Sonderfaktoren tragen Konjunktur - Impulse von Ölpreis und Wechselkurs - Jahresbeginn 2015
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Sonderfaktoren tragen Konjunktur – Impulse von Ölpreis und Wechselkurs Ergebnisse der DIHK-Konjunkturumfrage bei den Industrie- und Handelskammern Jahresbeginn 2015
2 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 Mit der aktuellen Auswertung „Sonderfaktoren tragen Konjunktur - Impulse von Ölpreis und Wechselkurs“ präsentiert der DIHK die Ergebnisse seiner aktuellen Konjunkturumfrage bei den Industrie- und Handels- kammern (IHKs) in Deutschland. Die Umfrage wurde erstmals im Herbst 1977 durchgeführt (bis Frühsom- mer 2013 unter dem Titel „Wirtschaftslage und Erwartungen“). Seit dem Jahr 2000 findet sie dreimal, bis dahin zweimal pro Jahr statt. Grundlage für die DIHK-Ergebnisse sind Befragungen der Unternehmen durch insgesamt 80 IHKs. Diese befragen jeweils eine repräsentative Auswahl von Mitgliedsunternehmen. Zu Jahresbeginn 2015 haben sie wiederum mehr als 27.000 Antworten ausgewertet. Die regionalen Auswertungen der IHKs können Sie auch im Internet unter www.dihk.de/konjunktur abrufen. Die Antworten verteilen sich auf die Industrie (29 Prozent), die Bauwirtschaft (sieben Prozent), den Handel (23 Prozent) und die Dienstleistungen (41 Prozent). Ein besonderes Merkmal der DIHK-Umfrage ist die Unterscheidung der Unternehmenseinschätzungen nach Regionen. Dabei werden dem Norden die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dem Westen die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, dem Osten Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thü- ringen sowie dem Süden die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern zugerechnet. Die Umfrage hat von Mitte Dezember 2014 bis Mitte Januar 2015 stattgefunden. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) Bereich Wirtschaftspolitik, Mittelstand, Innovation – Berlin 2015
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 3 Inhalt Konjunktur in Deutschland auf einen Blick 04 Geschäftslage 06 Geschäftserwartungen 12 • DIHK-Konjunkturklimaindikator 22 Exporterwartungen 24 • Entwicklung einzelner Zielregionen 32 Investitionsabsichten 36 Beschäftigungsabsichten 46 Konjunktur in den Regionen 54 • Norden 55 • Osten 58 • Süden 61 • Westen 64 IHK-Konjunkturumfragen 67 Anhang 68 • Fragebogen 69 • Zeitreihen der DIHK-Umfragen 70 Impressum 76
4 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 Deutschlands Konjunktur auf einen Blick Jahresbeginn 2015 Geschäftslage (Anteile in %) D ie Wirtschaftslage hellt sich gegenüber dem Herbst 2014 leicht auf. Der deutliche Rückgang der Öl- 41 gut preise entlastet Verbraucher und Unternehmen. Befürch- befriedigend 50 tungen weiter eskalierender globaler Krisen haben sich 9 schlecht bisher nicht bestätigt. Die Auslandsnachfrage erhält zusätzlichen Schub von der 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 guten US-Konjunktur, aber auch vom schwächeren Euro. Infolgedessen bewertet die Industrie ihre Geschäftslage zumindest etwas besser. Auch unter den Großhändlern, den Unter- nehmensdienstleistern und den Verkehrsunternehmen hellt sich die Stimmung wieder auf. Geschäftserwartungen (Anteile in %) D ie Unternehmen blicken zu Jahresbeginn etwas zuversichtlicher auf die kom- menden Monate. Vor allem 22 besser die Industrie gewinnt wieder an Optimismus. Sie profitiert gleich 63 von den gesunkenen Öl- bleibend preisen und den besseren Ab- 15 satzperspektiven. Das schlägt schlechter sich auch in steigenden Er- wartungen von industrie- 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 nahen Handels- und Dienst- leistungsbranchen nieder. Die Bauwirtschaft erwartet gute Geschäfte, wenn auch ohne weitere Zuwächse. Einer stärkeren konjunkturellen Verbesserung stehen allerdings zunehmende strukturelle Hindernisse entgegen. Das Geschäftsrisiko „Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen“ steigt wieder auf seinen Höchststand.
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 5 Exporterwartungen (Anteile in %) Nach einem spürbaren Dämpfer im Herbst 2014 ziehen die Exporterwartun- gen der Industrie wieder höher 30 leicht an. Der Euro schwä- chelt insbesondere gegen- gleich 57 über dem Dollar weiter und bleibend begünstigt Ausfuhren in 13 Drittstaaten. Zudem schafft geringer die Halbierung des Ölpreises Kaufkraft in wichtigen euro- 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 päischen und ostasiatischen Abnehmerländern. Einen bes- seren Ausblick der deutschen Exportwirtschaft verhindern die Sorgen über die Entwicklung in Russland, aber auch die noch immer bescheidene Investitionsneigung unserer Hauptabnehmerländer in der Eurozone. Investitionsabsichten (Anteile in %) D ie leichte Verbesserung der Stimmung führt auch zu einem vorsichtigen An- stieg der Investitionsabsich- höher 26 ten. Ein wirklicher Durch- bruch bleibt weiter aus. Die gleich 57 Investitionsabsichten holen bleibend den Einbruch aus der zwei- geringer 17 ten Hälfte des letzten Jahres nicht wieder auf. Die Indus- trie weitet ihre Anschaf- 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 fungspläne etwas stärker als der Durchschnitt aus, bleibt aber ebenfalls hinter dem ersten Halbjahr 2014 zurück. Die Investitionsmotive sind weitgehend unverändert. Von Finanzierungs- schwierigkeiten berichtet weiterhin nur ein kleiner Anteil der Unternehmen, so dass eine unzureichende Kreditvergabe nicht die Ursache für die Schwäche der Investitionserholung ist. Beschäftigungsabsichten (Anteile in %) Die Unternehmen bleiben beim Personalaufbau zu- rückhaltend. Expansiver zeigt sich nur die Industrie. Weitere höher 17 Impulse vom Dienstleistungs- sektor als traditionellem Be- gleich 69 schäftigungsmotor sind hin- bleibend gegen derzeit nicht absehbar. 14 Im Gegensatz zu allen ande- geringer ren Regionen verschlechtern sich die Beschäftigungs- 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 absichten der Unternehmen im Osten. Hier sind besonders viele Unternehmen vom Mindestlohn betroffen. Insgesamt rückt das Geschäftsrisiko steigender Arbeitskosten wieder stärker in den Fokus der Unternehmen und erreicht den höchsten Stand seit Befragungsbeginn 2010. Trotz steigender Löhne hält sich das Geschäftsrisiko Fachkräftemangel auf hohem Niveau.
