Girls Power im Jugendzentrum papperlapapp Gitschn, ragazze & girls chez nous

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Girls´ Power im Jugendzentrum papperlapapp

                Gitschn, ragazze & girls chez nous

1. 1 Ausgangslage – Initiative

Das Jugendzentrum "papperlapapp" und der Jugenddienst Bozen organisieren bereits seit dem
Jahre 2002 so genannte „Gitschntreffen“. Bei diesen informellen Treffen für Mädchen ab 14 wurde
für deren Ideen, Bedürfnisse und Möglichkeiten (Frei-)Raum und unkomplizierte Begleitung
geboten. Die Mädchengruppen variierten im Laufe der Jahre stark, sowohl die Anzahl konstanter
Besucherinnen, als auch das Engagement in der Realisierung eigener Wünsche und
Vorstellungen, sowie die Zuverlässigkeit der „Gitschn“ waren veränderlich und vom Angebot
abhängig. Im Herbst des Jahres 2006 entstand dann eine von Irene Egger (papperlapapp) und
Silvia Clignon (Jugenddienst) begleitete, konstante, interessante und vielseitige Gruppe, die
famose "Gitschnrunde", die mit viel Witz, Charme, weiblicher Zwietracht, Elan, Freude und
jugendlicher Virtuosität die zukünftige Gestaltung der Mädchenprojekte nachhaltig beeinflussen
sollte. Zwischen AHA-Cocktails1, Hochseilgarten und verbaler Selbstverteidigung, gemütlicher
Teerunde, D-Jane-Kurs und autonom geplantem und kreativ realisierten Umbau des
Mädchentreffs mit selbst gestrichenen Wänden und neu gestalteter Innendekoration, der überaus
erfolgreichen alternativen Modeschau "Every Body is perfect" und der gemeinsam mit den
Seniorinnen durchgeführten Modeschau "GiovANZiani" kam sodann auch neuer Schwung in die
Mädchenprojekte. Die partizipativ mit den Mädchen entwickelten Aktionen führten zu einem
großen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe und zu einem bemerkenswerten Ideenreichtum und
Engagement, das im Jahre 2009 mit dem "Cultura Socialis"-Preis auch von offizieller Seite her
gewürdigt wurde.

Im Jahre 2006 entstand im Rahmen der von der Gemeinde Bozen organisierten Zukunftswerkstatt
"Girls' Power" das zweite Mädchenprojekt des papperlapapp: die "MultiKultiGirls" wurden aus der
Taufe gehoben. Im Unterschied zu der zwar allen offen stehenden, aber seit jeher ausschließlich
von deutschsprachigen Mädels besuchten „Gitschnrunde“ sollten die "MultiKultiGirls" eine
heterogenere Zielgruppe ansprechen, eine Plattform für informelle, ungezwungene Begegnung
unterschiedlicher Jugendlicher bilden, Dialog und gleichwertigen Austausch als gegenseitige
Bereicherung ermöglichen, fördern und pädagogisch unterstützen. Das Projekt wurde in
Zusammenarbeit mit der Gemeinde Bozen (Alessandra Merler, Katia Rossetto), sowie dem Verein
"Donne Nissá" (Ana Cela, Baija und Sanaa Younes) aufgebaut und realisiert und von Carine
Louvier (bis 2008) beziehungsweise Ulrike Huber (ab 2008) vom Jugendzentrum papperlapapp
begleitet. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten und wechselndem Publikum entstand auch in
diesem Projekt eine konstante, Vertrauen erweckend eigenwillige, humorvolle und
unkonventionelle Truppe mit Teilnehmerinnen aus Marokko, Bozen, Albanien und Brasilien;
punktuell kamen auch einige Mädels aus Peru, Pakistan, Indien und Venezuela zu den Treffen.
Die bunt gemischte Gruppe traf sich 1-2 Mal pro Monat zum gemeinsamen „Quatschen“ und Tee
trinken und später dann auch zu den interkulturellen Kochabenden, bei denen die Teilnehmerinnen
abwechselnd typische Köstlichkeiten ihrer Heimatländer zubereiteten, die in gemütlicher
Atmosphäre und angenehmem Setting gemeinsam verkostet und genossen wurden – wobei
natürlich auch genügend Zeit zum Ratschen und zum Lachen, zum Rezepte und Erfahrungen
austauschen, zum Zuhören und zum gemeinsamen Philosophieren blieb. Die unterschiedlichen
Koch- und Essgewohnheiten boten auch einen guten Anlass, um frei über Traditionen,
Gepflogenheiten, Bräuche und Sitten der unterschiedlichen Länder zu reden, um
Gemeinsamkeiten zu entdecken, Neues auszuprobieren, die eigenen Horizonte zu erweitern und

