Grundwasserbericht Niedersachsen Sonderausgabe zur Grundwasserstandsentwicklung im Jahr 2020 - Grundwasser Band 48
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Grundwasser Band 48 Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Grundwasserbericht Niedersachsen Sonderausgabe zur Grundwasserstandsentwicklung im Jahr 2020
Herausgeber: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz - Direktion - Am Sportplatz 23 26506 Norden Autor: Dr. Gunter Wriedt, NLWKN Betriebsstelle Cloppenburg Koordination Grundwasserbericht Niedersachsen: Christel Karfusehr, NLWKN Betriebsstelle Cloppenburg Unter Mitarbeit: M. Tenschert, NLWKN Betriebsstelle Sulingen R. te Gempt, NLWKN Betriebsstelle Meppen H. Schültken, NLWKN Betriebsstelle Hannover/Hildesheim D. de Vries, NLWKN Betriebsstelle Aurich J. Golon, NLWKN Betriebsstelle Stade T. Hartung, NLWKN Betriebsstelle Süd G. Nickel, NLWKN Betriebsstelle Lüneburg H. Ohlebusch, NLWKN Betriebsstelle Verden Dr. H. Sievers, NLWKN Betriebsstelle Brake/Oldenburg C. Karfusehr, NLWKN Betriebsstelle Cloppenburg 1. Auflage: September 2021, 500 Stück Bezug: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Betriebsstelle Cloppenburg, C31 Drüdingstrasse 25 49661 Cloppenburg Online verfügbar unter www.nlwkn.niedersachsen.de - Service - Veröffentlichungen – Webshop bzw. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/service/veroeffentlichungen_webshop/
Einleitung Die Trockenjahre 2018 und 2019 führten in Dazu betreibt der NLWKN auch ein landeswei- Niedersachsen zu einem deutlichen Rückgang tes Messnetz zur Überwachung der Grundwas- der Grundwasserstände. In vielen Messstellen serstände in Niedersachsen. Aus diesem lie- wurden neue Tiefststände im Vergleich zu den gen dem NLWKN umfangreiche und langjäh- vorangegangenen 30 Jahren erreicht. Ein- rige Daten zur Entwicklung der Grundwasser- drucksvoll wurde vor Augen geführt, welche stände in Niedersachsen vor. Auswirkungen Extremereignisse und Klima- wandel auch in Niedersachsen entfalten kön- Zu den Aufgaben des NLWKN als Teil des Ge- nen. Die tiefen Grundwasserstände des Jahres wässerkundlichen Landesdienstes (GLD) ge- 2019 wirken auch im aktuellen Berichtsjahr hören die Beratung von Wassernutzern und 2020 weiter nach, eine signifikante Entspan- Behörden zu Fragen der Wasserbewirtschaf- nung der Situation trat nicht ein. tung sowie die Information der Öffentlichkeit. Klimawandel, ansteigender Nutzungsdruck und 2019 hat der NLWKN unter dem Eindruck der die Ansprüche zum Erhalt einer funktionieren- extremen Grundwasserstandsveränderungen den Umwelt erzeugen ein komplexes Span- im Trockenjahr 2018 begonnen, die Stands- nungsfeld. Wasserwirtschaft und Umwelt- veränderungen infolge des Dürrejahres 2018 schutz in Niedersachsen stehen vor großen landesweit zu dokumentieren (NLWKN, 2019, Herausforderungen. Gute Daten und verlässli- 2020). Der hier vorliegende Bericht zur Grund- che Expertisen sind dabei eine Grundvoraus- wasserstandsentwicklung 2020 ist der nun- setzung, um Grundwasser als nachhaltig be- mehr dritte Sonderbericht im Rahmen des wirtschaftete Ressource auch für nachfolgende Grundwasserberichts Niedersachsen. Generationen zu erhalten. Im Vergleich zum Bericht des Vorjahres Der Niedersächsische Landesbetrieb für Was- (NLWKN, 2020) wurden verschiedene metho- serwirtschaft, Küsten- und Naturschutz dische Veränderungen durchgeführt. Dadurch (NLWKN) erhebt als Fachbehörde landesweit können sich im Detail geringfügige Abweichun- Daten und macht sie für zentrale Auswertun- gen zu den Ergebnissen der vorangegangenen gen verfügbar, um vergangene Entwicklungen Berichte ergeben, die grundlegenden Aussa- zu verstehen, laufende Prozesse zu beobach- gen bleiben jedoch erhalten. Auch in Hinblick ten und Prognosen für mögliche, zu erwar- auf die allgemeinen Diskussionen und Ausfüh- tende Szenarien zu erstellen. rungen wurden einzelne Passagen überarbei- tet und aktualisiert, um hier den aktuellen Er- kenntnisstand fortzuschreiben. Datengrundlage und Datenaufbereitung Die vorliegende Sonderausgabe behandelt die Anstelle von Kalenderjahren werden für die Situation des Grundwasserstands im hydrolo- statistischen Auswertungen und Darstellungen gischen Jahr 2020 (November 2019 bis Okto- hydrologische Jahre betrachtet. Sie umfassen ber 2020). jeweils einen 12-Monatszeitraum vom Novem- ber des Vorjahres bis Oktober des Hauptjah- Dazu wurden die Grundwasserstandsdaten res. Als Referenzzeitraum zur Ableitung der von insgesamt 1692 Grundwassermessstellen langjährigen statistischen Kenngrößen wird in des NLWKN in den Messprogrammen Grund- Anlehnung an die in der Klimatologie ge- wasserstand und Wasserrahmenrichtlinie bräuchlichen Normalzeiträume ein 30-Jahres- (NLWKN, 2014) sowie Messstellen Dritter im zeitraum zugrunde gelegt. Analog zum aktuell Messprogramm Wasserrahmenrichtlinie aus- geltenden Normalzeitraum 1991-2020 liegt den gewertet. statistischen Auswertungen in diesem Bericht 1
ebenfalls die Periode 1991-2020 als Referenz- Quantilswerte gemäß Tabelle 1. Quantile sind zeitraum zugrunde. In diese Periode fallen Messwerte, die von einem vorgegebenen Pro- auch die Trockenjahre 2018 und 2019, so dass zentanteil aller Messwerte unterschritten wer- sich die Referenzgrößen sowie die Grenzen für den. Beispielsweise entspricht das 25%-Quan- die Standsklassen geringfügig verschieben. til dem Wert, der von 25 Prozent der Mess- werte unterschritten wird. Mittelwerte über Die Grundwasserstandsdaten liegen in der Re- Messstellen (landesweit oder regional aggre- gel als monatliche Einzelmessung oder als Ta- gierte Werte) werden in der Regel als Median geswerte über automatische Messeinrichtun- (=50%-Quantil) der ausgewerteten Messstellen gen vor. Alle Daten wurden für die Auswertung angegeben. durch die Bildung von Monatswerten verein- heitlicht. Voraussetzung für die Auswertung ei- Für ausgewählte Grundwassermessstellen er- ner Messstelle war eine Messreihe mit maxi- folgt eine detaillierte Darstellung der Jahres- mal 20 Prozent Fehlmonaten im 30-jährigen ganglinien sowie der langjährigen Entwicklung. Referenzzeitraum Die Lage und Namen der ausgewählten Mess- stellen sind in Abbildung 1 dargestellt. Analog zu NLWKN 2019 (hydrologisches Jahr 2018) und abweichend zu NLWKN 2020 (hyd- Reine Grundwasserstände werden generell in rologisches Jahr 2019) wurden alle auswertba- Meter über Normal-Null angegeben. ren Messstellen verwendet. Auf eine Aussortie- rung von Messstellen für Beregnungszwecke Die klimatischen Daten zu Niederschlag, Maxi- wie in NLWKN 2020 wurde verzichtet, da auch maltemperatur und relativer Luftfeuchte stam- die entnahmebedingten Grundwasserstands- men aus dem Klimadatenzentrum des Deut- veränderungen letztendlich die Witterungsent- schen Wetterdienstes (DWD, 2021 a). Die po- wicklung wiederspiegeln. tentielle Verdunstung wurde nach dem Verfah- ren von Haude (Müller & Waldeck, 2011) aus Grundwasserganglinien und zeitliche Entwick- der Maximaltemperatur und der relativen Luft- lungen werden für einen 35 Jahre umfassen- feuchte berechnet. Die klimatische Wasserbi- den Betrachtungszeitraum dargestellt, in die- lanz entspricht der Differenz aus Niederschlag sem Fall also den Zeitraum von 1986 bis 2020. und potentieller Verdunstung. Niederschlag und die klimatische Wasserbilanz wurden zu Abweichungen der Grundwasserstände zu den Monatssummen aggregiert. langjährigen Bezugswerten werden entweder als absolute Abweichungen in Metern angege- ben oder in klassifizierter Form anhand der Tabelle 1: Klassifikationsschema von Grundwasserständen nach Quantilswerten. Quantilsbereich Bezeichnung >= 95%-Quantil extrem hoch >= 85% bis < 95%-Quantil sehr hoch >= 75% bis < 85%-Quantil hoch >= 25% bis < 75%-Quantil normal >= 15% bis < 25%-Quantil niedrig >= 5% bis < 15%-Quantil sehr niedrig < 5%-Quantil extrem niedrig 2
