Gesetzgeber beschließt Jahressteuergesetz 2020 - Allen ...

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Gesetzgeber beschließt Jahressteuergesetz 2020 - Allen ...
Gesetzgeber beschließt
Jahressteuergesetz 2020
23. Dezember 2020

Nachdem der Bundestag am 16. Dezember 2020 das Jahressteuergesetz 2020 (JStG
2020, in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des
Bundestags) beschlossen hatte, stimmte der Bundesrat dem Gesetz in seiner letzten
Sitzung des Jahres am 18. Dezember 2020 gleichfalls zu. Das JStG 2020 sieht in
verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts Änderungen vor: zum einen
aufgrund von Anpassungen an EU-Recht sowie als Reaktion auf die Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs, zum anderen zur Umsetzung von steuerpolitischen
Entscheidungen. Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen Änderungen je
Steuerrechtsgebiet vor, welche mit wenigen Ausnahmen am Tag nach der Verkündung
des JStG 2020 im Bundesgesetzblatt Anwendung finden.

1. Lohnsteuerrecht                                 gezwungen sind, ihre beruflichen bzw. betrieblichen
                                                   Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz in ihrer Wohnung
Einführung einer Homeoffice-Pauschale              nachzugehen und hierdurch beruflich oder
Zu den prominentesten Änderungen des JStG 2020     betrieblich     veranlasste     Mehraufwendungen
gehört die Einführung der sog. Homeoffice-         entstehen. Diese Mehraufwendungen waren für
Pauschale, welche im Vorfeld von mehreren          steuerliche Zwecke bislang nur abziehbar, wenn es
politischen Parteien und Verbänden wiederholt      sich bei dem Homeoffice um ein sog. häusliches
gefordert wurde. Dies, weil aufgrund der Corona-   Arbeitszimmer handelt. In vielen Fällen erfüllten die
Pandemie eine Vielzahl von Arbeitnehmern,          Steuerpflichtigen hingegen nicht die gesetzlich
Gewerbetreibenden und Selbständigen dazu           normierten Voraussetzungen für einen Abzug von

                                                                                            allenovery.com
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer             einem Dritten zur beruflichen Neuorientierung bei
    nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG           Beendigung des Dienstverhältnisses“ geleistete
    (siehe hierzu auch BMF-Schreiben vom 6.10.2017),          Beratungsleistungen für die betroffenen Arbeit-
    da sie beispielsweise über keinen separaten Raum          nehmer steuerfrei sein.
    verfügen oder dieser Raum nicht ausschließlich oder
    fast ausschließlich beruflich oder betrieblich genutzt    2. Umsatzsteuerrecht
    wird. Für diese Fälle gewährt die Homeoffice-
                                                              Das JStG 2020 setzt insbesondere das EU-
    Pauschale für die Jahre 2020 und 2021 (vgl. § 52
                                                              Mehrwertsteuer-Digitalpaket um, welches u.a. für E-
    Abs. 6 Satz 13 EStG) für jeden Kalendertag, an dem
                                                              Commerce Unternehmen die Erweiterung der Mini-
    die    berufliche    oder     betriebliche    Tätigkeit
                                                              One-Stop-Shop-Regelung zum One-Stop-Shop
    ausschließlich im Homeoffice ausgeübt wird, einen
                                                              beinhaltet. Aber auch weitere Änderungen wie z.B.
    Werbungskostenabzug in Höhe von EUR 5. Die
                                                              verfahrensrechtliche    Neuerungen     bei      der
    Homeoffice-Werbungskosten sind auf EUR 600 im
                                                              Rechnungsberichtigung sind von hoher Praxis-
    Kalender- oder Wirtschaftsjahr begrenzt und werden
                                                              relevanz.
    nicht zusätzlich zum Arbeitnehmerpauschbetrag
    i.S. des § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG in Höhe       Fernverkäufe und One-Stop-Shop
    von EUR 1.000 gewährt.
