Gemeinschafts-diagnose - Deutsche Wirtschaft stagniert - Jetzt Wachstumskräfte stärken - RWI Essen
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Gemeinschafts- diagnose Deutsche Wirtschaft stagniert – Herbst 2014 Jetzt Wachstumskräfte stärken
Dienstleistungsauftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie Der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose gehören an: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. www.diw.de in Kooperation mit: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung www.wifo.ac.at ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. www.ifo.de in Kooperation mit: KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich www.kof.ethz.ch Institut für Wirtschaftsforschung Halle www.iwh-halle.de in Kooperation mit: Kiel Economics www.kieleconomics.de Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung www.rwi-essen.de in Kooperation mit: Institut für Höhere Studien Wien www.ihs.ac.at Impressum Abgeschlossen in Berlin am 7. Oktober 2014 Herausgeber: Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Bezug: DIW Berlin, Mohrenstraße 58, 10117 Berlin Bezugspreis: 10 Euro Satz: eScriptum GmbH & Co KG, Berlin Druck: USE gGmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten
Vorwort Die Institute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiag Im Vorfeld dieser Gemeinschaftsdiagnose haben wir nose legen hiermit ihre im Auftrag des Bundesministe Gespräche mit Vertretern verschiedener Institutionen riums für Wirtschaft und Energie erstellte Analyse der geführt. Wir danken unseren Gesprächspartnerin Entwicklung der deutschen Wirtschaft und der Welt nen und -partnern in den Bundesministerien, in der wirtschaft vor. Diese 129. Gemeinschaftsdiagnose steht Deutschen Bundesbank, beim Sachverständigenrat zur unter dem Titel Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, in der Europäischen Zentralbank und im Statistischen Bundesamt, die erneut sehr zum Gelingen der Gemein Deutsche Wirtschaft stagniert – schaftsdiagnose beigetragen haben. Jetzt Wachstumskräfte stärken Die Gemeinschaftsdiagnose wäre nicht möglich ohne die Die Analyse zeigt, dass die Einschätzung der Institute Beteiligung eines großen Teams von Mitarbeiterinnen vom Frühjahr 2014 wohl zu optimistisch war. Im vor und Mitarbeitern. Unmittelbar an dieser Gemeinschafts liegenden Gutachten prognostizieren die Institute einen diagnose waren beteiligt: Dr. György Barabas (RWI), Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von nur 1,3 Prozent Dr. Tim Oliver Berg (ifo), Dr. Franziska Bremus (DIW), (68 Prozent-Prognoseintervall: 1,1–1,5 Prozent). Auch Karl Brenke (DIW), Dr. Christian Breuer (ifo), Dr. Andreas für das kommende Jahr, für das die Institute nunmehr Cors (Kiel Economics), Kristina van D euverden (DIW), einen Anstieg um 1,2 Prozent erwarten, wurden die Er Dr. Jonas Dovern (Kiel Economics), Dr. Katja Drechsel wartungen gegenüber dem Frühjahr deutlich herunter (IWH), A ndrej Drygalla (IWH), Dr. Stefan Ederer, geschraubt. Vor einem halben Jahr waren noch Verän (WIFO), Dr. Hella Engerer (DIW), Angela Fuest (RWI), derungsraten für das Bruttoinlandsprodukt von 1,9 Pro Heinz Gebhardt (RWI), Dr. Christian Glocker (WIFO), zent für dieses und 2,0 Prozent für kommendes Jahr Christian Grimme (ifo), Dr. Daniela Grozea-Helmenstein erwartet worden. (IHS), PD Dr. Jochen Hartwig (KOF), P eter H ennecke (Kiel Economics), Dr. Steffen Henzel (ifo), Philipp Jäger Nicht nur die Institute wurden in ihren Erwartungen (RWI), Dr. Simon Junker (DIW), M artina Kämpfe enttäuscht; auch in den Unternehmen und bei den (IWH), Konstantin K iesel (IWH), M ichael Kleemann privaten Haushalten hat sich Ernüchterung über die (ifo), S ebastian Koch (IHS), Dr. Philipp König (DIW), Aussichten breit gemacht. Dies liegt zum einen am Dr. Axel Lindner (IWH), Dr. Brigitte Loose (IWH), außenwirtschaftlichen Umfeld: Die europäischen Nach Dr. Carsten-Patrick Meier (Kiel Economics), Martin barländer scheinen sich langsamer als erwartet von Micheli (RWI), Dr. Claus Michelsen (DIW), Dr. Heiner der Krise zu erholen und die globale wirtschaftliche Mikosch (KOF), Stefan Neuwirth (KOF), Dr. Wolfgang Dynamik hat sich eingetrübt. Zum anderen bleiben Nierhaus (ifo), Svetlana Rujin (RWI), Stefan Schiman die binnenwirtschaftlichen Expansionskräfte hinter (WIFO), Dr. Torsten Schmidt (RWI), Dr. Dirk Ulbricht den Erwartungen zurück: Die Institute waren bisher (DIW), Dr. Klaus Weyerstraß (IHS), Dr. Elisabeth Wie davon ausgegangen, dass die für Deutschland historisch land (ifo), Dr. Klaus Wohlrabe (ifo), Dr. Götz Zeddies niedrigen Zinsen die Investitionstätigkeit stimulieren (IWH) und Lina Zwick (RWI). Weitere Mitarbeiterinnen w ürden. Mehr und mehr zeichnete sich in den vergan und Mitarbeiter der Institute trugen zum Gelingen bei. genen Monaten aber ab, dass die deutsche Investitions Hierfür danken wir herzlich. schwäche nicht überwunden wird. Für die Organisation der Gemeinschaftsdiagnose vor Die Wirtschaftspolitik ist in diesem Umfeld gefordert, Ort danken wir Bianka Zeglin stellvertretend für alle die Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland zu ver beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deut bessern. Die deutsche Finanzpolitik hat angesichts schen Instituts für Wirtschaftsforschung. Auch für die einer momentan günstigen Haushaltslage gestalteri Erstellung der Druckfassung gilt unser Dank den Kolle sche Spielräume für einen Mix aus Abgabenentlastun ginnen und Kollegen des Deutschen Instituts für Wirt gen und zusätzlichen investiven Staatsausgaben. schaftsforschung. Berlin, den 7. Oktober 2014 Dr. Ferdinand Fichtner, Prof. Dr. Oliver Holtemöller, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Institut für Wirtschaftsforschung Halle Prof. Dr. Roland Döhrn, Prof. Dr. Timo Wollmershäuser, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V GD Herbst 2014 3
