Gemeinsame Nutzung von GPS und GLONASS im Satellitenpositionierungs-dienst SAPOS

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Gemeinsame Nutzung von GPS und GLONASS im Satellitenpositionierungs-dienst SAPOS
Martin Floth, Wilfried Korth
Gemeinsame Nutzung von GPS und
GLONASS im Satellitenpositionierungs-
dienst SAPOS ®
Mit der Verfügbarkeit weiterer GLONASS-Satelliten streben die Bun-
desländer sukzessiv an, den Satellitenpositionieungsdienst der deutschen
Landesvermessung (SAPOS®) um die GLONASS-Satelliten zu erweitern.
Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Technischen Fachhochschule Berlin
in Zusammenarbeit mit der Landesvermessung und Geobasisinformation
Brandenburg werden die Auswirkungen hinsichtlich Genauigkeit, Zu-
verlässigkeit und Verfügbarkeit im SAPOS®-Dienst mit GPS einerseits
und einer Kombination von GPS/GLONASS andererseits, untersucht.

Einleitung                                    In einer Diplomarbeit an der TFH Berlin
Das amerikanische Satellitennavigations-      wurden die Auswirkungen der Einbezie-
system GPS ist im Vermessungswesen            hung von GLONASS-Satelliten durch
wegen seiner hohen Genauigkeit und            umfangreiche Testmessungen in Gebieten
Verfügbarkeit eine Alternative zu ande-       mit verschieden starken Abschattungen
ren terrestrischen Messverfahren. Durch       untersucht.
ständige Weiterentwicklung und Verbesse-
rung ist es heute nicht mehr aus der Praxis   Testgebiete
wegzudenken. Doch das Monopol in der          Um für den Nutzer verallgemeinerungs-
Satellitennavigation geht dem Ende ent-       fähige Aussagen machen zu können, ist
gegen, denn das von Russland entwickelte      darauf geachtet worden, Messgebiete,
Pendant GLONASS soll bis 2009 wieder          Zeiten und Technologien an die alltäg-
komplett verfügbar sein und auch der          lichen Arbeitsbedingungen anzupassen.
Aufbau des europäischen Systems Galileo       Die Zeiträume der Probemessung la-
steht bevor. Durch Kombination von GPS        gen zwischen 7:30 Uhr und 16:00 Uhr,
und GLONASS (G/G) lässt sich schon jetzt      wodurch ein gewöhnlicher Arbeitstag
mit 12 der 24 zusätzlichen Satelliten eine    repräsentiert werden sollte. Um vom
deutliche Verbesserung der praktischen        Empfängertyp unabhängige Resultate
Anwendungsmöglichkeiten erreichen. Es         zu erhalten, wurden alle Tests mit den
wird erwartet, dass durch die zusätzlichen    neuesten GNSS-Empfängern (Global
Satelliten die Genauigkeit, Zuverlässigkeit   Navigation Satellite System) der beiden
und vor allem die Verfügbarkeit verbessert    führenden Hersteller (Leica und Trimble)
wird, besonders in Gebieten in denen durch    durchgeführt. Alle Messungen wurden mit
Abschattungen die Messungen nur mit           Hilfe des Echtzeitpositionierungsdienstes
GPS, stark eingeschränkt sind.                SAPOS® realisiert.

ermessung Brandenburg                                                           - 67 -
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Die Messungen fanden zum größten Teil im   Testgebiete realisieren. Diese sind nach-
Land Brandenburg, südlich von Potsdam      stehend, nach dem Grad der Abschattung
statt. Hier ließen sich alle gewünschten   geordnet, aufgelistet:
• ohne Abschattung (Flughafen Saarmund, ohne Bild)
• mit geringer Abschattung (Einfamiliensiedlung in der Alleestraße mit wenig Vege-
  tation)

• mit mäßiger Abschattung (Doppelhaussiedlung zwei-drei Etagen mit wenig Vege-
  tation)

• starker Abschattung (Einfamilienhaussiedlung in der Birkenallee mit viel Vegetation
  hohe Laubbäume)

                                           • sehr starke Abschattung (Berliner Stra-
                                             ßenschlucht, Altbau 5 Etagen, Driesener
                                             Straße)

                                           Durchführung der
                                           Untersuchungen
                                           Die Untersuchungen erfolgten in drei
                                           Schritten. Zuerst wurde die Genauigkeit
                                           betrachtet. Danach stand die Zuverlässig-
                                           keit im Vordergrund der Analysen. Die
                                           größte Aufmerksamkeit ist jedoch auf die
                                           Verfügbarkeit gelegt worden, da hier die
                                           Erwartungen am größten waren.

