Batterierecyclingmarkt Europa: Chance für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft AG 4 - ZWISCHENBERICHT - Nationale Plattform Zukunft ...
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AG 4 - ZWISCHENBERICHT Batterierecyclingmarkt Europa: Chance für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft
AG 1 AG 2 Klimaschutz im Verkehr Alternative Antriebe und Kraft- stoffe für nachhaltige Mobilität AG 3 AG 4 Digitalisierung für den Sicherung des Mobilitäts- und Mobilitätssektor Produktionsstandortes, Batteriezell- produktion, Rohstoffe und Recycling, Bildung und Qualifizierung AG 5 AG 6 Verknüpfung der Verkehrs- und Standardisierung, Normung, Energienetze, Sektorkopplung Zertifizierung und Typgenehmigung
INHALT KURZFASSUNG 4 EXECUTIVE SUMMARY 5 1 EINLEITUNG 6 2 HINTERGRUND: POLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN UND EU-REGULIERUNG 6 3 DIE BATTERIEWERTSCHÖPFUNGSKETTE UND MODELLANNAHMEN 7 4 ERGEBNISSE: RECYCLING IN EUROPA 14 4.1 Quantifizierung der Recyclingmengen 14 4.2 Quantifizierung von Investitionen und Beschäftigung 15 5 ZUSAMMENFASSUNG UND IMPLIKATIONEN FÜR DEN STANDORT EUROPA UND DEUTSCHLAND 19 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 26 QUELLENVERZEICHNIS 27
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA KURZFASSUNG • Mit der zunehmenden Verbreitung der Elektromobilität heutigen Rohstoffpreisen – ein Wertpotenzial von wird in den kommenden Jahren auch der Bedarf an etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr ab dem Jahr 2040 Lithium-Ionen-Batterien stark ansteigen. Dies er- gehoben werden. fordert unter anderem einen beschleunigten Aufbau von Batterieproduktionskapazitäten in Deutschland › Die dafür nötigen Investitionen in Recyclinganlagen und Europa. Begleitend, jedoch verzögert zum Markt- kumulieren sich bis 2040 auf etwa drei Milliarden Euro. hochlauf der Elektromobilität und dem Aufbau von Batterieproduktionskapazitäten, wird sich in Europa › Gleichzeitig ergibt sich bei einer entsprechenden eine Recycling industrie für Lithium-Ionen-Batterien Recyclingindustrie ein Personalbedarf im Jahr 2040 entwickeln. von etwa 8.000 Personen. • Im Bereich Batterierecycling ist China im internatio- • Um diese Potenziale zu heben und eine entsprechende nalen Vergleich Weltmarktführer; die deutschen und Kreislaufwirtschaft für Batteriematerialien zu etab- europäischen Kapazitäten fallen dagegen noch sehr lieren müssen die regulatorischen und ökonomischen gering aus. Rahmenbedingungen angepasst werden. • Durch den Aufbau einer europäischen Recyclinginfra- • Es ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen und struktur können Abhängigkeiten von Importen aus Implikationen für den Standort Deutschland und Europa: dem Ausland potenziell reduziert und langfristig die Versorgungssicherheit in Europa sichergestellt werden. › Die derzeitigen Recyclingkapazitäten sind noch zu Für den Betrachtungszeitraum bis 2040 zeigt sich, dass gering, um die in den nächsten Jahren auftretenden ein lokales Recycling einen signifikanten Einfluss auf die Recyclingmengen abdecken zu können. Das für das Rohstoffverfügbarkeit in Europa haben kann. nachhaltige Lithium-Ionen-Batterie-Recycling be- nötigte technische Know-how ist in Europa bereits • Der vorliegende Bericht quantifiziert zukünftige Be- vorhanden und ein Hochskalieren dieser neuen Ver- darfe an Recyclingkapazitäten, die damit verbundenen fahren im industriellen Maßstab sollte mit Nach- Investitionen in Recyclinginfrastruktur und daraus ab- druck verfolgt werden, um kurzfristig mit Initial- leitbare Arbeitsplatzeffekte für Europa: investitionen für den Aufbau großindustrieller Recyclingkapazitäten beginnen zu können. › Die dem europäischen Recycling zugeführte Material- menge wird bis zum Jahr 2040 bei deutlich über › Die Industrie benötigt dafür Rechts- und Planungs- 1.000 Kilotonnen pro Jahr liegen. sicherheit. EU-Regulierungsvorhaben, die Geschäfts- modelle auf der Basis von Nachhaltigkeitsprinzipien › Durch Recyclingverfahren mit hoher Effizienz und und hohen Umweltstandards gewährleisten, sollten Rückgewinnungsrate könnte damit – basierend auf beschleunigt umgesetzt werden. 4