Inhaltsverzeichnis Kurzfassung9 1. Die Lage der Weltwirtschaft 13 Überblick13 Geldpolitische Wende im angelsächsischen Raum eingeleitet 13 Finanzpolitik weniger restriktiv 13 Ausblick14 Konjunkturrisiken haben zugenommen 16 USA weiter im Aufschwung 16 Zunehmende Belastungen für die Konjunktur in China 18 Recht gute Konjunktur trotz Steuererhöhungen in Japan 19 2. Die Lage in der Europäischen Union 21 Konjunktur im Euroraum schwächer als erwartet 21 Kaum noch Konsolidierung der öffentlichen Haushalte im Jahr 2015 22 Phase niedriger Zinsen setzt sich fort 22 Ausblick: Erholung bleibt verhalten 24 Aufschwung in Großbritannien hält an 28 Konjunkturaufschwung in Mittel- und Osteuropa verliert etwas an Kraft 29 3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland 31 Überblick31 Rahmenbedingungen und Annahmen für die Prognose 33 Zinsen in Deutschland weiter sehr niedrig 33 Finanzpolitik expansiv ausgerichtet 34 Die Entwicklung im Einzelnen 36 Verhaltene Zunahme der Exporte, leicht dämpfende Impulse vom Außenbeitrag 36 Ausrüstungsinvestitionen zunächst weiter schwach 38 Bauinvestitionen bleiben aufwärts gerichtet 39 Privater Verbrauch bleibt Stütze der Konjunktur 40 Verbraucherpreise ziehen leicht an 41 Schwäche in der Industrie bremst gesamtwirtschaftliche Produktion 42 Reale Arbeitskosten steigen deutlich 43 Beschäftigungszunahme schwächt sich ab 44 Staat erzielt Haushaltsüberschüsse 46 4. Mittelfristige Projektion 52 Schätzung des Produktionspotenzials 52 Internationale und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen 54 Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bis 2019 55 5. Zur Wirtschaftspolitik 58 Eine bessere Wachstumsperspektive für Deutschland eröffnen 58 Elemente einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik 59 Investitionsanreize setzen 59 Beschäftigungshemmnisse abbauen 60 Zur Geldpolitik 61 Geringer Preisdruck, aber weiterhin verankerte mittelfristige Inflationserwartungen 61 Kredit- und Interbankenmarktf ragmentierung immer noch hoch 62 GD Herbst 2014 5
Inhaltsverzeichnis Zum jüngsten Maßnahmenpaket der EZB 63 Zinssenkung und negativer Einlagesatz 63 Neue längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 64 Neue Ankaufprogramme für Wertpapiere des privaten Sektors 64 Fazit65 Zur Finanzpolitik 66 Rückführung des strukturellen Defizits durch Sonderfaktoren begünstigt 67 Konzentration auf eine investitions- und wachstumsfreundliche Finanzpolitik erforderlich 68 6. Bewertung der außenwirtschaftlichen Einflüsse auf die deutsche Konjunktur 70 Aktuelle Entwicklungen 70 Analyse der Relevanz konjunktureller Entwicklungen in einzelnen Ländern für die deutsche Konjunktur 70 Außenwirtschaftliche Verflechtungen Deutschlands 70 Analyse (ausländischer) Schocks auf die deutsche Konjunktur 71 Analyse der Sanktionen in Folge des russisch-ukrainischen Konflikts 74 Sanktionen und Gegenreaktionen 74 Erwartungen von Unternehmen mit Russlandgeschäft 75 Schlussfolgerungen77 Tabellenanhang78 Verzeichnis der Kästen 1. Die Lage der Weltwirtschaft 2. Die Lage in der Europäischen Union Kasten 2.1 Zur Inflationsprognose für den Euroraum 26 3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Kasten 3.1 Zur Veränderung der Prognose gegenüber dem Frühjahr 2014 34 Kasten 3.2 Zur Generalrevision 2014 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 48 4. Mittelfristige Projektion 5. Zur Wirtschaftspolitik 6. Bewertung der außenwirtschaftlichen Einflüsse auf die deutsche Konjunktur 6 GD Herbst 2014
Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Abbildungen 1. Die Lage der Weltwirtschaft Abbildung 1.1 Revisionen der Prognosen1 für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2014 für den Euroraum und ausgewählte Mitgliedsländer 14 Abbildung 1.2 Reales Bruttoinlandsprodukt in den USA 18 2. Die Lage in der Europäischen Union Abbildung 2.1 Reales Bruttoinlandsprodukt im Euroraum 21 Abbildung 2.2 Reales Bruttoinlandsprodukt im Euroraum ohne Deutschland 22 Abbildung 2.3 Zur monetären Lage im Euroraum 25 Abbildung 2.4 Einfluss der Variablen auf die Inflation 26 Abbildung 2.5 Inflationsszenarien27 3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Abbildung 3.1 Außenhandel Deutschlands nach Ländern und Regionen 37 Abbildung 3.2 Reale Exporte 38 Abbildung 3.3 Reale Importe 39 Abbildung 3.4 Reale Investitionen in Ausrüstungen 40 Abbildung 3.5 Reale Bauinvestitionen 40 Abbildung 3.6 Reale Konsumausgaben der privaten Haushalte 41 Abbildung 3.7 Verbraucherpreise in Deutschland 42 Abbildung 3.8 Reales Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 42 Abbildung 3.9 Erwerbstätige45 Abbildung 3.10 Geleistete Arbeitsstunden der Erwerbstätigen im Inland 46 Abbildung 3.11 Arbeitslose46 4. Mittelfristige Projektion Abbildung 4.1 Komponenten der Veränderung des Arbeitsvolumens 53 Abbildung 4.2 Wachstumsbeiträge der Produktionsfaktoren zum Produktionspotenzial 54 Abbildung 4.3 Produktionslücke56 5. Zur Wirtschaftspolitik Abbildung 5.1 Ausfallgefährdete Kredite in den Bilanzen der Banken 62 Abbildung 5.2 Inanspruchnahme der Refinanzierungsgeschäfte und Einlagen beim Eurosystem 63 Abbildung 5.3 Maximale Ausleihungen in den TLTROs im September und Dezember 2014 64 6. Bewertung der außenwirtschaftlichen Einflüsse auf die deutsche Konjunktur Abbildung 6.1 Komponentenzerlegung für 2007–2013 71 Abbildung 6.2 Beiträge von Produktionsschocks zur Produktionslücke (globales VAR-Modell) 72 Abbildung 6.3 Beiträge verschiedener Schocks zur Produktionslücke (DSGE-Modell) 73 Abbildung 6.4 Entwicklung ausgewählter Variablen für Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe 2014 75 Abbildung 6.5 Geschäfts- und Exporterwartungen für ausgewählte Sektoren 2014 76 Abbildung 6.6 Unsicherheit der Produktionserwartungen 76 GD Herbst 2014 7
Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Tabellen 1. Die Lage der Weltwirtschaft Tabelle 1.1 Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in der Welt 15 Tabelle 1.2 Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung in den USA 18 2. Die Lage in der Europäischen Union Tabelle 2.1 Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in Europa 23 Tabelle 2.2 Finanzierungssalden der öffentlichen Haushalte in den Ländern des Euroraums 24 Tabelle 2.3 Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung im Euroraum 28 Tabelle 2.4 Konjunkturverläufe in den Szenarien 28 3. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Tabelle 3.1 Quartalsdaten zur Entwicklung der Verwendungskomponenten des realen Bruttoinlandsprodukts 31 Tabelle 3.2 Eckdaten der Prognose für Deutschland 32 Tabelle 3.3 Statistische Komponenten der Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts 33 Tabelle 3.4 Prognose und Pronosekorrektur für das Jahr 2014 35 Tabelle 3.5 Finanzpolitische Maßnahmen 36 Tabelle 3.6 Indikatoren zur Außenwirtschaft 38 Tabelle 3.7 Beiträge der Nachfragekomponenten zum Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts 39 Tabelle 3.8 Reale Bauinvestitionen 41 Tabelle 3.9 Reales Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen 43 Tabelle 3.10 Zur Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter 44 Tabelle 3.11 Arbeitsmarktbilanz47 Tabelle 3.12 Ausgewählte finanzwirtschaftliche Indikatoren 51 4. Mittelfristige Projektion Tabelle 4.1 Produktionspotenzial und seine Determinanten 52 Tabelle 4.2 Erwerbstätige, Produktivität und Wirtschaftswachstum 55 Tabelle 4.3 Verwendung des nominalen Bruttoinlandsprodukts 56 5. Zur Wirtschaftspolitik Tabelle 5.1 Produktionspotenzial, Bruttoinlandsprodukt, Produktionslücke, Strukturkomponente des Finanzierungssaldos des Staates 66 6. Bewertung der außenwirtschaftlichen Einflüsse auf die deutsche Konjunktur Tabelle 6.1 Anteil am Gesamtexport 71 Tabelle 6.2 Veränderung der Zuwachsraten 74 8 GD Herbst 2014