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Genauigkeit                                  systematischen Abweichungen untersucht.
                                             Es konnten jedoch keine systematischen
Die Untersuchung der Genauigkeit wur-        Fehler, weder bei Messungen mit GPS
de unter vier Gesichtspunkten durchge-       noch mit GPS & GLONASS, festgestellt
führt:                                       werden.
 • Signifikanztest                             Alle Ergebnisse der Untersuchung der
 • Auftreten von systematischen Fehlern      Standardabweichung sind sehr ähnlich
 • Streckenvergleich zwischen den Punkten    sowie unabhängig vom eingesetzten Ge-
 • Standardabweichungen                      rätetyp. Beispielhaft ist eine Grafik aus
   Bei den Signifikanztests sind keine       der Vielzahl der Berechnungen dargestellt
signifikanten Abweichungen zwischen          (siehe unten).
den Messungen mit GPS und denen mit            In dem dargestellten Diagramm kann
GPS & GLONASS gemeinsam in den               man deutlich erkennen, dass die Werte
3D-Koordinaten festgestellt worden. Das      der Standardabweichung mit dem Grad
bedeutet, eine Untersuchung der absoluten    der Abschattung (von links nach rechts)
Genauigkeitssteigerung ist nicht sinnvoll.   erwartungsgemäß ansteigen. Die Anzahl
Bei Abweichungen von den Sollkoordi-         der Satelliten sank durch die Abschattung
naten kann nicht entschieden werden, ob      bis auf die Hälfte und die Empfänger-Sa-
Messungen mit GPS oder Messungen mit         telliten-Geometrie wurde dadurch sehr
GPS & GLONASS eine höhere absolute           stark beeinflusst. Doch unabhängig vom
Genauigkeit liefern.                         Grad der Abschattung ist kein weite-
   Um systematische Fehler zu entdecken,     rer Trend erkennbar. Beim direkten Ver-
wurden alle Messungen nach möglichen         gleich der beiden Technologien GPS und

Abb.: Lage-Standardabweichung in Meter

ermessung Brandenburg                                                          - 69 -
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GPS & GLONASS sind keine sichtbaren         Untersuchung der Zuverlässigkeit auf der
Verbesserungen oder Verschlechterungen      Gegenüberstellung der Anzahl von GPS-
der Genauigkeit zu beobachten. Selbst in    Satelliten einerseits und GPS & GLO-
Gebieten mit gleicher Abschattung sind      NASS-Satelliten andererseits.
Differenzen der Standardabweichungen,          In dem folgenden Diagramm ist die
wechselseitig zum Vorteil für GPS oder      durchschnittliche Anzahl der Satelliten
GPS & GLONASS aufgetreten. Dies ist         in den unterschiedlichen Abschattungs-
bei beiden Empfängertypen in derselben      kategorien dargestellt. Es wird deutlich,
Weise zu erkennen.                          dass durchschnittlich drei GLONASS-
  Daraus lässt sich schlussfolgern, dass    Satelliten zu den vorhandenen GPS-Satel-
die bloße Steigerung der Satellitenanzahl   liten hinzukommen. In den verschiedenen
(siehe Abschnitt Zuverlässigkeit) um ma-    Abschattungsklassen steigt die Anzahl der
ximal 50 % nicht automatisch eine Genau-    Satelliten um ca. 50 % an. Schon diese
igkeitssteigerung zur Folge hat.            50 % versprechen eine höhere Zuver-
  Mit dem vollständigen Ausbau von          lässigkeit auch in Gebieten mit stärkerer
GLONASS könnte diese Feststellung aber      Abschattung.
hinfällig werden.                              Mit GLONASS sind zwar durchschnitt-
                                            lich drei Satelliten mehr verfügbar, aller-
Zuverlässigkeit                             dings gibt es im Laufe eines Tages große
Bei geometrischen Problemen steigt die      Schwankungen. Während zu Spitzenzeiten
Zuverlässigkeit eines Systems mit der An-   bis zu fünf russische Satelliten verfügbar
zahl der Messwerte. Deshalb beruhte die     sind, kann es vorkommen, dass keine

                                                               Anzahl GLONASS-Satelliten
                                                               Anzahl GPS-Satelliten

Abb.: Durchschnittliche Anzahl von Satelliten in verschiedenen Abschattungsgebieten

