Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...

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Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                                                                                                                                                                Übersichtsarbeit
                  Herwart Böhm1, Jens Dauber2, Marcel Dehler3, Daniel A. Amthauer Gallardo2, Thomas de Witte3, Roland Fuß4,
                    Frank Höppner5, Maren Langhof5, Nadja Rinke1, Bernd Rodemann6, Gerhard Rühl5, Siegfried Schittenhelm5

                                                                        Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen:
                                                                                                     ein Review
                                                                                                          Crop rotations with and without legumes:
                                                                                                                                           a review
                                                                                                                                                                  489

Zusammenfassung                                                                Stichwörter: Leguminosen, Fruchtfolgen, Pflanzenbau,
                                                                               Pflanzenschutz, ökologischer Landbau, Biodiversität,
Leguminosen sind im ökologischen Landbau aufgrund                              Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit, Forschungsbedarf
ihrer Fähigkeit zur Luftstickstofffixierung unverzichtbar
für die Stickstoffversorgung der Ackerkulturen und die
Proteinversorgung der Nutztiere. Im konventionellen                            Abstract
Anbau bieten Leguminosen die Möglichkeit, die häufig
getreideintensiven Fruchtfolgen aufzulockern. Eine der                         In organic farming, legumes are indispensable for the
wichtigsten Wirkungen dieses Break-crop-Effekts ist das                        nitrogen supply of arable crops and the protein supply
Durchbrechen des Lebenszyklus von fruchtartenspezifi-                          of livestock due to their ability to fix atmospheric nitro-
schen Pathogenen und der damit verbundenen Einspa-                             gen. In conventional farming, legumes offer the poten-
rung von Pflanzenschutzmitteln. Die vorliegende Über-                          tial to break the often cereal-intensive crop rotations.
sichtsarbeit stellt den derzeitigen Stand des Wissens zu                       One of the most important consequences of the
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen zusammen.                                break-crop effect is the interruption of the life cycle of
Dabei werden ackerbauliche, ökologische und ökonomi-                           crop-specific pathogens and the associated savings of
sche Wirkungen des Anbaus groß- und kleinkörnig Legu-                          pesticides. This review summarizes the current state of
minosenarten als Haupt- oder Zwischenfrüchte bzw.                              knowledge on crop rotations with and without legumes.
Untersaaten oder als Komponenten in Gemengen dar-                              It presents and evaluates the agronomic, ecological and
gestellt und bewertet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf                         economic effects of the cultivation of large- and
relevanten Publikationen in wissenschaftlichen Journa-                         small-seeded legume species as main or catch crops,
len sowie Praxis- und Forschungsberichten der Jahre                            when undersown in other crops, or used as components
2010 – 2020 die in Deutschland oder vergleichbaren kli-                        in mixtures. The focus is on relevant publications in sci-
matischen Bedingungen durchgeführt wurden. Abschlie-                           entific journals as well as practice and research reports
ßend wird daraus der notwendige Forschungsbedarf für                           published between 2010 and 2020 which were carried
die Themenbereiche Pflanzenbau (konventionell und                              out in Germany or under comparable climatic condi-
ökologisch), Pflanzenschutz, Ökonomie, Ökologie und                            tions. Finally, essential research needs in the areas of
Klimaschutz abgeleitet.                                                        crop production (conventional and organic), crop pro-

  Affiliationen
  1 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Ökologischen Landbau, Trenthorst
  2 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Biodiversität, Braunschweig
  3 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Betriebswirtschaft, Braunschweig
  4 Johann Heinrich von Thünen-Institut, Institut für Agrarklimaschutz, Braunschweig
  5 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut   für Pflanzenbau und Bodenkunde,
  Braunschweig
  6 Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und
  Grünland, Braunschweig
  Kontaktanschrift
  Dr. Siegfried Schittenhelm, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Pflanzenbau
  und Bodenkunde, Bundesallee 58, 38116 Braunschweig, E-Mail: siegfried.schittenhelm@julius-kuehn.de
  Zur Veröffentlichung angenommen
  23. Juli 2020
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                    tection, economics, ecology, and climate protection are                             (RÜHL et al., 2009). Leguminosen sind aufgrund ihrer Fä-
 Übersichtsarbeit

                    identified.                                                                         higkeit zur Luftstickstofffixierung als Stickstoffinputquel-
                                                                                                        le für den Betriebskreislauf sowie als Basis für die heimi-
                    Key words: Legumes, crop rotations, plant production,                               sche Proteinversorgung in der Tierhaltung grundsätzlich
                    plant protection, organic farming, biodiversity,                                    unverzichtbar, insbesondere im ökologischen Landbau.
                    climate protection, economics, research needs                                       Im konventionellen Anbau werden Leguminosen als eine
                                                                                                        Möglichkeit gesehen, die vorwiegend getreidebasierten
                                                                                                        Fruchtfolgen aufzulockern. Die gezielte Nutzung von
                    Einleitung                                                                          Vorfruchteffekten bringt dem Landwirt vielfältige Vor-
                                                                                                        teile (CHRISTEN, 2001; ANDERT et al., 2018; HENNE et al.,
                    In Anlehnung an CASTELLAZZI et al. (2008) definieren wir                            2018).
                    Fruchtfolgen (Rotationen) als zyklisch wiederkehrende                                  Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass
                    Abfolgen von Kulturpflanzenarten auf derselben Fläche.                              verschiedene ackerbauliche Probleme durch die Diversi-
                    Fruchtfolgen sind zentraler Bestandteil von Anbausyste-                             fizierung der Fruchtfolgen mit Leguminosen gelöst oder
                    men. Letztere beinhalten darüber hinaus auch Manage-                                zumindest abgemildert werden könnten (DAFA, 2012).
                    mentaktivitäten wie beispielsweise Bodenbearbeitung,                                Für die Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen
                    Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte (VEREIJKEN,                              werden als positive Aspekte neben der Bindung von Luft-
                    1997). Über die Auswahl der Fruchtfolgefelder als kleins-                           stickstoff und der Förderung der biologischen Vielfalt
                    ter Gliederungseinheit der Fruchtfolge entscheiden die                              auch die Durchbrechung des Lebenszyklus von fruchtar-
490
                    Nachfrage der Verbraucher, Deckungsbeiträge, agrarpo-                               tenspezifischen Pathogenen, die Verfügbarmachung von
                    litische Förder- und Marktordnungsmaßnahmen sowie                                   Phosphor und anderer Nährstoffe sowie die Verbesse-
                    zunehmend auch der Klimawandel. Seit längerer Zeit                                  rung der Bodenstruktur und des Wasser- und Luft-
                    sind in Deutschland vereinfachte, weniger diverse                                   haushaltes des Bodens genannt (CASS et al., 2014; DAFA,
                    Fruchtfolgen Realität, wobei der Anteil der Getreidear-                             2012; EVERWAND et al., 2017; FINCKH et al., 2015; CONGRE-
                    ten, insbesondere der von Winterweizen (Triticum aesti-                             VES et al., 2015; STEFFENS et al., 2005).
                    vum L.) und Mais (Zea mays L.), einseitig zu Lasten der                                In neueren Studien konnten weitere Erkenntnisse zur
                    Blattfrüchte zugenommen hat (STEINMANN & DOBERS,                                    phytopathologischen Situation einschließlich der Ablei-
                    2013; STEIN & STEINMANN, 2018). Die vier wichtigsten Kul-                           tung von Anbaupausen, Nährstoffversorgung und Dün-
                    turarten Winterweizen, Mais, Wintergerste (Hordeum                                  gung, Unkrautregulierung sowie zu neuen Anbauverfah-
                    vulgare L.) und Winterraps (Brassica napus L.) haben                                ren unter Berücksichtigung des Gemengeanbaus bei re-
                    einen Anteil an der Ackerfläche von fast 70 % (DESTATIS,                            duzierter Bodenbearbeitung bis hin zur Direktsaat nach
                    2019a); in einigen Landkreisen kann der Anteil sogar                                entsprechenden Vorfrüchten gewonnen werden (KÖPKE
                    deutlich darüber liegen. Die heute verbreiteten „simplifi-                          et al., 2011; WILBOIS et al., 2013; BÖHM et al., 2014; KÖPKE
                    zierten“ Fruchtfolgen sind auch Ergebnis der Aufgabe des                            et al., 2016). Die Ergebnisse aus weiterführenden Versu-
                    landwirtschaftlichen Gemischtbetriebs, d. h. der räumli-                            chen zum Gemengeanbau ermöglichten kulturart- und
                    chen und organisatorischen Trennung von Feld- und                                   standortspezifische Empfehlungen für den ökologischen
                    Viehwirtschaft (KÖPKE, 2013).                                                       Landbau (BÖHM et al., 2013). Allerdings weisen die Stu-
                       Es gibt viele pflanzenbauliche Gründe, diese engen                               dien auch darauf hin, dass die meisten Leguminosen
                    Fruchtfolgen wieder mit Blattfruchtarten zu erweitern.                              empfindlich auf Selbstfolgen reagieren („Leguminosen-
                    Vielfältige Fruchtfolgen dienen u. a. dem Erhalt der                                müdigkeit“), weshalb größere Anbauabstände erforder-
                    Bodenfruchtbarkeit und der Nutzung phytosanitärer                                   lich sein können. Zudem treten einige Schaderreger
                    Effekte. So gehen mit zunehmender Getreidekonzentra-                                sowohl bei Körner- als auch Futterleguminosen auf
                    tion Probleme einher wie das verstärkte Auftreten von                               (FINCKH et al., 2015).
                    Pilzkrankheiten und Ungräsern [z. B. Ackerfuchs-                                       Als Voraussetzung für die verstärkte Integration von
                    schwanz (Alopecurus myosuroides Huds.) und Trespen                                  Leguminosenarten in Fruchtfolgen müssen noch beste-
                    (Bromus spp.)] sowie die zunehmende Resistenz von                                   hende Wissenslücken geschlossen werden. Zum allge-
                    Schaderregern gegenüber Insektiziden und von Ungrä-                                 meinen Forschungsbedarf bei Leguminosen existieren
                    sern gegenüber Graminiziden (DEGNER, 2013).                                         bereits verschiedene Stellungnahmen, welche nicht an
                       Für diese wünschenswerte Erweiterung der Fruchtfol-                              Aktualität verloren haben. Dazu gehören das Fachge-
                    gen bieten sich insbesondere Leguminosenarten an.                                   spräch „Anbau und Züchtung von Leguminosen in
                    Diese werden vorwiegend als Sommerungen angebaut.                                   Deutschland“ (WEHLING, 2009), das DAFA-Fachforum
                    Es existieren auch Winterformen von Erbse, Ackerbohne                               Leguminosen (DAFA, 2012) und der Bericht von ZERHU-
                    und Lupine, die jedoch noch züchterisch besser an unsere                            SEN-BLECHER & SCHÄFER (2013). Studien, die auf den
                    Klimabedingungen angepasst werden müssen. Legumi-                                   direkten Vergleich von Fruchtfolgen mit und ohne Legu-
                    nosen werden vorwiegend in Form von Körnern oder                                    minosen fokussieren und dabei einen oder mehrere
                    Ganzpflanzen als Tierfutter eingesetzt. Bei den Körner-                             Fruchtfolgezyklen umfassen, wurden bisher nicht veröf-
                    leguminosen verbleibt das Stroh auf dem Acker. Einige                               fentlicht. Die Wirkungen des Anbaus von Leguminosen
                    Arten besitzen ein tiefreichendes Wurzelsystem, verbes-                             wurden zumeist nur für die direkte Folgekultur geprüft
                    sern die Bodenstruktur und gelten als humusmehrend                                  (PREISSEL et al., 2015; CERNAY et al., 2018).

