Jürgen Durner - Galerie Ruetz
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09 Jürgen Durners Gemälde zeigen die Stadt aus einem neuen und gleichzeitig vertrau- ten Blickwinkel. Er malt Reflektionen der Wirklichkeit in spiegelndem Glas. Zahlrei- che transparente Bildebenen überlagern sich darin. Diese Überblendung von Vor- der- und Hintergründen in einer Bildebe- ne erzeugt ein spannendes Oszillieren zwischen der Spiegelung der Straßen- ansicht im Glas und der aufgebrochenen Innenansicht dahinter. Dabei verleihen die reflektierten Lichtspitzen der verlassenen Stadtansicht Dramatik und Dynamik. Jürgen Durner wurde 1964 geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Er war Meisterschüler bei Prof. Christine Colditz. Durner lebt und arbeitet in Berlin.
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Schwinden der Sinne 3 2020, Öl auf Leinwand, 45 × 60 cm 13
Kirschblüten 2020, Öl auf Leinwand, 50 × 40 cm
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Membran 2021, Öl auf Leinwand, 210 × 150 cm
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Interview 18
Warum bist Du Das entscheidet sich nicht. Wir können uns für ein Künstler geworden? künstlerisches Studium entscheiden und es bleibt dabei offen, ob wir Künstler werden oder nicht. Es ist nie sicher, ob wir wirklich Kunst machen. Es kann immer nur eine Auseinandersetzung mit der Kunst geben. Dafür haben wir wahrscheinlich eine geneti- sche Disposition. Zum Beispiel war mein Großvater ein begabter Lithograph und Maler, mein Vater sehr musikalisch. Ich kann sehr gut sehen und bin musisch begabt. Damit hat man die Voraussetzungen, sich den schönen Dingen zuzuwenden. Dazu gehört bei mir ein ewiges Fragen nach einem tieferen Sinn, der sich auch vor Spiritualität und Religiosität nicht scheut. Was bedeutet Dir Malerei bedarf in meinen Augen einer grundsätzlichen Malerei? Auseinandersetzung mit der langen Geschichte des Tafelbildes. Aus dem endlosen Sehen und Betrach- ten der unzähligen Werke unserer Kunstgeschichte resultiert das Bedürfnis, seinen eigenen Teil beizu- tragen. Das ist eine Sehnsucht. Vielleicht sogar eine Obsession. Je mehr es mir gelingt, desto mehr will ich davon. Malerei ist dann eine Möglichkeit, ganz zu sich selbst zu kommen. Das eigene Bild, das eigene Werk. So langweilig die permanente Beschäftigung mit einem Viereck auch wirken mag, so sehr liebe ich diese einsame Zeit der Arbeit an einem Gemälde. Es ist dann die gute lange Weile, die wir von der Zeit für unser Tun geschenkt bekommen. Das Ergebnis ist nur Glück. Das Misslingen wird bekämpft, um es in Schönheit zu verwandeln. Der Maler hat jederzeit die Option, sein Bild zu verbessern. Diese Offenheit des Tuns macht mich an. Farben fügen sich mit der Zeit in eine Farbigkeit. Das Colorit ist Träger der Schönheit. Damit lässt sich Realität transzendieren. Malerei schafft einen Transformationsprozess. Wir Maler sind die Macher und die unmittelbaren Zeugen dieser Verwandlung. Für
den Betrachter stellen wir später das Ergebnis zur Schau. Das ist nicht ganz uneitel. Aber von dem Urteil leben wir und bekommen, wenn es gut ausfällt, die Bestätigung, es weiter zu tun. Damit ist Malerei für mich auch eine Form der Kommunikation. Wie entwickelst Du Es ist für mich eine Dreiheit. ein neues Gemälde? Erstens bin ich offen für das Erscheinungsbild dieser Welt. Als Flaneur und Spaziergänger entdecke ich reale Motive, die mich begeistern müssen. Diese Begeisterung trägt mich dann bis zum späteren Bild. In ihr fundiert sich eine Art Erinnerung an das Motiv, die fortwährend bildbe- stimmend sein wird. In dieser Erinnerung ist immer auch eine Erinnerung an die großen Gemälde der Kunstge- schichte mitaktiviert. Beim Finden eines Motivs nehme ich davon nach Möglichkeit eine Vielzahl von Fotos. Totale, Halbtotale, Fokus, Details. Für ein großes Gemälde mache ich oft bis zu 20 Aufnahmen. Zweitens werden die Fotografien ausgewählt, ausge- druckt und ausgewertet. Das kann ein langer Prozess sein. Mehrere Fotos eines Motivs liegen auf einem gro- ßen Tisch und werden hin und her geschoben, passe- partouriert, beschnitten, etc. Manchmal auch collagiert oder gegenseitig ergänzt, zusammengefügt. Es bleiben bis zuletzt nur Abzüge, die nicht für eine Projektion ver- wendet werden. Beim Malen vergewissere ich mich nur bezüglich der handgroßen Abzüge, wie bestimmte Details umgesetzt werden können. Das erinnerte Motiv wird mit- tels der Fotos rekonstruiert, eigentlich neu gesetzt, neu erfunden. Die Bildkomposition ist nicht vom Kameraob- jektiv bestimmt, wie bei einem Fotorealisten, der die Fotos auf die Leinwand projiziert. Drittens bestimmt das zuletzt gemalte Bild das Kom- mende. Ich male also in einer endlosen Kette. Dabei kann es aber sein, dass plötzlich ein totaler Bruch entsteht oder ein Einschub. Zum Beispiel kann es sein, dass ich nach drei Nachtspiegelungen eine Landschaft malen möchte, um aus den Automatismen und der Gleichförmigkeit aus- brechen zu können oder dass nach einem sehr großen Bild ein sehr kleines ansteht. Oder nach einem kalten Bild 20 ein warmes.
