Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung

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Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
Gebietseigenes Saatgut und
gebietseigene Gehölze in Sachsen
Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
Diese Handreichung wendet sich an ausschreibende Stellen, Planungsbüros, Behörden, Naturschutz-
verbände und Ausbildungseinrichtungen mit Bezug zu Begrünungen.
Mit den vorliegenden Hinweisen möchten wir Ihnen einen Überblick geben, wie Sie den Einsatz von
gebietseigenem Saat- und Pflanzgut fördern können.

Aktualisierte und überarbeitete Auflage Februar 2019

Impressum
Herausgeber                                            Satz & Layout
Deutscher Verband für Landschaftspflege                Nicole Sillner, alma grafica UG, Ansbach
Promenade 9                                            www.almagrafica.de
91522 Ansbach
Tel. +49 (0)981 18 00 99 0                             Bilder
www.dvl.org                                            René Schubert, DVL

Autoren
                                                       Druck
René Schubert, DVL-Projekt "DiverGen", Sachsen
Thomas Adam, TerraNova GmbH, Büdingen
                                                       Klimaneutral gedruckt               klimaneutral
                                                       mit Bio-Farben, Öko-Strom           natureOffice.com | DE-559-359546

                                                       und chemiereduziert
                                                                                           gedruckt
Textredaktion
                                                       auf 100 % Recyclingpapier
1. Auflage 2016: Nicole Menzel, DVL
2. Auflage 2019: Monika Riepl, DVL
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
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Inhalt
1   Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze verwenden – warum?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2   Ausgangslage und Begriffsklärungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3   Gebietseigenes Saatgut von Gräsern und Kräutern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

    3.1 Ursprungsgebiete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

    3.2 Artenauswahl für Ansaaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    3.3 Worauf muss bei der Saatgut-Beschaffung geachtet werden?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    3.4 Vorgehen bei der Ausschreibung gebietseigenen Saatgutes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

    3.5 Zertifizierungssysteme für gebietseigenes Saatgut. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4   Gebietseigene Gehölze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    4.1 Vorkommensgebiete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    4.2 Artenauswahl für Gehölzpflanzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

    4.3 Worauf muss bei der Beschaffung von Gehölzen geachtet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

    4.4 Vorgehen bei der Ausschreibung gebietseigener Gehölze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

    4.5 Zertifizierungssysteme für gebietseigene Gehölze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

5   Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

6   Bezugsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
1   Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene
    Gehölze verwenden – warum?

    Im Rahmen der Landschaftsgestaltung nehmen                  In vielen Generationen haben sich die Pflanzen
    Ansaaten von Gräsern & Kräutern und Gehölz-                 innerhalb geografisch abgrenzbarer Gebiete getrennt
    pflanzungen eine bedeutende Rolle ein. Sie erfüllen         voneinander entwickelt. Gräser, Kräuter und Gehölze,
    ästhetische Ansprüche, dienen dem Verbund von               deren Populationen in den verschiedenen Gebieten
    Lebensräumen und der Kompensation von mensch-               sehr wahrscheinlich genetisch unterschiedlich sind,
    lichen Eingriffen in den Naturhaushalt. Zudem               werden deshalb als „gebietseigen“ bezeichnet.
    sichern sie die oberen Bodenschichten gegen Wind-
    und Wassererosion, insbesondere auf Deichen,                Seit einigen Jahrzehnten besteht die zunehmende
    Halden und Böschungen von Verkehrstrassen, sowie            Gefahr der Vereinheitlichung oder Verfälschung
    in der strukturarmen ­­Agrarflur.                           gebietsspezifischer Eigenart, indem quer durch ganz
                                                                Europa (und darüber hinaus) gehandelte Pflanzen
    Durch gebietseigene Ansaaten und Pflanzungen                auch dort in der freien Natur ausgebracht werden,
    können Sie einen großen Beitrag zum Schutz der              wo nicht ihr genetischer Ursprung liegt. Das birgt
    einheimischen Biodiversität leisten. Mit gebietseige-       viele Risiken. So kann der Genpool von gebietseige-
    nen Pflanzen fördern Sie die auf geografisch unter-         nen Pflanzenpopulationen durch Hybridisierungen
    schiedliche Blühzeiten, Fruchtreife und Vegetations-        mit gebietsfremden Genotypen zu weniger Flexibilität
    strukturen spezialisierten Tiere, wie die Wildbienen,       ihrer Nachkommen gegenüber hiesigen Klimaver-
    Schmetterlinge und Vögel. Gerade außerhalb von              änderungen und -extremen führen. Die Entstehung
    Ortschaften und der ertragsorientierten Land- und           neuer Formen und Arten – ein Merkmal der Evolution
    Forstwirtschaft gilt es, die regionale Verschieden-         – wird durch „normierte“ Zuchtsorten und Klone
    heit und genetische Vielfalt der Arten zu schützen.         (z. B. Weidenstecklinge von nur wenigen Ausgangs-
                                                                beständen) beeinflusst.
    Biologische Vielfalt ist sehr stark durch die genetischen
    Unterschiede innerhalb der Arten bestimmt, was              Das Ausbringen von Samen, Bäumen und Sträu-
    sich in der evolutionär erworbenen Anpassungsfähig-         chern, die an regionale Standortverhältnisse ange-
    keit jeder Art an verschiedene Standorte und Gebiete        passt sind, fördert hingegen deren Gedeihen und
    spiegelt. Die Diversität der einheimischen Flora ist in     das ihrer Nachkommen über Jahrzehnte, was nicht
    Jahrtausende langer natürlicher Wiederbesiedlungs-          nur einer ethischen, sondern auch wirtschaftlichen
    geschichte seit der letzten Kaltzeit entstanden.            Sichtweise von Begrünungen entspricht.
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Wenn Sie bei Ansaaten und Pflanzungen gebietseige-
nes Saatgut und Gehölze verwenden ...

…… vermeiden Sie Florenverfälschungen,

…… minimieren Sie das Risiko, gebietsfremde und sich
   stark ausbreitende Arten, sog. invasive Neophy-
   ten, zu fördern (z. B. als ungewollte „Begleiter“ in
   Saatgut und Wurzelballen von Gehölzen),

…… schützen Sie regionale Genressourcen, die wir
   möglicherweise für die zukünftige Bereitstellung
   angepasster Kulturpflanzen der menschlichen und
   tierischen Ernährung benötigen,

…… unterstützen Sie eine nachhaltige regionale Land-
   und Baumschulwirtschaft mit kurzen Wegen,
   nachvollziehbarer Produktion und qualitativ
   hochwertigen Produkten.

Tragen Sie durch die Verwendung von gebiets-
eigenem Saatgut und gebietseigenen Gehölzen
zum Erhalt unserer Artenvielfalt bei!

Die Verwendung von gebietseigenem Saatgut
und gebietseigenen Gehölzen in Landschaftsbau,
Landschaftspflege und Naturschutz entspricht dem
Grundsatz:

"Aus der Region, in der Region, für die Region!"

Zusatzinformation: Begrünungsmethoden, die sich mit der unmittelbaren Verwendung direkt geernteter
Diasporen beschäftigen, wie z. B. Mähgutübertragungen, Oberbodentransfers, Wiesendrusch oder Wildlings-Ver-
pflanzungen finden Sie in der Handreichung „Das grüne Wunder – Naturnahe Begrünungen mit gebietsheimischen
Diasporen“ – siehe Downloadbereich unter https://divergen.lpv.de und auf www.spenderflaechenkataster.de.
Diese Methoden sind nicht Gegenstand dieser Broschüre.
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2   Ausgangslage und Begriffsklärungen

    In Sachsen wird seit 2007 Saatgut gebietseigener                       Die Produktion erfolgt pro Art in mehreren Schrit-
    Gräser und Kräuter vermehrt, seit 2010 gebiets-                        ten und dauert mindestens zwei, häufig vier bis
    eigene Baumschulware. Derzeit ist aber noch kein                       fünf Jahre. Dieser erhebliche Zeitaufwand ist mit
    flächendeckendes Sortiment für alle Herkunftsgebiete                   Blick auf die geforderte Bereitstellung gebietseige-
    verfügbar. Aktuell engagieren sich in Sachsen fünf                     nen Saat- und Pflanzgutes ab spätestens 1.3.2020
    Landwirtschaftsbetriebe und fünf Baumschulen in der                    zu beachten.
    Produktion von ca. 150 Gras- und Kräuterarten und
    mehr als 20 nicht-forstlichen Gehölzarten.