Abbildung 1: Der Auswertung zugrunde gelegte naturräumliche Einteilung Niedersachsens und Lage der Grundwassermessstellen (oben) und Lage der exemplarisch ausgewählter Grundwassermessstellen und Klimastationen (unten). 3
Meteorologische Situation 2020 Bundesweit zeigte die meteorologische Situa- (Wümme) und 134 mm in Wolfsburg unter dem tion in 2020 eine relativ uneinheitliche Entwick- Niederschlagsniveau des Referenzzeitraums. lung mit weiterhin zu trockenen Verhältnissen: Die im Herbst 2019 einsetzenden Nieder- Die klimatischen Wasserbilanzen lagen im schläge konnten die angespannte Bodenfeuch- hydrologischen Jahr 2020 zwischen 221 mm in tesituation lediglich in den oberen Boden- Großenkneten, 205 mm in Rotenburg und -103 schichten mildern, während das nach zwei vo- mm in Wolfsburg. Der langjährige Jahresmittel- rangegangenen Trockenjahren erhebliche Bo- wert wurde dabei in Wolfsburg um 123 mm er- denwasserdefizit in tieferen Bodenschichten neut unterschritten, in Rotenburg und Großen- erhalten blieb (DWD, 2019). Ein nasser Feb- kneten jedoch um 50 beziehungsweise 104 ruar brachte hier nochmal eine deutliche Ent- mm überschritten. spannung (DWD, 2020 a). Das Frühjahr 2020 Die monatlichen Daten zur klimatischen Was- fiel deutlich zu trocken aus. Es brachte nur serbilanz lassen erste Rückschlüsse auf die etwa die Hälfte der üblichen Regenmenge und Grundwasserneubildung in den letzten Jahren war damit bundesweit das sechsttrockenste zu. Positive Wasserbilanzen sind ein Maß für Frühjahr seit Aufzeichnungsbeginn 1881 den Wasserüberschuss, der für den Oberflä- (DWD, 2020 b). Obwohl der Sommer und chenabfluss, die Auffüllung der Bodenwasser- Herbst nur leicht unterdurchschnittliche Nieder- speicher und die Grundwasserneubildung zur schlagsmengen zu verzeichnen hatten, führte Verfügung steht. Aus den Daten der Klimastati- dies nicht zu einer Auffüllung der Bodenwas- onen lässt sich ableiten, dass der Sommer servorräte. Erst mit der relativ nassen Periode 2019 im September mit einer ausgeprägten ab Ende September 2020 entspannte sich die Phase positiver klimatischer Wasserbilanzen Trockenheit im Oberboden nachhaltig, eine endete, die bis zum März 2020 andauerte. Ins- Auffüllung der unteren Bodenschichten blieb besondere April und Mai waren wiederum ext- jedoch weitgehend aus. (DWD, 2020 c, d) rem trocken, während im Rest des Jahres ge- Diese Entwicklung lässt sich auch in Nieder- ringere Wasserdefizite und teilweise auch Mo- sachsen nachvollziehen: nate mit Überschüssen zu verzeichnen waren. Erst im Oktober wiesen die betrachteten Stati- Am Beispiel der Klimastationen Großenkneten, onen wieder deutliche klimatische Wasserbi- Rotenburg (Wümme) und Wolfsburg zeigt Ab- lanzüberschüsse zu Beginn der Neubildungs- bildung 2 die Entwicklung der Niederschläge periode auf. und klimatischen Wasserbilanzen in Nieder- sachsen im Jahresverlauf für die hydrologi- Aus den vorliegenden Stationsdaten lässt sich schen Jahre 2018 bis 2020 im Vergleich zur ableiten, dass auch die Grundwasserneubil- mittleren Entwicklung im Referenzzeitraum dung eine ausgeprägte Saisonalität aufwies 1991-2020. Die Lage der Stationen ist in Abbil- und auf das Winterhalbjahr beschränkt blieb, dung 1 dargestellt. während im Sommerhalbjahr keine nennens- werte Neubildung stattfand. Insgesamt war die Die Jahresniederschläge im hydrologischen meteorologische Situation 2020 in Niedersach- Jahr 2020 lagen mit 689 mm in Großenkneten, sen trotz der günstigeren Niederschlagsver- 697 mm in Rotenburg (Wümme) und 523 mm hältnisse weiterhin angespannt. Deutliche in Wolfsburg geringfügig bis deutlich über den Wasserüberschüsse für eine Wiederauffüllung Werten des Vorjahres (684 mm in Großenkne- der Grundwasserspeicher über ein durch- ten, 642 mm in Rotenburg (Wümme) und 477 schnittliches Maß hinaus lagen nicht vor. mm in Wolfsburg), blieben aber insgesamt un- terdurchschnittlich. Das Jahresniederschlags- defizit lag 2020 zwischen 29 mm in Rotenburg 4
Abbildung 2: Niederschläge und klimatische Wasserbilanzen (Niederschlag - Verdunstung nach Haude) für ausgewählte Klimastationen des Deutschen Wetterdienstes in Niedersachsen für die hydrologischen Jahre 2018-2020 (Datenbasis: Deutscher Wetterdienst, durch eigene Elemente ergänzt). Der hellblau schattierte Bereich kennzeichnet die Spannweite der Daten im Referenzzeitraum 1991-2020. Grundwasserstandsentwicklung 2020 in Niedersachsen Der Grundwasserstand an einer Messstelle Im Sommer 2019 hatten die Grundwasser- ergibt sich im Wesentlichen aus dem Zusam- stände in 56 Prozent der untersuchten Mess- menspiel vom Abfluss aus dem Grundwasser- stellen die tiefsten Werte der vorangegange- leiter und dem Zufluss über das Sickerwasser nen 31 Jahre erreicht und in 71 Prozent der (Grundwasserneubildung). Entsprechend der Messstellen die bereits extremen Tiefstände jahreszeitlichen Verteilung von Niederschlag des Trockenjahres 2018 weiter unterschritten und Verdunstung ergibt sich typischerweise ein (NLWKN 2020). Die im Spätsommer 2019 ein- saisonaler Zyklus mit einem Grundwasseran- setzenden Niederschläge führten teilweise be- stieg im Winterhalbjahr und einer Absenkung reits im September und Oktober 2019 zu deut- im Sommerhalbjahr. Diese Dynamik wird durch lichen, regional aber sehr unterschiedlichen die jeweiligen Witterungsbedingungen sowie Grundwasseranstiegen (NLWKN 2020). Die die geologischen Gegebenheiten überprägt. Ausgangssituation für das hydrologische Jahr 5
