BMF-Monatsbericht Januar 2022 - "ZIELE UNSERER FINANZPOLITIK SIND STABILITÄT, WACHSTUM UND INNOVATION." - Bundesfinanzministerium
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
BMF-Monatsbericht Januar 2022 „ZIELE UNSERER FINANZPOLITIK SIND STABILITÄT, WACHSTUM UND INNOVATION.“ Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen
Editorial Editorial Monatsbericht des BMF Januar 2022 uns gleichzeitig gelingt, die deutsche Volkswirtschaft insgesamt zukunftsfest aufzustellen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, sollen mit dem Nachtragshaushalt rund 60 Mrd. Euro aus veran- schlagten, aber nicht benötigten Kreditermächti- gungen in den Klimaschutz und in Maßnahmen zur nachhaltigeren Gestaltung der deutschen Wirtschaft fließen – ohne neue Schulden aufzunehmen. Das ist ein kraftvolles Signal der Modernisierung und ein Booster für die Volkswirtschaft. Denn durch die Co- rona-Pandemie sind im vergangenen Jahr viele er- forderliche Investitionen in die Modernisierung un- seres Landes ausgeblieben. Liebe Leserinnen, liebe Leser, Wir werden auch in diesem Jahr noch mit den wirt- wir starten im BMF in das neue Jahr voller Ta- schaftlichen Auswirkungen der Pandemie umge- tendrang, denn wir haben große Ambitionen für die hen müssen, die weiterhin eine außergewöhnliche vor uns liegende Legislaturperiode. Es gilt, die Mo- Notsituation begründen. Ab dem Jahr 2023 wird die dernisierung unseres Landes voranzubringen. Auch Neuverschuldung wieder auf den vom Grundgesetz im internationalen Bereich haben wir uns viel vorge- vorgegebenen Spielraum beschränkt und damit die nommen, denn Deutschland übernimmt in diesem Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten. Mit dem Jahr die Präsidentschaft der G7. Bis Ende des Jahres Nachtragshaushalt und den noch in diesem Jahr zu werden das BMF und die Deutsche Bundesbank also beschließenden Haushaltsplänen für die Jahre 2022 die Treffen der G7-Finanzministerinnen und -mi- und 2023 sowie dem Finanzplan bis 2026 wollen nister und -Notenbankgouverneurinnen und -gou- wir zugleich ein Signal der Stabilität senden. Hand- verneure ausrichten und den Austausch über lang- lungsfähigkeit in einer historischen Ausnahmesitu- fristige Fragen der internationalen Finanzpolitik ation und die Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen – leiten. Weitere Schwerpunkte sind hier insbesondere das sind die richtigen und wichtigen Ziele für die die Entwicklungen nach der Krise für eine nach- 20. Legislaturperiode. haltige wirtschaftliche Erholung, die weltweite Ver- sorgung mit Impfstoffen sowie Digitalisierung und Über die Fortschritte und Neuerungen, die das neue Klimaneutralität. Jahr und die neue Legislaturperiode mit sich brin- gen, werden wir regelmäßig im Monatsbericht in- Und diese Aufgabe der Krisenbewältigung ist auch formieren. In den Fachartikeln der Januar-Ausgabe im nationalen Kontext entscheidend. Mit dem Ent- berichten die Kolleginnen und Kollegen zunächst wurf eines Zweiten Nachtragshaushalts 2021, den über die wichtigsten steuerlichen Änderungen, die das Bundeskabinett am 13. Dezember 2021 beschlos- im Jahr 2022 in Kraft treten. Zudem geht es um die sen hat, will die Bundesregierung die Corona-Krise Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im überwinden, ausgebliebene Investitionen nachholen Jahr 2021 sowie um den vorläufigen Abschluss des und damit auch finanzielle Mittel bereitstellen, die Bundeshaushalts des vergangenen Jahres. für die Transformation notwendig sind. Dabei sind Investitionen zur Überwindung der Pandemie und Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! die Erholung nach der Corona-Krise zwei Seiten ein und derselben Medaille. Denn die zahlreichen Hil- fen für Unternehmen, Selbstständige und Beschäf- Steffen Saebisch tigte können langfristig nur wirksam sein, wenn es Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Ein finanzpolitischer Ausblick____________________________________7 Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik_______________________________________________________________ 8 Kurzinterview mit Staatssekretär Steffen Saebisch_______________________________________________________ 12 Analysen und Berichte___________________________________________15 Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2022__________________________________________________________ 16 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021________________________________ 18 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021_________________________________________________________ 23 Vorläufige Haushaltsführung 2022_______________________________________________________________________ 48 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________53 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 54 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 56 Steuereinnahmen im Dezember 2021____________________________________________________________________ 63 Entwicklung der Kernhaushalte der Länder bis einschließlich November 2021___________________________ 68 Kreditaufnahme des Bundes und seiner Sondervermögen________________________________________________ 70 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 80 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________83 Termine_________________________________________________________________________________________________ 84 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 85 Statistiken und Dokumentationen_______________________________87 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 88 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 89 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 89 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 90
Schlaglicht: Ein Ein finanzpolitischer Ausblick finanzpolitischer Ausblick Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik 8 Kurzinterview mit Staatssekretär Steffen Saebisch 12
