Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
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Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Übersichtsarbeit Herwart Böhm1, Jens Dauber2, Marcel Dehler3, Daniel A. Amthauer Gallardo2, Thomas de Witte3, Roland Fuß4, Frank Höppner5, Maren Langhof5, Nadja Rinke1, Bernd Rodemann6, Gerhard Rühl5, Siegfried Schittenhelm5 Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review Crop rotations with and without legumes: a review 489 Zusammenfassung Stichwörter: Leguminosen, Fruchtfolgen, Pflanzenbau, Pflanzenschutz, ökologischer Landbau, Biodiversität, Leguminosen sind im ökologischen Landbau aufgrund Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit, Forschungsbedarf ihrer Fähigkeit zur Luftstickstofffixierung unverzichtbar für die Stickstoffversorgung der Ackerkulturen und die Proteinversorgung der Nutztiere. Im konventionellen Abstract Anbau bieten Leguminosen die Möglichkeit, die häufig getreideintensiven Fruchtfolgen aufzulockern. Eine der In organic farming, legumes are indispensable for the wichtigsten Wirkungen dieses Break-crop-Effekts ist das nitrogen supply of arable crops and the protein supply Durchbrechen des Lebenszyklus von fruchtartenspezifi- of livestock due to their ability to fix atmospheric nitro- schen Pathogenen und der damit verbundenen Einspa- gen. In conventional farming, legumes offer the poten- rung von Pflanzenschutzmitteln. Die vorliegende Über- tial to break the often cereal-intensive crop rotations. sichtsarbeit stellt den derzeitigen Stand des Wissens zu One of the most important consequences of the Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen zusammen. break-crop effect is the interruption of the life cycle of Dabei werden ackerbauliche, ökologische und ökonomi- crop-specific pathogens and the associated savings of sche Wirkungen des Anbaus groß- und kleinkörnig Legu- pesticides. This review summarizes the current state of minosenarten als Haupt- oder Zwischenfrüchte bzw. knowledge on crop rotations with and without legumes. Untersaaten oder als Komponenten in Gemengen dar- It presents and evaluates the agronomic, ecological and gestellt und bewertet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf economic effects of the cultivation of large- and relevanten Publikationen in wissenschaftlichen Journa- small-seeded legume species as main or catch crops, len sowie Praxis- und Forschungsberichten der Jahre when undersown in other crops, or used as components 2010 – 2020 die in Deutschland oder vergleichbaren kli- in mixtures. The focus is on relevant publications in sci- matischen Bedingungen durchgeführt wurden. Abschlie- entific journals as well as practice and research reports ßend wird daraus der notwendige Forschungsbedarf für published between 2010 and 2020 which were carried die Themenbereiche Pflanzenbau (konventionell und out in Germany or under comparable climatic condi- ökologisch), Pflanzenschutz, Ökonomie, Ökologie und tions. Finally, essential research needs in the areas of Klimaschutz abgeleitet. crop production (conventional and organic), crop pro- Affiliationen 1 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Ökologischen Landbau, Trenthorst 2 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Biodiversität, Braunschweig 3 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Betriebswirtschaft, Braunschweig 4 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig 5 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Braunschweig 6 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Braunschweig Kontaktanschrift Dr. Siegfried Schittenhelm, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Bundesallee 58, 38116 Braunschweig, E-Mail: siegfried.schittenhelm@julius-kuehn.de Zur Veröffentlichung angenommen 23. Juli 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart tection, economics, ecology, and climate protection are (RÜHL et al., 2009). Leguminosen sind aufgrund ihrer Fä- Übersichtsarbeit identified. higkeit zur Luftstickstofffixierung als Stickstoffinputquel- le für den Betriebskreislauf sowie als Basis für die heimi- Key words: Legumes, crop rotations, plant production, sche Proteinversorgung in der Tierhaltung grundsätzlich plant protection, organic farming, biodiversity, unverzichtbar, insbesondere im ökologischen Landbau. climate protection, economics, research needs Im konventionellen Anbau werden Leguminosen als eine Möglichkeit gesehen, die vorwiegend getreidebasierten Fruchtfolgen aufzulockern. Die gezielte Nutzung von Einleitung Vorfruchteffekten bringt dem Landwirt vielfältige Vor- teile (CHRISTEN, 2001; ANDERT et al., 2018; HENNE et al., In Anlehnung an CASTELLAZZI et al. (2008) definieren wir 2018). Fruchtfolgen (Rotationen) als zyklisch wiederkehrende Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass Abfolgen von Kulturpflanzenarten auf derselben Fläche. verschiedene ackerbauliche Probleme durch die Diversi- Fruchtfolgen sind zentraler Bestandteil von Anbausyste- fizierung der Fruchtfolgen mit Leguminosen gelöst oder men. Letztere beinhalten darüber hinaus auch Manage- zumindest abgemildert werden könnten (DAFA, 2012). mentaktivitäten wie beispielsweise Bodenbearbeitung, Für die Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte (VEREIJKEN, werden als positive Aspekte neben der Bindung von Luft- 1997). Über die Auswahl der Fruchtfolgefelder als kleins- stickstoff und der Förderung der biologischen Vielfalt ter Gliederungseinheit der Fruchtfolge entscheiden die auch die Durchbrechung des Lebenszyklus von fruchtar- 490 Nachfrage der Verbraucher, Deckungsbeiträge, agrarpo- tenspezifischen Pathogenen, die Verfügbarmachung von litische Förder- und Marktordnungsmaßnahmen sowie Phosphor und anderer Nährstoffe sowie die Verbesse- zunehmend auch der Klimawandel. Seit längerer Zeit rung der Bodenstruktur und des Wasser- und Luft- sind in Deutschland vereinfachte, weniger diverse haushaltes des Bodens genannt (CASS et al., 2014; DAFA, Fruchtfolgen Realität, wobei der Anteil der Getreidear- 2012; EVERWAND et al., 2017; FINCKH et al., 2015; CONGRE- ten, insbesondere der von Winterweizen (Triticum aesti- VES et al., 2015; STEFFENS et al., 2005). vum L.) und Mais (Zea mays L.), einseitig zu Lasten der In neueren Studien konnten weitere Erkenntnisse zur Blattfrüchte zugenommen hat (STEINMANN & DOBERS, phytopathologischen Situation einschließlich der Ablei- 2013; STEIN & STEINMANN, 2018). Die vier