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA › Für die weitere Marktentwicklung könnten einheit- für die Nachverfolgbarkeit, die Auswertung und die liche Sammel- und Recyclingquoten einen entschei- weitere Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien. denden Beitrag zu einer geschlossenen Kreislauf- wirtschaft im Bereich Batterierecycling leisten. › Weitere anwendungsorientierte Forschung und Ent- wicklung sollte den Aufbau einer Lithium-Ionen- › Darüber hinaus bringen standardisierte und Recyclingindustrie begleiten. maschinenlesbare Verfahren entscheidende Vorteile EXECUTIVE SUMMARY • As a consequence of the increasing prevalence of › This kind of recycling industry will need to be staffed electromobility, demand for lithium-ion batteries is set with about 8,000 employees in 2040. to rise in the coming years. This requires, among other things, an accelerated development of battery produc- • Regulatory and economic conditions need to be adjusted tion capacities in Germany and Europe. The market in order to leverage these potentials and to establish a ramp-up of electromobility and the development of meaningful circular economy for battery materials. battery production capacities will be accompanied – albeit at a slightly later stage – by the formation of a • The following recommendations and implications have recycling industry for lithium-ion batteries in Europe. been identified for Germany and Europe as places of investment: • When it comes to battery recycling, China is leading the market globally whereas Germany and Europe only have › Current recycling capacities are insufficient to treat very low capacities to show. the amounts of recycling expected in the next few years. Europe already has the technical know-how • Building up European recycling infrastructure will related to sustainable recycling of lithium-ion batte- potentially reduce import dependencies on other ries; the emphasis should now be on advancing the- countries and ensure security of supply in Europe in the se new processes to an industrial scale in order to long term. Looking at the period up to 2040, it becomes kick-start investment for the development of large- clear that local recycling can have a significant impact scale recycling capacities in the near future. on the availability of raw materials in Europe. › This all depends on legal and planning security for • This report quantifies future needs in terms of recyc- industry players. EU regulation projects that ensure ling capacities, related investment in recycling infra- business models based on principles of sustaina- structure and resulting employment effects for Europe: bility and high environmental standards should be implemented swiftly. › Material volumes capable of being recycled in Europe will significantly exceed 1,000 kilotons per year by › In tems of future market development, common col- 2040. lection and recycling quotas could make a massive contribution towards a closed circle economy in the › Based on today’s raw material prices, highly efficient field of battery recycling. recycling processes with high recovery rates could potentially deliver about five billion euros in value › Moreover, standardised and machine-readable pro- per year starting in 2040. cesses are hugely advantageous for the traceability, evaluation and re-use of lithium-ion batteries. › The necessary investment in recycling facilities amounts to three billion euros by 2040 cumulatively. › Building a recycling industry for lithium-ion batte- ries should be accompanied by further application- oriented research and development. 5
