Austausch bildet - Europa plus Glückliche Dänen - KMK-PAD
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das magazin für die schule Ausgabe Juni 2015 austausch bildet Erfahrungen Glückliche Dänen Zurückgeblickt Scharfsinnige Beobachter ihrer Nachbarn schwerpunkt Europa plus
Editorial A ustausch bildet lautet seit vielen Jahren das bewährte Motto des Pädagogischen Austausch- dienstes (PAD) des Sekretariats der Kultusminister- konferenz. Europäischer und internationaler Austausch im Schulbereich, wie ihn die Programme des PAD im Auftrag der Länder ermöglichen, eröffnet Lehrkräften und Bildungsfachleuten neue Einblicke in die Praxis – und wirkt sich somit oft unmittelbar auf Schule und Unterricht aus. Es liegt deshalb nahe, dass das neue Magazin des PAD diesen eingängigen Titel trägt. Der Schwerpunkt »Europa plus« mit Beiträgen über Partnerschaftsprojekte mit Schulen in Osteuropa und Anrainern am Mittelmeer bekommt angesichts der Ereignisse an der Peripherie unseres Kontinents auch eine unerwartet politische Dimension: »Austausch bildet« heißt in diesem Zusammenhang zugleich, sich über die europäischen Werte des friedlichen Miteinanders zu verständigen, die wir seit mehr als sechs Jahr- zehnten als kostbares Gut pflegen – und weiterhin schätzen sollten. »Austausch bildet« informiert Sie künftig zweimal jährlich über alle Themen rund um den Austausch im Schulbereich. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Udo Michallik Generalsekretär der Kultusministerkonferenz
3 Inhalt 26 8 4 10 AKTUELL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwerpunkt »Europa plus« ARMENIEN · Botschafter in Turnschuhen . . . . . 8 ASERBAIDSCHAN · Baustellen und bunte Lichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 UKRAINE · Fotografieren für den Frieden . . . . . 12 KOSOVO · »Ich will Dich erleben« . . . . . . . . . . 15 ALBANIEN & BELARUS · Erfahrungen aus dem Hospitantenprogramm . . . . . . . . . . . . . 18 GEORGIEN & TADSCHIKISTAN »In Deutschland kann man Fahrrad fahren« . . 20 Fotos: bikeriderlondon/shutterstock.com, Fotograf/photocase.com, Elnur/Shutterstock.com Forum Fair und gerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Erfahrungen Glückliche Dänen – Mobil mit Erasmus+ . . . . 24 Rote Nasen in Belfort . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 GAPP von A bis Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Deutsche mit der Ente . . . . . . . . . . . . . 28 32 35 Zurückgeblickt Scharfsinnige Beobachter ihrer Nachbarn . . . . 35 Über den PAD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Aktuell Aktuell Deutscher eTwinning- Foto: PAD/ Marcus Gloger Preis verliehen — Zehn Schulen aus sieben Bundesländern sind für senheit gegenüber anderen Kulturen ist heute ihre europäische Zusammenarbeit mit dem Deut- wichtiger denn je«, erklärte Löhrmann. schen eTwinning-Preis 2014 ausgezeichnet worden. Die prämierten Schulen haben gemeinsam mit Part- Die Auszeichnung erfolgt in drei Alterskategorien nerschulen beispielhafte Internetprojekte auf die sowie einer Spezialkategorie. Bei der Auswahl der Beine gestellt und damit Europa ins Klassenzimmer nominierten Projekte legte die Jury aus Medien- geholt. Auf der Bildungsmesse DIDACTA überreichte didaktikerinnen und -didaktikern unter anderem die Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz Wert auf eine ausgeprägte Kooperation zwischen und nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia den Partnerklassen, den kreativen Einsatz von Löhrmann am 27. Februar 2015 die Preise. »Die Schü- Medien sowie pädagogisch innovative Konzepte im lerinnen und Schüler haben in den Projekten nicht Unterricht. Mit der Auszeichnung verbunden ist ein nur gelernt, mit digitalen Medien umzugehen und Geldpreis von jeweils 2.000 € für den ersten Platz, austausch bildet verantwortungsvoll im Internet zu arbeiten, sondern 1.500 € für die Zweitplatzierten sowie jeweils 1.000 € zugleich interkulturelle Kompetenzen erworben. Der für den dritten Platz und die Spezialkategorie. Austausch mit Partnerklassen im Ausland trägt zum gegenseitigen Verständnis bei – diese Aufgeschlos- Weitere Informationen: www.etwinning.de 4
5 EU-Portal für die Bildungs- zusammenarbeit — An Lehrkräfte, Schulen und weitere Akteure der Schul- Das Portal ist in 23 Sprachen zugänglich. Drei bildung richtet sich das »School Education Gateway« Werkzeuge erleichtern den Zugang zu Erasmus+ im Internet. Es unterstützt Aktivitäten im Rahmen von Aktionen: Erasmus+ und hilft unter anderem bei der Suche nach Kursangeboten und Partnereinrichtungen sowie beim > E in Kurskatalog für Lehrerfortbildungen Austausch über Beispiele bewährter Praxis. (Erasmus+ Leitaktion 1). > Eine Suchoption für Mobilitätschancen ein- schließlich Lehraufträgen und Job-Shadowing- Angeboten (Erasmus+ Leitaktion 1). > Die Möglichkeit zur Suche nach Partnern für Strategische Partnerschaften im Schulbereich, unter anderem durch die Veröffentlichung eigener Gesuche (Erasmus+ Leitaktion 2). Außerdem bietet das Portal aktuelle Nachrichten, Hinweise auf Veranstaltungen und Veröffentlichun- gen sowie Fachartikel und Tutorials zu wichtigen Themen der europäischen Bildungspolitik. Weitere Informationen: www.schooleducationgateway.eu Fördermittel für deutsch-chinesische Schulpartnerschaften — Schulen in Deutschland, die zwischen 1. Februar und 31. Juli 2016 eine Austauschbegegnung mit einer Schule in China planen, können sich bis zum 13. November 2015 bei der Kontaktstelle des »Mercator Schulpartnerschaftsfonds Deutschland – China« beim PAD um eine Förderung bewerben. Das Pro- gramm unterstützt Austauschbegegnungen und gemeinsame Projekte für Schülerinnen und Schüler aus Deutschland und China. Maßgeschneiderte Fortbildungsangebote bereiten zudem Lehrkräfte auf das interkulturelle Projektmanagement vor. Die Initiative der Stiftung Mercator und des PAD verfolgt das Ziel, die deutsch-chinesische Verständigung Das Antragsformular steht ab September über die themenbezogene Projektarbeit an Schulen auf der Website des PAD zur Verfügung: nachhaltig zu gestalten. www.kmk-pad.org/programme
7 »Europa plus« öffnet Schulen im internationalen Austausch ungewöhnliche Perspektiven. W er heute von »Europa« spricht, denkt zu- nächst an die Mitgliedstaaten der EU oder die Staaten der Eurozone. Dass »Europa« dort nicht endet, zeigt allerdings ein Blick auf die Landkar- te. Dieses »Europa plus« spiegelt sich in den Programmen des PAD wider: Mit der Initiative »Schulen: Partner der Zukunft« (PASCH) und dem Freiwilligendienst »kulturweit« werden Partnerschaften deutscher Schulen mit Schulen jenseits von »EU« und »Eurozone« gefördert. Hier wie auch bei eTwinning sind eine Reihe von Staaten in Osteuropa beteiligt, die sich in Umbruch und Aufbruch nach Europa befinden: Aserbeidschan und Armenien gehören ebenso dazu wie die Ukraine oder das Kosovo. Wer dagegen »Europa« aus der Perspektive der Anrainer am Mittelmeer betrachtet, wird kaum überrascht sein, dass auch Tunesien an einem europäischen Programm wie eTwinning beteiligt ist. Unser Schwerpunkt stellt Projekte und Personen vor, die »Europa plus« bereits für sich entdeckt haben.