    Wichtig: Ab dem 1. März 2020 bedarf jede Ausbringung von Pflanzen gebietsfremder Arten in der
    freien Natur laut § 40 (1) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) der behördlichen Genehmigung.
    Bis zu diesem Zeitpunkt sollen in der freien Natur Gehölze und Saatgut vorzugsweise nur innerhalb ihrer
    Vorkommensgebiete ausgebracht werden. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung
    von Ökosystemen, Biotopen und Arten nicht auszuschließen ist.

    Definitionen und Erläuterungen

          Gebietseigen & Gebietsheimisch                                       Autochthon
    Als gebietseigen werden Sippen bezeichnet, die aus                     Der Begriff autochthon wird für Arten verwendet,
    Populationen einheimischer Arten stammen, welche                       die an Ort und Stelle entstanden. Da nur wenige
    sich in einem bestimmten Naturraum über einen                          Gattungen ihr Genzentrum in Mitteleuropa haben
    langen Zeitraum in vielfachen Generationenfolgen                       (z. B. so genannte „Glazialrelikte“), sollte für Ansaaten
    vermehrt haben und bei denen eine genetische                           und Pflanzungen der Terminus gebietseigen verwen-
    Differenzierung gegen Populationen der gleichen                        det werden.
    Art aus anderen Naturräumen anzunehmen ist.1 Im
    Zusammenhang mit Pflanzungen und Ansaaten gilt                             Gebietsfremd
    eine Art, Unterart oder Teilpopulation genau dann als                  Der Begriff Gebietsfremd ist seit der letzten Novelle
    gebietseigen, wenn sie ihren genetischen Ursprung in                   des Bundesnaturschutzgesetzes nicht mehr im Gesetz
    dem Gebiet hat, in dem sie auch wieder ausgebracht                     definiert. Nach § 40 (1) BNatSchG sind Pflanzen, die
    wird (= gebietseigene Verwendung).                                     in einem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht
                                                                           oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommen,
    Oft wird auch der Begriff "gebietsheimisch" synonym                    genehmigungspflichtig und somit nicht als gebiets-
    verwendet.                                                             eigen anzusehen (ausgenommen sind künstlich
                                                                           vermehrte Pflanzen, wenn sie ihren genetischen
    Kleinräumlich standörtlich verschiedene Ausprägun-                     Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben). Im
    gen einer Art (z. B. in Wuchsform und Reifezeitpunkt                   Sprachgebrauch hat sich der Begriff "Gebietsfremd"
    bei trockenem oder nassem Wuchsort) ergeben noch                       für solche Arten erhalten. Auch Unterarten und
    nicht zwingend getrennte gebietseigene Populatio-                      Populationen mit unterschiedlichem Erbgut können
    nen, häufig handelt es sich nur um Ökotypen.                           in einem Areal gebietsfremd sein, in dem die Art
                                                                           insgesamt jedoch einheimisch ist.

    1   Kowarik I., Seitz B. (2003): Perspektiven für die Verwendung
        gebietseigener Gehölze.-Neobiota 2:3-26; TU Berlin, Institut für
        Ökologie
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
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Zum Beispiel ist die in den Kammlagen des Erz-                                Sorten
gebirges vorkommende Kahle Eberesche (Sorbus                            Als Sorten werden züchterisch bearbeitete Linien
aucuparia subsp. glabrata) im Sächsischen Tiefland                      einer Art oder Unterart bezeichnet, die vom Bundes-
gebietsfremd, da sie dort nicht vorkommt. Auch die                      sortenamt anerkannt sind und deren Vermarktung
Gewöhnliche Margerite (Leucanthemum ircutianum)                         gesetzlich geschützt ist. Züchterisch beeinflusste
aus dem Vogtland kann in der Niederlausitz gebiets-                     Sorten von Gräsern, Stauden oder Gehölzen können
fremd sein, wenn es sich um zwei verschiedene                           nicht gebietseigen sein. Ziel der künstlich durchge-
Populationen mit unterschiedlichem Erbgut handelt.                      führten Kreuzungen und Selektionen ist ja gerade die
                                                                        geno- und phänotypische Einheitlichkeit einer Sorte.
      Abgrenzung von Gebieten                                           Vor allem Obstbaumpflanzungen (auch historischer
Die Begriffe „gebietseigen“ und „gebietsfremd“                          Sorten) werden bisweilen fälschlich als „gebietseigen“
machen die Abgrenzung unterschiedlicher Natur-                          bezeichnet. Das ist aber nur für den Wildapfel (Malus
räume 2 notwendig. Für gebietseigene Gräser und                         sylvestris) und die Wildbirne (Pyrus pyraster) begründet.
Kräuter wurde Deutschland in 22 sogenannte
Ursprungsgebiete unterteilt 3. Diese wurden zu acht                           Regiosaatgut, Regiosaaten, Regiogehölze
Produktionsräumen zusammengefasst, in denen                             Es handelt sich um ungeschützte Begriffe für ge-
jeweils die Vermehrung der Arten aller aggregierten                     bietseigenes Saat- oder Pflanzgut, die von einigen
Ursprungsgebiete stattfinden darf.                                      Anbietern und Organisationen verwendet werden.

Für gebietseigene Gehölzarten, die Verwendung                           Insbesondere bei Ausschreibungen sollten zum
in der freien Natur (z. B. Hecken, Alleen) finden,                      eindeutigen Verständnis die präziseren Begriffe
existieren derzeit sechs so genannte Vorkommens-                        „gebietseigenes Saatgut“ und „gebietseigene
gebiete4. Für gebietseigene Gehölze existieren keine                    Gehölze“ verwendet werden.
Produktionsräume.
                                                                              Freie Natur
Ein Vorkommensgebiet oder Ursprungsgebiet
                                                                        Unter freier Natur ist der gesamte unbesiedelte
bezeichnet eine geografische Region, innerhalb
                                                                        Bereich außerhalb geschlossener Ortschaften zu
derer das Erbgut der dort heimischen Wild-
                                                                        verstehen, der nicht der ertragsorien-
pflanzen je Art nach derzeitigem Kenntnisstand
                                                                        tierten Land- und Forstwirtschaft unterliegt. Die
identisch ist.
                                                                        Naturnähe, Entstehungsgeschichte, Nutzungsart und
                                                                        bauplanungsrechtliche Einordnung dieser Bereiche ist
Leider sind die Grenzziehungen und Dimensionen für
                                                                        dabei nicht relevant. Nicht als freie Natur gelten Parks,
Vorkommensgebiete (Gehölze) und Ursprungsgebiete/
                                                                        Friedhöfe, Sportstätten und Privatgärten.6
Produktionsräume (Gräser & Kräuter) in Deutschland
nicht identisch, was bei der Planung und Ausschrei-
bung von Begrünungen beachtet werden muss.

                                                                        6   Siehe https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/recht/Dokumente/leitfa-
Der Begriff Herkunftsgebiet sollte derzeit nur noch                         den_gehoelze_.pdf
für die forstwirtschaftlich relevanten Waldbaumarten
verwendet werden, die dem Forstvermehrungsgutge-
setz (FoVG) 5 unterliegen.

