bei anderen Anbietern wie
gjb und Arbeitsagentur wahrgenommen wur-
den. Darüber hinaus boten Angebote wie die
Kompetenzfeststellung mit Beteiligung der
Jugendhilfe eine Unterstützung, die eine Ori-     Die Aufgabe der Jugendhilfe in der Schule
entierung der Schülerinnen und Schüler be-        liegt im Clearing und der Vermittlung an
reits zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichte.    entsprechende Angebote im Stadtteil und
                                                  darüber hinaus. Voraussetzung dafür ist aller-
In den Auswertungsgesprächen wurde von            dings eine gute Kenntnis der lokalen und
Trägern und Schulen häufig festgestellt, dass     städtischen Angebotsstruktur und eine breite
die Einzelberatung einen sehr großen Teil der     Vernetzung.
zur Verfügung stehenden Arbeitszeit bindet
und andere Angebotsbestandteile dadurch in        Bezüglich des Verständnisses von Jugendhilfe
geringerem Umfang durchgeführt werden             in der Schule als Clearingstelle gibt die Statis-
konnten. Durch den Vorrang des Schutzauf-         tik einen Hinweis auf eine Entwicklung in
trags kam es so etwa zum Ausfall von Klas-        diese Richtung. Der Anteil der Beratungsfälle
senangeboten, wenn eine akute Intervention        mit sechs und mehr Terminen hat sich von
nötig war.                                        2010 auf 2011 deutlich verringert.

Gleichzeitig führten die positiven Erfahrungen,   Für Kinder und Jugendliche sind die Bezugs-
die in der Beratung mit den Pädagoginnen          personen wichtig, mit denen sie Probleme
und Pädagogen gemacht wurden, zu einer            besprechen. Die Jugendhilfemitarbeiterinnen
Zunahme der Anfragen, nicht nur von Schüle-       und -mitarbeiter sind in der Schule anerkannt
rinnen und Schülern, sondern auch von Lehr-       und als vertrauens-würdig bekannt. Die
kräften und Eltern. Dies beinhaltete eine gro-    Hemmschwelle, zu einer außerschulischen
ße Wertschätzung und einen Vertrauensbe-          Beratungsstelle zu gehen, ist hoch. Hier war
weis für die Arbeit der Jugendhilfe in der        es häufig nötig, den Schüler oder die Schüle-
Schule. Die große Nachfrage führte dazu,          rin zumindest beim ersten Termin zu begleiten.
dass die Jugendhilfe hierbei an die Grenzen       Es ist mit den zur Verfügung stehenden Perso-
ihrer personellen und zeitlichen Ressourcen       nalressourcen nicht möglich, Ansprechpartner
stieß.                                            und Problemlöser für alle Schülerinnen und
                                                  Schüler, Lehrkräfte und Eltern zu sein. An
                                                  einer Schule tragen die verschiedenen Mit-
                                                  glieder der Schulgemeinde gemeinsam die
                                                  Verantwortung für die Förderung, Unterstüt-
                                                  zung und das Wohl der Schülerinnen und
                                                  Schüler.

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                        11
Nur ein Sechstel der Beratungen hatte Kon-           Bei einem Fall von etwa 300 Schülerinnen
flikte mit Eltern und Familie zum Anlass. Diese      und Schülern wurde dabei eine akute Kin-
Fälle hatten allerdings häufig eine hohe Bri-        deswohlgefährdung festgestellt, die sofortiges
sanz. Wie die Auswertung der Sachbericht             Handeln durch das Jugendamt erforderte.
zeigt, kam in den Schulen, die über Jugend-          Für die Gewährleistung des Schutzauftrags in
hilfeangebote verfügen, im Jahr 2011 eine            der Schule wurde mit dem Frankfurter Modell
Risikoeinschätzung im Rahmen von Kindes-             ein abgestimmtes Vorgehen entwickelt, das
wohlgefährdung auf 80 Schülerinnen und               ab Seite 15 behandelt wird.
Schüler.

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Praxisbeispiel: Einzelfallarbeit
Fatima (Name und persönliche Daten geändert) ist 14 Jahre alt und besucht seit der 6. Klasse eine
Hauptschule in Frankfurt am Main. Ihre Mutter stammt aus Marokko, der Vater ist als Sohn marokka-
nischer Eltern in Deutschland geboren und aufgewachsen. Sie lebt mit ihrer Familie im Frankfurter
Stadtteil Griesheim.

Bereits in der 6. Klasse fielen ihre mangelhaften Leistungen, aber vor allem auch ihr Sozial- und Ar-
beitsverhalten auf: sie störte durch häufiges Reden, Reinrufen, Lachen oder aggressives Verhalten.
Zudem beteiligte sie sich sehr wenig am Unterricht, machte häufig keine Hausaufgaben und hatte oft
kein Arbeitsmaterial dabei.

Da sie nicht die einzige in der Klasse mit diesen Problemen war, fanden mehrere Gespräche zwischen
Jugendhilfe, Schulleitung und Klassenlehrerin statt, um im Rahmen des Klassencoach-Konzepts eine
Verbesserung des Sozialverhaltens der gesamten Klasse zu erreichen.

