Geriatrische Dermatologie
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Zeitschrift für Gerontologie+Geriatrie Übersichten Z Gerontol Geriat https://doi.org/10.1007/s00391-021-02006-2 Eingegangen: 8. September 2021 Geriatrische Dermatologie Angenommen: 26. November 2021 Marie Isolde Joura · Kamilla Koszorú · Dóra Czintner · Miklós Sárdy Klinik für Dermatologie, Venerologie und Dermatoonkologie, Semmelweis Universität Budapest, © Der/die Autor(en) 2022 Budapest, Ungarn Zusammenfassung Hintergrund: Die Bevölkerung erreicht ein höheres Lebensalter. Begleitend steigt die Inzidenz der Hauterkrankungen. Ziel der Arbeit: Dargestellt werden die wichtigsten Hauterkrankungen geriatrischer Patienten. Material und Methoden: Es erfolgten sowohl eine Literaturrecherche in der Datenbank von PubMed als auch aus dermatologischen Standardlehrbüchern. Ergebnisse: Die Haut geriatrischer Patienten reagiert empfindlicher auf Umweltein- flüsse und kann im Rahmen von internistischen Grunderkrankungen mitbetroffen sein. Aufgrund von verzögerter Diagnostik werden maligne Hauterkrankungen bei alten Patienten erst in höheren Stadien diagnostiziert. Diskussion: Physiologische Hautveränderungen im Alter sind durch entsprechende Pflegemaßnahmen zu behandeln. Bei unklaren Hautveränderungen ist eine rasche dermatologische Abklärung anzustreben. Schlüsselwörter Hautatrophie · Hautalterung · Kontaktekzem · Pruritus · Chronische Wunden Einleitung Barriereschäden. Vorgänge der sich ver- ändernden Haut, wie steigende Anzahl an Das Fachgebiet der geriatrischen Derma- Mutationen der mitochondrialen DNA und tologie ist aufgrund der steigenden Le- Verkürzung der Telomere, beeinflussen das benserwartung von immer größerer Be- Altern der Zellen. Genetische Faktoren und deutung. Für die richtige Diagnose und an- oxidativer Stress im Laufe des Lebens sind schließend adäquate Therapie ist das Ver- ebenso Einflussfaktoren für eine epiderma- ständnis der Veränderungen an der Haut le Atrophie. Durch eine sinkende Anzahl sowie der einerseits physiologisch, ande- an Melanozyten verringert sich der Pig- rerseits durchUmwelteinflüsseund im fort- mentgehalt der Haut, unter dem der UV- geschrittenen Alter oft gehäuft auftreten- Schutz leidet. Die Abnahme der Zugfes- den internistischen Komorbiditäten von tigkeit, sowie der Elastizität, ist der De- großer Bedeutung. Dieser Artikel gibt ei- generation von Kollagen- und elastischen ne Übersicht über die wichtigsten geria- Fasern zu verschulden. Auch Schweiß- und trischen Hauterkrankungen. Talgproduktion sind vermindert. Die exo- gene Hautalterung wird von der UV-Strah- Die Hautalterung lung dominiert, und solare Lentigines so- wie aktinische Keratosen bilden sich. Im Der Hautalterungsprozess wird im Laufe schlimmsten Fall kann es zu einer Foto- des Lebens durch intrinsische und extrin- kanzerogenese führen. Auch das Rauchen sische Faktoren beeinflusst. Neben ästhe- von Tabak ist ein sehr wichtiger Hautalte- tischen Problemen führt die Hautalterung rungsfaktor. Es führt zur Freisetzung von zu einem Funktionsverlust der Haut. Im freien Radikalen, des Weiteren degenerie- Allgemeinen erscheint die Altershaut atro- ren Kollagen- und elastische Fasern, und phisch, trocken (durch erhöhten Wasser- tiefe Falten entstehen [19]. QR-Code scannen & Beitrag online lesen verlust) und rissig. Vermehrt entstehen Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 1