2   Die Abgrenzung erfolgte auf Grundlage von MEYNEN, E. & J.
    SCHMITHÜSEN (1953-1962): „Handbuch der naturräumlichen
    Gliederung Deutschlands“, Selbstverlag der Bundesanstalt für
    Landeskunde, Remagen, 1339 S.
3   PRASSE, R., KUNZMANN, D., SCHRÖDER, R. (2012): „Entwicklung
    und praktischer Umsetzung naturschutzfachlicher Mindestanfor-
    derungen an einen Herkunftsnachweis für gebietseigenes Wild-
    pflanzensaatgut krautiger Pflanzen“, Abschlussbericht DBU-Projekt
    Az. 23931
4   Abgrenzungen der Vorkommensgebiete unter https://www.bfn.
    de/fileadmin/BfN/recht/Dokumente/leitfaden_gehoelze_.pdf
5   Siehe http://fgrdeu.genres.de/index.php?tpl=fv_home
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
3   Gebietseigenes Saatgut von
    Gräsern und Kräutern

    3.1 Ursprungsgebiete

    Für die Erzeugung und Aussaat gebietseigener Gräser                  die oft den Hauptbestandteil von Saatgutmischungen
    und Kräuter ist Deutschland in 22 Ursprungsgebiete                   ausmachen, sollte aber in den nächsten Jahren als
    und acht Produktionsräume gegliedert worden                          Kompromiss die Herkunfts-Einteilung in acht Produk-
    (siehe nachfolgende Karte). Die exakten Grenzen der                  tionsräume ausreichen, denn solche „Massenarten“
    Ursprungsgebiete und deren Lage in den jeweiligen                    wurden auch als Wildformen bereits seit langer Zeit
    Produktionsräumen lassen sich derzeit über einen                     über große Distanzen landwirtschaftlich gehandelt
    Kartendienst auf folgender Internetseite ermitteln:                  und damit zum Teil genetisch homogenisiert.7
    https://shogun.terrestris.de/shogun2-webapp/                         Saatgut dieser mengenmäßig dominierenden Arten
    client/?id=898                                                       wird derzeit nur von wenigen größeren Produzenten
                                                                         vorgehalten.
    Als Produktionsräume werden acht Areale
    bezeichnet, innerhalb derer jeweils zwei bis vier                    Da sich die Marktverfügbarkeit von gebietseigenem
    Ursprungsgebiete zusammengefasst wurden.                             Saatgut jedoch regelmäßig ändert, empfiehlt es sich,
    Innerhalb eines Produktionsraumes können alle Arten                  vor der Ausschreibung eine Markterkundung durch-
    der betreffenden Ursprungsgebiete vermehrt werden.                   zuführen. Dies muss nicht viel Aufwand bedeuten
                                                                         – hier kann das Internet eine wertvolle Hilfe darstellen
    Bei Ausschreibungen und Vergaben von Begrünungs-                     (z. B. http://www.natur-im-vww.de/wildpflanzen/
    aufträgen stellt die Gliederung Deutschlands in 22                   artenlisten/).
    Ursprungsgebiete einen derzeit anerkannten Stan-
    dard dar. Vor allem für Gräser und Leguminosen,

     Saatgutvermehrung mit Ausweichflächen für bestäubende Insekten im
     Sächsischen Löss- und Hügelland
                                                                         7   HEMPEL (2009): „Die Pflanzenwelt Sachsens von der Späteiszeit
                                                                             bis zur Gegenwart“, Sächs. Landesstiftung Natur und Umwelt
                                                                             Dresden (Hrsg.) und DURKA in PRASSE ET AL. (2012), siehe
                                                                             Fußnote 8
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
8/9

Ursprungsgebiete und Produktionsräume in Deutschland 8

 Acht Produktionsräume:

        Nordwestdeutsches                 Nordostdeutsches Tiefland                        Mitteldeutsches                  Westdeutsches
    1   Tiefland                     2                                             3       Flach- und Hügelland
                                                                                                                      4     Berg- und Hügelland

         Südost- und Ost-                 Südwestdeutsches Berg- und                       Süddeutsches                     Alpen und
    5    deutsches Bergland
                                     6    Hügelland mit Oberrheingraben            7       Berg- und Hügelland
                                                                                                                      8     Alpenvorland

22 Ursprungsgebiete:

Nordwestdeutsches Tiefland (1)                                                                                    Nordostdeutsches Tiefland (3)

Westdeutsches Tiefland mit                                                                                           Uckermark mit Odertal (22)
unterem Weserbergland (2)

                                                                                                  2                    Ostdeutsches Tiefland (4)

                                            1

Oberes Weser- und
Leinebergland mit Harz (6)                                                                                                  Mitteldeutsches Tief-
                                                                                                                              und Hügelland (5)

Rheinisches Bergland (7)                                                                                                       Sächsisches Löss-
                                                     4                                           3                           und Hügelland (20)
Hessisches Bergland (21)

                                                                                       5                                       Erz- und Elbsand-
                                                                                                                                 steingebirge (8)

Oberrheingraben mit                                                                                                     Thüringer Wald, Fichtel-
Saarpfälzer Bergland (9)                        6                                                                     gebirge und Vogtland (15)
                                                                             7
Schwarzwald (10)                                                                                                                Bayrischer und
                                                                                                                          Oberpfälzer Wald (19)

                                                                                       8
Südwestdeutsches                                                                                                          Unterbayrische Hügel-
Bergland (11)                                                                                                             und Plattenregion (16)

Fränkisches Hügelland (12)                                                                                          Südliches Alpenvorland (17)

                        Schwäbische Alb (13)           Fränkische Alb (14)             Nördliche Kalkalpen (18)

8   verändert nach PRASSE, R., KUNZMANN, D., SCHRÖDER, R. (2012): „Entwicklung und praktischer Umsetzung naturschutzfachlicher Mindestan-
    forderungen an einen Herkunftsnachweis für gebietseigenes Wildpflanzensaatgut krautiger Pflanzen“, Abschlussbericht DBU-Projekt Az. 23931
Gebietseigenes Saatgut und gebietseigene Gehölze in Sachsen - Herkunftssicherung, Ausschreibung und Verwendung
3.2 Artenauswahl für Ansaaten
Warum sollten Sie die Ansaatmischung selbst konzipieren?

Jede Ansaat sollte so individuell sein wie der Standort.   Bei größeren Vorhaben werden Ihnen auch Spezialis-
Je besser die Artenauswahl zum geplanten Standort          ten benannt, die Ihre Flächen vor Ort begutachten.
und zur geplanten Pflege passt, desto größer ist der       Zugegeben klingt dies auf den ersten Eindruck
dauerhafte Erfolg bzw. die beabsichtigte Funktions-        etwas zeitaufwendig und fachlich anspruchsvoll.
erfüllung der Ansaat. Wenn die Ansaatfläche stark          Auch wird eine Beratung nicht immer kostenlos zu
anthropogen überprägt ist (z. B. Böschungen mit            bekommen sein. Aber bedenken Sie bitte, dass mit
Mutterbodenandeckung, ehemalige Intenivsackerflä-          der Entscheidung für eine Begrünungsmethode und
chen u. ä.) sind Basismischungen aus den Katalogen         den Festlegungen für eine Ansaatmischung auch
der Hersteller mit einer ausreichenden Anzahl              die Verantwortung für den Erfolg der Maßnahme
früherer „Allerweltsarten“ (z. B. Margerite, Schaf-        ganz entscheidend beeinflusst wird – und dies für
garbe, Hornschotenklee u.a.) oftmals ausreichend,          Jahrzehnte.
da sich aufgrund der nivellierten Standortfaktoren
konkurrenzschwache Pflanzenarten kaum durch-               Bei den meisten Ansaaten empfiehlt sich die Zu-
setzen werden.                                             mischung von „Platzhalterarten“. Dies sind einjährige
                                                           Arten (z. B. Roggentrespe oder Kulturformen, wie
Sie müssen als PlanerIn nicht alles neu erfinden. Für      die Gartenkresse), die in den ersten Jahren der
zahlreiche Zwecke gibt es bei den Saatgutanbietern         Flächenentwicklung den Standort vor unerwünschten
vorkonfektionierte Mischungen (z. B. Blumenwiesen,         ausdauernden Arten, wie Stumpfblättrigem Ampfer,
Parkrasen, Schotterrasen, Böschungsmischungen,             Ackerkratzdistel oder Gewöhnlicher Quecke schützen.
Insektensäume u.v.m.). Diese Mischungen können Sie         Zudem erzeugen sie schnell eine Vegetationsschicht,
zusammen mit den Anbietern oder Botanikern auf             und damit einen Erosionsschutz und ein günstiges
Ihre regionale Situation zuschneiden, z.T. existieren      Kleinklima für die restlichen Arten der Ansaatmi-
schon regionalisierte Mischungen in den Katalogen.         schung, deren Entwicklung oft langsamer vorangeht.
                                                           Die Platzhalterarten verschwinden nach 1 bis 2 Jah-
Eine für den konkreten Standort konzipierte Mischung       ren, da sie an einen Wiesenstandort nicht angepasst
wird dann notwendig, wenn die Ansaatfläche stark           oder nicht winterhart sind.
begrenzende Standortfaktoren aufweist, z. B. erhöhte       In die entstehenden „Lücken“ der neuen Wiese
Bodenfeuchte, Nährstoffarmut, starke Hangneigung,          können nun schnell die gewünschten Samen aus den
Flachgründigkeit, Rohboden, oder wenn ingenieur-           benachbarten Flächen mit einwandern, und es bildet
biologische Ansprüche an die Fläche gestellt werden.       sich eine geschlossene Vegetationsdecke mit vielfälti-
In diesen Fällen sollten Sie sich beraten lassen. In der   ger Durchwurzelung des Bodens.
Regel erhalten Sie für Ihr Ansaatvorhaben bei den
Saatgutfirmen eine zuverlässige Beratung, die auf der
langjährigen Erfahrung zahlreicher Ansaaten basiert.
10/11