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Januar 2022 Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik „Wenn man uns also fragt, welchen Zielen sich die Finanzpolitik der neuen Bundesregierung ver- pflichtet fühlt, so ist die Antwort: Stabilität, Wachstum, Innovation und Fairness“, sagte Bundes- finanzminister Christian Lindner am 14. Januar 2022 in seiner Rede zur Haushalts- und Finanz- politik der neuen Bundesregierung im Deutschen Bundestag. Die Erholung der Wirtschaft müsse finanziert, die Pandemie überwunden und Investitionen gestärkt werden. Stabilität und Trotz des Zweiten Nachtragshaushaltes wer- Handlungsfähigkeit den 24,8 Mrd. Euro weniger Schulden aufgenom- men als von der Vorgängerregierung geplant. Das Seit fast zwei Jahren bestimmt die Corona-Pande- bedeutet, dass finanzpolitisch solides und ver- mie unsere Finanzpolitik. Die neue Bundesregie- antwortungsvolles Wirtschaften trotz der not- rung hat es sich für die kommenden vier Jahre zur wendigen enormen Aufwendungen zur Pandemie- Aufgabe gemacht, aus dem finanzpolitischen Kri- bekämpfung möglich ist. Dank der robusten und senmodus in den finanzpolitischen Gestaltungs- widerstandsfähigen deutschen Volkswirtschaft modus zu wechseln. Dafür arbeitet sie daran, im gab es zudem deutlich höhere Steuereinnahmen Jahr 2023 zum Regelfall der Schuldenbremse des (+29,5 Mrd. Euro). Denn durch umfassende Maß- Grundgesetzes zurückzukehren. Das bedeutet, dass nahmen zur Unterstützung der Beschäftigten und die deutsche Schuldenquote in den Folgejahren re- Unternehmen in der Krise hat sich die Wirtschaft duziert und die fiskalische Handlungsfähigkeit des deutlich besser entwickelt als erwartet. Insgesamt Staats für künftige Krisen dadurch gestärkt wer- lagen die Einnahmen des Bundes – ohne Netto- den soll. Aber natürlich werden die Folgen der Pan- kreditaufnahme – bei 341,7 Mrd. Euro und damit demie noch für einige Zeit sichtbar bleiben. Des- 9,2 Mrd. Euro über dem Ansatz im Zweiten Nach- halb führt die Bundesregierung dem Energie- und tragshaushalt (332,6 Mrd. Euro). Spiegelbildlich fal- Klimafonds, der zu einem Klima- und Transfor- len die Ausgaben mit 557,1 Mrd. Euro geringer als mationsfonds weiterentwickelt werden soll, mit die geplanten 572,7 Mrd. Euro aus und liegen da- dem Zweiten Nachtragshaushalt 2021 zusätzlich mit auch nach der zusätzlichen Zuführung an den 60 Mrd. Euro aus ungenutzten Kreditermächtigun- Energie- und Klimafonds rund 15,6 Mrd. Euro unter gen des Vorjahres zu, um pandemiebedingt ausge- den Planungen. Diese günstige Entwicklung führt fallene Investitionen nachzuholen und um Impulse zu einer deutlich geringeren Ausschöpfung an Kre- zur wirtschaftlichen Belebung nach der Pandemie diten als geplant und ermöglicht eine Absenkung zu setzen. Investitionen in den Klimaschutz und der Nettokreditaufnahme um 24,8 Mrd. Euro auf die Transformation der deutschen Volkswirtschaft 215,4 Mrd. Euro. und damit Handlungsfähigkeit einerseits, Rück- kehr zur Schuldenbremse und damit Stabilität an- dererseits: eine Verbindung von Investitionen in die Zukunft und Disziplin bei Konsumausgaben in der Gegenwart. 8
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik Januar 2022 Vorläufiger Haushaltsabschluss 2021 im Überblick1 Tabelle 1 Ist Soll Vorläufiges mehr/weniger Beträge in Mrd. Euro 2020 2021 Ist 2021 gegenüber Soll Ausgaben 443,4 572,7 557,1 -15,6 Steuereinnahmen 283,3 284,0 313,5 +29,5 Schlaglicht Verwaltungs-/Münzeinnahmen 29,7 48,5 28,2 -20,4 Nettokreditaufnahme 130,5 240,2 215,4 -24,8 Gesamteinnahmen 443,4 572,7 557,1 -15,6 1 Zahlen 2021 berücksichtigen dabei einen planmäßigen Vollzug des Zweiten Nachtragshaushalts. Quelle: Bundesministerium der Finanzen Der vorläufige Haushaltsabschluss bietet eine so- sich der Bund in außerordentlicher Weise an der lide Basis für zukünftige Projekte wie die Transfor- Bewältigung der schweren Folgen der Hochwasser- mation der Wirtschaft in Deutschland. Im Jahr 2021 und Starkregenereignisse im Juli 2021, die Teile von ist die Schuldenstandsquote weniger als geplant Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, Bayern angestiegen, voraussichtlich auf lediglich rund und Sachsen betroffen haben. So hat sich der Bund 70,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). im Jahr 2021 mit 121,1 Mio. Euro an den Soforthil- Die Quote liegt damit deutlich unter dem Wert fen der Länder zur unmittelbaren Bewältigung der in der Finanzkrise von rund 82 Prozent des BIP Hochwasserkatastrophe beteiligt. Für die mittel- im Jahr 2010. Sie ist auch niedriger als in den an- und langfristige Behebung der Schäden wurde ein deren G7-Industrienationen. Die Investitionsaus- nationaler Fonds „Aufbauhilfe 2021“ als Sonderver- gaben erreichten im Jahr 2021 mit rund 45,8 Mrd. mögen des Bundes eingerichtet. Der Fonds erhielt Euro den zweithöchsten Wert überhaupt, nur noch im Jahr 2021 eine erste Zuführung aus dem Bun- übertroffen vom Jahr 2020 (50,3 Mrd. Euro). Noch deshaushalt in Höhe von 16 Mrd. Euro. nie vor der Pandemie hat in der Geschichte der Bundesrepublik der Bund nominal mehr für Inves- titionen ausgegeben. Insgesamt liegt der Ausschöp- Internationaler Kontext fungsgrad der Investitionen bei 77,2 Prozent und konnte gegenüber dem Vorjahr um 6,6 Prozent- Auch auf internationaler Ebene ist der Zweiklang punkte gesteigert werden. von Stabilität und Handlungsfähigkeit von Be- deutung. Am 1. Januar 2022 hat Deutschland die Auch die Länder und Kommunen wurden durch G7-Präsidentschaft vom Vereinigten Königreich den Bund im Pandemiejahr 2021 weiter mas- übernommen. Die Schwerpunkte unter der deut- siv entlastet und unterstützt. Im Ergebnis wiesen schen Präsidentschaft werden insbesondere die Länder und Gemeinden im Jahr 2021 weitgehend notwendigen Weichenstellungen nach der Krise ausgeglichene Haushalte auf, das gesamtstaat für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung, die liche Finanzierungsdefizit – und damit die Neuver- weltweite Versorgung mit Impfstoffen zur Über- schuldung – wurde allein vom Bund getragen. Ne- windung der Pandemie und die Gestaltung der be- ben den weiterlaufenden bisherigen Programmen vorstehenden Transformationsprozesse im Kon- in den verschiedensten Bereichen schulterte der text von Digitalisierung und Klimaneutralität sein. Bund auch im Jahr 2021 erneut zu einem ganz er- Und auch mit Blick auf Europa und das Wieder- heblichen Teil die Lasten bei der Bekämpfung der aufbauinstrument „Next Generation EU“ vertritt gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Deutschland die Haltung, dass es notwendig ist, Folgen der Corona-Krise. Darüber hinaus beteiligte jetzt neue Wachstumschancen zu eröffnen, zumal 9