Eine Fuge von Bach schafft ähnliche moti- vische Überlagerungen und Spiegelungen. Deshalb ist die visuelle Kunst durchaus be- fähigt, einen musikalischen Charakter ein- zunehmen. Deine Sujets sind Ich glaube, dass diese Entscheidungen sehr unterbewusst Glasscheiben, die vollzogen werden. Ich vermute, dass ich musikalisch ent- Momentaufnahmen scheide, also nach dem Prinzip der Musikalität des Bild- einer Straße oder geschehens. Es gibt ja so eine Art Synästhesie zwischen Stadt einfangen, Visualität und Akustik. Ich meine, das Bild kann eben auch Innenansichten, die einen Klang erzeugen. Ohne dieses Klingen des Visuellen sich in Schaufens- würde ich wahrscheinlich nicht bildnerisch auf die Reali- tern spiegeln, aber tät eingehen wollen. Die Reflexe auf einer Glasscheibe auch herangezoomte schaffen Bewegung und Rhythmus. Außerdem wird die Detailansichten. Räumlichkeit sehr komplex, wenn sich Spiegelräume Wie entscheidest Du über reale Räume blenden. Eine Fuge von Bach schafft über Deine Motive? ähnliche motivische Überlagerungen und Spiegelungen. Deshalb ist die visuelle Kunst durchaus befähigt, einen musikalischen Charakter einzunehmen. Ferner habe ich einen seltsamen Drang, möglichst schwierige, am besten unmalbare Motive auszuwählen. Ein Bild muss für mich immer eine Herausforderung sein. Spiegelungen Am Anfang war das Selbstportrait. Ein uraltes Sujet: die sind zentral Frage nach sich selbst. Dazu braucht man einen Spiegel. in Deinem Werk. So auch in meiner Jugend und später im Pariser Studium. Wie kam es dazu? An der Ecole des Beaux Arts brachte ich einen großen Spiegel an meinen Malplatz. Meine Übungen bestanden im Malen von Stillleben und Interieurs. Der Spiegel zeigte die Gegenstände auch von hinten und ich konnte mich als Maler darin sehen. Also entwarf ich Kompositionen, die das Ganze zu fassen versuchten. Die Gegenstände auf dem Tisch von vorne und hinten, der Raumausschnitt des Ateliers und der Maler als Figur darin. Meistens noch einen Anschnitt des Spiegelrahmens. Es war klar, dass ich 22 nach kurzer Zeit auch Fenster zur Stadt malte, die mich
selbst in den aufgeklappten Glasscheiben spiegelten. Da- mals malte ich immer nur vor der Natur. Erst 1994 begann ich in Berlin, die spiegelnden Scheiben in den U-Bahnen zu malen. Nachdem ich mit meinen Bleistiftskizzen in den ruckelnden Zügen nicht mehr zurecht kam, fotografierte ich die Motive und kam so zu meiner eigentlichen Werk- komponente: Spiegelnde Nachtfenster der Großstadt. Du lebst & arbeitest Berlin ist einfach nur geil. Ich möchte hier nicht mehr weg. in Berlin. Von Anfang an war diese Stadt für mich anziehend und ist Was bedeutet diese es immer geblieben. Ich habe hier sehr viele Menschen Stadt für Dich? kennen und schätzen gelernt. Dabei kommen immer wie- der neue Bekanntschaften hinzu. Inzwischen sind auch richtige Freunde dabei. Die Stadt ist ja ein Schmelztiegel für Künstler aus aller Welt. Nicht nur die rege Kulturszene, auch das normale Le- ben im Kiez ist immer lustig und spannend. Von Theater, Kino und Museums- bzw. Galerieszene muss ich hier nicht reden. Ich kann mir morgens vor der Arbeit schnell mal einen Caravaggio um die Ecke ansehen oder nachts in der Schaubühne ein abgefahrenes Theaterstück. In meiner Stammkneipe am Schlesischen Tor tanzen spätnachts die Spanier oder es legt ein verrückter DJ seine Musik auf. Corona macht das gerade alles zunichte, aber es wird schon wieder werden. Meine Bilder entstehen in den Zwischenräumen dieses Lebens. Wie gesagt, als Flaneur. Da und dort. Berlin hat für meine Arbeit nichts Spezifisches. Meine Werke könn- ten in jeder anderen Großstadt genauso entstehen. Ich bin eben nun mal hier und werde auch hier bleiben. Die „Bühne Berlin“ erfüllt ihre Zwecke. Was wünscht Du Dir Bildung und Gefühl. Am besten eine gewisse Musikalität. vom Betrachter? Gelassenheit. Die Fähigkeit, sich Zeit zu nehmen. Intensi- tät. Spiritualität. 23