   Wöchentlich begleitete die Jugendhilfe die Klasse an zwei Schulstunden. Hier konnte die Jugend-
   hilfe einzelne SchülerInnen beobachten und mit sehr auffälligen SchülerInnen die Klasse verlassen,
   um Einzelgespräche zu führen.
   Wöchentlich führten wir für zwei Schulstunden ein Sozialkompetenztraining in Kleingruppen mit
   max. 6 SchülerInnen durch: Sprechen über Gefühle, Konfliktbearbeitung, Gewaltprävention, Stär-
   kung der Klassengemeinschaft, Stärkung des Selbstbewusstseins, Kritikfähigkeit…
   Mit einigen SchülerInnen schien es uns sinnvoll und notwendig, in regelmäßigen Abständen auch
   Einzelarbeit zu leisten.
   Durch regelmäßige Kontakte (direkte, telefonische und auch durch Mitteilungen ins Mitteilungsheft)
   wurden die Eltern intensiv einbezogen.
   Begleitung bei Schulausflügen, Teilnahme an Elternabenden, Klassenkonferenzen …

Fatima ließ sich schnell auf die Angebote der Jugendhilfe ein. In der Kleingruppe fühlte sie sich sehr
wohl und machte aktiv bei den Übungen mit. In Einzelgesprächen erzählte sie uns von ihrer schwieri-
gen häuslichen Situation: Streit und Konflikte zwischen den Eltern, Spielsucht und Gewaltausbrüche
des Vaters, Arbeitslosigkeit, delinquentes und aggressives Verhalten des älteren Bruders… Fatima ist
außerdem übergewichtig, jedoch sehr sportlich.

Schnell wurde uns klar, dass sich Fatimas Schwierigkeiten nur in Zusammenarbeit mit den Eltern ver-
bessern könnten. Die Eltern erschienen leider ohne Absage nicht zu den vereinbarten Terminen. So
entschieden wir uns für einen Hausbesuch bei der Familie. Fatimas Mutter spricht kaum Deutsch,
weshalb wir uns zunächst eher mit dem Vater unterhielten. Er sah Fatimas Gewichtsprobleme als aus-
schlaggebend für ihre Probleme in der Schule an. Wir betonten, dass Fatima dringend Aufmerksam-
keit und Unterstützung benötige, damit sich ihr Sozialverhalten und ihre schulischen Leistungen ver-
bessern könnten. Wir empfahlen der Familie eine Einzelfallhilfe für Fatima. Zunächst war der Vater
sehr skeptisch und wiederholte, dass Fatima bald eine Kur machen würde und dann alle Probleme
vom Tisch seien. Wir konnten ihn schließlich doch davon überzeugen, dass eine professionelle sozial-
pädagogische Hilfe das Richtige für Fatima wäre.

Am nächsten Tag nahmen wir mit Einverständnis von Fatimas Eltern direkt Kontakt zum Sozialrathaus
auf und berichteten über unseren Hausbesuch und die aus unserer Sicht dringende Notwendigkeit,
eine Einzelfall- bzw. Familienhilfe in die Familie zu installieren.

Fatima erzählte uns am nächsten Tag, dass ihre Eltern unseren Besuch sehr positiv aufgenommen
hätten und dass sie sich sehr über eine Betreuerin freuen würde. Sie hatte von Freundinnen gehört, die
mit ihren Betreuern über alle Probleme sprechen können und Ausflüge unternehmen. Wir empfahlen
ihr außerdem, ein Boxcamp zu besuchen. Dort könne sie trainieren, ihre Aggressionen und Wutaus-
brüche unter Kontrolle zu halten.

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                            13
In der Zwischenzeit lud die Sozialarbeiterin des Jugendamtes Fatimas Eltern zu sich ein und nahm den
Antrag zur Installierung einer Familienhilfe entgegen. Einige Wochen später nahm die Familienhelferin
Kontakt zu uns auf und wir organisierten einen Runden Tisch, an dem Fatima, die Eltern, die Lehrerin-
nen und Lehrer, die Familienhelferin und die Jugendhilfe in der Schule teilnahmen. Es wurden ver-
schiedene Ziele und Erwartungen an die Beteiligten formuliert:

Fatima:          Angemessenes Verhalten im Unterricht und weniger Streit und Konflikte mit den Mit-
                 schülerinnen und -schülern, aktive Teilnahme am Unterricht, regelmäßiges Erledigen
                 der Hausaufgaben.
Familienhilfe:   Intensive Gespräche mit Fatima und ihren Eltern mit dem Ziel der Verbesserung der
                 familiären Situation.
Eltern:          Regelmäßiger Kontakt zur Schule, um mitzubekommen, wie sich Fatima entwickelt
                 und was sie für die schulische Förderung braucht.
Jugendhilfe:     Regelmäßige Gespräche mit Fatima, um den Prozess ihrer schulischen Integration
                 weiter zu begleiten und unterstützen.
Lehrkräfte:      Fatima eine neue Chance geben, ihr Verhalten zu verbessern. Um ihr die Loslösung
                 von alten Rollenmustern zu erleichtern, wird ihrem Wunsch entsprochen, in die Paral-
                 lelklasse zu wechseln.

Fatima sucht weiterhin regelmäßig unser offenes SchülerInnencafé auf, um mit uns ins Gespräch zu
kommen und von ihrer aktuellen Situation zu berichten. Auch nimmt sie an anderen Angeboten der
Jugendhilfe in der Schule, wie beispielsweise den Lernferien, gerne teil. Zu dem Training des
Boxcamps geht sie regelmäßig und sehr gerne.