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA 1 EINLEITUNG Um die erheblich gesteigerte Nachfrage nach Batterien Die Aussagen des vorliegenden Papiers basieren auf der für Elektrofahrzeuge zu decken, werden in Deutschland Studie „Quantifizierung Batterierecycling“ (03/2021- und Europa in den kommenden Jahren voraussichtlich 07/2021), die das Fraunhofer-Institut für System und In- Batterieproduktionskapazitäten im Umfang von mehreren novationsforschung (ISI) mit dem Fraunhofer-Institut 100 GWh/a aufgebaut. Daraus ergeben sich große Heraus- für Silicatforschung (ISC) für die AG 4 der NPM erstellt forderungen bei der Versorgung mit kritischen (und nicht hat. Für die Modellierung der zukünftigen Bedarfsent- kritischen) Rohstoffen zur Produktion von Lithium-Ionen- wicklung der Recyclingkapazitäten wurden Annahmen Batterien. Es wird sich daher verzögert zum Markthochlauf auf Grundlage in der Literatur vorhandener Erkenntnisse der Elektromobilität eine Recyclingindustrie für Lithium- sowie auf Grundlage der Ergebnisse von Experteninter- Ionen-Batterien (LIB) in Europa entwickeln. Ein Kreis- views getroffen. Die Quantifizierungen entstanden ent- laufsystem für Batteriekomponenten und -rohstoffe lang der erwarteten Menge an End-of-Life-Batterien, der könnte einen wertvollen Beitrag zur Verringerung der Ab- Anteile für Batterierecycling und Second-Life bis 2040 hängigkeit von Importen aus dem Ausland und somit zur sowie der erwarteten zusätzlichen Materialflüsse aus Versorgungssicherheit leisten. Auch im Hinblick auf die Batterieproduktionsausschüssen. nachhaltige Nutzung der Elektromobilität ist die Schlie- ßung des Materialkreislaufs geboten. Unter Einbeziehung von Import- und Export-Effekten, einem möglichen Second-Life für Traktionsbatterien, poli- Bereits heute befinden sich zahlreiche Recycling-Pilot- tischen und regulatorischen Rahmenbedingungen sowie initiativen im Aufbau oder in Betrieb. Technologisch ste- der technologischen Weiterentwicklung von Recyclingver- hen für das Recycling verschiedene Verfahren zur Ver- fahren wurden drei Szenarien für das zukünftige Aufkom- fügung, die jedoch noch kein großindustrielles Niveau men von Recyclingmengen, die damit verbundenen Inves- erreicht haben. Es müssen zeitnah Recyclingkapazitäten titionen in Recyclinginfrastruktur und Arbeitsplatzeffekte ausgebaut werden, die die zukünftigen großen Batterie- aufgestellt. Im Ergebnis stehen Modellauswertungen über mengen aus dem Rücklauf der ersten und zweiten Genera- die drei Szenarien für das zukünftige Aufkommen von tion an Elektrofahrzeugen bewältigen können. Recyclingmengen, die damit verbundenen Investitionen in Recyclinginfrastruktur und daraus ableitbare Arbeits- Anknüpfend an die qualitative Betrachtung des Wert- platzeffekte in einem Minimal-, Maximal- sowie einem schöpfungsnetzwerks Batterierecycling von Oktober 2020 „Best-guess“-Szenario beziehungsweise Basis-Szenario. legt die Arbeitsgruppe 4 der Nationalen Plattform Zukunft Abschließend wurden die Ergebnisse von den Expert:innen der Mobilität (NPM) mit diesem Papier eine quantitative des Fraunhofer ISI und ISC sowie der NPM eingeordnet Untersuchung zum zukünftigen Bedarf an Recyclingkapazi- und mögliche Handlungsoptionen und -bedarfe für einen täten, den damit verbundenen Investitionen in Recycling- Aufbau der erforderlichen Recyclingkapazitäten für Politik infrastruktur sowie den daraus ableitbaren Arbeitsplatz- und Industrie abgeleitet. effekten für Europa vor. 2 HINTERGRUND: POLITISCHE RAHMEN- BEDINGUNGEN UND EU-REGULIERUNG • Politische beziehungsweise regulatorische Rahmen- › Aufbau von Handelsbeziehungen zu relevanten bedingungen spielen bei der Etablierung eines europäi- Partnerländern, insbesondere rohstoffliefernden schen und deutschen Batterierecyclings eine Rolle: Ländern und potenziellen Recyclern › Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen › Politische Maßnahmen und Rahmenbedingungen in diesen Partnerländern 6
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA › Altfahrzeug-/Batteriedirektiven und deren Sorgfaltspflichten zu Umwelt- und Sozialauswirkungen Umsetzung der Produktion und Rohstoffgewinnung vorgegeben. › Subventionsmaßnahmen • Für die Hersteller kommt damit mehr Verantwortung hinsichtlich der Vermeidung negativer Umwelt- und • Der Regulierungsvorschlag zu Batterien und Altbatte- Sozialauswirkungen bei der Batterieproduktion hinzu. rien der Europäischen Union (kurz: „EU-Batterieregulie- rungsvorschlag“) beschreibt einen möglichen Rahmen.1 • Vor dem Hintergrund der bestehenden und der sich ver- ändernden politischen und regulatorischen Rahmen- • Darin werden Recyclingeffizienzen (Rohstoffausbeu- bedingungen werden im folgenden Modellannahmen te) beim Batterierecycling und Mindesteinsatzmengen zur Batteriewertschöpfungskette getroffen. Dabei von Rezyklaten (Produkte eines Recyclingprozesses) in wird eine Quantifizierung von Recyclingmengen, den Batterien bestimmt und Informations-, Berichts- oder entsprechenden Investitionen und Beschäftigungs- effekten vorgenommen. 