                                                              Die bisherigen länderspezifischen Lieferschwellen in
    Corona-Maßnahmen                                          Höhe von EUR 35.000 - EUR 100.000 bestimmten,
                                                              ab welcher jährlichen Umsatzhöhe in einem Absatz-
    Die durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom
                                                              Staat ein deutscher Versandhändler bei Versand an
    19. Juni 2020 eingeführten Steuerbefreiungen von
                                                              Verbraucher im EU-Ausland nicht mehr die deutsche
    Corona-Sonderzahlungen an Arbeitnehmer in Höhe
                                                              Umsatzsteuer, sondern die jeweilige Mehrwertsteuer
    von EUR 1.500 (§ 3 Nr. 11a EStG) sowie
                                                              des Bestimmungslandes ausweisen und abführen
    Arbeitgeberzuschüssen zum Kurzarbeitergeld (§ 3
                                                              muss. § 3c UStG enthält in seiner neuen Fassung
    Nr. 28a EStG) waren bislang auf den Zeitraum bis
                                                              nunmehr unter dem neuen Begriff „Fernverkauf“ eine
    zum 31. Dezember 2020 befristet. Diese Frist wird
                                                              Regelung,      wonach     der     umsatzsteuerliche
    hinsichtlich der Corona-Sonderzahlungen bis zum
                                                              Leistungsort innergemeinschaftlicher Fernverkäufe
    30. Juni 2021 sowie der Arbeitgeberzuschüsse zum
                                                              dort liegt, wo sich die Ware bei Beendigung des
    Kurzarbeitergeld sogar bis zum 31. Dezember 2021
                                                              Transports befindet. Voraussetzung hierfür ist, dass
    verlängert.
                                                              der     Lieferant   die    neue     EU-einheitliche,
    Outplacement-Beratungsleistungen                          länderübergreifende Schwelle in Höhe von
                                                              EUR 10.000 jährlich überschreitet oder auf deren
    Bislang     war    fraglich,     ob     unter     die     Anwendung verzichtet.
    Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 19 EStG für
    Weiterbildungsmaßnahmen des Arbeitgebers auch             Bislang konnten Unternehmer für wenige,
    Leistungen in Form von Outplacement-Beratungen            ausgewählte Umsätze das sog. „Mini-One-Stop-
    fallen. Diese Frage wurde entsprechend der                Shop“ („MOSS“)-Verfahren in Anspruch nehmen.
    Kurzinformation der Oberfinanzdirektion Nordrhein-        Hierdurch konnte die im EU-Ausland geschuldete
    Westfalen vom 4. August 2020 auf Ebene der                Mehrwertsteuer         zentral     im       eigenen
    Lohnsteuer-Referatsleiter        der        obersten      Ansässigkeitsstaat abgeführt werden, so dass eine
    Finanzbehörden des Bundes und der Länder für              gleichzeitige Registrierung in mehreren EU-
    grundsätzlich denkbar erachtet. Der Gesetzgeber           Mitgliedstaaten nicht notwendig war. Das JStG 2020
    nimmt nunmehr eine gesetzliche Klarstellung zur           sieht nun eine Ausweitung zum „One-Stop-Shop“-
    einkommensteuerlichen        Steuerbefreiung     von      Besteuerungsverfahren vor (§§ 18i, 18j und 18k
    Beratungsleistungen zur beruflichen Neuorientierung       UStG-E). Dieses erfasst innerhalb der EU
    (sog. Outplacement- bzw. Newplacement-Beratung)           Warenlieferungen per elektronischer Schnittstelle,
    für ausscheidende Arbeitnehmer vor. Hiernach              innergemeinschaftliche Fernverkäufe (siehe oben)
    sollen zukünftig „auch Beratungsleistungen des            und alle Dienstleistungen an Verbraucher, die am Ort
    Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von

2   allenovery.com
des Verbrauchs ausgeführt werden. Die neuen               Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und § 233a Abs. 2a AO
Regelungen treten am 1. Juli 2021 in Kraft.               darstellt    (BMF-Schreiben        vom    18.9.2020),
                                                          gesetzlich      festgeschrieben.    Eine    wirksame
Online-Marktplätze als Steuerschuldner                    Rechnungsberichtigung bleibt damit zwar auch
Im Online-Handel versuchte der Gesetzgeber dem            weiterhin mit Wirkung für die Vergangenheit zulässig,
Vollzugsdefizit bei der Erhebung der Umsatzsteuer         jedoch nur innerhalb der Grenzen der regulären
von im Drittland ansässigen Händlern bislang mittels      Bestandskraft. Eine sorgfältige Rechnungseingangs-
Haftung der Marktplatzbetreiber gemäß § 25e UStG          kontrolle ist somit weiterhin entscheidend.