Mittlerweile besucht Fatima die 9. Klasse und macht ein Praktikum in einer Zahnarztpraxis. Ihr Sozial-
verhalten und auch ihre schulischen Leistungen haben sich gebessert. Fatima hat ein Vertrauensver-
hältnis zu der Familienhelferin aufbauen können, von der sie auch im Übergang von der Schule in
den Beruf Unterstützung erhält. Ihre Aggressionen sind zurückgegangen. Da sich die häusliche Situa-
tion von Fatima nur langsam und schwierig beeinflussen lässt, können und konnten nicht alle Proble-
me sofort gelöst werden. Fatima befindet sich jedoch auf einem guten und vielversprechenden Weg.

Ansprechpartner/-innen:

Internationales Familienzentrum e.V.                    Internationales Familienzentrum e.V.
Santiago Palau Herrero                                  SchülerInnencafé Mayday
Integrationshilfen für Jugendliche                      Amira Akhouaji-Ramline
 - Leitung Jugendsozialarbeit -                         Falkstraße 60
Ostendstraße 70                                         60487 Frankfurt am Main
60314 Frankfurt am Main                                 Tel.: 069 704584
Tel.: 069 943444 40 u. 943444 41                        E-Mail: mayday@ifz-ev.de
E-Mail: santiago.palau@ifz-ev.de

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Das Frankfurter Modell zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
Die Jugendhilfe ist dem Schutzauftrag nach         III. Im Rahmen der AG 78 Kinder- und Ju-
§ 8a (4) SGB VIII verpflichtet. Ihre Aktivitäten        gendarbeit wurde eine Unter-AG gebildet,
sind präventiv auf Situationen unterhalb aku-           die eine fachliche Empfehlung zur Umset-
ter Gefährdungssituationen von Kindern aus-             zung des Kinderschutzes in der Schule an
gerichtet. Ende 2009/Anfang 2010 gab es                 den Runden Tisch erarbeitet hat.
aus den Schulen mit Jugendhilfe in der Schule      IV. Fach- und Leitungskräfte der beteiligten
Hinweise, dass unterschiedliche gesetzliche             Schulen, Leitungskräfte aus dem Kinder
Ausgangsbedingungen, Haltungen und Ver-                 und Jugendhilfe Sozialdienst (KJS), inso-
fahrensweisen in Schule und Jugendhilfe zu              weit erfahrene Fachkräfte der Träger so-
gegenläufigen Vorgehensweisen im Kinder-                wie Kooperationspartnerinnen und -
schutz führten und eine Umsetzung des                   partner aus den beteiligten Ämtern haben
Schutzauftrages nach § 8a (4) SGB VIII er-              gemeinsam an Qualifizierungen und
schwerten.                                              Fachveranstaltungen teilgenommen.

                                                   Im Rahmen eines beteiligungsorientierten
                                                   Prozesses wurden von 2010 bis Anfang 2012
                                                   Kooperationsstrukturen und Umsetzungsin-
                                                   strumente entwickelt, die im Frankfurter Mo-
                                                   dell zum Schutz von Kindern und Jugendli-
                                                   chen in der Schule zusammengeführt sind.
Zu diesem Zeitpunkt war weder das Bundes-          Ämterübergreifende Kooperationsverein-
kinderschutzgesetz verabschiedet, noch ver-        barung zum Kinderschutz in der Schule
fügte das Hessische Schulgesetz über eine          Die Kooperationsvereinbarung zur Gewähr-
explizite Kinderschutznorm. Wenngleich es          leistung des Kinderschutzes in Schulen der
Schulen gab, die bereits im Bereich des Kin-       Stadt Frankfurt am Main ist im Sommer 2011
derschutzes eine eingespielte Kooperation mit      vom Stadtschulamt, dem Kinderbüro, dem
der Jugendhilfe in der Schule und dem Kin-         Jugend- und Sozialamt, dem Staatlichen
der- und Jugendhilfe Sozialdienst entwickelt       Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main,
hatten, so fehlten insgesamt abgestimmte           dem Amt für Gesundheit mit dem kinder- und
Verfahren für ein gemeinsames Handeln.Der          jugendpsychiatrischen Dienst sowie der
Schutz von Kindern und Jugendlichen in der         Kommunalen Kinder-, Jugend- und Familien-
Schule bildete daher in 2010 und 2011 ein          hilfe mit dem Zentrum für Erziehungshilfe
Schwerpunktthema des Förderprogramms               unterzeichnet worden. Die Vereinbarung for-
Jugendhilfe in der Schule.                         muliert Kinderschutz als Aufgabe in gemein-
                                                   samer Verantwortung, nennt gegenseitige
Entsprechend der gesetzlichen Grundlagen,          Akzeptanz und Wertschätzung als Basis für
fachlichen Erfordernisse und zu berücksichti-      einen entwicklungsorientierten Rahmen, be-
genden Kooperationsbezüge wurde das The-           zieht sich auf einen gemeinsam entwickelten
ma auf vier Ebenen instrumentalisiert:             Kinderschutzbegriff, verpflichtet sich auf ge-
                                                   teilte Grundsätze zum Schutz von Kindern und
I. Mit allen Trägern der Jugendhilfe in der        Jugendlichen in der Schule, benennt die Auf-
   Schule wurden Vereinbarungen nach § 8a          gaben und Verantwortlichkeiten der beteilig-
   (4) SGB VIII zur Gewährleistung des             ten Akteure und konkretisiert einen Verfah-
   Schutzauftrages abgeschlossen. Die Trä-         rensstandard zur Wahrnehmung des Schutz-
   ger entwickelten ein Schutzkonzept.             auftrags in der Schule. Schließlich sind in ihr
                                                   die Inhalte einer Handreichung für schulische
II. Ein ämterübergreifender Runder Tisch zum       Fachkräfte zum Schutz von Kindern und Ju-
    Kinderschutz in der Schule wurde einberu-      gendlichen in der Schule benannt.
    fen. Mithilfe einer Kooperationsvereinba-
    rung sollte ein sicherer Rahmen geschaf-
    fen werden, der es ermöglicht, Hinweise
    auf Kindeswohlgefährdungen in der Schu-
    le früh wahrzunehmen und unter Hinzu-
    ziehen von internen und externen Unter-
    stützungssystemen qualifiziert zu handeln.