armenien Botschafter in Turnschuhen »Armenien ist kein typisches Ziel einer Traumreise«, sagt Robin Shakibaie. Umso mehr weiß der »kulturweit«-Freiwillige das Interesse der Schülerinnen und Schüler zu schätzen, denen er die deutsche Sprache und Kultur näher bringen will. Foto: Fotograf / photocase.de D von robin shakibaie ass Kinder in den Herbstferien lie- vieren von Lebensmitteln, nicht viele Freizeitan- ber in der Schule bleiben, anstatt gebote. Die Motivation, Deutsch zu lernen, ist da- ihre Freizeit anderweitig zu verbrin- her recht hoch. Sie kommen gerne in die Schule, gen, würde man in Deutschland nie schließlich bieten Fremdsprachenkenntnisse den Ju- erleben. Allerdings würde man in gendlichen die Perspektive, eines Tages im deutsch- Deutschland auch nicht vermuten, dass Kinder beim sprachigen Ausland zu studieren und zu arbeiten. Einkochen von Obst und Gemüse für den Winter hel- fen. In den ländlichen Regionen Armeniens ist dies Ähnlich, wenn auch nicht mit ganz so viel Elan, der Fall. Um also den Schülerinnen und Schülern eine verhält es sich an Schulen in Yerevan. Dort bieten Ausrede zu geben, am heimischen Küchentisch keine zwei Schulen das Deutsche Sprachdiplom I der Kul- Karotten schälen zu müssen, haben wir, die vier »kul- tusministerkonferenz (DSD I) an – darunter die 60. turweit«-Freiwilligen in Armenien (neben mir auch Grundschule »Vahan Teryan«, an der ich eingesetzt Elene Chikava, Leonie Thies und Moritz Schlör), einen werde. Und an einer weiteren Schule lässt sich die Projekttag an einer Schule in dem Dorf Sardarapat Prüfung zum DSD II ablegen. Natürlich stehen den organisiert. Mit den Kindern wurde an verschiedenen Schülerinnen und Schülern der Hauptstadt auch an- Stationen gemalt, gebastelt, gespielt und musiziert. dere Türen offen. Trotzdem gibt es immer einige, die Zum Abschluss haben wir gemeinsam mit viel Spaß sich besonders für die deutsche Kultur interessieren Waffeln gebacken. Zugegeben, es ist etwas zu über- oder als Ziel Mittel- und Westeuropa vor Augen ha- spitzt dargestellt, denn die Schüler/-innen sind nicht ben. bloß gekommen, um sich vor der Hausarbeit zu drü- cken, sondern weil sie gerne Deutsch lernen und sich Krippenspiel zur Weihnachtszeit austausch bildet gerne auch in ihrer Freizeit mit der Sprache befassen. Im Alltag unterstützen wir die Schulen so gut es Wir alle hatten einen tollen Tag und waren sehr beein- geht bei allen anfallenden Arbeiten. Das reicht vom druckt, wie positiv das Projekt angenommen wurde. Helfen bei Phonetik-Einheiten bis hin zum Dekorie- Insbesondere Kinder außerhalb der Hauptstadt ren der Klassenräume. Als Muttersprachler sind wir Yerevan nehmen gerne an Aktivitäten der Schule gefragt, viel mit den Schülerinnen und Schülern teil. In kleineren Orten gibt es, neben dem Konser- zu sprechen, damit sie ein Gefühl für die korrekte 8
9 Schwerpunkt »Europa plus« Über den Freiwilligendienst »kulturweit« »kulturweit« richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren mit Abitur, Hochschul- Sport, Musik und oder Berufsausbildung, die Interesse an kultur- und bildungspolitischem Engagement haben. Der Freiwil- Theater-AG ligendienst dauert 6 oder 12 Monate. Der PAD vermit- telt in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) Freiwillige an Schulen in Staaten Mittel- und Südosteuropas, der Gemeinschaft Aussprache und Intonation entwickeln. Nach dem Unabhängiger Staaten oder Staaten in Lateinamerika, Unterricht bieten wir verschiedene Arbeitsgemein- Afrika oder in Teilen Asiens, die das Deutsche Sprachdi- schaften an, zu denen die Schülerinnen und Schüler plom (DSD) der Kultusministerkonferenz anbieten, oder freiwillig kommen können. Neben Sport- und Musik- an Deutsche Auslandsschulen. Freiwillige erhalten ein angeboten erfreut sich die Theater-AG großer Be- Taschengeld von monatlich 150 € sowie eine Unter- liebtheit. In der Vorweihnachtszeit konnte so mit der stützung für Unterkunft und Verpflegung von 200 €. sechsten Klasse ein Krippenspiel einstudiert und auf- Außerdem werden der Versicherungsschutz übernom- geführt werden. Die Kinder haben sich sehr gefreut, men sowie Reisekosten und ein einwöchiger Sprachkurs ihre Deutschkenntnisse aktiv einzubringen und ih- im Gastland bezuschusst. ren Eltern ihre Fortschritte zu zeigen. Theaterstücke, Musik- und Sport-AGs sind aber Weitere Informationen: www.kulturweit.de nur ein Teil, der unsere Freiwilligenarbeit ausmacht. Oftmals agieren wir auch als Vermittler zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Die Kinder sind dankbar und freuen sich immer, jemanden zu haben, dem sie auf Augenhöhe begegnen können. Ich bin glücklich, dieses schöne Land mit seiner Bei all der Strenge und Disziplin, die im Unterricht schwierigen Geschichte und seinen liebenswerten an den Tag gelegt wird, ist es eine entspannende Menschen abseits des Bildes kennenzulernen, das in Abwechslung, sich locker im Stuhlkreis zusammen- Deutschland durch Berichte über Grenzkonflikte und zusetzen und zu plaudern. Über Deutschland kommt über den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jah- man dabei auch ins Gespräch. ren geprägt ist. Und wenn sich auch nicht alle Ideen und Projekte umsetzen ließen, bin ich doch dankbar »Meine Vorstellungen haben sich erfüllt« für die Erfahrungen, die ich mit »kulturweit« ge- Doch was erzählt man den Menschen in Armenien macht habe und für die Zukunft mitnehmen kann. über Deutschland? Ein modernes Deutschlandbild — zu definieren und zu präsentieren, ist gar nicht so Der Autor ist von September 2014 bis August 2015 einfach. Viele sehen den hohen Lebensstandard, die »kulturweit«-Freiwilliger in Armenien. politische Sicherheit und den frisch gekürten Fuß- ball-Weltmeister. Aber wie identifizieren sich die Ein- wohner/-innen tatsächlich mit ihrem Staat? Das ist ein schwieriges Thema für den Unterricht, das sich kaum beantworten lässt. Denn am Ende stehe ich als »Botschafter in Turnschuhen«, als Person mit indivi- duellen Gefühlen, einem individuellen Hintergrund und meiner eigenen Identität vor der Klasse. Als ich nach Armenien gegangen bin, hatte ich kaum eine Vorstellung davon, was mich in den fol- genden 12 Monaten erwarten würde. Ich wollte raus von Zuhause, die Welt erkunden, eine neue Sprache lernen und etwas erleben. Armenien ist kein typisches Ziel einer Traumreise, in dem man ein Jahr nach dem Abitur verbringt, um Spaß zu haben. Aber meine Erwartungen haben sich erfüllt.
