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Prof. Dr. Achim Spiller (mit Dr. Anke Zühlsdorf und Dr. Dominic Lemken) Noch ein Label? Klimalabel! - Gestaltungsempfehlungen für ein Klimalabel auf Lebensmitteln Vortrag Koordinierungsstelle Transformationsforschung agrar Niedersachsen 14.01.2021 1
Agenda § Grundsatzfrage: Brauchen wir überhaupt ein Klimalabel? Warum am Ende der Wertschöpfungskette ansetzen? § Klimarelevanz des Ernährungsverhaltens § Warum für VerbraucherInnen wichtig § Klimalabel 2.0: Unternehmen als Treiber § Welches Label-Konzept funktioniert? § Fazit 2
Globale Herausforderung: Senkung der CO2-Emissionen pro Kopf USA Deutschland China Indien 15,0 t 8,9 t 6,6 t 1,6 t Quelle: International Energy Agency EU-Klimaschutzziel: Klimaneutral bis 2050 3
Wege zu einer klimafreundlichen Ernährung 1. Einfache Handlungsregeln wie: ü Konsum tierischer Erzeugnisse verringern ü Keine Flugwaren ü Saisonal-regional einkaufen (in dieser Kombi) 2. Aber in der Praxis bleiben viele Fragen: Ø Ist die Avocado wirklich klimafreundlich? Ø Ist der Apfel aus Chile nicht klimaschädlicher als mein Geflügelfleisch aus D? Ø Welchen Einfluss hat die Verpackung auf das Klima? Ø ... Bild: © G. Altmann 4
Tomateneinkauf im November: Welche Tomate ist klimafreundlicher, welche soll ich kaufen? Im Handel stehen (u. a.) zur Wahl: § Frische Tomaten ü lose / abgepackt ü Italien / Spanien / Niederlande / Region Spannweite der Treibhausgasbelastung 1 kg Tomaten: < 500 g bis 5 kg CO2eq 5
Tomatenanbau: Konsumenteneinschätzung Klimawirkung Quelle: Jürkenbeck et al. (2019) Durchschnitt aller Befragten (n=1.027) Plastikverpackung 4,1 LKW-Transport 3,79 beheiztes Gewächshaus 3,45 Folientunnel 3,1 Bio-Anbau 1,76 Freiland Anbau 1,75 regionaler Anbau 1,75 1 2 3 4 5 sehr klimafreundlich sehr klimaschädlich 6
Treibhausgasemissionen (kg CO2eq) pro kg Lebensmittel Nüsse Schwein Gemüse Getreide Reis Hähnchen Krabben Butter Rind 0,37 0,5 1,20 2,55 3,65 5,77 7,88 9,25 26,61 0,42 0,51 1,29 3,46 5,64 8,55 25,58 Obst Hülsen- Milch Eier Sahne Käse Lamm früchte Tomate Spargel beheiztes Gewächshaus Flugtransport Quelle: Clune et al. (2017); umfasst die Emissionen von der Landwirtschaft bis zum Handel (Gemüse ohne Flugtransport und ohne beheizte Gewächshäuser) Ø Flugtransport und Produktionssystem sind für Konsumenten (derzeit) nicht zu erkennen Ø Zentrale Bedeutung des Ernährungsstils –Auswahl der Lebensmittelkategorien 7
Forschungsergebnisse zu Verbraucherverhalten und Klima § Unterschiede im Ernährungsstil haben einen deutlichen Einfluss auf die Klimabelastung: jährlich Ø 2t CO2Äq pP, klimabewusste Ernährung: 1t CO2Äq, bei hohem Anteil klimaschädlicher Produkte: >3t CO2Äq (Chen et al. 2019) § Bisher können VerbraucherInnen THG-Emissionen in kg-CO2-Äquivalente nicht wirklich einschätzen – kein „Gefühl“ dafür, keine Größenordnungen ü Studienergebnisse Schätzwerte für THG-Emissionen: Ergebnisbeispiele Rindfleisch: 54, Linsen: 38, Tofu: 36, Eier: 35) (Shie et al. 2018) ü Aber: THG-Emissionen zwischen Rindfleisch und Linsen unterscheiden sich um den Faktor 40 und nicht 1,4 (Clune et al., 2017). § Extreme Spannweiten der Einschätzungen, Überschätzung des Transportes (Jürkenbeck et al. 2019), Unterschätzung der Landwirtschaft (Methan- u. Lachgasproblematik) (Camilleri et al. 2019) § Relevanz von Fleisch wird langsam stärker erkannt, Unterschätzung von Milch und Käse (Eigene, noch unveröffentlichte Studienergebnisse) 8
Nachhaltigkeitsbezogene Eigenschaften häufig nicht erkennbar ist sehr gut / gut am Produkt erkennbar ist mir sehr wichtig / wichtig n = 1.035, Quotenauswahl bevölkerungsrepräsentativ 20,8% Ob das Lebensmittel aus tierfreundlicher Haltung stammt, ... 78,5% 20,0% Wie gesund das Lebensmittel ist, ... 74,0% 6,5% Ob soziale Aspekte eingehalten werden (Arbeitsschutz, Kinderarbeit etc.), ... 70,3% 19,9% Wie umweltfreundlich die Produktion des Lebensmittels ist, ... 66,6% 71,2% Ob es sich um ein Bioprodukt handelt, ... 46,3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Angaben in % aller gültigen Antworten; 5-stufige Skala von „stimme voll u. ganz zu“ bis „stimme überhaupt nicht zu“; Quelle: Zühlsdorf et al. (2018) 9