3 DIE BATTERIEWERTSCHÖPFUNGSKETTE UND MODELLANNAHMEN MÄRKTE UND PRODUKTIONSSTANDORTE FÜR Großbritannien hergestellten Pkw aus deutscher Pro- BATTERIEANWENDUNGEN duktion.2 Auch bei den EU-Neuzulassungen lag der Anteil an Fahrzeugen aus Deutschland bei knapp 25 %.3 • Um alle Hauptmärkte und wesentlichen Produktions- standorte für Batterien und Batterieanwendungen zu • Die Ankündigungen für den Aufbau von Zellprodukti- berücksichtigen, wurde für die Quantifizierungen ein onskapazitäten belaufen sich für Deutschland bis 2030 erweiterter europäischer Betrachtungsraum gewählt auf maximal 276 GWh (Europa 989 GWh)4. Deutschland (Europäische Union, Großbritannien, Norwegen und die dürfte sich also auch in diesem Bereich zu einem der Schweiz – hier „EU+“). wichtigsten Standorte in Europa entwickeln. • Dadurch kann zumindest angenommen werden, dass der überwiegende Anteil der heute neu zugelassenen MODELLLOGIK UND EINFLUSSFAKTOREN Elektrofahrzeuge bis zum Lebensende innerhalb der EU+ verbleibt und nicht noch während der Nutzungs- • Um das zukünftige Aufkommen von Recyclingmengen, phase ins weitere Ausland exportiert wird. die damit verbundenen Investitionen in Recyclinginfra- struktur und daraus ableitbare Arbeitsplatzeffekte zu • Deutschland nimmt als Automobilstandort, aber auch ermitteln, wurden drei Szenarien (Minimal-, Maximal- als zukünftiger Batterieproduktionsstandort eine wich- sowie ein „Best-guess“-Szenario beziehungsweise tige Position im gewählten Betrachtungsraum ein. Basis-Szenario) aufgestellt.5 So kamen knapp 30 % der im Jahr 2020 in der EU und 1 Europäische Kommission (2020): Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL concerning batteries and waste batteries, repealing Directive 2006/66/EC and amending Regulation (EU) No 2019/1020. URL: https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/4b5d88a6-3ad8-11eb-b27b-01aa75ed71a1/language-en 2 Vgl. VDMA 2020 3 Vgl. Marklines 2021 4 Stand Mai 2021 5 Die im Rahmen der Untersuchung aufgestellten Annahmen und Berechnungen unterliegen hohen Unsicherheiten hinsichtlich regulativen Rahmenbedingungen, Technologieentscheidungen und Marktentwicklungen. Das Minimal- und das Maximalszenario stellen Extrembetrachtungen dar, welche jeweils Modellparameter verknüpfen, die sich mindernd beziehungsweise ver- stärkend auf zukünftige Recyclingmengen auswirken. So beruht zum Beispiel das Maximalszenario auf den Annahmen einer schnellen Marktdiffussion von Elektrofahrzeugen, hohen Wachs- tumsraten in anderen Batterieanwendungen, einer moderaten bis kurzen Lebensdauer der Batterien und nur geringen Exporten von Batterieschrotten aus Europa, welche insgesamt zu einem hohen Recyclingaufkommen innerhalb Europas führen. Das Minimalszenario kombiniert entsprechend gegenteilige Annahmen. Im Basis-Szenario wurden insgesamt moderate Annahmen angesetzt, welche sich stark an den bisher zu beobachtenden Trends in Batteriemärkten und Nutzung orientieren. 7
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA • Das entsprechende Modell zur Quantifizierung von Bat- • Die Entwicklung aller Schritte der skizzierten Wert- terierecycling deckt wesentliche Schritte der Batterie- schöpfungskette ist heute noch starken Unsicherheiten wertschöpfungskette ab (siehe Abbildung 1). unterworfen. Realdaten, insbesondere zur konkreten Ausgestaltung einer Recyclingindustrie in Europa exis- • Diese erstreckt sich von der Produktion von Materia- tieren nicht. Die für die Untersuchung getroffenen und lien und Batterien bis über deren Nutzung (hier: Pkw im folgenden Kapitel diskutierten Annahmen beruhen und Nutzfahrzeuge (NFZ), Elektronik/Verbraucher (3C), somit überwiegend auf der Einschätzung von Expert:in- Zweiräder, und Speicher (ESS)) und Behandlung nach nen aus Industrie und Forschung. dem Lebensende.6 Schlacke, andere Qualität Export aus Europa Deponie Export aus Europa 100 %? % % Max. Szenario: Import