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                       15
Kinderschutztandems in den Schulen                  Regionalgruppen mit KJS-Vertretung und
In der Kooperationsvereinbarung ist ebenfalls       Tandems
festgehalten, dass Schule und Jugendhilfe in        Orientiert an den Einzugsgebieten der neun
der Schule je einen Kinderschutzbeauftragten        Sozialrathäuser in Frankfurt wurden sechs
bzw. eine Kinderschutzbeauftragte benennen,         Regionalgruppen gebildet, die sich aus den
die ein Tandem bilden. Die Kinderschutztan-         Tandems der Schulen in den zugehörigen
dems sind Informations- und Wissensträger           Sozialrathausbezirken und einer Vertretung
und wirken als Multiplikatoren ins Kollegium        des jeweiligen KJS (Kinder- und Jugendhilfe
hinein. Sie sind Mitglied eines schul- und          Sozialdienst) zusammensetzen. Die ersten drei
trägerübergreifenden Netzwerks und stehen           Treffen der Regionalgruppen wurden im
für Erstberatung und kollegiale Beratung bei        Rahmen der Prozessbegleitung durch externe
Gefährdungseinschätzung zur Verfügung.              Supervisoren begleitet. Ziel war es, eine ge-
                                                    meinsame Arbeitsstruktur an der Schnittstelle
Erweiterter Kinderschutzbegriff
                                                    Schule – KJS zu entwickeln. Themen in den
Der erweiterte Kinderschutzbegriff bezieht zum
                                                    Regionalgruppen waren z.B.:
einen schulspezifische Indikatoren und Ent-
wicklungsaufgaben des Jugendalters mit ein.
                                                       Persönliches Kennenlernen und verstehen,
Zum anderen sollen dadurch Gefährdungen
                                                       was der oder die andere tut: Wer macht
frühzeitig erkannt werden, um bereits unter-
                                                       was? Wer erwartet was von wem?
halb der Eingriffsschwelle ins Elternrecht ab-
                                                       die Verankerung des Kinderschutzes in der
gestuft und passgenau Unterstützung für die
                                                       Schule über das Tandem hinaus
Schülerinnen und Schüler sowie deren Erzie-
                                                       das exemplarische Arbeiten an Fällen
hungsberechtigten anbieten zu können.
                                                       das Vorgehen bei Elterngesprächen und
Verfahren zur Umsetzung des                            Hausbesuchen
Schutzauftrages im Zuständigkeitsbereich               die Frage, wann der KJS einbezogen wer-
der Schule                                             den muss und die Weitergabe von Infor-
Das in der Kooperationsvereinbarung festge-            mationen zwischen Schule und KJS
legte Vorgehen orientiert sich am § 8a SGB             der Ablauf bei Inobhutnahmen
VIII und stellt insofern eine Vorwegnahme des          der Umgang mit unterschiedlichen Ein-
Artikel 1 des Bundeskinderschutzgesetzes -             schätzungen der beteiligten Institutionen
dem Gesetz zur Kooperation und Information
im Kinderschutz (KKG) - dar, in dessen § 4
                                                    Handreichung zum Frankfurter Modell
explizit Lehrkräfte auf ein dem § 8a SGB VIII
                                                    Die Handreichung zum Frankfurter Modell
analoges Verfahren verpflichtet werden. Schu-
                                                    zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in
le nimmt demzufolge in ihrem Zuständigkeits-
                                                    der Schule wurde Anfang Februar 2012 auf
bereich den Schutzauftrag wahr, indem sie
                                                    einem Fachtag von den Kooperationspartnern
Signale erkennt, Risiken im Zusammenwirken
                                                    am Runden Tisch für die Prozessbeteiligten
mit einer Kinderschutzfachkraft einschätzt,
                                                    eingeführt, sowie im Bildungsausschuss, im
Eltern, Kinder und Jugendliche beteiligt, Hil-
                                                    Ausschuss Gesundheit und Soziales, im AK
fen anbietet und auf deren Annahme hinwirkt
                                                    Prävention, im FA Kinder- und Jugendförde-
sowie schließlich das Jugendamt einbezieht,
                                                    rung, der AG 78 Kinder- und Jugendarbeit
wenn die angebotenen Hilfen nicht ausrei-
                                                    und im Jugendhilfeausschuss vorgestellt. Die
chen oder nicht angenommen werden.
                                                    Handreichung führt in den Begriff der Kin-
                                                    deswohlgefährdung ein, benennt die Grunds-
Schulstandortbezogene
                                                    ätze und Prinzipien der Fallbearbeitung sowie
Kooperationsmodelle
                                                    die Aufgaben der Fach- und Leitungskräfte,
Dieses Verfahren wurde im Rahmen von drei
                                                    benennt die Schritte des Verfahrensablaufs,
unterschiedlich ausgerichteten Kooperations-
                                                    informiert über die rechtlichen Grundlagen
modellen konkretisiert, so dass spezifische
                                                    der Arbeitsfelder Jugendhilfe und Schule und
Strukturen, Handlungsabläufe und bestehen-
                                                    stellt Arbeitshilfen zu den einzelnen Schritten
de Routinen der Zusammenarbeit schulstand-
                                                    der Fallbearbeitung zur Verfügung.
ortbezogen berücksichtigt werden können.