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 – Geschäftslage 7 Zurück auf dem Aufwärtspfad Die Wirtschaftslage hellt sich gegenüber dem Herbst 2014 leicht auf. Der deutliche Rückgang der Ölpreise entlastet Verbraucher und Unternehmen. Befürchtungen wei- ter eskalierender globaler Krisen haben sich bisher nicht bestätigt. Die Auslandsnach- frage erhält zusätzlichen Schub von der guten US-Konjunktur, aber auch vom schwä- cheren Euro. Infolgedessen bewertet die Industrie ihre Geschäftslage zumindest etwas besser. Auch unter den Großhändlern, den Unternehmensdienstleistern und den Ver- kehrsunternehmen hellt sich die Stimmung wieder auf. Die Eintrübung in der Bau- wirtschaft ist zu Jahresbeginn witterungsbedingt nicht ungewöhnlich. Nicht weiter verbessern sich die Lageeinschätzungen der konsumnahen Dienstleister und Einzel- händler, nachdem sie sich bereits zuvor als bemerkenswert robust erwiesen hatten. Für konjunkturelle Stabilität sorgen die erfreuliche Beschäftigungsentwicklung und die spürbar steigenden Realeinkommen. Leichte Erholung, wenige Die Lagebewertungen der Unternehmen verbessern sich nach der Schwächephase unzufrieden vom Sommer 2014 allmählich wieder. Immerhin 41 Prozent der Unternehmen schät- zen ihre geschäftliche Situation derzeit als „gut“ ein – ein Punkt mehr als im Herbst. Da der Anteil der „schlechten“ Lageurteile weiterhin bei lediglich neun Prozent ver- harrt, steigt der resultierende Antwortsaldo um einen Punkt von 31 auf 32 Punkte (verbleibender Anteil 50 Prozent „befriedigend“). Der Anteil der „schlechten“ Lagebe- urteilungen bleibt damit seit einem Jahr auf seinem Rekordtief. UnverhoffteU Ölpreisrück- Aufatmen lassen die gesunkenen Kosten für Mineralöl viele Unternehmen; nur noch gang entlastet 27 Prozent der Unternehmen nennen die Energie- und Rohstoffpreise zu Jahresbeginn 2015 als Geschäftsrisiko. Eine spürbare Entspannung hatte sich bereits in der Vorum- frage angedeutet - im Herbst war dieses Geschäftsrisiko von 44 auf 38 Prozent ge- sunken. Nicht absehbar war allerdings damals die Halbierung des Ölpreises innerhalb nur weniger Monate. Kostenseitig entlastet das vor allem Betriebe in der Industrie und im Verkehrssektor. Verbraucher spüren kurzfristig beim Besuch der Tankstelle, dass zusätzlicher Spielraum für andere Ausgaben entsteht und damit die Kaufkraft steigt. Insgesamt hat der Ölpreisrückgang vor allem angebotsseitige Gründe. Zu ei- nem kleineren Teil dürfte auch ein schwächeres Nachfragewachstum ursächlich sein. Darauf deutet der leichte Rückgang der Preise bei anderen Rohstoffen hin. Zum einen Geschäftslage der Unternehmen (in Prozent, Saldo in Punkten) gut befriedigend schlecht Saldo Jahresbeginn 2013 38 51 11 27 Frühsommer 2013 32 53 15 17 Herbst 2013 38 51 11 27 Jahresbeginn 2014 41 50 9 32 Frühsommer 2014 42 49 9 33 Herbst 2014 40 51 9 31 Jahresbeginn 2015 41 50 9 32
8 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 – Geschäftslage Geschäftslage der Unternehmen - Angaben in Punkten 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 Saldo Langjähriger Durchschnitt = 8 -40 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 erholt sich die globale Konjunktur langsamer als erwartet. Zum anderen überrascht es 2015 nach jahrelang hohen Preisen und entsprechenden Effizienzanstrengungen nicht, wenn die Weltwirtschaft weniger energieintensiv wächst. Skepsis bewahrheitet sich Gemessen am Ausmaß dieser Entlastung für die Volkswirtschaft fällt die nur leichte Lageverbesserung etwas enttäuschend aus – zumal auch der relativ schwache Euro und die weiterhin günstige Finanzierungssituation momentan grundsätzlich gute konjunkturelle Rahmenbedingungen bieten. Vor allem die Entwicklung der Investitio- nen ist einmal mehr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Strukturelle Risiken wie der anhaltende Fachkräftemangel, der Anstieg der Arbeitskosten und die wirtschafts- politischen Rahmenbedingungen haben aus Sicht der Unternehmen zuletzt spürbar zugenommen. Exportgeprägte Insgesamt verbessert sich die Lagebewertung in der Industrie überdurchschnittlich Industrieerholung … stark. Der Lagesaldo steigt um zwei auf 30 Punkte und erreicht damit fast wieder das Vorjahresniveau (31 Punkte). Die binnenorientierten Industriebetriebe bewerten ihre Lage gegenüber Herbst unverändert, die Exportbetriebe hingegen etwas besser (Sal- doanstieg um zwei Punkte). Kräftig legen vor allem die USA zu. In der Eurozone wächst mittlerweile neben dem Export allmählich auch wieder die Binnenwirtschaft. Gerade Spanien, Portugal und Irland berappeln sich zusehends. Die Nachfrage aus Großbritannien und Polen ist rege. Die Schwellenländer entwickeln sich mittlerweile
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 – Geschäftslage 9 unter dem Strich ebenfalls wieder besser. Das alles gleicht die Einbrüche im Russ- landgeschäft mehr als aus. … auch dank Zwar hat Deutschland zuletzt kostenseitig an Wettbewerbsfähigkeit verloren, insbe- Wechselkurs … sondere bei den Arbeitsentgelten. Doch erleichtert der schwächere Euro-Wechselkurs derzeit vielen Exporteuren das Auslandsgeschäft; zugleich verlieren Anbieter aus Drittstaaten in der Eurozone an preislicher Wettbewerbsfähigkeit gegenüber einhei- mischen Unternehmen. Allerdings werden importierte Vorleistungen teurer. Der Preis- rückgang bei Rohstoffen und insbesondere beim Öl fällt daher in Euro spürbar schwä- cher aus als in Dollar. … stärkt Investitionsgü- Gerade das Investitionsgütersegment erholt sich wieder (Saldoanstieg um vier auf 35 terhersteller Punkte; Vorjahr: 37 Punkte). Darin kommt weniger eine Belebung der Inlandsinvesti- tionen zum Ausdruck als vielmehr die gestiegene Auslandsnachfrage – diese Haupt- gruppe ist besonders exportorientiert. So verbessern sich die Lageeinschätzungen insbesondere im Sonstigen Fahrzeugbau (Saldoanstieg von 27 auf 49 Punkte), bei den Elektrogeräteherstellern (Saldoanstieg von 33 auf 43 Punkte) und im Werkzeugma- schinenbau (Saldoanstieg von 32 auf 50 Punkte). Erdölverarbeitende Auch in der Vorleistungsgüterindustrie zeigen sich vor allem exportstarke Branchen Vorleister profitieren besser gestimmt, die zudem vom Ölpreiseinbruch profitieren. So bewerten Chemie- (Saldoanstieg von 33 auf 36 Punkte), Gummi-/Kunststoff- (Saldoanstieg von 32 auf 34 Punkte) und Textilhersteller (Saldoanstieg von 26 