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik Januar 2022 das Instrument nicht auf Dauer angelegt ist. Ein Finanzpolitik als wichtiges Anliegen der deutschen Bundesregie- Ermöglichungspolitik rung ist es, ein Momentum zu entwickeln, um aus der Krise heraus auch die Wettbewerbsfähigkeit der Die Bundesregierung versteht Finanzpolitik als europäischen Wirtschaft zu stärken. Dabei ist ent- Ermöglichungspolitik: Transformation, Techno- scheidend, dass wir die Bedeutung der Fiskalregeln logie und Talentförderung erhalten im Haushalt weiter beachten. Diese leisten einen wichtigen Bei- Priorität. Dafür bildet eine solide Haushaltspoli- trag dazu, die monetäre Stabilität zu erhalten und tik die Grundlage. Um finanzielle Spielräume für die Preisentwicklung im Interesse der Verbraucher Zukunftsinvestitionen zu schaffen, sieht der Ko- innen und Verbraucher und der Wirtschaft insge- alitionsvertrag vor, alle Ausgaben auf den Prüf- samt in einem kontrollierten Maß zu gewährleis- stand zu stellen und eine strikte Neupriorisierung ten. Langfristig benötigt Europa eine kluge Balance am Maßstab des Koalitionsvertrags vorzunehmen. aus der Begrenzung der öffentlichen Verschuldung Deutschland soll Fortschritt wagen. Statt Steuerer- einerseits und der Freisetzung von Investitionen höhungen werden Entlastungen angestrebt, z. B. im in die Transformation andererseits. Eine sinnvolle steuerlichen Bereich, bei der EEG-Umlage, bei der Weiterentwicklung soll nicht ausgeschlossen wer- Einführung des Bürgergelds oder bei der privaten den. Allerdings hat der Stabilitäts- und Wachstums Eigentumsbildung. Dadurch soll ermöglicht wer- pakt im Kern seine Flexibilität auch in der Krise den, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort at- bewiesen. In der Zukunft müssen sowohl der Ge- traktiv bleibt, dass die Menschen in ihrem Leben danke von Wachstum als auch fiskalische Stabili- wirtschaftlich vorankommen und dass der soziale tät und Nachhaltigkeit der Staatsfinanzierung ver- Aufstieg für alle leichter gelingt. Als ersten Schritt folgt werden. Die Bundesregierung vertritt, dass arbeitet das BMF an einem neuen Corona-Steu- transparente Regeln und die finanzpolitische Ei- erhilfegesetz. Damit sollen die Verlängerung der genverantwortung der Mitgliedstaaten unverzicht- Home office-Pauschale, die Verlängerung der er- bare Voraussetzungen für Stabilität sind. Es sollen weiterten Verlustverrechnung, längere Fristen für Mittel, insbesondere auch privates Kapital, mobili- die Abgabe von Steuererklärungen, steuerfreie Zu- siert werden, um die Transformation in Europa zu schüsse zum Kurzarbeitergeld und die Steuerbe- erreichen. freiung für den Pflegebonus von bis zu 3.000 Euro umgesetzt werden. Weitere Schritte werden im Laufe der Legislaturperiode folgen. Und auch die gute Gestaltung des Finanzplatzes Deutschland ist ein wichtiges politisches Ziel. Dabei spielen Stabi- lität und Verbraucherschutz eine herausgehobene Rolle. Zudem werden Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft eine größere Bedeutung erhal- ten. Deutschland ist gerade in der Finanzbranche digital und innovativ gut aufgestellt; bei FinTechs, InsurTechs, Crypto, Venture Capital und Start- ups. Der Finanzplatz Deutschland kann nicht nur Wachstum finanzieren, er soll auch selbst zu einem Wachstumsmotor werden. 10
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Die Finanzpolitik als Ermöglichungspolitik Januar 2022 Fairere Steuererhebung Eindämmung illegaler Finanzströme wird auch und Bekämpfung von beim Thema Bekämpfung von Geldwäsche und Finanzkriminalität Terrorismusfinanzierung eine neue Dynamik ent- stehen – auch vor dem Hintergrund der Deutsch- Die Bundesregierung will außerdem die Steuerer- landprüfung durch die Financial Action Task Force Schlaglicht hebung fairer machen. Zum einen sollen die Steuer- (FATF). International wird die deutsche FATF-Prä- zahlerinnen und Steuerzahler von lästigen Vorgän- sidentschaft mit ihren wichtigen Schwerpunktthe- gen so weit möglich entlastet werden, z. B. durch men u. a. bei der Digitalisierung der Geldwäsche- die Möglichkeiten der Digitalisierung. Andererseits bekämpfung, der Bekämpfung von Geldflüssen aus werden die Befähigungen zur Bekämpfung von Fi- illegaler Abholzung und anderer Umweltkrimina- nanzkriminalität weiter ausgebaut. Steuern sol- lität (laut INTERPOL bis zu 280 Mrd. Euro im Jahr) len nicht erhöht, sondern das Steuerrecht durch- und der besseren Transparenz der wirtschaftlich gesetzt werden. Es ist nur fair, dass die ehrlichen Berechtigten hinter Firmengeflechten zu einem er- Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht dadurch folgreichen Abschluss geführt werden. Sofern die geschädigt werden, dass Steuerhinterziehende da- Pandemie es zulässt, wird das BMF Gastgeber des vonkommen. Auch deshalb ist die Umsetzung der FATF-Abschlussplenums im Juni 2022 in Berlin effektiven globalen Mindestbesteuerung eine klare sein. Priorität der Bundesregierung. Dies soll zum 1. Ja- nuar 2023 geschehen. Damit werden sich endlich Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass auch die internationalen Besteuerungsrechte am die Finanzpolitik der Bundesregierung sich als Er- Gedanken von Fairness und Wettbewerbsfähig- möglichungspolitik versteht und Transformation, keit orientieren. Auch die großen internationa- Technologie und Talentförderung Priorität erhal- len Unternehmen sollen und werden ihren Beitrag ten, damit Deutschland mehr Fortschritt wagt. zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Zur 11
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Januar 2022 Staatssekretär Steffen Saebisch © Bundesministerium der Finanzen/photothek Kurzinterview mit Staatssekretär Steffen Saebisch Sie sind jetzt seit etwas mehr Im Schlaglichtartikel dieses als einem Monat Staatssekretär Monatsberichts geht es um die im BMF. Wie waren Ihr erster steuer- und finanzpolitischen Arbeitstag und Ihre Ankunft im Pläne für die 20. Legislaturpe- BMF? riode. Was haben Sie sich als Staatssekretär dabei persön- Das BMF hat mich sehr freundlich aufgenommen. lich vorgenommen? Allerdings bedingt die Corona-Pandemie, dass ich bisher nur wenige Kolleginnen und Kollegen per- Meine Aufgabe ist es, den Minister bei seiner po- sönlich kennenlernen konnte. Das ist natürlich litischen Agenda zu unterstützen. Der Koalitions- sehr schade. vertrag gibt dem BMF eine Menge Aufgaben als Ermöglichungsministerium auf: Schuldenbremse wieder einhalten, die Digitalisierung vorantrei- ben, die Generationengerechtigkeit sichern und die Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Co- rona-Krise sicherstellen. Hierzu wollen wir auch 12
Ein finanzpolitischer Ausblick BMF-Monatsbericht Kurzinterview mit Staatssekretär Steffen Saebisch Januar 2022 Entlastungsspielräume für die Bürgerinnen und Wie ist es für Sie, nun im Bürger erarbeiten. Detlev-Rohwedder-Haus mit seiner wechselvollen Sie sind zuständig für die Lei- Geschichte zu arbeiten? Schlaglicht tungsabteilung, die finanzpoli- Beeindruckend und bedrückend. Beeindruckend, tische und volkswirtschaftliche weil das Haus ein gelungenes Beispiel für Ge- Grundsatzabteilung sowie die schichtsbewältigung ist. Bedrückend, denn dem Zentralabteilung. Wie läuft steingewordenen Machtanspruch des Nationalso- ein typischer Arbeitstag für zialismus ist man jeden Tag ausgesetzt. Das ist An- spruch und Mahnung zugleich. Sie ab – gibt es so etwas über- haupt? Zum Abschluss stellen wir Der typische Arbeitstag beginnt frühmorgens und gerne Schnellfragen, wie sie in endet selten vor spätabends. Der Terminkalender ist prall gefüllt, stetig in Bewegung und sorgt dafür, Podcasts üblich sind. Heute für dass es nie langweilig wird. Zusätzlich zu meiner Sie: Haben Sie irgendwann in Aufgabe im BMF darf ich ein Teil der Gesamtkoor- Ihrem Leben einen Ratschlag dination der Bundesregierung sein. Auch das bin- bekommen, für den Sie noch det Kapazitäten. immer dankbar sind? „Fortiter in re, suaviter in modo“: immer freundlich im Ton, aber klar in der Sache. Das versuche ich, zu leben. 13