Übersichten pie besteht aus der Vermeidung der aus- legentlich sind psychosomatische oder lösenden Noxen, der topischen Gabe von psychiatrische Gründe der Auslöser eines Glukokortikoiden sowie einer hydratisie- Juckreizes. Des Weiteren kann der Juck- renden und rückfettenden topischen The- reiz auch als paraneoplastisches Syndrom rapie, um die Hautbarrierefunktion wieder- bei soliden Tumoren, Lymphomen oder herzustellen [26]. Bei einer Inkontinenz- Leukämien auftreten. Bei einem chroni- dermatitis treten aufgrund der Anatomie schen Pruritus bestehen die Symptome häufig Bakterien- und Pilzinfektionen auf > 6 Wochen. Es stellt eine interdisziplinäre und sollten durch pflegerische Maßnah- Herausforderung bezüglich Diagnose und men verhindert werden [5]. Therapie dar. Eine gründliche Anamnese Auch eine atopische Dermatitis darf sowie die klinischen Prurigocharakteristi- im hohen Alter nicht außer Acht gelassen ka sind differenzialdiagnostisch wichtig. werden („late onset“). Etwa 2–3 % der Das wesentliche Ziel der symptomati- geriatrischen Patienten leiden darunter, schen Behandlung ist die Verbesserung Abb. 1 8 Schuppende, erythematöse Haut ei- verursacht durch Veränderungen des Im- der subjektiven Empfindung, um so die Le- nes Exsikkationsekzems munsystems sowie eine herabgesetzte bensqualität des Patienten zu verbessern. Hautbarrierefunktion. Der starke Pruritus, Primär müssen auslösende Faktoren, wie die verletzte Haut und wiederkehrende Grunderkrankungen oder Medikamente, Ekzeme Staphylococcus-aureus-Infektionen be- vermieden werden. Eine rückfettende und reiten Beschwerden. Die lichenifizierten hydratisierende Hautpflege ist empfoh- Aufgrund struktureller und funktioneller Ekzeme erscheinen bevorzugt in den len, und nichtsedierende systemische H1- Veränderungender Hautwird sieverwund- Ellenbeugen und Kniekehlen. Die Dia- Antihistaminika können gegeben werden. barer und wegen des verringerten Wasser- gnose erweist sich aufgrund der vielen Erosive Kratzläsionen können topisch mit und Fettgehalts der Epidermis trockener. Komorbiditäten und diversen Medika- Antiseptika oder Steroiden behandelt Das daraus resultierende Jucken der Haut mente, welche Pruritus auslösen können, werden [10]. ist ein störendes Symptom für die Patien- als schwieriger als im jungen Alter [35]. ten [34]. Ekzeme können anhand ihrer Pa- Das nummuläre Ekzem entsteht poly- Chronische Wunden thogenese (z. B. Kontaktekzem, atopische ätiologisch und ist charakterisiert durch Dermatitis), ihrer Lokalisation (z. B. Hand- münzförmig, scharf begrenzte, gelegent- Das erhöhte Alter, begleitet von diversen ekzem, Analekzem) oder ihrer Aktualität lich ödematöse Herde, mit Papulovesikeln, Grunderkrankungen, kann Ursache für ei- (akutes bzw. chronisches Ekzem) einge- v. a. an den Extremitäten. Die Therapie be- ne Störung des physiologischen Wundhei- teilt werden. ginnt mit der Suche nach Fokalinfektionen lungsprozesses sein. Im Alter steigen die Kontaktekzeme, sowohl allergisch als und richtet sich danach [6]. Zahlen der Gefäßerkrankungen und des auch toxisch-kumulativ, verursachen häu- Diabetes mellitus. Somit steigt die Wahr- fig Beschwerden. Der Verlust der epider- Pruritus scheinlichkeit für chronische Wunden und malen Hautbarriere und wiederholte All- die damit verbundenen Komplikationen, ergenexpositionen (z. B. Nickel) begüns- Eines der häufigsten Symptome älterer begleitet von hohen Kosten für die Be- tigen die Entwicklung eines allergischen Patienten ist der Juckreiz. Es betrifft knapp handlungen und einer schlechteren Le- Kontaktekzems. Das auslösende Allergen 14 % der deutschen Allgemeinbevölke- bensqualität. wird mittels Epikutantest diagnostiziert. rung [30]. Der häufigste Grund ist eine Auf eine chronische Veneninsuffizienz Die zwei wichtigsten kumulativ-toxischen Xerodermie, eine Folge des physiolo- (CVI) ist der größte Teil der Beingeschwüre