2020 war daher deutlich heterogener als im Grundwasseroberfläche, während die höchs- Vorjahr. Die Grundwasserstände der Geestbe- ten Ausschläge der Grundwasseroberfläche an reiche in Ostniedersachsen und der Ems- den Wasserscheiden auftreten. Die Dichte der Hunte-Weser-Geest lagen im November 2019 Vorfluter steuert damit ebenfalls die mögliche im sehr niedrigen bis extrem niedrigen Bereich, Reaktion der Grundwasserstände (z.B. enges während sie in den großen Niederungsregio- Gewässernetz in Marschen und Niederungen). nen eher im durchschnittlichen Bereich lagen (bezogen auf die durchschnittlichen Monats- Abbildung 5 und Abbildung 6 zeigen typische mittelwerte, vergleiche Abbildung 3). Im März Grundwasserstandsverläufe der hydrologi- und April hatte sich die Grundwasserstandssi- schen Jahre 2018 bis 2020 für ausgewählte tuation deutlich entspannt, insbesondere im Grundwassermessstellen. An zehn der zwölf Westen Niedersachsens wurden durchschnittli- dargestellten Messstellen entwickelte sich der che bis sehr hohe Grundwasserstände er- Grundwasserstand weitgehend analog zu der reicht. Insbesondere in den Geestgebieten oben geschilderten Entwicklung. Ostniedersachsens verblieben Grundwasser- Die Messstellen Kreyenburg und Föckinghau- messstellen mit sehr niedrigen Grundwasser- sen zeigten 2020 zunächst einen ausgepräg- ständen. Im Sommerhalbjahr sanken die ten Wiederanstieg auf ein sehr hohes Niveau. Grundwasserstände wieder ab. Dabei wurden Ab April sanken die Grundwasserstände wie- im Oktober vor allem in den östlichen Geestge- der deutlich ab und erreichten im Oktober wie- bieten (Stader Geest und Lüneburger Geest) der sehr niedrige bis extrem niedrige Grund- flächendeckend wieder sehr niedrige bis ext- wasserstände. Der Verlauf entsprach weitge- rem niedrige Grundwasserstände erreicht, hend der Grundwasserstandsentwicklung in während die Grundwasserstände im westli- den Trockenjahren 2018 und 2019, die Tiefst- chen Niedersachsen mit Grundwasserstands- stände von 2019 wurden jedoch nicht erreicht. klassen von sehr hoch bis extrem niedrig we- Diese Ganglinienverläufe sind charakteristisch sentlich differenzierter ausgebildet waren (Ab- für Messstellen in Marsch- und Niederungsre- bildung 3). gionen mit überwiegend geringen Grundwas- Hinter den einzelnen Grundwasserstandsklas- serflurabständen und treten auch in Messstel- sen können sich sehr unterschiedliche Abwei- len der Bergregionen verbreitet auf. chungsbeträge vom jeweiligen Monatsmittel In den Messstellen Berkel, Bossel, Fuhrberg verbergen. Grundsätzlich zeigten die absoluten Süd und Miele führte eine deutliche Neubil- Abweichungsbeträge den gleichen saisonalen dungsphase bis zum Frühjahr 2020 zu einem Ablauf wie die Grundwasserstandsklassen. Die Wiederanstieg der Grundwasserstände auf ein Abweichungsbeträge differenzierten sich regio- durchschnittliches bis hohes Niveau. Die Aus- nal ähnlich wie die Grundwasserstandsklas- gangsbedingungen für die Absinkphase im sen. Im östlichen Niedersachsen mit extrem Sommer waren damit günstiger als im Vorjahr niedrigen Grundwasserständen zeigten sich 2019 und vergleichbar bis ungünstiger als im tendenziell auch mehr Messstellen mit hohen Dürrejahr 2018. Abweichungsbeträgen als im westlichen Nie- dersachsen (Abbildung 4). Im Sommerhalbjahr sanken die Grundwasser- stände vergleichbar zu den Vorjahren 2018 Tendenziell reagieren die Messstellen in den und 2019 stetig ab. Insgesamt lagen die Geestregionen mit deutlich höheren Absenkun- Grundwasserstände im Sommerhalbjahr 2020 gen auf die Trockenheit als in den Niederungs- auf oder unter dem Niveau von 2018, die regionen und Marschen. Dieses unterschiedli- Tiefstwerte von 2019 wurden in der Regel nicht che Verhalten ist im Wesentlichen auf zwei mehr erreicht. Insgesamt lagen die Grundwas- Faktoren zurückzuführen: Zum einen wird der serstände in diesen Messstellen über dem Ni- Anstieg von der Porosität der Sedimente be- veau von 2019, aber auf oder unterhalb des einflusst, so dass sich hier Gegensätze zwi- Niveaus von 2018. Diese Grundwasserstands- schen sandigen oder eher lehmigen Poren- verläufe sind charakteristisch für Geestregio- grundwasserleitern sowie Kluftgrundwasserlei- nen mit guten Neubildungsbedingungen. tern im Festgestein wiederspiegeln. Zum ande- ren wirken Vorfluter stabilisierend auf die 6
In den Messstellen Rechterfeld, Heber, Uth- mittlere Entwicklung für die einzelnen Natur- lede, Räderloh II sanken die Grundwasser- räume. Die durchschnittliche landesweite Ent- stände in 2019 ohne eine erkennbare Neubil- wicklung ist der Titelgrafik zu entnehmen. dungsphase kontinuierlich ab. In 2020 setzte sich diese Abnahme mit Ausnahme der Mess- Die Grundwasserneubildung im Winterhalbjahr stelle Uthlede zunächst noch einige Monate führte in den Regionen Lüneburger Geest, fort, bis sich im Spätwinter eine schwach aus- Hannoveraner Geest und Börden sowie im geprägte Neubildungsphase abzeichnete, die Weser- und Leinebergland im Median nicht zu jedoch die Grundwasserstände nur soweit an- einer signifikanten Veränderung gegenüber heben konnte, dass der weitere Verlauf im 2019, die Grundwasserstände bewegten sich Sommerhalbjahr ungefähr auf dem Niveau des insgesamt ähnlich wie im Vorjahr auf einem Vorjahres erfolgte. Die Messstelle Uthlede extrem niedrigen Niveau. zeigt hier eine etwas ausgeprägtere Neubil- In den übrigen Gebieten erfolgte ein deutlicher dungsphase, die Stände fallen jedoch bis Ok- Anstieg der Grundwasserstände in der winterli- tober auf das entsprechende Vorjahresniveau chen Neubildungsperiode, zum Teil wurden ab. Diese Grundwasserstandsverläufe sind auch die Frühjahrsgrundwasserstände von charakteristisch für Geestregionen mit schlech- 2018 deutlich überschritten. Die höchsten ten Neubildungsbedingungen. Grundwasserstände erreichten jedoch maximal Die Messstellen Holthusen I und Schneflingen ein durchschnittliches Niveau, mit Ausnahme II befinden sich im Absenkungsbereich von der Gebiete Inseln, Marschen und Ems-Leda- Grundwasserentnahmen aus tieferen, ge- Hunte-Niederung. In der sommerlichen Absink- spannten Grundwasserleitern für landwirt- phase lagen die Grundwasserstände weitge- schaftliche Bewässerung. Die Grundwasser- hend höher als im Vorjahr, die Endstände im entnahme während der Anbauphase führt hier Oktober 2020 lagen jedoch auf oder sogar un- zu einer deutlichen Absenkung des Druckpo- ter den Endständen von 2019: tentials während der Bewässerungsperiode im Während im Herbst 2019 ausgiebige Nieder- Sommer. (Im gespannten Grundwasserleiter schläge in vielen Messstellen zu einem deutli- entspricht der gemessene Grundwasserstand chen Anstieg der Grundwasserstände führten, einem Druckpotential, die tatsächliche Grund- blieb diese Entwicklung 2020 aus, die saiso- wasseroberfläche wird dagegen durch die Un- nale Absenkung wurde nicht vorzeitig ge- tergrenze der darüber liegenden Geringleiter bremst und hielt bis Oktober an. Dies führte bestimmt.) In 2020 war die entnahmebedingte dazu, dass die Vorjahresstände im Oktober in Absenkung in diesen Messstellen deutlich ge- vielen Gebieten 2020 unterschritten wurden. ringer als in den vorangegangenen Trocken- Die Jahrestiefstände 2020 (im Oktober) lagen jahren 2018 und 2019. Zumindest im Umfeld jedoch fast durchweg oberhalb der Tiefstände der Messstelle Holthusen I wurde jedoch län- des Vorjahres (August 2019). ger Grundwasser entnommen als im Vorjahr und im Oktober ein geringeres Druckpotential Insgesamt bewegten sich die Grundwasser- erreicht als in 2019. Vergleichbare Messstellen stände landesweit auch 2020 auf einem unter- sind insbesondere in den Beregnungsgebieten durchschnittlich niedrigen bis extrem niedrigen Ostniedersachsens in freien wie gespannten Niveau. Die extremen Tiefstände von 2019 Grundwasserleitern verbreitet. Sofern derartige wurden dabei im Durchschnitt zwar nicht weiter Messstellen in tieferen, gespannten Grundwas- unterschritten, aber auch die tiefen Grundwas- serleitern verfiltert sind, kann das dort gemes- serstände des Trockenjahres 2018 wurden im sene Druckpotential von den Grundwasser- Sommerhalbjahr 2020 noch nicht wieder über- ständen in den darüber liegenden ungespann- boten (Ausnahme: Ems-Leda-Hunte-Niede- ten Grundwasserleitern abweichen. rung). In Ergänzung zur exemplarischen Betrachtung der Einzelmessstellen zeigt Abbildung 7 die 7
