GASTEIG MÜNCHEN Carl-Orff-Saal 28.11.2021 - tonwerkorchester.de
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W W TonWerk Orchester München DANIEL TOLEDO GUILLÉN (*1994) Estaban las demencias postradas Uraufführung: Havanna, 22. Dezember 2018 I. Obsesivamente repetidas II. Estáticas, como de Hielos Limbus II Auftragskomposition I TonWerk Orchester München Uraufführung: München, 28. November 2021 PAUSE JOHANNES BRAHMS (1833-1897) 2. Sinfonie, D-Dur, op. 73 Uraufführung: Wien, 30. Dezember 1877 I. Allegro non troppo II. Adagio non troppo III. Allegretto grazioso (quasi Andantino) IV. Allegro con spirito
DER KOMPONIST W IM GESPRÄCH: DANIEL TOLEDO GUILLÉN Daniel, was verbirgt sich hinter Ja, es gibt tatsächlich drei Limbus. Ich dem Titel „Limbus II“? mag die Idee der Zyklen. Es sind keine Zyklen mit gemeinsamer Instrumentie- Es gibt keine klingende Nachahmung rung oder Kontrasten, die klassischen der Bedeutung des Wortes Limbus Entwicklungen nachempfunden sind, in dem Werk. Vielmehr entstand das sondern eher eine Gruppe von Stü- Stück, während ich in meinem Alltag ein cken, die sich um ein Klangbild, eine Gefühl der Schwebe erlebte. Es hat also Stimmung oder eine bestimmte musi- keinen programmatischen Zweck, son- kalische Geste herum artikulieren. Bei dern eher einen Kontext. Das ist dann Limbus verbindet sich die Stimmung mit der Limbo und aus diesem Raum wurde einer melodischen Geste, die wie eine das Werk komponiert. Als die Pandemie geheime Botschaft von Stück zu Stück begann war ich in Kuba und wollte im weitergegeben wird. Diese Elemente April nach Deutschland zurückkehren. fungieren dann als Identitätskerne, die Das war natürlich nicht möglich und ich die Einheit des Zyklus aufzeigen. Limbus blieb fünf Monate dort. Die Ungewiss- I ist für Gitarre und Limbus III für Streich- heit über den Verlauf der Pandemie quartett. Der Schwebezustand drückt und meine Rückkehr nach Deutschland sich auf diese Weise in drei verschie- versetzten mich in einen Schwebezu- denen Klanguniversen aus, in der Indi- stand. Daher der Titel und der emotio- vidualität des Monologs, der Homoge- nale Raum, in dem dieses und andere nität des Quartetts und der Masse des Stücke damals entstanden. Orchesters. Dann gibt es auch „Limbus I“ oder Wie kam es zu der Idee des Werks? „III“ etc.? Hattest du eine konkrete Vorstel-
lung oder auch eine erste Melodie existenz des Rationalen und des Intui- nen Welt Hegemonien und die Räume der zeitgenössischen Musik. Ich denke, im Kopf? tiven. Ich persönlich denke, es ist nicht für junge Komponisten, insbesondere in Europa sollte man besser verstehen, schwer, Gesten und Ideen zu finden, um junge unbekannte Komponisten, sind dass Vielfalt nicht nur auf eine Art exis- Ich denke, ein Komponist hat zwei Ziele ein Stück zu schreiben. Am Ende schließt noch enger. Außerhalb Kubas, speziell tieren muss, nämlich in individuellen zu erreichen: Zum einen flexibel zu sein man die Augen, denkt an die Musik, und in Deutschland, sehe ich mehr Möglich- Merkmalen des Komponisten, sondern und zu verstehen, dass Musik als abs- aus diesem Magma, das die Fantasie ist, keiten, eine größere Relevanz unserer auch in den musikalischen Sprachen. traktes und amorphes Gebilde in der wird sicherlich etwas entstehen, was es Arbeit und einen größeren Einfluss auf Aber wir als Komponisten haben die Lage ist, sich in jedem Klangmedium uns ermöglicht die Komposition zu be- die Kultur. Vielleicht liegt das daran, dass Verantwortung, unsere Musik zu