                                                                                                                                              Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

  Ziel des vorliegenden Reviews ist es, einen Überblick                                     bau nahm dagegen von 31 % im Jahr 2014 auf etwa 24 %

                                                                                                                                                                             Übersichtsarbeit
über den derzeitigen Stand des Wissens zu Wirkungen                                         im Jahr 2018 ab, wobei die Flächenentwicklung bei ein-
der Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen zu                                          zelnen Leguminosenarten sehr unterschiedlich verlief
geben, die Befunde kritisch zu bewerten sowie bestehen-                                     (Abb. 2). Diese Zahlen zeigen, dass der Flächenzuwachs
den Forschungsbedarf abzuleiten. Dieser Review basiert                                      insbesondere im konventionellen Bereich erfolgte.
auf einer vom Bundesministerium für Ernährung und                                              Nicht berücksichtigt wurden die im Gemenge ange-
Landwirtschaft (BMEL) im Jahr 2018 beim Thünen-Insti-                                       bauten Körnerleguminosen. Der Gemengeanbau in
tut und Julius Kühn-Institut in Auftrag gegebenen Studie.                                   Deutschland umfasste im Jahr 2018 100.900 ha, wovon
In dieser Studie wurden ackerbauliche, ökologische und                                      41.000 ha auf den ökologischen Landbau entfielen
ökonomische Gesichtspunkte des Anbaus groß- und                                             (SCHAACK et al., 2019). Auch der Anbau von kleinkörni-
kleinkörnig Leguminosenarten als Haupt- oder Zwischen-                                      gen bzw. Futterleguminosen nahm in den letzten Jahren
kultur bzw. Untersaat oder als Komponenten in Gemen-                                        leicht von 246.000 ha im Jahr 2010 auf 283.300 ha im
gen berücksichtigt. Der Schwerpunkt des Reviews liegt                                       Jahr 2018 zu. Im Jahr 2018 standen davon 34 %, d. h.
auf Studien und Forschungsansätzen, die in den letzten                                      96.000 ha, im ökologischen Landbau (SCHAACK et al.,
zehn Jahren durchgeführt wurden. Am Ende des Reviews                                        2019).
wird der Forschungsbedarf für die Themenbereiche                                               Das zentrale Problem der Körnerleguminosen besteht
Pflanzenbau (konventionell und ökologisch), Pflanzen-                                       darin, dass bei ihnen (mit Ausnahme der Sojabohne), im
schutz, Biodiversität, Klimaschutz und Ökonomie aufge-                                      Gegensatz zu den etablierten Fruchtarten, die Liefer-
zeigt.                                                                                      ketten und Märkte nicht ausreichend entwickelt sind
                                                                                                                                                                               491
                                                                                            (MEYNARD et al., 2013). Aufgrund ihrer geringen Markt-
                                                                                            bedeutung werden Körnerleguminosen nicht oder nur
Anbaubedeutung von Leguminosen                                                              unzureichend züchterisch bearbeitet, es mangelt an In-
                                                                                            novationen und an einem im Hinblick auf die Integration
Trotz einiger Förderprogramme auf verschiedenen poli-                                       in Fruchtfolgen notwendigen angepassten Stickstoff-
tischen Ebenen (Länder/Universitäten, Bund, EU) nahm                                        management (MAGRINI et al., 2016). Ansätze gegenläu-
die Anbaufläche von Körnerleguminosen in Deutschland                                        figer Trends sind allerdings auch zu erkennen. So war im
und Europa in den vergangenen Jahren nach zwischen-                                         Jahr 2017 in Deutschland ein neuer Höchststand der
zeitlichen kurzfristigen Zunahmen immer wieder ab und                                       Anbaufläche für Körnerleguminosen zu verzeichnen. Die
liegt derzeit auf niedrigem Niveau. Seit Einführung des                                     Anbauflächen von Ackerbohne, Sojabohne und Süß-
Greening hat sich der Anbau der Körnerleguminosen                                           lupine (Abb. 3) nahmen leicht zu (Abb. 1). Klar erkenn-
Ackerbohne (Vicia faba L.), Erbse (Pisum sativum L.),                                       bar ist aber auch die Abhängigkeit des Leguminosenan-
Lupine (Lupinus spp.) und Sojabohne [Glycine max (L.)                                       baus von agrarpolitischen Fördermaßnahmen. Nachdem
MERR.] in Deutschland von 83.600 ha (2014) auf                                              aufgrund geänderter Förderbedingungen auf Greening-
174.000 ha (2019) mehr als verdoppelt (DESTATIS, 2015;                                      Flächen keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt wer-
DESTATIS, 2019b) (Abb. 1).                                                                  den durften, ging die Anbauflächen von Erbsen und Lupi-
   Dennoch entspricht die gegenwärtige Leguminosenan-                                       nen im Anbaujahr 2018 umgehend zurück.
baufläche weniger als 1,5 % der gesamten Ackerfläche.                                          Körnerleguminosen können im konventionellen Anbau
Der Anteil an Körnerleguminosen im ökologischen Land-                                       problematisch werden, weil ihre N-Fixierleistung auf-

                  200,000
                  180,000                         Sojabohnen
                  160,000                         Lupinen
                  140,000                         Ackerbohnen
Anbaufläche (ha)

                  120,000                         Erbsen
                  100,000
                   80,000
                   60,000                                                                                                             Abb. 1. Anbaufläche der Körner-
                                                                                                                                      leguminosen Futtererbse, Acker-
                   40,000                                                                                                             bohne, Lupine und Sojabohne in
                                                                                                                                      Deutschland in den Jahren 2010 –
                   20,000                                                                                                             2019. Eigene Darstellung; Quelle:
                       0                                                                                                              Statistisches Jahrbuch über Er-
                                                                                                                                      nährung, Landwirtschaft und
                        2010       2011       2012      2013       2014       2015      2016       2017       2018      2019          Forsten (verschiedene Jahrgänge),
                                                                        Jahr                                                          Hrsg.: Bundesministerium für Er-
                                                                                                                                      nährung und Landwirtschaft.

Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01          Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                                                             60
 Übersichtsarbeit

                                                                           Erbsen          Ackerbohnen          Lupinen        Sojabohnen
                      Anteil Öko-Fläche an Gesamläche (%)

                                                             50
                                                                                                                                                       Abb. 2. Anteil ökologisch an-
                                                                                                                                                       gebauter Körnerleguminosen an
                                                             40                                                                                        der jeweiligen Gesamtanbauflä-
                                                                                                                                                       che in Deutschland im Zeitraum
                                                                                                                                                       von 2010 – 2018. Eigene Darstel-
                                                             30                                                                                        lung; Quellen: Statistisches Jahr-
                                                                                                                                                       buch über Ernährung, Landwirt-
                                                                                                                                                       schaft und Forsten (verschiedene
                                                             20                                                                                        Jahrgänge), Hrsg.: Bundesminis-
                                                                                                                                                       terium für Ernährung und Land-
                                                                                                                                                       wirtschaft; AMI Markt Studie –
                                                                                                                                                       Strukturdaten im ökologischen
                                                             10                                                                                        Landbau in Deutschland (ver-
                                                                                                                                                       schiedene Jahrgänge), Hrsg.: Ag-
                                                                                                                                                       rarmarkt Informations-Gesell-
                                                              0                                                                                        schaft mbH (AMI); AMI Markt Bi-
                                                                                                                                                       lanz Öko-Landbau (verschiedene
                                                                   2010     2011     2012       2013    2014   2015   2016    2017    2018             Jahrgänge), Hrsg.: Agrarmarkt In-
492                                                                                                    Jahr                                            formations-Gesellschaft      mbH
                                                                                                                                                       (AMI).

                    grund der 2017 novellierten Düngeverordnung (DÜV,                                                 inputquellen für den Betriebskreislauf unverzichtbar.
                    2017) und der Stoffstrombilanzverordnung (STOFFBILV,                                              Insbesondere Futter- und Körnerleguminosen bilden die
                    2017) als Stickstoffzufuhr in die Bilanz aufgenommen                                              Basis für die Proteinversorgung in der Tierhaltung. Hier-
                    werden muss. Bei hohen Körnerleguminosenerträgen                                                  aus resultieren in der Regel vielseitige und mehrfeldrige
                    sind hohe Bilanzüberschüsse auszuweisen, wodurch sich                                             Fruchtfolgen mit Leguminosen im ökologischen Land-
                    die gesamte Fruchtfolgebilanz verschlechtert (PAHLMANN                                            bau. Deren Bedeutung in der Fütterung führt außerdem
                    et al., 2018).                                                                                    zu einer höheren ökonomischen Bewertung der Legumi-
                       Eine Sonderstellung unter den Körnerleguminosen                                                nosen im Vergleich zum konventionellen Anbau. Hohe
                    nimmt die Sojabohne ein. Obgleich ihrem Anbau in Europa                                           Anteile an Leguminosen in Fruchtfolgen können aber
                    klimatische Grenzen gesetzt sind, wird der Sojabohne,                                             auch zu phytopathologischen Problemen führen. Im öko-
                    insbesondere nicht gentechnisch veränderten Sorten, ein                                           logischen Landbau geht es somit nicht um die Frage
                    beträchtliches Flächenentwicklungspotenzial zuge-                                                 „Fruchtfolgen mit oder ohne Leguminosen“, sondern um
                    schrieben (DE VISSER et al., 2014). So wurden und werden                                          die Wirkung von Leguminosen auf nicht-legume Folge-
                    neue Sorten entwickelt, die auch in kühleren Regionen                                             früchte sowie eine nachhaltige Integration von Legumi-
                    mit kürzerer Vegetationszeit und geringeren Wärmesum-                                             nosen in Fruchtfolgen ohne negative phytopathologische
                    men angebaut werden können (ZIMMER et al., 2016).                                                 Nebenwirkungen.
                       Im ökologischen Landbau sind Leguminosen aufgrund
                    ihrer Fähigkeit zur Luftstickstofffixierung als Stickstoff-
                                                                                                                      Pflanzenbau

                                                                                                                      In den Jahren 2010 – 2020 wurden vielfältige pflanzen-
                                                                                                                      bauliche Studien mit unterschiedlichen Leguminosenar-
                                                                                                                      ten durchgeführt und neu begonnen. Neben spezifischen
                                                                                                                      Untersuchungen an ausgewählten Arten in Reinsaat und
                                                                                                                      Gemenge sind insbesondere die Demonstrationsnetzwer-
                                                                                                                      ke Sojabohne (www.sojafoerderring.de), Erbse/Bohne
                                                                                                                      (www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de) und Lupine
                                                                                                                      (www.lupinen-netzwerk.de) hervorzuheben, welche
                                                                                                                      u. a. den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen
                                                                                                                      Forschung, Beratung und Praxis fördern sollen. An diese
                                                                                                                      Demonstrationsnetzwerke wurden Forschungs- und Ent-
                                                                                                                      wicklungsvorhaben wie z. B. das BLE-geförderte Projekt
                                                                                                                      RELEVANT (Regulierende Ökosystemleistungen in Frucht-
                                                                                                                      folgen mit Ackerbohne und Erbse: Quantifizierung,
                                                                                                                      Bewertung und Realisierung; vgl. Kapitel Biodiversität)
                    Abb. 3.                                  Sortenprüfung der Blauen Lupine.                         angegliedert (SCHULZ et al., 2019).

                                                                                                                                                     Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

  Im Rahmen interdisziplinär ausgerichteter Verbund-                            nosen aufgrund des relativ geringen Schwefelbedarfes

