Gespräch mit Andreas Torner, CEO norisbank - Udo Klein-Bölting
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8 I N S I G H T S 9 Abbildung 1: Andreas Torner Andreas Torner • Seit April 2007: Vorsitzender der Geschäftsleitung der norisbank • 2006/2007 Generalbevollmächtigter der Citibank • 2002–2005 Mitglied des Vorstands der AXA Konzern AG (Holding) • 1999–2002 Managing Director Sales und Distribution bei der Deutschen Bank 24 sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank 24 Europa • 1988-1999 Berater bei Bain & Company sowie McKinsey & Company Inc. Abbildung 2: Vita Andreas Torner Abbildung 3: Logo norisbank
I N T E RV I E W M I T A N D R E A S T O R N E R 9 In der letzten INSIGHTS-Ausgabe haben wir den von gilt als eines der wenigen Felder, die noch Wachs- BBDO Consulting entwickelten PMI-Radar vorgestellt, tumspotenzial bergen. 2006 erwarb die Deutsche der bei M&A- und PMI-Prozessen die frühzeitige Ent- Bank AG die 98 Filialen der norisbank sowie den wicklung von Strategien zur Steigerung von Wachs- Markennamen von der DZ Bank. Mit neuen Ange- tum, Effizienz und Effektivität bezüglich Markenport- boten wie dem kostenlosen Girokonto und einem folio und Marketing unterstützt. Vor dem Hintergrund hoch verzinsten Tagesgeldkonto sollen im hart um- seiner während der Übernahme der norisbank ge- kämpften Massenmarkt neue Kundensegmente machten Erfahrungen hat Udo Klein-Bölting, CEO von angesprochen werden. BBDO Consulting, mit Andreas Torner, CEO der noris- bank, über die Herausforderungen und Erkenntnisse Zum neuen Marktauftritt im September 2007 zählte in Bezug auf Markenmanagement im M&A- und PMI- die „neue norisbank“ mehr als 300.000 Kunden Prozess gesprochen. und verzeichnete ein Geschäftsvolumen von rund 3 Milliarden EUR. Bis 2010 soll die Kundenzahl auf In der Bankenbranche wird seit Monaten immer offe- 1 Million steigen. Bereits jetzt liegt die norisbank ner über mögliche Zusammenschlüsse spekuliert. über Plan: Seit dem Marktstart hat die Bank rund Dabei ist kaum ein Bankenmarkt in Europa so zer- 200.000 neue Kunden gewonnen. splittert wie der deutsche. Das Privatkundengeschäft Udo Klein-Bölting: Herr Torner, welche Bedeutung mit den Fragestellungen der Marken- und Kommu- hat aus Ihrer Sicht „die Marke“ in einem M&A-/PMI- nikationsstrategie beschäftigen. Prozess? Udo Klein-Bölting: Haben Sie im Rahmen der Über- Andreas Torner: Das Thema Marke ist für uns natür- nahme den monetären Wert der Marke bestimmt? lich von zentraler und richtungweisender Bedeutung. Wir wollten mit der Marke norisbank eine neue Form Andreas Torner: Selbstverständlich, letztendlich ha- des Bankings im deutschen Privatkundengeschäft ben wir ja auch für die Marke bezahlt. Also mussten etablieren. wir auch wissen, wie viel sie wert ist. Wir haben hier unterschiedliche Verfahren angewendet und kombi- Udo Klein-Bölting: Wie bewerten Sie den Erfolg des niert, z. B. haben wir die Markenbekanntheit der Markenmanagements während des Übernahmepro- Marke norisbank ermittelt und die Markenperfor- zesses? mance gemessen. Andreas Torner: Insgesamt sind wir sehr zufrieden. Udo Klein-Bölting: Inwieweit konnten Sie die Marke Aber natürlich gibt es auch für uns Learnings. Man norisbank nutzen, wie sie war, und welches „Fine- muss sich dem Thema Marke so früh wie möglich im tuning“ musste an der Positionierung der Marke vor- Vorfeld widmen. In der Phase der Vorbereitung ist genommen werden? die Sichtweise natürlich stark nach innen gerichtet. Es gilt hier, erst einmal die Leistungsfähigkeit der Andreas Torner: Wir haben Kundenabgleiche durch- Organisation zu stärken. Marken- und Kommunika- geführt, Synergiepotenziale aufgedeckt und die Mar- tionsaspekte kommen dabei häufig zu kurz. Ein kenstrategien im Konzern abgestimmt. Natürlich war Riesenproblem, denn hier läuft einem dann die Zeit dabei eine Weiterentwicklung der Marke norisbank weg. Deshalb sollte man sich ex ante und intensiv für unser Konzept notwendig. Dies haben wir kon-
10 I N S I G H T S 9 Mit dem neuen Auftritt positionieren wir uns spitz als „Quali- tätsdiscounter“ für den deutschen Bankenmarkt. Dabei kom- binieren wir Qualität und Discount in einer neuen Dimension: „value for money“ zum einen, zum anderen aber auch alle Vorteile, die man sonst von einem Discounter kennt, nämlich ein überschaubares Sortiment, gute Preise, gute Qualität, Schnelligkeit, Verzicht auf Überflüssiges, einfach gerade her- aus. Und vor allem transparent. Ein Angebot „ohne Sternchen“. Wir haben Discount mal konsequent zu Ende gedacht, auf neue Beine gestellt und so die Marke klar positioniert. Andreas Torner Abbildung 4: Zitat Andreas Torner sequent gemacht. So haben Tests gezeigt, dass Andreas Torner: Die neue Markenstrategie wurde an- Kunden z. B. einfachere Angebote wünschen. Mit hand der bestehenden Dachstrategie der DB Gruppe