Baustellen aserbaidschan und bunte Lichter Schulen aus Aserbaidschan können sich seit 2013 an eTwinning beteiligen. Daniel Bernsen vom Eichendorff-Gymnasium in Baku ist eine pulsierende Boomstadt. Ihren Reich- Koblenz (Rheinland-Pfalz) hat sich im tum verdankt sie dem Öl. Mehrmals am Tag bricht der Verkehr auf den vielspurigen Straßen aus Sowjet- November 2014 in Baku auf die Suche nach zeiten aufgrund der unzähligen Autos zusammen. Partnern für Unterrichtsprojekte gemacht. Überall werden alte Stadtviertel abgerissen. An ihrer Stelle schießen neue Wolkenkratzer aus dem Boden, die nachts bunt illuminiert sind. A Baku in Aserbaidschan? Ja, Baku, die Hauptstadt von daniel bernsen von Aserbaidschan. Dort fand vom 21. bis 23. Novem- nkunft in Baku. Nach stundenlan- ber unter dem Titel »Our countries and their history« gem Flug über ein weißes Wol- ein erstes eTwinning Plus Seminar statt. Die Veran- kenmeer ragen plötzlich die ab- staltung richtete sich vor allem an Erdkunde- und genutzten, von Wind und Wetter Geschichtslehrkräfte aus Frankreich, Großbritannien geschliffenen Gipfel des Kaukasus und Deutschland. wie eng aneinanderliegende Inseln im Meer auf. Aserbaidschan ist für West- und Mitteleuropä- Dann geht es schnell nach unten zum Flughafen von er nicht nur mit einer weiten Anreise verbunden. Baku am Kaspischen Meer. Bereits die halbstündi- Auch über die Geschichte des Landes weiß kaum ge Fahrt ins Hotel ist beeindruckend: Mutige, neue jemand etwas – dabei sieht sich das Land selbst als und meist auch gelungene moderne Architektur ist östlichster Teil Europas. Um gemeinsame Anknüp- zu sehen – und auf Brachen stehen Baukräne. Als fungspunkte für europäische Projekte zu finden, ist Fußgänger hier unterwegs zu sein, lässt man lieber also eine gute Vorbereitung erforderlich. Und in der austausch bildet sein oder nimmt hin, sich auf lebensmüde Straßen- Tat gibt es zahlreiche Ideen für gemeinsame Projek- überquerungen einzulassen. Eine Stadt gebaut für te: Bereits vor rund 200 Jahren wanderten zahlreiche Autos in einem Land, wo Öl reichlich sprudelt und Deutsche nach Aserbaidschan aus. der Benzinpreis niedrig ist. Nur die Altstadt blieb den Der Öl-Boom, der zur Mitte des 19. Jahrhunderts Fußgängern als eine Art Schutzzone und ein Reservat einsetze, brachte zahlreiche Westeuropäer nach erhalten. Baku, wo Architekten aus Polen die prachtvollsten 10
11 Foto: Elnur /shutterstock.com Schwerpunkt »Europa plus« »Viele engagierte Lehrkräfte freuen sich dort über die Möglichkeit für Kontakte und Projekte mit Kollegen und Häuser an den Boulevards bauten. Stoff für gemein- Klassen aus anderen europäischen same Projekte bieten auch der Erste Weltkrieg, als Aserbaidschaner in der russischen Armee vor allem Ländern. Und auch das Land gegen das Osmanische Reich kämpften, die kurze lohnt die Entdeckung.« Phase der anschließenden Unabhängigkeit, in der deutsche und britische Truppen das Land gegen die Rote Armee unterstützten, und auch der Zweite Weltkrieg, als NS-Deutschland nach den Ölquellen Aserbaidschans griff. Zahlreiche deutsche Kriegsge- fangene wurden damals unter anderem zur Errich- > S chüler/-innen aus verschiedenen Ländern tung von Gebäuden in Aserbaidschan, das bis 1991 dokumentieren ihre Städte mit Fotos, die sie mit Teil der Sowjetunion war, eingesetzt. den Partnerklassen aus England, Deutschland, In Baku finden sich darüber hinaus Denkmäler Frankreich und Aserbaidschan teilen. So entsteht für den in dieser Stadt geborenen kommunistischen eine Art virtueller Reiseführer aus der Sicht von Top-Spion des Zweiten Weltkrieges, Richard Sorge, Jugendlichen. und für den Linienrichter, der das berühmte Wem- > Eine andere Gruppe untersucht in einem aser- bley-Tor 1966 im Finale der Weltmeisterschaft zu baidschanisch-französischen Projekt die Zukunft Gunsten Englands gegen Deutschland gegeben hat: unserer Energieversorgung und nimmt dabei Tofiq Behramov wurde später Präsident des aser- insbesondere die Öl- und Gasvorkommen am baidschanischen Fußballverbandes. Ihm sind das Kaspischen Meer in den Blick. Dabei spielen neben Stadion in der Hauptstadt sowie eine Briefmarke geographischen auch wirtschaftliche und politi- gewidmet. sche Motive eine Rolle. Mit der Erweiterung zu eTwinning Plus gehört > Eine weitere Gruppe tauscht Fabeln und Märchen Aserbaidschan zu den Ländern, mit denen deutsche aus den beteiligten Ländern aus. Die Schüler aus Lehrkräfte Projekte durchführen können. Auf dem ers- Aserbaidschan, Deutschland und Frankreich un- ten Seminar sind dann auch zahlreiche Projekte ent- tersuchen jeweils die Erzählungen aus einem der standen, so unter anderem: Partnerländer und teilen ihre Ergebnisse über den Twinspace mit allen Teilnehmern. > Ein Projekt widmet sich der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg und an seine Folgen in Aserbaid- schan, Deutschland, England und Frankreich. Zu diesem Projekt gibt es zusätzlich zum Twinspace Über eTwinning Plus ein Blog unter Mit eTwinning Plus ist das Netzwerk für Schulen um https://ww1remembrance.wordpress.com Länder in der europäischen Nachbarschaft erweitert worden. Dazu gehören seit 2013 Armenien, Aserbaid- Kurzum: Aserbaidschan ist ein Land, das eTwinning schan, Georgien, die Republik Moldau, die Ukraine und bereichert und die Entdeckung lohnt. Viele engagierte Tunesien. Lehrkräfte aus eTwinning Plus-Ländern kön- Lehrkräfte freuen sich dort über die Möglichkeit für nen in ein bestehendes oder neues eTwinning-Projekt Kontakte und Projekte mit Kolleginnen, Kollegen und eingeladen werden. Voraussetzung dafür ist, dass in Klassen aus anderen europäischen Ländern. diesem Projekt mindestens zwei Partner aus eTwin- — ning-Ländern beteiligt sind. Der Autor unterrichtet Geschichte, Französisch Weitere Informationen: plus.etwinning.net und Spanisch am Eichendorff-Gymnasium Koblenz und ist Fachberater Geschichte im Bezirk Koblenz.