Analysen und Berichte Analysen und Berichte Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2022 16 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 18 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021 23 Vorläufige Haushaltsführung 2022 48
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2022 Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2022 ● Am 1. Januar 2022 sind verschiedene gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, die sich auf den Alltag von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen auswirken werden. ● Im Vordergrund stehen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten. ● Weitere Maßnahmen sind verfassungs- und europarechtlich geboten und wirken sich auf Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer und die Landwirtschaft aus. Für Alleinerziehende Die kalte Progression wird weiter abgebaut Alleinerziehende werden bei der Lohn- und Ein- kommensteuer entlastet – mit einem besonderen Höhere Löhne und Gehälter sollen sich im Geld- Freibetrag, dem sogenannten Entlastungsbetrag. beutel von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- Um die außergewöhnliche Belastung von Alleiner- mern bemerkbar machen. Deshalb wurde der Ein- ziehenden während der Pandemie zu berücksichti- kommensteuertarif für das Jahr 2022 so angepasst, gen, wurde der Entlastungsbetrag für die Jahre 2020 dass der Effekt der kalten Progression ausgeglichen und 2021 mehr als verdoppelt: von ursprünglich wird. Das bedeutet: Löhne und Gehälter werden 1.908 Euro auf nun 4.008 Euro jährlich. In Anerken- nicht höher besteuert, insoweit ihr Anstieg ledig- nung der Situation von Alleinerziehenden insge- lich die Inflation ausgleicht. samt gilt der Betrag ab dem Jahr 2022 unbefristet. Als kalte Progression Für Arbeitnehmerinnen wird der Anstieg des durchschnittlichen und Arbeitnehmer und Steuersatzes der Einkommensteuer bezeich- net, der allein auf Lohn- und Gehaltserhö- Selbstständige hungen zurückzuführen ist, die Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer erhalten haben, Der Grundfreibetrag wird erhöht um den allgemeinen Preisanstieg (Inflation) auszugleichen. Das sogenannte Existenzminimum muss für alle steuerfrei sein. Dafür gibt es bei der Einkommen- steuer den Grundfreibetrag. Nach einer Erhöhung Steuerfreier Bonus kann weiter von 9.408 Euro auf 9.744 Euro im Jahr 2021 wurde ausgezahlt werden er zum Jahr 2022 erneut angehoben, und zwar auf 9.984 Euro. So berücksichtigt die Bundesregierung Um den oftmals erschwerten Bedingungen in der die gestiegenen Lebenshaltungskosten in Deutsch- Pandemie Rechnung zu tragen, hat die Bundesre- land. Der Höchstbetrag für den Abzug von Unter- gierung den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern haltsleistungen wurde ab dem 1. Januar 2022 eben- eine besondere Zuwendung für ihre Mitarbeiten- falls entsprechend erhöht. den ermöglicht: Bonuszahlungen (Beihilfen und Unterstützungen) in Höhe von bis zu 1.500 Euro 16
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2022 Januar 2022 können seit dem 1. März 2020 steuerfrei ausge- Für den Schutz der Gesundheit zahlt werden. Diese Regelung gilt noch bis zum 31. März 2022. Von E-Zigaretten bis hin zu sogenannten Heat-not- Analysen und Berichte Burn-Produkten – der Tabakwarenmarkt sowie das Konsumverhalten haben sich verändert. Deshalb Für Unternehmen und wurden die Tabaksteuertarife zum 1. Januar 2022 Selbstständige angepasst – um so auch den Gesundheits- und Ju- gendschutz zu stärken. Die Steuer auf Zigaretten Planen kleinere Unternehmen innerhalb der kom- und Feinschnitt wird bis zum Jahr 2026 in vier Stu- menden drei Jahre die Anschaffung von Maschi- fen angehoben. Daneben wurde die Besteuerung nen o. Ä., können sie mit dem sogenannten Inves- von erhitztem Tabak (Heat-not-Burn-Produkte) titionsabzugsbetrag einen Teil der Kosten bereits und Wasserpfeifentabak angepasst. Substanzen, die jetzt bei der Gewinnermittlung abziehen. Wegen in E-Zigaretten konsumiert werden, unterliegen ab der Corona-Krise konnten viele Unternehmen je- dem 1. Juli 2022 erstmals einer Besteuerung. doch nicht wie geplant investieren, weshalb ih- nen nach Ablauf der Dreijahresfrist die rückwir- kende Abwicklung des Investitionsabzugsbetrags Für die Landwirtschaft drohte. Für begünstigte Investitionen mit Frist bis Ende 2020 wurde daher bereits eine Verlängerung Um unionsrechtlichen Vorgaben im Umsatzsteu- bis Ende 2021 vereinbart. Diese Frist wurde nun errecht Rechnung zu tragen, wurde der Durch- nochmals um ein Jahr bis Ende 2022 verlängert. So schnittssatz für Pauschallandwirte auf 9,5 Prozent können Unternehmen ihre Investitionen ohne ne- angepasst und die Berechnungsmethode im Gesetz gative steuerliche Folgen nachholen. verankert. Zukünftig wird der Durchschnittssatz jährlich anhand der jeweils aktuellen makroöko- nomischen Daten überprüft und erforderlichen- Für falls angepasst. Rechtsstreitigkeiten auf EU-Ebene Grundstückseigentümerinnen werden so vermieden. und Grundstückseigentümer Zum 1. Januar 2025 wird die neue Grundsteuer als unbürokratische, faire und verfassungsfeste Rege- lung in Kraft treten. Damit werden auch die Ein- heitswerte als bisherige Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ihre Gültigkeit verlieren. An de- ren Stelle tritt dann in allen Bundesländern, die keine abweichenden Regelungen getroffen haben, der Grundsteuerwert. Ermittelt wird er vom je- weils zuständigen Finanzamt anhand einiger we- niger Angaben, die Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer ihrem Finanzamt mit- teilen. Stichtag für den Stand dieser Angaben ist der 1. Januar 2022. Zu diesem Stichtag müssen Eigen- tümerinnen und Eigentümer aber zunächst nichts unternehmen. Sie werden voraussichtlich Ende März 2022 mit öffentlicher Bekanntmachung wei- ter informiert. 17