Abbildung 3: Grundwasserstandsklasse nach Monat im hydrologischen Jahr 2020. Bezugsgröße ist für jede Messstelle der Monatswasserstand im Vergleich zur Quantilsverteilung der Monatswasserstände im Zeitraum 1991-2020. Abbildung 4: Abweichung des monatlichen Grundwasserstandes vom langjährigen Mittel des monatli- chen Grundwasserstandes in Meter für das hydrologische Jahr 2020. 8
Abbildung 5: Grundwasserstandsentwicklung 2018 (blau), 2019 (orange) und 2020 (rot) an ausgewählten Grundwassermessstellen, Teil 1. Die blauen und roten Linien kennzeichnen die Grenzen der Grundwas- serstandsklassen. Der hellblau schattierte Bereich kennzeichnet die Spannweite der Daten im Referenz- zeitraum 1991-2020. Zu beachten sind die unterschiedlichen Spannweiten (y-Achse) der Grundwasser- stände. Legende der Punkte analog zu Abbildung 3. 9
Abbildung 6: Grundwasserstandsentwicklung 2018 (blau), 2019 (orange) und 2020 (rot) an ausgewählten Grundwassermessstellen, Teil 2. Die blauen und roten Linien kennzeichnen die Grenzen der Grundwas- serstandsklassen. Der hellblau schattierte Bereich kennzeichnet die Spannweite der Daten im Referenz- zeitraum 1991-2020. Zu beachten sind die unterschiedlichen Spannweiten (y-Achse) der Grundwasser- stände. Legende der Punkte analog zu Abbildung 3. 10
Abbildung 7: Grundwasserstandsentwicklung 2020 in den betrachteten Naturräumen. 11
Die Entwicklung der Grundwasserstände ab 1986 Die Entwicklung der Grundwasserstände seit bedingungen 2020 erholten sich die Grund- 1986 weist deutliche Feucht- und Trockenpha- wasserstände in einigen Regionen geringfügig sen auf. Abbildung 8 zeigt die landesweit ge- (siehe Abbildung 7), blieben aber weiterhin auf mittelte Entwicklung der jährlichen Grundwas- einem tiefen Niveau. serhochstände, der mittleren Grundwasser- stände und der Grundwassertiefststände im Die landesweite Entwicklung illustriert Abbil- Betrachtungszeitraum. Hoch-, Tief- und Mittel- dung 9 am Beispiel der jährlichen Grundwas- stände durchlaufen eine vergleichbare Ent- sertiefstände. Die vorgenannten Hoch- und wicklung. Zu Beginn des Betrachtungszeit- Tiefstandsphasen werden ebenso deutlich, wie raums lagen die Grundwasserstände auf ei- auch die unterschiedliche regionale Gewich- nem deutlich überdurchschnittlichen Niveau. tung dieser Phasen. Die Trockenjahre 2018 Eine erste Tiefstandsphase folgte 1991-1992. und 2019 führen zu landesweit flächendeckend 1993-1994 wurden extreme Hochstände er- extrem niedrigen Jahrestiefständen. 2020 ent- reicht, gefolgt von einer weiteren Tiefstands- spannte sich die Situation insbesondere im phase 1996-1997. Nach einer Erholung der westlichen Niedersachsen, extrem niedrige Grundwasserstände ist ab 2009 ein (schwan- Grundwasserstände sind aber weiterhin insbe- kender) Rückgang der Grundwasserstände zu sondere in Ostniedersachsen und den Geest- verzeichnen, der bis 2018 anhielt. Dieser gebieten Südwestniedersachsens zu verzeich- Rückgang ist besonders gleichmäßig in den nen. Niedrigwasserständen ausgeprägt. Das Tro- Abbildung 10 zeigt die langjährige Grundwas- ckenjahr 2018 begann mit überdurchschnittli- serstandsentwicklung mit den Über- und Unter- chen Hochständen im Winter, die Niedrigwas- schreitungen der mittleren Jahreshoch- und serstände fielen jedoch extrem ab. Die Grund- Tiefstände am Beispiel der ausgewählten wasserstände sanken im Trockenjahr 2019 Grundwassermessstellen. weiter ab. Infolge der günstigeren Witterungs- Abbildung 8: Entwicklung der Grundwasserhochstände, -mittelstände und -tiefstände im landesweiten Mittel, dargestellt als Abweichungen zu den jeweiligen langjährigen Mittelwerten an den einzelnen Messstellen. Gestrichelte Linie: Linearer Trend über den Beobachtungszeitraum. 12
Abbildung 9: Entwicklung der Grundwassertiefstände ab 1986. Klassifizierte Darstellung der Grundwas- sertiefstände. Bezugsgröße ist für jede Messstelle der jährliche Grundwassertiefstand im Vergleich zur Quantilsverteilung der jährlichen Tiefstände im Zeitraum 1991-2020. 13
Abbildung 10: Grundwasserstandsentwicklung ab 1986 in ausgewählten Grundwassermessstellen (Grundwasserstände in Meter über NN). Die durchgezogenen Linien kennzeichnen den mittleren Jahres- hochstand (blau) und den mittleren Jahrestiefstand (rot). Extremwerte im dargestellten Zeitraum sind durch Punkte gekennzeichnet. 14
Vergleich der Situation der Grundwassertiefstände 2020 zu vorheri- gen Grundwassertiefständen In den Jahren 2018 und 2019 wurden in vielen Stand im Winterhalbjahr. Es handelt sich dabei Messstellen bisherige Tiefststände bezogen um Messstellen, bei denen der Rückgang des auf den Zeitraum ab 1988 unterboten. In der Grundwasserstands des hydrologischen Jah- vorliegenden Auswertung auf Basis von 1692 res 2019 erst im hydrologischen Jahr 2020 ab- Messstellen erreichten 994 (= 58 %) Messstel- geschlossen war. Diese Grundwasserstände len ihren tiefsten Grundwasserstand in den sind demnach noch als Folge der Trockenheit Trockenjahren 2018 und 2019. 312 Messstel- im Vorjahr 2019 zu betrachten. 173 (10 %) len (= 18 %) erreichten ihren tiefsten Grund- Messstellen erreichten ihren tiefsten Stand im wasserstand in 2020 (Abbildung 11). Davon er- Sommerhalbjahr und unterboten damit die bis- reichten 139 (= 8 %) Messstellen ihren tiefsten herigen Tiefststände aus 2019. Abbildung 11: Auswirkungen des Trockenjahres 2018 - Unterschreitung bisheriger Grundwassertiefst- stände ab 1986 in den ausgewerteten Messstellen. 2020 lagen die Jahrestiefstände im Median (0,35 m) auf. Geringfügige Überschreitungen 0,22 m unterhalb der mittleren Jahrestiefst- gab es im Sandmünsterland (0,05 m), den stände im Referenzzeitraum 1991 – 2020 (Ta- Marschen (0,04 m) und der Ems-Leda-Hunte- belle 2). Die größten Unterschreitungen (Medi- Niederung (0,01 m). anwert) fanden sich in der Lüneburger Geest (0,48 m), dem Weser- und Leinebergland (0,45 Neben den mittleren Abweichungen ist vor al- m) und der Hannoveraner Geest (0,39 m). Die lem die Spannweite von Bedeutung, denn 50 geringsten Unterschreitungen waren in den Prozent der Messstellen weisen damit gegen- Marschregionen (0,02 m), dem Sandmünster- über den genannten Beträgen größere Unter- land (0,06 m) und der Ems-Leda-Hunte-Niede- schreitungsbeträge auf. Das 25%-Quantil der rung (0,1 m) sowie dem Harz (0,11 m) zu ver- Unterschreitung des mittleren Jahrestiefstands zeichnen. liegt landesweit bei 0,45 m 0,53 m, mit regio- nalen Unterschreitungswerten von 0,09 m bis Die Jahreshöchststände überschritten den 0,98 m. mittleren Jahreshochstand im Landesmedian um 0,1 m. Die höchsten Unterschreitungen tra- Das 25%-Quantil der Unterschreitung des mitt- ten in der Lüneburger Geest (0,37 m), der leren Jahreshochstands liegt landesweit bei Hannoveraner Geest (0,37 m) und den Börden 15