ukraine Fotografieren für den Frieden Der Austausch zwischen dem Kollegium Alexandria (Ukraine) und der Magister Laukhard IGS Herrstein-Rhaunen (Rheinland-Pfalz) zeigt, was eine Schulpartnerschaft auch in unruhigen Zeiten bewegen kann. Gruppendynamische Spiele sorgten dafür, dass Schülerinnen und Schüler sich besser kennenlernen konnten. E von sascha fritz s ist der 6. November 2011 um 20.03 in die Jugendherberge, hospitierte im Deutschun- Uhr: Der Zug aus Mainz hält am Bahn- terricht und in der Schulleitung, lernte das typische hof in Kirn (Rheinland-Pfalz) und ein Leben im Hunsrück und die kulinarischen Besonder- Mann mit Koffer steigt aus. »Guten heiten kennen und besuchte einen Tag die benach- Abend, mein Name ist Sergij Kowalen- barte Grundschule Idarwald. Schnell wurde während ko aus der Ukraine«, stellt er sich vor und reicht mir dieser drei Wochen klar, dass es darüber hinaus eine seine Hand. »Guten Abend, mein Name ist Sascha weitere Zusammenarbeit zwischen den Schulen ge- Fritz. Ich bin Lehrer an der Magister Laukhard IGS ben würde. Herrstein-Rhaunen und du wirst bei mir wohnen«, Der erste Besuch in der Ukraine war deshalb nur begrüße ich ihn. Sergij Kowalenko ist Schulleiter am eine Frage der Zeit. Die beeindruckende Freundlich- Kollegium Alexandria – einer Stadt mit rund 80.000 keit der Ukrainer, die Feste wie der »Internationale Einwohnern im Kirowograder Gebiet. Mit einem Sti- Lehrertag«, aber auch die angespannte Lage, hin- pendium im Rahmen der Initiative »Schulen: Partner terließen einen bleibenden Eindruck. Bereits bei die- der Zukunft« wird er uns drei Wochen bei unserer sem ersten Besuch im Oktober 2012 arbeiteten die Arbeit begleiten. Der Aufenthalt soll so seine Sprach- Schülerinnen und Schüler an einem vergleichenden kenntnisse verbessern, Einblicke in das Schulsystem Zeitungsprojekt. Interessierte ukrainische Sportlehr- und die pädagogische Arbeit ermöglichen und ihn kräfte wurden zudem in die Schule eingeladen, wo ih- austausch bildet mit der Kultur unseres Landes vertrauter machen. nen eine typisch deutsche Sportstunde demonstriert Sergij Kowalenko erlebte eine abwechslungs- werden konnte, die sich vom ukrainischen Unterricht reiche Zeit an der Magister Laukhard IGS Herr- deutlich unterscheidet. Fördermittel des PAD und der stein-Rhaunen, die zu diesem Zeitpunkt eineinhalb Stiftung West-Östliche Begegnungen ermöglichten Jahre alt war und sich noch im Aufbau befand. Er es dann, im April 2013 die ukrainischen Schülerinnen begleitete die 5. Klassen bei ihrer Kennenlernfahrt und Schüler der 7. Klasse als Gast nach Rhaunen ein- 12
13 Schwerpunkt »Europa plus« Elementare zuladen. Im Oktober 2013 erfolgte der Gegenbesuch spielsweise: »Meine Eltern sind Bedürfnisse der deutschen Schülerinnen und Schüler in Alexand- leider beide tot. Ich lebe mit mei- ria. Beeindruckend war, mit welcher Herzlichkeit so- ner Großmutter in einer kleinen wohl die deutschen als auch die ukrainischen Eltern Hütte. Wir haben in unserer Hütte ihre Gastkinder aufnahmen. leider keine Küche und Kochutensilien. Wir arbeiten und kochen bei unseren Nachbarn und wenn wir Gemeinsame Projekte auf die Toilette müssen, gehen wir auch zu unseren Über das ganze Jahr verteilt, führten die beiden Nachbarn, denn in unserer Hütte gibt es keine Toi- Schulen außerdem eine Reihe gemeinsamer Projek- lette. Wenn Gott möchte und meine Prüfungsergeb- te durch. So wurde im Rahmen der Benefizwande- nisse gut sind, werde ich nach dem Sommer die 11. rung der Magister Laukhard IGS Herrstein-Rhaunen und danach die 12. Klasse besuchen. Danach möch- das örtliche Waisenhaus in Alexandria nicht nur mit te ich gerne studieren. Ich möchte gerne bei meiner einer Kleiderspende, sondern auch finanziell unter- Großmutter in Arba Minch bleiben und wünsche mir stützt, sodass die Kinder dort ein Jahr lang mit Essen Töpfe und Geschirr, sodass wir auch in unserer Hütte versorgt werden können. »Träume aus verschiede- kochen können.« nen Welten« hieß ein Fotoprojekt, an dem neben Ein weiteres Projekt befasste sich mit dem The- den beiden Partnerschulen die äthiopische Rehobot ma »Umweltschutz« an der Partnerschule und an- School Arba Minch teilnahm. Die Wünsche der deut- deren Schulen in Alexandria. Dabei entwickelten die schen Kinder drehten sich vor allem um Gesundheit, Schülerinnen und Schüler ein Konzept, wie Müll sich Familie oder »Konsum«. Für die ukrainischen Kinder trennen und wiederverwerten lässt, wenn er nicht war dagegen der Wunsch nach Frieden im Ostteil vermieden werden kann. Das Projekt wurde von uns ihres Landes von Bedeutung. Die äthiopischen Schü- Lehrkräften und zwei Schülerinnen bei der englisch- lerinnen und Schülern wiederum äußerten Wünsche, sprachigen deutsch-indischen Jugendumweltkonfe- die ganz elementaren Bedürfnissen nachkommen. renz »Greening with Goethe« in Bremen vorgestellt. Die 15-jährige Fikirte aus Arba Minch erzählt bei- > Austausch 2014 in Zahlen 678 Austauschbegegnungen im Rahmen der Initiative verliehene Deutsche Sprachdiplome* der Schulen: Partner der Zukunft Kultusministerkonferenz 26 an PAD-Programmen teilnehmende 4 Gruppen Lehrkräfte mit 56 Schülern 34 Hospitationsprogramm: 18 Fortbildungskurse: 7 Weiterbildungsprogramm: 1 eTwinning-Projekte mit Partnern u. a. aus Deutschland und 18 Gruppen mit 284 Schülern der Ukraine *Deutsches Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz (DSD I und II) Quellen: Zentralstelle für das Auslandsschulwesen; PAD
Schwerpunkt »Europa plus« Bei einer Wald- erkundung gab es Stockbrot am Feuer. wohnt in einer deutschen Gastfamilie, sodass auch Schülerinnen und Schüler aus weniger wohlhaben- den Familien ein längerer Aufenthalt in Deutschland möglich wird. Derzeit gibt es an der ukrainischen Partnerschule keine Landesprogrammlehrkräfte. Gerade für den Un- terricht, der auf das Deutsche Sprachdiplom (DSD) der Kultusministerkonferenz vorbereitet, wäre dies aller- dings wichtig. Vor allem Muttersprachler können die Schülerinnen und Schüler optimal auf die Prüfungen Ein Freiwilliges Soziales Jahr in Rhaunen vorbereiten. Auch hier unterstützt die deutsche Part- Einen Schwerpunkt setzen die beiden Schulen nerschule das Kollegium in Alexandria und setzt sich auch im Bereich der Jugendbegegnung. So trafen sich dafür ein, dass ein Kollege aus Rhaunen als Landespro- Schüler/-innen beider Schulen im Dezember 2014 in grammlehrkraft vermittelt wird. Berlin und bearbeiteten das historisch-politische Im Laufe der Zeit ist so ein enger persönlicher Thema »Erinnerung an die Vergangenheit gibt einen Kontakt zwischen den Koordinatoren entstanden. Blick in die Zukunft«. Ein weiteres trilaterales Treffen Nicht zuletzt darauf lässt sich zurückführen, dass in mit den ukrainischen Partnern und einer französi- so kurzer Zeit so viele Projekte durchgeführt