FRANK TEUFEL - Galerie an der Pinakothek der Moderne
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhalt 07 Portrait 10 Interview 26 Assoziationen 30 Spuren 34 Grenzen 42 Ausstellungen 44 Kunstmessen
Frank Teufel gestaltet raue Materialien zu feinen For- men und lässt dabei die ehrlichen Spuren der Be- arbeitung stehen. In seinen Steinskulpturen steht das dynamische Gleichgewicht seiner ästhetischen Reduktionen im Spannungsverhältnis zur schlich- ten Klarheit von Fläche und Linie. Entschlussfreudig arbeitet Teufel mit widerstandsfähigen Materialien wie Granit oder Marmor. Diese Entschiedenheit in der Bearbeitung setzt eine intensive Auseinander- setzung mit Form und Inhalt voraus. Frank Teufel stellt den Menschen in den Mittel- punkt seiner Arbeit und umkreist thematisch Bezie- hungsgeflechte: von Mensch zu Mensch, aber auch von Mensch zu Objekt oder Mensch und Raum. Die Steinskulpturen vollziehen dabei einen Tanz und ge- hen gleichzeitig auf Dis-Tanz. Teufel erkundet in sei- nen Arbeiten das Miteinander, Gegeneinander und das Nebeneinander der menschlichen Beziehung. Indem der Betrachter die allansichtigen Skulpturen umrundet, wird er selbst Teil dieses Reigens und kann je nach Situation Nähe zulassen. Und so laden die Skulpturen Teufels dazu ein, wach und offen im Umgang mit sich selbst und dem Gegenüber umzu- gehen und erinnern sie uns daran, wie wir Menschen in Beziehung zueinander stehen. Frank Teufel, geb. 1966 in Tuttlingen, ist gelernter Steinbildhauer und studierte von 1996 – 1999 an der Akademie für Gestaltung, Ulm. 7
Wie entstehen Deine Meine Skulpturen entstehen auf dem Papier. Ich Skulpturen? zeichne lineare Skizzen aufs Papier und suche so die Form. Wenn ich die Form gefunden habe, suche ich mir den passenden Stein. Ich zwinge dem Stein auch die Form auf. Ich arbeite nicht mit dem Stein, dass der Stein mich leitet, son- dern ich bestimme die Form ganz konkret. Anders hätte ich nicht das Gefühl, dass die Skulp- tur von mir ist. Wie entscheidest Du, Den Stein suche ich eigentlich intuitiv aus. Nach- welcher Stein zu dem die Form soweit steht, suche ich mir das pas- einer Skulptur wird? sende Material. Aus der Erfahrung heraus habe ich gemerkt, dass gewisse Farbstrukturen oder eine gewisse Marmorierung im Material manchmal gegen eine Form und manchmal auch mit der Form arbei- tet. Nehme ich einen stark oder einen weniger struk- turierten oder einen reinen Stein? Diese Entschei- dung über die Materialität erfolgt bei mir tatsächlich intuitiv nach der Form beziehungsweise nach der Struktur des Steins. Du arbeitest gerne Der wesentliche Grund, weshalb ich Marmor dem mit Marmor, der Granit vorziehe, besteht darin, dass Marmor meines aus unterschiedli- Erachtens eine gewisse Wärme ausstrahlt – eine ge- chen Regionen wisse Anmut und Reinheit. Darüber hinaus faszinie- der Welt kommt. ren mich die kunstgeschichtlichen Zusammenhän- Was fasziniert Dich ge, in denen der Marmor eine entscheidende Rolle an dieser Steinart? spielte – denken wir beispielsweise an das antike
Griechenland, das alte Rom oder die italienische Re- naissance. Allein schon das Wort »Marmor« sagt für mich alles: Ich liebe ihn einfach. Gibt es Unterschiede Ja, es gibt beim Marmor schon auch Unterschiede: zwischen z. B. dem Die einen sind etwas härter, die anderen etwas wei- portugiesischen oder cher – aber im Regelfall ist ein Marmor ein Marmor dem kroatischen – egal wo er geografisch herkommt. Je nach Härte Marmor? des Marmors schleife ich die Meißel schärfer oder stumpfer an. Wie muss man sich Die Art, wie ich arbeite, darf man sich jetzt nicht vorstellen, wie Du vorstellen wie in der klassischen Steinbearbeitung aus dem Stein die – ich arbeite fast ausschließlich mit der Flex, indem Skulptur schneidest ich Schnitte ins Material einschneide. In die Schnit- bzw. sägst? te schlage ich mit Hammer und Meißel, um Materi- al abzutragen. So kommen auch die Kerben und die Struktur in die Oberfläche. Zusätzlich ziehe ich die Flex wie mit einem Bleistift ins Material – ich zeichne eigentlich im