Kurzfassung Kurzfassung Die deutsche Konjunktur hat sich abgekühlt. Das Bruttoinlands- Im Herbst 2014 expandiert die Weltproduktion weiter produkt wird in diesem Jahr voraussichtlich um 1,3 Prozent steigen. hin in mäßigem Tempo. Zwar setzt sich in den USA und in Großbritannien der Aufschwung fort, aber im Das 68-Prozent-Prognoseintervall reicht dabei von 1,1 bis 1,5 Pro- Euroraum hat die Erholung, anders als noch im Früh zent. Vor allem die schwächere Weltkonjunktur und eine verhaltene jahr erwartet, nicht Tritt gefasst. Uneinheitlich ist die Investitionstätigkeit im Inland dämpfen die wirtschaftliche Entwick- Konjunktur auch in den Schwellenländern. Die recht lung. Im kommenden Jahr dürfte die Produktion um 1,2 Prozent schwache weltwirtschaftliche Expansion schlug sich darin nieder, dass der Welthandel im ersten Halbjahr ausgeweitet werden. Dabei spielt aber auch eine Rolle, dass das 2014 kaum zugelegt hat. kommende Jahr mehr Arbeitstage hat; kalenderbereinigt liegt die Expansionsrate nur bei 1,0 Prozent. Wichtigste Aufgabe der Wirt- Die geldpolitische Ausrichtung in den fortgeschritte schaftspolitik ist es in diesem Umfeld, jetzt die Wachstumskräfte nen Volkswirtschaften hat sich entsprechend den unter schiedlichen Konjunkturverläufen im Jahr 2014 zu dif zu stärken und günstige Rahmenbedingungen für die Investitions- ferenzieren begonnen. In den USA liegt der Leitzins tätigkeit zu setzen. Ein gewisser Spielraum für eine gestaltende zwar weiter an der Nullprozentmarke. Er dürfte aber, Finanzpolitik steht hierfür zur Verfügung. wenn sich der Konjunkturaufschwung fortsetzt, im Frühjahr 2015 angehoben werden. Die Europäische Zen tralbank (EZB) hat hingegen angesichts der schwachen Konjunktur im Euroraum im September den Hauptre finanzierungssatz auf 0,05 Prozent und den Einlagen satz auf −0,2 Prozent gesenkt. Die Durchführung geziel ter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte sowie die Ankaufprogramme für Pfandbriefe und forderungsbe sicherte Wertpapiere dürften der Konjunktur im Euro raum nur geringe Impulse verleihen. Die Finanzpolitik bleibt im Prognosezeitraum in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften restriktiv ausgerichtet, der Restriktionsgrad dürfte jedoch weiter abnehmen. In den USA wird kaum noch konsolidiert. Die Institute gehen davon aus, dass die Konsolidierungs bestrebungen in vielen Ländern des Euroraums hinter den jeweiligen Stabilitätsprogrammen zurückbleiben werden, obwohl die Zinsen auf Staatsschuldtitel nied rig sind und damit die Zinsbelastung sinkt. Das Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion wird im Prognosezeitraum voraussichtlich mäßig bleiben. Der Aufschwung in den USA wird sich fortsetzen. Dafür spre chen insbesondere die wirtschaftspolitischen Rahmenbe dingungen, die allmähliche Erholung am Arbeitsmarkt und die gesunkene Verschuldung der privaten Haushalte. GD Herbst 2014 9
Kurzfassung Im Euroraum wird die konjunkturelle Dynamik im Pro gegenwärtig nicht mit einem Def lationsszenario zu gnosezeitraum weiter schwach bleiben. Die seit länge rechnen, solange es keine Anzeichen dafür gibt, dass rer Zeit erwartete Belebung zeichnet sich bisher nicht sich die mittel- bis langfristigen Inf lationserwartun ab, entsprechend wurden die Prognosen schrittweise gen entankern. nach unten korrigiert. Da die Weltkonjunktur nur mä ßig aufwärts gerichtet bleibt, sind keine wesentlichen Die deutsche Konjunktur hat sich abgekühlt. Nach Impulse vom Export zu erwarten. Der Konflikt mit Russ einem starken Jahresauftakt ist die Produktion im zwei land hat die Konjunkturaussichten zusätzlich eingetrübt ten Quartal 2014 um 0,2 Prozent gegenüber dem Vor und dürfte dazu beitragen, dass die Investitionen der quartal gesunken. Dass die aufgrund der ungewöhn Unternehmen verhalten bleiben. Auch bemühen sich lich milden Witterung starke Dynamik am Jahresan die Unternehmen weiter um höhere Eigenkapitalquo fang nicht anhalten würde, war erwartet worden. Der ten und die privaten Haushalte um eine Verbesserung Rückgang der Produktion kam allerdings unerwartet. ihrer Vermögenspositionen. Dies wird die Nachfrage Günstige Finanzierungsbedingungen, eine zunehmen – wenn auch in abnehmendem Maße – bis zum Ende de Kapazitätsauslastung und die in Unternehmensum des Prognosezeitraums dämpfen. Es gibt aber auch eine fragen zum Ausdruck kommende Zuversicht hatten Reihe stützender Faktoren für die Konjunktur: Die Fi insbesondere eine Beschleunigung der Investitionen nanzpolitik wird im Prognosezeitraum voraussichtlich erwarten lassen. deutlich weniger restriktiv ausfallen als in den Vorjah ren, die strukturellen Defizite gehen langsamer zurück. Eine Investitionsbelebung ist allerdings nicht eingetre Die Vermögenspreise steigen in vielen Ländern wieder, ten. Vielmehr hat sich die Konjunktur seit dem Frühjahr und die Arbeitsmärkte stabilisieren sich. Außerdem be eingetrübt. Darauf deutet etwa das ifo Geschäftsklima günstigt der gesunkene Wechselkurs die Ausfuhren. hin, das sich seit Mai fünf Monate in Folge verschlech tert hat. Mehrere Faktoren dürften hierzu beigetragen In den rohstoffexportierenden Schwellenländern blei haben. Die weltwirtschaftliche Produktion expandier ben die Aussichten eingetrübt, denn die Rohstoffprei te mit einem unerwartet mäßigen Tempo, insbeson se dürften aufgrund der mäßigen Dynamik der Weltin dere der Euroraum befindet sich nach wie vor in einer dustrieproduktion kaum steigen. In China ist zu erwar Schwächephase. Internationale Krisen wie der weiter ten, dass das Expansionstempo hoch bleibt, wenngleich schwelende russisch-ukrainische Konflikt und die krie die Raten wohl von Jahr zu Jahr etwas abnehmen