werden schen Schule findet im Oktober erneut in Berlin statt. konnten – und die Schulpartnerschaft trotz der poli- Seit dem Jahr 2014 wird zudem der Magister-Lauk- tischen Situation in der Ukraine weiterhin stabil und hard-Förderpreis an der ukrainischen Partnerschule intensiv ist. vergeben. Die Auszeichnung erhält ein Absolvent oder eine Absolventin, der oder die besondere Ergeb- — nisse in der deutschen Sprache erzielt hat und durch Der Autor unterrichtet Geographie und Sport und ist Pädagogischer Koordinator für die Klassen- Engagement in der Schulpartnerschaft hervorgetre- stufen 7 und 8. ten ist. Sie ermöglicht ein Freiwilliges Soziales Jahr in Rhaunen. Erste Preisträgerin ist die 17-jährige Mariia Tunyk. Sie lebt für ein Jahr in einer deutschen Gast- familie und unterstützt die Lehrkräfte in ihrer Arbeit. So leitet sie beispielsweise die Talentschmiede Rus- Über »Schulen: Partner der Zukunft« sisch, um das Sprachniveau der russischsprechenden Die Initiative »Schulen: Partner Zukunft« (PASCH) Kinder in Rhaunen zu verbessern. Ein weiterer Schü- des Auswärtigen Amtes will weltweit bei jungen ler der 9. Klasse besucht seit Ende Mai, nach Ende Menschen Interesse und Begeisterung für das moderne des ukrainischen Schuljahres, die Magister Laukhard Deutschland und seine Gesellschaft wecken. Dem IGS Herrstein-Rhaunen für zwei Monate, um so seine Netzwerk gehören inzwischen fast 1.800 ausländische Sprachkenntnisse zu verbessern. Auch dieser Schüler Schulen an, die von der Zentralstelle für das Auslands- schulwesen (ZfA) und dem Goethe-Institut (GI) betreut werden. Der PAD fördert Projekte deutscher Schulen Talentschmiede für mit Schulen in ausgewählten Ländern bzw. Regionen Russischschüler/-innen austausch bildet weltweit. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Auswärtigen Amtes. Weitere Informationen: www.pasch-net.de 14
Foto: rulosapire / photocase.de 15 kosovo »Ich will Dich erleben« eine deutsch-kosovarische schülerbegegnung Ein Entwicklungsland mitten in Europa und gerade zwei Flugstunden von Stuttgart entfernt – kann das akzeptiert werden? Oder sollte nicht angesichts der engen Bindung an die deutschsprachigen Länder gerade im Bildungsbereich enger kooperiert werden? Diese Fragen standen am Anfang eines deutsch- kosovarischen Projekts, das Kerstin Zielosko-Labonte initiiert hat. A von kerstin zielosko-labonte ufgrund meiner Tätigkeit im Kultus- Sie wie auch die teilnehmenden Schülerinnen und ministerium Baden-Württemberg Schüler wurden registriert und eingewiesen, so- stand ich seit 2012 im Austausch dass ein reibungsloser Start zu Beginn des Schul- mit Imer Lladrovci, damals Vizekon- jahres 2013/14 möglich war. Engagierte Lehrkräfte sul der Republik Kosovo in Stuttgart. aller Schulen – hier das Gymnasium Engen, das Wirt- Bei einem Gespräch wurde die Idee eines Projekts ge- schaftsgymnasium Sigmaringen sowie die Realschu- boren, bei dem Schulen aus Baden-Württemberg mit le Eppingen, dort das Skenderbeu-Gymnasium Gllo- Schulen im Kosovo in deutscher Sprache online zu- goc, das Eqrem-Cabej-Gymnasium Pristina und die sammenarbeiten sollten. Am Ende des ersten Schul- Vezir-Jashari-Schule in Ferizaj – begannen danach jahres sollte ein Besuch der kosovarischen Schülerin- ihre Arbeit. Zur Aufgabe hatten sie es sich gemacht, nen und Schüler an ihren Partnerschulen erfolgen, eine Zeitschrift zu erstellen, die zugleich Regiebuch um so die persönliche Begegnung der Jugendlichen für ein Theaterstück werden sollte unter dem Motto: zu fördern. Schnell fand die Idee eine Reihe tatkräf- »Deutschland-Kosovo: Unbekanntes Land – Ich will tiger Unterstützerinnen und Unterstützer – unter Dich erleben«. ihnen die damalige Amtschefin im Kultusministe- rium, Dr. Margret Ruep, und der Vizepräsident des Umsetzung im Unterricht Europaparlaments, Rainer Wieland. Um die organi- Zunächst beschäftigten sich die Schülerinnen satorischen und finanziellen Hürden bewältigen zu und Schüler jeweils mit ihrem Partnerland und arbei- können, wurde eigens der Verein »Education Unlimi- teten in Projektgruppen an unterschiedlichen The- ted e. V.« gegründet. men. Dazu gehörten beispielsweise das Schulsystem, Land und Leute, die Infrastruktur, der geschichtliche Die Projektarbeit beginnt Hintergrund, die Musik oder der Alltag eines Teen- Mit Unterstützung durch den PAD wurde den agers. Ihre Ergebnisse präsentierten sie erst in der ei- Lehrkräften im Kosovo im Sommer 2013 der Zu- genen Klasse und dann auf PASCH-Net. Die Plattform gang zur Plattform von PASCH-Net ermöglicht. diente nicht nur dem Unterricht, sondern half auch
Schwerpunkt »Europa plus« im weiteren Verlauf zum gegenseitigen Kennenler- grüßt. Dies war ein bewegender Moment in einem nen und bei allen Fragen, die während der Projekt- außergewöhnlichen Projekt. Denn zum ersten Mal arbeit auftraten. Die Kommunikation mit den Part- seit der Unabhängigkeit ihres Landes kooperierten Ju- nern verlief allerdings nicht immer problemlos. An gendliche aus drei öffentlichen Schulen mit drei Part- vielen Schulen im Kosovo sind leistungsfähige Com- nerschulen in Deutschland. Möglich wurde das auch, puter und Internetverbindungen keine Selbstver- weil die Deutsche Botschaft Pristina seit März bei ständlichkeit. Auch der Strom kann gelegentlich aus- zahlreichen Visaproblemen geholfen hatte. Zur Freu- fallen. Den kosovarischen Schülerinnen und Schülern de aller gab es zudem finanzielle Zuschüsse nicht nur fiel zudem die Arbeit mit PASCH-Net nicht leicht, so- vom PAD und von privaten Spendern, sondern auch dass auf Skype ausgewichen wurde. Die sprachliche durch das Ministerium für Diaspora in Pristina. Kurz- Verständigung funktionierte jedoch gut. um: Ein wirklich völkerverbindendes Projekt. Während des Aufenthaltes nahmen die Jugendli- Projektabschluss in Deutschland chen am Schulunterricht teil und bereiteten die Prä- Am 29. Juli 2014 war es dann soweit: 30 Schüle- sentation des Theaterstücks vor. Da das Gymnasium rinnen und Schüler aus den drei Partnerschulen im Engen und das Wirtschaftsgymnasium Sigmaringen Kosovo kamen zusammen mit ihren Lehrern und nicht weit entfernt liegen, gestalteten sie die Auffüh- zwei Mitarbeiterinnen des Bildungsministeriums rung gemeinsam. Die Realschule Eppingen führte ihr Pristina in Stuttgart an – und wurden herzlich be- Theaterprojekt separat auf. Die zahlreichen Begeg- nungen in Schule, Familie und Freizeit bewirkten, dass die Schülerinnen und Schüler beider Länder ihre Kompetenzen in sozialer, personeller und interkultu- »Ich durfte Europa kennen- reller Hinsicht verbesserten. Die zwischen Deutsch- lernen und was Europa für land und dem Kosovo bestehenden Unterschiede Deutschland, den Frieden und die boten zudem zahlreiche Anknüpfungspunkte für Gespräche und Diskussionen, führten aber im Alltag Demokratie bedeutet.« Teilnehmer im PASCH-Projekt Austausch 2014 in Zahlen 116 Austauschbegegnungen verliehene Deutsche Sprachdiplome* der im Rahmen der Initiative Kultusministerkonferenz Schulen: Partner der Zukunft 1 2 Gruppen mit 38 Schülern Teilnehmer am Hospitations- programm austausch bildet 5 Gruppen mit 71 Schülern 16 *Deutsches Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz (DSD I und II) Quellen: Zentralstelle für das Auslandsschulwesen; PAD