wichtigsten Kul- tung von Anbaupausen, Nährstoffversorgung und Dün- turarten Winterweizen, Mais, Wintergerste (Hordeum gung, Unkrautregulierung sowie zu neuen Anbauverfah- vulgare L.) und Winterraps (Brassica napus L.) haben ren unter Berücksichtigung des Gemengeanbaus bei re- einen Anteil an der Ackerfläche von fast 70 % (DESTATIS, duzierter Bodenbearbeitung bis hin zur Direktsaat nach 2019a); in einigen Landkreisen kann der Anteil sogar entsprechenden Vorfrüchten gewonnen werden (KÖPKE deutlich darüber liegen. Die heute verbreiteten „simplifi- et al., 2011; WILBOIS et al., 2013; BÖHM et al., 2014; KÖPKE zierten“ Fruchtfolgen sind auch Ergebnis der Aufgabe des et al., 2016). Die Ergebnisse aus weiterführenden Versu- landwirtschaftlichen Gemischtbetriebs, d. h. der räumli- chen zum Gemengeanbau ermöglichten kulturart- und chen und organisatorischen Trennung von Feld- und standortspezifische Empfehlungen für den ökologischen Viehwirtschaft (KÖPKE, 2013). Landbau (BÖHM et al., 2013). Allerdings weisen die Stu- Es gibt viele pflanzenbauliche Gründe, diese engen dien auch darauf hin, dass die meisten Leguminosen Fruchtfolgen wieder mit Blattfruchtarten zu erweitern. empfindlich auf Selbstfolgen reagieren („Leguminosen- Vielfältige Fruchtfolgen dienen u. a. dem Erhalt der müdigkeit“), weshalb größere Anbauabstände erforder- Bodenfruchtbarkeit und der Nutzung phytosanitärer lich sein können. Zudem treten einige Schaderreger Effekte. So gehen mit zunehmender Getreidekonzentra- sowohl bei Körner- als auch Futterleguminosen auf tion Probleme einher wie das verstärkte Auftreten von (FINCKH et al., 2015). Pilzkrankheiten und Ungräsern [z. B. Ackerfuchs- Als Voraussetzung für die verstärkte Integration von schwanz (Alopecurus myosuroides Huds.) und Trespen Leguminosenarten in Fruchtfolgen müssen noch beste- (Bromus spp.)] sowie die zunehmende Resistenz von hende Wissenslücken geschlossen werden. Zum allge- Schaderregern gegenüber Insektiziden und von Ungrä- meinen Forschungsbedarf bei Leguminosen existieren sern gegenüber Graminiziden (DEGNER, 2013). bereits verschiedene Stellungnahmen, welche nicht an Für diese wünschenswerte Erweiterung der Fruchtfol- Aktualität verloren haben. Dazu gehören das Fachge- gen bieten sich insbesondere Leguminosenarten an. spräch „Anbau und Züchtung von Leguminosen in Diese werden vorwiegend als Sommerungen angebaut. Deutschland“ (WEHLING, 2009), das DAFA-Fachforum Es existieren auch Winterformen von Erbse, Ackerbohne Leguminosen (DAFA, 2012) und der Bericht von ZERHU- und Lupine, die jedoch noch züchterisch besser an unsere SEN-BLECHER & SCHÄFER (2013). Studien, die auf den Klimabedingungen angepasst werden müssen. Legumi- direkten Vergleich von Fruchtfolgen mit und ohne Legu- nosen werden vorwiegend in Form von Körnern oder minosen fokussieren und dabei einen oder mehrere Ganzpflanzen als Tierfutter eingesetzt. Bei den Körner- Fruchtfolgezyklen umfassen, wurden bisher nicht veröf- leguminosen verbleibt das Stroh auf dem Acker. Einige fentlicht. Die Wirkungen des Anbaus von Leguminosen Arten besitzen ein tiefreichendes Wurzelsystem, verbes- wurden zumeist nur für die direkte Folgekultur geprüft sern die Bodenstruktur und gelten als humusmehrend (PREISSEL et al., 2015; CERNAY et al., 2018). Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Ziel des vorliegenden Reviews ist es, einen Überblick bau nahm dagegen von 31 % im Jahr 2014 auf etwa 24 % Übersichtsarbeit über den derzeitigen Stand des Wissens zu Wirkungen im Jahr 2018 ab, wobei die Flächenentwicklung bei ein- der Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen zu zelnen Leguminosenarten sehr unterschiedlich verlief geben, die Befunde kritisch zu bewerten sowie bestehen- (Abb. 2). Diese Zahlen zeigen, dass der Flächenzuwachs den Forschungsbedarf abzuleiten. Dieser Review basiert insbesondere im konventionellen Bereich erfolgte. auf einer vom Bundesministerium für Ernährung und Nicht berücksichtigt wurden die im Gemenge ange- Landwirtschaft (BMEL) im Jahr 2018 beim Thünen-Insti- bauten Körnerleguminosen. Der Gemengeanbau in tut und Julius Kühn-Institut in Auftrag gegebenen Studie. Deutschland umfasste im Jahr 2018 100.900 ha, wovon In dieser Studie wurden ackerbauliche, ökologische und 41.000 ha auf den ökologischen Landbau entfielen ökonomische Gesichtspunkte des Anbaus groß- und (SCHAACK et al., 2019). Auch der Anbau von kleinkörni- kleinkörnig Leguminosenarten als Haupt- oder Zwischen- gen bzw. Futterleguminosen nahm in den letzten Jahren kultur bzw. Untersaat oder als Komponenten in Gemen- leicht von 246.000 ha im Jahr 2010 auf 283.300 ha im gen berücksichtigt. Der Schwerpunkt des Reviews liegt Jahr 2018 zu. Im Jahr 2018 standen davon 34 %, d. h. auf Studien und Forschungsansätzen, die in den letzten 96.000 ha, im ökologischen Landbau (SCHAACK et al., zehn Jahren durchgeführt wurden. Am Ende des Reviews 2019). wird der Forschungsbedarf für die Themenbereiche Das zentrale Problem der Körnerleguminosen besteht Pflanzenbau (konventionell und ökologisch), Pflanzen- darin, dass bei ihnen (mit Ausnahme der Sojabohne), im schutz, Biodiversität, Klimaschutz und Ökonomie aufge- Gegensatz zu den etablierten Fruchtarten, die Liefer- zeigt. ketten und Märkte nicht ausreichend entwickelt sind 491 (MEYNARD et al., 2013). Aufgrund ihrer geringen Markt- bedeutung werden Körnerleguminosen nicht oder nur Anbaubedeutung von Leguminosen unzureichend züchterisch bearbeitet, es mangelt an In- novationen und an einem im Hinblick auf die Integration Trotz einiger Förderprogramme auf verschiedenen poli- in Fruchtfolgen notwendigen angepassten Stickstoff- tischen Ebenen (Länder/Universitäten, Bund, EU) nahm management (MAGRINI et al., 2016). Ansätze gegenläu- die Anbaufläche von Körnerleguminosen in Deutschland figer Trends sind allerdings auch zu erkennen. So war im und Europa in den vergangenen Jahren nach zwischen- Jahr 2017 in Deutschland ein neuer Höchststand der zeitlichen kurzfristigen Zunahmen immer wieder ab und Anbaufläche für Körnerleguminosen zu verzeichnen. Die liegt derzeit auf niedrigem Niveau. Seit Einführung des Anbauflächen von Ackerbohne, Sojabohne und Süß- Greening hat sich der Anbau der Körnerleguminosen lupine (Abb. 3) nahmen leicht zu (Abb. 1). Klar erkenn- Ackerbohne (Vicia faba L.), Erbse (Pisum sativum L.), bar ist aber auch die Abhängigkeit des Leguminosenan- Lupine (Lupinus spp.) und Sojabohne [Glycine max (L.) baus von agrarpolitischen Fördermaßnahmen. Nachdem MERR.] in