Kontaktekzeme sind das Exsikkationsek- gischen Hautalterungsprozesses, welche zurückzuführen. Meist entsteht die Insuf- zem (aufgrund physiologischer Verände- meist schon mit einer Änderung der Haut- fizienz postthrombotisch. Das dermatolo- rungen alternder Haut, wie z. B. erhöhter pflegegewohnheiten behandelt werden gische Bild besteht anfangs aus einer Co- Wasserverlust; . Abb. 1) und die Inkonti- kann. Juckreiz kann auch eine Medika- rona phlebectatica am Plantarrand und ei- nenzdermatitis (durch längere direkte Ein- mentenreaktion darstellen. Außerdem nem ödematösen Knöchelbereich. Darauf- wirkung von Stuhl oder Urin auf die Haut können dermatologische Krankheiten, folgend können Hyper- und Depigmentie- im Intimbereich). Bei einem akuten Kon- wie z. B. Skabies, verschiedene Ekzeme, rungen, eine Atrophie blanche, Stauungs- taktekzem erscheinen auf der Haut entzün- Urtikaria, Psoriasis, kutane T-Zell-Lympho- ekzeme oder trophische Störungen mit dete, ödematöse, rote Plaques. Im Falle ei- me oder bullöse Autoimmundermatosen Indurationen (. Abb. 2) entstehen. Auch nes chronischen Ekzems können zusätzlich einen Juckreiz verursachen. Auch diverse Störungen des Nagelwachstums mit Ony- Bläschen, Krusten und Schuppung auftre- andere internistische Grunderkrankun- chomykosen sind möglich [32]. Therapiert ten. Die juckenden, rissigen, schuppenden gen, wie Diabetes mellitus, Cholesta- werden kann die CVI mittels Bandagen und erythematösen Stellen eines Exsikka- se, Urämie, Hypo- bzw. Hyperthyreose, bzw. Kompressionsstrümpfen, um den ve- tionsekzems befinden sich gehäuft an den aber auch maligne Neoplasien oder ein nösen Rückfluss zu unterstützen. Zusätz- Streckseiten der Extremitäten. Die Thera- M. Hodgkin können auslösend sein. Ge- lich kann/können eine antiseptische The- 2 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
dung der Dermis und Subkutis spiegelt sich als zungenförmiges Erythem wider, kom- biniert mit einem Spannungsgefühl und Druckschmerz. Begleitend kommt es zu Abb. 2 9 Multiple Fieber und erhöhten Entzündungsparame- Ulcera cruris ve- nosa oberhalb des tern. Erysipelas vesiculosum et bullosum, Malleolus medialis, die nekrotische Variante Erysipelas gan- begleitet von Co- graenosum oder das Erysipelas phlegmo- rona phlebectatica nosum stellen schwere Formen dar. Mögli- am Plantarrand, Hy- che Komplikationen sind eine Sepsis oder perpigmentierung, Stauungsekzem, eine tiefe Beinvenenthrombose. Penicillin Darmatosklerose ist die Therapie erster Wahl. Zusätzlich ist und Atrophie blan- die Epithelverletzung (Eintrittspforte des che Bakteriums) zu versorgen [9]. Die sekundäre Infektion einer Intertri- rapie oder Glukokortikoide angewendet Infektionen go ist die häufigste Infektion von überge- werden. Das nicht allzu schmerzhafte Ulcus wichtigen geriatrischen Patienten, die oft cruris stellt die häufigste Komplikation dar, Geriatrische Patienten sind aufgrund ver- im Zusammenhang mit einer verminder- welches meist am distalen Unterschenkel, änderter Immunität und meist vermin- ten Hygiene oder einem Diabetes mellitus im Bereich des medialen Knöchels, ent- derter Körperhygiene anfälliger für Virus- steht. Prädilektionsstellen sind aufgrund steht [7]. (z. B. Herpes zoster), Bakterien- (z. B. Erysi- der anhaltenden Wärme und Feuchte die Neben dem Ulcus cruris venosum stellt pel) und Pilzinfektionen (z. B. Onychomy- Achselhöhlen, die Bauchfalten, die Brust- das Ulcus arteriosum eine wichtige chroni- kose). Die Infektionen verlaufen im Alter falten und die Leistenregion. Meist erfolgt sche Wunde dar. Lokalisiert an den Extre- oft schwerwiegender und sind mit einer er- die Infektion mit