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2022 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 ● Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne Gemeindesteuern) stiegen im Haushaltsjahr 2021 gegenüber dem Haushaltsjahr 2020 um insgesamt 11,5 Prozent auf 761,0 Mrd. Euro. Dieser außergewöhnlich kräftige Zuwachs war auf den pandemiebedingten Rückgang im Vorjahr zurückzuführen. ● Die Gemeinschaftsteuern hatten mit 626,0 Mrd. Euro oder 82,3 Prozent den größten Anteil am Gesamtergebnis. Gegenüber dem Vorjahr stiegen sie um 15,0 Prozent beziehungsweise 81,8 Mrd. Euro. Hierzu trugen insbesondere die Steuern vom Umsatz (+31,3 Mrd. Euro) sowie einkommens- und gewinnabhängige Steuerarten wie Körperschaftsteuer (+17,9 Mrd. Euro), ver- anlagte Einkommensteuer (+13,4 Mrd. Euro) und Lohnsteuer (+9,1 Mrd. Euro) bei. ● Die Bundessteuern gingen gegenüber dem Vorjahr um 7,1 Prozent zurück. Sie hatten mit 98,2 Mrd. Euro einen Anteil von 12,9 Prozent am Gesamtergebnis, die Ländersteuern mit 31,6 Mrd. Euro (+13,8 Prozent gegenüber Vorjahr) einen Anteil von 4,2 Prozent. Entwicklung der Steuerein ein, sodass die Wirtschaftsleistung im Jahresdurch- nahmen (ohne Gemeinde schnitt 2021 wieder um 2,7 Prozent anstieg (ver- steuern) im Haushaltsjahr 2021 gleiche Artikel zur konjunkturellen Entwicklung in dieser Ausgabe). In – für die Entwicklung der Die Corona-Pandemie hatte im Jahr 2020 zu ei- Steuereinnahmen relevanterer – nominaler Rech- nem deutlichen Einbruch der Wirtschaftsleistung nung war der Rückgang des BIP 2020 mit 3,0 Pro- in Deutschland geführt (preisbereinigtes Bruttoin- zent indes schwächer als der im Jahr 2021 folgende landsprodukt (BIP): -4,6 Prozent im Jahr 2020). Auf- Anstieg mit 5,8 Prozent. In der Folge stiegen auch grund dessen sowie der steuerlichen Maßnahmen die Steuereinnahmen insgesamt wieder merklich zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkun- an, von 682,4 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2020 um gen der Corona-Pandemie waren die Steuerein- 78,6 Mrd. Euro beziehungsweise 11,5 Prozent auf nahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne 761,0 Mrd. Euro (s. a. Tabelle 1). Gemeindesteuern)1 im Haushaltsjahr 2020 deutlich um 7,3 Prozent zurückgegangen. Nach den Ein- schränkungen zum Jahresbeginn setzte im Früh- jahr 2021 eine spürbare wirtschaftliche Erholung 1 Über die Einnahmen aus Gemeindesteuern berichtet das Statistische Bundesamt vierteljährlich. Diese Einnahmeergebnisse werden in der Fachserie 14 „Finanzen und Steuern“, Reihe 4 „Steuerhaushalt“ im Rahmen eines Gesamtüberblicks über die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden veröffentlicht. Diese Daten stehen regelmäßig drei Monate nach Quartalsende zur Verfügung. Der Artikel bezieht sich daher ausschließlich auf die Steuereinnahmen ohne Gemeindesteuern. 18
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 Januar 2022 Entwicklung der Steuereinnahmen im Haushaltsjahr 2021 Tabelle 1 Haushaltsjahr in Mrd. Euro Veränderung gegenüber Vorjahr Steuereinnahmen nach Ertragshoheit 2021 2020 in Mrd. Euro in % Analysen und Berichte Gemeinschaftsteuern 626,0 544,2 +81,8 +15,0 Bundessteuern 98,2 105,6 -7,5 -7,1 Ländersteuern 31,6 27,8 +3,8 +13,8 Zölle 5,1 4,7 +0,4 +8,2 Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) 761,0 682,4 +78,6 +11,5 Differenzen in den Summen durch Rundung der Zahlen möglich. Quelle: Bundesministerium der Finanzen Dabei stiegen die Einnahmen aus den Gemein- Vorjahr davon beeinflusst, dass der Warenhandel schaftsteuern gegenüber dem Haushaltsjahr 2020 mit dem Vereinigten Königreich seit Anfang des um 15,0 Prozent auf 626,0 Mrd. Euro. Das Auf- Jahres 2021 keinen Warenverkehr innerhalb der kommen der Bundessteuern verringerte sich um Europäischen Union (EU) mehr darstellt und somit 7,1 Prozent auf 98,2 Mrd. Euro. Die Zolleinnahmen für Importe Einfuhrumsatzsteuer anfällt. Demge- stiegen deutlich um 8,2 Prozent oder 0,4 Mrd. Euro genüber wurde mit dem Zweiten Corona-Steuer- auf 5,1 Mrd. Euro. Auch die Ländersteuern konn- hilfegesetz der Fälligkeitstermin der Einfuhrum- ten einen deutlichen Zuwachs von 13,8 Prozent auf satzsteuer für Einfuhren im Dezember 2020 vom 31,6 Mrd. Euro verzeichnen. Januar 2021 auf den Februar 2021 verschoben, wo- durch das Einfuhrumsatzsteueraufkommen im Haushaltsjahr 2021 um einen Fälligkeitstermin ver- Gemeinschaftsteuern mindert ist. Das Aufkommen der Steuern vom Umsatz lag Das Lohnsteueraufkommen brutto lag im Haus- im Haushaltsjahr 2021 bei 250,8 Mrd. Euro und haltsjahr 2021 mit 270,4 Mrd. Euro um 3,7 Prozent hatte mit 40,1 Prozent den größten Anteil an über dem Ergebnis des Haushaltsjahres 2020. Ins- den Gemeinschaftsteuern in Höhe von insge- besondere der Rückgang des Kurzarbeitsvolumens, samt 626,0 Mrd. Euro. Gegenüber dem Haushalts- das die lohnsteuerabzugspflichtigen Bruttolöhne jahr 2020 stieg das Umsatzsteueraufkommen im und -gehälter verringert hatte, trug zum Anstieg des Jahr 2021 dabei um 31,3 Mrd. Euro beziehungs- Aufkommens bei. Dazu kam, dass die Arbeitslosig- weise 14,3 Prozent. Das Aufkommen aus der Bin- keit im Jahresverlauf 2021 spürbar wieder sank und nenumsatzsteuer erhöhte sich um 11,2 Prozent auf die Beschäftigung stieg. Vom Bruttolohnsteuerauf- 187,6 Mrd. Euro und das Aufkommen aus der Ein- kommen abzuziehen war das aus dem Lohnsteu- fuhrumsatzsteuer um 24,4 Prozent gegenüber dem eraufkommen gezahlte Kindergeld. Im Jahr 2021 Jahr 2020 auf 63,2 Mrd. Euro. Zum Anstieg des Auf- wurde nochmals ein Kinderbonus zur Milderung kommens im Vorjahresvergleich trug neben der von Belastungen für Familien durch die Pandemie wirtschaftlichen Erholung insbesondere die nied- in Höhe von 150 Euro pro Kind gezahlt ‑ nach be- rige Vorjahresbasis bei, da mit dem Zweiten Coro- reits 300 Euro pro Kind im Vorjahr. Zudem wurde na-Steuerhilfegesetz im Zeitraum vom 1. Juli 2020 ab dem 1. Januar 2021 das Kindergeld um 15 Euro bis 31. Dezember 2020 der allgemeine Umsatz- je Kind erhöht. Die Kindergeldzahlungen stiegen so steuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent sowie im Jahr 2021 um 1,3 Prozent auf 49,8 Mrd. Euro und der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auf verringerten für sich genommen das kassenmäßige 5 Prozent gesenkt worden war. Die Verteilung des Lohnsteueraufkommen. Des Weiteren waren die Aufkommens zwischen Binnenumsatzsteuer und Aufwendungen für die Altersvorsorgezulage vom Einfuhrumsatzsteuer war zudem gegenüber dem Bruttolohnsteueraufkommen abzuziehen. Diese 19