16                                Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011
Ziele der gemeinsamen Qualifizierungen
                                                  waren der Erwerb geteilten Wissens, die Ent-
                                                  wicklung eines professionellen Repertoires
                                                  zum abgestimmten Einschätzen, Beraten und
                                                  Handeln sowie die Netzwerkbildung.

                                                  Die dreiteilige Basisqualifizierung von No-
                                                  vember 2010 bis Januar 2011 vermittelte
                                                  rechtliche Grundlagen und einen ersten Ein-
                                                  stieg in das gemeinsame Einschätzen und
                                                  Handeln bei Anhaltspunkten für eine Kindes-
                                                  wohlgefährdung. Sie richtete sich an die Kin-
                                                  derschutztandems, Trägerkoordinatoren und
                                                  Schulleitungen sowie die insoweit erfahrenen
                                                  Fachkräfte der Träger.

                                                  An die Basisqualifizierung schloss sich im
                                                  März 2011, startend mit einer Auftaktveran-
                                                  staltung mit allen Beteiligten, eine Prozessbe-
                                                  gleitung an, die den KJS mit einbezog.
                                                  Die Prozessbegleitung schloss neben der
                                                  externen Begleitung der drei ersten Regional-
                                                  gruppentreffen ein schulbezogenes vierstün-
                                                  diges Supervisions- oder Beratungskontingent
Bedingungen für einen gelingenden                 ein. Dieses konnte individuell oder gemein-
Entwicklungsprozess                               sam mit anderen Schulen abgerufen werden.
Als Bedingungen für einen gelingenden Ent-        Trägerkoordinatorinnen und -koordinatoren
wicklungsprozess zeigten sich:                    sowie Schulleitungen wurden zu zwei Qualifi-
                                                  zierungsveranstaltungen für die Leitungsebene
   die Partizipation der Beteiligten und eine     eingeladen.
   damit verbundene Prozessorientierung,
                                                  Ausblick
   voneinander wissen und eigene Aufträge
                                                  Das Frankfurter Modell wurde 2012 in vielen
   transparent machen,
                                                  Schulen im Rahmen pädagogischer Tage und
   die Entwicklung einer gemeinsamen Hal-
                                                  Konferenzen in den Schulen mit Jugendhilfe
   tung zum Kinderschutz,
                                                  in der Schule eingeführt. Interviews mit Betei-
   zur Verfügung stehende finanzielle, perso-
                                                  ligten, die Sachberichte der Träger, Auswer-
   nelle und zeitliche Ressourcen,
                                                  tungsgespräche in den Schulen, Rückmeldun-
   Verantwortungsübernahme auf Leitungs-
                                                  gen aus den Regionalgruppen und Einzelfälle
   ebene,
                                                  zeigen die aktuellen Herausforderungen, die
   Entwicklung von Verfahren und Strukturen,
                                                  der Umsetzungsprozess des Frankfurter Mo-
   die wertschätzend an Bestehendes an-
                                                  dells mit sich bringt. Hierzu zählen die Rollen-
   knüpfen,
                                                  klärung für das Kinderschutztandem, die
   individuelles Engagement für eine ge-
                                                  Entwicklung geeigneter schulstandortbezoge-
   meinsame Sache, die als wichtig und
                                                  ner Konkretisierungen der Kooperationsmo-
   wertvoll angesehen wird und
                                                  delle, regelmäßige Regionalgruppentreffen,
   gemeinsame Fortbildung.
                                                  die Anwendung des erweiterten Kinderschutz-
Qualifizierungen                                  begriffes in der konkreten Kooperation und
Insbesondere die gemeinsamen Qualifizie-          der Umgang mit unterschiedlichen Einschät-
rungen erwiesen sich als geeignet, um einige      zungen der beteiligten Professionen.
der Gelingensbedingungen in integrierter
Weise zur Geltung zu bringen.

Das Institut für Sozialpädagogik und Sozial-
arbeit (ISS) in Frankfurt war mit der Durchfüh-
rung der Qualifizierung beauftragt, die inhalt-
liche Gestaltung erfolgte in enger Absprache
mit dem Stadtschulamt und in Abstimmung
mit den Kooperationspartnern am Runden
Tisch.