Candida. Der Patient be- mitäten aufgrund eines Verschlusses der höhten Hospitalisations- und Mortalitäts- richtet über ein brennendes Gefühl und terminalen Arterien, ist es im Gegensatz rate verbunden. Juckreiz der scharf umschriebenen, erythe- zum venösen Geschwür schmerzhaft. Die Infolge reduzierter Immunität kann es matösen Plaque. Ein bräunlich, rotbräunli- Wundumgebung weist trophische Störun- zu einer Reaktivierung des in sensorischen ches Bild liegt bei einer Infektion durch das gen der Haut und der Hautanhangsgebilde Ganglien gelagerten Varicella-zoster-Virus Corynebacterium minutissimum vor (Ery- auf. Neben einem abgeschwächten oder kommen und somit ein Herpeszoster ent- thrasma). Primär sind eine regelmäßige fehlenden Puls sowie einer Zyanose ist stehen. Das betroffene Dermatom (in der Reinigung und die Trockenhaltung der prä- die kapilläre Auffüllzeit verzögert. Der Pa- Regel nur ein Dermatom auf einer Kör- destinierten Stellen anzustreben. Parallel tient versucht, durch ein Hochlagern des perhälfte, ausgenommen Zoster generali- müssen ein möglicherweise vorhandener betroffenen Beines die Schmerzen zu min- satus) weist, häufig begleitet von starken Diabetes mellitus therapiert und das Über- dern. Eine Angiographie mit anschließen- Schmerzen, ein gürtelförmiges, hellrotes gewicht reduziert werden. Topisch können der Wiederherstellung der Blutversorgung Erythem und ein Ödem mit Vesikeln auf. antimykotische bzw. antibiotische Arznei- ist nötig. Bei älteren Patienten sind die Ge- In ca. 80 % der Fälle geht den Hautmani- mittel verordnet werden. Symptomatisch schwüre oft gemischten Ursprungs [7]. festationen ein Prodromalstadium voraus, kann eine milde Glukokortikoidcreme (z. B. Das diabetische Fußulkus ist meist plan- wobei häufig Fehldiagnosen aufgrund des Hydrocortison) angewendet werden [28]. tar, am Hallux, an den Os metatarsale I/II/V lokalisationsabhängigen Schmerzes (z. B. Eine in der Geriatrie häufig vorkom- oder an der Ferse aufzufinden. Es ist mit Herzinfarkt oder Cholezystitis) gestellt mende Pilzinfektion ist die Onychomykose. einer diabetischen Polyneuropathie asso- werden. Therapiert wird mit Aciclovir p.o, Die Prävalenz steigt durch Risikofaktoren ziiert, und somit ist das tiefe Ulkus von i.v. bei schwerem Krankheitsbild [9, 12]. wie Diabetes mellitus, Angio- und Poly- milden bis gar keinem Schmerzempfinden Präventiv wird die nachgewiesen effizien- neuropathien, Immunsuppression, rezidi- begleitet [32]. te Impfung für Personen ≥ 60 Jahren (bzw. vierende Traumen und Rauchen. Klinisch Ein Dekubitus muss als gravierende Dia- ≥ 50 Jahren bei Grunderkrankung) von ist der Nagel gelblich verfärbt, verdickt gnose ernst genommen werden. Oftmals der Ständigen Impfkommission (STIKO) oder brüchig. Neben einer topischen The- entsteht eine Ulzeration durch eine zu lan- empfohlen [2, 22]. rapie mit Efinoconazol, Tavaborol, Ciclo- ge Immobilisation, aber auch aufgrund Vor allem durch die im erhöhten Al- pirox oder Amorolfin ist auch eine syste- einer Durchblutungsstörung oder senso- ter herabgesetzte zelluläre Immunantwort mische Therapie p.o. mit Terbinafin oder rischer Defizite. Prädilektionsstellen sind kommen bakterielle Infektionen gehäuft Itraconazol möglich, jedoch sind Wechsel- das Sakrum, der Tuber ischiadicum, der vor. Wichtig zu erwähnen ist das Erysi- wirkungen mit der Therapie für die Ko- Trochanter major femoris und die latera- pel, das meist durch Streptococcus pyo- morbiditäten möglich. Bei einer Therapie- len Knöchel. Daher ist auf eine korrekte genes, welcher über Mikroläsionen in die resistenz ist evtl. an eine Laserbehandlung Lagerung von bettlägerigen Patienten zu Haut eindringt (v. a. Beine, aber auch Arme zu denken [13]. achten [7]. und Gesicht), verursacht wird. Die Entzün- Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 3