Hintergrundwissen: Neben Standardmischungen                          Die 72 „RSM-Regio"-Mischungen der FLL sind
der Saatgutproduzenten gibt auch die FLL (For-                       deshalb momentan in Überarbeitung. Wenn eine zu
schungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Land-                     begrünende Fläche ein Mosaik an unterschiedlichen
schaftsbau e.V.) in einem Regelwerk Empfehlungen                     Standorten aufweist (z. B. Hangfuß und Oberkante
für Mischungen aus gebietseigenem Saatgut, die                       einer Böschung, verschiedene Expositionen u.ä.), er-
von Planern und ausschreibenden Stellen aber nicht                   scheint eine „Gesamt-Mischung“ mit unterschiedlich
unkritisch übernommen werden sollten9. Diese neuen                   anspruchsvollen Arten sicher sinnvoll, „verschwendet“
„Regio-Saatgutmischungen“ aus Wildformen unserer                     aber einen Teil derer (und damit der Kosten). Daher
heimischen Gräser und Kräuter sind geeignet, den                     sollten Sie als PlanerIn die FLL-Vorschläge nicht 1:1
Anforderungen des BNatSchG § 40 (1) zu genügen,                      übernehmen und bleiben angehalten, sowohl eine
indem sie die bisherigen Regelsaatgutmischungen                      Marktabfrage zu tätigen, als auch auf das Stand-
aus Zuchtsorten ersetzen. Dabei sollen laut FLL die                  ortmosaik angepasste „Teil-Mischungen“ selbst zu
Mischungen einen Mindeststandard für die meisten                     konzipieren. Die Flächengrößen und technischen
unserer Standorte in der freien Natur darstellen und                 Möglichkeiten einer differenzierten Ansaat sind dabei
im Bedarfsfall auch für den naturschutzfachlichen                    zu beachten.
Ausgleich geeignet sein.
                                                                     Bei Nichtverfügbarkeit von gebietseigenem Saatgut
Mit den bisherigen Vorschlägen der „RSM-Regio“                       einiger Arten auf dem Markt bietet es sich an, statt
werden die standörtlichen Möglichkeiten aber nicht                   einer Ansaat (oder in Ergänzung zu ihr) Mähgutüber-
ausgeschöpft. Zudem bedeuten die Mischungs-                          tragungen oder den Einsatz von Wiesendruschgut11
vorschläge nicht, dass die enthaltenen Arten für                     zu erwägen. Voraussetzungen dafür sind die Ver-
die jeweiligen Ursprungsgebiete bereits auf dem                      fügbarkeit geeigneter Spenderflächen mit passender
Markt verfügbar sind. In einigen Vorschlägen fehlen                  Vegetation im gleichen Naturraum, geeignete Mäh-,
zudem charakteristische Arten zur Differenzierung                    Aufbereitungs- und Transfertechnik, und ein zeitlich
unterschiedlicher Standorte. Hier setzen zahlreiche                  auf die Reifezeit der Arten in der Spenderfläche ab-
Kritiken an10.                                                       gestimmter Begrünungstermin. Im Falle von Drusch-
                                                                     gut aus artenreichen Spenderflächen lässt sich dieses
                                                                     auch lagern.

9  FLL (2014): „Empfehlungen für Begrünungen mit gebietseigenem
   Saatgut“
10 Siehe z. B. WIEDEN, M. (2015): „Wildpflanzensaatgut im Span-
   nungsfeld des Naturschutzes, kritische Anmerkungen zu aktuellen
   Regelungsversuchen“, Naturschutz und Landschaftsplanung 47        11 https://www.spenderflaechenkataster.de/
   (6), S.181-190                                                       https://www.wiesendruschsaat.de/
Woher wissen Sie, welche Arten Sie                                     Wie sollten Sie die Auswahl
im entsprechenden Ursprungsgebiet                                      der Arten vornehmen?
verwenden können?
Normalerweise sind für Naturschutzvorhaben und                         Prinzipiell kommen sämtliche Gras- und Kräuter-
bei Eingriffen in Natur und Landschaft fachkundige                     arten des entsprechenden Ursprungsgebietes für die
Botaniker in eine Planung einbezogen.                                  Verwendung in gebietseigenen Ansaaten in Frage.
Die zu verwendenden Arten sind in diesen Fällen in                     Für „normale“ regionale Ansaaten kommen weit
Abstimmung mit den beteiligten Experten leicht zu                      verbreitete, gewöhnliche Arten in Betracht, wie z. B.
ermitteln. Die Konzeption von Mischungen (Mengen-                      Spitzwegerich, Rot-Schwingel und Wiesenmargerite.
verhältnisse der Arten) sollten Sie dann mit den                       Auch erst in jüngerer Vergangenheit selten geworde-
erfahrenen Saatgutlieferanten abstimmen.                               ne Arten, wie z. B. Heide-Nelke, Sumpf-Schafgarbe
                                                                       und Teufelsabbiss, sollten nicht ausgeschlossen
Auch bei geringeren Ansprüchen des Naturschut-                         werden. Auf Flussdeichen (flachgründigen, wärmeex-
zes an die Artenzusammensetzung lohnt es sich,                         ponierten oder wechselfeuchten Böden) oder in neu
Ansaatspezialisten zur Zusammenstellung einer                          angelegten Feuchtgebieten, wo eine Pflege (Mahd
Mischung zu konsultieren. Beispielsweise können                        und Beräumung) der Flächen gesichert ist, und wo
tiefwurzelnde und ausläuferbildende Arten für eine                     auch künstlich entstandene Standorte sich naturnah
Böschungssicherung durch geschulte Vegetations-                        entwickeln lassen, können sogar Rote-Liste-Arten
techniker ausgewählt werden.                                           neue Refugien finden.
Fachlichen Rat erhalten Sie beispielsweise unter:
www.natur-im-vww.de/beratung/unsere-berater/
                                                                       Welche Arten sollten Sie nur
                                                                       gezielt einsetzen?
Hintergrundwissen: Sollte Ihnen kein botanisch
geschultes Fachpersonal zur Seite stehen und nur                        Sie sollten in der Regel keine Arten verwenden,
eine zwischenzeitliche Begrünung oder eine Begrü-
                                                                       …… die von Natur aus im Ursprungsgebiet sehr selten
nung ohne besondere Ansprüche erforderlich sein,
                                                                          sind (und waren), z. B. Enziane;
können Sie zur Konzeption einer Mischung auf einen
Artenfilter zurückgreifen, der im Rahmen eines von
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten                        …… die eine deutliche Arealgrenze ihres natürlichen
Projektes entwickelt wurde 12 (https://www.regiona-                       Vorkommens innerhalb eines Ursprungsgebietes
lisierte-pflanzenproduktion.de/artenfilter). Dieser                       aufweisen, z. B. die Schwarze Teufelskralle (Phy-
bietet Ihnen ein Spektrum der häufigsten Arten in                         teuma nigrum) oder der Weiche Pippau (Crepis
Ihrer Region, aus der Sie Arten für Ihre Mischungen                       mollis), die nur in Teilen des Erzgebirges (UG 8)
wählen können.                                                            vorkommen;

Der Filter schließt im aktuellen Stand zur Zeit aller-                 …… die Sie ohne Spezialisten nicht sicher bestimmen
dings alle Arten aus, die nach der „Roten Liste“                          können, z. B. Goldhahnenfuß, Habichtskräuter
naturschutzfachlich mindestens als „gefährdet“ (ab                        oder Wiesenlöwenzahn.
Stufe 3) eingestuft werden, obwohl gerade sie einer                    Floristische Raritäten können im Rahmen lokaler
Förderung bedürfen und viele Arten, die früher weit                    Naturschutzprojekte mittels Mähgutübertragungen
verbreitet waren, auf Kompensations- und Ausgleichs-                   berücksichtigt oder im Rahmen spezieller Arten-
flächen neue Lebensräume gewinnen könnten.                             hilfsprojekte ausgebracht werden.13 Dabei ist die
                                                                       Gesetzeslage (Genehmigungspflicht der Unteren
In intensiv anthropogen überprägten Landschaften                       Naturschutzbehörden) streng zu beachten.
besteht das Interesse zur Erhaltung und Rückge-
winnung der Biodiversität. Im Fall der Artenauswahl
nach DBU-Artenfilter kann nach Einzelfallprüfung das
Saatgut auch mit Rote-Liste 3-Arten ergänzt werden.