Eur.?, Andere Nur europ. Nur europ. Anwendungen? Ausschuss % Ausschuss Ausschuss Batterie- % % % versagen % % % Europ. Eur. Pack/ Aktiv-/ Zellfertigung EV-Fertigung Testing, Recycling, Rohstoffe Passiv- Eur. Nutzung Sammlung % % Demontage Aufbereitung Materialien Pack/EV- Zellfertigung Fertigung % % % EoL Eur. Zweitnutzung/ 2nd-life Deponie Deponie Abbildung 1: Material-/Wertstrommodell – Modelllogik Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 • Wesentliche, noch nicht abschließend zu klärende • Für das Recycling beziehungsweise für den Wert der Fragen umfassen unter anderem Gebrauchtfahrzeug- Rezyklate entscheidend sind die in der Batterie verbau- märkte, Kosten im In- und Ausland und Umsetzung von ten Komponenten. Regulierungsvorhaben. › Kathodenseitig könnte in Zukunft die Verwendung ni- ckelreicher NMC8- und NCA9-Materialien den größten KAPAZITÄTEN UND ENTWICKLUNG VON Anteil des Materialbedarfs ausmachen. LFP10 könnte ZELLCHEMIEN mittelfristig in der Anwendung im EV-Niedrig- preissegment an Bedeutung gewinnen, vor allem • Die Annahmen zu Produktionsmengen für Batterien in wenn sich die „Cell-to-Pack-Konzepte“ der chinesi- Europa orientieren sich an Ankündigungen internationa- schen Hersteller am Markt durchsetzen können. ler Hersteller zum Aufbau von Produktionskapazitäten. Demnach könnte die Batteriezellproduktionskapazität in › Anodenseitig wird die Verwendung siliziumhaltiger Europa bis 2030 in unterschiedlichen Szenarien 400 bis Anodenkompositionen voraussichtlich gegenüber 700 GWh/a betragen.7 den bisher hauptsächlich verwendeten Graphiten zunehmen. Zudem könnten ab 2030 Batteriezellen 6 Die aufgeführten Schritte können in unterschiedlichen Regionen erfolgen und unterliegen daher den jeweiligen Export- und Importströmen. Quoten und Effizienzen beschreiben mögliche Material- und Wertverluste (u. a. durch Limitierung technischer Prozesse und unsachgemäße Behandlung/Verbleib). Der Betrachtungszeitraum umfasst die Jahre 2020/21 bis 2040 und er- streckt sich auf die Länder der Europäischen Union erweitert durch Großbritannien, Norwegen und die Schweiz (EU+). 7 Vgl. VDMA 2020; NPM AG4 2021 8 Stoffgruppe aus Lithium-, Nickel-, Mangan- und Cobaltoxiden 9 Stoffgruppe aus Lithium-, Nickel-, Cobalt- und Aluminiumoxiden 10 Lithium-Eisen-Phosphat 8
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA mit Lithium-Metall-Anoden genutzt werden, zum • Aus den Szenarien zum Aufbau von Zellproduktions- Beispiel in Feststoffbatteriezellen. kapazitäten und den Annahmen zu verwendeten Ma- terialien für Elektrode, Zelle und Pack ergibt sich ein › Für den Materialbedarf auf Packebene besteht neben Materialbedarf in der Produktion von 3.000 (Min.-Sze- Kupfer, Stahl und Kunststoffen insbesondere eine nario) bis hin zu 5.000 (Basis-/Max.-Szenario) Kiloton- hohe Nachfrage nach Aluminium, da dieses Material für nen im Jahr 2040. die Konstruktion von Modul- und Packgehäusen ver- wendet wird. • Den größten Gewichtsanteil nimmt dabei Aluminium ein, das sowohl für die positive Stromableiterfolie als auch für Zell-, Modul- und Packgehäuse verwendet MATERIALBEDARF FÜR DIE ZELL- UND wird. Auf Zellebene dominiert Nickel durch seinen Ein- PACKPRODUKTION satz in vielen Kathodenmaterialien, gefolgt von der Elektrolytmasse und Aluminium. 6000 5000 4000 (kt) 3000 2000 1000 0 2025 2030 2035 2040 Lithium (Li) Mangan (Mn) Eisen (Fe/steel) Cobalt (Co) Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al) Titan (Ti) Naturgraphit (Gr) Synthetisches Graphit (Sg) Silizium (Si) Elektrolyt Andere min. max. Abbildung 2: Materialbedarf Zell- und Packproduktion Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 9