17 auch zu Problemen, die gelöst werden mussten. So Jugendlichen und Eltern lernten die Schülerinnen und Schüler zugleich, mit berichteten, dass sie im Ein wirklich völker- Konflikten besser umzugehen. Die theaterpädagogi- Gespräch mit den Gästen verbindendes Projekt sche Arbeit leistete zudem einen wichtigen Beitrag, aus dem Kosovo viel über um Gleichgültigkeit und Ablehnung des Fremden zu das Land gelernt hätten überwinden. und an den Erfahrungen während des Austauschs gewachsen seien. Auch Stätten der Demokratie Freundschaften haben sich gebildet. Lehrkräfte be- Ein Höhepunkt des Aufenthalts waren jedoch zeichneten den Austausch als Zugewinn für ihre zwei Exkursionen an besondere Stätten der De- Schülerinnen und Schüler wie auch für die Schulen. mokratie: Im Europaparlament im benachbarten Von den kosovarischen Jugendlichen erhalten be- Straßburg begrüßte Vizepräsident Rainer Wieland sonders begabte weitere Aus- und Fortbildungsmög- die Schülergruppe. Der Berlinaufenthalt mit Besuch lichkeiten in Deutschland. des Deutschen Bundestages wurde unter anderem Im Schuljahr 2014/15 besuchen die deutschen Ju- durch den Abgeordneten Steffen Bilger ermöglicht. gendlichen ihre kosovarischen Partnerschulen. Der Empfänge in der Botschaft der Republik Kosovo und Förderverein kümmert sich in Zusammenarbeit mit im Auswärtigen Amt standen hier ebenfalls auf dem der Deutschen Botschaft und dem Bildungsministe- Programm. Organisiert hatte die beiden Exkursio- rium vor Ort sowie Herrn Imer Lladrovci (Konsul des nen der Förderverein. Die pädagogische Vorberei- Kosovo in Wien) um die Organisation. Die beteiligten tung leisteten die Lehrkräfte. Für die kosovarischen Schulen leisten die pädagogische Arbeit. Man darf Jugendlichen waren beide Besuche von großer Be- gespannt sein, welche Erfahrungen beide Seiten ge- deutung, wie aus ihren anschließenden Kommenta- winnen. ren hervorgeht: »Es war ein besonderes Gefühl, sich für kurze Zeit als Teil dieser politischen Institution — zu fühlen, die so wichtig für die Aufgaben Europas Die Autorin hat das Austauschprojekt initiiert ist. Außerdem durften wir eine Diskussion über die und ist eine der Gründerinnen des Fördervereins Education Unlimited e. V. Zukunft des Kosovo in der Staatengemeinschaft führen«, schrieb ein Schüler. »Ich habe als Teil des Bildungsprojekts im Kosovo jetzt eine besondere Verantwortung. Ich durfte Europa kennenlernen und was Europa für Deutschland, den Frieden und die De- Education Unlimited mokratie bedeutet«, ergänzte ein anderer. Education Unlimited e.V. (EdU) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Jugendlichen in Entwicklungs- und Der Aufwand lohnt sich Schwellenländern durch Bildung und Austausch die Der Aufwand für solche Austauschprojekte ist Fähigkeiten und Mittel zu ermöglichen, ihr Land zweifelsohne hoch. Angesichts seiner Wirkungen zukunftsfähig mitzugestalten. Der Kosovo ist ein Pilot- aber lohnt er sich. Um einige zu nennen: Ängste, projekt. Unterstützt wird es durch den EU-Kommissar die oft vor dem Unbekannten bestehen, stellen sich Günther H. Oettinger. Schirmherr ist Luan Krasniqi. vielfach als unbegründet heraus. Die Einblicke der Schülerinnen und Schüler in das andere Land haben Weitere Informationen: www.edu-unlimited.org Interesse geweckt, mehr zu erfahren. Die deutschen
Neue Ideen Freiarbeitswoche und sprachsensibler Fachunterricht: Aus ihrer Hospitation haben Inna Siniakova und Elton Demollari neue Ideen für den eigenen Deutsch- unterricht mitgenommen. belarus Inna Siniakova > 50 Jahre > Zur Hospitation an der > Seit 1986 Deutschlehrerin Stadtschule am Mühlen- an der Mittelschule Nr. 34 teich in Hagenow (Mecklen- (allgemeinbildende Schule) burg-Vorpommern) in Witebsk, Belarus , verbringen ein zusätzliches Jahr in der Grundschule Deshalb habe ich mich beworben che ausge glichen werde n im Laufe dessen die Schwä Viele der Herausforderungen, von denen die Leh- rin- kann. Die Klassenstärke liegt bei 10 bis 12 Schüle rer bei meinem letzten Besuch 2004 in Deutschland ichten , un- nen und Schülern. Die Lehrkräfte, die hier unterr berichtet hatten, waren seinerzeit für Schulen in ht oder haben nicht aktuel l. Das hat sich aber zwisch en- haben eine spezielle Ausbildung gemac serem Land ch, die sich zusätzlich weitergebildet. zeitlich geändert. Ich fand es deshalb nützli n mit eigene n Von besonderem Interesse war für mich, am Gym- heutige Situation an deutschen Schule r Situat ion vergle i- nasium die Freiarbeitswoche kennenzulernen. Diese Augen zu sehen, um sie mit unsere ie. ungen zu erhalt en. Arbeitsform kannte ich bislang nur aus der Theor chen zu können und Anreg in die Praxis gewin nen: Vari- Hier konnt e ich Einblic ke anten für Arbeitsaufträge, Prinzipien der Gruppenbil- Meine gastgebende Schule en - dung, Arbeitseinteilung und Planung in den Grupp An der Stadtschule am Mühlenteich, einer Grund n 288 Schüler/-innen von 17 Lehrerinnen sowie die Präsentation und Bewertung. schule, werde ich unterrichten. Während der Hospitation konnte ow besu- Mein Resümee auch andere Bildungseinrichtungen in Hagen Seit diesem Schuljahr unterrichte ich auch in den chen – unter anderem ein Gymnasium und eine Kita. Klassen 1 bis 4. An der Stadtschule am Mühlenteich konnte ich viele Methoden beobachten und mir aneig- Das habe ich beobachtet r nen, die für Grundschulen typisch sind. Das gilt auch Mir ist aufgefallen, dass es im Unterricht imme pie- nte gibt, in denen die Kinder sich ent- für den Englischunterricht. Mit den Bewegungss wieder Mome der Schule ge- ein len, Liedern oder Gedichten, die ich in spannen können. Zu Beginn einer Stunde wird oft austausch bildet ich meine n Unterricht ung sehen und gehört habe, kann Lied gesungen oder ein kurzes Gedicht mit Beweg n interessanter machen. Sehr wichtig war für mich auch, vorgetragen. Dazu werden auch Bewegungsübunge rin- und Gedich te sich den Alltag in Deutschland zu sehen. Meine Schüle gemacht. Da die Übungen, Lieder Fragen über das Leben in nen und Schüle r stellen viele abwechseln, wird die Anfangssituation nicht zur Routi- gut, dass ich viele davon jetzt mit Deutschland . Ich finde es ne. Neu für mich waren Klassen für Schüler/-innen Schwi erigkeiten. Die Schüler/-inne n aus persönlicher Erfahrung besser beantworten kann. Lese-Rechtschreib- 18