auf 28 Punkte) ihre Lage zu Jah- resbeginn besser als im Herbst 2014. Dagegen stehen die Metallerzeuger (Saldorück- gang von 22 auf neun Punkte) und die Holzindustrie (Saldorückgang von zehn auf fünf Punkte) unter dem Strich schlechter da. Alles in allem bleibt der Lagesaldo in der Hauptgruppe der Grundstoffproduzenten unverändert (27 Punkte). Konsumgüter überall Im Ge- und Verbrauchsgütersegment verbessert sich die Lageeinschätzung der Be- gefragt triebe spürbar. Der Antwortsaldo steigt um vier auf 27 Punkte. Vor allem Hersteller von Nahrungsmitteln sowie insbesondere von Schmuck, Musikinstrumenten, Sportge- räten oder Spielwaren zeigen sich zufriedener als im Herbst (Saldoanstieg von 28 auf 31 bzw. von 31 auf 37 Punkte). Die Aufhellung dürfte sowohl export- als auch bin- nengetrieben sein. Diese Hauptgruppe ist zwar vergleichsweise wenig exportorien- tiert, allerdings sind die Waren relativ preissensibel, so dass der günstige Wechselkurs Geschäftslage der Unternehmen (Saldo in Punkten) Industrie Bau Handel Dienstleister Gesamt Jahresbeginn 2013 22 29 19 31 27 Frühsommer 2013 15 21 3 22 17 Herbst 2013 23 43 15 30 27 Jahresbeginn 2014 31 41 22 35 32 Frühsommer 2014 35 37 27 34 33 Herbst 2014 28 39 18 35 31 Jahresbeginn 2015 30 34 18 37 32
10 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 – Geschäftslage Geschäftslage nach Wirtschaftszweigen (Saldo in Punkten) Industrie Baugewerbe Handel Dienstleistungen Alle Branchen 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 den Absatz außerhalb der Eurozone beflügelt. Der Inlandskonsum erhält weiterhin Auftrieb von der steigenden Beschäftigung, den hohen Reallohnzuwächsen und den expansiven Sozialtransfers. Dabei entfaltet der Ölpreisrückgang noch nicht einmal seine volle Wirkung in den Verbraucherbudgets. Beispielsweise spüren Mieter die Entlastung beim Heizöl noch nicht. Industriebelebung zieht Mit der lebhafteren Konjunktur im Produzierenden Gewerbe entwickeln sich auch die Kreise Geschäfte etlicher unternehmensnaher Dienstleistungs- und Handelssparten besser. Im Großhandel steigt der Antwortsaldo ebenso um zwei Punkte wie bei den unter- nehmensbezogenen Dienstleistern (neue Salden: 22 bzw. 41 Punkte). Bei den F&E- Dienstleistern klettert der Lagesaldo um zehn auf 46 Punkte, in der IT-Sparte um fünf auf 46 Punkte, bei den Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltern um 17 auf 49 Punkte. Die Lagebewertung der Wirtschaftsprüfer sowie Rechts- und Steuerberater erreicht sogar einen neuen Rekordwert (59 nach zuvor 56 Punkten). Im Verkehrssek- tor verbessern sich die Lageeinschätzungen ebenfalls, per saldo von 19 auf 21 Punkte. Vor allem Schiffs- und Landverkehr zeigen sich in besserer Stimmung (Saldoverbesse- rung um neun bzw. um drei auf 13 bzw. auf 19 Punkte). Im Luftverkehr trüben sich die Lageurteile hingegen ein (Saldorückgang um zwei auf zehn Punkte). Die Entlas- tung bei den Treibstoffkosten macht sich bislang nicht zuletzt deswegen noch nicht so stark bemerkbar, weil sich viele Unternehmen bei der Beschaffung längerfristig binden, um Preisschwankungen abzufedern.
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 – Geschäftslage 11 Baukonjunktureintrübung Die Bauwirtschaft macht zwar auch 2015 zu Beginn des Jahres Abstriche bei der vor allem saisonal Bewertung ihrer aktuellen Geschäftslage, allerdings kaum stärker als saisonal üblich und ausgehend von hohem Niveau. Der Antwortsaldo liegt nun mit 34 Punkten fünf Punkte unter dem Vorumfragewert. Im langfristigen Vergleich ist das immer noch bemerkenswert gut - im Schnitt seit 2003 beträgt der Lagesaldo lediglich acht Punk- te. Zwar lag der Saldo im Vorjahr sieben Punkte höher, der Winter 2013/2014 war allerdings ungewöhnlich mild. In der Immobilienwirtschaft steigt der Saldo der Lage- bewertungen sogar ausgehend von einem bisherigen Rekordwert (50 Punkte) weiter auf 53 Punkte. Architektur- und Ingenieurbüros zeigen sich ebenfalls guter Stimmung (Saldoanstieg um zwei auf 47 Punkte). Jenseits witterungsbedingter Schwankungen profitiert der Wohnungsbau nach wie vor von Einkommens- und Bevölkerungszu- wächsen sowie Niedrigzinsen, auch wenn weitere Zuwächse auf Dauer schwieriger werden. Hingegen haben Wirtschafts- und öffentlicher Bau noch Luft nach oben. Konsumboom vor allem So gut wie in keiner bisherigen Umfrage bewerten derzeit Gastronomen sowie sonsti- bei Dienstleistern ge personenbezogene Dienstleister wie Saunen, Solarien, Wäschereien oder Frisörsa- lons ihre aktuelle Geschäftslage (Saldoanstieg von 27 auf 32 bzw. von 29 auf 40 Punkte). Die hohe Konsumnachfrage überlagert bislang die Kostensteigerungen insbe- sondere bei den Löhnen – die Erhöhung der Arbeitskosten ist in diesen Sparten mitt- lerweile mit Abstand größtes Geschäftsrisiko (68 bzw. 59 Prozent). Auch bei den Un- ternehmen der Freizeitwirtschaft wie Konzertveranstalter, Theater oder Fitnessclubs hellen sich die Lageeinschätzungen weiter auf. Der neue Saldo beläuft sich auf 35 Punkte (Vorumfrage: 27 Punkte). In den meisten Konsumbranchen verbessert sich die Beurteilung der aktuellen Geschäfte jedoch ausgehend von bereits hohem Niveau nicht weiter. Bei den Reisevermittlern trübt sich die Lagebewertung unter dem Strich sogar etwas ein (Saldorückgang von 32 auf 31 Punkte). Im Einzelhandel erreicht der Lagesaldo nach dem Weihnachtsgeschäft mit 17 Punkten sowohl den Vorumfrage- als auch den Vorjahreswert nicht mehr (jeweils 19 Punkte). Der KFZ-Handel bleibt trotz leichter Aufhellung im Branchenvergleich weit zurück (neuer Saldo: sechs nach zuvor fünf Punkten). Energiewirtschaft ächzt Getrübt wird die alles in allem gute Lagebewertung weiter Teile der Wirtschaft von der Einschätzung der Energieversorger. Anders als in allen anderen Wirtschaftszwei- gen laufen die Geschäfte dieser Sparte mittlerweile merklich schlechter als im Durch- schnitt der letzten Jahre (22 gegenüber 38 Punkte; Vorumfrage: 27 Punkte). Vor allem Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten zeigen sich deutlich weniger zufrieden. In der gesamten Branche bilden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen das mit Abstand größte Risiko (79 Prozent). Dies ist mit Blick auf politische Vorhaben insbesondere im Stromsektor nicht verwunderlich. So plant die Bundesregierung z.B. Kohlekraftwerke aus Klimaschutzgründen aus dem Markt herauszunehmen.