Fleischatlas 2021: Studie von Zühlsdorf & Partner mit Universität 10 Göttingen (Lehrstuhl für Lebensmittelmarketing)
Entwicklungen in der Wirtschaft: Klimalabel 2.0 § Klimalabel 1.0 in UK, Frankreich: Gescheitert an zu großen Ambitionen, damals fehlender Datenverfügbarkeit und unausgereiften Methoden § Jetzt: Klimalabel 2.0, vorangetrieben durch große Player, viel mehr wissenschaftliche Daten, neue Softwarelösungen, mehr Dienstleiter, erheblich weiter fortgeschrittene gesellschaftliche Klimadiskussion Quellen https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2020-09/50685453-nestle-unterstuetzt-ueberraschend-initiative-fuer-klima-label-003.htm, 11 https://www.codecheck.info/news/CodeCheck-zeigt-Dir-ab-sofort-den-Klima-Score-396416
Zwischenfazit § Klimalabel kein Allheilmittel – und sicher nicht das wichtigste Klimaschutzinstrument § Aber: ü Von den Bürgern gewünscht ü Direkte Effekte (Kaufverhalten) wahrscheinlich begrenzt, aber das Instrument ist auch nicht teuer (daher effizient) ü Indirekte Effekte mindestens genauso wichtig (Klimarelevanz verstehen, Klimabildung) ü Industrie arbeitet intensiv an dem Thema ü Klimalabel werden kommen ... § Nächste Frage: Welches Klimalabel – wie gestalten, damit es hilft? 12
Formen der Klimakennzeichnung nach Kennzeichnungsgegenstand (Übersicht) Mehrstufiges, Kompensations- Reduktions- Mehrstufiges, Typ Best-in-Class Label CO2-Äquivalente interpretatives Label + label Label interpretatives Label CO2-Äquivalente THG-Emissionen sind Bewertung der Reduktion der Bewertung der signifikant niedriger als CO2-Foodprint, (absoluten) THG- Was wird Kompensation der vorherigen THG- (absoluten) THG- der Durchschnitt der Treibhausgasemissionen Emissionen mittels gekennzeichnet? Treibhausgase Emissionen um einen Emissionen mittels Warengruppe oder (absoluter Wert in kg) farblicher Kennzeichnung bestimmten Prozentsatz farblicher Kennzeichnung Marktführer und absoluter Wert in kg Ampelfarben: „X % weniger „Besonders THG in kg CO2-e / kg Ampelfarben und THG in Claim „Klimaneutral“ Dunkelgrün = sehr Treibhausgase“ klimafreundlich” Produkt kg CO2-e / kg geringe THG usw. Climatop, Carbon trust Vergleichbar zum Nutri- Beispiel Atmosfair Arla Foods Oatly Eigener Vorschlag lower carbon Score Für Verbraucher leicht Fördert Produkt- Fördert Produkt- Fördert Produkt- Fördert Ernährungsstil- Farbskala für wenig verständlich, motivie- verbesserungen, aber verbesserungen, aber verbesserungen, aber änderungen, exakt, involvierte Verbraucher* Beurteilung rend, fördert Ernäh- keine Ernährungsstil- keine Ernährungsstil- keine Ernährungsstil- verlangt hohes innen, Detailwerte als rungsstiländerungen, änderungen. änderungen. änderungen. Involvement. Wettbewerbsanreiz aber grobe Einteilung. 13
Unser Vorschlag: Merkmale für ein erfolgreiches Klimalabel Auf allen Lebensmitteln + GV/Systemgastronomie Bezugsbasis Gewicht Auf Durchschnittswerten basierend (zum Einstieg, firmenspezifische Werte möglich) Mehrstufig (differenzierbar) Interpretatives Label (mit Farben und Zahlen) https://agrardebatten.blog/2020/07/07/klimalabel-auf-lebensmitteln/ Staatlich Verpflichtend 14
Label-Picking? Zielrichtung: Möglichst verbindliche Label für zentrale Nachhaltigkeitseigenschaften (WBAE 2020) § Nutri-Score § Klimalabel § Tierschutzlabel § Bio und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft 15
Fazit: Ein Klimalabel ist sinnvoll und machbar! 16
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