Stein. Die Spuren des Ent- Für mich ist die Oberfläche sehr wohl perfekt! Sie ist stehungsprozesses Zeugnis manueller Herstellung. sind dabei sichtbar. Wesentlich an dieser Bearbeitung ist mir, dass Es ist also bewusst ich dadurch, dass ich den Marmor breche, den Ein- so, dass die Oberflä- druck habe, dass ich ins Material eintauchen, dass che Deiner Skulpturen ich reinsehen kann. Die Kristalle brechen, sie werden nicht »perfekt« ist? nicht geschnitten. Wenn man sie gegen das Licht hält, dann glitzern die Kristalle und geben so einen Einblick in die Beschaffenheit des Materi- als. Bei einer glatten Oberfläche ist dies nicht der Fall und sie ist nicht lebendig. 12
Deine Skulpturen Tatsächlich sind »Beziehung« und »Bewegung« die stellen »Beziehung« Hauptthemen meiner Arbeit. Diese beiden Themen dar, wie wurde sind für mich die Grundpfeiler, die das Wesen – die das zu Deinem Essenz des Menschen ausmachen. künstlerischen »Beziehung« stellt sich meist in zwei Linien dar, Thema? die miteinander korrespondieren. Sie zeigen Nähe und Distanz, wie eine Beziehung halt so ist. Die Be- ziehung muss aber nicht notwendigerweise auf den Menschen bezogen sein. Es kann durchaus auch et- was anderes sein, zu dem man eine Beziehung her- stellt. Wichtig ist mir die »Zweierbeziehung«, da sie die reduzierteste Art der Beziehung ist. Und die »Bewegung«? »Bewegung« wird in der Linie selbst dadurch darge- stellt, dass sie eine Bewegung in sich führt. Die Lini- en meiner Skulpturen kann man sich vorstellen wie eine Langzeitbelichtung in der Fotografie. Bei einer Langzeitbelichtung in der Dunkelheit zeigt sich die Bewegung auch als Linie. Meine Skulpturen sind in ers- ter Linie ein eingefrorener – ein »versteinerter« Moment eines Moments. Hat denn dann Die Skulpturen beruhen natürlich auf Erfahrun- jede Skulptur gen, die ich gemacht habe. Eindrücke, die ich sehe. eine besondere Es kann sein, dass ein Gespräch mit jemandem ei- Geschichte? nen Eindruck hinterlässt, es kann sein, dass eine Begegnung einen Eindruck hinterlässt. Meine Wahr- nehmung davon verarbeite ich bzw. das möchte ich in der Skulptur letztendlich ausdrücken. Wieso sind es Zahlen Die Titel sind so gewählt, dass sie das Entstehungs- als Titel? jahr und die laufende Nummer in diesem Jahr zum Ausdruck bringen. 20019 ist beispielsweise die 19. Skulptur, die ich 20020 gemacht habe. Mir ist es wichtig und ich möchte, dass der Be- 14 trachter selber interpretiert, deswegen die Zahlen.
Ich will ihm nichts Vorgekautes geben, das ihn dann einengt – wie beispielsweise ein Stuhl, ein Stuhl für uns ist und bleiben wird. Das will ich nicht – ich will, dass der Betrachter frei auf die Skulptur zugeht, ohne voreingenommen zu sein. Deine Skulpturen Meine Skulpturen erzählen eine Geschichte von Be- erzählen von rührung und Annäherung, das stimmt. In erster Linie Berührung und von Beziehung und das ist ein Thema, das im Mo- Annäherung. ment gerade aktueller denn je ist, nicht bezogen auf Was wünscht Du Dir Covid-19, sondern darauf, dass ich den Eindruck vom Betrachter, habe, dass wir eine Gesellschaft sind, die immer wenn er vor Deinen mehr auf Egoismus aus ist – immer mehr auf ICH – Skulpturen steht? und »ich brauche niemand anderen«. Das ist mei- ner Meinung nach ein Trugschluss. Wir sind Bezie- hungswesen – wir brauchen einander – wir müssen einander auch helfen. Das zeigt sich so auch in mei- nen Skulpturen sehr stark. Man kann davon ausge- hen, dass die eine Linie bei einer Skulptur ohne die andere formal gar nicht stimmig ist. Von meinem Betrachter wünsche ich mir daher, dass er sich in meinen Skulpturen wiederfindet, dass er sich da- rin sieht, dass er sich vielleicht auch wohlfühlt und angenehme Gefühle ausgelöst werden – weil Bezie- hung grundsätzlich etwas sehr Schönes ist – gerade jetzt hat die Thematik eine ungeheure Bedeutung und Präsenz. 15
19013 2019, Carrara Marmor, H 83 cm 16
20012 2020, Portugiesischer Marmor, H 88 cm 18
20019 2020, Brasilianischer Marmor, H 86 cm 20
21
22
20001 2020, Kroatischer Marmor, H 106 cm 20002 2020, Kroatischer Marmor, H 106 cm 20004 2020, Kroatischer Marmor, H 103 cm