dürf gerischen Auseinandersetzungen in Syrien und im Irak ten. Es besteht allerdings das Risiko eines plötzlichen trübten die wirtschaftlichen Aussichten zusätzlich ein. Einbruchs, insbesondere im Immobiliensektor, der in Aber auch die deutsche Binnennachfrage zeigt deutli China von besonders großer Bedeutung ist, und der in che Zeichen von Schwäche. Die privaten Konsumaus den vergangenen Jahren von einer außerordentlich ho gaben stiegen im zweiten Quartal nur wenig, und das hen Kreditexpansion gestützt wurde. Konsumklima verschlechterte sich zuletzt. Die Unter nehmensinvestitionen gingen im zweiten Quartal zu Alles in allem rechnen die Institute mit einem Anstieg rück, und kaum etwas spricht dafür, dass sich die In der Weltproduktion um 2,6 Prozent im Jahr 2014 und vestitionszurückhaltung bald legen wird. um 3 Prozent im Jahr 2015. Die Risiken für die Weltkon junktur sind erheblich. Das liegt an den Problemen am Vor diesem Hintergrund ist der konjunkturelle Ausblick Immobilienmarkt Chinas, aber auch am Konflikt Russ für Deutschland verhalten. Im dritten Quartal wird die lands mit dem Westen. Ferner könnten in den Bank gesamtwirtschaftliche Produktion lediglich stagniert bilanzen im Euroraum noch größere Risiken schlum haben. Die Industrieproduktion dürfte erneut gesunken mern. Darüber wird die Prüfung der Qualität der Aktiva sein. Die Frühindikatoren sprechen dafür, dass die Ex durch die EZB nähere Auskunft geben. Sollten Altlasten pansion bis zum Jahresende schwach bleiben wird. So in den Bankbilanzen nicht zügig bereinigt werden, dürf waren die Auftragseingänge im Durchschnitt der Mo ten in einigen Ländern des Euroraums weiterhin ange nate Juli und August niedriger als im zweiten Quartal. botsseitige Kreditrestriktionen bestehen, die dann die Alles in allem wird das Bruttoinlandsprodukt im Jahr Konjunktur auf längere Sicht dämpfen würden. Auch 2014 voraussichtlich um 1,3 Prozent steigen. Das 68-Pro die niedrige Preisdynamik im Euroraum deutet auf Ri zent-Prognoseintervall reicht dabei von 1,1 Prozent bis siken hin. Die überraschend niedrige Inf lation führt 1,5 Prozent. Wegen der Stagnation im zweiten Halbjahr dazu, dass die realen Lasten von Altschulden höher sind wird die Auslastung der deutschen Wirtschaft zurück als erwartet. Auch steigen die realen Finanzierungskos gehen, die Produktionslücke bleibt negativ. ten von Haushalten und Unternehmen, wenn die No minalzinsen wegen der im Euroraum bereits erreich Die konjunkturelle Schwäche hinterlässt erste Spuren ten Nullzinsschranke nicht in gleichem Maße wie die auf dem Arbeitsmarkt: Der Beschäftigungsauf bau hat Inflation sinken. Für den Euroraum insgesamt ist aber sich verlangsamt, und die registrierte Arbeitslosigkeit 10 GD Herbst 2014
Kurzfassung hat zuletzt geringfügig zugenommen. Die Inflationsrate Inlandsnachfrage wird sich im Verlauf des kommenden ist niedrig. Im September lagen die Verbraucherpreise Jahres zwar etwas beschleunigen, aufgrund der ungüns um 0,8 Prozent über dem Vorjahr, wozu auch externe tigeren Absatzperspektiven dürften die Ausgaben der Faktoren, wie der Rückgang der Energiepreise, beige Unternehmen für Ausrüstungen und Bauten aber nur tragen haben. Die Verbraucherpreisinflation dürfte im allmählich ausgeweitet werden. Hinzu kommt, dass der Jahr 2014 bei 1,0 Prozent liegen. flächendeckende Mindestlohn zwar trotz zu erwartender negativer Beschäftigungseffekte die Lohnsumme erhö Die Aussichten für die Konjunktur sind auch deshalb hen, aber die Unternehmensgewinne senken wird. Per gedämpft, weil Gegenwind von der Wirtschaftspolitik Saldo dürfte die reale gesamtwirtschaftliche Nachfrage kommt. Zwar gehen von der Finanzpolitik, gemessen vom Mindestlohn wohl nicht stimuliert werden. Zum Teil an den diskretionären Maßnahmen, expansive Impul wird der durch den Mindestlohn induzierte Kostenanstieg se aus, doch wirken das Rentenpaket und die Einfüh auf die Preise überwälzt werden. Die Verbraucherpreise rung des flächendeckenden Mindestlohns wachstums werden im Jahr 2015 wohl um 1,4 Prozent steigen; davon hemmend. Auch nutzt die Bundesregierung ihren fi dürften 0,2 Prozentpunkte auf den Mindestlohn zurück nanziellen Spielraum zu wenig für investive Zwecke. gehen. Die Zahl der Arbeitslosen wird im Jahresdurch All dies wirkt sich wohl negativ auf die private Investi schnitt leicht um 56 000 Personen steigen, die Arbeits tionsneigung aus. Dass die Bundesregierung der Kon losenquote wird im Jahr 2015 wohl 6,8 Prozent betragen. solidierung des Staatshaushaltes eine herausgehobene Bedeutung zukommen lässt, ist zu begrüßen. Ange Nach der hier vorgelegten Prognose kommt die Investi sichts erwarteter öffentlicher Finanzierungsüberschüs tionskonjunktur nur schleppend in Schwung. Offenbar se in Höhe von 0,3 Prozent und 0,1 Prozent in Relation wiegen aus Sicht der Unternehmen unsichere Absatz zum Bruttoinlandsprodukt für die Jahre 2014 und 2015 aussichten und der Gegenwind von der Wirtschaftspoli wäre eine Minderung der Abgabenbelastung allerdings tik schwerer als die günstigen Finanzierungsbedingun durchaus möglich. gen. Allem Anschein nach sind die binnenwirtschaftli chen Auftriebskräfte in Deutschland zu schwach, um Die Geldpolitik ist zwar nach wie vor bemüht, stimu die Wirkungen des sich verschlechternden außenwirt lierend auf die Konjunktur im Euroraum zu wirken. schaftlichen Umfeldes auszugleichen. Darauf weisen In Deutschland sind dadurch die Zinsen sehr nied die Ergebnisse der Analyse des Schwerpunktthemas rig. Allerdings dürften die jüngst beschlossenen Maß hin, die im abschließenden Kapitel dieses Gutachtens nahmen kaum zusätzliche Impulse für die Realwirt vorgelegt werden. schaft entfalten. Wichtigste Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es in die Trotz der leicht expansiven Finanzpolitik und der wei sem Umfeld, jetzt die Wachstumskräfte zu stärken und terhin niedrigen Zinsen dürfte die deutsche Wirtschaft günstige Rahmenbedingungen für die Investitionstätig auch im kommenden Jahr deutlich unterausgelastet keit zu setzen. Ein gewisser Spielraum für eine gestal sein. Der Produktionsanstieg im Jahr 2015 wird wohl tende Finanzpolitik steht hierfür zur Verfügung. Auf geringer ausfallen als bisher erwartet; die Institute pro der Einnahmenseite sollte dieser dazu genutzt werden, gnostizieren, dass das Bruttoinlandsprodukt im Jahr das Steuersystem investitions- und wachstumsfreund 2015 um 1,2 Prozent zunehmen wird; kalenderberei lich zu gestalten, insbesondere durch eine Senkung nigt entspricht dies nur einem Anstieg um 1,0 Pro der Abgabenbelastung. Auf der Ausgabenseite sollten zent. Das 68-Prozent Prognoseintervall reicht von −0,3 die Ausgaben der öffentlichen Hand in solchen Berei bis 2,7 Prozent. chen, die potentiell das Wachstum erhöhen – also Aus gaben in Sach- und Humankapital –, ausgeweitet wer Die Exporte dürften dabei nur verhalten und langsamer den. Dabei ist allerdings davor zu warnen, die Mittel als die Einfuhren zunehmen, so dass die Außenwirtschaft nach dem Gießkannenprinzip oder nach Länderpro rechnerisch einen leicht negativen Beitrag zur gesamt porz zu verteilen. Stattdessen müssen Effizienzgesichts wirtschaftlichen Expansion beisteuert. Der Anstieg der punkte leitend sein. GD Herbst 2014 11