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA RÜCKLÄUFE ZUM EUROPÄISCHEN AUSSCHUSS AUS DER BATTERIEPRODUKTION LIB-RECYCLING • Bei der Batterie(zell)produktion treten Abfälle durch • Rückläufe zum Batterierecycling speisen sich aus den den Produktionsprozess auf. Diese sind beispielsweise folgenden drei Quellen: Slurryreste (Beschichtungsreste der Elektrodenfolie) mit Aktivmaterialien aus Mischprozessen, Folien mit › Ausschüsse aus der Batterie(zell)produktion teilweiser Beschichtung am Anfang und Ende jeder Be- schichtungsrolle, Elektrodenreste beim Vereinzeln der › Batterien aus Elektrofahrzeugen Elektroden. Auch bei eingefahrener Produktion beträgt die Ausbeute somit weniger als 100 %. Die Prozesse › Batterien aus anderen Anwendungen, insbesondere werden daher stetig optimiert. „3C“ (d. h. Elektronik, Computer, Haushalts- und Power tools und weitere), Stationäre Batteriespeicher (ESS) und Micromobility (E-Bikes und Scooter) Slurry-Reste aus Ableiterfolien (Cu, Al), Mischprozess Reste an beschichteten Elektrolytreste (Vorlagenbehälter etc.) Elektroden Electrolyte Slurry Coating & Cutting Cell Pack Calendering filling & preparation drying electrodes assembly production formation Anfang und Ende Ausschuss an Ausschuss an der Beschichtungsrolle defekten Zellen defekten Packs Abbildung 3: Prozessschritte der Batterieproduktion Quelle: eigene Abbildung nach Smekens 2016 • Für die Quantifizierung wurden mit Ausbeuten von • Im Gegensatz zu gebrauchten Batterien aus unter- 85 % bis 90 % heute und 90 % bis 95 % 2040 gerechnet schiedlichsten Anwendungen fallen diese Neuschrotte (Bernhart 2020). Es ist davon auszugehen, dass in der an definierten Orten an und könnten leicht einem loka- Hochlaufphase die Ausschussraten neuer Zellfabriken len Recycling zugeführt werden. noch deutlich über denen einer optimierten und ein- gefahrenen Produktion liegen werden. Dies gilt insbe- sondere für die Jahre bis 2030. Für die Jahre ab 2030 wird mit einem Übergang zu einer hocheffizienten Produktion ausgegangen. 10
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA BATTERIE-INVERKEHRBRINGUNG IN EUROPA: BATTERIE-INVERKEHRBRINGUNG IN EUROPA: ELEKTROFAHRZEUGE ANDERE BATTERIEANWENDUNGEN • Viele der heute im europäischen Betrachtungsraum zu- • Um Rücklaufmengen von LIB zum europäischen Recy- gelassenen Fahrzeuge werden im Laufe ihres Lebens ins cling für den Betrachtungszeitraum insgesamt abzu- außereuropäische Ausland exportiert. Typische Pfade schätzen, wurde der Betrachtungsrahmen für das In- verlaufen über eine Inverkehrbringung in West- oder verkehrbringen von Batterien über die Elektrofahrzeuge Zentraleuropa, einen ersten Export nach Osteuropa und hinaus auf weitere Batterieanwendungen (3C, ESS und gegebenenfalls einen zweiten Export ins außereuro- Micromobility) erweitert. päische Ausland. Es ist somit möglich, dass ein Teil der in Europa in Verkehr gebrachten Fahrzeuge außerhalb • Europäische Marktanteile für die genannten Batterie- Europas der Verwertung oder dem Recycling zugeführt anwendungen wurden aufgrund globaler Marktstudien werden. abgeschätzt. Für die Nutzungszeit in diesen Anwendun- gen wurde eine Lebensdauer von acht Jahren, nach der • Für Verbrenner (Pkw) sind heute Exportquoten von Nutzung eine Sammelquote von 80 % angenommen.12 70 % typisch. Bei den Exportquoten für Elektrofahrzeuge Für den Export gesammelter Batterien aus den genann- wird davon ausgegangen, dass der heute vernachlässig- ten Anwendungen wurden zeitlich konstante Quoten von bare Export ins außereuropäische Ausland bis 2030 auf 10 % bis 50 % angenommen.13 Diese wirken sich eben- verbrennertypische Werte ansteigen wird. Durch diesen falls stark auf die Quantifizierung der Recyclingmengen graduellen Anstieg und die angenommene Lebensdauer in Europa aus. der Fahrzeuge spielen die Exportquoten für Gebraucht- fahrzeuge im Betrachtungszeitraum bis 2040 nur eine untergeordnete Rolle. • Nach ihrem Lebensende müssen die Batterien be- ziehungsweise die jeweiligen Anwendungen einem Sammelsystem zugeführt werden. Dazu wurde ange- nommen, dass 95 % aller in Europa außer Dienst ge- stellten Elektrofahrzeuge in einem entsprechenden System landen, bei einer 10%- bis 20%-tigen Quote für die Weiternutzung von im Sammelsystem erfassten EV- Batterien in Second-Life-Anwendungen (Lebensdauer dort: 6 Jahre). • Für die für den Export gesammelt (nicht Second-Life- Anwendung) zugeführten Batterien wurden zeitlich konstante Quoten von 10 % bis 50 % angenommen.11 Diese Exportraten wirken sich stark auf die Quantifi- zierung der Recyclingmengen in Europa aus. 11 Vgl. Circular Economy Initiative Deutschland 2020 12 Vgl. Mayyas 2018 13 Vgl. Circular Economy Initiative Deutschland 2020 11