entgegenzutreten.      Künftig     werden       Online-
Marktplätze     jedoch     nicht    mehr    nur     als   3. Steuerstrafrecht
Haftungsschuldner herangezogen, sondern in                Verlängerung der Verfolgungs- und
bestimmten Fällen selbst zum Steuerschuldner. So
                                                          Festsetzungsverjährung bei besonders
bestimmt der neue § 3 Abs. 3a UStG-E, dass Online-
Marktplätze, die als sog. „elektronische Schnittstelle“
                                                          schwerer Steuerhinterziehung
die Infrastruktur zwischen Händler und Verbraucher        Anfang     Dezember       2020    verkündete     die
bereitstellen, so behandelt werden, als ob sie die        Bundesregierung, die Verjährungsfrist für besonders
Ware selbst vom Händler eingekauft und im                 schwere Fälle der Steuerhinterziehung aufgrund des
Anschluss an den Verbraucher verkauft hätten. Die         Cum/Ex-Skandals verlängern zu wollen. Sie
neue Regelung tritt gleichfalls erst am 1. Juli 2021 in   begründete dies damit, dass aktuell weiterhin
Kraft.                                                    umfangreiche Ermittlungen im Cum/Ex-Skandal
                                                          notwendig seien. Presseberichten zufolge ermitteln
Rechnungsberichtigung kein                                die Staatsanwaltschaften u.a. in Köln, Frankfurt am
rückwirkendes Ereignis                                    Main und München mittlerweile in mehr als 100
Unternehmen        können,    wenn       diese     den    Verfahren gegen circa 1.000 Beschuldigte und
Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1             nahezu 100 involvierte Banken aus dem In- und
UStG geltend machen, formell nicht ordnungs-              Ausland. Die aktuelle Verjährungsfrist gemäß § 376
gemäße Eingangsrechnungen vom Lieferanten                 Abs. 1 AO von zehn Jahren biete den Ermittlungsbe-
nachträglich berichtigen lassen (§ 31 Abs. 5 UStDV).      hörden insoweit keinen ausreichenden Zeitraum für
Seit der EuGH-Entscheidung in der Rs. „Senatex“           eine rechtzeitige und vollumfängliche Ermittlung der
(EuGH, Urteil vom 15.9.2016 – C-518/14, BFH/NV            jeweiligen Sachverhalte. Zum Jahresende 2020
2016, 1870) ist dies auch mit Wirkung für die             drohte bei einzelnen Cum/Ex-Fällen daher eine
Vergangenheit möglich, was Nachzahlungszinsen in          Verjährung. Der Gesetzgeber ist einer möglichen
Höhe von 6 % p.a. ersparen kann. Bisher war               Verjährung nun mit einer Verlängerung der in § 376
umstritten, wie lange betroffenen Unternehmen für         AO normierten Verfolgungsverjährungsfrist für
die Rechnungsberichtigung Zeit bleibt, da                 besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
Rechnungsmängel mitunter erst nach dem                    von zehn auf 15 Jahre zuvorgekommen.