002 DIHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2013 Geschäftserwartungen
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen 13 Stimmung hellt leicht auf Die Unternehmen blicken zu Jahresbeginn etwas zuversichtlicher auf die kommen- den Monate. Vor allem die Industrie gewinnt wieder an Optimismus. Sie profitiert von den gesunkenen Ölpreisen und den besseren Absatzperspektiven. Das schlägt sich auch in steigenden Erwartungen von industrienahen Handels- und Dienstleis- tungsbranchen nieder. Die Bauwirtschaft erwartet gute Geschäfte, wenn auch ohne weitere Zuwächse. Einer stärkeren konjunkturellen Verbesserung stehen al- lerdings zunehmende strukturelle Hindernisse entgegen. Das Geschäftsrisiko „Wirt- schaftspolitische Rahmenbedingungen“ steigt wieder auf seinen Höchststand. Es bleibt gemächlich Der Saldo der Geschäftserwartungen verbessert sich in der Gesamtwirtschaft ge- genüber der Vorumfrage vom Herbst 2014 nur leicht. 22 Prozent erwarten bessere Geschäfte, 15 Prozent allerdings schlechtere. Der resultierende Antwortsaldo liegt bei sieben Punkten (Vorumfrage: sechs Punkte). Die Wirtschaft bleibt damit wei- terhin merklich skeptischer als zu Vorjahresbeginn (Saldo: 17 Punkte). Der Anteil der Betriebe, die gleichbleibende Geschäfte erwarten, bleibt mit 63 Prozent bemer- kenswert hoch. Nur im Herbst 2014 hatte er noch etwas höher gelegen (64 Pro- zent; Schnitt seit 1991: 53 Prozent). Verbesserung vor allem bei In der Risikowahrnehmung zeigt sich lediglich bei den Kosten für Energie und Roh- Energie-, Rohstoff- und stoffe eine deutliche Entspannung. Vor allem dank der günstigen Ölpreise rutscht Kapitalkosten der Risikoanteil weiter von 38 auf 27 Prozent. Im Vorjahr war es mit 47 Prozent sogar noch das größte Geschäftsrisiko. Das Nachfragerisiko Inland hält sich unver- ändert bei 48 Prozent, bei der Auslandsnachfrage sinkt es in der Exportindustrie zumindest um zwei Punkte auf 45 Prozent – eine echte Belebung sieht freilich anders aus. Auftrieb erhält die Konjunktur nicht nur vom unverhofft niedrigen Ölpreis, sondern auch vom günstigen Wechselkurs sowie von den weiterhin ausge- sprochen niedrigen Zinsen. Exportindustrie profitiert am Sowohl die günstigen Energie- und Rohstoffpreise als auch die etwas besseren meisten Exportaussichten kommen vor allem dem Verarbeitenden Gewerbe zugute. Dem- entsprechend verbessern sich die Geschäftserwartungen vor allem in der Industrie – der Saldo steigt um immerhin vier auf elf Punkte. Seit dem Herbst bieten vor Geschäftserwartungen der Unternehmen (in Prozent, Saldo in Punkten) Besser gleich bleibend schlechter Saldo Jahresbeginn 2013 20 62 18 2 Frühsommer 2013 25 59 16 9 Herbst 2013 24 63 13 11 Jahresbeginn 2014 28 61 11 17 Frühsommer 2014 29 60 11 18 Herbst 2014 21 64 15 6 Jahresbeginn 2015 22 63 15 7
14 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen Geschäftserwartungen der Unternehmen - Angaben in Punkten 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 Saldo Langjähriger Durchschnitt = 4 -50 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 allem die Länder bessere Absatzperspektiven, in denen die gesunkenen Preise für Öl, 2015 aber auch für weitere industrielle und agrarische Rohstoffe Kaufkraft schaffen. Dazu zählen Europa, weite Teile Asiens und auch die USA – und damit die wichtigs- ten Absatzmärkte deutscher Exporteure. Gerade die exportstarken Investitionsgü- terherstellern stechen hervor, vor allem der Werkzeugmaschinenbau (Saldoanstieg um 13 auf 19 Punkte) und die Hersteller von Metallerzeugnissen (Saldoanstieg um sieben auf zehn Punkte), außerdem die ebenfalls besonders auslandsaktive Chemie- branche (Saldoanstieg um zwölf auf 20 Punkte). Eine bessere Industriekonjunktur hilft auch den Unternehmensdienstleistern und dem Großhandel. Dort steigen die Erwartungssalden um jeweils vier auf acht Punkte. Im gesamten Handel bessern sie sich freilich nur leicht (von drei auf vier Punkte). Im Dienstleistungssektor insge- samt stagnieren sie sogar (sieben Punkte). Strukturelle Risiken Die drei Sonderfaktoren Ölpreis, Euro-Abwertung und Niedrigzinsen überdecken unübersehbar … bislang strukturelle Risiken, die in den letzten Jahre merklich zugenommen haben: • Das Geschäftsrisiko „Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen“ steigt auf seinen Höchststand von 45 Prozent. Das gilt mittlerweile nicht nur für Wirt- schaftszweige, in denen dieses Risiko traditionell dominiert, sondern auch für die Industrie (44 Prozent; Vorumfrage 42 Prozent; Schnitt seit 2010: 36 Prozent). Selbst während des Höhepunkts der Euro-Staatsschuldenkrise 2011/12 machten sich die Industriebetriebe weniger Sorgen um die wirt-
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen 15 schaftspolitischen Rahmenbedingungen. Das deutet darauf hin, dass die schleichende Verschlechterung der Standortbedingungen ursächlich für die hohe Risikoeinschätzung ist – diese macht sich für die Industrie im interna- tionalen Wettbewerb besonders deutlich bemerkbar. • Am stärksten steigen zu Jahresbeginn 2015 die Sorgen um höhere „Arbeits- kosten“. Sie klettern von 38 auf 42 Prozent – ein neuer Höchststand. Gerade im Osten verschärft sich die Situation. Dort sieht mittlerweile über die Hälf- te der Unternehmen bei der Lohnentwicklung ein Geschäftsrisiko (52 Pro- zent; Vorumfrage: 46 Prozent). In den neuen Ländern ist dieses Risiko inzwi- schen klarer Spitzenreiter. Hier wirkt der seit Jahresanfang geltende einheit- liche gesetzliche Mindestlohn am breitesten. • Das Risiko „Fachkräftemangel“ bleibt mit 38 Prozent auf dem Rekordniveau der Vorumfrage – im Verlauf der letzten fünf Jahre hat es sich mehr als ver- doppelt (Jahresbeginn 2010: 16 Prozent). Obwohl die spürbar steigenden Löhne zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren, verfestigt sich das Risiko auf hohem Niveau. Das Problem löst sich also nicht allein durch steigende Löh- ne. Diese bremsen auf Dauer vielmehr den Expansionsdrang der Unterneh- men. Besonders problematisch am Anstieg dieser Risiken ist, dass sie die Investitions- und Beschäftigungsabsichten der Unternehmen spürbar prägen. Damit haben sie das Zeug, jenseits kurzfristiger konjunktureller Aufs und Abs das langfristige Wachstumspotenzial in Mitleidenschaft zu ziehen. … und die Summe macht Insgesamt zeigt diese Gemengelage verschiedener Geschäftsrisiken eine kontinuier- das Gift lich wachsende Unzufriedenheit der Wirtschaft mit der heimischen Politik. Die Bundesregierung hat bereits etliche teure und bürokratische Belastungen einge- führt, vor allem bei der Rente, in der Steuerpolitik und auf dem Arbeitsmarkt. Dort stehen überdies weitere Regulierungen an, die die Flexibilität einschränken. Auch bei der Eigenerzeugung von Strom drohen künftig Zusatzlasten. Wo sehen Sie die größten Risiken bei der wirtschaftlichen Entwicklung Ihres Unternehmens in den kommenden 12 Monaten? Mehrfachantworten möglich; in Prozent; *Angaben der exportierenden Industrieunternehmen Jahres- Frühsom- Herbst Jahres- Frühsom- Herbst Jahres- beginn mer 2013 beginn mer 2014 beginn 2013 2013 2014 2014 2015 Inlandsnachfrage 51 51 48 45 44 48 48 Auslandsnachfrage* 42 41 40 35 36 47 45 Finanzierung 14 14 14 14 13 12 12 Arbeitskosten 35 38 37 41 41 38 42 Fachkräftemangel 32 32 36 37 38 38 38 Wechselkurs* 11 11 11 12 14 11 18 Energie- und Rohstoffpreise 51 49 49 47 44 38 27 Wirtschaftspolitische 41 40 41 41 41 43 45 Rahmenbedingungen