Weltwirtschaft 1. Die Lage der Weltwirtschaft Überblick Geldpolitische Wende im angelsächsischen Raum eingeleitet Im Herbst 2014 expandiert die Weltproduktion weiter hin in mäßigem Tempo. Zwar setzt sich in den USA Die geldpolitische Ausrichtung in den fortgeschritte und in Großbritannien der Aufschwung fort, aber im nen Volkswirtschaften hat sich entsprechend den un Euroraum hat die Erholung anders als noch im Früh terschiedlichen Konjunkturverläufen im Jahr 2014 zu jahr erwartet nicht Tritt gefasst. Uneinheitlich ist die differenzieren begonnen. In den USA wurde aufgrund Konjunktur auch in den Schwellenländern: In Indien der konjunkturellen Erholung das Ankaufprogramm hat sie an Kraft gewonnen, und auch in China verstärk für Wertpapiere schrittweise reduziert; es dürfte bis te sich das Expansionstempo im zweiten Quartal. Dort zum Jahresende auslaufen. Allerdings liegt der Leitzins scheint es zuletzt aber wieder nachzugeben. In Russ weiter an der Nullprozentmarke. Er dürfte aber, wenn land bleibt die Konjunktur schwach, während Brasilien sich der Konjunkturaufschwung fortsetzt, im Frühjahr sogar in eine Rezession gefallen ist. 2015 angehoben werden. Die Bank von England hat be reits seit Juli 2012 das Volumen der angekauften Wert In der ersten Jahreshälfte hatten Sonderfaktoren die papiere nicht mehr erhöht. Der Leitzinssatz liegt wei Weltproduktion gedämpft. So führte in den USA der terhin bei 0,5 Prozent, wird jedoch im ersten Halbjahr harte Winter zu Jahresanfang zu einem Rückgang der 2015 voraussichtlich ebenfalls angehoben. gesamtwirtschaftlichen Produktion, und in Japan fiel die Nachfrage vom ersten zum zweiten Quartal deut Die Europäische Zentralbank (EZB) hat hingegen ange lich ab, weil im April die Mehrwertsteuer erhöht wur sichts der schwachen Konjunktur im Euroraum im Sep de. Die recht schwache weltwirtschaftliche Expansion tember den Hauptrefinanzierungssatz auf 0,05 Pro schlug sich auch im Welthandel nieder, der im ersten zent und den Einlagensatz auf −0,2 Prozent gesenkt. Halbjahr 2014 kaum zugelegt hat. Mäßig war vor al Die unbeschränkte Zuteilung von Liquidität wurde lem die Importnachfrage aus den Schwellenländern in bis Jahresende 2016 verlängert. Darüber hinaus wur Asien, Osteuropa und Lateinamerika. Dies dürfte zum de bereits im Juni die Durchführung gezielter län Teil auf Währungsabwertungen und Leitzinserhöhun gerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (targeted lon gen im Vorjahr zurückgehen, welche auf durch die an ger-term refinancing operations, TLTRO) beschlos gekündigte Wende in der US-Geldpolitik ausgelösten sen. Im O ktober starten zudem Ankaufprogramme Kapitalabflüsse folgten. Seit dem Frühjahr hat die Lage für Pfandbriefe und forderungsbesicherte Wertpapie sich aber wieder beruhigt, und die Schwellenländer ver re. Die beschriebenen Maßnahmen dürften allerdings zeichnen wieder Kapitalzuflüsse. der Konjunktur im Euroraum, wenn überhaupt, dann nur geringe Impulse verleihen. In Japan setzt die Zen Generell sind die Bedingungen auf den Finanzmärk tralbank ihre Ankäufe von Wertpapieren fort. Durch ten im Herbst 2014 für die Entwicklung der Weltkon eine massive Ausweitung der Geldbasis will sie ihr junktur günstig. So sind die Renditeaufschläge bei zu Beginn des Vorjahres gesetztes Ziel erreichen, die Schuldnern geringerer Bonität niedrig und die Be Inf lation innerhalb von zwei Jahren auf 2 Prozent zu wertungen von Aktien, etwa gemessen an ihren Kurs- heben. Der Leitzinssatz dürfte in Japan wie auch im Gewinn-Verhältnissen, hoch. Auch die an den Börsen Euroraum während des gesamten Prognosezeitraums erwartete Volatilität der Kurse ist gering. Diese und an der Nullprozentmarke bleiben. auch andere Risikoindikatoren haben im bisherigen Jahresverlauf nur wenig auf den Konf likt Russlands Finanzpolitik weniger restriktiv mit dem Westen und kaum auf die islamistische Be drohung in Syrien und dem Irak reagiert. Angesichts Die Finanzpolitik bleibt im Prognosezeitraum in den der bald schon sechs Jahre dauernden hohen Liquidi meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften restriktiv tätszufuhr und niedriger Zinsen in den fortgeschrit ausgerichtet, der Restriktionsgrad dürfte jedoch weiter tenen Volkswirtschaften befinden sich viele Anleger abnehmen. In den USA wird kaum noch konsolidiert. auf der Suche nach rentablen Anlagen. Die geplanten automatischen Ausgabenkürzungen im GD Herbst 2014 13
Weltwirtschaft Bundeshaushalt für die Fiskaljahre 2014 und 2015 wur Abbildung 1.1 den schon Ende des Jahres 2013 etwas entschärft, und die Bundesstaaten weiten ihre Ausgaben wieder deut Revisionen der Prognosen1 für den Zuwachs licher aus. Aufgrund der bisherigen Konsolidierungs des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2014 fortschritte, der revisionsbedingten Erhöhung des Brut für den Euroraum und ausgewählte Mitgliedsländer toinlandsprodukts und der guten Konjunktur dürfte Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent die Defizitquote des Bundes im Fiskaljahr 2014 auf 2,0 drei Prozent sinken. Deutschland 1,5 Spanien Im Euroraum nimmt der Restriktionsgrad der Finanz Frankreich Euroraum politik in den Jahren 2014 und 2015 gegenüber den 1,0 Vorjahren ab. Die Institute gehen davon aus, dass die tatsächlichen Konsolidierungsbestrebungen in vielen 0,5 Ländern hinter den jeweiligen Stabilitätsprogrammen Italien zurückbleiben werden, obwohl die Zinsen auf Staats 0,0 schuldtitel niedrig sind und damit die Zinsbelastung sinkt. Denn die Konjunktur ist in den meisten Län M 13 Ja 13 M 14 Ju 14 Ju 13 No 13 14 M 13 M 14 Se 13 Se 14 20 0 20 20 20 20 20 20 20 0 0 v2 l2 l2 dern schwächer als vermutet, weshalb der politische är är ai ai p p n n Ja Druck zunimmt, den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht einzuhalten. 