12 PRASSE, R., KUNZMANN, D., SCHRÖDER, R. (2012): „Entwicklung         13 Detaillierte Informationen dazu unter: http://spenderflaechenkata-
   und praktischer Umsetzung naturschutzfachlicher Mindestanfor-          ster.de/ und https://www.wiesendruschsaat.de/
   derungen an einen Herkunftsnachweis für gebietseigenes Wild-
   pflanzensaatgut krautiger Pflanzen“, Abschlussbericht DBU-Projekt
   Az. 23931)
12/13

3.3 Worauf muss bei der Saatgut-Beschaffung geachtet werden?

Sind alle Arten bereits auf dem                               Verwenden Sie zur Qualitätssicherung nur zerti-
Markt verfügbar?                                              fiziertes Saatgut (Details zu den Zertifikaten für
                                                              gebietseigenes Saatgut finden Sie im Kapitel 3.5).
Nein, aber die Verfügbarkeit weiterer Arten in den
Sachsen betreffenden Ursprungsgebieten steigt            ––   Fordern Sie auch bei der Bestellung von
ständig. Auf den Internetseiten der Erzeuger (Links           zertifiziertem Saatgut einen Lieferschein mit
siehe Anhang) ist die Verfügbarkeit der einzelnen             Angabe aller Arten und deren Mischungsan-
Arten nachvollziehbar.                                        teilen. Behalten Sie sich die Forderungen nach
                                                              den Herkunftsnachweisen für alle Arten Ihrer
Die Erzeugung von gebietseigenem Saatgut macht                Lieferung vor. Sie helfen damit im Interesse aller
derzeit nur einen geringen Teil des in der freien             Marktteilnehmer mit, die Markttransparenz aus-
Landschaft verwendeten Saatgutes aus (unter 5 %).             zubauen und schaffen für sich und Ihr Projekt
Da die Erzeugung von gebietseigenem Saatgut einer             Nachweissicherheit.
Vorlaufzeit von mehreren Jahren bedarf, ist für die
Zukunft zu befürchten, dass die Nachfrage nach           ––   Lassen Sie sich beraten, welche Ansaat-
gebietseigenem Saatgut schneller steigen wird als             mischung optimal für Ihr Vorhaben ist. Eine
die Erzeugung. Daher sollten Sie bei der Beschaffung          qualifizierte Beratung kann Zeit kosten und
von gebietseigenem Saatgut grundlegende Vorsichts-            damit vielleicht auch eine zu vergütende
regeln beachten:                                              Leistung werden. Bedenken Sie aber bitte, dass
                                                              Sie mit einer guten, qualitätsgesicherten und an
––   Benennen Sie bei Erwerb einer Mischung                   den Standort angepassten Ansaatmischung den
     konkret die Mischung, die Sie ansäen wollen.             Standort für Jahrzehnte positiv prägen können
     Bestellen Sie nicht einfach „eine Blumenwiesen-          und damit auch die eingesetzten Gelder am
     mischung“ ohne inhaltliche Vorgaben.                     effektivsten verwenden. Insofern können Kos-
                                                              ten für eine qualifizierte Beratung sehr sinnvoll
––   Achten Sie beim Kauf einer fertigen Mischung             investiertes Geld (auch Steuergelder) sein.
     auch auf das Verhältnis von Gräsern und
     Kräutern, denn im Regelfall wird durch die Grün-    ––   Oftmals können bei größeren Flächen und
     landnutzung der Kräuteranteil später noch etwas          Vorhaben unterschiedliche Mischungen die
     zurückgehen.                                             vorhandenen Standortunterschiede im Sinne
                                                              der Artenvielfalt besser bedienen. Vermeiden
––   Beim Preisvergleich von Mischungen sollten Sie           Sie bei offensichtlichen Standortmosaiken
     auch auf die Mengenangaben von sogenannten               die Verwendung von wenig differenzierten
     wertgebenden Arten achten. Wertgebende                   „Einheitsmischungen“, um damit Ihr gesamtes
     Arten sind die Arten, deren Sammlung, Anbau              Vorhaben umzusetzen. Ziel ist es, artenreiche
     oder Ernte besonders aufwändig sind. Näheres             und dauerhaft stabile Flächen zu schaffen.
     hierzu siehe unter „Hintergrundwissen“auf der
     folgenden Seite. Bei preisgünstigen Mischungen      ––   Bei der Bestellung von größeren Saatgutmen-
     kann der Anteil dieser Arten niedriger sein – der        gen (ab mehreren Tsd. Euro) sollten Sie kein
     vermeintlich günstigere Preis beruht dann aber           fertig gemischtes Saatgut beziehen. Geben Sie
     nur auf einer Verringerung des Mengenanteils             bei solchen Bestellungen oder Ausschreibungen
     der wertgebenden Arten.                                  immer die Lieferung in Einzelsaatguttüten
                                                              verbindlich vor. Dies ist die einfachste Methode,
––   Geben Sie bei jeder Bestellung den Produktions-          um die Zusammensetzung der Lieferung – ins-
     raum und das Ursprungsgebiet verbindlich vor,            besondere den Anteil der wertgebenden Arten
     so kommen Sie Ihrer Verantwortung zur Ver-               – auch tatsächlich überprüfen zu können.
     meidung von Florenverfälschung nach.
Hintergrundwissen: Die verschiedenen Arten sind           verschiedene Storchschnabelarten (Geranium-Arten)
bereits in Anbau und Ernte sehr unterschiedlich           und andere können solche Kosten verursachen.
zu behandeln. Bei manchen Arten können die
Vermehrungsbestände maschinell bewirtschaftet und         In manchen Mischungen (z. B. für Trockenrasen,
in einem Zug mit Maschinen geerntet werden, bei           Feuchtwiesen) kann ein Fünftel der enthaltenen
anderen Arten, wie dem Wiesen-Bocksbart oder der          Arten weit über 50 % der Kosten verursachen. Daher
Ackerwitwenblume, werden die Samen über einen             ist es sinnvoll und im Sinne einer verantwortlichen
Zeitraum von über 8 Wochen fast täglich von Hand          Rechnungsprüfung auch notwendig, den Anteil dieser
gepflückt. Natürlich bildet sich dies im Saatgutpreis     Arten an einer Mischung auch zu überprüfen. In einer
der einzelnen Arten ab. Bei den Kräuterarten können       bereits fertig gemischten Saatgutlieferung – gleich-
die Kilopreise von deutlich unter 100 € bis über          gültig ob es sich um eine Standardmischung oder um
1.000 € liegen. Nicht immer sind es die vermeintlich      eine speziell zusammengestellte Mischung handelt
seltenen Arten, die derart kostenintensiv sind.           – ist dies nur mit erheblichem Aufwand möglich. Eine
Auch Arten wie z. B. Kriechender Günsel (Ajuga            Probe der Mischung wird hierzu in tagelanger Arbeit
reptans), Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis),        von spezialisierten Labors in ihre Einzelarten zerlegt.
verschiedene Glockenblumen (Campanula-Arten),             Die Lieferung der Einzelkomponenten beugt dem vor.