16 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung (in Prozent) Finanzierung Arbeitskosten Fachkräftemangel Wechselkurs* Energie- und Rohstoffpreise Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen 60 50 40 30 20 10 * Exportindustrie; JB = Jahresbeginn, FS = Frühsommer, HB = Herbst 0 JB HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB 2010 2010 2011 2011 2011 2012 2012 2012 2013 2013 2013 2014 2014 2014 2015 Sonderfaktor Nr. 1: Um die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise machen sich momentan nur Ölpreiseinbruch … wenig Unternehmen Sorgen, vor allem dank der aktuell günstigen Rohölnotierun- gen. Insgesamt nimmt der Anteil dieses Geschäftsrisikos „Energie- und Rohstoff- preise“ um elf Punkte auf 27 Prozent ab. Im Jahresvergleich sind es sogar 20 Punk- te weniger. Bemerkbar machen dürfte sich hier derzeit auch die Verschnaufpause bei der Strompreisentwicklung – ein Entlastungselement, das allerdings im Zuge der Investitionen in den Netzausbau ab 2016 wieder an Bedeutung verliert. … lässt Verkehrsgewerbe Der günstige Ölpreis entlastet zwar gerade die Verkehrsunternehmen spürbar, al- zumindest durchatmen … lerdings reicht dies nicht für eine Stabilisierung ihrer Geschäftserwartungen. Der Erwartungssaldo sinkt weiter von minus drei auf minus fünf Punkte (Vorjahr: zehn Punkte). Der Anteil des traditionell größten Risikos „Energie- und Rohstoffpreise“ sinkt von 53 auf 34 Prozent (nunmehr nur noch Platz fünf auf der Risiko-Liste). Wie in der Gesamtwirtschaft wachsen auch hier die Sorgen um die Arbeitskosten (53 nach zuvor 49 Prozent) und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (45 nach zuvor 43 Prozent), das Risiko Fachkräftemangel nennen 49 Prozent nach 48 Prozent im Herbst. Zudem nehmen die Sorgen um Rückschläge bei der Inlands- nachfrage anders als in der Gesamtwirtschaft zu (37 nach zuvor 35 Prozent). Wäh- rend der Luftverkehr eine Erwartungsverbesserung um per saldo 20 Punkte meldet, geht es bei der Taxibranche zehn Punkte nach unten auf den niedrigsten Saldo
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen 17 Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung (in Prozent) Inlandsnachfrage Auslandsnachfrage* 70 60 50 40 30 * Exportindustrie; JB = Jahresbeginn, FS = Frühsommer, HB = Herbst 20 JB HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB 2010 2010 2011 2011 2011 2012 2012 2012 2013 2013 2013 2014 2014 2014 2015 aller Branchen (minus 41 Punkte). Ausschlaggebend dürfte hier in erster Linie die Entwicklung der Arbeitskosten sein. Dieses Risiko nennen 82 Prozent aller Taxiun- ternehmen, gleichfalls der Spitzenwert über alle Wirtschaftsbereiche hinweg. … und nutzt vor allem den Der Ölpreisrückgang schlägt sich vor allem bei den traditionell energieintensiven Vorleistern Vorleistungsgüterproduzenten nieder. Die Risikonennung sinkt von 59 auf 45 Punkte, der Erwartungssaldo steigt um sechs auf elf Punkte. Besonders deutlich fallen die Erwartungsverbesserungen im Textilgewerbe (Saldoanstieg von null auf zwölf Punkte, Risikorückgang von 65 auf 52 Prozent), in der Gummi- und Kunst- stoffindustrie (Saldoanstieg von fünf auf 15 Punkte, Risikorückgang von 68 auf 50 Prozent) sowie in der Sparte „Glas, Keramik, Steineverarbeitung“ (Saldoanstieg von minus sechs auf zwei Punkte, Risikorückgang von 65 auf 44 Prozent) aus. Hoffnung auf mehr Da die Entwicklung dieser Hauptgruppe aufgrund ihrer Positionierung im Konjunk- turzyklus auch als Frühindikator für den weiteren Verlauf der Wirtschaftsdynamik dienen kann, dürfte der Ölpreisrückgang sukzessive auch auf späteren Wertschöp- fungsstufen ankommen und positive Wirkung entfalten. Zudem entspannen sich die Sorgen um die In- und Auslandsnachfrage in der Hauptgruppe der Vorleister (um drei auf 53 bzw. um zwei auf 40 Prozent). Dies zusammengenommen spricht für eine Festigung des leichten Aufschwungs.
18 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen Zeitarbeit unter Druck Die Geschäftserwartungen der häufig ebenfalls konjunkturell vorlaufenden Arbeit- nehmerüberlassung deuten ebenfalls ein Anziehen der Konjunktur an. Der Saldo verbessert sich zur Vorumfrage um vier auf fünf Punkte. Das ist zwar noch immer deutlich schlechter als der Schnitt seit 2003 (22 Punkte; der Erwartungssaldo der Gesamtwirtschaft liegt nur einen Punkt unter seinem Schnitt seit 2003). Allerdings stehen gerade die Zeitarbeitsagenturen unter zunehmendem wirtschaftspoliti- schem Druck. Deutlich steigt das Risiko „Wirtschaftspolitische Rahmenbedingun- gen“ (um zehn auf 67 Prozent), und auch Fachkräftemangel sowie die Entwicklung der Arbeitskosten machen der Branche zu schaffen (73 bzw. 51 Prozent). Die Sor- gen um die Inlandsnachfrage bleiben trotz eines Anstiegs von 33 auf 39 Prozent im Branchenvergleich unterdurchschnittlich gering (Gesamtwirtschaft: 48 Prozent; überwiegend unternehmensbezogene Dienste insgesamt: 51 Prozent). Steilvorlagen für Konsum … Der private Konsum ist aktuell die Stütze der heimischen Konjunktur, vor allem dank der Beschäftigungszuwächse. Auch spürbare Lohnsteigerungen und höhere Sozialleistungen lassen die Kaufkraft steigen, während ihre Bremswirkung bei der Beschäftigung erst allmählich sichtbar werden. Teilweise fließen die Einkommens- zuwächse zwar auch weiterhin in den Wohnungsbau statt in andere Güter und Dienstleistungen. Dank der niedrigen Inflationsrate sind die Perspektiven beim privaten Verbrauch aber weiterhin günstig. Vor allem Treibstoff und auch Lebens- mittel sind derzeit bemerkenswert günstig. Ein Gutteil des Preisrückgangs entlastet die Verbraucher zudem erst mit zeitlicher Verzögerung, insbesondere bei den Heiz- kosten von Mietern. … helfen vor allem Unter dem Strich überwiegen somit vorerst die positiven Faktoren. Leicht verbes- Produzenten … sert zeigen sich die Geschäftserwartungen der Produzenten von Ge- und Ver- brauchsgütern (Saldoanstieg von acht auf neun Punkte), wenn auch schwächer als in den stärker exportorientierten anderen Hauptgruppen (Vorleister: Anstieg um sechs auf elf Punkte; Investitionsgüter: Anstieg um fünf auf 14 Punkte). Zugleich lassen die Sorgen um Rückschläge bei der Inlandsnachfrage nach (von 55 auf 52 Prozent). Auch Reisebüros (Saldoanstieg um neun auf 16 Punkte) und Unterneh- men der Freizeitwirtschaft wie Konzertveranstalter, Theater oder Fitnessclubs (Sal- doanstieg um elf auf 16 Punkte) fassen Zuversicht. Insgesamt zeigen sich die überwiegend personennahen Dienstleister allerdings kaum optimistischer als im Herbst 2014 (Saldoanstieg um einen auf 13 Punkte). Geschäftserwartungen der Unternehmen (Saldo in Punkten) Industrie Bau Handel Dienstleister Gesamt Jahresbeginn 2013 2 -5 -1 3 2 Frühsommer 2013 10 11 5 9 9 Herbst 2013 14 1 9 11 11 Jahresbeginn 2014 24 7 15 16 17 Frühsommer 2014 22 13 18 16 18 Herbst 2014 7 -2 3 7 6 Jahresbeginn 2015 11 -1 4 7 7
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen 19 Geschäftserwartungen nach Wirtschaftszweigen (Saldo in Punkten) Industrie Baugewerbe Handel Dienstleistungen Alle Branchen 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 … mit getrübtem 2015 Im KFZ-Handel halten sich die Erwartungen für bessere und schlechtere Geschäfts- Branchenbild erwartungen trotz leichter Aufhellung lediglich die Waage (Saldo bei null Punkten; Vorumfrage: minus drei Punkte). Einige Konsumsparten sind mittlerweile sogar skeptischer. So trübt sich im Einzelhandel die Stimmung nach dem Weihnachtsge- schäft ein (Saldorückgang um fünf auf minus einen Punkt). Auch in der Gastrono- mie (Saldorückgang um sieben auf einen Punkt) und bei sonstigen Personendiens- ten wie Wäschereien, Frisörsalons, Saunen und Solarien (Saldorückgang um vier auf acht Punkte) schwindet der Optimismus. Bemerkenswert ist, dass bei ihnen zugleich die Sorgen um die Inlandsnachfrage sogar abnehmen (um zwei auf 20 bzw. einen Punkt auf 40 Prozent). Hingegen nehmen in diesen Branchen die Sor- gen um zu stark steigende Arbeitskosten zu: in der Gastronomie von 62 auf 68 Prozent und bei den sonstigen Personendiensten von 52 auf 59 Prozent. Dort sind sie mittlerweile jeweils mit Abstand größtes Geschäftsrisiko. Auch im Einzel- und im KFZ-Handel sorgen sich mehr Betriebe um höhere Arbeitskosten (Anstieg von 42 auf 46 bzw. von 45 auf 47 Prozent). Alle diese Branchen sind unmittelbar von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns betroffen – gerade im Osten. Insge- samt deuten die Erwartungen, Risikoeinschätzungen und Planungen in diesen Branchen auf eine durchwachsene Geschäftsentwicklung und auf deutlich ge- bremste Einstellungspläne hin.