1 Mittelwert der Angaben der von Consensus Economics monatlich befragten Prognostiker. Quelle: Consensus Economics. In Japan wurde im April dieses Jahres die Mehrwert steuer von 5 Prozent auf 8 Prozent erhöht. Die daraus re © GD Herbst 2014 sultierenden dämpfenden Effekte wurden durch ein Kon junkturpaket abgeschwächt. Eine weitere Erhöhung der rung der Wachstumsperspektiven bedürfte strukturel Mehrwertsteuer auf 10 Prozent ist für Oktober 2015 ge ler Reformen, deren baldige Umsetzung sich gegenwär plant, die Durchführung dieser Maßnahme wird aber von tig aber nicht abzeichnet. der weiteren Wirtschaftsentwicklung abhängig gemacht. Im Euroraum wird die konjunkturelle Dynamik im Pro Ausblick gnosezeitraum weiter schwach bleiben. Die seit längerer Zeit erwartete Belebung zeichnet sich bisher nicht ab, Das Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion wird im entsprechend wurden die Prognosen schrittweise nach Prognosezeitraum voraussichtlich mäßig bleiben. In den unten korrigiert (Abbildung 1.1). Zwar war die Abfla USA und in Großbritannien wird sich der Aufschwung chung der Konjunktur im zweiten Quartal teilweise wit fortsetzen, aber im weiteren Verlauf des Prognosezeit terungsbedingten Sondereffekten geschuldet, die aktu raums etwas an Fahrt verlieren. Im Euroraum dürfte ellen Indizes für das Verbraucher- und Unternehmens die Konjunktur erst im Laufe des Jahres 2015 etwas an vertrauen lassen jedoch auf eine geringe Expansion der Kraft gewinnen. In den Schwellenländern liegen die Zu gesamtwirtschaftlichen Produktion in der zweiten Jah wachsraten zwar weiterhin deutlich über den in den fort reshälfte schließen. Da die Weltkonjunktur nur mäßig geschrittenen Volkswirtschaften, jedoch bleibt das Ex aufwärts gerichtet bleibt, sind keine wesentlichen Impul pansionstempo im langfristigen Vergleich eher schwach. se auf den Export zu erwarten. Der Konflikt mit Russland hat die Konjunkturaussichten ein Stück weit eingetrübt Der Aufschwung in den USA wird sich fortsetzen. Da und dürfte dazu beitragen, dass die Investitionsnachfra für sprechen insbesondere die wirtschaftspolitischen ge der Unternehmen verhalten bleibt. Auch bemühen Rahmenbedingungen, die allmähliche Erholung am sich die Unternehmen weiter um höhere Eigenkapital Arbeitsmarkt und die gesunkene Verschuldung der pri quoten und die privaten Haushalte um eine Verbesse vaten Haushalte. Dies alles stützt die private Inlands rung ihrer Vermögenspositionen. Dies wird die Nachfra nachfrage, welche im Prognosezeitraum den wesent ge – wenn auch in abnehmendem Maße – bis zum Ende lichen Konjunkturantrieb darstellen dürfte. In Japan des Prognosezeitraums dämpfen. Besonders in Frank wird das Expansionstempo der Wirtschaft voraussicht reich und Italien sind die Indikatoren für die wirtschaft lich moderat ausfallen: Zwar bleibt die Geldpolitik ex liche Zuversicht niedrig. Anscheinend leidet dort das pansiv und die deutliche Abwertung des Yen im Lauf Vertrauen der Unternehmen darunter, dass die Politik des Jahres 2013 dürfte den Export auch noch im Prog die strukturellen Probleme nicht entschieden angeht. nosezeitraum stützen. Die hohe Beschäftigung deutet allerdings darauf hin, dass die japanische Wirtschaft Es gibt aber auch eine Reihe stützender Faktoren für die schon jetzt nahezu voll ausgelastet ist. Eine Verbesse Konjunktur: Die Finanzpolitik wird im Prognosezeit 14 GD Herbst 2014
Weltwirtschaft Tabelle 1.1 Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in der Welt Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise Arbeitslosenquote Gewicht (BIP) in Prozent Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent in Prozent 2013 2014 2015 2013 2014 2015 2013 2014 2015 Europa 31,6 0,3 1,2 1,4 2,0 1,4 1,7 – – – EU 28 26,6 0,1 1,3 1,4 1,5 0,7 1,0 10,8 10,3 9,9 Schweiz 1,0 1,9 1,4 2,0 0,1 0,1 0,5 4,1 4,4 3,9 Norwegen 0,8 0,6 1,9 2,1 2,0 2,0 2,1 3,5 3,3 3,2 Russland 3,2 1,2 0,5 0,8 6,8 7,5 7,3 – – – Amerika 36,6 2,2 2,0 2,9 – – – – – – USA 25,9 2,2 2,2 3,2 1,5 1,7 2,0 7,4 6,3 5,8 Kanada 2,9 2,0 2,3 2,5 0,9 2,0 1,9 7,1 7,0 6,8 Lateinamerika1 7,8 2,4 1,4 2,2 – – – – – – Asien 31,8 4,8 4,7 4,6 – – – – – – Japan 9,5 1,5 1,0 1,1 0,4 2,8 1,8 4,0 3,7 3,6 China ohne Hongkong 13,1 7,7 7,4 7,1 – – – – – – Südkorea 1,8 3,0 3,5 3,6 1,3 1,5 2,2 3,1 3,2 3,1 Indien 2,9 4,7 5,9 6,0 – – – – – – Ostasien ohne China2 4,5 4,3 3,9 4,6 – – – – – – Insgesamt3 100,0 2,4 2,6 3,0 – – – – – – Fortgeschrittene Volkswirtschaften4 70,0 1,3 1,7 2,2 1,3 1,6 1,7 8,0 7,6 7,2 Schwellenländer5 30,0 5,1 4,7 4,8 – – – – – – Nachrichtlich: Exportgewichtet6 100,0 1,3 2,0 2,2 – – – – – – Nach dem Messkonzept des IWF7 100,0 3,2 3,4 3,7 – – – – – – Welthandel – 2,8 2,9 4,3 – – – – – – 1 Gewichteter Durchschnitt aus Brasilien, Mexiko, Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Chile. Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 2012 in US-Dollar. 2 Gewichteter Durchschnitt aus Indonesien, Taiwan (Provinz Chinas), Thailand, Malaysia, Singapur, Philippinen, Hongkong (Sonderverwaltungszone Chinas). Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 2012 in US-Dollar. 3 Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem Bruttoinlandsprodukt von 2012 in US-Dollar. 4 EU 28, Schweiz, Norwegen, USA, Kanada, Japan, Südkorea, Taiwan, Hongkong, Singapur. 5 Russland, China ohne Hongkong, Indien, Indonesien, Thailand, Malaysia, Philippinen, Lateinamerika. 6 Summe der aufgeführten Länder. Gewichtet mit den Anteilen an der deutschen Ausfuhr 2012. 