sozia- auszudrücken, und zum anderen, dem ginnen. Das Problem ist, was man mit diese Musikrichtungen letztendlich in lisieren. Dafür müssen wir auf jede sich Intuitiven und dem Rationalen eine Ko- diesen Fragmenten anfangen soll, die diesem Teil der Welt entstanden sind. bietende Gelegenheit vorbereitet sein, existenz zu ermöglichen, ohne Gegen- oft knapp und nicht diskursiv sind. Das Natürlich wirken sich auch die Unter- immer bereit zu arbeiten, weil der Mus- position des anderen zu sein. Limbus II ist meiner Meinung nach die komple- schiede in der Wirtschaft beider Län- kel der Komposition wie jeder andere entsteht aus einem kleinen Motiv, das xeste Frage. der auf diese Ergebnisse aus. Obwohl in systematischer Tätigkeit sein muss. mir auf ganz intuitive Weise eingefal- die Möglichkeiten gering sind, erkenne Die Fragen stellten Musiker:innen des len ist. Im Allgemeinen entsteht meine Deine Werke werden und wurden ich in Kuba eine größere ästhetische De- TonWerk Orchesters. Musik aus kleinen Ideen, die später in bereits in allen renommierten Kon- mokratie in den hegemonialen Räumen Stücke umgesetzt werden. Die intuitive zerthallen und Festivals in Kuba Geste war ein hoher Schrei, der mit ei- aufgeführt. Aber auch abseits der nem weiteren tiefen Schrei beantwortet Insel gab es schon Aufführungen, und durch einen Ton im Mittelregister zum Beispiel im renommierten neutralisiert wird. Das ist der Anfang des Musikverein in Wien oder in New Stücks und dieser erzeugt dann das gan- York. Wie unterscheidet sich der ze Werk. Daraus und durch die Einfüh- Zugang zu zeitgenössischen Wer- rung der Limbo-Melodie baut sich das ken in bzw. außerhalb Kubas? Stück auf. Dabei spielt es eine wichtige Oder gibt es keine großen Unter- Rolle, bestimmte Dinge zu planen und schiede? doch das Abenteuer selbst entscheiden zu lassen. In dieser Koexistenz zwischen Zunächst einmal muss ich klarstellen, Vorbereitetem und Spontanem steht dass diese Welt der zeitgenössischen Limbus II. Es waren fünf Abschnitte be- Musik überhaupt nicht Mainstream ist absichtigt, aber es war nicht geplant, und ein relativ kleines Publikum hat. dass der fünfte Abschnitt ein Fremdele- Ich denke, das ist in Kuba, Deutschland ment zu den vorherigen Teilen darstellt. und dem Rest der Welt gleichermaßen Dies ist ein Beispiel für die friedliche Ko- der Fall. Nun gibt es auch in dieser klei-
IDYLLISCHES » ...leuchtet wie heller Frühlingssonnenschein bald in romantischer Waldfrische, bald auf GEGENSTÜCK: freiem, festem Wanderpfad, bald lieblich schwebende Gestalten umfließend. « DIE ZWEITE SINFONIE Philipp Spitta, 1892
nur wenige Monate – und kompo- nierte eine Sinfonie, die „leuchtet wie heller Frühlingssonnenschein bald in romantischer Waldfrische, bald auf freiem, festem Wanderpfad, bald lieb- lich schwebende Gestalten umflie- ßend“ (Spitta). In keiner anderen Sinfonie gibt sich Brahms so offensichtlich jenen Na- turstimmungen hin, die er auf seinen langen Spaziergängen rund um Pört- schach am Wörthersee (wo die Zwei- 2. SINFONIE te 1877 entstand) empfangen hatte. Gleich zu Beginn der Sinfonie etwa D-Dur, op. 73 spielen die Hörner, die romantischen „Natur“-Instrumente schlechthin, „Die ersten beiden Sinfonien bilden eine wichtige Rolle. Zudem versucht den bei Brahms häufig zu beobachten- Brahms entschieden, nicht nur die den Phantasiegegensatz und müssen Sphäre der Kammermusik, sondern wie ein Paar betrachtet werden, das jetzt auch die des (Volks-)Liedes in aus einer und derselben tief verbor- die Sinfonik aufzunehmen: Das Seiten- genen Wurzel aufgewachsen ist. Wer thema der Celli und Bratschen im 1. den Charakter des Mannes gleichsam Satz ist ganz deutlich an sein Wiegen- im Auszug kennen lernen will, studie- lied „Guten Abend, gute Nacht“ an- re sie.