Voranmeldungszeitraum des Rechnungseingangs
                                                          Die    Verlängerung     der   Verjährungsfrist   ist
festgestellt   werden. Während          eine    solche
                                                          insbesondere daher relevant, da nach der
Berichtigung      grundsätzlich     innerhalb      der
                                                          Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, vgl.
verfahrensrechtlichen Grenzen der Bestandskraft
                                                          zuletzt Urteil vom 25.4.2017 – 1 StR 606/16, wistra
möglich ist, war strittig, ob eine Rechnungs-
                                                          2017, 400 mwN) besonders schwere Fälle der
berichtigung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des
                                                          Steuerhinterziehung bereits bei einem Steuer-
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt. In diesem Fall
                                                          schaden in Höhe von EUR 50.000 („in großem
würde die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des
                                                          Ausmaß“) vorliegen können. Aufgrund der in § 171
Kalenderjahres       der     Rechnungsberichtigung
                                                          Abs. 7 AO normierten Ablaufhemmung verlängert
beginnen (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO). In § 14 Abs. 4
                                                          sich die Festsetzungsverjährung bei besonders
Satz 4 UStG-E wird nun allerdings die bisherige
                                                          schwerer Steuerhinterziehung gleichfalls auf 15
Verwaltungsauffassung, dass eine Rechnungsbe-
                                                          Jahre. Damit verbunden ist auch ein verlängerter
richtigung kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175

                                                                                                   allenovery.com   3
Betrachtungszeitraum von 15 Jahren im Rahmen            begründet (vgl. § 214 Abs. 1 BGB), führt die
    einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371        Verjährung im Steuerrecht nach § 47 AO zu einem
    Abs. 1 Satz 2 AO.                                       Erlöschen des Anspruchs (vgl. BGH, Beschluss vom
                                                            24.10.2019 – 1 StR 173/19, wistra 2020, 107). Durch
    Die verlängerte Verjährungsfrist ist auf alle noch      die Einführung des § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB kam es
    nicht verjährten Taten anzuwenden, so dass es           insoweit zu einer Abschöpfungslücke hinsichtlich
    keiner Übergangsregelung bedarf. Der Gesetzgeber        verjährter Ansprüche aus dem Steuerschuld-
    begründet dies damit, dass Täter einer besonders        verhältnis. Diese Lücke hat der Gesetzgeber
    schweren Steuerhinterziehung keinen Anspruch auf        nunmehr durch § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB-E
    Vertrauensschutz im Hinblick auf die bisherige          geschlossen, so dass strafrechtswidrig erlangte
    Verjährungsfrist von zehn Jahren haben. Nach der        Steuervorteile   auch     bei    Verjährung     des
    Auffassung des Gesetzgebers haben diese Täter           Steueranspruchs eingezogen werden können.
    aufgrund der Schwere der Straftaten gerade kein
    schutzwürdiges Interesse, die Dauer ihrer               Die bisherige Regelung des § 375a AO galt für alle
    Verfolgbarkeit schon vor der Tatbegehung                am 1. Juli 2020 noch nicht verjährten Steuer-
    abschätzen zu können. Sie können sich daher nicht       ansprüche (Art. 97 § 34 EGAO). Diese Anwendungs-
    darauf verlassen, dass sie nach Ablauf der zum          regelung gilt grundsätzlich auch bei § 73e Abs. 1
    Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden, aber nach der      Satz 2 StGB-E. Für den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
    jetzigen Verlängerung auf 15 Jahre noch nicht           AO genannten Fall der besonders schweren
    abgelaufenen Frist nicht zur Verantwortung gezogen      Steuerhinterziehung sieht das JStG 2020 hingegen
    werden.                                                 eine Ausnahmeregelung vor, wonach § 73e Abs. 1
                                                            Satz 2 StGB-E bei besonders schwerer Steuer-
    Wegfall von § 375a AO aufgrund § 73e                    hinterziehung auch rückwirkend Anwendung findet.
    Abs. 1 Satz 2 StGB-E                                    Hierdurch wird die Einziehung von Taterträgen oder
    Der durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz mit       des Wertes von Taterträgen rückwirkend erweitert.