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA RÜCKLAUFMENGEN BIS 2040 Recyclingaufkommen ausmachen als der Rücklauf aus alten Fahrzeugbatterien. • Vor 2030 werden Altbatterien aus Elektronik und an- deren 3C-Anwendungen, vor 2035 Neuschrotte aus der • Ab 2035 werden alte Fahrzeugbatterien den weitaus Batterieproduktion noch einen größeren Anteil am größten Anteil der Rücklaufmengen zum europäischen LIB-Recycling ausmachen (siehe Abbildungen 4–6). RÜCKLAUF (KILOTONNEN) 2025 2030 2035 2040 min. Basis max. min. Basis max. min. Basis max. min. Basis max. Zell-, Packproduktion 32 59 75 44 95 118 54 118 149 58 132 170 xEV Pkw und Nfz 9,2 9,8 10,4 67 77 86 218 389 559 513 1.030 1.550 3C, ESS, eBikes, Scooter 25 33 41 39 55 72 50 90 132 70 168 269 Gesamt 66 102 127 150 227 277 323 597 840 642 1.330 1.990 Abbildung 4: Batterierecycling in Europa – Zusammenfassung Rücklaufmengen Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 2000 1500 (kt) 1000 500 0 2020 2025 2030 2035 2040 PxEV Cell PxEV Pack CxEV Cell CxEV Pack ESS Cell ESS Pack 3C Cell Other Cell Cell Prod. Pack Prod. min. max. Abbildung 5: Rücklaufmenge LIB (Pack-Ebene. Mengenangaben nach Abzug von Sammelverlusten und Exporten. Balken zeigen das Basis-Szenario) Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 12
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 2020 2025 2030 2035 2040 PxEV Cell PxEV Pack CxEV Cell CxEV Pack ESS Cell ESS Pack 3C Cell Other Cell Cell Prod. Pack Prod. Abbildung 6: Anteile Rücklaufmenge LIB (Pack-Ebene. Mengenangaben nach Abzug von Sammelverlusten und Exporten. Balken zeigen das Basis-Szenario) Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 MODELLPARAMETER FÜR genden ökonomischen Schwierigkeiten verbunden, in Zu- RECYCLINGEFFIZIENZEN kunft wird dennoch mit hohen Recyclingraten gerechnet. • Der Fokus des heutigen und zukünftigen LIB-Recyclings • Die Rohstoffe mit niedrigerem Wert wie Mangan so- liegt auf den teuren und teilweise versorgungskritischen wie Kunststoffe werden voraussichtlich auch in Zu- Metallen Nickel, Cobalt und Kupfer. kunft eher dem Downcycling14 oder der thermischen Verwertung zugeführt, sodass diese bis 2040 niedrige • Das Recycling des in den Zellen enthaltenen Lithiums und Recyclingraten aufweisen werden. Aluminiums ist derzeit mit technischen und daraus fol- EFFIZIENZ ZELLRECYCLING (%) 2020 2040 min. max. min. max. Lithium 0 0 85 90 Cobalt 75 90 90 95 Nickel 75 90 90 95 Kupfer 75 90 90 95 Eisen/Stahl 90 90 90 95 Aluminium 66 66 90 90 Mangan 0 0 0 90 Kohlenst. EoL 0 0 0 10 Kohlenst. Produktionsausschuss 0 0 10 50 Polymere 0 0 0 0 Abbildung 7: Effizienz Zellrecycling Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 14 Beim Downcycling werden Abfallprodukte zwar wiederverwertet, allerdings fallen Wertverluste im Weiterverarbeitungsprozess an. 13
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA 4 ERGEBNISSE: RECYCLING IN EUROPA 4.1 QUANTIFIZIERUNG DER RECYCLINGMENGEN MENGE UND WERT DER RÜCKGEWONNENEN Verlust an, wird thermisch verwertet oder besitzt nach METALLE Abschluss der Prozesse eine untaugliche Qualität. • Unter Annahme entsprechender Recyclingeffizienzen • Auf Basis mittlerer Rohstoffpreise für 2020 beläuft sich und der Szenarien für Rücklaufmengen (Kapitel 3) erge- der Wert der Rezyklate im Basis-Szenario für das Jahr ben sich die in Abbildung 8 angegebenen Rezyklatmen- 2040 auf circa fünf Milliarden Euro (Minimal-Szenario: gen für ausgewählte Metalle und Materialien. Im Ver- 2,1 Milliarden Euro, Maximal-Szenario: 8,3 Milliarden gleich zur Gesamtmasse der dem Recycling zugeführten Euro). Altbatterien liegt die Gesamtrückgewinnungsrate je nach Szenario zwischen 45 und 75 %. Der Rest fällt als 1000 900 800 700 600 Material (kt) 500 400 300 200 100 0 2020 2025 2030 2035 2040 Li Mn Fe/steel Co Si max. Ni Cu Al Gr min. Abbildung 8: Rezyklatmenge europäisches Recycling Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 14