19 Schwerpunkt »Europa plus« albanien Elton Demollari > 37 Jahre > Zur Hospitation an > Seit 2000 Deutsch der lehrer Wilhelm-Busch-Schu an der Wirtschaftss le chule Wesseling (Nordrhe »Ekonomist« in Tir in- ana, Westfalen) Albanien Deshalb habe ich mi ch beworben Ich hatte zuvor berei Mich hat sehr beein ts an Gymnasien un druckt, dass die 35 alb chen Schulen hosp d berufli- Schülerinnen und anischen itiert. Wie Hauptsc Schüler ihre alban nieren, war mir bislan hulen funktio- ische Mutter- g aber nicht bekann sprache lernen könn t. Ich wollte en. Für sie gibt es dre deshalb mehr über Stunden in der Woch i zusätzliche diese Schulform erf e. wissen, worin die Un ahren und terschiede zu ande Der Elternsprechta ren Schulfor- g findet nur zweim men bestehen. offiziell statt. Aber al im Jahr die Eltern können jed Termin direkt mit de erzeit einen r entsprechenden Leh Meine gastgebende dem entsprechend rerin oder Schule en Lehrer vereinbare Die Wilhelm-Busch ihre Kinder im Unter n und über -Schule ist die Geme richt sprechen. In Alb hauptschule der Sta inschafts- monatlich ein Eltern an ien findet dt Wesseling bei Kö sprechtag statt. den 383 Schülerinne ln. An ihr wer- n und Schüler von Am Gymnasium fan 37 Lehrkräf- d ich die Doppelstun ten und Lehramtsa sonders gut. Sie ge den be- nwärtern unterrichte fallen mir, weil die konnte ich zwei Tag t. Daneben notwendige Zeit ha Lehrkräfte die e an der benachbarte ben, um eine Unter stein-Realschule un n Albert-Ein- zu gestalten. richtsstunde d am Käthe-Kollwitz hospitieren. -Gymnasium Mein Resümee Das habe ich beobach Die Hospitation wa tet r für mich sehr wi Theorie und Praxis wird für meine sch chtig und sind eng verknüpft ulische Arbeit eine Schule. Neben dem an der sein. Ich habe Ideen große Hilfe Unterricht im Klasse für den eigenen Un gibt es Werkstätten nzimmer wonnen und mehr terricht ge- , Laborräume, Lernb Informationen über Außenanlagen, die üros oder Schulsystem, speziell das deutsche den Unterricht ergän über die Hauptschu Die fachliche Komp zen . Rechtschreibreform le, und die etenz, die Selbstst erhalten. der Lehrerinnen un ändigkeit d Lehrer und die von Gruppenarbeit Abwechslung und Frontalunterric ht haben mir gut gefallen. sprogramm ospitation ller Welt, di e Rechtschreibung un Über das H le h rk räfte aus a d Grammatik ha eu ts ch weitern Deutschunterricht ein ben im Rund 330 D es Wissen er en großen Stellenwe rt. et h od is ch -didaktisch is se auffrischen fallen ist mir auch Aufge- ihr m hen Kenntn die Deutschförderun nd es ku n d lic higen helm-Busch-Haupts g: An de r Wil- und ihre la zu dreiwöc chule haben ca. 70 PA D jedes Jahr nd die Foto: Evgeny Karandaev/shutterstock.com d er Schülerinnen und Sch Pro zen t der wollen, lädt eser Zeit si üler Migrationshinterg n en ei n . Während di d h aft- 26 Nationen und 14 Re rund – mit Hospitatio unfall- un ligionen. Bei der Sprac le hrk rä ft e kranken-, fam ilien, gibt sich deshalb ein hbildung er- Deutsch n und Gast erhöhter Förderbeda si ch er t. Die Schule iln eh mer genannte »sprachse rf, den der so- pflichtv er nen und Te nsible Fachunterricht« unterstützt. en di e Te ilnehmerin lic h ein e Auf- in den si n d , er h a lten zusätz lgt aus cht erung erfo untergebra g. Die Finanzi ch ä di gu n n d er. wandsents und der Lä A u sw är ti ges Amtes Mitteln des
Foto: emoji / photocase.de georgien & tadschikistan »In Deutschland kann man Fahrrad fahren« Zarrina Khamidova aus Tadschikistan und Ia Khachidze aus Georgien waren ein Jahr zur Weiterbildung an einem Gymnasium in Deutschland. Von ihren Erfahrungen können die beiden Deutschlehrerinnen künftig im eigenen Unterricht profitieren. W von barbara beyer, pad enn Zarrina Khamidova pitationen bei den Kolleginnen und Kollegen an der von ihren Aufenthalten in Bochumer Schule hat die junge Frau methodisch viel Deutschland erzählt, kommt dazugelernt. Als Begleitlehrkraft konnte sie zudem sie ins Schwärmen. »Ich habe auf eine Klassenfahrt mitfahren. »In Tadschikistan hier Kochen, Backen, Schwim- unternehmen wir mit den Schülerinnen und Schü- men und Fahrradfahren gelernt und dazu noch Eng- lern eher Tagesausflüge«, sagt sie und bedauert, dass lisch«, erzählt die junge Frau stolz. In ihrer Heimat auch sie selbst in Tadschikistan kaum Möglichkeiten Tadschikistan war das Leben der 28-Jährigen darauf hat zu reisen. In ihrer Heimatstadt Chudschand im ausgelegt, in Schule und Studium fleißig zu lernen. Norden des Landes unterrichtet Zarrina Deutsch an »Den Haushalt hat immer meine Mutter geführt«, einer Schule, die seit 15 Jahren nach einem Ausspruch erinnert sie sich. Zarrina, die an der Universität Goethes das Fremdsprachenlernen in den Vorder- Deutsch als Fremdsprache und Übersetzung studiert hat, wurde zu Hause stets von allen praktischen Tä- tigkeiten fern gehalten. Das änderte sich, als Zarri- na vor sechs Jahren als Au-Pair-Mädchen erstmals Unterricht wie nach Deutschland kam. Die Gastmutter brachte geplant durchführen ihr das Kochen und Backen bei. Beide Fähigkeiten konnte die junge Lehrerin nun während ihres Wei- terbildungsjahres an der Heinrich-von-Kleist-Schule grund stellt: »Wer fremde Sprachen nicht kennt, in Bochum nutzen. Mit Begeisterung führte sie ein weiß nichts von seiner eigenen.« Alle Lehrkräfte, die Unterrichtsprojekt durch zum Thema »Essen verbin- am Goethe-Gymnasium Deutsch unterrichten, wa- det die Menschen – Speisen auf Reisen«. »Wir haben ren dank der verschiedenen Fördermöglichkeiten für austausch bildet eingekauft, gekocht und gebacken, Plakate gestaltet, Lehrkräfte von Schulen, die das Deutsche Sprachdip- Tischsitten anderer Länder kennen gelernt und Le- lom der Kultusministerkonferenz anbieten, zu Fort- bensmittel dekorativ angerichtet«. Damit hat sie ih- bildungen bereits in Deutschland. Wenn Zarrina nun ren Schülerinnen und Schülern ein wenig von der Fä- an ihre Heimatschule zurückkehrt, werden ihre Kol- higkeit zur Selbstständigkeit vermitteln können, die leginnen sie neugierig nach ihren Erlebnissen ausfra- sie selbst in ihrer Kindheit vermisst hat. Durch Hos- gen, glaubt sie. 20