Übersichten körper gegen Hemidesmosomen basaler Benigne und maligne Keratinozyten. Folgend kommt es zu einer Hauttumoren subepidermalen Blasenbildung, sekundär zu Erosionen, Juckreiz und Eosinophilie. Mit erhöhtem Lebensalter steigt auch die Die Diagnose kann durch das anfangs al- Wahrscheinlichkeit, an einem benignen leinige Symptom des Juckreizes oder ek- oder malignen Tumor zu erkranken. Die zemartige Hautsymptome verzögert sein zwei großen Gruppen maligner Haut- und somit den Therapiebeginn verzögern tumoren sind der „weiße Hautkrebs“ [3]. (Basalzell- und Plattenepithelkarzinom) Der PV ist seltener, aber eine schwerwie- und der „schwarze Hautkrebs“ (malignes gendere Erkrankung mit einem früheren Melanom). Manifestationsalter als das BP. Die Autoan- Die benigne seborrhoische Keratose, tikörper sind gegen Desmoglein gerichtet. die zwar nicht gefährlich ist, aber oftmals Häufig beginnt er mit oralen Mukosaero- ein ästhetisches Problem für die Patienten sionen (Nahrungsaufnahme und Sprechen darstellt, ist im Alter häufig. Die Läsionen sind erschwert). Auch können Schleimhäu- sind scharf begrenzt, rund oder oval, sitzen te von Nase, Larynx, Ösophagus, Genitalien breitbasig auf, haben einen Durchmesser oder Anus erkranken. Auf der Haut bilden von etwa 0,5–1 cm und befinden sich ge- sich schlaffe Blasen mit klarem Inhalt, die häuft am Rumpf oder am Kopf. Das klini- rasch einreißen können und zu Erosionen sche Bild alleine führt meist zur Diagnose, Abb. 3 8 Skabies, typisches papulöses Ska- führen. Über Schmerz wird oft geklagt; die durch ein Dermatoskop gesichert wer- biesexanthem – kommaartig, unregelmäßig der Juckreiz fehlt. Aufgrund von schweren denkann. DieEntfernungaus kosmetologi- gewundener Milbengang (Pfeil) Verläufen und einer schwierigen Therapie schen Gründen kann durch eine Kürettage kann der PV durch septische Komplikati- mit einem Volkmann-Löffel erfolgen. Die Skabies (. Abb. 3) ist eine wichtige Dif- onen tödlich enden [18]. seborrhoische Keratose an sich ist niemals ferenzialdiagnose des senilen Juckreizes Die Diagnose einer autoimmun-bullö- bösartig, kann jedoch beispielsweise als und bedarf einer schnellen Behandlung. sen Hauterkrankung erfolgt anhand des paraneoplastisches Syndrom eines malig- Das Hauptsymptom ist nächtlicher Juck- klinischen Bildes, einer histologischen Un- nen Tumors (Leser-Trélat-Zeichen) auftre- reiz an den charakteristischen Stellen (Fin- tersuchung und einer Immunfluoreszenz- ten [14]. gerzwischenräume, Hände, Handgelenke, untersuchung der Haut sowie des Nach- Ein weiteres ästhetisches Problem kön- Achselhöhlen, Anus, weibliche Areolen weises zirkulierender Antikörper [4]. Das nen die senilen Hämangiome sein. Sie sind und männliche Genitalien). Diagnostisch milde BP (< 10 % Körperoberfläche betrof- ebenfalls gutartig, wenige Millimeter groß sind die sichtbaren, gewundenen, einige fen) wird primär topischmitClobetasolpro- und sattrot. Bei Beschwerden können sie Millimeter langen Milbengänge. Die Milbe pionat behandelt. Bei einem schweren Ver- mit einem Laser oder Kauter behandelt kann als schwarzer Punkt am Ende des lauf (> 30 % Körperoberfläche betroffen) werden [8]. Ganges sichtbar sein. Die Therapie erfolgt ist die Kombination mit einer systemischen Das Keratoakanthom ist aufgrund sei- mit topischem Permethrin oder Ivermec- Therapie mit Prädnisolonäquivalent emp- nes charakteristischen Erscheinungsbildes tin p.o. Zusätzlich ist auf die körperliche fohlen. Ein milder PV (keine Schmerzen, leicht diagnostizierbar. Es tritt auf sonnen- und häusliche Hygiene (v. a. Kleidung und ≤ 1 % normale Haut oder ≤ 1 cm2 Schleim- exponierten Stellen auf, besteht aus einem Bettwäsche) zu achten. Die Übertragung haut betroffen) wird mit systemischen Kor- halbkugeligen,hellrotbis rotviolettenKno- auf die im selben Haushalt lebenden tikosteroiden in Kombination mit einer ten mit einer zentralen Einsenkung, gefüllt Personen ist häufig [33]. immunsuppressiven bzw. immunmodulie- von einem keratotischen Pfropf. Aufgrund renden Therapie behandelt. Gegebenen- des schnellen Wachstums ist eine rasche Bullöse Autoimmundermatosen falls können topisch Kortikosteroide gege- Exzision empfohlen [20]. ben werden. Anti-CD20-Antiköper, syste- Eine häufige Präkanzerose ist die ak- Autoimmun-bullöse Erkrankungen sind mische Glukokortikoide und Immunsup- tinische Keratose (AK). Die UV-Strahlung selten, die Inzidenz jedoch steigt mit pressiva sind bei einem schweren Verlauf der Sonne ist der wichtigste Risikofaktor. dem Alter. Das bullöse Pemphigoid (BP) indiziert. Eine Wundversorgung sowie ei- Betroffen sind v. a. chronisch dem Sonnen- und der Pemphigus vulgaris (PV) sind am ne antiseptische Behandlung zur Vermei- licht ausgesetzte Bereiche (Kopfhaut, Oh- häufigsten. Durch die vorhandenen Ko- dung von bakteriellen Superinfektionen ren, Gesicht, Dekolleté, Arme, Rücken). Aus morbiditäten der geriatrischen Patienten sind empfohlen [18, 29]. der AK kann sich nach Jahren ein Platten- in Kombination mit gehäuften Medika- epithelkarzinom entwickeln. Es gibt diver- mentenwechselwirkungen kann es zu se Therapiemöglichkeiten, wie die Kryo- einer erschwerten Therapie kommen [16]. therapie, topisches Fluorouracil, Imiqui- Das BP ist die häufigste bullöse Autoim- mod, fotodynamische Therapie, chirurgi- mundermatose. Es bilden sich Autoanti- sche Exzision oder Lasertherapie. Bei Nicht- 4 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
Abb. 4 9 Noduläres Basalzellkarzinom am Haaransatz Abb. 5 8 Plattenepithelkarzinom an der Wan- läre Basalzellkarzinom, ist scharf begrenzt, ge – derb, exophytisch wachsender Tumor (Pfeil), umgeben von aktinischer Keratose breitbasig, wachsartig, umgeben von ei- nem perlschnurartigen Randsaum und durchzogen mit Teleangiektasien. Häufig tigste exogene Risikofaktor. Die Tumoren befindet sich zentral eine Einsenkung, die erscheinen meist unregelmäßig begrenzt im Laufe der Zeit ulzerieren kann. Die sowie mehrfarbig [11]. Anhand des klini- Diagnose wird anhand des klinischen Bil- schen Bildes (ABCDE-Regel: Asymmetrie, des, unterstützt von einem Dermatoskop Rand, Farbe, Durchmesser, Entwicklung) und einer histologischen Untersuchung, [1] und einer Histologie wird die Diagnose gestellt [23]. Es metastasiert selten, zeigt gestellt. Die Therapie erfolgt anhand einer Abb. 6 8 Lentigo-maligna-Melanom auf dem jedoch ein lokal destruierendes Wachs- chirurgischen Exzision des Primärtumors rechten Nasenflügel (Pfeil) – dermatoskopi- tum. Deswegen bedarf es einer schnellen mit entsprechendem Sicherheitsabstand sches Bild: Follikelostien mit graublauen peri- Therapie. Die vollständige chirurgische [11]. Bei älteren Patienten werden Mela- follikulären Pigmentringen in asymmetrischer Exzision ist der Standard. Gegebenenfalls nome sehr häufig erst in fortgeschrittenen Verteilung (Pseudonetzmuster) können eine Flachexzision, Strahlenthe- Stadien diagnostiziert und behandelt [17]. rapie, topische Therapie, fotodynamische ansprechen auf die Therapie oder untypi- Therapie, Kryotherapie, Laser oder syste- Fazit für die Praxis schem klinischem Bild ist eine histologi- mische Therapie angewendet