3.4 Vorgehen bei der Ausschreibung gebietseigenen Saatgutes

Gebietseigenes Wildpflanzensaatgut ist qualitativ hoch-   …… die Forderung der Benennung der konkreten
wertiges, regionales Material für Begrünungen, das           Vermehrungsstandorte (nicht nur die Region) jeder
sehr oft auch hohen ingenieurbiologischen Ansprüchen         Art der Mischung auf Nachfrage;
z. B. beim Erosionsschutz genügen muss. Die zentrale
Qualitätseigenschaft von gebietseigenem Saatgut           …… die Aussaatstärke in g/qm;
ist dessen gesicherte Herkunft sowie die geforderte
Zusammensetzung der Mischung. Entsprechend ist die        …… die Forderung nach Nennung aller Nachauftrag-
Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung auf die          nehmer bei der Saatgutlieferung;
Sicherung dieser Qualitätseigenschaften auszurichten.
                                                          …… die Angabe von Füllstoffen und / oder besonderen
                                                             Ausbringungsverfahren (z. B. Nass-Ansaat);
Bei Ausschreibung gebietseigenen Saatgutes
sollte daher Folgendes beachtet werden:
                                                          …… die Trennung der Leistungspositionen „Lieferung
Die Textblöcke des Standardleistungskataloges sind           des Saatgutes“ und „Saatgutausbringung“, um
bei Ausschreibungen für Ansaaten mit gebietseige-            Mischkalkulationen zu verhindern.
nem Saatgut nicht ausreichend.
                                                          …… bei allen Saatgutmischungen, die nicht auf
Für die notwendige, genaue Beschreibung der
                                                             „Normalstandorten“ ausgebracht werden sollen
Leistung sollten Sie die nachfolgenden Angaben in die
                                                             bzw. bei größeren Saatgutmengen sollten Sie aus-
Leistungspositionen aufnehmen:
                                                             schließlich die Lieferung aller Arten der Mischung
…… die eindeutige Angabe des Ursprungsgebietes,              in original zertifizierten Einzelsaatguttüten
   aus dem das gebietseigene Material verpflichtend          verlangen;
   stammen muss;
                                                          …… schließen sie Nebenangebote für die Leistungs-
…… die Aufstellung einer vollständigen Liste aller in        position „Saatgutlieferung“ ausdrücklich aus;
   der Mischung geforderten Pflanzenarten und
   deren Anteile in Gewichts-Prozenten. Orientierung      …… behalten Sie sich für den Fall begründeter Zweifel
   bieten hier die Kataloge und Internetauftritte der        an den Angaben des Saatgutlieferanten die Prü-
   zertifizierten Saatgutanbieter;                           fung des Saatgutes auf seine Zusammensetzung
                                                             und ggf. den Vermehrungsort (durch Stabil-Iso-
…… die Forderung der Vorlage eines unabhängigen              topen-Untersuchung) vor. Dazu kann eine Probe in
   Zertifikates für gebietseigenes Saatgut;                  Anwesenheit von Auftraggeber und -nehmer vor
14/15

   der Ansaat gezogen und geteilt werden;                   von Leistungsbeschreibungen. Ein Beispiel für eine
                                                            Leistungsposition, in der die o. g. Kriterien vollständig
…… alle notwendigen Angaben zur Saatbettvor-                enthalten sind, finden Sie z. B. hier:
   bereitung und Saatgutausbringung, inkl. Flächen-
   neigung, Bodengruppen, Flächengröße und                  www.natur-im-vww.de -> Service ->
   Ansaatzeitraum;                                          Ausschreibung -> Musterleistungsverzeichnis

…… die Feststellung, dass eine Leistungsvergütung
   nur dann erfolgt, wenn dem Auftraggeber die
                                                            Entscheidend für den Erfolg einer zielgerichteten
   Gelegenheit gegeben war, die o. g. Punkte mit
                                                            Begrünung mit gebietseigenem Saatgut sind ein
   ausreichender Zeit vor der Ansaat zu überprüfen.
                                                            entsprechend gestaltetes Leistungsverzeichnis und
                                                            eine gut unterrichtete örtliche Bauüberwachung.
Die Formulierung dieser Angaben als rechtssichere           Für größere Vorhaben mit standörtlich angepassten
Ausschreibungsposition wird naturgemäß umfangrei-           Mischungen, Einzelsaatgutlieferung und / oder
cher als die bisher für Saatgutlieferung meist ver-         verstärktem Nachweis- bzw. Dokumentationsauf-
wendeten Ausschreibungstexte. Bei der Formulierung          wand ist die Einbeziehung von Fachleuten z. B. als
dieser Leistungspositionstexte sind auch immer die          Ökologische Baubegleitung immer hilfreich und oft
Entwicklungen in der Rechtsprechung zu beachten.            auch notwendig!
                                                            In den Baubesprechungen sollten verbindliche Nach-
Daher verweisen wir an dieser Stelle auf die ein-           weispflichten und Kriterien der Abnahmefähigkeit
schlägigen Seiten der Saatgutanbieter und Entwickler        (Deckungsgrad nach Fertigstellung, Vegetationstyp)
                                                            vereinbart werden.

3.5 Zertifizierungssysteme für gebietseigenes Saatgut

Zertifikate für gebietseigenes Saatgut belegen dessen       Im Falle des Qualitätsprogrammes „VWW-Regiosaa-
Herkunft aus einem entsprechenden Ursprungsgebiet.          ten®“ ist zudem eine hohe Transparenz dieses Zerti-
                                                            fikates festzustellen. Beim VWW e.V. als Träger dieses
Derzeit befinden sich zwei privatwirtschaftliche Zertifi-   Labels existieren unter anderem eine unabhängige
zierungssysteme am Markt, nach denen gebietseigene          und ehrenamtlich tätige Zertifizierungs- und Vergabe-
Gräser und Kräuter kontrolliert werden:                     kommission, eine im Internet verfügbare Darstellung
                                                            aller produzierten Arten je Ursprungsgebiet, und
…… das Qualitätsprogramm „VWW-Regiosaaten®“ des             jährlich durchgeführte öffentliche „Wildpflanzentage“
   Verbandes deutscher Wildsamen- und Wildpflan-            in allen Produktionsräumen. Das ermöglicht den
   zenproduzenten e.V. (VWW)                                planenden, ausschreibenden und kontrollierenden
                                                            Stellen ein komfortableres Arbeiten.
…… das Qualitätsprogramm „Regiozert®“ des Bundes-
   verbandes deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BdP)           Details siehe:
Beide Qualitätsprogramme unterscheiden sich gering-         http://www.natur-im-vww.de/wildpflanzen/
fügig. Unabhängige Auditoren überprüfen die lücken-         vww-regiosaaten/zertifikat/
lose Dokumentation von der zwingend notwendigen             http://www.bdp-online.de/de/Branche
Genehmigung der geregelten Entnahme des Ver-                /Saatguthandel/RegioZert/
mehrungsmaterials aus den Naturbeständen (auch
für nicht geschützte Arten), über die Ernteprotokolle,
den Feldanbau bis zu Lagerhaltung und den Verkauf.
Zertifiziert werden Betriebe bzw. Produktionszweige.
Den zeitlich begrenzt geltenden Zertifikaten liegen
die detaillierten Prüfungen der Dokumentationen von
stichprobenhaft ausgewählten Arten zugrunde.
4   Gebietseigene Gehölze

    4.1 Vorkommensgebiete

    Deutschland ist derzeit in sechs Vorkommensgebiete                             Die exakten Grenzen der Vorkommensgebiete für
    für gebietseigene Gehölze unterteilt (siehe nach-                              ganz Deutschland sind derzeit nicht digital verfüg-
    folgende Karte). Im Gegensatz zu den gebietseigenen                            bar, werden aber noch in 2019 in den Kartendienst
    Gräsern und Kräutern existieren für die Gehölze keine                          des Bundesamtes für Naturschutz integriert (https://
    Produktionsräume. Die Produktion in den Baumschulen                            geodienste.bfn.de/schutzgebiete?lang=de). Eine
    darf demzufolge an beliebigen Orten auch außerhalb                             verbale Beschreibung der ihr zugrunde liegenden
    des Vorkommensgebietes erfolgen. Im Interesse einer                            „ökologischen Grundeinheiten“ forstlicher Herkunfts-
    leichter nachvollziehbaren und regional wertschöpfen-                          gebiete finden Sie hier http://fgrdeu.genres.de/
    den Produktion ist jedoch anzustreben, die Gehölz-                             index.php?tpl=fv_oekGe
    vermehrung in jeweils genau dem Vorkommensgebiet                               Die digitale Abgrenzung der zwei Vorkommensge-
    zu realisieren, aus dem das Ausgangsmaterial stammt,                           biete (VKG 2 und 3), an denen der Freistaat Sachsen
    und in dem die pflanzfähigen Gehölze wieder aus-                               Anteil hat, ist hier zu finden: http://www.umwelt.
    gebracht werden sollen.                                                        sachsen.de/umwelt/natur/24841.htm

    Vorkommensgebiete gebietseigener Gehölze in Deutschland14

                                                  Kiel                                                        Nordostdeutsches
                                                                                                        1     Tiefland
                                                             • Schwerin
                                              • Hamburg