20 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen Sonderfaktor Nr. 2: Der aktuelle Wechselkurs hilft der Konjunkturentwicklung unter dem Strich eben- Wechselkurs falls, vor allem exportorientierten Unternehmen. Doch auch binnenorientierte Branchen können profitieren, beispielsweise die Tourismuswirtschaft oder Unter- nehmen, deren Importkonkurrenten ihre Waren hierzulande teurer anbieten müs- sen. Abwertung aber Zugleich jedoch verteuern sich Importe aus Fremdwährungsgebieten. Der aktuelle zweischneidiges Schwert Preisvorteil auf der Rohstoffseite kann daher nicht nur durch anziehende Notie- rungen wieder aufgezehrt werden, sondern auch durch eine weitere Abwärtsbewe- gung des Euro. Die jüngste EZB-Entscheidung zum „Quantitative Easing“, dem großangelegten Aufkaufprogramm von Staatsanleihen, hat das Niedrigzinsumfeld weiter verfestigt. Infolgedessen zögern auch andere Zentralbanken den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik hinaus. Die Abwertungen von Euro und Yen nimmt beispielweise den Druck von der US-Zentralbank, mit der eigentlich für die erste Jahreshälfte erwarteten Zinswende Ernst zu machen. Daher bleibt abzuwarten, wie lange die Vorteile des schwachen Euros überwiegen. Insgesamt überrascht daher allenfalls auf den ersten Blick, dass das Wechselkursrisiko an Bedeutung gewinnt (Anstieg in der Exportindustrie um sieben Punkte auf 18 Prozent). Stellt man Wechselkursentwicklung und Risikonennung gegenüber (siehe Grafik), wird sicht- bar, dass für die Einschätzung der Unternehmen zunächst weniger das Niveau der Währungsnotierungen ausschlaggebend ist als das Ausmaß der Kursschwankun- gen. Damit dürfte die heftige Abwärtsbewegung des Euro am aktuellen Rand als Ursache der Risikowahrnehmung verantwortlich sein. Euro-Dollar-Kurs und Konjunkturrisiko Wechselkurs 1,50 20 Euro/Dollar-Wechselkurs (Monatsdurchschnitt, Quelle EZB) 1,45 Risiko Wechselkurs in Prozent (DIHK-Umfrage) Risiko Wechselkurs (exportorientierte Industrie) 18 1,40 Euro/Dollar-Wechselkurs 1,35 16 1,30 14 1,25 1,20 12 1,15 1,10 10 01.2010 04.2010 07.2010 10.2010 01.2011 04.2011 07.2011 10.2011 01.2012 04.2012 07.2012 10.2012 01.2013 04.2013 07.2013 10.2013 01.2014 04.2014 07.2014 10.2014 01.2015
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen 21 Sonderfaktor Nr. 3: Niedrig- Das Finanzierungsrisiko bleibt aus Sicht der Unternehmen auf dem Rekordtief vom zinsen fördern Bau-Boom … Herbst (zwölf Prozent). Wirklich treibende Kraft entfalten die Niedrigzinsen wei- terhin nur bei der Bautätigkeit. Neben den komfortablen Finanzierungsbedingun- gen bieten hier zudem die nach wie vor spürbar wachsenden Einkommen ein güns- tiges Umfeld. Infolgedessen nimmt der Erwartungssaldo beim Bau zwar auch zu Jahresbeginn 2015 zu (Saldoverbesserung um einen auf minus einen Punkt). Saiso- nal wäre freilich eine deutlichere Verbesserung zu erwarten gewesen. Größtes Geschäftsrisiko der Bauwirtschaft bleibt der Fachkräftemangel (54 Prozent; Herbst 53 Prozent). Die florierende Wohnungsbaukonjunktur kommt vor allem dem Hoch- bau zugute, dessen Erwartungen per saldo um drei Punkte steigen. Hingegen ent- täuscht der Tiefbau mit einer merklichen Saldoverschlechterung um neun auf mi- nus acht Punkte. Auch im Jahresvergleich fällt die Erwartungseintrübung größer aus als im Hochbau (Saldorückgang um 15 bzw. um sieben Punkte). Zugleich stei- gen in dieser Sparte die Sorgen um die Inlandsnachfrage weiter spürbar auf 57 Prozent (Vorumfrage: 53 Prozent; Vorjahr: 45 Prozent). Angekündigte zusätzliche Investitionen der öffentlichen Hand lassen sich jedenfalls aus den Geschäftserwar- tungen dieser stark von der Straßenbautätigkeit geprägten Branchen nicht ablesen. … halten Finanzsektor auf Das Kreditgewerbe sieht sich durch die äußerst niedrigen Zinsen sowie durch die Trab … immer engere Regulierung wachsenden Herausforderungen ausgesetzt. Die Risi- koeinschätzung der Banken wird stärker als jede andere Branche von einem einzel- nen Risiko geprägt. Der Anteil der „wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“ liegt mit 81 Prozent mehr als doppelt so hoch wie das zweitgrößte Geschäftsrisiko (Inlandsnachfrage, 36 Prozent). Der Erwartungssaldo sackt um sechs auf minus 22 Punkte, Tiefstwert im Branchenvergleich (abgesehen vom Taxigewerbe). In dem Maße, wie alte, noch besser verzinste Anlagen auslaufen, werden die Belastungen der Niedrigzinsen immer stärker in den Geschäftsergebnissen sichtbar. Die Spar- kassen zeigen sich so pessimistisch wie nie zuvor (Saldo: minus 32 Punkte). Auch aus Sicht der Versicherungswirtschaft ist die Wirtschaftspolitik das dominierende Geschäftsrisiko (77 Prozent). Zu Jahresbeginn stabilisieren sich die Erwartungen zumindest gegenüber dem Herbst 2014 (aktueller Saldo: 17 nach zuvor 16 Punk- ten). Im Vergleich zum Vorjahr und zum Schnitt der letzten Jahre hat der Optimis- mus aber deutlich nachgelassen (39 bzw. 28 Punkte). Auch in anderen Branchen sind die Niedrigzinsen für viele Unternehmen ein ernstes Problem, weil sich die für die Pensionsverpflichtungen nötigen Zinsen nicht realisieren lassen. Das zwingt sie, erheblich mehr Mittel für den Aufbau höherer Pensionsrückstellungen einzusetzen. Gerade für Unternehmen, die nach HGB bilanzieren, wird das volle Ausmaß dieses Effekts wegen des nachlaufenden Rechnungszinses erst nach und nach sichtbar. … reichen aber nicht für Die Geschäftserwartungen der Anbieter von Kapitalgütern machen Hoffnung auf Investitionsaufschwung eine allmähliche Investitionsbelebung hierzulande. Sie hellen sich spürbar auf, per saldo um fünf auf 14 Punkte. Ein echter Aufschwung ist freilich nicht absehbar. Neben der Entlastung bei den Energie- und Rohstoffkosten (Risikorückgang um acht auf 24 Prozent) ist die Stimmungsverbesserung vor allem von der Auslands- nachfrage getrieben (Risikorückgang um drei auf 49 Prozent), während sich die Sorgen um die Inlandsnachfrage nur leicht entspannen (Risikorückgang um einen auf 49 Punkte). Im binnenorientierten Investitionsgüterleasing trübt sich die Stim- mung sogar weiter ein (Saldorückgang um drei auf nur noch einen Punkt).