0,37 m, mit regionalen Unterschreitungswerten Der mittlere Jahreshochstand des Referenz- von 0,01 m bis 0,91 m. zeitraumes (1991-2020) 2020 lediglich an 546 Messstellen (32 %) überschritten, beziehungs- Insgesamt wurde der mittlere Jahrestiefstand weise an 68 Prozent der Messstellen unter- des Referenzzeitraumes (1991-2020) 2020 an schritten (Tabelle 3). An 1329 Messstellen (= 1491 Messstellen (88 %) unterschritten (Ta- 79 %) überschritten die Wintermaxima den belle 3). 2018 wiesen die Marschen, das Sand- Vergleichswert des Vorjahres. münsterland und die Ems-Leda-Hunte-Niede- rung mit 61 , 75 beziehungsweise 76 Prozent Nachdem sich die Grundwasserstandssituation der Messstellen die geringste Unterschrei- 2019 im Vergleich zum Trockenjahr 2018 wei- tungshäufigkeit auf (Tabelle 3). ter verschärft hatte, zeichnet sich hier bereits eine leichte Entspannung der Situation in 2020 An 1358 Messstellen (= 80 %) blieben die ab, auch wenn die Grundwasserstände sich Sommertiefstände oberhalb der Vergleichs- insgesamt weiterhin auf einem niedrigen Ni- werte des Vorjahres. veau bewegen. 16
Tabelle 2: Differenz der Jahrestiefststände 2018 und 2019 in Metern gegenüber dem mittleren Jahres- tiefststand im Referenzzeitraum 1988 – 2017. Region Differenz Jahrestiefstand zum mittle- Differenz Jahreshochstand zum mittle- ren Jahrestiefstand ren Jahreshochstand im Referenzzeitraum 1991-2020 (in im Referenzzeitraum 1991-2020 (in Metern) Metern) 25%-Quantil 50%-Quantil 75%-Quantil 25%-Quantil 50%-Quantil 75%-Quantil Maximum Maximum Minimum Minimum (Median) (Median) Nordseein- seln -0,21 -0,19 -0,17 -0,12 -0,07 -0,11 -0,06 -0,01 0,03 0,07 Marschen -0,8 -0,09 -0,02 0,04 0,26 -0,37 -0,01 0,04 0,1 8,23 Ems-Leda- Hunte-Niede- rungen -1,03 -0,16 -0,1 -0,01 0,24 -1,02 -0,05 0,01 0,09 0,68 Weser-Aller- Wümme- Niederungen -0,97 -0,31 -0,19 -0,1 0,11 -0,9 -0,18 -0,05 0,08 0,46 Elbe-Niede- rung -0,99 -0,41 -0,27 -0,19 0,15 -0,84 -0,3 -0,19 -0,05 0,14 Oldenburg- Ostfriesische Geest -0,65 -0,25 -0,15 -0,03 0,11 -0,59 -0,14 -0,02 0,07 0,53 Ems-Hunte- Weser-Geest -1,21 -0,47 -0,3 -0,12 1,77 -1,41 -0,4 -0,18 0,01 1,78 Stader Geest -2,37 -0,46 -0,28 -0,15 1,55 -2,14 -0,35 -0,17 0 1,5 Lüneburger Geest -3,15 -0,65 -0,48 -0,32 0,4 -2,9 -0,61 -0,42 -0,24 0,83 Hannovera- ner Geest -1,01 -0,56 -0,39 -0,24 0,66 -1,2 -0,61 -0,37 -0,07 0,64 Börden -1,44 -0,66 -0,36 -0,18 0,24 -2,52 -0,7 -0,35 -0,07 0,41 Westliches Bergland -1,32 -0,27 -0,21 -0,14 0,07 -0,2 -0,01 0,14 0,37 2,12 Sandmüns- terland -0,29 -0,12 -0,06 -0,03 0,02 -0,18 -0,03 0,05 0,16 0,4 Weser- und Leineberg- land -6,59 -0,98 -0,45 -0,12 1,22 -8,26 -0,91 -0,27 0,01 5,27 Harz -3 -0,85 -0,11 -0,08 -0,06 -0,54 -0,17 -0,04 -0,02 0 Nieder- sachsen -6,59 -0,45 -0,22 -0,09 1,77 -8,26 -0,37 -0,1 0,04 8,23 Differenz = Mittlerer Jahrestiefstand – Jahrestiefstand; d.h. negative Werte kennzeichnen Un- terschreitungen des mittleren Jahrestiefstands, positive Werte Überschreitungen. 17
Tabelle 3: Anzahl der Unterschreitungen des mittleren Jahrestiefststandes und des absoluten Tiefststan- des im Referenzzeitraum 1988-2017 in den Jahren 2018 und 2019. Region Anzahl Unterschreitung des Überschreitung des Grundwasser- Tiefstands von 2019 in Hochstands von 2019 messstellen 2020 in 2020 Anzahl % Anzahl % Nordseeinseln 3 3 100 1 33 Marschen 142 86 61 99 70 Ems-Leda-Hunte-Niederungen 283 215 76 157 55 Weser-Aller-Wümme-Niederungen 146 139 95 63 43 Elbe-Niederung 43 42 98 5 12 Oldenburg-Ostfriesische Geest 58 51 88 23 40 Ems-Hunte-Weser-Geest 249 222 89 69 28 Stader Geest 270 256 95 69 26 Lüneburger Geest 327 318 97 13 4 Hannoveraner Geest 48 46 96 10 21 Börden 51 47 92 8 16 Westliches Bergland 17 14 82 12 71 Sandmünsterland 4 3 75 3 75 Weser- und Leinebergland 47 45 96 13 28 Harz 4 4 100 1 25 Niedersachsen 1692 1491 88 546 32 Dauer der Grundwasserdürre- und –hochstandsphasen Der Begriff Grundwasserdürre umschreibt Pha- Phase der Überschreitung des 95%-Perzentils sen, in denen Grundwasserstände deutlich un- des mittleren Jahreshochstands, jeweils bezo- terhalb der langjährigen Grundwasserstands- gen auf den Referenzzeitraum 1991-2020. werte liegen. Analog lassen sich Grundwasser- hochstandsphasen festlegen. Hierzu gibt es Deutlich wird hier, dass Hochstandsphasen verschiedenen methodische Ansätze. nach dieser Definition bis 2008 mit Zeitdauern von ein bis fünf Monaten ausgebildet waren, Eine Möglichkeit besteht darin, die Dauer der während ab 2009 nur noch schwache Hoch- Unterschreitung eines konstanten Schwellen- standsphasen von ein bis zwei Monaten Dauer wertes, zum Beispiel den mittleren Jahrestief- auftraten. Grundwasserdürrephasen mit ein bis stand, zugrunde zu legen. Auf diesem Ansatz drei Monaten Dauer traten im gesamten Refe- basiert zum Beispiel. der für die Deutsche An- renzzeitraum auf. Nach 2012 wurde jährlich passungsstrategie an den Klimawandel (DAS) eine Grundwasserdürrephase erreicht. Im Tro- entwickelte Indikator Grundwasserstand ckenjahr 2018 dauert diese Phase drei Monate (Schönthaler, 2019). Hochstandsphasen wer- an, 2019 waren es sechs Monate. 2020 fiel die den entsprechend mit dem Überschreiten des Grundwasserdürrephase von vier Monaten mittleren Jahreshochstands abgegrenzt. Abbil- wieder etwas kürzer aus, steht aber im Ver- dung 12 stellt die Phasen der Grundwasser- gleich zum Gesamtzeitraum an zweiter Stelle dürre und Hochstände für Niedersachsen nach nach 2019 und vor 2018. diesem Kriterium dar. Die Dauer entspricht je- weils dem Medianwert über alle ausgewerteten Die Entwicklung 2020 setzte sich in vielen Messstellen. Ergänzend wurde eine Phase ext- Messstellen von einem bereits tiefen Grund- remer Dürre definiert als Unterschreitung des wasserstandsniveau ausgehend fort, so dass 5%-Perzentils der mittleren Jahrestiefstände. Ein extremer Hochstand ist entsprechend eine 18