1 Alternative Happy Hours - Genuss orientiertes Alkoholpräventionsprojekt des
  papperlapapp
das gegenseitige Verständnis zu fördern. Auch in diesem partizipativen Projekt standen aus
pädagogischer und handlungsorientierter Sicht die Ideen, Bedürfnisse und Anregungen der
Mädels im Vordergrund und so wurden gemeinsam mit den Girls verschiedene Feste organisiert,
handwerkliche und kreative Fähigkeiten bei der Neugestaltung der Tische im Jugendzentrum
papperlapapp ausprobiert, von einigen Mädels selbst mitgestaltete Filme angeschaut, in
gemütlicher Runde über unterschiedliche Gött/er_innen und die Welt in all ihren Facetten
philosophiert und gelacht. Im Frühjahr 2009 wurde ein orientalischer Tanzkurs organisiert, der von
einer der Teilnehmerinnen, Sana Younes, gemeinsam mit Julia Psenner von der "Gitschnrunde"
geleitet wurde und der zu einer konstruktiven Annäherung der beiden Mädchengruppen führte. Die
Mädels verstanden sich nämlich sehr gut - und moderierten gemeinsam sowohl die
"MultiKultiFesta" anlässlich des 8. Märzes 2009, als auch die „GirlsPower_Summernight“ im Juni
desselben Jahres, sie halfen in humorvoller Atmosphäre an der Bar und lieferten vom Publikum
begeistert beklatschte Bauchtanzperformances.

Der konstruktive Ressourcen- und Erfahrungsaustausch und die Erweiterung der verschiedenen
Perspektiven bildeten auch die Basis für den gemeinsam vorbereiteten, von den Mädchen
gewünschten und von Ulrike Huber und Simone Lechner begleiteten, im Herbst 2009 realisierten
Zusammenschluss der beiden Mädchenprojekte zu den "KultiGirls". Diese Entwicklung ermöglichte
neue interkulturelle Freundschaften mit Synergieeffekt: Es kam zu anregenden und spannenden
Gesprächen zwischen Mädels mit Kopftuch und anderen mit Minirock, zwischen jungen Frauen,
die von ihren Brüdern zum Treffen begleitet wurden und danach sofort heim mussten, und anderen
Mädchen zum Teil sogar der selben Kulturen, die bereits regelmäßig mit Freund_innen ausgingen
und auch mal übers Wochenende mit den Freundinnen wegbleiben durften. Die kunterbunte und
vielseitig orientierte Mädchengruppe vereinte Schülerinnen und junge Frauen, die im selben Alter
bereits Erwachsenenaufgaben und -verantwortungen übernehmen und forderte von allen
Beteiligten viel Mut, Offenheit und Bereitschaft zur Selbstreflexion. Den Mädchen wurden dabei
Raum, Zeit und Begleitung geboten, um ihre eigenen Ressourcen und Kompetenzen zu entdecken
und auszuprobieren, sich selbst und andere Mädchen besser kennen zu lernen, sich
auszutauschen und Gegebenes kritisch zu hinterfragen, aber auch, sich eigene Meinungen zu
bilden und diese zu präsentieren und gegebenenfalls vor anderen zu argumentieren. Der
Enthusiasmus, Ideenreichtum, die Kreativität, Offenheit, Neugier und Einsatzbereitschaft der
Gruppe bildeten dabei die Basis für die zahlreichen gemeinsam geplanten und realisierten
Aktionen: zwischen Yogakursen, Rio Abierto, Nähkurs, „Girlscamp“, Modeschaufilm, kulinarischen
Abenden, AHA-Cocktails (alternative Happy Hours, genussorientiertes Alkoholpräventionsprojekt)
und Mithilfe bei den Konzerten vergingen die Jahre 2009 und 2010 wie im Fluge.