Deutschland von 83.600 ha (2014) auf aufgrund geänderter Förderbedingungen auf Greening- 174.000 ha (2019) mehr als verdoppelt (DESTATIS, 2015; Flächen keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt wer- DESTATIS, 2019b) (Abb. 1). den durften, ging die Anbauflächen von Erbsen und Lupi- Dennoch entspricht die gegenwärtige Leguminosenan- nen im Anbaujahr 2018 umgehend zurück. baufläche weniger als 1,5 % der gesamten Ackerfläche. Körnerleguminosen können im konventionellen Anbau Der Anteil an Körnerleguminosen im ökologischen Land- problematisch werden, weil ihre N-Fixierleistung auf- 200,000 180,000 Sojabohnen 160,000 Lupinen 140,000 Ackerbohnen Anbaufläche (ha) 120,000 Erbsen 100,000 80,000 60,000 Abb. 1. Anbaufläche der Körner- leguminosen Futtererbse, Acker- 40,000 bohne, Lupine und Sojabohne in Deutschland in den Jahren 2010 – 20,000 2019. Eigene Darstellung; Quelle: 0 Statistisches Jahrbuch über Er- nährung, Landwirtschaft und 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Forsten (verschiedene Jahrgänge), Jahr Hrsg.: Bundesministerium für Er- nährung und Landwirtschaft. Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart 60 Übersichtsarbeit Erbsen Ackerbohnen Lupinen Sojabohnen Anteil Öko-Fläche an Gesamläche (%) 50 Abb. 2. Anteil ökologisch an- gebauter Körnerleguminosen an 40 der jeweiligen Gesamtanbauflä- che in Deutschland im Zeitraum von 2010 – 2018. Eigene Darstel- 30 lung; Quellen: Statistisches Jahr- buch über Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten (verschiedene 20 Jahrgänge), Hrsg.: Bundesminis- terium für Ernährung und Land- wirtschaft; AMI Markt Studie – Strukturdaten im ökologischen 10 Landbau in Deutschland (ver- schiedene Jahrgänge), Hrsg.: Ag- rarmarkt Informations-Gesell- 0 schaft mbH (AMI); AMI Markt Bi- lanz Öko-Landbau (verschiedene 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Jahrgänge), Hrsg.: Agrarmarkt In- 492 Jahr formations-Gesellschaft mbH (AMI). grund der 2017 novellierten Düngeverordnung (DÜV, inputquellen für den Betriebskreislauf unverzichtbar. 2017) und der Stoffstrombilanzverordnung (STOFFBILV, Insbesondere Futter- und Körnerleguminosen bilden die 2017) als Stickstoffzufuhr in die Bilanz aufgenommen Basis für die Proteinversorgung in der Tierhaltung. Hier- werden muss. Bei hohen Körnerleguminosenerträgen aus resultieren in der Regel vielseitige und mehrfeldrige sind hohe Bilanzüberschüsse auszuweisen, wodurch sich Fruchtfolgen mit Leguminosen im ökologischen Land- die gesamte Fruchtfolgebilanz verschlechtert (PAHLMANN bau. Deren Bedeutung in der Fütterung führt außerdem et al., 2018). zu einer höheren ökonomischen Bewertung der Legumi- Eine Sonderstellung unter den Körnerleguminosen nosen im Vergleich zum konventionellen Anbau. Hohe nimmt die Sojabohne ein. Obgleich ihrem Anbau in Europa Anteile an Leguminosen in Fruchtfolgen können aber klimatische Grenzen gesetzt sind, wird der Sojabohne, auch zu phytopathologischen Problemen führen. Im öko- insbesondere nicht gentechnisch veränderten Sorten, ein logischen Landbau geht es somit nicht um die Frage beträchtliches Flächenentwicklungspotenzial zuge- „Fruchtfolgen mit oder ohne Leguminosen“, sondern um schrieben (DE VISSER et al., 2014). So wurden und werden die Wirkung von Leguminosen auf nicht-legume Folge- neue Sorten entwickelt, die auch in kühleren Regionen früchte sowie eine nachhaltige Integration von Legumi- mit kürzerer Vegetationszeit und geringeren Wärmesum- nosen in Fruchtfolgen ohne negative phytopathologische men angebaut werden können (ZIMMER et al., 2016). Nebenwirkungen. Im ökologischen Landbau sind Leguminosen aufgrund ihrer Fähigkeit zur Luftstickstofffixierung als Stickstoff- Pflanzenbau In den Jahren 2010 – 2020 wurden vielfältige pflanzen- bauliche Studien mit unterschiedlichen Leguminosenar- ten durchgeführt und neu begonnen. Neben spezifischen Untersuchungen an ausgewählten Arten in Reinsaat und Gemenge sind insbesondere die Demonstrationsnetzwer- ke Sojabohne (www.sojafoerderring.de), Erbse/Bohne (www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de) und Lupine (www.lupinen-netzwerk.de) hervorzuheben, welche u. a. den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Forschung, Beratung und Praxis fördern sollen. An diese Demonstrationsnetzwerke wurden Forschungs- und Ent- wicklungsvorhaben wie z. B. das BLE-geförderte Projekt RELEVANT (Regulierende Ökosystemleistungen in Frucht- folgen mit Ackerbohne und Erbse: Quantifizierung, Bewertung und Realisierung; vgl. Kapitel Biodiversität) Abb. 3. Sortenprüfung der Blauen Lupine. angegliedert (SCHULZ et al., 2019). Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Im Rahmen interdisziplinär ausgerichteter Verbund- nosen aufgrund des relativ geringen Schwefelbedarfes Übersichtsarbeit vorhaben wurden wichtige Fragestellungen des Körner- nur selten einen positiven Effekt auf Ertrag und Qualität leguminosenanbaus im ökologischen Landbau aufgegrif- hat (SCHMIDTKE & LUX, 2015; GRUBER & WEGNER, 2017). fen und bearbeitet (KÖPKE et al., 2011; WILBOIS et al., Futterleguminosen reagieren deutlich positiv auf die 2013; BÖHM et al., 2014; KÖPKE et al., 2016). So konnten Schwefeldüngung, weil die N-Fixierleistung erhöht und temporäre Direktsaatverfahren für Ackerbohnen in Hafer- damit der Vorfruchtwert gesteigert wird (FISCHINGER et Strohmulch etabliert werden, wobei diese bei geringem al., 2011; BECKER et al., 2013; BÖHM, 2016). Druck durch perennierende Unkrautarten ohne wirt- Für die pflanzenbauliche Beurteilung der Wirkung schaftliche Ertragseinbußen möglich sind (KÖPKE et al., einer Eingliederung von Leguminosen in Fruchtfolgen ist 2011). Auch Untersuchungen zur reduzierten Boden- es zweckmäßig, zwischen dem Stickstoffeffekt und dem bearbeitung in Gemengeanbausystemen mit Wintererb- Break-crop-Effekt zu unterscheiden (JENSEN, 2006). sen (Abb. 4) zeigten keine Unterschiede in der Unkraut- Beide Effekte zusammen machen den Vorfruchtwert von unterdrückung im Vergleich zur Pflugbearbeitung. Die Körnerleguminosen aus. Im Gegensatz zum legumino- untersuchten Gemengevarianten wiesen im Vergleich zu senspezifischen Stickstoffeffekt ist der Break-crop-Effekt den Reinsaaten mit Wintererbsen einen deutlich geringe- nicht an Leguminosen gebunden, sondern Ergebnis der ren Blattlausbefall auf (GRONLE et al., 2014). Dies konnte Unterbrechung monotoner Fruchtfolgen. Man könnte auf geringe N-Gehalt der im Gemenge angebauten Erb- den Break-crop-Effekt deshalb auch als