“ Das schrieb Philipp Spitta in gelehnt. Und in der Coda des Satzes einem 1892 erschienenen Essay über spielt Brahms – geradezu program- W Brahms. Dem Ringen um Beethovens matisch – auf sein Lied „Es liebt sich heroischen Tonfall in der c-Moll-Sinfo- so lieblich im Lenze“ an. Kaum über- nie folgte nämlich schon ein Jahr nach raschend, dass das Werk schon bald deren Uraufführung die entspannte als seine „Pastorale“ bezeichnet wurde. und zügige Komposition der Zweiten Die Zweite, also als heiter-idyllische, in D-Dur. Das Eis schien gebrochen. leicht fassliche Gegensinfonie zur Statt 14 Jahren brauchte Brahms jetzt karg-ernsthaften, prozesshaft verwi- Johannes Brahms, 1866
ckelten, sperrigen Ersten? Dazu nes Prinzip, das Arnold Schönberg passt nicht, was Brahms an seinen später als „entwickelnde Variation“ Verleger Simrock schrieb: „Die enthusiastisch bewundern sollte. neue Symphonie ist so melancho- Die zu Beginn des Werks in den lisch, dass Sie es nicht aushalten. Ich Bässen vorgestellte Dreitonfigur habe noch nie so was Trauriges, findet sich so als eine Art Urzel- Molliges geschrieben: die Partitur le, sei es in Grundform oder Um- muss mit Trauerrand erscheinen.“ kehrung, in fast jedem Thema und Der für seinen spröden Charakter Motiv der Sinfonie wieder. Brahms’ bekannte Brahms verwirrte seine war der Geniestreich gelungen, ei- Briefpartner zwar nur zu gern mit bitterer Ironie, doch auch später nem intellektuell bis ins letzte De- tail sorgfältig durchkonstruierten BELIEBTES KLEINOD noch bezeichnete er die Zweite als Werk gleichzeitig einen äußerlich „Ungeheuer“ (wenn auch als „lieb- spontanen und unbeschwerten liches“). Solche halb ernst gemein- Anstrich zu verleihen. Und das Der dritte und kürzeste Satz der klatschen und dann gegebenen- ten Kommentare müssen wohl als schlug ein: Die Uraufführung am Zweiten Sinfonie vermochte bei falls eine Zugabe zu geben! Raffi- Warnung verstanden werden, das 30. Dezember 1877 im Wiener der Uraufführung 1877 in Wien niert hatte Brahms den Satz – kein Werk allzu oberflächlich zu be- Musikverein war einer der größten (und bei zahlreichen Folgeauffüh- Scherzo, sondern ein kurzes Inter- urteilen. Erfolge seiner Laufbahn. rungen) besonders zu überzeu- mezzo – nach Art einer barocken Julius Heile gen: Das Publikum applaudierte Suite (einer Folge von Tänzen) ge- Tatsächlich sind – selbst im für so enthusiastisch, dass das Stück staltet, wie Max Kalbeck interpre- Brahms so untypisch ausgelas- gleich noch einmal gespielt wer- tierte: „...eine Grundmelodie er- sen wirkenden Finalsatz – nicht den musste – undenkbar in heu- scheint zuerst als menuettartiger nur höchst kunstvolle Ausarbei- tiger Zeit, wo es üblich geworden Ländler, dann als Galopp, dann als tung, sondern auch emotionale ist, erst am Ende einer Sinfonie zu prickelnder Geschwind-Walzer“. Brechungen unter der scheinbar „schönen“ und „einfachen“ Ober- fläche verborgen. Konsequenter noch als in seiner Ersten verfolgte Brahms hier das Prinzip, aus einem einzigen Motivkern heraus alle Ge- danken der Sinfonie in ständiger Variierung wachsen zu lassen – je-