22 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Geschäftserwartungen DIHK-Konjunkturklimaindikator Stimmung fängt sich Der DIHK-Konjunkturklimaindikator weist zumindest wieder leicht aufwärts. So- wohl Lage als auch Erwartungen verbessern sich gegenüber Herbst 2014 etwas, dementsprechend dreht auch der Klimaindikator als geometrisches Mittel der bei- den Größen wieder nach oben. Die deutliche Eintrübung des Vorjahres kann er aber noch nicht wettmachen. Der Aufwärtspfad dürfte daher vorerst flach bleiben. Zu- sätzlichen Auftrieb bringen die deutliche Entlastung beim Ölpreis und weiterhin auch der schwache Euro. Dem entgegen stehen aber weiterhin etliche geopoliti- sche Risiken und wirtschaftspolitische Belastungen hierzulande. DIHK-Konjunkturklimaindikator 140 Jahresbeginn 2015: Konjunkturklimaindikator 118,8 130 Durchschnittswert = 105 120 110 100 90 80 70 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
003 DIHK-Konjunkturumfrage Frühsommer 2013 Exporterwartungen
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Exporterwartungen 25 Ausfuhren leicht erholt Nach einem spürbaren Dämpfer im Herbst 2014 ziehen die Exporterwartungen der Industrie wieder leicht an. Der Euro hat insbesondere gegenüber dem Dollar weiter nachgegeben, was Ausfuhren in Drittstaaten begünstigt. Zudem schafft die Halbierung des Ölpreises Kaufkraft in wichtigen europäischen und ostasiati- schen Abnehmerländern. Erstaunlich robust zeigt sich die Wirtschaft in den USA. Einen besseren Ausblick der deutschen Exportwirtschaft verhindern die Sorgen über die Entwicklung in Russland, aber auch die noch immer bescheidene Inves- titionsneigung der Hauptabnehmerländer in der Eurozone. China bemüht sich weiterhin um gesünderes Wachstum nach den überschäumenden, stark investiti- onsgetriebenen Zuwächsen vergangener Jahre. Dies geht mit einem geringeren Anstieg deutscher Exporte einher; möglich sind sogar größere Turbulenzen. Trendumkehr vollzogen Nach zwei merklichen Verschlechterungen hellen sich die Exporterwartungen der Industriebetriebe nun wieder auf. Der neue Saldo von 17 Punkten (30 Prozent der Betriebe erwarten bessere, 13 Prozent schlechtere Exporte) liegt zumindest zwei Punkte über dem Herbst-Wert 2014. Vor einem Jahr waren die Betriebe allerdings noch wesentlich optimistischer als am Anfang dieses Jahres. Damals lag der Exportsaldo bei 30 Punkten. Auch den langjährigen Schnitt (seit 1992) von 21 Punkten erreicht der aktuelle Antwortsaldo noch nicht – im Unterschied zu den anderen abgefragten Unternehmenseinschätzungen. Das spricht dafür, dass die Exportzuwächse 2015 nicht an die hohen durchschnittlichen Raten der letzten 20 Jahre von sechs Prozent heranreichen werden. Nur vorsichtiger Optimismus Der Export kann seine Rolle als Lokomotive der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland derzeit nur begrenzt wahrnehmen. In diese Richtung deutet auch, dass sich das Risiko von Rückschlägen bei der Auslandsnachfrage aus Sicht der Industriebetriebe nur langsam entspannt. Nach wie vor sieht fast jedes zweite exportierende Industrieunternehmen in der Entwicklung der Auslandsnachfrage ein Risiko für die eigenen Geschäfte (45 Prozent, Herbst: 47 Prozent). Sorgen über Konflikte und Krisen in etlichen Weltregionen drohen weiterhin das Aus- landsgeschäft spürbar zu beeinträchtigen. Die Aussichten auf Frieden im Osten der Ukraine scheinen derzeit gering. Zudem befinden sich noch immer etliche Exporterwartungen der Industrieunternehmen (in Prozent, Saldo in Punkten) höher gleich bleibend geringer Saldo Jahresbeginn 2013 30 56 14 16 Frühsommer 2013 30 57 13 17 Herbst 2013 32 59 9 23 Jahresbeginn 2014 37 56 7 30 Frühsommer 2014 34 57 9 25 Herbst 2014 30 55 15 15 Jahresbeginn 2015 30 57 13 17
26 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Exporterwartungen Exporterwartungen der Industrieunternehmen - Angaben in Punkten 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 Saldo Langjähriger Durchschnitt = 21 -40 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Länder in einer Konsolidierungsphase, in der sie Verschuldung abbauen und ei- 2015 nen strukturellen Wandel bewältigen müssen. Gerade in vielen Eurozonenlän- dern erholen sich die Investitionen nur langsam. Immerhin konnten die deut- schen Ausfuhren nach China – trotz einer Verlangsamung des Wirtschaftswachs- tums auf ein 24-Jahrestief – im vergangenen Jahr um über zehn Prozent zule- gen. Das lässt die Exporteure auch für dieses Jahr hoffen. Zudem stützt der nied- rige Ölpreis die Exportaussichten, denn er schafft auf den meisten wichtigen Auslandsmärkten Kaufkraft. Die relativ stark steigenden Lohnstückkosten haben zuletzt zwar die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verschlechtert. Allerdings überwiegt derzeit noch der entlastende Effekt des schwachen Euro.
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Exporterwartungen 27 Exporterwartungen der Industrie (Saldo in Punkten) und Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung (in Prozent) Exporterwartungen Risiko Auslandsnachfrage (Exportindustrie) Risiko Wechselkurs (Exportindustrie) 50 40 30 20 10 JB = Jahresbeginn, FS = Frühsommer, HB = Herbst 0 JB HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB FS HB JB 2010 2010 2011 2011 2011 2012 2012 2012 2013 2013 2013 2014 2014 2014 2015 Wechselkursrisiko Der etwa im Vergleich zum Dollar stark rückläufige Euro geht sogar mit einem zieht sogar an Anstieg des Wechselkursrisikos einher. Nachdem im Herbst 2014 nur elf Prozent der Exportbetriebe Wechselkurssorgen hatten, sind es nun 18 Prozent. Mehrere Faktoren können dies erklären: • Die hohen Kursausschläge beim Euro erschweren den Unternehmen eine langfristige Planung im internationalen Geschäft. Phasen starker Reakti- onen des Wechselkurses gehen in der Regel mit einer hohen Risikoein- schätzung einher, eine stabile Entwicklung des Euro hingegen mit einem geringen Risikoanteil. Auch Absicherungsgeschäfte, mit denen viele Un- ternehmen Schwankungen abfedern, werden teurer. • Gegenüber einigen wichtigen Weltwährungen hat der Euro zudem deut- lich weniger an Wert verloren. Dies gilt insbesondere für den Yen – zwar ist der Anteil des Japan-Geschäfts für die meisten Exporteure gering, doch konkurrieren deutsche Anbieter auf vielen Märkten gerade mit ja- panischen Wettbewerben. • Die expansive Geldpolitik in etlichen Ländern hat Zentralbanken in weite- ren Ländern bewogen, ihrerseits die Leitzinsen zu senken oder länger niedrig zu halten. Dadurch verhindern sie eine stärkere Aufwertung der eigenen Währung.