Diversifizierungs- sen zurückgeführt werden. Dabei lieferte der Gemenge- effekt bezeichnen, welcher sich auch mit Blattfrüchten anbau einer normalblättrigen Sorte höhere Erträge als wie z. B. Raps erzielen lässt. Eine der wichtigsten Folgen 493 eine halbblattlose Sorte in Reinsaat und im Gemenge des Break-crop-Effekts ist das Durchbrechen des Lebens- (GRONLE et al., 2015). zyklus von fruchtartenspezifischen Pathogenen, wodurch Untersuchungen an Körner- und Futterleguminosen eine Einsparung von Pflanzenschutzmitteln ermöglicht zeigten, dass eine Schwefeldüngung bei Körnerlegumi- wird (MUNIER-JOLAIN & COLLARD, 2006). Besonders groß sind die Vorteile der Einführung von Körnerleguminosen in Anbausystemen mit einem hohen Getreideanteil. Dagegen lässt sich in Regionen mit bereits vielgestaltigen Fruchtfolgen (z. B. in der Schweiz) durch die Aufnahme von Körnerleguminosen in die Fruchtfolge häufig über- haupt kein Break-crop-Effekt erzielen (NEMECEK et al., 2008). Es gibt auch Hinweise darauf, dass die direkte Vorfrucht einen größeren Einfluss auf die Ertragshöhe der Nachfrucht hat als die gesamte vorangegangene Rotation, dass also der Vorfruchteffekt größer ist als die Fruchtfolgewirkung (GREEF et al., 2004). Die positive Wirkung von Körnerleguminosen auf die Erträge der Nachfrüchte bestätigen zwei neuere Meta- Studien (PREISSEL et al., 2015; CERNAY et al., 2018). Die Auswertung des insgesamt 15 Länder umfassenden welt- weiten Datenmaterials aus internationalen Peer-review- Journalen ergab, dass der Ertrag von Getreide nach Kör- nerleguminosen durchschnittlich um 29 % höher war als der Ertrag von Getreide nach Getreide (CERNAY et al., 2018). Die positive Wirkung von Körnerleguminosen nahm allerdings mit zunehmender Stickstoffdüngung zur Getreidenachfrucht ab und war oberhalb von 150 kg N ha–1 sogar vernachlässigbar gering. Dieser kritische Wert von 150 kg N ha–1 wird in konventionellen europä- ischen Getreideanbausystemen häufig überschritten. Auch PREISSEL et al. (2015) zeigten erhöhte Erträge von Getreide nach Körnerleguminosen von 0,5 bis 1,6 t ha–1, wobei die Mehrerträge durch eine Leguminosenvor- frucht ebenfalls bei niedriger Stickstoffdüngung zu den nachfolgenden Kulturen am höchsten ausfielen. Dieser Mehrertrag war jedoch nur geringfügig größer als bei Wahl einer anderen Blattvorfrucht wie Raps oder Son- nenblume. Prinzipiell ließen sich also durch die Ein- führung von Körnerleguminosen in Fruchtfolgen hohe Abb. 4. Gemengeanbau von Weißer Wintererbse und Wintertriti- Getreideerträge auch bei deutlich reduziertem Stickstoff- cale. einsatz erzielen. Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart BRAUN et al. (2014) verglichen unterschiedlich umfang- Fruchtfolge kamen besonders unter ungünstigen Wetter- Übersichtsarbeit reiche Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen und Zwi- bedingungen (kühl-feucht, trocken-heiß) zum Tragen. schenfrüchten (einen Marktfruchtbetrieb, einen Vered- Insgesamt zeigte die Studie, dass vielfältigere Fruchtfol- lungsbetrieb mit Biogasanlage sowie einen optimierten gen zu einer erhöhten Ertragsstabilität von Getreide bei- Klimabetrieb mit Biogasanlage) hinsichtlich ihrer Wir- tragen. kung auf das Klima. Bei der erweiterten Fruchtfolge des Ein weiteres langjähriges und dreiortiges Fruchtfolge- optimierten Klimabetriebs ergaben sich für die dort ange- experiment wurde 1997 in Dänemark mit zwei ökologi- baute Wintergerste deutliche Ertragsvorteile durch die schen und einer konventionellen Fruchtfolge mit und Vorfrucht Ackerbohne (RÖPER et al., 2017). Hier ist aller- ohne Einsatz von anaerob behandelter Gülle, Gründün- dings zu beachten, dass die Ackerbohne erhöhte gung (Luzerne oder Grasmischung mit Rot- und Weiß- Herbst-Nmin-Werte hinterlässt. In einem Langzeitversuch klee) und Zwischenfrüchten (u. a. Erbse) begonnen (1988 – 2001) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (DE NOTARIS et al., 2018). Für die ersten drei Fruchtfolge- wurden in Norddeutschland insgesamt 15 verschiedene zyklen (1997 – 2008) zeigte die Fruchtfolge Sommer- Fruchtfolgen verglichen, welche Winterraps, Winterwei- gerste – Kleegras (gemulcht) – Kartoffel – Weizen im drit- zen, Wintergerste, Erbsen und Hafer (Avena sativa L.) be- ten Zyklus mit integrierter Gründüngung an allen Stand- inhalteten (SIELING & CHRISTEN, 2015). Im Anschluss an orten tendenziell zunehmende Trockenmasseerträge den Fruchtfolgevergleich wurde zweimal Winterweizen (OLESEN et al., 2011; SHAH et al., 2017). Der Minderertrag angebaut, um die Wirkung der Vorfrüchte bzw. der des ökologischen gegenüber dem konventionellen Anbau- Fruchtfolgen auf Wachstum, Ertrag und Ertragskompo- system betrug im dritten Zyklus zwischen 21 % und 494 nenten zu quantifizieren. Die höchsten Weizenerträge 64 %. Durch den Einsatz von Wirtschaftsdüngern ließen wurden im ersten Jahr nach Erbse und Winterraps sich diese Unterschiede am stärksten reduzieren. Zusätz- erzielt. Im zweiten Jahr unterschieden sich die Korn- lich konnten eine ganzjährige Gründüngung (Kleegras, erträge aller Varianten nicht mehr signifikant voneinan- gemulcht) und leguminosenbasierte Zwischenfruchtge- der. menge die Ertragsleistungen verbessern. Mit dem Anbau SCHNEIDER et al. (2012) führten im Bereich des ökologi- einer ganzjährigen Gründüngung geht jedoch der Verlust schen Landbaus Fruchtfolgeversuche durch mit dem Ziel, einer Marktfrucht einher, sodass die Gesamtproduktivi- Fruchtfolgen mit unterschiedlichen Leguminosenarten tät des Anbausystems nicht erhöht wurde. und deren Nutzung im Hinblick auf die Ertragsleistungen Während die Wirkung von Leguminosen auf den (inklusive Fruchtfolgeertrag und ökonomischer Bewer- Ertrag der Folgekultur relativ einfach gemessen werden tung) und die Qualitäten der nach Leguminosen ange- kann, sind andere Effekte, wie z. B. der Schädlings- und bauten nicht-legumen Fruchtarten zu vergleichen. Dabei Pathogendruck, Veränderungen der Bodenstruktur oder wurde festgestellt, dass auf Kleegras basierende Frucht- des Wurzelwachstums nur schwer zu quantifizieren. In folgen mit Schnittnutzung (viehhaltende Systeme) die einem Langzeitversuch wurde eine geringere Humus- höchste Produktivität auf Basis von Getreideeinheiten reproduktionsleistung von Körnerleguminosen im Ver- erreichen. Beim Vergleich von Fruchtfolgen mit Körner- gleich zu Kleegras bestätigt, während hinsichtlich leguminosen ohne innerbetriebliche Verwertung und Humusgehalt und Humusqualität zwischen der Form der Fruchtfolgen