ORCHESTERBESETZUNG Posaune Pauke & Percussion Philipp Lohmeier Antonino Secchia Lukas Krauß Percussi Violine 1 Kontrabass Thomas zur Lage Harfe Artem Lonhinov Johannes Pickelmann Balbina Hampel Christiane Vogel Jonas Kolenda (SF) Tuba Edgar Valenzuela Lea Swoboda Christoph Tietje Katharina Emde Maximilian Schäfer Liliya Kremovskikh Regina Busl (KM) Flöte Valerie Schöb Benjamin Brinkmann KONZERTAUSBLICK 2022: Veronika Hutmann Alexander Winkler Violine 2 Oboe Airi Tedo Simon Reif Clara Bicanic Pia Diemath Jakob Zirnbauer Markus Sailer (SF) Klarinette Verena Dobmeier Maximilian Egenhofer Theresa Bloehs Viola Andrea Obendorf (SF) Fagott Balbina Hampel Michael Burkner ES WIRD VIEL ÜBER DIE KLIMAKRISE GEREDET. Juliane Meister Marvin Mühlau JETZT SOLLTEN WIR ZUHÖREN. Patrick Bollgrün ORCHESTRAL MUSIC Horn COMPOSED BY CLIMATE DATA Cello Andreas Raupach Benjamin Merkel (SF) Jonna Fröhlich Esther Fey Miriam Gieseke FOR SEASONS BY DATA Pauline Sailer Melissa Hehnen Antonio Vivaldi (1675-1741) Philipp Zimmer Algorythmisch bearbeitet durch Klimadaten Salome Ryser Trompete (Münchner Erstaufführung) Jonas Stein 9. SINFONIE „AUS DER NEUEN WELT“ e-Moll, op. 95 Katharina-Sophie Flashar Antonín Dvořák (1841-1904)
DIRIGIEREN PLUS CHRISTOPH SCHÄFER SCHLÜSSELKOMPETENZEN Dirigiertechnik Persönlichkeitsentwicklung Dirigent DES DIRIGIERENS (Selbst-)Organisation Mit Workbook Dirigiertechnik und digitalem Zusatzmaterial Persönlichkeitsentwicklung W (Selbst-)Organisation BÄRENREITER NEUERSCHEINUNG Christoph Schäfer studierte Dirigieren in München, Wien und Regensburg. Er Bärenreiter besuchte Meisterkurse bei Joshua Rifkin, Georg Grün, Nicolas Fink, Enrico Delam- Kassel • Basel • London • New York • Praha boye, Ekkehard Klemm, Ko Matsushita, Gerrit Prießnitz, Elias Grandy und arbeitete u.a. bereits mit: WDR Funkhausorchester, WDR Rundfunkchor, Münchner Sympho- niker, Prager Philharmoniker, Chor&Orchester der Musikalischen Komödie Leipzig, BUCHINHALT • Klare Dirigiertechnik, anschaulich und mit zahlreichen Beispielen erklärt Philharmonisches Orchester Heidelberg, Chor&Orchester der Klangverwaltung 2606-Schaefer_Buchdatei.indb 3 • Anleitung zum Training von Führungskompetenz 09.08.2021 10:59:01 München, Philharmonia Chor Stuttgart, Neuer Kammerchor Regensburg, Singaka- • Konkrete Hilfen für ChorleiterInnen zu Zeitmanagement und Aufgabenstrukturierung © 2021 Bärenreiter-Verlag I Karl Vötterle GmbH & Co. KG, Kassel I www.baerenreiter.com demie Dresden. Als Assistenz von Dirigent Enoch zu Guttenberg führten Christoph • Praktische Ansätze zur Selbst- und Ensembleorganisation Schäfer Konzertreisen nach China, Südkorea, USA, Russland und Kanada. Im Sep- • Worksheets zur Verbesserung der Ensemblearbeit tember 2021 erschien sein erstes Fachbuch “Dirigieren PLUS” beim Bärenreiter- • Modernes, komplett vierfarbiges Layout • Ergänzendes Notenmaterial und Audioaufnahmen aller Übungen online abrufbar Verlag, das sich neben Themen der Dirigertechnik auch dem Bereich der Persön- lichkeitsentwicklung von Dirigent:innen widmet und konkrete Hilfen zur (Selbst-) Organisation bietet. INKLUSIVE WORKBOOK UND Seit 2019 ist er Conducting Fellow im renommierten Dirigentenforum, dem bun- desweiten Förderprogramm des Deutschen Musikrats für den dirigentischen Spit- DIGITALEM ZUSATZMATERIAL zennachwuchs. BVK 2606 I € 24,95 I ISBN 978-3-7618-2606-5 I eBook: ISBN 978-3-7618-7253-6 (epdf) www.christophschaefer.com
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Ein neues Orchester für München. TonWerk ORCHESTER MÜNCHEN /tonwerkorchester www.TonWerkOrchester.de
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