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 Januar 2022 sanken im Haushaltsjahr 2021 um 4,5 Prozent auf Das Aufkommen der nicht veranlagten Steuern 2,2 Mrd. Euro. Alles in allem stieg das kassenmäßige vom Ertrag stieg im Haushaltsjahr 2021 brutto Lohnsteueraufkommen im Haushaltsjahr 2021 um um 23,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 4,4 Prozent auf 218,4 Mrd. Euro. 28,3 Mrd. Euro. Damit wurde der Rückgang im Vor- jahr (-6,4 Prozent) überkompensiert. Dieser Rück- Die veranlagte Einkommensteuer verzeichnete im gang war wahrscheinlich wesentlich darauf zu- Haushaltsjahr 2021 Bruttoeinnahmen in Höhe von rückzuführen, dass die Unternehmen infolge der 84,6 Mrd. Euro, was einem Anstieg von 14,8 Prozent Corona-Pandemie zu einer sehr vorsichtigen Divi- gegenüber dem Jahr 2020 entsprach. Die Abzugsbe- dendenausschüttung tendiert hatten. Vom Brutto- träge von Investitions- und Eigenheimzulage be- aufkommen abzuziehen sind Erstattungen durch einflussten das Ergebnis aufgrund des Auslaufens das Bundeszentralamt für Steuern. Im Ergebnis der Förderung nur noch unerheblich. Die erstmals stieg das Kassenaufkommen der nicht veranlag- im Jahr 2021 gewährte Forschungszulage hatte ten Steuern vom Ertrag im Haushaltsjahr 2021 um mit rund 313.000 Euro ebenfalls nur eine geringe 27,4 Prozent auf 27,4 Mrd. Euro. betragsmäßige Relevanz. Wesentlich bedeuten- der waren die aus dem Aufkommen der veranlag- Auch das Kassenaufkommen der Abgeltungsteuer ten Einkommensteuer gezahlten Erstattungen an auf Zins- und Veräußerungserträge stieg im Haus- veranlagte Arbeitnehmer: Diese verringerten sich haltsjahr 2021 deutlich gegenüber dem Jahr 2020 um 16,6 Prozent auf 12,3 Mrd. Euro. Unter Berück- um 48,3 Prozent auf 10,0 Mrd. Euro. Angesichts des sichtigung der Abzugsbeträge ergaben sich Kassen nicht maßgeblich veränderten Zinsniveaus kann einnahmen der veranlagten Einkommensteuer im diese Entwicklung schwerlich aus der Besteuerung Haushaltsjahr 2021 in Höhe von 72,3 Mrd. Euro, der Zinseinkünfte abgeleitet werden. Vielmehr was einen Anstieg um 22,7 Prozent gegenüber dem dürften Anleger vor dem Hintergrund der seit Haushaltsjahr 2020 entsprach. Auch in diesem An- den pandemiebedingten Tiefstständen im Früh- stieg spiegelte sich die deutliche wirtschaftliche Er- jahr 2020 merklich aufwärtsgerichteten Kursent- holung im Jahresverlauf 2021 wider. wicklung an zentralen Wertpapiermärkten ver- mehrt Gewinne aus der Anlage von Wertpapieren Ähnlich verhielt es sich bei der Körperschaftsteuer, realisiert haben. die maßgeblich von der Gewinnentwicklung der Unternehmen abhängt. Das Bruttoaufkommen stieg hierbei im Haushaltsjahr 2021 um 73,7 Pro- Bundessteuern zent auf 42,1 Mrd. Euro. Mit der gegenüber dem Vor- jahr wieder deutlich verbesserten wirtschaftlichen Bei den Bundessteuern wurde mit 98,2 Mrd. Euro Situation zeigte sich im Jahr 2021 auch eine deutli- im Haushaltsjahr 2021 das Vorjahresniveau dage- che Steigerung der Vorauszahlungen und somit ein gen um 7,5 Mrd. Euro beziehungsweise 7,1 Prozent deutlicher Anstieg im Steueraufkommen, nachdem unterschritten. Die Energiesteuer war mit einem im Vorjahr Maßnahmen zur Stützung der Liquidi- Aufkommen von 37,1 Mrd. Euro im Haushalts- tät der Unternehmen in der Krise wie die Herabset- jahr 2021 die aufkommensstärkste Bundessteuer. zungen von Vorauszahlungen für sich genommen Maßgeblich für das Volumen der Energiesteuer das Aufkommen gemindert hatten. Nach Abzug war mit 89,2 Prozent der Anteil der Besteuerung der betragsmäßig geringen Investitionszulage und des Kraftstoffverbrauchs, insbesondere von Ben- Forschungszulage ergab sich ein Kassenaufkom- zin und Diesel. Hier verringerten sich die Steuer men im Haushaltsjahr 2021 von 42,1 Mrd. Euro einnahmen im Vorjahresvergleich um 1,2 Pro- (+73,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2020). zent, was u. a. die auch im vergangenen Jahr noch 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 Januar 2022 spürbar von der Pandemie beeinflusste Mobilität Ländersteuern widerspiegelte. Das Aufkommen aus der Energie- steuer auf Heizöl verringerte sich um 27,8 Prozent; Das Aufkommen der Ländersteuern nahm im Analysen und Berichte dasjenige auf Erdgas stieg um 10,2 Prozent. Im Er- Haushaltsjahr 2021 gegenüber dem Vorjahr deut- gebnis war bei der Energiesteuer ein Rückgang von lich um 13,8 Prozent auf 31,6 Mrd. Euro zu. Dies 1,4 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2020 war im Wesentlichen auf die starken Anstiege zu verzeichnen. Die Tabaksteuer verzeichnete im der Grund erwerbsteuer um 14,2 Prozent auf Haushaltsjahr 2021 einen Anstieg der Einnahmen 18,3 Mrd. Euro und der Erbschaftsteuereinnahmen um 0,6 Prozent auf 14,7 Mrd. Euro. Die Einnahmen um ebenfalls 14,2 Prozent auf 9,8 Mrd. Euro zurück- aus dem Solidaritätszuschlag wiesen einen Rück- zuführen. Weitere Zuwächse verzeichneten zudem gang um 41,0 Prozent auf 11,0 Mrd. Euro auf. Dieser die Rennwett- und Lotteriesteuern um 14,1 Pro- resultierte aus der Abschaffung des Solidaritätszu- zent auf 2,3 Mrd. Euro. Hier wirkte sich die Einfüh- schlags für rund 90 Prozent der Lohn- und Einkom- rung der neuen Steuerarten – Online-Pokersteuer mensteuerzahlerinnen und -zahler. Der Rückgang und Virtuelle Automatensteuer – aufkommensstei- wurde durch den Anstieg der Bemessungsgrund- gernd aus. Des Weiteren stieg das Biersteuerauf- lagen – der Lohnsteuer, der veranlagten Einkom- kommen um 3,2 Prozent auf 0,6 Mrd. Euro und das mensteuer, der Körperschaftsteuer, der Abgeltung- Feuerschutzsteueraufkommen um 5,3 Prozent auf steuer auf Zins- und Veräußerungserträge und der 0,5 Mrd. Euro. nicht veranlagten Steuern vom Ertrag (s. o.) – etwas verringert. Das Kraftfahrzeugsteueraufkommen stieg im Haushaltsjahr 2021 leicht um 0,2 Prozent Entwicklung der auf 9,5 Mrd. Euro. Bei der Versicherungsteuer er- Steuereinnahmen in den gab sich im Jahr 2021 mit +2,9 Prozent ein Zuwachs im Steueraufkommen gegenüber dem Jahr 2020 einzelnen Quartalen auf 15,0 Mrd. Euro. Die Luftverkehrsteuer stieg um 93,7 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2020, Ein Blick auf die Ergebnisse der einzelnen Quartale in dem der weltweite Luftverkehr in Folge der Co- des Haushaltsjahres 2021 zeigt unterjährig unab- rona-Pandemie zwischenzeitlich nahezu zum Er- hängig von der Ertragshoheit das gleiche Bild. Da liegen gekommen war. Damit lag die Luftverkehr- sich die Corona-Pandemie in den Steuereinnahmen steuer aufgrund der pandemiedingt immer noch erst ab dem 2. Quartal 2020 gezeigt hatte, verzeich- beeinträchtigten Flugaktivität aber noch mehr als neten die Steuern dementsprechend im 1. Quar- 50 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus aus tal 2021 deutliche Rückgänge oder – wie im Fall der dem Jahr 2019. Weitere zum Gesamtaufkommen Ländersteuern – den geringsten Anstieg gegenüber der Bundessteuern beitragende Steuerarten ver- dem Vorjahr. In den folgenden drei Quartalen wa- zeichneten im Haushaltsjahr 2021 folgende pro- ren dagegen teils merkliche Erholungseffekte ge- zentuale Veränderungen gegenüber dem Vor- genüber dem Vorjahr erkennbar – beziehungsweise jahr und Einnahmen: Stromsteuer +2,0 Prozent bei den Bundessteuern wesentlich geringere Rück- auf 6,7 Mrd. Euro, Alkoholsteuer -6,7 Prozent auf gänge –, wobei im 3. Quartal 2021 der Zuwachs bei 2,1 Mrd. Euro, Schaumweinsteuer -15,9 Prozent auf allen Steuern (außer den Bundessteuern) am ge- 0,3 Mrd. Euro sowie Kaffeesteuer -0,2 Prozent auf ringsten und der Rückgang bei den Bundessteuern 1,1 Mrd. Euro. am stärksten ausfiel. 21