Seidenstraße
2019, Öl auf Leinwand, 135 × 210 cm 25
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Tür ohne Ausgang 2021, Öl auf Leinwand, 130 × 190 cm
Vexierbild 2018, Öl auf Leinwand, 130 × 170 cm 28
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Wintergarten 2018, Öl auf Leinwand, 100 × 80 cm 31
Abwesen
2021, Öl auf Leinwand, 140 × 210 cm 33
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Photosynthese 2020, Öl auf Leinwand, 200 × 200 cm 35
Schwinden der Sinne 2 2020, Öl auf Leinwand, 45 × 35 cm 36
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Ausstellungen 2021 Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz 2019 Galerie Schmalfuß, Löwenvilla Potsdam / Architektur Galerie Raymond Banas, Metz / La Nuit etI‘Invisible Galerie Schmalfuß, Marburg / Dien Innenwelt der Außenwelt Teil 2 2018 Galerie an der Pinakothek der Moderne - Barbara Ruetz, München / Ausweitung des Kosmos Kunstverein Wolfenbüttel / Im Auge des Spiegels Galerie Schmalfuß, Berlin / Die Innenwelt der Außenwelt Galerie Schmalfuß, Berlin / Thema Architektur 2017 Abspannwerk Berlin-Adlershof My Sweet Electric Chair / Durner, Gastl, Thol Galerie von Stechow, Frankfurt / Winter, Durner, Will 2016 Galerie Keller, Paris / Art Hybride kuratiert von Mathias Schauwecker Stadtmuseum Lindau, Cavazzen / Möglichkeiten einer Insel Galerie in der Promenade, Fürth / UN heimlich Galerie Atzenhofer, Nürnberg / Schein und Welt Galerie Kremers, Berlin / Portraits 2015 White Brush Gallery – André Schnaudt, Düsseldorf / Landschaft Punto Sull Arte, Varese, Italien / Ritmi e Toni Kunstverein Kaponier, Vechta / Das Sichtbare im Unsichtbaren 2014 Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz, München / Jürgen Durner – Invisible Galerie Atzenhofer, Nürnberg / Jürgen Durner - unsicht bar 38
2013 White Brush Gallery – André Schnaudt, Düsseldorf / dazwischen Galerie Atzenhofer, Nürnberg / Rotlicht Galerie an der Pinakothek der Moderne - Barbara Ruetz, München / Jubiläumsausstellung, 20 Jahre Galerie Barbara Ruetz Galerie Atzenhofer, Nürnberg / Illusion und Wirklichkeit Ortung VIII, Schwabach / Im Zeichen des Goldes 2012 Kunsthaus Nürnberg / Und der Gewinner ist … Galerie Atzenhofer, Nürnberg / Jürgen Durner – hellsichtig Galerie an der Pinakothek der Moderne – Barbara Ruetz, München / Verdichtungen TÜV Rheinland, Nürnberg / Kunstsommer LGA 2010 HSBC Trinkaus & Burkhardt, Frankfurt am Main (ausgetragen von Galerie Barbara von Stechow) Städtische Galerie Fürth / Disappearance. Der hermetische Spiegel Kunstmuseum Erlangen / Disappearance. Der transparenteSpiegel Preise 2016 Sonderpreis des Verlegers beim Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten, Kunsthaus Nürnberg 2012 Stipendium Neuhauser Kunstmühle Salzburg in neuen Ansichten 2010 Publikumspreis 1. Triennale der Kunsthalle Schweinfurt Möchten Sie Einladungen zu Ausstellungseröffnungen und Kunstmessen erhalten? galerie-ruetz.de/einladungen
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