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                       17
Berufliche Orientierung
Die durch das Stadtschulamt Frankfurt geför-            Berufliche Orientierung hat die Entwicklung
derten Angebote der Beruflichen Orientierung            der Jugendlichen im Hinblick auf ihre biogra-
sind an der hessenweiten Strategie OloV -               fische Selbstkompetenz zum Ziel. Hierzu ge-
Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit              hört die Ausbildungsreife ebenso wie die
bei der Schaffung und Vermittlung von Aus-              Persönlichkeitsentwicklung. Die Berufliche
bildungsplätzen - ausgerichtet. Das bedeutet            Orientierung bewegt sich innerhalb der klas-
eine Festlegung auf die darin enthaltenen               sischen Jugendhilfe-Kategorien. Sie zielt da-
Qualitätsstandards und eine enge Abstim-                rauf, Lebenschancen zu eröffnen und zu er-
mung und Kooperation mit den Partnern des               weitern und Verständnis und Einsicht im Zu-
hessischen Ausbildungspaktes aus Wirtschaft,            sammenleben mit anderen, zu fördern. Sie
Kommunen, Arbeitsagentur und Hessischer                 verdeutlicht Handlungsoptionen und steigert
Landesregierung. Die Angebote der Berufs-               Entscheidungs- und Handlungsfähigkeiten.
orientierung sind eine Zusatzleistung im Rah-           Sie stärkt Eigenverantwortung und Selbstän-
men der Jugendhilfeangebote gemeinsam mit               digkeit. Die Jugendlichen werden als Verant-
Lehrkräften oder werden ergänzend von                   wortliche und Experten ihrer Förderplanung
freien Trägern der Jugendhilfe im Auftrag der           wahrgenommen.
Stadt durchgeführt. Der gesamte Prozess wird
                                                        BO3 - Durchführung von Kompetenzfest-
durch Jugendhilfemitarbeiterinnen und -
                                                        stellungen
mitarbeiter und Lehrkräfte gemeinsam ge-
                                                        Bestandteil des Berufsorientierungs-Prozesses
plant, durchgeführt, begleitet und ausgewer-
                                                        mit Förderung der Ausbildungsreife ist eine
tet. So können die Kompetenzen beider Pro-
                                                        umfassende Kompetenzfeststellung, in deren
fessionen optimal in den Berufsorientierungs-
                                                        Verlauf die personalen, methodischen und
prozess einfließen.
                                                        sozialen Kompetenzen jeder Schülerin und
                                                        jedes Schülers festgestellt und dokumentiert
                                                        werden. (OloV-Standard BO3)

                                                        Die Kompetenzerfassung soll dabei helfen,
                                                        dem jungen Menschen, seinen Eltern, den
                                                        Kooperationspartnern in der Schule und den
                                                        Praxisbetrieben Kompetenzen, Entwicklungs-
                                                        potentiale und berufliche Interessen aufzuzei-
                                                        gen und einen ersten Orientierungsrahmen
Bestehende Doppelangebote z.B. bei Bera-                für einen möglichen beruflichen Weg zu ge-
tung und Bewerbungstrainings wurden abge-               ben.
baut oder umgesteuert und es wurde basie-
rend auf den Qualitätsstandards, die für Ju-           Die Erstellung eines Kompetenzprofils leitet
gendhilfe in der Schule relevant sind, ange-           die Phase der Berufsorientierung in den Schu-
strebt, dass jede Schülerin und jeder Schüler          len ein und beginnt in der 7. Klasse. Zu Be-
an jeder Schule die nötigen, aufeinander               ginn des Schuljahres wurden die schulischen
aufbauenden Angebote der Beruflichen Ori-              Fachkräfte (Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
entierung und Vermittlung findet. Das Stadt-           der Jugendhilfe sowie Lehrkräfte) gemeinsam
schulamt fördert dazu im Rahmen des För-               in drei Fortbildungsbausteinen geschult (be-
derprogramms Jugendhilfe in der Schule die             auftragt war hierfür das Internationale Famili-
Umsetzung der OloV-Standards BO3 (Kom-                 enzentrum e.V.). Diese Fortbildungen waren
petenzfeststellung) und BO4 (Kompetenzent-             die Grundlage für die Umsetzung der OloV-
wicklung).                                             Standards BO 3 und befähigten die schuli-
                                                       schen Fachkräfte zu einer eigenständigen, an
Das Stadtschulamt ist hier zuständig für die           den Schulrhythmus angepassten Durchfüh-
Programmentwicklung und -steuerung, das                rung der Kompetenzerfassung (1. Umset-
Controlling und die Trägerberatung. Die                zungsphase). Die bisherigen Durchführungen
Angebote sind mit den schulischen Förder-              der Kompetenzerfassung an den Schulen
möglichkeiten und dem Angebot der Jugend-              haben die Vielfältigkeit der Umsetzungsmög-
hilfe in der Schule verknüpft.                         lichkeiten gezeigt. So haben einige Schulen
                                                       die Kompetenzerfassung in eine jährliche
                                                       Projektwoche eingebettet, mit der zu Beginn
                                                       der Klasse 7 der Berufsorientierungsprozess
                                                       eingeleitet wurde. Andere Schulen banden
                                                       die Durchführung über ein Halbjahr verteilt in
18                                 Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011
den Unterricht ein und vertieften dann z.B. die      BO4 - Individuelle Förderung der Ausbil-
handlungsorientierten Einheiten mit ausge-           dungsreife
wählten Modulen aus hamet 2 („Handlungs-             Aus den Ergebnissen der Kompetenzfeststel-
orientierte Module zur Erfassung und Förde-          lung werden Rückschlüsse auf den Förderbe-
rung elementarer Kompetenzen für berufliche          darf der Schülerin bzw. des Schülers gezogen.
Bildung und Arbeit“, ein vom BBW Waiblin-            Sofern Förderbedarf besteht, wird dieser mit
gen entwickeltes erprobtes Testverfahren;            dem Schüler bzw. der Schülerin besprochen
http://www.hamet.de) in einer Projektwoche.          und in den individuellen Förderplan integriert.
Außerdem bekamen die teilnehmenden Schu-             Geeignete Maßnahmen werden ggf. mit ex-
len ein vom Internationalen Bund entwickeltes        ternen Partnern in die Wege geleitet. (OloV-
Methodenhandbuch zur Verfügung gestellt.             Standard BO4)