mit Kleegrasanbau (gemulcht mit Verbleib Kleegrasnutzung (Schnitt mit Abfuhr und Rückführung auf der Fläche) zeigten sich letztere im Hinblick auf über organische Düngung vs. Mulchen) keine Unter- den Ertrag der nachgebauten Marktfrüchte überlegen schiede auftraten (URBATZKA & BECK, 2015). (SCHNEIDER et al., 2012). Die Gesamtproduktivität der CONGREVES et al. (2015) werteten vier Langzeitfrucht- beiden Systeme wies indessen keine Unterschiede auf. folgen mit Luzerne, Sojabohne und Klee als Untersaaten Im Rahmen eines 50 Jahre währenden Fruchtfolgever- in Ontario (Kanada) hinsichtlich der Effekte auf die suchs in Kanada wurden die N2O-Emissionen und der Bodengesundheit aus. Die Aggregatstabilität und der Maiskornertrag über drei Vegetationsperioden gemessen Gehalt an organischer Substanz wurden durch Luzerne (DRURY et al., 2014). In Rotation mit Luzerne war der gefördert. Demnach scheint der Einfluss einzelner Kultu- Maiskornertrag im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie ren innerhalb einer Fruchtfolge für die Bodengesundheit der in der Mais-Selbstfolge; in beiden Varianten wurden entscheidender zu sein als eine möglichst große Diversi- gleiche N-, P- und K-Mengen als Startdünger ausgebracht tät (CONGREVES et al., 2015). und in die oberen 10 cm Bodenschicht eingearbeitet. Hinzu kommen die Effekte, die auf der Verfügbarma- Anhand von Ertrags- und Wetterdaten (1982 – 2012) aus chung von anderen Nährstoffen als Stickstoff basieren. einem weiteren kanadischen Dauerversuch untersuchten So können Hülsenfruchtarten wie Weiße Lupine, Kicher- GAUDIN et al. (2015) die Ertragsstabilität einer Mais- erbse oder Ackerbohne über die Wurzelausscheidung Monokultur sowie von Fruchtfolgen mit Sojabohne und von organischen Säuren schwer verfügbaren Phosphor Luzerne als Hauptfrucht und Getreide mit Kleeuntersaa- mobilisieren (HOCKING, 2001, STEFFENS et al., 2005) und ten. Obwohl die Größenordnung der Fruchtfolgevorteile die Versorgung der Folgekulturen mit pflanzenverfüg- je nach Kultur, Wetterbedingungen und praktizierter barem Phosphor verbessern (NURUZZAMAN et al., 2005). Bodenbearbeitung variierte, nahm die Ertragsstabilität Leguminosenarten mit Pfahlwurzeln können zudem die von Mais und Sojabohnen in den vielfältigeren Frucht- Bodenstruktur verbessern sowie den Boden mit organi- folgen signifikant zu. Die Vorteile der diversifizierten schem Kohlenstoff anreichern (ROCHESTER et al., 2001; Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart ASLAM et al., 2003) und damit der Folgekultur einen grö- Gemenge oder als Vorfrucht nachweisen (CORDIS, Übersichtsarbeit ßeren Wurzeltiefgang ermöglichen (KAHNT, 2008). 2015). Im Rahmen des EU-Projekts PROLEGSO konnten Das EU-Projekt Legume Root Impact beschäftigte sich die Leguminosen Rotklee, Weißklee und Hornklee (Lotus mit dem zeitlichen Verlauf der Zersetzung von Wurzel- spp.) in Form von höheren Erträgen von Nicht-Legumi- systemen von Futtermischungen (Rot- und Weißklee) im nosen wie Deutschem Weidelgras (Lolium perenne L.), Boden. Dabei wurde festgestellt, dass die schneller Ruchgras (Anthoxanthum odoratum L.), Spitzwegerich abbaubare Blattmasse eine deutlich größere Rolle für (Plantago lanceolata L.) und Gewöhnlicher Schafgarbe den kurzfristigen Kohlenstoff- und Stickstoffumsatz im (Achillea millefolium L.) profitieren, die langsam wach- Boden spielt als die Wurzelmasse (CORDIS, 2014). sen und wenig Phosphor und Kalium aufnehmen. Der- Neben diesen direkt auf Fruchtfolgewirkungen ausge- artige Nicht-Leguminosen könnten den Boden für Legu- richteten Untersuchungen existieren Projektergebnisse minosen durch Förderung symbiontischer Organismen aus Arbeiten zur optimalen Einbindung klein- und groß- (Mycorrhiza-Pilze, Rhizobien) verbessern. körniger Leguminosen in Fruchtfolgen. Diese enthalten Der Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen Aussagen zur Vor- und Zwischenfruchtstellung auf ver- sind allerdings Grenzen gesetzt, da einige Arten auf- schiedenen Bodenarten und Angaben zu Möglichkeiten grund einer Selbstunverträglichkeit empfindlich auf ei- der organischen Düngung zu unterschiedlichen Legumi- nen zu häufigen Anbau reagieren. So konnten SCHMIDT nosenarten (KOLBE, 2009; SCHLATHÖLTER, 2015; SCHLAT- et al. (2014) in Untersuchungen auf ökologisch bewirt- HÖLTER & PETERSEN, 2015; BÖTTCHER & SCHMIDT, 2016; schafteten Praxisbetrieben zeigen, dass der Kornertrag PAHLMANN & KAGE, 2018; STUTE & SCHÄFER, 2018). Mit dem von weißblühenden Erbsen mit zunehmender Anbau- 495 Anbau legumer Winterzwischenfrüchte oder Zwischen- häufigkeit abnimmt. Sie leiteten aus den Ergebnissen fruchtmischungen können Nährstoffe vor Auswaschung für weißblühende Erbsen einen Anbauabstand von min- geschützt und Unkräuter unterdrückt werden. Von Vor- destens 9 – 10 statt der bislang empfohlenen 5 – 6 Jahre teil ist dabei die Verwendung abfrierender Zwischen- ab. Grund dafür sind die zum sogenannten Ascochy- früchte. Soll der Frühjahrsaufwuchs genutzt werden, ta-Komplex der Erbse (Fuß- und Brennfleckenkrankhei- sind mögliche Einschränkungen in der Wasserversor- ten) gehörenden bodenbürtigen Schaderreger wie z. B. gung für die Zweitfrucht zu berücksichtigen (BÖTTCHER & Mycoshaerella pinoides und Phoma medicaginis (KRAFT & SCHMIDT, 2016). Mehrfeldrige Fruchtfolgen können posi- PFLEGER, 2001; FINCKH et al., 2015), die im Boden zum tive Effekte auf Stickstoffeffizienz und -bilanz ausüben, Teil eine Überlebensdauer von mehr als zehn Jahren erschweren jedoch eine bedarfsgerechte Stickstoffdün- haben. Nach BRETAG et al. (2001) können sie Ertragsver- gung für einzelne Fruchtfolgefelder. luste von bis zu 75 % verursachen. Zudem können ein Als ein Nachteil von Fruchtfolgen mit Körnerlegumino- Teil dieser und anderer Schaderreger sowohl an Körner- sen führen NEMECEK et al. (2008) das erhöhte Nitrataus- als auch an Futterleguminosen auftreten (FINCKH et al., waschungspotential an, welches u. a. mit der symbionti- 2015). Die derzeit empfohlenen Anbauabstände für die schen Stickstofffixierung bzw. der schwer kalkulierbaren am häufigsten angebauten Leguminosenarten zeigt Mineralisierung von organisch gebundenem Stickstoff Tab. 1. zusammenhängt. Nach Ansicht der Autoren lässt sich Weitere Erkenntnisse zu Fruchtfolgewirkungen von dieses Problem durch den Einsatz von Zwischenfrüchten, Leguminosen sind zukünftig aus den im Rahmen des Pro- Winter-Körnerleguminosen oder einen Gemengeanbau gramms Horizon 2020 gestarteten neuen EU-Projekten reduzieren. zu erwarten. Diese beschäftigen sich mit der Schaffung Auch eine mehrjährige dänische Studie mit zwei öko- der Voraussetzungen für erfolgreiche Anbausysteme logischen und einer konventionellen Fruchtfolge mit und unter Nutzung von Klee (Trifolium spp.), Ackerbohne, ohne Einsatz von anaerob behandelter Gülle, Gründün- Linse (Lens culinaris MEDIK.), Lupine, Sojabohne, Kicher- gung [Luzerne oder Grasmischung mit Rotklee (Trifo- erbse (Cicer arietinum L.), Bohne (Phaseolus spp.), Körne- lium pratense L.) und Weißklee (Trifolium repens L.)] und rerbse, Luzerne (Medicago sativa L.) und Augenbohne Zwischenfrüchten (u. a. Erbse) weist Ergebnisse zur [Vigna unguiculata (L.) WALP.]