7 Gewichtet nach Kaufkraftparitäten und hochgerechnet auf den Länderkreis des IWF (Word Economic Outlook, September 2013). Quellen: OECD; IWF; Berechnungen der Institute; 2014 und 2015: Prognose der Institute. © GD Herbst 2014 raum voraussichtlich deutlich weniger restriktiv ausfal In China hat die Regierung die Konjunktur seit dem len als in den Vorjahren, die strukturellen Defizite ge Frühjahr mit einer Reihe von Maßnahmen unterstützt. hen langsamer zurück. Die Vermögenspreise steigen Es ist zu erwarten, dass das Expansionstempo hoch in vielen Ländern wieder, und die Arbeitsmärkte sta bleibt, wenngleich die Raten wohl von Jahr zu Jahr et bilisieren sich. Außerdem begünstigt der gesunkene was abnehmen dürften.1 Es besteht allerdings das Ri Wechselkurs die Ausfuhren. siko eines plötzlichen Einbruchs, insbesondere im Im mobiliensektor, der in China von besonders großer Be In den rohstoffexportierenden Schwellenländern blei deutung ist, und der in den vergangenen Jahren von ben die Aussichten eingetrübt, denn die Rohstoff einer außerordentlich hohen Kreditexpansion gestützt preise dürften aufgrund der mäßigen Dynamik der wurde. Im Laufe des Jahres 2014 haben die Häuserprei Weltindustrieproduktion kaum steigen. Bemerkens se begonnen zurückzugehen. Trotz hinreichendem fi wert ist die jüngste Entwicklung des Ölpreises: Obwohl nanz- und geldpolitischem Spielraum ist nicht ausge mit Russland und dem arabischen Raum wichtige Öl macht, dass die chinesische Führung einer harten Lan fördergebiete von schweren Konflikten betroffen sind, dung adäquat entgegen wirken kann. liegt der Ölpreis (Brent) Anfang Oktober mit 95 Dollar pro Barrel (Brent) um mehr als 10 Prozent tiefer als zu Alles in allem rechnen die Institute mit einem Anstieg Jahresanfang. Eine wichtige Ursache dafür ist neben der der Weltproduktion um 2,6 Prozent im Jahr 2014 und eher schwachen Nachfrage wohl auch die Ausweitung 3 Prozent 2015 (Tabelle 1.1). Dies entspricht einer Ab des Ölangebots durch fracking in den USA. Auf der an deren Seite profitieren die Abnehmerländer von nied rigen Preisen. Zudem wirkt die nun schon dreijährige 1 Vgl. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2014), Deutsche Konjunktur Stabilität der Rohstoff- und Energiepreise günstig auf im Aufschwung – aber Gegenwind von der Wirtschaftspolitik, Gemeinschafts- die Weltkonjunktur. diagnose Frühjahr 2014, Halle, S. 21. GD Herbst 2014 15
Weltwirtschaft wärtsrevision um 0,3 bzw. 0,1 Prozentpunkte im Ver Der starke Anstieg der Vermögenspreise in einigen Län gleich zum Frühjahrsgutachten 2014. Diese Zahlen dern stützt zwar gegenwärtig die Konjunktur, er stellt ergeben sich für den in der Gemeinschaftsdiagnose aber zugleich ein schwer zu beurteilendes Risiko dar. berichteten Länderkreis auf der Basis von Marktwech Die Aktienindizes der wichtigsten Börsen sind wieder selkursen. Bei einer Gewichtung mit Kaufkraftparitäten kräftig gestiegen, und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse und Hochrechnung auf den Länderkreis des IWF erge sind im historischen Vergleich recht hoch. Auch die ben sich Zuwächse von 3,4 Prozent und 3,7 Prozent. Die Immobilienpreise ziehen in mehreren Ländern wieder moderate Beschleunigung der Weltkonjunktur dürfte zu deutlich an. Eine Korrektur der Preisentwicklungen einer Ausweitung des Welthandels führen, die deutlich auf den Aktien- und Immobilienmärkten ist nicht aus geringer ist, als aufgrund der Erfahrungen der vergan zuschließen: Geopolitische Krisen oder ein mögliches genen Jahrzehnte zu erwarten wäre.2 Der Welthandel Wiederaufflackern der Krise in der Europäischen Wäh nimmt mit Raten von 2,9 Prozent und 4,3 Prozent zu. rungsunion können die Vermögenspreise rasch fallen lassen. Dies könnte die Konjunkturerholung stoppen. Konjunkturrisiken haben zugenommen Sollten solche Kurskorrekturen stark ausfallen und welt weit stattfinden, ist mit einer deutlichen Belastung der Die Risiken für die Weltkonjunktur sind erheblich. Weltkonjunktur zu rechnen. Das liegt an den oben angesprochenen Problemen am Immobilienmarkt Chinas, der weltweit zweitgröß USA weiter im Aufschwung ten Volkswirtschaft, aber auch am Konflikt Russlands mit dem Westen. Die militärische Konfrontation im In den USA war die gesamtwirtschaftliche Produktion Osten der Ukraine und die internationalen Sanktio im ersten Vierteljahr witterungsbedingt um 0,5 Prozent nen gegen Russland belasten die Wirtschaftsbezie geschrumpft. Im zweiten Quartal kam es allerdings hungen der Europäischen Union mit Russland. Zwar zu beträchtlichen Nachholeffekten und die Produktion nehmen die Ausfuhren nach Russland in den meisten nahm gegenüber dem Vorquartal um 1,1 Prozent zu. Ländern der Europäischen Union nur einen geringen Die privaten Haushalte weiteten ihre Konsumnachfra Anteil an den Gesamtexporten ein, der Konf likt hat ge um 0,6 Prozent aus (nach 0,3 Prozent im Vorquar te jedoch über die Eintrübung der Erwartungen von tal), und die Nachfrage der öffentlichen Hand trug an Unternehmen und Verbrauchern bereits eine dämp ders als in den Vorquartalen positiv zum Anstieg des fende Wirkung auf die Konjunktur. Die Möglichkeit Bruttoinlandsprodukts bei. Vor allem aber expandierten einer Unterbrechung der Gas- und Ölimporte aus Russ die privaten Bruttoanlageinvestitionen nach der Stagna land stellt ein erhebliches Konjunkturrisiko dar, denn tion im ersten Quartal wieder recht kräftig; die Ausrüs über die Energielieferungen sind die Volkswirtschaften tungsinvestitionen legten um 2,7 Prozent zu, und der Russlands und der Europäischen Union voneinander ab Anstieg der gewerblichen Bauinvestitionen beschleu hängig (vgl. Kapitel 6). nigte sich merklich auf 3 Prozent. Hinzu kam, dass die Unternehmen ihre Lagerbestände im zweiten Quartal Die niedrige Preisdynamik im Euroraum deutet auf wei wieder deutlich stärker ausgeweitet haben, so dass nach tere Risiken hin. Die überraschend niedrige Inflation einem kräftigen negativen Wachstumsimpuls im ers führt dazu, dass die realen Lasten von Altschulden hö ten Quartal zuletzt ein starker positiver Impuls von der her sind als erwartet. Auch steigen die realen Finanzie Lagerhaltung ausging. Zusätzlich zogen die Exporte im rungskosten von Haushalten und Unternehmen, wenn zweiten Quartal mit einem Plus von knapp 2,7 Prozent die Nominalzinsen wegen der im Euroraum bereits er gegenüber dem Vorquartal kräftig an, nachdem sie zu reichten Nullzinsschranke nicht in gleichem Maße wie Jahresbeginn stark eingebrochen waren. die Inflation sinken. Eine Fortsetzung dieser Abschwä chung würde im schlimmsten Fall dazu führen, dass Die um Sondereffekte bereinigte konjunkturelle Grund die gegenwärtige Disinflation in eine Deflation über tendenz impliziert ein kräftiges Expansionstempo. Dies geht, die von Haushalten und Unternehmen als dauer dürfte im dritten Quartal anhalten, was beispielswei haft angesehen wird. In etlichen Mitgliedsländern sta se die Industrieproduktion, die Auftragseingänge und gnieren die Preise oder sinken bereits. Für den Euro die jüngsten monatlichen Angaben über die privaten raum insgesamt ist aber gegenwärtig nicht mit einem Konsumausgaben anzeigen. Darüber hinaus lag der Deflationsszenario zu rechnen, solange es keine Anzei Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe chen dafür gibt, dass sich die mittel- bis langfristigen im September mit 57,9 auf dem höchsten Wert seit dem Inflationserwartungen entankern. Frühjahr 2010, und das von der Universität von Michi gan veröffentlichte Konsumentenvertrauen erreichte im September sogar den höchsten Wert seit 2007. Zudem deuten Außenhandelsdaten auf einen hohen positiven 2 Vgl. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2014), a. a. O., S. 11. Expansionsbeitrag der Außenwirtschaft hin. Insgesamt 16 GD Herbst 2014