                                   • Bremen
                                                  1                                                           Mittel- und Ostdeutsches
                                                                                                        2     Tief- und Hügelland
                                          Hannover                               • Berlin
                                                                    Potsdam

                                                               • Magdeburg

                                                                                                              Ostdeutsches Hügel-
                                                                          2                             3     und Bergland
             • Düsseldorf
                                                                              Dresden
                                                         • Erfurt
                               4
                                                                                                              Westdeutsches Bergland
                                                               3                                        4     mit Oberrheingraben
                            • Wiesbaden

                                                  5                                                           Schwarzwald, Württembergisch-
                                                                                                        5     Fränkisches Hügelland und
                                    • Stuttgart                                                               Fränkisch-Schwäbische Alb

                                                         6     • München
                                                                                                        6     Alpen und Alpenvorland

    14 Die Karte wurde abgestimmt im Arbeitskreis „gebietseigene Gehölze“, der seit Juni 2010 am Bundesumweltministerium existiert, und im
       „Leitfaden zur Verwendung gebietseigener Gehölze“ 2012 veröffentlicht:
       https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/recht/Dokumente/leitfaden_gehoelze_.pdf
16/17

4.2 Artenauswahl für Gehölzpflanzungen
Woher wissen Sie, welche Arten Sie im entsprechenden Vorkommensgebiet
verwenden können?

Im bundesweiten Leitfaden zur Verwendung gebiets-                     den dort definierten forstlichen Herkunftsgebieten
eigener Gehölze 15 wurde 2012 eine „Positivliste“ von                 unterliegen, was eine gesonderte Vorgehensweise
55 prinzipiell verwendungsfähigen gebietseigenen                      notwendig macht.
Gehölzarten für ganz Deutschland festgelegt. In
dieser Liste sind aber auch (Unter-)Arten enthalten,                  Deshalb wurde im Freistaat Sachsen eine einge-
die sich in der Praxis schwer unterscheiden lassen                    schränkte Liste von Arten erarbeitet 16, die häufig
(Subspecies der Weißdorne und Rosen). In dem Leit-                    verwendete Arten (so genannte „Massen-Gehölze“)
faden sind gleichzeitig Gehölzarten aufgeführt, die                   außerhalb der Zuständigkeit des Forstvermehrungs-
dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) und damit                        gutgesetzes enthält:

  Deutscher Name                                 wissenschaftlicher Name                            Vorkommen          Vorkommen
                                                                                                     im VKG 2           im VKG 3

  Feld-Ahorn                                     Acer campestre                                            x

  Blutroter Hartriegel                           Cornus sanguinea ssp. sanguinea                           x                  x

  Gewöhnliche Hasel                              Corylus avellana                                          x                  x

  Weißdorn-Arten                                 Crataegus spec.                                           x                  x

  Besenginster                                   Cytisus scoparius                                         x                  x

  Europäisches Pfaffenhütchen                    Euonymus europaea                                         x                  x

  Faulbaum                                       Frangula alnus                                            x                  x

  Färberginster                                  Genista tinctoria ssp.tinctoria                           x                  x

  Schwarze Heckenkirsche                         Lonicera nigra                                                               x

  Rote Heckenkirsche                             Lonicera xylosteum                                        x

  Auen-Traubenkirsche                            Prunus padus ssp. padus                                   x                  x

  Gewöhnliche Schlehe                            Prunus spinosa ssp. spinosa                               x                  x

  Purgier-Kreuzdorn                              Rhamnus cathartica                                        x                  x

  Hundsrosen-Gruppe                              Rosa canina agg.                                          x                  x

  Schwarzer Holunder                             Sambucus nigra                                            x                  x

  Roter Holunder                                 Sambucus racemosa                                                            x

  Silberweide                                    Salix alba                                                x                  x

  Ohrweide                                       Salix aurita                                              x                  x

  Salweide                                       Salix caprea                                              x                  x

  Purpurweide                                    Salix purpurea                                            x                  x

  Korbweide                                      Salix viminalis                                           x                  x

  Gewöhnliche Eberesche                          Sorbus aucuparia ssp. aucuparia                           x                  x

  Gewöhnlicher Schneeball                        Viburnum opulus                                           x                  x

15 https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/recht/Dokumente/leitfaden_ge-     16 abgestimmt zwischen dem Deutschen Verband für Land-
   hoelze_.pdf                                                           schaftspflege (DVL), dem Staatsbetrieb Sachsenforst (SBS), dem
                                                                         Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
                                                                         (LfULG) und dem Bund deutscher Baumschulen-Landesverband
                                                                         Sachsen (BdB)
In Sachsen werden seit 2010 fortlaufend für diese                     Konflikte mit den festgelegten Schutzverordnungen
Arten Naturbestände identifiziert, die eine Beerntung                 zu vermeiden und die Beerntung zu vereinfachen.
von Ausgangsmaterial für die Produktion gebiets-                      Eine Beerntung ist in jedem Fall nur mit Genehmigung
eigener Gehölze prinzipiell ermöglicht.17 Insgesamt                   der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde erlaubt;
wurden bislang 460 Vorkommen erfasst. Diese ver-                      zudem muss das Einverständnis der Flächeneigentü-
teilen sich in ganz Sachsen, in Wald und Offenland,                   mer eingeholt werden. Um diese Situation zukünftig
und zum Teil in Schutzgebieten unterschiedlicher                      zu verbessern, werden mit Förderung des Sächsischen
Kategorie. Aktuell (Stand Februar 2019) findet eine                   Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft
Nachkartierung und Evaluierung dieser Naturbestände                   derzeit Vermehrungs- und Ernteplantagen durch den
statt. Dabei sollen möglichst Bestände außerhalb von                  Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V.
Naturschutzgebieten identifiziert werden, um                          in Sachsen initiiert.1819

Erntebestände ausgewählter gebietseigener
Gehölzarten in Sachsen (Stand 2012)19

                           Leipzig
                                                                                                                      Görlitz

                                                                        Dresden

                                  Chemnitz

                                                                      Weiße Linie innerhalb Sachsens: Grenze zwischen
                 Plauen
                                                                      den Vorkommensgebieten „Ostdeutsches Hügel- und
                                                                      Bergland“ (VKG 3, im Süden) und „Mittel- und Ost-
                                                                      deutsches Tief- und Hügelland“ (VKG 2, im Norden).

                                                                      Dunkelgrüne Punkte: Ernte-Bestände (insgesamt 460)
                                                                      des Erntebestandsregisters gebietseigener Gehölze im
                                                                      Freistaat Sachsen.

17 „Erntebestandsregister gebietseigener Gehölze in Sachsen“,         18 https://divergen.lpv.de/
   digitale Verortungen der Bestände in der zentralen Art-Datenbank   19 QuantumGis, Darstellung auf Grundlage von Daten des LfULG mit
   des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und            den WMS-Geodaten-Diensten des Staatsbetriebes Geobasisinfor-
   Geologie                                                              mation und Vermessung Sachsen
18/19