dem neuen Auftritt positionieren wir uns spitz als abgeleitet und kontinuierlich implementiert. Wir tre- „Qualitätsdiscounter“ für den deutschen Banken- ten dabei jedoch als eigenständiges Institut mit ei- markt. Dabei kombinieren wir Qualität und Discount nem komplett neuen Angebot als Angreifer im Markt in einer neuen Dimension: „value for money“ zum auf. Dies unterstützt die Mehrmarkenstrategie des einen, zum anderen aber auch alle Vorteile, die man Konzerns. Auf horizontaler Ebene haben wir eine Ab- sonst von einem Discounter kennt, nämlich ein über- stimmung der operativen Maßnahmen durchgeführt. schaubares Sortiment, gute Preise, gute Qualität, Schnelligkeit, Verzicht auf Überflüssiges, einfach Udo Klein-Bölting: Wurde das Marketing- und Kom- gerade heraus. Und vor allem transparent. Ein An- munikationsbudget im Sinne einer Effizienzanalyse gebot „ohne Sternchen“. Wir haben Discount mal bewertet, und welche Instrumente wurden eingesetzt? konsequent zu Ende gedacht, auf neue Beine gestellt und so die Marke klar positioniert. Dabei stellen wir Andreas Torner: Für die Kommunikation des neuen sicher, dass wir das, was wir versprechen, im Ge- Markenauftritts wurde einmalig ein hohes Budget zur schäftssystem auch jederzeit liefern können. Kurz- Verfügung gestellt. Unter anderem ging es darum, fristig heißt das, dass wir als Vollbank sowohl den hohe Aufmerksamkeit im Markt zu generieren, um Bereich der Konsumentenfinanzierung ausbauen als damit einen schnellen Kundenhochlauf zu erzielen. auch das Konto- und Anlagegeschäft mit einer Hand- Das ist uns gelungen. Nach dieser ersten Phase ha- voll einfacher, attraktiver Produkte stärken. ben wir umgeschaltet auf „normale Marktbearbei- tung“, d. h., wir wollen weiterhin in unserem Markt Udo Klein-Bölting: Haben Sie Ihr Leistungsangebot dominieren, haben dabei aber die Marktsituation im Rahmen eines Reviews überprüft, und wie fügt zu beachten. Wir steigern Effizienz und Effektivität sich die neue Marke in die bestehenden Gruppen- unserer Marktkommunikationsmaßnahmen durch marken ein? vertikale und horizontale Integration. Wir nutzen die
I N T E RV I E W M I T A N D R E A S T O R N E R 11 klassischen Werbeformen wie TV-Spots, Printanzei- Udo Klein-Bölting: Welche Aufgaben halten Sie in gen und Plakate, bedienen dabei aber eben auch diesem Zusammenhang für besonders wichtig? nahezu sämtliche Onlineformate und Direktmarke- tingkanäle. Wir müssen das bessere Gesamtkonzept Andreas Torner: Ganz klar die Entwicklung des re- liefern mithilfe einer ganzheitlichen Vernetzung von levanten Markenszenarios für die Transaktion. Ins- Medium und Ansprachezeitpunkt. Dabei hilft uns besondere in der Verankerung mit konkreten To-dos. natürlich unser fokussiertes Geschäftsmodell. Es geht hierbei auch um die Überprüfung von Syner- gien, der Marketingorganisation und -prozesse. Am Udo Klein-Bölting: Welche Learnings haben Sie aus Ende braucht man ein komplettes „Go-to-Market- dem Übernahmeprozess hinsichtlich des Marken- Konzept“ – ein Plug and play sozusagen. Dieses managements gewonnen? komplett im laufenden Betrieb zu entwickeln ist schwierig und wenig ratsam. Langfristig ist ein der- Andreas Torner: Man braucht in einem M&A- und artiges Konzept der Erfolgsfaktor, da sich der Erfolg PMI-Prozess einen bewährten Ansatz, der eine auf Dauer am Markt und nicht in den Systemen ent- schnelle Operationalisierung der Systeme auf Markt- scheidet. Fehler, wie z. B. von Beginn an das Markt- seite ermöglicht. Über den ökonomisch-operativen angebot nicht zu beachten oder auf das falsche Gleis Rahmen hinaus benötigt man eine klare Strategie zu setzen, können nur schwer oder gar nicht behoben für Marketing und Markenentwicklung. Ein entschei- werden. dender Punkt ist die frühzeitige Definition der neuen Markenstrategie und ihre Deklination auf allen Ebe- Udo Klein-Bölting: Was sind aus Ihrer Sicht in Ihrer nen, sprich im Vertrieb, beim Produkt und in der Branche die besonderen Anforderungen an das Kommunikation. Strategisches Markenmanagement Markenmanagement innerhalb des M&A- und PMI- ist ein Schlüsselfaktor, der über Erfolg und Misser- Prozesses? folg einer Fusion mit entscheidet, und das muss bereits in der Pre-Deal-Phase einsetzen und sich Andreas Torner: Unsere Industrie hat die Bedeutung bis zur Post-Merger-Phase durchziehen. Ohne die eines wie oben beschriebenen „Go-to-Market-Kon- systematische Integration des strategischen und zepts“ noch nicht wirklich verinnerlicht. Vom Kunden, operativen Marketings kann heutzutage kein Merger vom Markt her zu denken steht immer noch nicht auf mehr gelingen. der Agenda. Marketing-PMI oder besser Marketing- integration ex ante ist einer der absolut wichtigen und kritischen Erfolgsfaktoren für jede Fusion. Das müssen wir alle auf dem Radar haben.
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