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2021 Januar 2022 Entwicklung der Steuereinnahmen in den einzelnen Quartalen 2021 Tabelle 2 in Mrd. Euro Steuereinnahmen nach Ertragshoheit 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Jahr Gemeinschaftsteuern 141,4 143,4 161,3 179,9 626,0 Veränderung 2021 gegenüber 2020 in % -4,6 24,3 20,1 23,1 15,0 Bundessteuern 21,7 23,2 23,5 29,8 98,2 Veränderung 2021 gegenüber 2020 in % -11,4 -1,3 -9,5 -5,9 -7,1 Ländersteuern 7,8 7,4 7,8 8,6 31,6 Veränderung 2021 gegenüber 2020 in % 4,7 16,9 15,2 19,1 13,8 Zölle (EU) 1,1 1,3 1,3 1,5 5,1 Veränderung 2021 gegenüber 2020 in % -5,5 11,4 6,6 19,4 8,2 Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) 172,0 175,2 193,9 219,8 761,0 Veränderung 2021 gegenüber 2020 in % -5,2 19,7 15,2 18,0 11,5 Quelle: Bundesministerium der Finanzen Verteilung der Steuer dabei aus der unterschiedlichen Entwicklung von einnahmen auf die Ebenen Bundessteuern und Ländersteuern. Darüber hinaus wirken sich über Festbeträge vom Bund auf Länder Im Haushaltsjahr 2021 fielen bei Bund, Ländern und Gemeinden übertragene Umsatzsteuereinnah- und Gemeinden die Steuereinnahmen höher aus men auf die Verteilung aus. Auch im Jahr 2021 er- als im Vorjahr (s. a. Tabelle 3). Basis dieser Ent- hielten Länder und Gemeinden auf diesem Weg wicklung war der Anstieg bei den Gemeinschaft- z. B. Kompensationsleistungen des Bundes für steuern. Die Verteilung der Steuereinnahmen im die temporäre Absenkung der Umsatzsteuersätze Haushaltsjahr 2021 auf Bund, EU, Länder und Ge- im 2. Halbjahr 2020 sowie den Kinderbonus 2021, meinden und die Veränderungen gegenüber dem wenngleich sich die übertragenen Festbeträge ge- entsprechenden Vorjahreszeitraum sind in Ta- genüber dem Vorjahr insgesamt verringerten (s. a. belle 3 dargestellt. Unterschiede im relativen An- Bericht zur Steuerschätzung im Monatsbericht De- stieg zwischen Bund und Ländern ergeben sich zember 2021). Verteilung der Steuereinnahmen auf die Ebenen Tabelle 3 Haushaltsjahr Veränderung gegenüber in Mrd. Euro Vorjahr Ebenen 2021 2020 in Mrd. Euro in % Bund¹ 313,7 283,1 +30,6 +10,8 Länder¹ 355,1 316,3 +38,8 +12,3 Gemeinden² 38,2 32,8 +5,4 +16,5 EU 54,0 50,1 +3,9 +7,7 Zusammen 761,0 682,4 +78,6 +11,5 Differenzen in den Summen durch Rundung der Zahlen möglich. 1 Nach Bundesergänzungszuweisungen. 2 Lediglich Gemeindeanteil an Einkommensteuer, Abgeltungsteuer und Steuern vom Umsatz. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 22
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021 Januar 2022 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021 Analysen und Berichte ● Der Abschluss des Bundeshaushalts 2021 erfolgte vorbehaltlich der Verkündung des Zweiten Nachtragshaushalts 2021, der sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindet. Der Haushalt wurde mit einer Nettokreditaufnahme (NKA) in Höhe von 215,4 Mrd. Euro abge- schlossen. Damit blieb die NKA um rund 24,8 Mrd. Euro unter dem vorgesehenen Soll für 2021. In gesamtstaatlicher Betrachtung entfällt die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte im Jahr 2021 beinahe vollständig auf den Bund. ● Die Ausgaben 2021 stiegen gegenüber dem Vorjahr um 26,0 Prozent kräftig an. Die Steuerein- nahmen überschritten das Vorjahresergebnis um 9,6 Prozent, waren damit aber immer noch deutlich unter dem Niveau des Jahres 2019. ● Die strukturelle NKA in Abgrenzung der Schuldenbremse beläuft sich auf 5,93 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Obergrenze für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP entsprechen 12,1 Mrd. Euro) wurde nach vorläufigem Ergebnis um rund 192,5 Mrd. Euro über- schritten. Gemäß dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Tilgungsplan beträgt der ab dem Jahr 2026 zu tilgende Betrag damit vorläufig rund 11,3 Mrd. Euro pro Jahr. Die endgültige Berechnung des zu tilgenden Betrags erfolgt zum 1. September 2022. ● Der Haushaltsvollzug 2021 wurde wie bereits im Jahr zuvor dominiert von der Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Bewältigung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftli- chen Folgen. Bei verschiedenen investiven Vorhaben und Programmen gab es Minderausgaben gegenüber dem Sollansatz. Hintergrund für die Nichtausschöpfung dürften dabei u. a. auch die vielfältigen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Pandemiegeschehens gewesen sein. Ausgangslage Entwicklung der Steuereinnahmen relevanterer – nominaler Rechnung war der Rückgang des BIP im Die deutsche Wirtschaft erholte sich im vergan- Jahr 2020 mit 3,0 Prozent aber schwächer als der im genen Jahr weiter von ihrem pandemiebedingten vergangenen Jahr folgende Anstieg mit 5,8 Prozent. Einbruch im Jahr 2020. Das Bruttoinlandsprodukt Weitere Informationen zur wirtschaftlichen Ent- stieg nach ersten Berechnungen des Statistischen wicklung im Jahr 2021 können dem Artikel „Kon- Bundesamts im Jahr 2021 in preisbereinigter Rech- junkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht“ in nung um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zwar diesem Monatsbericht entnommen werden. deutlich, befand sich damit aber noch unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019. Die wirtschaftli- Aufgrund des Einbruchs der Wirtschaftsleistung che Entwicklung war dabei im Jahresverlauf 2021 sowie steuerlicher Maßnahmen zur Bekämpfung weiterhin von der Corona-Pandemie geprägt, die der Auswirkungen der Corona-Pandemie waren insbesondere im Anfangs- und Schlussquartal des die Steuereinnahmen von Bund und Ländern (ohne Jahres die wirtschaftliche Aktivität dämpfte. Da- Gemeindesteuern) im Haushaltsjahr 2020 merk- gegen ermöglichten sinkende Inzidenzzahlen lich gesunken (-7,3 Prozent). Im Haushaltsjahr 2021 und die Fortschritte der Impfkampagne im Som- stiegen diese vor dem Hintergrund der wirtschaft- merhalbjahr eine deutliche Erholung. In – für die lichen Erholung nunmehr wieder deutlich an, und 23
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021 Januar 2022 zwar um 11,5 Prozent gegenüber dem Haushalts- Die Finanzierung ist mit Mehreinnahmen von jahr 2020. Einzelheiten hierzu können dem Artikel 25 Mrd. Euro und Minderausgaben in Höhe von „Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder 35 Mrd. Euro als Globalpositionen im Einzelplan 60 im Haushaltsjahr 2021“ in diesem Monatsbericht im Soll abgebildet. Die zusätzliche Zuweisung an entnommen werden.1 den EKF hat das Ziel, zusätzliche Klimaschutzmaß- nahmen und Maßnahmen zur Transformation der deutschen Wirtschaft zu finanzieren. Dabei ist eine Gesamtübersicht zum vorläu Zweckbindung verbindlich für folgende Maßnah- figen Haushaltsabschluss men vorgesehen: Der Bundeshaushalt 2021 schloss nach vorläufi- ● Stärkung von Investitionen in Maßnahmen der gem Haushaltsabschluss seit Beginn der Pande- Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im mie zum zweiten Mal in Folge mit einem Finan- Gebäudebereich, zierungsdefizit ab. Mit dem im Dezember 2020 verkündeten Haushaltsgesetz (Bundesgesetz- ● Förderung