28 DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Exporterwartungen • Ohnehin kennzeichnet deutsche Ausfuhren eine eher relativ geringe Prei- selastizität. Ein starker Euro kann ihnen daher weniger anhaben als ihren Wettbewerbern. Umgekehrt steigt die Nachfrage bei einem schwächeren Euro allerdings weniger stark. • Importierte Vorleistungen verteuern sich für die Industrieunternehmen. • Zudem besteht die Gefahr, dass ein niedriger Wechselkurs vorübergehend eine Illusion der Wettbewerbsfähigkeit erzeugt. Das kann dazu führen, die heimischen Standortfaktoren zu vernachlässigen. Hinzu kommt, dass eine schwache Währung zumeist einer schwächeren Wirt- schaft entspricht. So steht dem kräftigen Wachstum der US-amerikanischen Konjunktur eine stagnierende Wirtschaft der Eurozone gegenüber. Insofern spie- gelt der Wechselkurs auch die Perspektiven der Industriebetriebe in den Eurozo- nenländern wider. Niedriger Ölpreis fördert Der Ölpreis hat sich im letzten halben Jahr nahezu halbiert. Unter dem Strich Export … profitieren die deutschen Exporteure davon nicht nur kosten- sondern auch ab- satzseitig. Hiesige Industriebetriebe führen Erzeugnisse zum Großteil in Länder aus, denen niedrige Rohstoffpreise zu Gute kommen. Gerade in der Eurozone als größtem Markt entsteht Spielraum für Konsum und Investitionen – und damit auch für den Kauf von Produkten „Made in Germany“. Weitere bedeutende Ge- winner dieser Entwicklung sind die USA, China, Indien und die Türkei – ebenfalls wichtige Abnehmer hiesiger Produkte. … auch trotz geringerem Die Förderunternehmen, verbundene Wirtschaftszweige sowie vielfach die „Petro-Dollar-Recycling“ Staatshaushalte ölfördernder Länder hingegen machen Verluste. Dadurch dürfte in diesen Ländern die Importnachfrage abflauen – weniger Petro-Dollar werden recycelt. Doch spielen diese Länder eine kleinere Rolle für den deutschen Export. Zudem verfügen Erdöl exportierende Länder wie Saudi Arabien und die Vereinig- ten Arabischen Emirate mit ihren Staatsfonds über die Möglichkeit, längere Pha- sen niedriger Ölpreise zu überstehen. Investitionsprogramme können dadurch fortgeführt werden, auch wenn die Einnahmen für den Staatshaushalt drastisch sinken. Ohnehin entlasten die niedrigen Kraftstoffkosten die Verbraucher auch in Förderstaaten wie Brasilien, Norwegen und einer Reihe arabischer und afrikani- scher Länder. Russlandgeschäft im freien Hart trifft der Ölpreisverfall Russland. Hinzu kommen die von der EU und den Fall … USA verhängten Sanktionen. Zudem ist der Abfluss von Kapital ungebremst und wird durch die jüngsten Herabstufungen durch mehrere Ratingagenturen weiter verstärkt. Höhere Leitzinsen konnten die Rubelschwäche nicht beheben, bremsen aber die Investitionstätigkeit merklich. Das alles lässt zusammen mit den unge- lösten strukturellen Hindernissen die russische Wirtschaft im laufenden Jahr in die Rezession rutschen. Dementsprechend ist auch in diesem Jahr ein zweistelli- ger Rückgang der Russland-Verkäufe zu befürchten.
DIHK-Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2015 - Exporterwartungen 29 … Geopolitik bereitet weiterhin Die Sorgen um einen neuen Kalten Krieg treiben die deutsche Exportwirtschaft Sorgen um. Die Aussichten auf eine Reduzierung der Sanktionen gegenüber Russland sind begrenzt. Jüngst ist der Konflikt sogar wieder eskaliert. Die politische Insta- bilität in weiten Teilen des Nahen Ostens und noch immer auch die Ebolakrise in Westafrika verfestigen das Bild einer unsicheren weltwirtschaftlichen Konjunk- tur. Auch von politischer Seite ist vorerst wenig Rückendeckung zu erwarten: Die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gestal- ten sich nach wie vor sehr schwierig. Vorleister holen auf Die Vorleister erholen sich stärker als die Gesamtindustrie vom deutlichen Rück- gang der Vorumfrage (Saldoanstieg um vier Punkte gegenüber der Vorumfrage, gegenüber Vorjahr dennoch Rückgang um 14 Punkte). Der Saldo liegt mit 16 Punkten allerdings weiterhin knapp unter dem Durchschnitt der Gesamtindustrie (17 Punkte). Gerade die zuletzt arg gebeutelten Unternehmen aus der Gummi- und Kunststoffindustrie wie auch die Betriebe der Sparte „Glas, Keramik, Steine- verarbeitung“ holen kräftig auf (Saldoverbesserung von zehn auf 20 Punkte bzw. von einem auf zehn Punkte). Noch deutlicher zeigt sich die Erholung in der Chemischen Industrie: Mit einem Exportsaldo von 33 macht sie den Verlust der Vorumfrage komplett wett. Die Zuversicht bei den Vorleistern lässt auf bessere Geschäfte auch bei nachgelagerten Branchen hoffen. Investitionsgüterproduzenten Ebenfalls um vier Punkte ziehen die Erwartungen für den Export bei den Herstel- fassen Zuversicht lern von Investitionsgütern an. Mit 19 Punkten liegen sie nun wieder über dem Industriedurchschnitt. Spürbar verbessern sich die Exporterwartungen im Ma- schinenbau. Der Saldo von 18 nach zwölf Punkten im Herbst 2014 reicht aber längst noch nicht an den Vorjahreswert heran (31 Punkte). Alles in allem bleibt ein hohes Maß an Skepsis, wie sich die Investitionsneigung der Eurozonenländer entwickelt. Auch der Fortgang des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine treibt gerade den Investitionsgüterherstellern Sorgenfalten auf die Stirn. Ein Lichtblick sind hingegen die USA, wo die Re-Industrialisierung gerade deutschen Ausrüstern zugutekommt. Auch Ölförderländer bleiben auf der Karte des Ma- schinenbaus. Gerade Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über enorme finanzielle Rücklagen, mit denen sie die Diversifizierung ihrer Ökonomien weiterführen können. Exporterwartungen der Industrieunternehmen (Saldo in Punkten) Vorleistungsgüter- Investitionsgüter- Ge- und Verbrauchs- Industrie produzenten produzenten güterproduzenten Jahresbeginn 2013 12 17 25 16 Frühsommer 2013 14 20 20 17 Herbst 2013 20 28 25 23 Jahresbeginn 2014 30 32 29 30 Frühsommer 2014 24 27 27 25 Herbst 2014 12 15 22 15 Jahresbeginn 2015 16 19 18 17
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