. Einen weiteren Schwer- Nitratauswaschung aus (DE NOTARIS et al., 2018). Sowohl punkt bildet die Ermittlung der Vorteile von Artenmi- in den konventionellen als auch in den ökologischen Sys- schungen unter Einbeziehung von Leguminosen wie Kör- temen konnten legume und nicht-legume Zwischen- nererbse, Klee, Bockshornklee (Trigonella foenum-grae- früchte die Stickstoffauswaschung im vierten Zyklus des cum L.) und Wicke (Vicia spp.) zur Entwicklung diversifi- Fruchtfolgeexperiments um durchschnittlich 60 % redu- zierter und belastbarer Anbausysteme, die weniger von zieren. Beim ökologischen Anbau mit Körnerlegumino- externen Inputs abhängig sind (EU-Projekt ReMIX). Viel- sen erhöhte der Einsatz von Zwischenfrüchten auch die versprechend ist auch das im November 2018 gestartete Stickstoffproduktion um jährlich durchschnittlich 20 kg Thematic Network (H2020) Legumes Translated. Dieses N ha–1. Das Stickstoffauswaschungsrisiko war beim öko- hat zum Ziel, bestehendes Wissen zum Anbau von Kör- logischen Anbau mit Gründüngung (2-jährig gemulchtes nerleguminosen zu sammeln, Innovatoren im landwirt- Kleegras) höher als bei den anderen Anbausystemen. schaftlichen Bereich mit Wissenschaftlern zusammenzu- Neben den unterschiedlichen Wirkungen von Legumi- bringen und gemeinsam Praxisempfehlungen für den nosen auf Folgekulturen ließen sich umgekehrt auch Wir- Anbau von Körnerleguminosen zu entwickeln (MURPHY- kungen von Nicht-Leguminosen auf Leguminosen in BOKERN et al., 2019; CORDIS, 2020). Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Tab. 1. Empfohlene Anbaupausen für verschiedene Leguminosenarten. Quellen: DEMONETERBSEBOHNE (2020), KTBL (2013). Übersichtsarbeit Futterleguminosen Körnerleguminosen Art Jahre Art Jahre Seradella 1–2 Sojabohne 1–3 Weißklee 1–3 Ackerbohne, Lupine, Wicke, Linse 5–7 Alexandrinerklee, Perserklee 3–4 Grünfuttererbse (Peluschke) 5–9 Rotklee, Schwedenklee, Luzerne, Esparsette, 4–7 Erbse 6 – 10 Gelbklee, Inkarnatklee Pflanzenschutz erhebliche Schäden an Stängel, Hülsen und Samen ver- ursachen können. Der Aufgang und die Etablierung von Die erfolgreiche Produktion von Leguminosen hängt von Sojabohnenbeständen lassen sich derzeit durch den Ein- der Verfügbarkeit resistenter Sorten und der hinreichen- satz von Saatgutbehandlungen mit den Wirkstoffen Flu- den Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und -ver- dioxonil, Metalaxyl, Difenoconazol und Trifloxystrobin 496 fahren, der Überwachung der Zielorganismen sowie der sowie dem biologischen Präparat Clonostachys rosea ver- Feldhygiene ab (STODDARD et al., 2010). Während für bessern (XUE et al., 2007). Einige dieser Wirkstoffe wer- großflächig angebaute Kulturen hocheffiziente Pflanzen- den aber aufgrund einer Neubewertung durch die schutzmittel zur Verfügung stehen, ist die entsprechende EU-Kommission nach der Verordnung 1107/2009/EU in Verfügbarkeit für Leguminosen eher eingeschränkt. Ver- Zukunft nicht mehr verfügbar sein. Nach Angaben von gleichende Studien zu mitteleuropäischen Fruchtfolgen SHUXIAN & CHEN (2012) sind Resistenzquellen für die mit und ohne Leguminosen im Hinblick auf das Auftreten Züchtung verfügbar. von Schädlingen sind kaum verfügbar. Anhaltspunkte Versuche zur Bekämpfung der o. g. Krankheiten mit hierfür können häufig nur aus internationalen Studien biologischen Mitteln, Resistenzinduktoren und Pflanzen- abgeleitet werden (SILLERO et al., 2010). Das Auftreten extrakten hatten einen lediglich unbefriedigenden oder von typischen Leguminosenschädlingen wird durch die gar keinen Erfolg (STODDARD et al., 2010). Demgegenüber Häufigkeit des Leguminosenanbaus in einer Region gibt es erfolgversprechende Ansätze, dass Anthraknose beeinflusst, aber auch durch natürlich in Grünlandflä- (Abb. 5), hervorgerufen durch Colletotrichum spp., biolo- chen und an Ackerrändern vorkommende Leguminosen. gisch durch Clonostachys spp., Bacillus subtilis oder Pseu- Andere ackerbauliche Kulturen als Leguminosen werden domonas putida kontrolliert werden kann (TINIVELLA et von speziellen Leguminosenschädlingen im Allgemeinen al., 2009). nicht befallen. Tierische Schadorganismen Pilzliche Schadorganismen Nach Studien von HEIN (2006) ist der Verlust durch tie- Der Review von SILLERO et al. (2010) zum Auftreten von rische Organsimen höher zu bewerten als der durch Schadpathogenen sowie den Möglichkeiten der Bekämp- Schadpilze. Neben Schäden durch einen direkten Befall fung kommt zum Ergebnis, dass beim Anbau von groß- der Kulturpflanze muss auch die Funktion der Schäd- körnigen Leguminosen häufig die praktizierte Fruchtfol- linge als Virusvektoren (z. B. PNYDV übertragen durch ge und die Jahreswitterung in Verbindung mit den einge- Acyrthosiphon pisum) berücksichtigt werden (MÄNNEL et setzten Bodenbearbeitungsverfahren maßgeblich für das al., 2018). Befallsauftreten verantwortlich sind. In Fruchtfolgen mit Ursachen für zunehmende wirtschaftliche Schäden ist Zuckerrüben (Beta vulgaris ssp. vulgaris) oder Raps be- die fehlende Verfügbarkeit sowohl von wirksamen Insek- steht die Gefahr, dass bodenbürtige Schaderreger wie tiziden als auch von toleranten oder resistenten Sorten. Rhizoctonia spp. und Sclerotinia spp. im Bodensubstrat Nach derzeitigem Kenntnisstand wird die Zunahme der angereichert werden (NOACK, 2016). Aufgrund ihres wei- Insektizidresistenz (z. B. bei Blattläusen gegenüber Pyre- ten Wirtsspektrums können diese Schadorganismen zu throiden) die Möglichkeiten einer gezielten Bekämpfung einem kulturartübergreifenden Problem für die gesamte weiter deutlich mindern. Fruchtfolge werden. Daher gilt es, entsprechende Anbau- Ein spezifischer Schaderreger der Erbse ist der Erbsen- pausen einzuhalten (vgl. Tab. 1). wickler Cydia nigricana. Ein höherer Anteil an Erbsen- Die Verbreitung oder Übertragung von Fruchtfolge- feldern