In der zweiten Phase der Umsetzung wurden            Neben den Angeboten im Programm Praxis-
die Ergebnisse ausgewertet, kommuniziert             orientierte Hauptschule fördert das Stadt-
und es wurde ein Förderplan erstellt. Die            schulamt in diesem Bereich seit 2012 die
Schülerinnen und Schüler erfuhren, welche            Möglichkeit, Angebote im Zusammenhang
Stärken und Schwächen sie besitzen und               mit den Lernferien durchzuführen. Vorausset-
welche Fähigkeiten noch ausgebaut werden             zung ist, dass die Schülerinnen und Schüler
können.                                              ein Kompetenzfeststellungsverfahren durch-
                                                     laufen haben und der Berufswahlpass genutzt
Anschließend folgte ein Feedbackgespräch             wird. Eine Vertiefung der Kompetenzentwick-
mit den Eltern, bei dem gemeinsam die Er-            lung kann über die Lernferien hinaus im
gebnisse und das weitere Vorgehen bespro-            Rahmen dieser Förderung während des Un-
chen wurden. Mit diesem Gespräch wurden              terrichts oder in Projekten stattfinden. Die
die Eltern aktiv in den Berufsorientierungspro-      Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten ein
zess ihrer Kinder eingebunden und konnten            Zertifikat, das in den Berufswahlpass abge-
somit als wichtige Unterstützer in diesem            heftet wird.
Prozess fungieren.
                                                     Methodisch und thematisch orientieren sich
Ausblick
                                                     die Angebote der Jugendhilfe an ihren fachli-
Die Kompetenzerfassung läuft derzeit (Febru-
                                                     chen Methoden und Kenntnissen. Das heißt,
ar 2013) an 15 Schulen in den Schulformen
                                                     besonders geeignet sind kultur-, sport-, er-
Hauptschule, Haupt- und Realschule, Ge-
                                                     lebnis- und medienpädagogische Themen
samtschule und Förderschule mit dem För-
                                                     sowie Angebote des sozialen und interkultu-
derschwerpunkt Lernen unter Beteiligung von
                                                     rellen Lernens sowie der Erfahrung unter-
sechs Trägern der Jugendhilfe. Die jährlich
                                                     schiedlicher Praxisfelder. Die Angebote sind
stattfindenden Fortbildungen werden im
                                                     an den Interessen der Schülerinnen und Schü-
Durchschnitt von zwei bis vier schulischen
                                                     ler auszurichten. Förderbedarfe im Bereich
Fachkräften pro Schulstandort besucht. Seit
                                                     der schulischen Basiskompetenzen deckt die
Beginn der Modellphase der Kompetenzerfas-
                                                     Schule ab.
sung im Oktober 2010 haben 250 Schüle-
rinnen und Schüler an einer Kompetenzerfas-
sung teilgenommen. Bis zum Ende des Schul-
jahres 2012/2013 sollen es knapp 800 wer-
den.

Teilnehmende Träger und Schulen
Evangelischer Verein für Jugendsozialarbeit       Ludwig-Börne-Schule, Wallschule, Deutsch-
e.V.                                              herrenschule, Johann-Hinrich-Wichern-
                                                  Schule
Zentrum für Weiterbildung e.V.                    Meisterschule
Internationales Familienzentrum e.V.              Sophienschule, Walter-Kolb-Schule, Charles-
                                                  Hallgarten-Schule, Falkschule
Caritasverband Frankfurt e.V.                     IGS Nordend, Kasinoschule, IGS West
Internationaler Bund                              Friedrich-Ebert-Schule, Anne-Frank-Schule
KUBI e.V.                                         Heinrich-Kraft-Schule

Jugendhilfe in der Schule – Auswertungsbericht 2010/2011                                         19
Praxisbeispiel: Kompetenzerfassung IGS Nordend September 2011
Murmeln rollen lassen, Fische ausfeilen, Plastikbecher überwinden, Feldforschung in der Einkaufs-
straße … das waren Inhalte der Projektwoche September 2011 im Jahrgang 7 der IGS Nordend. Die
Zeitzone – wie die Projektwoche in der IGS Nordend heißt – stand unter dem Thema „Berufe und
Kompetenzen“ und bildete den „Startschuss“ Richtung Praktikum, Berufswünsche und Arbeitswelt.
Die vier Klassen mit insgesamt 100 Schülerinnen und Schülern – darunter 2 Klassen mit Schülerinnen
und Schülern mit Förderbedarf – arbeiteten an einzelnen Tagen versetzt in den Modulen:

     Einblick in die Berufswelt
     Eigene Interessen und Bewerbung
     Soziale Kompetenzen
     Handwerkliche Kompetenzen.