    Wirkung zum 1. Juli 2020 eingeführte § 375a AO wird     Dies bedeutet, dass in diesen Fällen anders als noch
    nunmehr nach weniger als sechs Monaten durch das        nach der zwischenzeitlichen Rechtslage unter
    JStG 2020 wieder aufgehoben. Nach dieser                § 375a AO der Erlöschensgrund steuerlicher
    bisherigen Regelung steht einer strafrechtlichen        Verjährung nicht mehr entgegensteht, da der
    Einziehung rechtswidrig erlangter Taterträge nach       Gesetzgeber        die       Einziehungsmöglichkeit
    den §§ 73 bis 73c StGB das Erlöschen eines              unabhängig davon einräumt, ob dieser Erlöschens-
    Steueranspruchs nach § 47 AO durch Verjährung           grund vor oder nach dem Inkrafttreten des § 73e
    nicht entgegen. Die Regelung wird durch die             Abs. 1 Satz 2 StGB-E eingetreten ist. Somit wird im
    weitestgehend       inhaltsgleiche    strafrechtliche   Bereich    der    besonders     schweren     Steuer-
    Regelung des § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB-E                 hinterziehung     wegen      eines     „gesteigerten
    substituiert.                                           Einziehungsinteresses“      zur    Wahrung       des
                                                            Allgemeinwohls unabhängig von der steuerlichen
    § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB-E führt dazu, dass der in      Verjährung eine Einziehungsmöglichkeit geschaffen.
    § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB normierte Ausschluss der
    Abschöpfung           strafrechtswidrig     erlangter   4. Investmentsteuerrecht
    Vermögenswerte durch Einziehung des Tatertrags
                                                            Qualifikation als Investmentfonds
    oder des Wertersatzes im Fall der Verjährung keine
    Anwendung findet. Die Ausnahmeregelung des              Im Bereich des Investmentsteuerrechts möchten wir
    § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB wurde durch das Gesetz         zum einen auf eine Neuregelung hinweisen, die für
    zur Reform der strafrechtlichen Vermögens-              den    allgemeinen    Anwendungsbereich       des
    abschöpfung vom 13. April 2017 eingeführt und sieht     Investmentsteuergesetzes relevant ist. Hier wurde
    einen Ausschluss der Einziehung vor, soweit der         die bestehende Auffassung der Finanzverwaltung
    Anspruch erloschen ist. Während die Verjährung im       zum alten Investmentsteuerrecht, dass keine
    Zivilrecht lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht    Bindungswirkung an die Entscheidung der BaFin
                                                            über das Vorliegen eines „Investmentvermögens“

4   allenovery.com
besteht, nun gesetzlich festgeschrieben (§ 1 Abs. 2      5. Grunderwerbsteuerrecht
Satz 2 InvStG-E). Dies war erforderlich, da der klare
Wortlaut von § 1 Abs. 2 Satz 1 InvStG mit dem            Vorab ist anzumerken, dass das JStG 2020 keine
bloßen Verweis auf die aufsichtsrechtlichen              Regelungen in Bezug auf die bereits länger
Regelungen des KAGB hier keinen wirklichen               andauernde Diskussion zur etwaigen Bekämpfung
Spielraum lasse. Die Finanzverwaltung möchte             von sog. „Share Deals“ enthält. Dem Vernehmen
allerdings eine Auslegung vornehmen können, die          nach konnte noch keine Einigung zwischen den
sich     am     Zweck     der      „Sicherung    des     Koalitionsparteien über den Umfang einer solchen
Besteuerungssubstrats“ und der „Verhinderung von         grundlegenden Reformierung des Grunderwerb-
Steuersparmodellen“     orientiert.    Obwohl    dies    steuerrechts, (insbesondere) der grunderwerb-
grundsätzlich nachvollziehbar ist, dürfte das            steuerlichen Ersatztatbestände, erzielt werden.
zukünftig zu nicht unerheblicher Rechtsunsicherheit      Nichtsdestotrotz sind zwei Neuregelungen von
führen.                                                  praktischer Relevanz.