                                                                                                                                                                 Übersichtsarbeit
vorhaben wurden wichtige Fragestellungen des Körner-                            nur selten einen positiven Effekt auf Ertrag und Qualität
leguminosenanbaus im ökologischen Landbau aufgegrif-                            hat (SCHMIDTKE & LUX, 2015; GRUBER & WEGNER, 2017).
fen und bearbeitet (KÖPKE et al., 2011; WILBOIS et al.,                         Futterleguminosen reagieren deutlich positiv auf die
2013; BÖHM et al., 2014; KÖPKE et al., 2016). So konnten                        Schwefeldüngung, weil die N-Fixierleistung erhöht und
temporäre Direktsaatverfahren für Ackerbohnen in Hafer-                         damit der Vorfruchtwert gesteigert wird (FISCHINGER et
Strohmulch etabliert werden, wobei diese bei geringem                           al., 2011; BECKER et al., 2013; BÖHM, 2016).
Druck durch perennierende Unkrautarten ohne wirt-                                  Für die pflanzenbauliche Beurteilung der Wirkung
schaftliche Ertragseinbußen möglich sind (KÖPKE et al.,                         einer Eingliederung von Leguminosen in Fruchtfolgen ist
2011). Auch Untersuchungen zur reduzierten Boden-                               es zweckmäßig, zwischen dem Stickstoffeffekt und dem
bearbeitung in Gemengeanbausystemen mit Wintererb-                              Break-crop-Effekt zu unterscheiden (JENSEN, 2006).
sen (Abb. 4) zeigten keine Unterschiede in der Unkraut-                         Beide Effekte zusammen machen den Vorfruchtwert von
unterdrückung im Vergleich zur Pflugbearbeitung. Die                            Körnerleguminosen aus. Im Gegensatz zum legumino-
untersuchten Gemengevarianten wiesen im Vergleich zu                            senspezifischen Stickstoffeffekt ist der Break-crop-Effekt
den Reinsaaten mit Wintererbsen einen deutlich geringe-                         nicht an Leguminosen gebunden, sondern Ergebnis der
ren Blattlausbefall auf (GRONLE et al., 2014). Dies konnte                      Unterbrechung monotoner Fruchtfolgen. Man könnte
auf geringe N-Gehalt der im Gemenge angebauten Erb-                             den Break-crop-Effekt deshalb auch als Diversifizierungs-
sen zurückgeführt werden. Dabei lieferte der Gemenge-                           effekt bezeichnen, welcher sich auch mit Blattfrüchten
anbau einer normalblättrigen Sorte höhere Erträge als                           wie z. B. Raps erzielen lässt. Eine der wichtigsten Folgen
                                                                                                                                                                   493
eine halbblattlose Sorte in Reinsaat und im Gemenge                             des Break-crop-Effekts ist das Durchbrechen des Lebens-
(GRONLE et al., 2015).                                                          zyklus von fruchtartenspezifischen Pathogenen, wodurch
  Untersuchungen an Körner- und Futterleguminosen                               eine Einsparung von Pflanzenschutzmitteln ermöglicht
zeigten, dass eine Schwefeldüngung bei Körnerlegumi-                            wird (MUNIER-JOLAIN & COLLARD, 2006). Besonders groß
                                                                                sind die Vorteile der Einführung von Körnerleguminosen
                                                                                in Anbausystemen mit einem hohen Getreideanteil.
                                                                                Dagegen lässt sich in Regionen mit bereits vielgestaltigen
                                                                                Fruchtfolgen (z. B. in der Schweiz) durch die Aufnahme
                                                                                von Körnerleguminosen in die Fruchtfolge häufig über-
                                                                                haupt kein Break-crop-Effekt erzielen (NEMECEK et al.,
                                                                                2008). Es gibt auch Hinweise darauf, dass die direkte
                                                                                Vorfrucht einen größeren Einfluss auf die Ertragshöhe
                                                                                der Nachfrucht hat als die gesamte vorangegangene
                                                                                Rotation, dass also der Vorfruchteffekt größer ist als die
                                                                                Fruchtfolgewirkung (GREEF et al., 2004).
                                                                                   Die positive Wirkung von Körnerleguminosen auf die
                                                                                Erträge der Nachfrüchte bestätigen zwei neuere Meta-
                                                                                Studien (PREISSEL et al., 2015; CERNAY et al., 2018). Die
                                                                                Auswertung des insgesamt 15 Länder umfassenden welt-
                                                                                weiten Datenmaterials aus internationalen Peer-review-
                                                                                Journalen ergab, dass der Ertrag von Getreide nach Kör-
                                                                                nerleguminosen durchschnittlich um 29 % höher war als
                                                                                der Ertrag von Getreide nach Getreide (CERNAY et al.,
                                                                                2018). Die positive Wirkung von Körnerleguminosen
                                                                                nahm allerdings mit zunehmender Stickstoffdüngung
                                                                                zur Getreidenachfrucht ab und war oberhalb von 150 kg
                                                                                N ha–1 sogar vernachlässigbar gering. Dieser kritische
                                                                                Wert von 150 kg N ha–1 wird in konventionellen europä-
                                                                                ischen Getreideanbausystemen häufig überschritten.
                                                                                Auch PREISSEL et al. (2015) zeigten erhöhte Erträge von
                                                                                Getreide nach Körnerleguminosen von 0,5 bis 1,6 t ha–1,
                                                                                wobei die Mehrerträge durch eine Leguminosenvor-
                                                                                frucht ebenfalls bei niedriger Stickstoffdüngung zu den
                                                                                nachfolgenden Kulturen am höchsten ausfielen. Dieser
                                                                                Mehrertrag war jedoch nur geringfügig größer als bei
                                                                                Wahl einer anderen Blattvorfrucht wie Raps oder Son-
                                                                                nenblume. Prinzipiell ließen sich also durch die Ein-
                                                                                führung von Körnerleguminosen in Fruchtfolgen hohe
Abb. 4. Gemengeanbau von Weißer Wintererbse und Wintertriti-                    Getreideerträge auch bei deutlich reduziertem Stickstoff-
cale.                                                                           einsatz erzielen.

Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen: ein Review - weitere ...
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                       BRAUN et al. (2014) verglichen unterschiedlich umfang-                           Fruchtfolge kamen besonders unter ungünstigen Wetter-
 Übersichtsarbeit

                    reiche Fruchtfolgen mit und ohne Leguminosen und Zwi-                               bedingungen (kühl-feucht, trocken-heiß) zum Tragen.
                    schenfrüchten (einen Marktfruchtbetrieb, einen Vered-                               Insgesamt zeigte die Studie, dass vielfältigere Fruchtfol-
                    lungsbetrieb mit Biogasanlage sowie einen optimierten                               gen zu einer erhöhten Ertragsstabilität von Getreide bei-
                    Klimabetrieb mit Biogasanlage) hinsichtlich ihrer Wir-                              tragen.
                    kung auf das Klima. Bei der erweiterten Fruchtfolge des                                Ein weiteres langjähriges und dreiortiges Fruchtfolge-
                    optimierten Klimabetriebs ergaben sich für die dort ange-                           experiment wurde 1997 in Dänemark mit zwei ökologi-
                    baute Wintergerste deutliche Ertragsvorteile durch die                              schen und einer konventionellen Fruchtfolge mit und
                    Vorfrucht Ackerbohne (RÖPER et al., 2017). Hier ist aller-                          ohne Einsatz von anaerob behandelter Gülle, Gründün-
                    dings zu beachten, dass die Ackerbohne erhöhte                                      gung (Luzerne oder Grasmischung mit Rot- und Weiß-
                    Herbst-Nmin-Werte hinterlässt. In einem Langzeitversuch                             klee) und Zwischenfrüchten (u. a. Erbse) begonnen
                    (1988 – 2001) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel                           (DE NOTARIS et al., 2018). Für die ersten drei Fruchtfolge-
                    wurden in Norddeutschland insgesamt 15 verschiedene                                 zyklen (1997 – 2008) zeigte die Fruchtfolge Sommer-
                    Fruchtfolgen verglichen, welche Winterraps, Winterwei-                              gerste – Kleegras (gemulcht) – Kartoffel – Weizen im drit-
                    zen, Wintergerste, Erbsen und Hafer (Avena sativa L.) be-                           ten Zyklus mit integrierter Gründüngung an allen Stand-
                    inhalteten (SIELING & CHRISTEN, 2015). Im Anschluss an                              orten tendenziell zunehmende Trockenmasseerträge
                    den Fruchtfolgevergleich wurde zweimal Winterweizen                                 (OLESEN et al., 2011; SHAH et al., 2017). Der Minderertrag
                    angebaut, um die Wirkung der Vorfrüchte bzw. der                                    des ökologischen gegenüber dem konventionellen Anbau-
                    Fruchtfolgen auf Wachstum, Ertrag und Ertragskompo-                                 system betrug im dritten Zyklus zwischen 21 % und
494
                    nenten zu quantifizieren. Die höchsten Weizenerträge                                64 %. Durch den Einsatz von Wirtschaftsdüngern ließen
                    wurden im ersten Jahr nach Erbse und Winterraps                                     sich diese Unterschiede am stärksten reduzieren. Zusätz-
                    erzielt. Im zweiten Jahr unterschieden sich die Korn-                               lich konnten eine ganzjährige Gründüngung (Kleegras,
                    erträge aller Varianten nicht mehr signifikant voneinan-                            gemulcht) und leguminosenbasierte Zwischenfruchtge-
                    der.                                                                                menge die Ertragsleistungen verbessern. Mit dem Anbau
                       SCHNEIDER et al. (2012) führten im Bereich des ökologi-                          einer ganzjährigen Gründüngung geht jedoch der Verlust
                    schen Landbaus Fruchtfolgeversuche durch mit dem Ziel,                              einer Marktfrucht einher, sodass die Gesamtproduktivi-
                    Fruchtfolgen mit unterschiedlichen Leguminosenarten                                 tät des Anbausystems nicht erhöht wurde.
                    und deren Nutzung im Hinblick auf die Ertragsleistungen                                Während die Wirkung von Leguminosen auf den
                    (inklusive Fruchtfolgeertrag und ökonomischer Bewer-                                Ertrag der Folgekultur relativ einfach gemessen werden
                    tung) und die Qualitäten der nach Leguminosen ange-                                 kann, sind andere Effekte, wie z. B. der Schädlings- und
                    bauten nicht-legumen Fruchtarten zu vergleichen. Dabei                              Pathogendruck, Veränderungen der Bodenstruktur oder
                    wurde festgestellt, dass auf Kleegras basierende Frucht-                            des Wurzelwachstums nur schwer zu quantifizieren. In
                    folgen mit Schnittnutzung (viehhaltende Systeme) die                                einem Langzeitversuch wurde eine geringere Humus-
                    höchste Produktivität auf Basis von Getreideeinheiten                               reproduktionsleistung von Körnerleguminosen im Ver-
                    erreichen. Beim Vergleich von Fruchtfolgen mit Körner-                              gleich zu Kleegras bestätigt, während hinsichtlich
                    leguminosen ohne innerbetriebliche Verwertung und                                   Humusgehalt und Humusqualität zwischen der Form der
                    Fruchtfolgen mit Kleegrasanbau (gemulcht mit Verbleib                               Kleegrasnutzung (Schnitt mit Abfuhr und Rückführung
                    auf der Fläche) zeigten sich letztere im Hinblick auf                               über organische Düngung vs. Mulchen) keine Unter-
                    den Ertrag der nachgebauten Marktfrüchte überlegen                                  schiede auftraten (URBATZKA & BECK, 2015).
                    (SCHNEIDER et al., 2012). Die Gesamtproduktivität der                                  CONGREVES et al. (2015) werteten vier Langzeitfrucht-
                    beiden Systeme wies indessen keine Unterschiede auf.                                folgen mit Luzerne, Sojabohne und Klee als Untersaaten
                       Im Rahmen eines 50 Jahre währenden Fruchtfolgever-                               in Ontario (Kanada) hinsichtlich der Effekte auf die
                    suchs in Kanada wurden die N2O-Emissionen und der                                   Bodengesundheit aus. Die Aggregatstabilität und der
                    Maiskornertrag über drei Vegetationsperioden gemessen                               Gehalt an organischer Substanz wurden durch Luzerne
                    (DRURY et al., 2014). In Rotation mit Luzerne war der                               gefördert. Demnach scheint der Einfluss einzelner Kultu-
                    Maiskornertrag im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie                             ren innerhalb einer Fruchtfolge für die Bodengesundheit
                    der in der Mais-Selbstfolge; in beiden Varianten wurden                             entscheidender zu sein als eine möglichst große Diversi-
                    gleiche N-, P- und K-Mengen als Startdünger ausgebracht                             tät (CONGREVES et al., 2015).
                    und in die oberen 10 cm Bodenschicht eingearbeitet.                                    Hinzu kommen die Effekte, die auf der Verfügbarma-
                    Anhand von Ertrags- und Wetterdaten (1982 – 2012) aus                               chung von anderen Nährstoffen als Stickstoff basieren.
                    einem weiteren kanadischen Dauerversuch untersuchten                                So können Hülsenfruchtarten wie Weiße Lupine, Kicher-
                    GAUDIN et al. (2015) die Ertragsstabilität einer Mais-                              erbse oder Ackerbohne über die Wurzelausscheidung
                    Monokultur sowie von Fruchtfolgen mit Sojabohne und                                 von organischen Säuren schwer verfügbaren Phosphor
                    Luzerne als Hauptfrucht und Getreide mit Kleeuntersaa-                              mobilisieren (HOCKING, 2001, STEFFENS et al., 2005) und
                    ten. Obwohl die Größenordnung der Fruchtfolgevorteile                               die Versorgung der Folgekulturen mit pflanzenverfüg-
                    je nach Kultur, Wetterbedingungen und praktizierter                                 barem Phosphor verbessern (NURUZZAMAN et al., 2005).
                    Bodenbearbeitung variierte, nahm die Ertragsstabilität                              Leguminosenarten mit Pfahlwurzeln können zudem die
                    von Mais und Sojabohnen in den vielfältigeren Frucht-                               Bodenstruktur verbessern sowie den Boden mit organi-
                    folgen signifikant zu. Die Vorteile der diversifizierten                            schem Kohlenstoff anreichern (ROCHESTER et al., 2001;