sich trotz einer leichten Entspannung der Wit- In der regionalen Übersicht (Abbildung 13) terungssituation weiterhin eine ausgeprägte werden die landesweit erheblichen regionalen Grundwasserdürrephase ausbilden konnte. Unterschiede deutlich. Die Dürrephasen fielen 2020 in vielen Regionen deutlich kürzer aus Der Ansatz mit mittleren Schwellenwerten be- als im Vorjahr. Im Harz und im Weser-Leine- rücksichtigt nicht den saisonalen Grundwas- Bergland fiel sie gleich lang aus wie in 2019 serstandszyklus. Die in Tabelle 1 vorgestellte und in den Börden und in der Lüneburger Klassifikation der monatlichen Grundwasser- Geest fiel die Dürrephase ein bis zwei Monate stände mit den Standsklassen extrem hoch bis länger aus als 2019. Insbesondere in den extrem niedrig eignet sich ebenfalls als Indika- Geestregionen treten bereits vor dem Trocken- tor für Grundwasserdürre- und hochstandspha- jahr 2018 und nach 2010 Jahre mit ausgepräg- sen. Unter Berücksichtigung der monatlichen ten, mehrmonatigen Dürrephasen in Folge auf, Grundwasserstandssituation fallen die einzel- während Hochstandsphasen fehlen oder nen Dürre- und Hochstandsphasen länger aus schwächer ausgeprägt sind als in den ersten als im hier vorgestellten Schwellenwertansatz, zwei Dritteln des betrachteten Zeitraums. die qualitativen Aussagen bleiben jedoch ver- gleichbar. Abbildung 12: Dauer der Phasen von Grundwasserhochständen und Grundwasserdürren in Niedersach- sen nach Anzahl der Monate mit Unterschreitung des mittleren niedrigsten Grundwasserstandes und Überschreitung des mittleren höchsten Grundwasserstandes (DAS-Indikator Grundwasserstand). 19
Abbildung 13: Dauer der Phasen von Grundwasserhochständen und Grundwasserdürren nach Naturraum in Anlehnung an den DAS-Indikator Grundwasserstand. 20
Änderung der Grundwasserstände und Regeneration Veränderungen zum Vorjahr Die Grundwasserstände folgen typischerweise Entwicklungsdynamik der Grundwasserstände einer saisonalen Dynamik im Wechselspiel von in Abhängigkeit von der Witterung. Die Som- Basisabfluss und Grundwasserneubildung. Ty- mertiefstände und die Winterhochstände kön- pischerweise steigen die Grundwasserstände nen dagegen je nach Witterungsverlauf zu un- im Winterhalbjahr an und fallen im Sommer- terschiedlichen Zeitpunkten erreicht werden, halbjahr wieder ab. Abhängig von den geologi- sie kennzeichnen aber als Minima und Maxima schen und hydraulischen Gegebenheiten kann der Grundwasserganglinie wichtige Eckpunkte der Verlauf gegenüber der Witterung deutlich der jährlichen Grundwasserstandsdynamik. geglättet sein und mit zeitlicher Verzögerung auftreten. In verschiedenen Messstellen tritt das Mini- mum des Vorjahres erst verzögert im Winter Der Vergleich zum Vorjahr stützt sich hier auf des aktuellen Jahres auf (siehe Seite 7 und 16, drei Vergleichsgrößen: die Oktoberdifferenzen, vergleiche Abbildung 6, Messstellen Rechter- die Differenzen der Winterhochstände sowie feld 6/1 und GUN 063 Heber) und kann damit der Sommertiefstände. theoretisch auch das absolute Jahresminimum des betrachteten hydrologischen Jahres dar- Die Oktoberdifferenz zeigt die Differenz der stellen. Durch Auswahl der Winterhochstände Grundwasserstände zwischen dem Endstand und Sommertiefstände werden diese ver- des Vorjahres und dem Endstand des aktuel- schleppten Minima aus der Betrachtung aus- len hydrologischen Jahres (von Oktober bis geschlossen. An diesen Messstellen wird als Oktober). Sie bezieht sich auf einen definierten Sommerminimum der Endstand im Oktober Zeitpunkt. 2020 war landesweit eine geringfü- angesetzt. Hieraus können geringfügige Unge- gig negative Grundwasserstandsentwicklung nauigkeiten entstehen, die in dieser Betrach- mit einem Median von -0,05 m zu verzeichnen tung als vernachlässigbar angesehen werden. (Tabelle 4). Die naturräumliche Spanne lag da- bei zwischen -0,26 m und +0,1 m. An 58 Pro- Die Winterhochstände lagen überwiegend ent- zent der Messstellen wurde landesweit der weder deutlich über den Tiefständen des Vor- Vorjahresstand unterboten. Abbildung 14 a) jahres oder auf einem vergleichbaren Niveau. zeigt hierzu die Oktoberdifferenzen der einzel- 2020 war im Landesmittel eine geringfügig po- nen Messstellen für 2020. Im Vergleich dazu sitive Entwicklung der Sommertiefstände mit war 2019 im landesweiten Durchschnitt ein ge- einem Median von +0,2 m zu verzeichnen (Ta- ringer Jahresgewinn von +0,05 m zu verzeich- belle 4). Die naturräumliche Spanne lag dabei nen (NLWKN, 2020). Diese Grundwasser- zwischen -0,1 und +0,4 m Abbildung 14 b) standsgewinne 2019 wurden durch die 2020 in zeigt hierzu die Differenzen der Winterhoch- vielen Regionen zu verzeichnenden Abnah- stände der einzelnen Messstellen. An 80 Pro- men teilweise wieder aufgezehrt. Diese Ent- zent der Messstellen wurde landesweit der wicklung lässt sich darauf zurückführen, dass Winterhochstand des Vorjahres überschritten. die Sommertiefststände 2019 bereits im Au- Die höchsten Anteile an Messstellen mit Über- gust erreicht wurden und die Grundwasser- schreitung des Vorjahres-Winterhochstands (> stände im Herbst 2019 infolge intensiver Nie- 88 %) finden sich in den Küsten- und Niede- derschläge im Spätsommer in vielen Messstel- rungsregionen sowie den Geestregionen West- len deutlich anstiegen, während die Absenkbe- niedersachsens, die geringsten Anteile finden wegung in 2020 bis in den Oktober hinein an- sich in der Lüneburger Geest (43 %), Hanno- hielt. Die Tiefstände des Sommerhalbjahres veraner Geest (69 %) und den Börden (67 %) entsprechen damit auch den Endständen im (Tabelle 4). hydrologischen Jahr 2020. Sie blieben im Mit- tel tatsächlich unterhalb der Endstände des Die Sommertiefstände lagen überwiegend Vorjahres. deutlich über den Tiefständen des Vorjahres oder auf einem vergleichbaren Niveau. 2020 Der Vergleich definierter Zeitpunkte berück- war im Landesmittel eine geringfügig positive sichtigt nicht die unterschiedliche Entwicklung der Sommertiefstände mit einem 21
Median von +0,1 m zu verzeichnen (Tabelle 4). Lüneburger Geest (44 %), den Börden (53 %) Die naturräumliche Spanne lag dabei zwischen sowie im Weser-Leine-Bergland (66 %) 0 und +0,2 m. Abbildung 14 c) zeigt hierzu die (Tabelle 4). Differenzen der Sommertiefstände der einzel- nen Messstellen. An 82 Prozent der Messstel- Insgesamt zeigt sich hier eine tendenziell len blieben die Sommertiefstände unter den günstigere Entwicklung als 2019. Jedoch ha- Ständen des Vorjahres. Die höchsten Anteile ben auch weiterhin 18 Prozent der Messstellen an Messstellen mit Unterschreitung des Vor- die Tiefstände des Vorjahres weiter unter- jahres-Sommertiefstands finden sich in der schritten. Diese Entwicklung gilt es weiterhin sorgfältig zu beobachten. Tabelle 4: Vergleich der Grundwasserhoch- und -tiefstände 2020 zum Vorjahr 2019. Differenz Winterhochstand Differenz Sommertiefstand Jahresdifferenz Messstellen (Wintermaximum (Sommerminimum (Okt. 2020 - 2019) Region Anzahl 2020-2019) 2020-2019) Delta [m] Delta [m] Delta [m] >= < >= < >= < - % - % - % - % - % - % Nordseein- 3 -0,17 1 33 2 67 0,25 3 100 0 0 0,13 2 67 1 33 seln Marschen 142 -0,08 29 20 113 80 0,12 133 94 9 6 0,07 123 86 19 13 Ems-Leda- Hunte-Nie- 283 -0,17 70 25 213 75 0,25 280 99 3 1 0,16 268 95 15 5 derungen Weser- Aller- Wümme- 146 -0,05 54 37 92 63 0,39 139 96 7 5 0,11 138 95 8 5 Niederun- gen Elbe-Nie- 43 -0,03 24 56 19 44 0,2 37 86 6 14 0,08 33 77 10 23 derung Olden- burg-Ost- 58 -0,08 21 37 37 64 0,26 55 95 3 5 0,21 57 98 1 2 friesische Geest Ems- Hunte-We- 249 0,1 178 71 71 29 0,31 219 88 30 12 0,2 239 96 10 4 ser-Geest Stader 270 0,02 158 59 112 41 0,25 217 80 53 20 0,11 248 92 22 8 Geest Lünebur- 327 -0,04 137 42 190 58 -0,08 139 43 188 57 0,02 183 56 144 44 ger Geest Hannove- raner 48 -0,02 23 48 25 52 0,16 33 69 15 31 0,04 35 73 13 27 Geest Börden 51 -0,09 15 29 36 71 0,13 34 67 17 33 -0,01 24 47 27 53 Westliches 17 -0,17 3 18 14 82 0,41 16 94 1 6 0,14 15 88 2 12 Bergland Sandmüns- 4 0,02 2 50 2 50 0,15 4 100 0 0 0,14 4 100 0 0 terland Weser- und Leine- 47 -0,09 13 27 34 72 0,46 41 87 6 13 -0,03 16 34 31 66 bergland Harz 4 -0,26 0 0 4 100 0,01 2 50 2 50 0 2 50 2 50 Gesamt 1692 -0,05 728 43 964 57 0,19 1352 80 340 20 0,11 1387 82 305 18 22