von Investitionen für eine CO2-neu- blatt (BGBl.) I Nr. 66 S. 3208) war eine NKA von trale Mobilität, 179,8 Mrd. Euro veranschlagt worden. Mit dem Ersten Nachtragshaushalt 2021, der im Früh- ● Förderung von Investitionen in neue Produk- jahr von der Bundesregierung beschlossen und tionsanlagen in Industriebranchen mit emissi- nach den parlamentarischen Beratungen An- onsintensiven Prozessen über Klimaschutzver- fang Juni verkündet wurde (BGBl. I Nr. 29 S. 1410), träge (Carbon Contracts for Difference), wurde die NKA um rund 60,4 Mrd. Euro auf rund 240,2 Mrd. Euro erhöht. Hiermit wurde dem ver- ● Förderung von Investitionen zum Ausbau einer stärkten Pandemiegeschehen zu Beginn des Jahres Infrastruktur einer CO2-neutralen Energiever- mit zusätzlich erforderlichen Hilfs- und Schutz- sorgung und maßnahmen sowie mit einer angepassten umfas- senden Impf- und Testkampagne Rechnung getra- ● Stärkung der Nachfrage privater Verbraucher gen und die finanzpolitische Handlungsfähigkeit und des gewerblichen Mittelstands durch Ab- für den weiteren Jahresverlauf sichergestellt.2 schaffung der EEG-Umlage. Am 13. Dezember 2021 hat die Bundesregierung Mit den Maßnahmen werden gezielte und gesamt- den Entwurf eines Zweiten Nachtragshaushaltsge- wirtschaftlich bedeutsame Impulse gesetzt, die setzes 2021 beschlossen und ins Parlament einge- zur Überwindung der Pandemiefolgen erforder- bracht. Der Nachtrag befindet sich noch im Gesetz- lich sind. Gleichzeitig wird mit dem Zweiten Nach- gebungsverfahren. Nach dem Entwurf des Zweiten trag frühzeitig Planungssicherheit geschaffen. Im Nachtragshaushalts wurden dem Energie- und Kli- Vordergrund steht dabei insbesondere das Nach- mafonds (EKF) – künftig Klima- und Transforma- holen von Investitionen, die aufgrund der pande- tionsfonds (KTF) – ohne Erhöhung der Krediter- miebedingten Restriktionen und ökonomischen mächtigung zusätzlich 60 Mrd. Euro zugeführt. Unsicherheiten unterblieben, aber für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volks- wirtschaft entscheidend sind. Die zusätzliche Zu- 1 In dem Artikel aufgeführte Steuereinnahmen des Bundes weisung ergänzt die im Jahr 2020 zur Bewältigung weichen methodisch bedingt von den in den folgenden Tabellen 1 und 7 dargestellten Steuereinnahmen des Bundes der Pandemiefolgen dem EKF zugewiesenen Mit- ab. tel, dient damit weiterhin der Bewältigung der Pan- 2 Monatsberichte des BMF vom Februar 2021, Artikel „Soll demie und ist zur Überwindung der pandemiebe- bericht 2021: Ausgaben und Einnahmen des Bundeshaushalts“ und Juni 2021, Artikel „Nachtragshaushalt 2021 des Bundes dingten Notsituation erforderlich. (Sollbericht)“. 24
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2021 Januar 2022 Mit dem Entwurf des Zweiten Nachtrags wurde au- Daneben entstanden Minderbedarfe insbesondere ßerdem die im Koalitionsvertrag beschlossene ver- bei den Zinsausgaben (-6,4 Mrd. Euro), bei Gewähr- änderte Berücksichtigung der Sondervermögen in leistungen (-4,2 Mrd. Euro) sowie bei Zuschüssen Analysen und Berichte der Schuldenbremse umgesetzt (s. a. Abschnitt Ab- zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen rechnung der grundgesetzlichen Regel zur Begren- das Coronavirus (-5,0 Mrd. Euro), wovon Mittel teil- zung der Neuverschuldung des Bundes (Schulden- weise in das Haushaltsjahr 2022 übertragen werden. bremse) für das Jahr 2021). Gleichzeitig gab es auch Mehrbedarfe in großem Umfang. Zur Beseitigung von durch Starkregen Der endgültige Haushaltsabschluss erfolgt nach und Hochwasser entstandenen Schäden insbeson- Abschluss des parlamentarischen Verfahrens für dere in Teilen der Bundesländer Nordrhein-Westfa- den Zweiten Nachtragshaushalt 2021. In den bei- len und Rheinland-Pfalz wurde ein Sondervermö- gefügten Tabellen sowie den Erläuterungen wird gen „Aufbauhilfe 2021“ mit einem Gesamtvolumen davon ausgegangen, dass dieser wie nach dem Be- von 30 Mrd. Euro errichtet. Dem Sondervermögen schluss des Haushaltsausschusses des Deutschen wurden aus dem Bundeshaushalt außerplanmä- Bundestags vom 12. Januar 2022 vorgesehen umge- ßig Mittel in Höhe von 16 Mrd. Euro zur langfristi- setzt wird. gen Beseitigung der Schäden infolge der Flutkatas trophe zugewiesen. Zugleich fielen beim Zuschuss Tabelle 1 zeigt neben dem Haushaltssoll 2021 wesent- an die Bundesagentur für Arbeit Mehrausgaben in liche Eckwerte des vorläufigen Haushaltsabschlus- Höhe von 13,6 Mrd. Euro an. Letztere wurden dabei ses 2021 im Vergleich zum Haushaltsabschluss 2020. aus Mitteln der Globalen Mehrausgabe zur Bewäl- tigung der COVID-19-Pandemie im Einzelplan 60 gedeckt. Ausgaben und Einnahmen Im Vergleich zu früheren Haushaltsabschlüssen Die Steuereinnahmen sind stärker gestiegen als sind die Ausgaben 2021 die höchsten Ausgaben noch zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung des des Bundeshaushalts, die es jemals in einem Haus- Ersten Nachtragshaushalts im Frühjahr 2021 an- haltsjahr gab. Gegenüber dem Jahr 2020 stiegen die genommen. Auf der Ausgabenseite waren weni- Ausgaben im Bundeshaushalt (ohne besondere Fi- ger Mittel zur Abmilderung von Folgen der Co- nanzierungsvorgänge) nochmals beträchtlich um rona-Pandemie im wirtschaftlichen und sozialen 26,0 Prozent beziehungsweise 114,8 Mrd. Euro Bereich erforderlich als veranschlagt. Allerdings an, nachdem sie bereits 2020 das Niveau des Jah- hat die anhaltende Pandemie mit immer neuen In- res 2019 um 28,7 Prozent überschritten hatten. fektionswellen Investitionsmaßnahmen und För- Rund 50,8 Mrd. Euro gingen dabei auf höhere Zu- derprogramme teilweise erheblich behindert be- weisungen an Sondervermögen zurück. So wur- ziehungsweise verzögert. den dem Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“ im Jahr 2021 Mittel in Höhe von 16 Mrd. Euro aus dem Die Ausgaben des Bundes (ohne besondere Finan- Bundeshaushalt zugeführt. Die Zuweisungen an zierungsvorgänge) lagen mit rund 556,6 Mrd. Euro den EKF erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr vor- im vorläufigen Ist 2021 um rund 16,1 Mrd. Euro be- aussichtlich um 34,8 Mrd. Euro. Auch die Zuschüsse ziehungsweise 2,8 Prozent unter dem Soll des Ent- an Unternehmen ohne Investitionen, einschließ- wurfs des Zweiten Nachtragshaushalts. Dabei kam lich Unternehmenshilfen (rund +34,1 Mrd. Euro) es zu bedeutenden Minderausgaben, vor allem bei und Zuweisungen an Sozialversicherungen (rund den Corona-Unternehmenshilfen. Diese blieben +37,9 Mrd. Euro) überschritten die Ausgaben 2020 rund 16,4 Mrd. Euro unter dem Soll. Zusätzlich er- deutlich. folgten Rückzahlungen von 2020 geleisteten Coro- na-Soforthilfen für kleine Unternehmen und Solo- Die Einnahmen (ohne Einnahmen aus Umlaufmün- selbstständige im Umfang von rund 1,0 Mrd. Euro. zen und ohne besondere Finanzierungsvorgänge) 25
Sie können auch lesen