Im Sommer 2010 kam es aufgrund des inzwischen auf 21 Jahre angestiegenen
Durchschnittsalters der Girls wieder zu einer flexiblen Neugestaltung unseres Mädchenprojekts.
Die Mädchenprojekte wurden in der bisherigen Formation mit dem „Girlscamp“ 2010 feierlich
abgeschlossen. Im Herbst 2010 wurde dann mit Schwerpunktsetzung auf das Ansprechen einer
jüngeren Zielgruppe und in Zusammenarbeit mit Judith Kienzl vom Jugendtreff "Bunker" das
Projekt "GirlFriendS"in Angriff genommen. Die inzwischen fest im papperlapapp verwurzelten und
lieb gewonnenen „KultiGirls" übernahmen dabei - je nach Möglichkeit und Disponibilität - die
"Patenschaft" für die neuen Mädels und geben nun ihre Ressourcen und die im Laufe der Jahre
angesammelten Erfahrungen als wertvollen Schatz an die Jüngeren weiter - ein von den
pädagogischen Mitarbeiter_innen mit großer Begeisterung aufgenommener Synergieeffekt der
bisherigen     Arbeit   und     ein  hoffnungserfülltes   Zeichen    für   die   Zukunft   der
papperlapapp/Jugenddienst/Bunker-Mädchenprojekte.

   1.2 Ziele

Ziel der Mädchenprojekte im papperlapapp waren und sind die pädagogische Unterstützung
delikater Entwicklungsprozesse in Form von informell professioneller Begleitung eines oft
unterschätzten und als problematisch angesehenen Lebensalters, welches in Wirklichkeit überaus
reich an Ressourcen ist. Primäre Zielsetzungen des Projektes sind dabei die Unterstützung beim
Ausprobieren eigener Kompetenzen und Fähigkeiten und beim Herausbilden einer reflektierten,
eigenständigen und kritisch hinterfragenden Meinung. Außerdem das Unterstützen einer der
aktuellen Entwicklung angepassten Verantwortungsübernahme, ein diskreter Beistand bei der
schrittweisen   Verselbstständigung,    der    Aufbau    eines konstruktiven interkulturellen
Zusammenlebens und eines Brücken schaffenden Dialogs, sowie der Abbau von
verallgemeinernden Vorurteilen und „falschen“ Vorstellungen.

   1.3 Zielgruppe

Mädchen zwischen 13 und 25 Jahren jeder Sprachgruppe und Herkunft

   1.4 Umsetzung

      •   Mädchenprojekte allgemein (Zusammenarbeit Jugenddienst/papperlapapp, zeitweise
          Beteiligung des Jugendtreffs Bunker): seit dem Jahre 2002, Durchführung im
          papperlapapp

      •   "Gitschnrunde": seit Herbst 2006 (Irene Egger/papperlapapp, Silvia Clignon bzw.
          Simone Lechner/Jugenddienst); Durchführung im papperlapapp

      •   "MultiKultiGirls": seit Herbst 2006 (Carine Louvier beziehungsweise Ulrike
          Huber/papperlapapp, Ana Cela beziehungsweise Baisha Younes/Donne Nissá,
          Alessandra Merler bzw. Katia Rossetto/ Gemeinde Bozen); Durchführung im
          papperlapapp

      •   "KultiGirls": seit   Herbst  2009   (Ulrike  Huber/papperlapapp,  Simone
          Lechner/Jugenddienst, zum Teil Sana Younes/Donne Nissá), Durchführung im
          papperlapapp

      •   "GirlFriendS":  seit  Herbst    2010     (Ulrike Huber/papperlapapp,    Simone
          Lechner/Jugenddienst Bozen, Judith Kienzl/Jugendtreff Bunker); Durchführung im
          papperlapapp beziehungsweise Jugendtreff Bunker

   1.5 Ergebnisse

   Die Rückmeldungen von Seiten der Mädchen waren sehr positiv. Dies kam nicht nur in Worten,
   sondern konkreter betrachtet auch durch die Fakten im Laufe der Jahre sehr klar zum
   Ausdruck. Das gelungene Schaffen einer gefestigten, heterogenen Gruppe, die sich sehr
   nachhaltig und konstruktiv entwickelt hat, ist das Ergebnis hoch motivierter, konstanter und
   sich selbst immer wieder reflektierender und den aktuellen Bedürfnissen anpassender
   pädagogischer Arbeit. Dies wurde möglich durch Ideenreichtum, freiwillige Mithilfe, großes
   Engagement, mutige Projekte, Selbstständigkeit bei Planung und Verwirklichung,
   Verantwortungsübernahme und das Vertreten eigenständiger Meinungen. Auch ein hohes
   Maß an Vertrauen und immer besserer Zusammenarbeit, sowie die oftmals unterschätzte
   Offenheit, Kompetenz, Kreativität und Einsatzbereitschaft unserer Jugend machten das Projekt
   in dieser Form erst möglich - in diesem Sinne könnte von einem positiven Omen für die
   Zukunft unserer Gesellschaft gesprochen werden.