werden. Das 4 Die physiologischen Veränderungen der sche Abklärung notwendig [21, 31]. Basalzellkarzinom zeigt aber eine hohe Haut im Alter können durch konsequen- Auch der M. Bowen ist eher eine Erkran- Rezidivrate [24]. te Pflege gemildert werden. Schädliche kung älterer Patienten. Es handelt sich Seltener als das Basalzellkarzinom Einflüsse von außen sind zu minimieren. um ein In-situ-Plattenepithelkarzinom. kommt das Plattenepithelkarzinom 4 Ein regelmäßiges dermatologisches Scree- ning mit dem Dermatoskop sowie einer Typisch ist eine langsam wachsende, pso- (. Abb. 5) vor. In den meisten Fällen Fotodokumentation sollte durchgeführt riasisartige Plaque (meist am Stamm). Die entwickelt es sich aus atypischen Kerati- werden, um maligne Tumoren frühzeitig Oberfläche erscheint trocken, schuppig, nozyten [15]. Die Ätiologie ist multifak- zu erkennen. erythematös, hyperkeratotisch und hat toriell. Neben den exogenen Faktoren, 4 Bei unklaren Befunden, bei Verdacht auf einen zerklüfteten Rand. Die Kryothera- wie z. B. UV-Strahlung oder chemischen Malignität, bei Nichtansprechen auf The- rapien (spätestens nach 3 Monaten) sowie pie, die Anwendung von 5-Fluorouracil, Karzinogenen, ist auch die genetische bei komplexen Hauterkrankungen, die ei- die Kürettage oder die Exzision sind emp- oder immunologische Prädisposition ent- ne fachspezifische Erfahrung benötigen, fohlen, um die Entwicklung eines Bowen- scheidend. Die Standardtherapie besteht sollte nicht gezögert werden, ein derma- Karzinoms (Plattenepithelkarzinom) zu aus der vollständigen Exzision. Bei einem tologisches Konsil anzufordern. verhindern [27]. nicht vollständig resezierbaren Karzinom Das Basalzellkarzinom (. Abb. 4) ist der oder ausgedehnten Lymphknotenbefall, am häufigsten auftretende maligne Haut- sowie bei inoperablen Patienten, kann tumor und entsteht de novo. Die Inzidenz eine adjuvante bzw. postoperative Strah- steigt mit dem Lebensalter und der Son- lentherapie angewendet werden [25]. nenexposition. Multiple Primärtumoren Das maligne Melanom (. Abb. 6) ist der können beim selben Patienten innerhalb häufigste Hauttumor mit letalem Ende. Es von Jahren bis Jahrzehnten auftreten. Am ist seltener als ein Basalzell- oder Plat- meisten betroffen ist das Gesicht (primär tenepithelkarzinom, jedoch zeigt es eine die Nase), gefolgt von Hals, Rumpf und stärkere Aggressivität, welche sich in ei- Extremitäten. Das Erscheinungsbild ist ner frühen Metastasierung widerspiegelt. variabel. Der häufigste Subtyp, das nodu- Auch hier ist die UV-Strahlung der wich- Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 5
Abstract Korrespondenzadresse Geriatric dermatology Background: With an ageing society the incidences of skin diseases increase. Objective: The most important skin diseases in geriatric patients are discussed. Material and methods: A literature search was conducted using the PubMed database and standard dermatological textbooks. Results: Skin diseases in geriatric patients are often more susceptible to external influences and can be affected by visceral diseases. Due to a delayed diagnosis, malignant skin diseases in geriatric patients are first diagnosed at a higher stage. Conclusion: Physiological skin changes are to be treated with appropriate care. In the case of unclear skin changes, a timely dermatological check-up is to be done. Keywords Dr. Marie Isolde Joura Skin atrophy · Skin ageing · Contact dermatitis · Pruritus · Chronic wounds Klinik für Dermatologie, Venerologie und Dermatoonkologie, Semmelweis Universität Budapest Mária utca 41, 1085 Budapest, Ungarn 2. 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