                                                                                                                                              Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

ASLAM et al., 2003) und damit der Folgekultur einen grö-                        Gemenge oder als Vorfrucht nachweisen (CORDIS,

                                                                                                                                                                 Übersichtsarbeit
ßeren Wurzeltiefgang ermöglichen (KAHNT, 2008).                                 2015). Im Rahmen des EU-Projekts PROLEGSO konnten
   Das EU-Projekt Legume Root Impact beschäftigte sich                          die Leguminosen Rotklee, Weißklee und Hornklee (Lotus
mit dem zeitlichen Verlauf der Zersetzung von Wurzel-                           spp.) in Form von höheren Erträgen von Nicht-Legumi-
systemen von Futtermischungen (Rot- und Weißklee) im                            nosen wie Deutschem Weidelgras (Lolium perenne L.),
Boden. Dabei wurde festgestellt, dass die schneller                             Ruchgras (Anthoxanthum odoratum L.), Spitzwegerich
abbaubare Blattmasse eine deutlich größere Rolle für                            (Plantago lanceolata L.) und Gewöhnlicher Schafgarbe
den kurzfristigen Kohlenstoff- und Stickstoffumsatz im                          (Achillea millefolium L.) profitieren, die langsam wach-
Boden spielt als die Wurzelmasse (CORDIS, 2014).                                sen und wenig Phosphor und Kalium aufnehmen. Der-
   Neben diesen direkt auf Fruchtfolgewirkungen ausge-                          artige Nicht-Leguminosen könnten den Boden für Legu-
richteten Untersuchungen existieren Projektergebnisse                           minosen durch Förderung symbiontischer Organismen
aus Arbeiten zur optimalen Einbindung klein- und groß-                          (Mycorrhiza-Pilze, Rhizobien) verbessern.
körniger Leguminosen in Fruchtfolgen. Diese enthalten                              Der Integration von Leguminosen in Fruchtfolgen
Aussagen zur Vor- und Zwischenfruchtstellung auf ver-                           sind allerdings Grenzen gesetzt, da einige Arten auf-
schiedenen Bodenarten und Angaben zu Möglichkeiten                              grund einer Selbstunverträglichkeit empfindlich auf ei-
der organischen Düngung zu unterschiedlichen Legumi-                            nen zu häufigen Anbau reagieren. So konnten SCHMIDT
nosenarten (KOLBE, 2009; SCHLATHÖLTER, 2015; SCHLAT-                            et al. (2014) in Untersuchungen auf ökologisch bewirt-
HÖLTER & PETERSEN, 2015; BÖTTCHER & SCHMIDT, 2016;                              schafteten Praxisbetrieben zeigen, dass der Kornertrag
PAHLMANN & KAGE, 2018; STUTE & SCHÄFER, 2018). Mit dem                          von weißblühenden Erbsen mit zunehmender Anbau-
                                                                                                                                                                   495
Anbau legumer Winterzwischenfrüchte oder Zwischen-                              häufigkeit abnimmt. Sie leiteten aus den Ergebnissen
fruchtmischungen können Nährstoffe vor Auswaschung                              für weißblühende Erbsen einen Anbauabstand von min-
geschützt und Unkräuter unterdrückt werden. Von Vor-                            destens 9 – 10 statt der bislang empfohlenen 5 – 6 Jahre
teil ist dabei die Verwendung abfrierender Zwischen-                            ab. Grund dafür sind die zum sogenannten Ascochy-
früchte. Soll der Frühjahrsaufwuchs genutzt werden,                             ta-Komplex der Erbse (Fuß- und Brennfleckenkrankhei-
sind mögliche Einschränkungen in der Wasserversor-                              ten) gehörenden bodenbürtigen Schaderreger wie z. B.
gung für die Zweitfrucht zu berücksichtigen (BÖTTCHER &                         Mycoshaerella pinoides und Phoma medicaginis (KRAFT &
SCHMIDT, 2016). Mehrfeldrige Fruchtfolgen können posi-                          PFLEGER, 2001; FINCKH et al., 2015), die im Boden zum
tive Effekte auf Stickstoffeffizienz und -bilanz ausüben,                       Teil eine Überlebensdauer von mehr als zehn Jahren
erschweren jedoch eine bedarfsgerechte Stickstoffdün-                           haben. Nach BRETAG et al. (2001) können sie Ertragsver-
gung für einzelne Fruchtfolgefelder.                                            luste von bis zu 75 % verursachen. Zudem können ein
   Als ein Nachteil von Fruchtfolgen mit Körnerlegumino-                        Teil dieser und anderer Schaderreger sowohl an Körner-
sen führen NEMECEK et al. (2008) das erhöhte Nitrataus-                         als auch an Futterleguminosen auftreten (FINCKH et al.,
waschungspotential an, welches u. a. mit der symbionti-                         2015). Die derzeit empfohlenen Anbauabstände für die
schen Stickstofffixierung bzw. der schwer kalkulierbaren                        am häufigsten angebauten Leguminosenarten zeigt
Mineralisierung von organisch gebundenem Stickstoff                             Tab. 1.
zusammenhängt. Nach Ansicht der Autoren lässt sich                                 Weitere Erkenntnisse zu Fruchtfolgewirkungen von
dieses Problem durch den Einsatz von Zwischenfrüchten,                          Leguminosen sind zukünftig aus den im Rahmen des Pro-
Winter-Körnerleguminosen oder einen Gemengeanbau                                gramms Horizon 2020 gestarteten neuen EU-Projekten
reduzieren.                                                                     zu erwarten. Diese beschäftigen sich mit der Schaffung
   Auch eine mehrjährige dänische Studie mit zwei öko-                          der Voraussetzungen für erfolgreiche Anbausysteme
logischen und einer konventionellen Fruchtfolge mit und                         unter Nutzung von Klee (Trifolium spp.), Ackerbohne,
ohne Einsatz von anaerob behandelter Gülle, Gründün-                            Linse (Lens culinaris MEDIK.), Lupine, Sojabohne, Kicher-
gung [Luzerne oder Grasmischung mit Rotklee (Trifo-                             erbse (Cicer arietinum L.), Bohne (Phaseolus spp.), Körne-
lium pratense L.) und Weißklee (Trifolium repens L.)] und                       rerbse, Luzerne (Medicago sativa L.) und Augenbohne
Zwischenfrüchten (u. a. Erbse) weist Ergebnisse zur                             [Vigna unguiculata (L.) WALP.]. Einen weiteren Schwer-
Nitratauswaschung aus (DE NOTARIS et al., 2018). Sowohl                         punkt bildet die Ermittlung der Vorteile von Artenmi-
in den konventionellen als auch in den ökologischen Sys-                        schungen unter Einbeziehung von Leguminosen wie Kör-
temen konnten legume und nicht-legume Zwischen-                                 nererbse, Klee, Bockshornklee (Trigonella foenum-grae-
früchte die Stickstoffauswaschung im vierten Zyklus des                         cum L.) und Wicke (Vicia spp.) zur Entwicklung diversifi-
Fruchtfolgeexperiments um durchschnittlich 60 % redu-                           zierter und belastbarer Anbausysteme, die weniger von
zieren. Beim ökologischen Anbau mit Körnerlegumino-                             externen Inputs abhängig sind (EU-Projekt ReMIX). Viel-
sen erhöhte der Einsatz von Zwischenfrüchten auch die                           versprechend ist auch das im November 2018 gestartete
Stickstoffproduktion um jährlich durchschnittlich 20 kg                         Thematic Network (H2020) Legumes Translated. Dieses
N ha–1. Das Stickstoffauswaschungsrisiko war beim öko-                          hat zum Ziel, bestehendes Wissen zum Anbau von Kör-
logischen Anbau mit Gründüngung (2-jährig gemulchtes                            nerleguminosen zu sammeln, Innovatoren im landwirt-
Kleegras) höher als bei den anderen Anbausystemen.                              schaftlichen Bereich mit Wissenschaftlern zusammenzu-
   Neben den unterschiedlichen Wirkungen von Legumi-                            bringen und gemeinsam Praxisempfehlungen für den
nosen auf Folgekulturen ließen sich umgekehrt auch Wir-                         Anbau von Körnerleguminosen zu entwickeln (MURPHY-
kungen von Nicht-Leguminosen auf Leguminosen in                                 BOKERN et al., 2019; CORDIS, 2020).

Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                    Tab. 1. Empfohlene Anbaupausen für verschiedene Leguminosenarten. Quellen: DEMONETERBSEBOHNE (2020), KTBL (2013).
 Übersichtsarbeit

                                               Futterleguminosen                                                                   Körnerleguminosen

                    Art                                                                Jahre             Art                                                          Jahre

                    Seradella                                                          1–2              Sojabohne                                                     1–3
                    Weißklee                                                           1–3              Ackerbohne, Lupine, Wicke, Linse                              5–7
                    Alexandrinerklee, Perserklee                                       3–4              Grünfuttererbse (Peluschke)                                   5–9
                    Rotklee, Schwedenklee, Luzerne, Esparsette,
                                                                                       4–7              Erbse                                                        6 – 10
                    Gelbklee, Inkarnatklee

                    Pflanzenschutz                                                                      erhebliche Schäden an Stängel, Hülsen und Samen ver-
                                                                                                        ursachen können. Der Aufgang und die Etablierung von
                    Die erfolgreiche Produktion von Leguminosen hängt von                               Sojabohnenbeständen lassen sich derzeit durch den Ein-
                    der Verfügbarkeit resistenter Sorten und der hinreichen-                            satz von Saatgutbehandlungen mit den Wirkstoffen Flu-
                    den Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und -ver-                               dioxonil, Metalaxyl, Difenoconazol und Trifloxystrobin
496
                    fahren, der Überwachung der Zielorganismen sowie der                                sowie dem biologischen Präparat Clonostachys rosea ver-
                    Feldhygiene ab (STODDARD et al., 2010). Während für                                 bessern (XUE et al., 2007). Einige dieser Wirkstoffe wer-
                    großflächig angebaute Kulturen hocheffiziente Pflanzen-                             den aber aufgrund einer Neubewertung durch die
                    schutzmittel zur Verfügung stehen, ist die entsprechende                            EU-Kommission nach der Verordnung 1107/2009/EU in
                    Verfügbarkeit für Leguminosen eher eingeschränkt. Ver-                              Zukunft nicht mehr verfügbar sein. Nach Angaben von
                    gleichende Studien zu mitteleuropäischen Fruchtfolgen                               SHUXIAN & CHEN (2012) sind Resistenzquellen für die
                    mit und ohne Leguminosen im Hinblick auf das Auftreten                              Züchtung verfügbar.
                    von Schädlingen sind kaum verfügbar. Anhaltspunkte                                     Versuche zur Bekämpfung der o. g. Krankheiten mit
                    hierfür können häufig nur aus internationalen Studien                               biologischen Mitteln, Resistenzinduktoren und Pflanzen-
                    abgeleitet werden (SILLERO et al., 2010). Das Auftreten                             extrakten hatten einen lediglich unbefriedigenden oder
                    von typischen Leguminosenschädlingen wird durch die                                 gar keinen Erfolg (STODDARD et al., 2010). Demgegenüber
                    Häufigkeit des Leguminosenanbaus in einer Region                                    gibt es erfolgversprechende Ansätze, dass Anthraknose
                    beeinflusst, aber auch durch natürlich in Grünlandflä-                              (Abb. 5), hervorgerufen durch Colletotrichum spp., biolo-
                    chen und an Ackerrändern vorkommende Leguminosen.                                   gisch durch Clonostachys spp., Bacillus subtilis oder Pseu-
                    Andere ackerbauliche Kulturen als Leguminosen werden                                domonas putida kontrolliert werden kann (TINIVELLA et
                    von speziellen Leguminosenschädlingen im Allgemeinen                                al., 2009).
                    nicht befallen.
                                                                                                        Tierische Schadorganismen
                    Pilzliche Schadorganismen                                                           Nach Studien von HEIN (2006) ist der Verlust durch tie-
                    Der Review von SILLERO et al. (2010) zum Auftreten von                              rische Organsimen höher zu bewerten als der durch
                    Schadpathogenen sowie den Möglichkeiten der Bekämp-                                 Schadpilze. Neben Schäden durch einen direkten Befall
                    fung kommt zum Ergebnis, dass beim Anbau von groß-                                  der Kulturpflanze muss auch die Funktion der Schäd-
                    körnigen Leguminosen häufig die praktizierte Fruchtfol-                             linge als Virusvektoren (z. B. PNYDV übertragen durch
                    ge und die Jahreswitterung in Verbindung mit den einge-                             Acyrthosiphon pisum) berücksichtigt werden (MÄNNEL et
                    setzten Bodenbearbeitungsverfahren maßgeblich für das                               al., 2018).
                    Befallsauftreten verantwortlich sind. In Fruchtfolgen mit                              Ursachen für zunehmende wirtschaftliche Schäden ist
                    Zuckerrüben (Beta vulgaris ssp. vulgaris) oder Raps be-                             die fehlende Verfügbarkeit sowohl von wirksamen Insek-
                    steht die Gefahr, dass bodenbürtige Schaderreger wie                                tiziden als auch von toleranten oder resistenten Sorten.
                    Rhizoctonia spp. und Sclerotinia spp. im Bodensubstrat                              Nach derzeitigem Kenntnisstand wird die Zunahme der
                    angereichert werden (NOACK, 2016). Aufgrund ihres wei-                              Insektizidresistenz (z. B. bei Blattläusen gegenüber Pyre-
                    ten Wirtsspektrums können diese Schadorganismen zu                                  throiden) die Möglichkeiten einer gezielten Bekämpfung
                    einem kulturartübergreifenden Problem für die gesamte                               weiter deutlich mindern.
                    Fruchtfolge werden. Daher gilt es, entsprechende Anbau-                                Ein spezifischer Schaderreger der Erbse ist der Erbsen-
                    pausen einzuhalten (vgl. Tab. 1).                                                   wickler Cydia nigricana. Ein höherer Anteil an Erbsen-
                       Die Verbreitung oder Übertragung von Fruchtfolge-                                feldern in der Landschaft fördert das Auftreten dieses
                    krankheiten werden bei der Sojabohne derzeit als weni-                              Schaderregers (HUUSELA-VEISTOLA & JAUHIAINEN, 2006).
                    ger bedeutsam eingeschätzt. Mit Diaporthe spp. und Pho-                             Dies gilt auch für weitere Leguminosenschädlinge, wenn
                    mopsis spp. sind zwei wichtige Schadpilze aus anderen                               der Anteil der betroffenen Leguminosen in der Frucht-
                    Anbauregionen der Welt bekannt (XUE et al., 2007), die                              folge zunimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
                    bei der Sojabohne im Falle eines größerflächigen Anbaus                             Schwarze Bohnenblattlaus (Aphis fabae) neben der