   1.6 Finanzierung
Die Mädchenprojekte wurden vom Landesamt für Jugendarbeit für die deutsche Sprachgruppe
und der Gemeinde Bozen finanziert.

2. Erfahrungen aus dem Projekt

Aufgrund der bisherigen Erfahrung erweist sich die reflektierte und situationsgerechte
Betrachtung und Anwendung folgender Variablen als Ziel führend:

    aktive und vertrauensvolle Beziehung zu den Jugendarbeiter_innen

    reflektierte, selbstkritische und offene Zusammenarbeit der Jugendarbeiter_innen
     untereinander, Rücksprachen im Team

    klare pädagogische Richtlinien und Rahmenbedingungen

    klare organisatorische Rahmenbedingungen (Räume, Absprachen im Team,...)

    schrittweise begleitete Partizipation der Mädchen bei der Planung, Organisation und
     Durchführung der von ihnen gewünschten Aktivitäten

    Förderung und Forderung der Verantwortungsübernahme vonseiten der Mädchen
     (wobei auch mal Fehler zugelassen werden sollten )

    konstante Reflexion, Austausch, Anpassung an die aktuellen Lebenswelten, ohne dabei
     an "Persönlichkeit" (der Einrichtung und ihrer Jugendarbeiter_innen) einzubüßen

    an Effizienz- und Effektivitätskriterien orientierte Evaluation, die auch humane Faktoren
     mit einbezieht

    qualifiziertes, konstant und kontinuierlich präsentes Personal

    ausreichende Finanzierung

    funktionierende Netzwerkarbeit, Schaffung von Synergien (auch mit "idealen" externen
     Referent_innen), Zusammenarbeit mit Expert_innen anderer pädagogischer
     Einrichtungen (Jugendzentren, Schulen, Mediator_innen,...)

    Gemeinwesenorientierte Öffentlichkeitsarbeit und zielgruppenorientierte Werbung

    Realistische Zeitpläne

    langfristige Planung mit obligatorischem "Plan B"

    Förderliche persönliche Eigenschaften vonseiten der Jugendarbeiter_innen: Neugier,
     Konstanz, Kontinuität, Selbstironie und Humor, Frustrationstoleranz, Flexibilität,
     Geduld, Eigenwilligkeit, Offenheit, Selbstständigkeit, Motivation und Engagement,
     Sensibilität, Empathie und gute Verwurzelung - und einen guten Ausgleich nach der
     Arbeit

3. Bedeutung für die Jugendarbeit

Geschlechtsspezifische Projekte sind für die aktuelle Jugendarbeit sehr wichtig, damit auch
Mädchen angesprochen werden und allen Besucher_innen ein idealer Raum für die
Unterstützung der persönlichen Entwicklung geboten werden kann. Die heutige
Reizüberflutung und Überinformation, die sich in Zukunft wohl noch verstärken wird, bedarf in
vielen Fällen einer Orientierungshilfe, einem unkonventionellen Fixpunkt, der Sicherheit
vermittelt ohne Druck auszuüben und Leistung einzufordern. Dies kann nur begrenzt in einem
gemischtgeschlechtlichen Kontext erreicht werden, daher ist die genderspezifische Arbeit
gerade in dieser Altersklasse von fundamentaler Wichtigkeit. Das Anders-Sein beschränkt sich
dabei allerdings nicht nur auf das Geschlecht, sondern auf verschiedene Elemente, z.B. auf die
Herkunft. Das Kennen eigener Wurzeln und der Stärken und Schwächen der eigenen Kultur
und Persönlichkeit sind die notwendige Voraussetzung, um mit dem Anderen in Kontakt zu
treten. Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstironie, Humor, Empathie, Frustrationstoleranz,
Eigenständigkeit, Verwurzelung und Flexibilität sind hingegen jene Kompetenzen, die für die
interkulturelle Arbeit fundamental sind.

4. Kontakt und Information

Einrichtung:     Jugendzentrum papperlapapp

                 Pfarrplatz, 24

                 39100 Bozen

Ansprechperson: Ulrike Huber, Jugendarbeiterin

Telefonnummer: 0471-053853

Email-Adresse:   ulrike.huber@papperla.net

Info unter :     www.papperla.net
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