Abbildung 14: Vergleich der Grundwasserstände 2020 zum Vorjahr 2019: a) Differenz der Jahresend- stände (Okt. 20 – Okt. 19), b) Differenz der höchsten Grundwasserstände im Winterhalbjahr (Nov-Apr), c) Differenz der niedrigsten Grundwasserstände im Sommerhalbjahr (Mai-Okt). 23
Saisonale Dynamik Die Analyse der Grundwasseranstiege- und - Der Grundwasseranstieg vom Sommer 2019 absenkungen ermöglicht weitere Einblicke zum zum Winter 2020 fiel mit rund 0,8 m im Lan- Verständnis der Grundwasserdynamik. desmittel überdurchschnittlich hoch aus. Auch die Absenkung fiel mit rund 0,7 m überdurch- Als Anstieg ist hier der Standsunterschied zwi- schnittlich hoch aus, unterm Strich ergibt sich schen dem Sommerminimum (bzw. maximal aber, wie bereits im vorigen Abschnitt be- als Endstand im Oktober, siehe oben) und dem schrieben, im Landesmittel eine Grundwasser- Wintermaximum definiert. Analog stellt die Ab- standszunahme. Die Anstiege lagen mit einer senkung die Differenz zwischen Wintermaxi- Spanne von 0,41 bis 1,42 in allen Regionen mum und dem nachfolgenden Sommermini- mit Ausnahme des Weser-Leine-Berglandes mum dar. im Mittel höher als die Absenkungen mit einer Spanne von 0,41 bis 1,5 m (Tabelle 5). Im Referenzzeitraum 1988-2017 zeigten die Anstiege mit einem Median von 0,54 m und Aus der Analyse der saisonalen Dynamik folgt, Absenkungen mit einem Median von -0,54 m dass die Gewinne gegenüber dem Vorjahr vor landesweit eine tendenziell ausgewogene Ent- allem auf die günstige Neubildungssituation im wicklung des Grundwasserstandsniveaus an Winterhalbjahr zurückzuführen sind. Daran ha- (Tabelle 5). 2018 und 2019 wiesen jeweils hö- ben auch die Herbstniederschläge 2019 ihren here Absenkungen als Anstiegsbeträge aus. In Anteil. Die überdurchschnittliche Absenkung im beiden Jahren kam es zu einer Netto-Absen- Sommerhalbjahr zeugt von weiterhin trockenen kung des Grundwasserstandsniveaus um ins- Verhältnissen, wie auch anhand der Klimada- gesamt rund 0,3 m im Landesmittel (2018 ca. ten dargelegt wurde. 0,17 m, 2019 ca. 0,14 m, NLWKN, 2020). Regenerationspotential der Grundwasserstände Ein Grundwasseranstieg auf ein höheres Ni- Indikator „Regenerationslast“ entwickelt: veau kann nur dann erfolgen, wenn die An- Unter der Annahme, dass das Erreichen des stiegsbeträge einen deutlichen Überschuss ge- mittleren Jahreshochstands an einer Mess- genüber den Absenkungsbeträgen aufweisen, stelle eine sinnvolle Ausgangslage für die zum Beispiel infolge extrem feuchter Winter nächste Absinkphase darstellt, lässt sich aus- und/oder feuchter Sommer. Bleiben Jahre mit gehend vom aktuellen Jahrestiefstand ein er- überdurchschnittlichen Grundwasseranstiegen forderlicher Mindestanstieg definieren. Dieser (bzw. unterdurchschnittlichen Absenkungen) wird dann zum mittleren jährlichen Grundwas- jedoch aus, ist davon auszugehen, dass die seranstieg an einer Messstelle ins Verhältnis Grundwasserstände längerfristig auf einem gesetzt. Wird der mittlere jährliche Grundwas- nun tieferen Niveau verharren oder bei un- seranstieg als Medianwert ausgedrückt, be- günstiger Witterungsentwicklung gar weiter ab- deutet ein Wert von 1, dass der Zielwert in der sinken. So hat es zum Beispiel in der Folge nächsten Anstiegsphase bei durchschnittlichen des Tiefstands 1996 vier Jahre gedauert, bis Anstiegswerten mit einer Wahrscheinlichkeit die Grundwasserhoch-, mittel- und –tiefstände von 50 Prozent erreicht oder überschritten die jeweiligen mittleren Niveaus wieder über- wird. Bei einem Wert von zwei müsste der schritten wurden (vergleiche Abbildung 8). Wiederanstieg doppelt so hoch ausfallen, um Auch die weiterhin niedrigen Grundwasser- das gewünschte Winterniveau zu erreichen, o- stände 2020 sind noch eine unmittelbare Fol- der der Wiederanstieg müsste sich auf meh- geerscheinung der Tiefstände des Vorjahres. rere Jahre mit einem deutlichen Anstiegsüber- schuss verteilen. Je größer die Regenerations- Um das Ausmaß der Auslenkung der Grund- last, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die wasserstände zu illustrieren und eine Einschät- Grundwasserstände sich kurzfristig wieder auf zung für die Wahrscheinlichkeit einer schnellen das mittlere Niveau des Referenzzeitraumes Regeneration der Grundwasserstände zu er- regenerieren. Eine Wiederauffüllung der möglichen, wurde für diese Berichtsreihe der Grundwasservorräte erfolgt dabei jedoch nicht 24
nur über außergewöhnliche Anstiege, hohe untersuchten Messstellen eine Regenerations- Niederschläge im Sommer führen entspre- last > 1 aufweisen. Besonders betroffen sind chend auch zu einer Verzögerung der saisona- weiterhin die Geestregionen Niedersachsen, len Absenkung. insbesondere in Ostniedersachsen mit Rege- nerationslasten > 1,8 (bis 2,71) (Tabelle 5). Die Regenerationslast fällt mit einem landes- Insgesamt zeigt sich auch in der Regenerati- weiten Mittelwert von 1,44 (Tabelle 5) deutlich onslast insgesamt eine leichte Entlastung der geringer aus als im Vorjahr mit 1,72 (NLWKN Grundwasserstandssituation bei regional be- 2020). Abbildung 15 zeigt, dass praktisch alle deutenden Unterschieden. Tabelle 5: Saisonale Grundwasserstandsveränderungen und Nettodifferenzen in den Jahren 2019 und 2020 und Regenerationslast Ende 2020. Region Saisonale Grundwasseranstiege und Absenkungen (in Metern) Regenerationslast Mittlere Absenkung Anstieg 2019/2020 Absenkung 2020 Mittlerer Anstieg Absenkung 1988-2017 1988-2017 2018/2019 2020 Anstieg 2019 Median der ausgewerteten Messstellen Nordseeinseln 0,5 0,49 0,49 0,48 0,74 0,61 1,42 Marschen 0,32 0,31 0,36 0,36 0,47 0,41 1,18 Ems-Leda-Hunte- 0,79 0,76 0,79 0,79 1,06 0,92 1,15 Niederungen Weser-Aller- 0,66 0,64 0,45 0,56 1,01 0,87 1,37 Wümme- Niederungen Elbe-Niederung 0,49 0,52 0,45 0,51 0,69 0,64 1,59 Oldenburg-Ost- 0,79 0,8 0,85 0,88 1,2 0,96 1,25 friesische Geest Ems-Hunte- 0,61 0,62 0,43 0,62 0,96 0,73 1,46 Weser-Geest Stader Geest 0,38 0,41 0,17 0,48 0,68 0,56 1,8 Lüneburger Geest 0,29 0,36 0,25 0,5 0,41 0,41 2,71 Hannoveraner 0,47 0,5 0,18 0,52 0,68 0,6 2,05 Geest Börden 0,54 0,55 0,35 0,48 0,68 0,62 2,01 Westliches 0,98 0,95 1,03 1,12 1,42 1,22 1,25 Bergland Sandmünsterland 0,84 0,84 0,97 1,02 1,24 0,9 1,14 Weser- und 1,23 1,28 0,87 1,07 1,41 1,5 1,49 Leinebergland Harz 1,04 1,07 1,18 1,09 1,17 1,16 1,18 Niedersachsen 0,54 0,54 0,43 0,57 0,83 0,67 1,44 25