                                                                                                                                              Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                                                                                (Bruchidae), Blattrandkäfern der Gattung Sitona und

                                                                                                                                                                 Übersichtsarbeit
                                                                                Blattnagern der Rüsselkäfergattung Hypera befallen.
                                                                                Polyphage Blattlausarten wie Myzus persicae können als
                                                                                Virusüberträger in verschiedenen Kulturen relevant sein.
                                                                                Bei länger auf der Fläche stehenden kleinkörnigen Legu-
                                                                                minosen (Klee, Luzerne) können Drahtwürmer (Larven
                                                                                der Elateridae) gefördert werden.
                                                                                  Geprüft wurden in einigen Untersuchungen auch die
                                                                                Auswirkungen des „intercropping“, also dem Gemenge-
                                                                                anbau von Körnerleguminosen und z. B. Getreidearten.
                                                                                Dabei konnte vielfach eine Reduzierung des Blattlaus-
                                                                                befalls (Myzus persicae) in den Gemengevarianten
                                                                                (SEIDENGLANZ et al., 2011; BEDOUSSAC, 2009; GRONLE et al.,
                                                                                2014), bei Erbsenwicklern (Cydia nigricana) hingegen
                                                                                keine Unterschiede (GRONLE et al., 2014) festgestellt wer-
                                                                                den.

                                                                                Unkräuter/Ungräser
                                                                                Die Auswertung verfügbarer Studien in der Bekämpfung
                                                                                                                                                                   497
                                                                                von Unkräutern und Ungräsern zeigt, dass dieser Bereich
                                                                                bei der Etablierung der Leguminosen in einer betriebs-
                                                                                üblichen Fruchtfolge einen wesentlichen Einfluss hat.
                                                                                Insbesondere bei der Bekämpfung von Ungräsern haben
                                                                                die Körnerleguminosen aufgrund ihres langsamen
                                                                                Wachstums nur ein geringes Unkrautunterdrückungsver-
                                                                                mögen (BÖHM, 2014). Die Verfügbarkeit geeigneter Mit-
                                                                                tel ist sehr eingeschränkt und wird in manchen Praxisbe-
                                                                                trieben als Ausschlusskriterium für den Anbau von Legu-
                                                                                minosen gesehen. Studien der Offizialberatung zeigen,
                                                                                dass mechanische Verfahren wie Blindstriegeln, Blind-
                                                                                eggen und Reihenhacken gerade unter trockenen Boden-
Abb. 5.   Anthraknose an Weißer Lupine.                                         bedingungen sehr effektiv sind (Abb. 6). Ein Teil der
                                                                                Maßnahmen kann unter Beachtung der Saatgutablage-
                                                                                tiefe bereits vor dem Feldaufgang erfolgen und so Wir-
                                                                                kungslücken nutzbarer Herbizide schließen. Hackgeräte
Ackerbohne auch Nichtleguminosen wie die Rübe und                               in Kombination mit optischen Verfahren und digitalen
verschiedene Wildpflanzen befällt, jedoch keine Erbsen.                         Erfassungs- und Steuerungseinheiten können höhere
   Kleinkörnige Leguminosen werden ebenfalls von spe-                           Wirkungsgrade erzielen (z. B. GERHARDS et al., 1998;
zifischen Schadinsekten wie verschiedenen Samenkäfern                           HEINOLD et al., 2018; HEUSER et al., 2018).

Abb. 6. Möglichkeiten der mechanischen Unkrautbekämpfung in Leguminosen. Links: Einsatz eines Rollstriegels in Blauen Lupinen; rechts:
Einsatz eines Hackstriegels in Futtererbsen.

Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                    Biodiversität                                                                       resultieren können. Im Folgenden gehen wir auf Auswir-
 Übersichtsarbeit

                                                                                                        kungen des Leguminosenanbaus auf bestäubende Insek-
                    Die Nutzung von Körnerleguminosen wie Sojabohne                                     ten, räuberische und pflanzenfressende Arthropoden
                    oder Ackerbohne und Futterleguminosen wie Luzerne                                   sowie Regenwürmer ein.
                    und diverse Kleearten in ackerbaulichen Fruchtfolgen hat                               Trotz der bekannten Tragweite der Bestäubung als
                    potenziell vielfältige Auswirkungen auf Ackerwildkräu-                              Ökosystemleistung (GALLAI et al., 2009), gibt es immer
                    ter, Insekten und Wirbeltiere und damit auf die Biodiver-                           mehr Beweise für den Rückgang der Bestäuberzahlen auf
                    sität in Agrarlandschaften (CASS et al., 2014; EVERWAND et                          der ganzen Welt (POTTS et al., 2010). Dieser Rückgang
                    al., 2017). Generell bedeutet jede zusätzliche die Frucht-                          steht u. a. im Zusammenhang mit dem Verlust von
                    folge erweiternde Ackerfrucht eine Erhöhung des Arten-                              Lebensräumen und Nahrungsressourcen (GOULSON et al.,
                    spektrums und damit der Komponente der genetischen                                  2015). Blühende Leguminosen (Abb. 7), welche eine
                    Vielfalt innerhalb der Agrobiodiversität. Des Weiteren                              Nahrungsgrundlage für nektarsammelnde und bestäu-
                    haben Leguminosen spezifische Eigenschaften, welche                                 bende Insekten in Agrarlandschaften bieten, können hier
                    sowohl ober- als auch unterirdisch Komponenten der Bio-                             förderlich wirken (WOODCOCK et al., 2014). Futterlegumi-
                    diversität in ihrer Umgebung fördern können. Dazu                                   nosen wie zum Beispiel Klee, Esparsette (Onobrychis
                    gehören die Fähigkeit zur biologischen N-Fixierung, ein                             spp.), Wicken und Luzerne stellen Bestäubern ein reich-
                    enges C/N-Verhältnis der Pflanzenbiomasse (AHER et al.,                             haltiges Angebot an Blüten zur Verfügung. Das Blüh-
                    2017), extraflorale Nektarien (FREE, 1962) und eine von                             angebot von Körnerleguminosen hingegen ist geringer,
                    Getreide abweichende Bestandsarchitektur (ABBO et al.,                              sie lassen sich aber als Trachtpflanzen gezielt in Frucht-
498
                    2009). Durch ein großes Blütenangebot können Legumi-                                folgen einbauen (MINISTERIUM FÜR LÄNDLICHEN RAUM UND
                    nosen, welche zur Blüte gelangen, ebenso wie Raps oder                              VERBRAUCHERSCHUTZ, 2019). Trachtpflanzen sind solche
                    andere Massentrachten auch, generalistische Bestäuber-                              Pflanzen, die besonders reichhaltig an Nektar und Pollen
                    arten in Agrarlandschaften fördern (WESTPHAL et al.,                                sind und deshalb von Bienen für die Erzeugung von
                    2003). Dabei sind Leguminosen in ihren Nutzungsmög-                                 Honig bevorzugt werden. Um Trachtlücken zu schließen,
                    lichkeiten aber häufig vielseitiger als andere Kulturen.                            eignen sich neben den Futter- und Körnerleguminosen
                    Neben dem Einsatz als Hauptfrucht können Legumino-                                  als Hauptkulturen am besten Untersaaten im Getreide
                    sen auch als Gründüngung, Zwischenfrucht und als Part-                              mit Weiß- und Inkarnatklee (Trifolium incarnatum L.).
                    ner im Mischanbau vor allem mit Getreidekulturen                                    Diese beiden Arten blühen, wenn der Raps und andere
                    (Erbse/Gerste, Ackerbohne/Weizen u. a.) fungieren.                                  Massentrachten (z. B. Obst) bereits verblüht sind (MINIS-
                    Dadurch können sie sowohl zu einer räumlichen als auch                              TERIUM FÜR LÄNDLICHEN RAUM UND VERBRAUCHERSCHUTZ,
                    zeitlichen Diversifizierung der Fruchtfolgen beitragen,                             2019). BEYER et al. (2019) zeigten, dass Hummeln mit
                    woraus differenzierte Einflüsse auf die Biodiversität                               langen Zungen häufiger in Landschaften mit Ackerboh-

                                                                                                                                                Abb. 7. Blütenvielfalt von Kör-
                                                                                                                                                nerleguminosen. Oben: Acker-
                                                                                                                                                bohne, Sojabohne, buntblühende
                                                                                                                                                Wintererbse, weißblühende Som-
                                                                                                                                                mererbse; unten: Blaue Lupine,
                                                                                                                                                Gelbe Lupine, Saatwicke und Platt-
                                                                                                                                                erbse (jeweils von links nach
                                                                                                                                                rechts).