Wie ist die Herkunft aus einem                               Im Falle einer Beerntung von Ausgangsmaterial
bestimmten Vorkommensgebiet                                  erhält die Ernte-Charge zudem eine Ergänzung ihrer
dokumentiert?                                                ID-Nummer um das Erntejahr. Die Bezeichnung
                                                             „2015-3-SN-Psp-01“ bedeutet somit: „Im Jahr 2015
Alle Gehölzarten innerhalb der sächsischen Ernte-            im Vorkommensgebiet 3 des Freistaates Sachsen
bestände sind jeweils mit einer eindeutigen Identi-          beernteter gebietseigener Schlehenbestand der
fikationsnummer versehen, so dass im gesamten                fortlaufenden Register-Nummer 01“. Wurde eine
Anzuchtprozess in den Baumschulen jederzeit auf die          Ökotypenmischung aus Erntegut mehrerer Schlehen-
konkrete Herkunft des Pflanzgutes geschlossen werden         bestände des Vorkommensgebietes erzeugt, so ergibt
kann. Diese ID-Nummer setzt sich zusammen aus:               sich eine Gesamt- ID-Nummer aus allen beteiligten
                                                             Erntebeständen, z. B. „2015-3-SN-Psp-01/02/03“.
…… der Nummer des Vorkommensgebietes
   (VKG 2/3)
                                                             Die Bestandsregister gebietseigener Gehölze anderer
                                                             Bundesländer verwenden jeweils etwas andere
…… einem Kürzel für den Freistaat Sachsen (SN)               Bezeichnungen. So erhalten beispielsweise in Bayern
                                                             und Brandenburg an gleichem Ort gemeinsam vor-
…… einem Kürzel für die Gehölzart (z. B. Psp für             kommende gebietseigene Arten jeweils die gleiche
   Prunus spinosa – Schlehe)                                 Bestands-ID-Nr., unterscheiden sich dann aber klar
                                                             durch die Gehölzbezeichnungen. Eine Rückverfolgung
…… einer zweistelligen Zahl gemäß der fortlaufenden          ist immer möglich.
   Nummer für die sächsischen Erntebestände der
   betreffenden Gehölzart im jeweiligen VKG.                 Umfangreiche Erntebestandsregister existieren in
Eine vollständige ID-Nummer sieht damit beispiels-           Sachsen, Brandenburg, Bayern, Thüringen und Ba-
weise so aus: „3-SN-Psp-01“ (= für das VKG 3                 den-Württemberg, jedoch in unterschiedlicher Form 20.
gebietseigene Schlehe aus dem sächsischen Erntebe-
stand mit der Register-Nr. 01). Befinden sich mehrere        Hinweis: Die sächsischen Bestände sind als digitaler
gebietseigene Arten gemeinsam in einem Bestand               Datensatz in der zentralen Artdatenbank des
(z. B. Schlehe und Rose innerhalb einer gebietseigenen       Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft
Hecke), so hat dennoch jede Art eine eigene ID-Nr.           und Geologie hinterlegt. Sie sind z. B. als GIS-Shapes
(z. B. 3-SN-Psp-01 und 3-SN-RosCan-05).                      oder Excel-Tabellen dort auch erhältlich.

Bestimmung von Rosen-Arten im Sächsischen Vogtland für das
Erntebestands-Register.
                                                             20 Das Ernteregister gebietseigener Gehölze in Brandenburg ist als
                                                                einziges deutschlandweit für jedermann online zugänglich:
                                                                https://forst.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/
                                                                reggebietsheim.pdf
Sind alle Arten bereits auf dem Markt verfügbar?

Die Positivliste der gebietseigenen Gehölze für         mensgebiete benachbarter Bundesländer zurück-
Sachsen bildet nicht die aktuellen tatsächlichen Ver-   gegriffen werden. Die Liste ist nicht als Ausschlussliste
fügbarkeiten des betreffenden Pflanzgutes am Markt      zu verstehen. Weitere Arten, die sich vegetativ
ab. Dieser befindet sich in Sachsen noch im Aufbau,     vermehren lassen (z. B. Salix spec.), regional verbreitet
und die Verfügbarkeit einzelner Arten nimmt ständig     sind (z. B. Lonicera nigra, Ribes alpinum) oder auch die
zu. In der Übergangszeit kann deshalb bei Ausschrei-    Wildobstarten Malus sylvestris und Pyrus pyraster sind
bungen und Pflanzungen ergänzend auf zertifizierte      ebenso ausschreibungsfähig.
gebietseigene Gehölz-Sortimente derselben Vorkom-

Was ist beim Einsatz von Arten zu berücksichtigen, die dem
Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegen?

Die zusätzliche Verwendung von Forstbaumarten (z. B.    Anhand dieser Registernummer kann der Herkunfts-
Prunus avium, Carpinus betulus) in der freien Natur     ort des Gehölzes einem der acht Vorkommensgebiete
bedarf der exakten Zuordnung ihrer Herkunft zu          zugeordnet werden.
den Vorkommensgebieten gebietseigener Arten. Zu
diesem Zweck muss der genaue Ernteort des Gehölz-       Eine Liste des Staatsbetriebes Sachsenforst für die
saatgutes anhand des Forstlichen Erntezulassungsre-     dem FoVG unterliegenden Arten und die Zuordnung
gisters des jeweiligen Bundeslandes bestimmt werden.    ihrer Herkunftsgebiete zu den Vorkommensgebieten
Dieser trägt eine eindeutige Registernummer, deren      in Sachsen finden Sie unter:
Angabe bei Ausschreibung / Lieferung von Arten des      http://www.wald.sachsen.de/Hke_Textteil.pdf
Forstvermehrungsgutgesetzes zur Pflanzung in der
freien Natur verlangt werden muss.

 Gebietseigener Gehölzbestand bei Leipzig
20/21

4.3 Worauf muss bei der Beschaffung von Gehölzen
geachtet werden?

Gebietseigene Gehölze machen derzeit nur einen          ––   Geben Sie bei jeder Bestellung das Vorkom-
geringen Teil der in der freien Landschaft verwende-         mensgebiet verbindlich vor, so kommen Sie Ihrer
ten Gehölze aus. Da die Erzeugung von gebietseige-           Verantwortung zur Vermeidung von Florenver-
nen Gehölzen eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren            fälschung nach.
benötigt, ist für die Zukunft zu befürchten, dass die
Nachfrage nach gebietseigenen Gehölzen schneller        ––   Verwenden Sie zur Qualitätssicherung nur zerti-
steigen wird als die Erzeugung.                              fizierte Gehölze (Details zu den Zertifikaten für
                                                             gebietseigene Gehölze finden Sie im Kapitel 4.5
Daher sollten Sie bei der Beschaffung von gebiets-           Zertifizierungssysteme für gebietseigene Gehölze).
eigenen Gehölzen grundlegende Vorsichtsregeln
beachten:                                               ––   Überprüfen Sie die ID-Nr. des Ausgangs-Ernte-
                                                             bestandsregisters auf Übereinstimmung mit dem
                                                             von Ihnen geforderten Vorkommensgebiet.

4.4 Vorgehen bei der Ausschreibung gebietseigener Gehölze

Gebietseigene Gehölze sind qualitativ hochwertiges,     …… Die ID-Nummern von durch Landes- oder Land-
regionales Material für Anpflanzungen. Die zentrale        kreisstellen anerkannten Erntebeständen, aus
Qualitätseigenschaft von gebietseigenen Gehölzen           denen das Ausgangsmaterial der zu verwenden-
ist dessen gesicherte Herkunft. Entsprechend ist die       den Gehölze stammt, sind wesentlicher Bestand-
Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung auf die        teil des Herkunftsnachweises. Sie sollten in den
Sicherung dieser Qualitätseigenschaft auszurichten.        Lieferpapieren eindeutig zuordenbar vorhanden
                                                           sein;
Bei Ausschreibung von gebietseigenen Gehölzen
sollte daher Folgendes beachtet werden:                 …… die Forderung der Vorlage eines unabhängigen
Die Textblöcke des Standardleistungskataloges sind         Zertifikates für gebietseigene Gehölze;
bei Ausschreibungen für gebietseigene Gehölze nicht
ausreichend.                                            …… Die Tatsache, dass erfolgreiche Gehölzpflanzun-
                                                           gen in der Regel nur im Herbst und im Frühjahr
Für die notwendige genaue Beschreibung der                 stattfinden können, bedingt eine mitunter
Leistung sollten Sie die nachfolgenden Angaben in die      längerfristige Planung. Marktabfragen und
Leistungspositionen aufnehmen:                             Pflanzungen sollten deshalb zeitnah erfolgen oder
                                                           die Möglichkeit von Vorbestellungen, Vertragsan-
…… die eindeutige Angabe des Vorkommensgebietes,           bau oder Kauf durch den Auftraggeber enthalten
   aus dem die Gehölze verpflichtend stammen               (vorgezogene Gehölzlieferung), die einer haus-
   müssen. Da sich deren Grenzen nicht mit den ad-         haltstechnischen Klärung bedürfen;
   ministrativen Grenzen der Bundesländer decken,
   erstrecken sich die zwei Vorkommensgebiete           …… Die Vereinbarungen zu Baumschulqualitäten von
   (VKG 2 und 3), an denen Sachsen Anteil hat, bis         Gehölzen sind zu beachten (DIN 18916 „Pflanzen
   nach Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen             und Pflanzarbeiten“ der „Gütebestimmungen
   und Bayern. Gebietseigene Sträucher und Bäume           für Baumschulpflanzen“ und der „Gütebestim-
   für Sachsen können demzufolge auch aus diesen           mungen für Stauden“ der Forschungsgesellschaft
   Bundesländern bezogen werden;                           Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL);
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