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GLONASS-Satelliten sichtbar sind. Die           Testgebiet       Gewinn bei möglichen
Zuverlässigkeit wird also nur zeitweise                            Initialisierungen
erhöht.
                                                Flugplatz                  8%
                                                Alleestr.                 15 %
Verfügbarkeit
                                                Doppelhaus                30 %
Die Verfügbarkeit wurde anhand zweier           Birkenallee                4%
Faktoren beurteilt. Zum einen ist die An-
zahl der erfolgreichen Initialisierungen        Jedoch wurde auch festgestellt, dass
der RTK-Systeme in den verschiedenen          gerade in stark abgeschatteten Gebieten
Gebieten untersucht worden und zum            (Häuserschluchten) der Vorteil der Hinzu-
anderen wurden die gemessenen Zeiten bis      nahme von GLONASS-Satelliten gering
zur Initialisierung gegenübergestellt.        ausgefallen ist.
   Es wurde deutlich festgestellt, dass mit     Weiterhin wurde ein weiteres Phäno-
der Hinzunahme von GLONASS wesent-            men bei den Testmessungen festgestellt,
lich mehr Initialisierungen möglich waren,    das von den Gerätefirmen jedoch nicht
die zu Koordinatenergebnissen führten. In     bestätigt wurde: es ist nicht die Gesamtan-
der folgenden Tabelle sind die Mittelwerte    zahl aller empfangenen Satelliten, sondern
gemeinsam für beide Empfängertypen            lediglich die Anzahl der empfangenen
in den einzelnen Untersuchungsgebieten        GPS-Satelliten entscheidend dafür, ob ein
zusammengestellt.                             SAPOS ®-Rover initialisiert werden kann.

Abb.: Ergebnisse der Verfügbarkeitsuntersuchung

ermessung Brandenburg                                                             - 71 -
Diese Vermutung wurde mit zusätzlichen         darf der Nutzer heute jedoch noch keine
Messungen bei starken Abschattungen            revolutionären Verbesserungen durch die
und ohne Abschattung auf dem Dach der          Einbeziehung von GLONASS erwarten.
TFH überprüft. Die Untersuchungen be-            Im Jahre 2009 soll GLONASS vollstän-
stätigten, dass es ohne eine ausreichende      dig ausgebaut sein. Auch die Technolo-
Anzahl von mindestens 5 GPS-Satelliten         gien, die Rechnerkapazität in den Rover-
bei beiden Gerätesystemen zu keiner Ini-       systemen sowie die Softwarealgorithmen
tialisierung kommt.                            werden sich bis dahin weiterentwickeln.
   Das erklärt wiederum den niedrigen          Damit könnten eventuell die bereits heute
Gewinn der Verfügbarkeit in stark ab-          „versprochenen” Sprünge in Genauig-
geschatteten Gebieten mit zusätzlichen         keit, Zuverlässigkeit und vor allem in der
GLONASS-Signalen. Denn hier werden             Verfügbarkeit erreicht werden. Daher ist
zu wenig GPS-Signale empfangen, um             es zu begrüßen, dass die Bundesländer
eine Initialisierung zu erreichen.             schon heute bereits mit dem Nachrüsten
                                               ihrer Referenzstationen mit GLONASS-
Fazit und Ausblick                             Signalen beginnen. Darüber hinaus soll
Es kann festgestellt werden, dass in der Ge-   das europäische System Galileo ab 2012
nauigkeit keine spürbaren Verbesserungen       teilweise verfügbar sein. Ferner ist eine
durch Hinzunahme von GLONASS-Satel-            zusätzliche dritte GPS-Frequenz geplant,
liten zu bemerken sind. Die Zuverlässigkeit    welche das Problem der Lösung der Pha-
wird durch die großen Schwankungen der         senmehrdeutigkeit stark vereinfachen und
Anzahl der GLONASS-Satelliten inner-           so eine Genauigkeitssteigerung nach sich
halb eines Tages nur zeitweise erhöht.         ziehen wird.
   Die operative Nutzerverfügbarkeit
von SAPOS ® konnte durch Hinzunahme                                                   
der GLONASS-Satelliten gebietsweise
verbessert werden. Der erhoffte Verfüg-
barkeitssprung gerade in Gebieten mit
sehr starken Abschattungen (z.B. Häuser-
schluchten) blieb vorerst aus.
   Die zusätzlichen Testmessungen be-
stätigen die Vermutung, dass nicht die
Gesamtanzahl der Satelliten über eine Initi-
alisierung entscheidet, sondern die Anzahl
der GPS-Satelliten. Somit ist heute noch
kein kompromissloses Zusammenarbeiten
beider Satellitensysteme erreicht.
   Obwohl das GLONASS-Raumsegment
zur Zeit nur zu 50 % ausgebaut ist, kön-
nen bereits jetzt Verbesserungen in der
Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit durch
die Hinzunahme der GLONASS-Satel-
liten nachgewiesen werden. Insgesamt

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