Abbildung 15: Regenerationslast als Indikator für das Regenerationspotential der Grundwasserstände. Zusammenfassende Diskussion und Ausblick Situation der Grundwasserstände regionalen Differenzierungen. Problemberei- 2020 che mit einem deutlich höheren Anteil an Messstellen mit ungünstiger Grundwasser- Die Trockenjahre 2018 und 2019 markieren standsentwicklung sind insbesondere die den vorläufigen Höhepunkt einer bereits seit Geestgebiete Ostniedersachsens. ca. 2009, also über nunmehr elf Jahre, anhal- tenden Phase mit unterdurchschnittlichen Nie- Insgesamt verharrten die Grundwasserstände derschlägen und niedrigen Grundwasserstän- 2020 in Niedersachsen trotz einer leichten Ent- den (Abbildung 8). Im Sommer 2019 lagen spannung auf einem niedrigen bis extrem nied- überwiegend extrem niedrige Grundwasser- rigen Grundwasserstandsniveau. Eine grundle- stände vor, die in 56 Prozent der untersuchten gende Verbesserung der Grundwasserstände Messstellen die tiefsten Werte der vorange- im Vergleich zu den extremen Trockenjahren gangenen 31 Jahre unterschritten (NLWKN 2018 und 2019 trat 2020 nicht ein. 2020). Diese extreme Grundwasserstandssitu- ation bestand auch 2020 weiter fort. Ausblick auf das Jahr 2021 Im Winter 2020/2021 lag die Niederschlagstä- Die hier ausgewerteten Indikatoren zeigen ei- tigkeit im üblichen Rahmen, nasse Witterungs- nen leichten Anstieg der Grundwasserstände abschnitte führten zu einer weitgehenden Auf- auf einem weiterhin niedrigen bis extrem nied- füllung der Bodenwasservorräte in den oberen rigen Niveau. Im Schnitt lag auch 2020 über Bodenschichten (DWD 2021 b). Im Frühjahr sechs Monate eine Grundwasserdürrelage vor folgte eine Phase trockener Witterungsverhält- (2019: 10 Monate). Außergewöhnliche Nieder- nisse mit unterdurchschnittlichen Niederschlä- schläge, die eine überdurchschnittlichen gen. Erst ab Mai traten dann hohe Nieder- Grundwasserneubildung und damit auch einen schläge auf (DWD 2021 c). Zum Zeitpunkt der außergewöhnlichen Anstieg der Grundwasser- Berichterstellung im Juli 2021 zeigen stichpro- stände hervorrufen konnten, waren nicht ein- benartige Auswertungen an ausgewählten getreten. An 173 Messstellen wurden erneut Messstellen, dass die winterliche Neubildungs- Tiefstwerte der Vorjahre unterboten. Insgesamt phase weitgehend ähnlich wie in den Vorjah- lagen die Grundwasserstände in Niedersach- ren verlief und eine überdurchschnittliche Wie- sen im Jahr 2020 weitgehend zwischen den derauffüllung der Grundwasservorräte nicht Niveaus der Trockenjahre 2018 und 2019. Da- stattfand. Jedoch sanken die Grundwasser- bei kam es zu deutlichen standörtlichen und stände in Folge hoher Niederschläge im Mai 26
und Juni in vielen Messstellen nur langsam ab, neubildung eine deutliche Verstärkung der Sai- so dass hier im Sommer 2021 ähnliche oder sonalität, das heißt eine Abnahme im Sommer- höhere Grundwasserstände als im Vorjahr vor- halbjahr sowie eine Zunahme im Winterhalb- lagen, die auch als durchschnittlich bis hoch jahr. Diese Änderungen resultieren aus den einzustufen sind. Es sind jedoch auch Mess- vorstehend prognostizierten Entwicklungen der stellen mit abweichenden Entwicklungen be- Niederschläge und der Temperaturen. kannt. Tendenziell zeichnet sich aktuell eine Entspannung der Grundwasserstandssituation Die Auswirkungen des Klimawandels auf die ab. Das Ausmaß dieser Entspannung und die Grundwasserstände in Niedersachsen lassen regionalen wie standörtlichen Unterschiede sich angesichts der unklaren Aussagen zur sind derzeit jedoch noch unklar. Eine umfas- Grundwasserneubildung nur schwer einschät- sende Auswertung erfolgt nach Abschluss des zen. Grundsätzlich ist bei einer Verringerung hydrologischen Jahres 2021. der Grundwasserneubildung auch eine Absen- kung des Grundwasserstandsniveaus zu er- Klimawandel und Grundwasser warten, analog bei einer Erhöhung auch eine Anhebung. Daneben kann jedoch auch eine Für die zukünftige Entwicklung des Klimas ge- veränderte Saisonalität der Neubildungsraten hen Klimaforscher für Niedersachsen derzeit Auswirkungen auf die Standsdynamik haben. von einem weiteren Anstieg der Jahresmittel- Durch die Erhöhung der Neubildung auf das temperaturen aus (MU/DWD 2018). Damit stei- Winterhalbjahr ist auch von einer entsprechen- gen auch die Verdunstungswerte weiter an. den Erhöhung des saisonalen Grundwasseran- Für die Niederschläge werden für den kurzfris- stiegs auszugehen, gleichzeitig verlängert sich tigen Planungshorizont bis 2050 keine Ände- nicht nur die sommerliche Absinkphase, auch rungen der mittleren Jahresniederschlagssum- die Absinkraten könnten durch die verringerten men erwartet, wohl aber eine Verschiebung Neubildungsraten im Sommer höher ausfallen. der Niederschlagsverteilung zugunsten erhöh- Ob sich diese Faktoren ausgleichen oder ins- ter Winterniederschläge (MU/DWD 2018). Ge- gesamt ebenfalls zu einer Verschiebung des nerell sind Extremereignisse wie Dürren und Grundwasserstandsniveaus führen, ist derzeit Hochwasser häufiger zu erwarten als bisher. noch unklar. Diese Änderungen sind eine direkte Fortset- zung der bereits in der Vergangenheit in Nie- Klima wird über die mittleren Verhältnisse der dersachsen zu beobachtenden Veränderungen Klimaparameter über einen längeren Zeitraum (MU/DWD, 2018; Scheihing, 2019). definiert. In der Praxis wird hier ein Zeitraum von 30 Jahren angesetzt, um die kurzfristigen Die resultierenden Auswirkungen des Klima- Schwankungen auszugleichen. Auch die wandels auf die Grundwasserneubildungsraten Grundwasserstandsdynamik wird nicht nur von wurden in der Klimawirkungsstudie für das den klimatischen Entwicklungstendenzen be- Land Niedersachsen (MU, 2019) auf Basis ei- stimmt, sondern auch durch die konkrete Aus- nes Modellensembles für das Klimaszenario gestaltung der Witterungsdynamik innerhalb RCP8.5 („weiter-wie-bisher“) untersucht. Die der klimatischen Zeithorizonte beeinflusst, ins- Klimawirkungsstudie kommt zu dem Schluss, besondere durch die Saisonalität und die zu- dass die Modellrechnungen für die Jahresneu- künftige Verteilung von Trocken-, Feucht- und bildungsraten keinen eindeutigen Trend erken- Normaljahren. nen lassen. Für die nahe Zukunft (2021-2050) zeigt die mittlere Tendenz nur geringe Ände- Es ist auch in Hinblick auf die Zunahme von rungen, für die ferne Zukunft (2071-2100) wird Extremereignissen nicht auszuschließen, dass in der mittleren Tendenz eine verstärkte Diffe- wesentlich häufiger als bisher sehr niedrige bis renzierung in Gebiete mit Abnahmen und Zu- extrem niedrige Grundwasserstände im Spät- nahmen deutlich. Die Spannweite der Modelle sommer erreicht werden. Zwar haben frühere reicht dabei von zunehmenden bis hin zu ab- Trockenereignisse wie in den 50er und 70er nehmenden Grundwasserneubildungsraten für Jahren ebenfalls extreme Grundwasserstands- Niedersachsen. Einheitlich zeigt die Mehrzahl absenkungen zur Folge gehabt, nach dem ak- der Modelle jedoch auch für die Grundwasser- tuellen Forschungsstand lassen sich die extre- men Trockenjahre 2018 und 2019 jedoch nicht 27
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