Weltwirtschaft legen die Indikatoren nahe, dass die US-Produktion im bank abermals, dass sie beabsichtigt, die Federal Funds dritten Jahresviertel um 0,7 Prozent zugelegt hat. Rate noch für geraume Zeit in einem Zielkorridor von 0 bis ¼ Prozent zu halten. Die Institute rechnen damit, Derweil gehen vom Immobilienmarkt gemischte Sig dass die US-Notenbank die Käufe festverzinslicher Wert nale aus. In der ersten Jahreshälfte 2014 haben sich die papiere bis zum Jahresende 2014 ganz einstellen wird. Nachfrage nach Hypothekenkrediten, die Immobilien Die Federal Funds Rate wird voraussichtlich im ersten preise sowie die Zahl der Baubeginne von Einfamilien Halbjahr 2015 erstmals wieder erhöht werden. Insge häusern im Vergleich zum Vorjahr nur sehr schwach samt wird der Expansionsgrad der Geldpolitik bis Ende entwickelt. Unter anderem dürfte hierfür der Anstieg 2015 zwar deutlich abnehmen; das voraussichtliche Leit der Hypothekenzinsen seit der Jahresmitte 2013 maß zinsniveau von 1 Prozent Ende 2015 wird die Konjunk geblich gewesen sein. Allerdings liegt das Niveau der tur aber immer noch stimulieren. Neubautätigkeit aktuell immer noch weit unter dem his torischen Durchschnitt, so dass die Nachfrage nach neu Nachdem die Finanzpolitik im Winterhalbjahr noch geschaffenen Wohnimmobilien in den nächsten Quar einmal etwas bremste, ist sie aktuell neutral ausgerich talen wieder beschleunigt ausgeweitet werden dürfte. tet und wird dies über den gesamten Prognosezeitraum bleiben. Die Nachfrage der öffentlichen Hand trug im Im Einklang mit der günstigen gesamtwirtschaftlichen zweiten Quartal sogar wieder merklich zum Anstieg Grundtendenz setzt sich auch der Beschäftigungsauf des Bruttoinlandsprodukts bei. Die deutliche Konso bau in den USA fort. Die Zahl der Stellen legte von lidierung der öffentlichen Haushalte auf der Ausga März bis August im Durchschnitt um 226 000 zu. Die benseite in den vergangenen zwei Jahren sowie der Arbeitslosenquote verringerte sich von 6,7 Prozent im konjunkturell bedingte Anstieg der Steuereinnahmen März auf zuletzt 6,1 Prozent (August). Dabei scheint sich haben zu einer spürbaren Reduktion des Budgetdefi die Partizipationsquote, die seit dem Ausbruch der Gro zits geführt;5 für die Fiskaljahre 2014 und 2015 wird ßen Rezession um drei Prozentpunkte gesunken war, das Defizit des Bundes voraussichtlich 3 Prozent bzw. stabilisiert zu haben; sie schwankt seit einem Jahr um 2,7 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt 63 Prozent. Schätzungen deuten darauf hin, dass ¼ bis betragen. Der Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits 1 Prozentpunkt des Rückgangs konjunkturell bedingt dürfte ähnlich groß sein. Der Abbau des Haushalts ist.3 In diese Richtung weist auch die Zahl von 800 000 fehlbetrages ist auf die sich bessernde Konjunktur Personen, die aktuell laut Current Population Survey aus lage zurückzuführen, das strukturelle Defizit ändert konjunkturellen Gründen dem Arbeitsmarkt vorüberge sich nicht. hend nicht zur Verfügung stehen. Getrübt wird das Bild am Arbeitsmarkt aber von der hohen Anzahl der Arbeit Insgesamt ist über den Prognosezeitraum mit einem nehmer (gut 7 Millionen), die aufgrund der Konjunk robusten Aufschwung zu rechnen (Abbildung 1.2). turlage nur in Teilzeit arbeiten, sowie von den zuletzt So werden wieder merkliche Impulse von der öffent knapp 3 Millionen Langzeitarbeitslosen. Nicht zuletzt lichen Nachfrage ausgehen. Der private Konsum dürf diesen Faktoren dürfte der weiterhin moderate Lohn te nach einem schwachen Anstieg im dritten Quar auftrieb geschuldet sein; die im Privatsektor gezahlten tal 2014 aufgrund des gestiegenen Nettovermögens,6 Stundenlöhne stiegen in den sechs Monaten bis Au der damit einhergehenden geringeren Notwendig gust mit einer laufenden Jahresrate von gut 2 Prozent. keit zum Schuldenabbau und der anhaltenden Auf hellung am Arbeitsmarkt bis Ende 2015 kräftig zule Vor diesem Hintergrund hat die US-Notenbank ihre ex gen. Schließlich dürften die immer noch günstigen pansive Ausrichtung beibehalten, wobei sie aufgrund Finanzierungsbedingungen sowie die knapper wer der fortschreitenden Konjunkturerholung die Maßnah denden Kapazitäten in den einzelnen Sektoren eine men zur quantitativen Lockerung zurückfährt. Der Of kräftige Ausweitung der Unternehmensinvestitionen fenmarktausschuss des Federal Reserve Boards kündig te zuletzt an, die monatlichen Wertpapierkäufe ab Ok tober um weitere 10 Milliarden US-Dollar zu drosseln 5 Nicht zuletzt aufgrund des gesunkenen Konsolidierungsdrucks rechnen die Institute damit, dass im kommenden Jahr keine nennenswerte Unsicherheit und nur mehr Titel im Umfang von 15 Milliarden US- über den Kurs der Finanzpolitik aufkommen wird, weil sich die Kongresspartei- Dollar zu erwerben. 4 Zusätzlich bekräftigte die Zentral en zügig auf den nächsten Bundeshaushalt und eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen dürften. Letztere wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 notwendig, weil der im vergangenen Jahr erzielte Haushalts- kompromiss nur eine moderate Erhöhung der Schuldenobergrenze beinhaltet. 3 Vgl. dazu Aaronen, S. et al. (2014), Labor Force Participation: Recent 6 Das Nettovermögen der privaten Haushalte erreichte im zweiten Quartal Developments and Future Prospects, Finance and Economics Discussion Series, mit 81,5 Billionen USD oder 470 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt 2014-64. sowohl absolut als auch relativ einen neuen Höchstwert. Dazu trugen vor allem 4 Die Verringerung des Volumens betrifft gleichermaßen den Ankauf der gestiegene Wert der Unternehmensbeteiligungen, aber auch eine Erhöhung hypothekarisch besicherter Wertpapiere (in Zukunft 5 Milliarden US-Dollar) und des Immobilienvermögens sowie eine leichte Reduzierung der Hypothekarver- den Erwerb von US-Staatsanleihen (10 Milliarden US-Dollar). bindlichkeiten bei. GD Herbst 2014 17
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