                                                                                                                                              Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
Journal für Kulturpflanzen, 72 (10-11). S. 489–509, 2020, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2020.10-11.01   Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

nen vorkommen als in vergleichbaren Landschaften ohne                           rische Arthropoden konnte bis in die Folgekultur hinein

                                                                                                                                                                 Übersichtsarbeit
Ackerbohnen. Dieser Effekt blieb auch nach der Blüte der                        nachgewiesen werden (BRUST et al., 1986). Neben sol-
Ackerbohnen erhalten. Bei der Züchtung von Körnerle-                            chen Vorfruchteffekten können auch Nachbarschaftsef-
guminosen wird bislang neben dem Ertrag die Fähigkeit                           fekte zum Tragen kommen. SCHULZ et al. (2019) zeigten,
zur Selbstbestäubung der Pflanzen und nicht das Pollen-                         dass die Dichte von Blattlausmumien in Weizenfeldern,
und Nektarangebot sowie eine angepasste Blütenform                              die an Ackerbohnenfelder angrenzten, höher war als in
gefördert (PALMER et al., 2009), obwohl Studien gezeigt                         Feldern, die neben anderen Weizenfeldern lagen. Die
haben, dass die Bestäubung durch Insekten sich sogar bei                        Dichte der Blattlausmumien weist auf die Parasitierungs-
weitestgehend selbstbestäubenden Arten wie Sojabohne                            rate der Blattläuse hin. Gleichzeitig wurde die Dichte der
oder Erbse positiv auf den Ertrag auswirken (CHIARI et al.,                     herbivoren Insekten durch die Nachbarschaft zur Acker-
2005, MONASTEROLO et al., 2015, NAEEM et al., 2018). Auf                        bohne nicht erhöht.
diese Weise bleibt viel Potenzial von Körnerleguminosen                            Regenwürmer (Lumbricidae) werden aufgrund ihrer
zur Schließung von Trachtlücken und damit die Förde-                            essentiellen Rolle in Agrarökosystemen als Indikatoren
rung von Ökosystemleistungen durch Bestäuber unge-                              für Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit verwendet
nutzt. Dieser Nachteil müsste gegenüber möglichen öko-                          (BARTZ et al., 2013). Leguminosen beeinflussen sowohl
nomischen Vorteilen der Selbstbestäubung abgewogen                              den Artenreichtum als auch die Aktivität von Regenwür-
werden. Über den floralen Nektar hinaus bieten viele                            mern. Der Anbau von Futterleguminosen wie z. B. Klee
Hülsenfrüchte extrafloralen Nektar, der nicht nur von Be-                       (Abb. 8) hatte sowohl im Gemisch im Grünland als auch
stäubern, sondern auch von anderen nützlichen Arten                             im Zwischenfruchtanbau einen positiven Effekt auf die
                                                                                                                                                                   499
wie parasitoiden Wespen (GÉNEAU et al., 2012) genutzt                           Aktivität und den Artenreichtum von Regenwürmern
werden kann.                                                                    (SCHMIDT et al., 2003; JORDAN et al., 2004; BIRKHOFER et
   Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein durch Le-                         al., 2011). Bei den Körnerleguminosen ergibt sich aus der
guminosen verbessertes Stickstoff- und Eiweißangebot                            Literatur jedoch kein klares Bild. SMITH et al. (2005)
der ganzen trophischen Kette zu Gute kommt. So profi-                           berichteten von höheren Regenwurmaktivitäten in
tieren herbivore und omnivore Arthropoden direkt von                            Sojabohnen verglichen mit anderen Ackerkulturen.
den stickstoff- und eiweißreichen Ernterückständen der                          ASHWORTH et al. (2017) wiederum präsentierten wider-
Leguminosen (CASS et al., 2014). Ob dies zu einer einsei-                       sprüchliche Ergebnisse. In einem Feldexperiment fand
tigen Förderung von Schädlingen oder auch zur Kontrol-                          sich in Sojabohnen eine höhere Aktivitätsdichte als im
le dieser Schädlinge durch deren natürliche Feinde füh-                         Mais. In einem zweiten Feldexperiment hingegen för-
ren kann, ist nicht abschließend geklärt. Nur wenige Ein-                       derte Mais die Regenwurmpopulation stärker als Soja-
zelstudien sind derzeit hierzu verfügbar. Der Artenreich-                       bohne.
tum der Laufkäfer (Carabidae) war in Schlägen mit Soja-                            Generell kann aus der bestehenden begrenzten Kennt-
bohnenanbau tendenziell höher als in anderen Acker-                             nislage geschlussfolgert werden, dass die Integration von
früchten wie Mais, Hafer, Sonnenblume (Helianthus an-                           Leguminosen in Fruchtfolgen die Biodiversität und die
nuus L.) und Weizen (ELLSBURY et al., 1998; LARSEN et al.,                      mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen potenziell för-
2003; O'ROURKE et al., 2008; DE LA FUENTE et al.; 2014; MO-                     dern kann. Eine positive Wirkung hängt jedoch auch von
LINA et al., 2014). YOUNG & EDWARDS (1990) berichteten in                       der Art und Intensität der Bewirtschaftung der Kulturen
einem Review-Artikel über einen signifikant erhöhten Ar-                        in den Fruchtfolgen ab. Fruchtfolgen mit Leguminosen
tenreichtum bei Spinnen (Araneae) in Sojabohnen im                              sind im Hinblick auf Biodiversität und Ökosystemleistun-
Vergleich zu vielen anderen Kulturarten wie Reis (Oryza                         gen noch sehr wenig erforscht. Dadurch fehlt es an Wis-
sativa L.), Sorghumhirse [Sorghum bicolor (L.)                                  sen über den Einfluss von Leguminosen unter spe-
MOENCH], Mais und Zuckerrohr (Saccharum officinar-                              zifischen Standortbedingungen (z. B. Niederschlags-
um L.). Einzig bei anderen Leguminosen (insbesondere                            menge, Lufttemperatur, Bodenwassergehalt, Bodenart)
mehrjährigen) zeigte sich ein höherer Artenreichtum und                         im Zusammenwirken mit pflanzenbaulichen Maßnah-
eine höhere Aktivität als bei Sojabohnen. Diese Bezie-                          men auf verschiedene Organismengruppen. Für keine
hung wurde in einer wissenschaftlichen Studie näher un-                         der Leguminosenarten in Fruchtfolgen liegen bislang
tersucht, in der die Luzerne als ein- oder mehrjährige                          ausreichend belastbare Kenntnisse vor, um gesicherte
Kultur mit der einjährigen Sojabohne verglichen wurde.                          Aussagen über deren Einfluss auf die Biodiversität und
Es zeigten sich in Luzerne ab dem zweiten Jahr stets eine                       Ökosystemleistungen in mitteleuropäischen Ackerbau-
höhere Aktivität und ein gesteigerter Artenreichtum bei                         systemen treffen zu können.
Spinnen als in Sojabohnen (CULIN & YEARGAN, 1983a und
1983b). CASS et al. (2014) führten in einem Bericht zum
Einfluss von Leguminosen auf die Biodiversität zahlrei-                         Klimaschutz
che Quellen auf, die den positiven Einfluss des Legumi-
nosenanbaus (besonders Sojabohne, Luzerne, Lupine                               Die Treibhausgasbilanz im Ackerbau wird überwiegend
und Klee) auf die Aktivität räuberischer Arthropoden so-                        vom Input an organischem Kohlenstoff und Stickstoff
wie auf parasitoide Wespen zeigten (CURRY, 1986; OSLER                          sowie synthetischem Stickstoff bestimmt. Es gibt dabei
et al., 2000; HOOKS & JOHNSON, 2001; MIDEGA et al.,                             vier wesentliche Pfade, durch die Treibhausgasemissio-
2009). Der förderliche Effekt von Sojabohnen auf räube-                         nen freigesetzt werden können:

Journal für Kulturpflanzen 72. 2020
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