24 Dr. Anne
»Ja, man darf seinen Assoziationen freien Lauf lassen, man darf in diesen Steinbändern, die sich winden, sich ge- genseitig umschlingen, sich einander zu – und wieder von einander abwen- den, menschliche Körper sehen. Ja, Sie dürfen Streit und Versöhnung erkennen, Ausweichen, Tanz, Liebe, Unterstützung … all das drücken diese Skulpturen aus! Es sind Abstraktionen des Menschen, aber eben nicht nur sei- nes Körpers, sondern auch seiner See- le und seiner Gedankenwelt. Die Idee vom Menschen wird im Stein lebendig.« Schaich
26
20011 2020, Griechischer Marmor, Spannweite 142 cm
»Nichts wird in den handwerklich per- fektionierten Arbeiten Frank Teufels geschönt oder geglättet. Die Ober- fläche wird vielmehr zum Spiegel des Arbeitsprozesses, dem auch inhaltlich Sinn tragende Bedeutung zukommt: Die Spuren konstituieren einen ästhe- tisierten Erinnerungsraum, der für den Betrachter nicht nur die Dimension der Zeitlichkeit und Prozesshaftigkeit er- öffnet, sondern auch auf die bleibende und formende Kraft des Dialogs ver- weist. Die Spuren auf dem Weg zum Dialog und des Dialogs selbst schrei- ben sich gleichsam in das Material ein, verändern es, durchdringen die Ober- fläche und ermöglichen einen Blick auf die darunter liegenden Schichten der Materie …« Dr. Anet
29 tte Sosna
20025 2020, Französischer Kalkstein, Spannweite 130 cm
31
32 Katharina
»Der Künstler spielt mit der Schwerkraft und der Statik und reizt die Grenzen gewagt aus. Das Verhältnis von Tragen und Lasten wird auf, für das menschli- che Auge ungewohnte Art und Weise, hinterfragt. Das Material wird nahezu entstofflicht, sodass der schwere Stein mühelos zu schweben scheint.« a Lutter
17002 2017, Griechischer Marmor, 30 × 25 × 30 cm
35
18005 2018, Carrara Marmor, 45 × 32 × 25 cm 37
38
18011 2018, Türkischer-Marmor, 45 × 32 × 35 cm
Ausstellungen (Auswahl) 2021 Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz 2020 BEGE Galerien mit Dan Pyle, Ulm 2019 MAC Museum Art & Cars, Singen Skulptura 2019, Wasserburg art gallery Wiesbaden mit Dan Pyle, Wiesbaden Städtische Galerie im Turm, Isny 2018 Galerie Heike Schumacher, Überlingen Stadtkirche Tuttlingen Galerie Döbele, Dettelbach openArt, Roveredo (CH) 2017 Orangerie Draenert, Immenstaad Galerie Carla Reul, Bonn Kunstverein Oberer Neckar, Horb am Neckar artmark galerie, Wien (AT) 2016 Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz Landratsamt Tuttlingen Galerie Art nou mil.lenni, Barcelona, (ES) Orangerie Schloss Wolfegg 2015 Galerie Wendelinskapelle, Marbach am Neckar Galerie Wesner, Konstanz Städtische Galerie im Kornhaus, Kirchheim unter Teck Regierungspräsidium Karlsruhe 2014 Kommunale Galerie, Mörfelden Klettgau Galerie, Klettgau Kunst im Steinbruch Altental, Blaubeuren Städtische Galerie, Meersburg 40
2013 Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz Klettgau Galerie, Klettgau Galerie Rigassi, Bern (CH) Museum Seitingen, Seitingen-Oberflacht 2012 Galerie im Bahnhof, Sipplingen Landratsamt Konstanz 2011 Galerie Christine Rother, Wiesbaden Galerie Claudine Hohl, Zürich (CH) 2010 Galerie Heike Schumacher, Überlingen Skulptura 2010, Beckingen, Saarland 2009 Galerie Claudine Hohl, Zürich (CH) Lahrensmühle Leonberg 2008 Medienhaus der Schwäbischen Zeitung, Tuttlingen Kunstverein Volkertshausen 2007 Erzbischöfliches Bauamt Konstanz Möchten Sie Einladungen zu Ausstellungseröffnungen und Kunstmessen erhalten? galerie-ruetz.de/einladungen
Kunstmessen (Auswahl) Art Karlsruhe Art Nocturne Knokke, Knokke-Heist (BE) Art Bodensee, Dornbirn (AT) Rotterdam Contemporary Art Fair (NL) ART.FAIR, Köln Art Beijing, Peking (CHN) Kunst Zürich (CH) ARTBAHO Barcelona (ES) Affordable Art Fair, Hamburg cb-ds.com T 040 466 50 481 Carte Blanche Design Studio Gestaltung 42
S.003 FT Galerie an der Pinakothek der Moderne Barbara Ruetz Gabelsbergerstraße 7, 80333 München, T +49 89 288 077 43 office@galerie-ruetz.de, www.galerie-ruetz.de Facebook Galerie.Ruetz, Instagram galerie _ ruetz
Sie können auch lesen