in der Landschaft fördert das Auftreten dieses krankheiten werden bei der Sojabohne derzeit als weni- Schaderregers (HUUSELA-VEISTOLA & JAUHIAINEN, 2006). ger bedeutsam eingeschätzt. Mit Diaporthe spp. und Pho- Dies gilt auch für weitere Leguminosenschädlinge, wenn mopsis spp. sind zwei wichtige Schadpilze aus anderen der Anteil der betroffenen Leguminosen in der Frucht- Anbauregionen der Welt bekannt (XUE et al., 2007), die folge zunimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bei der Sojabohne im Falle eines größerflächigen Anbaus Schwarze Bohnenblattlaus (Aphis fabae) neben der Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart (Bruchidae), Blattrandkäfern der Gattung Sitona und Übersichtsarbeit Blattnagern der Rüsselkäfergattung Hypera befallen. Polyphage Blattlausarten wie Myzus persicae können als Virusüberträger in verschiedenen Kulturen relevant sein. Bei länger auf der Fläche stehenden kleinkörnigen Legu- minosen (Klee, Luzerne) können Drahtwürmer (Larven der Elateridae) gefördert werden. Geprüft wurden in einigen Untersuchungen auch die Auswirkungen des „intercropping“, also dem Gemenge- anbau von Körnerleguminosen und z. B. Getreidearten. Dabei konnte vielfach eine Reduzierung des Blattlaus- befalls (Myzus persicae) in den Gemengevarianten (SEIDENGLANZ et al., 2011; BEDOUSSAC, 2009; GRONLE et al., 2014), bei Erbsenwicklern (Cydia nigricana) hingegen keine Unterschiede (GRONLE et al., 2014) festgestellt wer- den. Unkräuter/Ungräser Die Auswertung verfügbarer Studien in der Bekämpfung 497 von Unkräutern und Ungräsern zeigt, dass dieser Bereich bei der Etablierung der Leguminosen in einer betriebs- üblichen Fruchtfolge einen wesentlichen Einfluss hat. Insbesondere bei der Bekämpfung von Ungräsern haben die Körnerleguminosen aufgrund ihres langsamen Wachstums nur ein geringes Unkrautunterdrückungsver- mögen (BÖHM, 2014). Die Verfügbarkeit geeigneter Mit- tel ist sehr eingeschränkt und wird in manchen Praxisbe- trieben als Ausschlusskriterium für den Anbau von Legu- minosen gesehen. Studien der Offizialberatung zeigen, dass mechanische Verfahren wie Blindstriegeln, Blind- eggen und Reihenhacken gerade unter trockenen Boden- Abb. 5. Anthraknose an Weißer Lupine. bedingungen sehr effektiv sind (Abb. 6). Ein Teil der Maßnahmen kann unter Beachtung der Saatgutablage- tiefe bereits vor dem Feldaufgang erfolgen und so Wir- kungslücken nutzbarer Herbizide schließen. Hackgeräte Ackerbohne auch Nichtleguminosen wie die Rübe und in Kombination mit optischen Verfahren und digitalen verschiedene Wildpflanzen befällt, jedoch keine Erbsen. Erfassungs- und Steuerungseinheiten können höhere Kleinkörnige Leguminosen werden ebenfalls von spe- Wirkungsgrade erzielen (z. B. GERHARDS et al., 1998; zifischen Schadinsekten wie verschiedenen Samenkäfern HEINOLD et al., 2018; HEUSER et al., 2018). Abb. 6. Möglichkeiten der mechanischen Unkrautbekämpfung in Leguminosen. Links: Einsatz eines Rollstriegels in Blauen Lupinen; rechts: Einsatz eines Hackstriegels in Futtererbsen. Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart Biodiversität resultieren können. Im Folgenden gehen wir auf Auswir- Übersichtsarbeit kungen des Leguminosenanbaus auf bestäubende Insek- Die Nutzung von Körnerleguminosen wie Sojabohne ten, räuberische und pflanzenfressende Arthropoden oder Ackerbohne und Futterleguminosen wie Luzerne sowie Regenwürmer ein. und diverse Kleearten in ackerbaulichen Fruchtfolgen hat Trotz der bekannten Tragweite der Bestäubung als potenziell vielfältige Auswirkungen auf Ackerwildkräu- Ökosystemleistung (GALLAI et al., 2009), gibt es immer ter, Insekten und Wirbeltiere und damit auf die Biodiver- mehr Beweise für den Rückgang der Bestäuberzahlen auf sität in Agrarlandschaften (CASS et al., 2014; EVERWAND et der ganzen Welt (POTTS et al., 2010). Dieser Rückgang al., 2017). Generell bedeutet jede zusätzliche die Frucht- steht u. a. im Zusammenhang mit dem Verlust von folge erweiternde Ackerfrucht eine Erhöhung des Arten- Lebensräumen und Nahrungsressourcen (GOULSON et al., spektrums und damit der Komponente der genetischen 2015). Blühende Leguminosen (Abb. 7), welche eine Vielfalt innerhalb der Agrobiodiversität. Des Weiteren Nahrungsgrundlage für nektarsammelnde und bestäu- haben Leguminosen spezifische Eigenschaften, welche bende Insekten in Agrarlandschaften bieten, können hier sowohl ober- als auch unterirdisch Komponenten der Bio- förderlich wirken (WOODCOCK et al., 2014). Futterlegumi- diversität in ihrer Umgebung fördern können. Dazu nosen wie zum Beispiel Klee, Esparsette (Onobrychis gehören die Fähigkeit zur biologischen N-Fixierung, ein spp.), Wicken und Luzerne stellen Bestäubern ein reich- enges C/N-Verhältnis der Pflanzenbiomasse (AHER et al., haltiges Angebot an Blüten zur Verfügung. Das Blüh- 2017), extraflorale Nektarien (FREE, 1962) und eine von angebot von Körnerleguminosen hingegen ist geringer, Getreide abweichende Bestandsarchitektur (ABBO et al., sie lassen sich aber als Trachtpflanzen gezielt in Frucht- 498 2009). Durch ein großes Blütenangebot können Legumi- folgen einbauen (MINISTERIUM FÜR LÄNDLICHEN RAUM UND nosen, welche zur Blüte gelangen, ebenso wie Raps oder VERBRAUCHERSCHUTZ, 2019). Trachtpflanzen sind solche andere Massentrachten auch, generalistische Bestäuber- Pflanzen, die besonders reichhaltig an Nektar und Pollen arten in Agrarlandschaften fördern (WESTPHAL et al., sind und deshalb von Bienen für die Erzeugung von 2003). Dabei sind Leguminosen in ihren Nutzungsmög- Honig bevorzugt werden. Um Trachtlücken zu schließen, lichkeiten aber häufig vielseitiger als andere Kulturen. eignen sich neben den Futter- und Körnerleguminosen Neben dem Einsatz als Hauptfrucht können Legumino- als Hauptkulturen am besten Untersaaten im Getreide sen auch als Gründüngung, Zwischenfrucht und als Part- mit Weiß- und Inkarnatklee (Trifolium incarnatum L.). ner im Mischanbau vor allem mit Getreidekulturen Diese beiden Arten blühen, wenn der Raps und andere (Erbse/Gerste, Ackerbohne/Weizen u. a.) fungieren. Massentrachten (z. B. Obst) bereits verblüht sind (MINIS- Dadurch können sie sowohl zu einer räumlichen als auch TERIUM FÜR LÄNDLICHEN RAUM UND VERBRAUCHERSCHUTZ, zeitlichen Diversifizierung der Fruchtfolgen beitragen, 2019). BEYER et al. (2019) zeigten, dass Hummeln mit woraus differenzierte Einflüsse auf die Biodiversität langen Zungen häufiger in Landschaften mit Ackerboh- Abb. 7. Blütenvielfalt von Kör- nerleguminosen. Oben: Acker- bohne, Sojabohne, buntblühende Wintererbse, weißblühende Som- mererbse; unten: Blaue Lupine, Gelbe Lupine, Saatwicke und Platt- erbse (jeweils von links nach rechts). Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01 Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart nen vorkommen als in vergleichbaren Landschaften ohne rische Arthropoden konnte bis in die Folgekultur hinein Übersichtsarbeit Ackerbohnen. Dieser Effekt blieb auch nach der Blüte der nachgewiesen werden (BRUST et al., 1986). Neben sol- Ackerbohnen erhalten. Bei der Züchtung von Körnerle- chen Vorfruchteffekten können auch Nachbarschaftsef- guminosen wird bislang neben dem Ertrag die Fähigkeit fekte zum Tragen kommen. SCHULZ et al. (2019) zeigten, zur Selbstbestäubung der Pflanzen und nicht das Pollen- dass die Dichte von Blattlausmumien in Weizenfeldern, und Nektarangebot sowie eine angepasste Blütenform die an Ackerbohnenfelder angrenzten, höher war als in gefördert (PALMER et al., 2009), obwohl Studien gezeigt Feldern, die neben anderen Weizenfeldern lagen. Die haben, dass die Bestäubung durch Insekten sich sogar bei Dichte der Blattlausmumien weist auf die Parasitierungs- weitestgehend selbstbestäubenden Arten wie Sojabohne rate der Blattläuse hin. Gleichzeitig wurde die Dichte der oder Erbse positiv auf den Ertrag auswirken (CHIARI et al., herbivoren Insekten durch die Nachbarschaft zur Acker- 2005, MONASTEROLO et al., 2015, NAEEM et al., 2018). Auf bohne nicht erhöht. diese Weise bleibt viel Potenzial von Körnerleguminosen Regenwürmer (Lumbricidae) werden aufgrund ihrer zur Schließung von Trachtlücken und damit die Förde- essentiellen Rolle in Agrarökosystemen als Indikatoren rung von Ökosystemleistungen durch Bestäuber unge- für Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit verwendet nutzt. Dieser Nachteil müsste gegenüber möglichen öko- (BARTZ et al., 2013). Leguminosen beeinflussen sowohl nomischen Vorteilen der Selbstbestäubung abgewogen den Artenreichtum als auch die Aktivität von Regenwür- werden. Über den floralen Nektar hinaus bieten viele mern. Der Anbau von Futterleguminosen wie z. B. Klee Hülsenfrüchte extrafloralen Nektar, der nicht nur von Be- (Abb. 8) hatte sowohl im Gemisch im Grünland als auch stäubern, sondern auch von anderen nützlichen Arten im Zwischenfruchtanbau einen positiven Effekt auf die 499 wie parasitoiden Wespen (GÉNEAU et al., 2012) genutzt Aktivität und den Artenreichtum von Regenwürmern werden kann. (SCHMIDT et al., 2003; JORDAN et al., 2004; BIRKHOFER et Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein durch Le- al., 2011). Bei den Körnerleguminosen ergibt sich aus der guminosen verbessertes Stickstoff- und Eiweißangebot Literatur jedoch kein klares Bild. SMITH et al. (2005) der ganzen trophischen Kette zu Gute kommt. So profi- berichteten von höheren Regenwurmaktivitäten in tieren herbivore und omnivore Arthropoden direkt von Sojabohnen verglichen mit anderen Ackerkulturen. den stickstoff- und eiweißreichen Ernterückständen der ASHWORTH et al. (2017) wiederum präsentierten wider- Leguminosen (CASS et al., 2014). Ob dies zu einer einsei- sprüchliche Ergebnisse. In einem Feldexperiment fand tigen Förderung von Schädlingen oder auch zur Kontrol- sich in Sojabohnen eine höhere Aktivitätsdichte als im le dieser Schädlinge durch deren natürliche Feinde füh- Mais. In einem zweiten Feldexperiment hingegen för- ren kann, ist nicht abschließend geklärt. Nur wenige Ein- derte Mais die Regenwurmpopulation stärker als Soja- zelstudien sind derzeit hierzu verfügbar. Der Artenreich- bohne. tum der Laufkäfer (Carabidae) war in Schlägen mit Soja- Generell kann aus der bestehenden begrenzten Kennt- bohnenanbau tendenziell höher als in anderen Acker- nislage geschlussfolgert werden, dass die Integration von früchten wie Mais, Hafer, Sonnenblume (Helianthus an- Leguminosen in Fruchtfolgen die Biodiversität und die nuus L.) und Weizen (ELLSBURY et al., 1998; LARSEN et al., mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen potenziell för- 2003; O'ROURKE et al., 2008; DE LA FUENTE et al.; 2014; MO- dern kann. Eine positive Wirkung hängt jedoch auch von LINA et al., 2014). YOUNG & EDWARDS (1990) berichteten in der Art und Intensität der Bewirtschaftung der Kulturen einem Review-Artikel über einen signifikant erhöhten Ar- in den Fruchtfolgen ab. Fruchtfolgen mit Leguminosen tenreichtum bei Spinnen (Araneae) in Sojabohnen im sind im Hinblick auf Biodiversität und Ökosystemleistun- Vergleich zu vielen anderen Kulturarten wie Reis (Oryza gen noch sehr wenig erforscht. Dadurch fehlt es an Wis- sativa L.), Sorghumhirse [Sorghum bicolor (L.) sen über den Einfluss von Leguminosen unter spe- MOENCH], Mais und Zuckerrohr (Saccharum officinar- zifischen Standortbedingungen (z. B. Niederschlags- um L.). Einzig bei anderen Leguminosen (insbesondere menge, Lufttemperatur, Bodenwassergehalt, Bodenart) mehrjährigen) zeigte sich ein höherer Artenreichtum und im Zusammenwirken mit pflanzenbaulichen Maßnah- eine höhere Aktivität als bei Sojabohnen. Diese Bezie- men auf verschiedene Organismengruppen. Für keine hung wurde in einer wissenschaftlichen Studie näher un- der Leguminosenarten in Fruchtfolgen liegen bislang tersucht, in der die Luzerne als ein- oder mehrjährige ausreichend belastbare Kenntnisse vor, um gesicherte Kultur mit der einjährigen Sojabohne verglichen wurde. Aussagen über deren Einfluss auf die Biodiversität und Es zeigten sich in Luzerne ab dem zweiten Jahr stets eine Ökosystemleistungen in mitteleuropäischen Ackerbau- höhere Aktivität und ein gesteigerter Artenreichtum bei systemen treffen zu können. Spinnen als in Sojabohnen (CULIN & YEARGAN, 1983a und 1983b). CASS et al. (2014) führten in einem Bericht zum Einfluss von Leguminosen auf die Biodiversität zahlrei- Klimaschutz che Quellen auf, die den positiven Einfluss des Legumi- nosenanbaus (besonders Sojabohne, Luzerne, Lupine Die Treibhausgasbilanz im Ackerbau wird überwiegend und Klee) auf die Aktivität räuberischer Arthropoden so- vom Input an organischem Kohlenstoff und Stickstoff wie auf parasitoide Wespen zeigten (CURRY, 1986; OSLER sowie synthetischem Stickstoff bestimmt. Es gibt dabei et al., 2000; HOOKS & JOHNSON, 2001; MIDEGA et al., vier wesentliche Pfade, durch die Treibhausgasemissio- 2009). Der förderliche Effekt von Sojabohnen auf räube- nen freigesetzt werden können: Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
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