Der fünfte Tag der Woche war reserviert für einen Klassenausflug.
Einblick in die Berufswelt
Begleitet von den Klassenleitungen begaben sich die Schülerinnen und Schüler auf Erkundungsreise in
die nahegelegene Einkaufsstraße und erkundeten dort
die Aushängeschilder von HandwerkerInnen, ÄrztInnen,
Geschäften usw. Alles, hinter dem sich ein Beruf ver-
barg, wurde fotografiert und registriert. So entwickelte
sich eine Sammlung von unterschiedlichsten bisher
bekannten oder unbekannten Berufen. In der Schule
wurden Collagen erstellt mit Bildern von Berufen und
Begrifflichkeiten rund um die Arbeitswelt.
Eigene Interessen und Bewerbung
Was sind meine Interessen? Was mache ich in meiner
Freizeit? Wer unterstützt mich? waren u.a. Fragen, die
mit der Methode des Mindmap bearbeitet wurden. Die
Beschäftigung mit diesen Fragen ermöglichte den
Schülerinnen und Schülern, sich intensiv mit sich selbst
zu beschäftigen und ihre Ideen und Wünsche zu kon-
kretisierten.

Erste Überlegungen zur Praktikumswahl wurden ange-
stellt und der Berufswahlordner eingeführt, so dass nun
jede Schülerin und jeder Schüler den eigenen Ordner
im Klassenraum stehen hat, mit ihm arbeiten sowie
Bescheinigungen, Ergebnisse der Kompetenzerfassung
und andere Dokumente darin sammeln kann.
Soziale Kompetenzen
Zu Beginn des Tages stand eine schriftliche Abfrage der eigenen sozialen Kompetenzen. Feststellun-
gen wie „Ich kann Aufgaben ohne Anleitung ausführen und selbstständig erledigen.“, „Ich kann Ver-
antwortung für mich und andere übernehmen.“ oder „Ich bleibe ruhig und versuche bei einem Kon-
flikt, eine gemeinsame Lösung zu finden.“ wurden den Einteilungen „trifft voll zu“, „trifft eher zu“, „trifft
eher nicht zu“ oder „trifft nicht zu“ zugeordnet.

Kleingruppen von ca. 4 Personen hatten daraufhin Kooperationsaufgaben zu bewältigen. Hierbei
handelte es sich um die „Mausefalle“ – bei der eine Person mit verbundenen Augen eine Fläche
durchqueren muss, ohne die dort aufgestellten Becher zu berühren – und um den „Bau der Murmel-
bahn“ – bei dem die Gruppe mit vorgegebenem Material eine möglichst lange Bahn bauen soll, in
der eine Murmel rollt. All dies fand unter den Augen außerschulischer Beobachterinnen und Beobach-
ter statt, die sich während der Übungen Notizen zu den einzelnen Beteiligten machten. Nach jeder
Übung erfolgte eine schriftliche Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler zu ihrem Verhalten
während der Aufgabe.

Am Ende des Tages erhielten die Schülerinnen und Schüler eine mündliche und schriftliche Rückmel-
dung der Beobachterinnen und Beobachter über das, was während der Übungen wahrgenommen
wurde.
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Handwerkliche Kompetenzen
Einen aufgezeichneten Fisch aus einem Stück Holz feilen sowie im Computer Koordinaten eingeben,
waren hamet2 Übungen, die im Mittelpunkt dieses Moduls standen.

Eine Hälfte der Klasse arbeitete in der Holzwerkstatt während die andere Hälfte y- und x-Koordinaten
eingab. In Anschluss an diese Übungen erprobten sich die Schülerinnen und Schüler am Fortführen
von Linien, Spiegelungen, Winkeln einzeichnen, Linien abmessen. Nach der Hälfte des Vormittags
wurde getauscht und die jeweils andere Übung durchgeführt.

Überwiegend positiv waren die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler zu der Projektwoche.
Dies lag an der Unterschiedlichkeit der Modultage und an dem ernsthaften Charakter der Übungen.
Vor allem da bei den sozialen und handwerklichen Kompetenzerfassung externe Beobachterinnen und
Beobachter anwesend waren und die Stoppuhr nebenbei unerbittlich die Zeit festhielt.

Aber auch Fragen wie „Ist die Arbeitswelt immer so stressig?“ und „Geht’s da immer nach Zeit?“ ka-
men auf und wurden diskutiert.

Somit war die Projektwoche „Berufe und Kompetenzen“ ein sehr guter Start für das Thema Berufs-
orientierung und das Fach Arbeitslehre im 7. Schuljahr.

Bewährt hat sich ebenso die sehr gute Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe in der Schule
(Träger Caritasverband Frankfurt e.V.) bei der konzeptionellen Vorbereitung, der Durchführung sowie
der Auswertung der Projektwoche, sodass im Schuljahr 2012/2013 die Murmeln wieder rollen und
die Fische wieder ausgefeilt werden.

Ansprechpartner/-innen:

Caritas-Verband Frankfurt e.V.                         Caritasverband Frankfurt e.V.
Bernhard Zepf                                          Jugendhilfe in der IGS Nordend
Alte Mainzer Gasse 10                                  Dirk Petrat
60311 Frankfurt am Main                                Hartmann-Ibach-Str. 54-58
Tel.: 069 17002423                                     60389 Frankfurt am Main
E-Mail: bernhard.zepf@caritas-frankfurt.de             Tel.: 069 21244932
                                                       E-Mail: dirk.petrat@caritas-frankfurt.de
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