21 Schwerpunkt »Europa plus« Rüstzeug für besseren Unterricht Über das Weiterbildungsprogramm Ia Khachidze aus Georgien, die Deutsch an der Die einjährige methodisch-didaktische und landes- 20. Öffentlichen Schule im Stadtzentrum von Tiflis kundliche Weiterbildung richtet sich an Lehrkräfte aller unterrichtet, ist begeistert, dass sie während ihres Fachrichtungen, die vorrangig ab Klasse 5 deutschspra- Weiterbildungsjahres viel mit dem Fahrrad unter- chigen Unterricht erteilen (Ortslehrkräfte). Die Schulen wegs sein konnte. »In meiner Heimat Georgien ist der Teilnehmer/-innen führen zu einem deutschen bzw. dies absolut unüblich und im Straßenverkehr auch internationalen Abschluss oder nehmen Prüfungen gar nicht möglich«, sagt die 29-Jährige, für die das zum Deutschen Sprachdiplom der Kultusministerkon- Fahrradfahren bildhaft für die Freiheit steht, die sie ferenz ab. Die Teilnehmer/-innen erhalten während der in Deutschland in vielen Bereichen empfunden hat. Weiterbildung ein Gehalt (TV-L) oder ein Stipendium. In ihrer Heimat erteilt Ia, die selbst ganz hervorra- Während des Aufenthalts finden Tagungen und Exkur- gend Deutsch spricht, seit drei Jahren Fremdspra- sionen statt. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln der chenunterricht in den Klassen 7 bis 12. An der Schule Länder und des Auswärtigen Amts. können die Schülerinnen und Schüler auch das Deut- sche Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz erwerben. Doch in Georgien gibt es für angehende Lehrkräfte vor dem Einstieg in den Schuldienst kein Referendariat. Ia berichtet, dass sie sich anfangs im Den Herausforderungen des Schuldienstes im Lehrerberuf sehr gefordert gefühlt hat und oft auch eigenen Land stellt sie sich mit neuem Rüstzeug, erschöpft war. Das hat sich nun nach einem Jahr am das sie sich während ihres Weiterbildungsjahres Carl-Friedrich-Gauss-Gymnasium in Gelsenkirchen am Carl-Friedrich-Gauss-Gymnasium erarbeitet hat. geändert, glaubt die junge Frau. »Mein Weiterbil- »Hier habe ich mir didaktisches Wissen angeeig- dungsjahr hat mich sehr verändert«, erzählt sie. Viele net und Methoden kennen gelernt, die ich einset- neue Erfahrungen im Alltag haben ihr gezeigt, dass zen werde, um besseren Unterricht zu machen und man ein Leben ruhiger leben kann, als sie es bisher abends nicht mehr so erschöpft zu sein«, sagt sie in Georgien getan hat. »In Georgien muss man im- zuversichtlich. Dass die optimistische Frau ein wenig mer damit rechnen, dass etwas, das man geplant hat, von dem, was sie an Deutschland schätzt, mit in ihr nicht funktioniert«, sagt sie. »Wenn ich zum Beispiel Lebensumfeld mitnehmen wird, steht außer Frage. ein elektrisches Gerät im Unterricht einsetzen will, Ob sie es außerdem schafft, das Fahrradfahren in Ge- muss ich damit rechnen, dass im Klassenraum die orgien in Mode zu bringen, wird die Zukunft zeigen. Steckdose nicht funktioniert«. In einer solchen Situ- ation müsse schnell ein Plan B her. In der Folge, so Ia, stehe man stärker unter Stress. In Deutschland hat sie nun erfahren, Unterricht wie geplant durchzufüh- ren – eine für Ia sehr positive Erfahrung, die zusätz- liche Freude in den Lehrerberuf bringt. Kurz vor ihrer Rückkehr fürchtet die Georgierin allerdings einen Kulturschock in ihrer Heimat. Trotzdem sieht sie ih- ren Platz fest in dem Land. »Ich sehe meinen Wert in Georgien höher. Vielleicht brauche ich Deutschland, weil ich hier freier leben kann, aber meine Schülerin- nen und Schüler in Georgien brauchen mich mehr«, sagt sie selbstbewusst. Bildeten sich ein Jahr in Deutsch- land weiter: Ia Khachidze (li.) aus Georgien und Zarrina Khamidova (re.) aus Tadschikistan.
Forum Fair und gründlich der blick vom anderen ende des tisches Anträge für ein Projekt der Leitaktion 2 im Programm Erasmus+ Schulbildung werden gründlich und fair begutachtet. Ein Experte, der in der ersten Runde im Auftrag des PAD daran beteiligt war, fasst seine Erfahrungen zusammen. Foto: markusspiske / photocase.de austausch bildet 22
23 Z weimal in den vergangenen zehn Jahren rien auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten zu befin- habe ich mit Kolleginnen und Kollegen am den: 60 Punkte waren mindestens zu erreichen. Die Tisch über einem Antrag an die EU-Kom- anschließenden Konsolidierungen per Mail oder am mission in Brüssel für eine finanzielle Zu- Telefon zwischen dem Erst- und Zweitgutachter wa- wendung im Rahmen der »multilateralen Projekte« ren sehr wichtige Fach- und Expertenaustausche. Bei gebrütet. Zunächst hieß das Programm SOKRATES, zu großen Abweichungen zwischen Erst- und Zweit- dann von 2007 bis 2013 COMENIUS als Teil des Pro- gutachten wurde ein drittes Gutachten eingeholt. gramms für lebenslanges Lernen (LLP). Die Ausarbei- Transparenter und fairer geht es kaum. Für mich war tung eines Antrags nimmt, wie ich aus eigener Er- es zudem ein großer Zugewinn, zu erfahren, was in fahrung weiß, viel Zeit in Anspruch. Dazu kommt die Schulen, Hochschulen, Seminaren, Weiterbildungs- Ungewissheit, bei Ablehnung »für den Papierkorb« einrichtungen oder Vereinen kreativ vorgedacht gearbeitet zu haben. und geplant wird, um bei der Antragstellung zum Zweimal allerdings haben die unbekannten Zuschlag zu kommen. Gut zu wissen, dass über An- Gutachter/-innen in Brüssel mir und meinen Kol- träge nicht mehr im fernen Brüssel, sondern von Ex- leginnen und Kollegen das Vertrauen geschenkt perten in Deutschland entschieden wird – ein Beitrag und ich konnte beide Projekte als deutscher Koor- zu mehr Bürgernähe, finde ich, denn immerhin geht dinator für ein Konsortium aus sieben bzw. acht es bei den Anträgen um Steuergelder in Größenord- Lehrerbildungseinrichtungen in nungen von bis zu 450.000 Euro. Europa leiten und durchführen. Fazit: Erasmus+ wie auch die Jetzt, nachdem die Begutachtung Vorgänger-Programme decken ein der Erasmus+ Anträge in die Hän- »Transparenter weites Feld hinsichtlich der Inno- de der Nationalen Agenturen, und geht es kaum.« vationen im Bildungsbereich ab. damit für den Bereich der Schul- Die von Brüssel zur Verfügung bildung auch des PAD, gelegt wur- gestellten Mittel für die Projekt- de, wollte ich meine Erfahrungen arbeit ermöglichen eine intensive zu europaweiten Projekten einbringen. Deshalb Kooperation und einen fachlichen Austausch über habe ich mich als Begutachter von Anträgen der Ländergrenzen hinweg, der auch und gerade den Ausschreibung 2014 gemeldet. Im Mai und Juni saß Schüler/-innen zugutekommt. Viele Brücken können ich also am anderen Ende des Tisches und möchte geschlagen werden, wenn man sich aufrafft, einen die Erfahrung nicht missen. Antrag zu stellen. Die Qualität der Entscheidungsfin- Nach einer professionellen zweitägigen Schu- dung und das Erfahrungswissen der Gutachter/-in- lung in Bonn – bei der ich einige »alte Bekannte« aus nen sorgen für ein faires Auswahlverfahren, in dem EU-Projekten wieder traf – fand ich kurz danach auf alle Antragsteller/-innen eine Chance haben, den dem von der EU-Kommission bereitgestellten und Brückenbau finanziell untermauern zu können. europaweit eingesetzten »Online Expert Evaluation Tool« (OEET) meine zu begutachtenden Anträge. Mit — Hilfe des »Erasmus+ Guide for Experts on Quality As- Der Autor war viele Jahre als Seminarleiter in sessment«, der auch von jedem Antragsteller auf der der Lehrerausbildung tätig. Um die Anonymität Website eingesehen werden kann, hatte ich als Erst- der Begutachtung zu wahren, wird der Name oder Zweitgutachter über die Anträge in vier Katego- nicht genannt.
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