Doppelte Transparenz von Dach-                           Verspätungszuschlag
/Zielfondsstrukturen                                     Zum einen werden durch Einführung des § 19 Abs. 6
                                                         GrEStG-E die Regelungen zum Verspätungs-
Zum anderen ist eine gesetzliche Anpassung in § 37
                                                         zuschlag angepasst. Hier will der Gesetzgeber nicht
InvStG praktisch relevant. Hier wird nunmehr bei
                                                         mehr     hinnehmen,     dass    insbesondere       bei
Dach-/ Zielfondsstrukturen die bestehende Finanz-
                                                         gesonderter     Feststellung   der    grunderwerb-
verwaltungsauffassung        gesetzlich    verankert,
                                                         steuerlichen Besteuerungsgrundlagen (was vor
wonach die Qualifikation der Einkünfte auf Ebene
                                                         allem im Rahmen der Ersatztatbestände des § 1
des Zielfonds auch an den Dachfonds (und von dort
                                                         Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG sehr häufig der Fall ist) nur
an die Anleger) weitergereicht wird (sog. doppelte
                                                         pauschal EUR 25 pro Monat festgesetzt werden
Transparenz). Dies ist zu begrüßen, wenngleich dies
                                                         (§ 152 Abs. 6 Satz 2 AO). Zukünftig soll der
bereits „gängige Praxis“ ist. Zu beachten ist insoweit
                                                         Verspätungszuschlag vielmehr einheitlich 0,25 %
allerdings, dass Zurechnungsbeträge des Zielfonds
                                                         der festzusetzenden Steuer pro Monat betragen und
gem. § 37 Abs. 3 Satz 2 InvStG-E ihren Status nicht
                                                         darüber hinaus der Höchstbetrag von bisher
behalten und in der „Substanz“ des Dachfonds
                                                         EUR 25.000 (§ 152 Abs. 10 AO) nicht gelten, was
verloren gehen. Sie verlieren daher ihre
                                                         insbesondere bei größeren Transaktionen durchaus
Privilegierung und können erst nach Ausschüttung
                                                         eine relevante Größe werden könnte.
sämtlicher Erträge ausgeschüttet werden.

Kapitalertragsteuerabzug durch                           Brexit-Regelung
Investmentfonds                                          Darüber hinaus werden die Begünstigungs-
                                                         vorschriften der §§ 5, 6 GrEStG um eine „Brexit-
Zuletzt sei im Zusammenhang mit den gesetzlichen
                                                         Regelung“ ergänzt. Hintergrund hierfür ist die Sorge,
Neuregelungen der Investmentbesteuerung auch
                                                         dass z.B. britische Limiteds mit Geschäftsleitung im
noch auf § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 5 EStG-E
                                                         Inland bei Austritt Großbritanniens aus der EU nicht
hingewiesen. Hier wird eine bisher bestehende
                                                         mehr von der Gründungstheorie profitieren können,
Erhebungslücke geschlossen, wenn die Anteile an
                                                         sondern nach der dann anwendbaren Sitztheorie
Investmentfonds    keiner    inländischen    Depot-
                                                         nach deutschem Gesellschaftsrecht ggf. als
verwahrung unterliegen. Zukünftig soll in diesen
                                                         aufgelöst gelten. Dies könnte zu einer Verletzung der
Fällen der Investmentfonds selbst zum Kapitalertrag-
                                                         Haltefristen der §§ 5, 6 GrEStG führen, was durch
steuerabzug auf entsprechende Investmenterträge
                                                         Einführung von § 5 Abs. 3 Satz 2 GrEStG-E sowie
verpflichtet sein.
                                                         § 6 Abs. 3 Satz 3 GrEStG-E vermieden werden soll.

                                                                                                   allenovery.com   5
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