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA 8000 7000 6000 5000 (mio. €) 4000 3000 2000 1000 0 2020 2025 2030 2035 2040 Li Mn Fe Co Si Ni Cu Al Gr Battery grade Abbildung 9: Materialwert Rezyklate Metalle/Materialien Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 4.2 QUANTIFIZIERUNG VON INVESTITIONEN UND BESCHÄFTIGUNG LIB-RECYCLINGANLAGEN IN EUROPA investitionen liegt im Bereich 1 bis 8 Millionen Euro/(kt/a) (Kilotonne/Jahr). • Die Mehrzahl der in Europa in Betrieb befindlichen oder entstehenden Anlagen sind zunächst noch Pilotanlagen. QUANTIFIZIERUNG INVESTITIONEN UND • Die in Europa angekündigten Recyclinganlagen ent- BESCHÄFTIGUNG: VORGEHENSWEISE sprechen einer Gesamtkapazität von 33 kt/a15. • Der Vergleich der angekündigten Recyclinganlagen von • Die meisten Anlagen produzieren Schwarzmasse durch etwa 33 kt/a zum prognostizierten Bedarf für europäi- mechanische Aufbereitung, die dann extern bei metall- sche Recyclingkapazitäten von etwa 100 kt/a im Jahr urgischen Unternehmen weiterverarbeitet werden kann. 2025 auf etwa 1.300 kt/a im Jahr 2040 zeigt, dass die Größenordnung der angekündigten Anlagen deutlich • Die Angaben zu Initialinvestitionen der Anlagen gehen unter dem zukünftigen Bedarf liegt. weit auseinander, was in der Verwendung unterschied- licher Technologien, unterschiedlicher Endprodukte und • Eine Investitionsbedarfseinschätzung für weitere ihrem Pilotliniencharakter begründet ist. Die Bandbrei- Recyclinganlagen und die damit verbundenen Arbeits- te der in Pressemitteilungen kommunizierten Initial- platzeffekte hat ergeben, dass 1 bis 3 Millionen Euro an 15 Summe der bekannten/angekündigten Kapazitäten 15
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA (Initial-)Investitionen und 5 bis 7 Arbeitsplätze pro kt • Der Anteil der Batterien aus Elektromobilitäts- jährliche Recyclingkapazität erforderlich sein werden. anwendungen und der entsprechende Anteil beim Investitionsbedarf macht dabei zwischen 70 und 80 % • Bereits aufgebaute Anlagen/Investitionen/Recyclingka- der gesamten LIB-Recyclingmenge bzw. des gesamten pazitäten bleiben nicht ohne Weiteres bestehen, Investitionsbedarfs aus. sondern müssen mittels Reinvestitionen erneuert wer- den (zum Beispiel 5 % Abschreibung p.a.16). • Die zeitliche Entwicklung des Investitionsbedarfs für die Jahre 2025 bis 2040 ist in Abbildung 10 abgebildet. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Investitionen zum BATTERIERÜCKLAUF AUS XEV UND ALLEN Teil Jahre früher anfallen, d.h. im Verlauf des Aufbaus LIB-ANWENDUNGSGEBIETEN der Recyclingkapazitäten und nicht, wie hier angenom- men, erst zum Zeitpunkt des Anfalls der Rücklaufmenge. • Das Recycling von Batterien aus den betrachteten LIB-An- wendungsgebieten (xEV, ESS, 3C, Micromobility) inklusive • Neben den Initialinvestitionen kann auch von Re- der Ausschüsse europäischer Zellproduktionen erfordert investitionen in die Infrastruktur ausgegangen wer- den Aufbau einer Recyclingkapazität zwischen 600 und den, die sich bei einem Abschreibungssatz von 5 % 2.000 kt/a bis 2040. Die dafür nötigen Initialinvestitio- p.a. vom Ausgangswert bis 2040 auf 800 Millionen nen kumulieren sich auf circa 3 Milliarden Euro bis zum Euro kumulieren (Spannbreite circa 200 Millionen Jahr 2040 (Spannbreite circa 0,6 Milliarden Euro (Min.- Euro (Minimal-Szenario) bis circa 1,7 Milliarden Euro Szenario) bis circa 6 Milliarden Euro (Max.-Szenario)). (Maximal-Szenario)). 900 800 700 Jährliche Initialinvestitionen (mio. €) 600 500 400 300 200 100 0 2025 2030 2035 2040 Max. Basis Min. Abbildung 10: Initialinvestitionen zum Erreichen der nötigen Recyclingkapazität EU+ Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 16 Vgl. Kwade 2012 16
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA BATTERIERÜCKLAUF AUS XEV UND ALLEN Storage System (ESS), Computing, Consumer, Commu- LIB-ANWENDUNGSGEBIETEN nication (3C) etc.) inklusive der Produktionsausschüsse, so ergeben sich bei gleichen Arbeitsplatzsätzen (5 bis 7 • Betrachtet man lediglich die Recyclingmengen aus Elek- Arbeitsplätze pro kt jährliche Kapazität) deutlich höhere tromobilitätsanwendungen, so ist im Basis-Szenario Beschäftigungsbedarfe für das Recycling. von einem Anstieg von etwa 60 Arbeitsplätzen im Jahr 2025 auf etwa 6.200 Arbeitsplätze im Jahr 2040 auszu- • Im Basis-Szenario ist unter Berücksichtigung aller An- gehen. In der Extrembetrachtung der Minimal- und Ma- wendungen und Quellen von einem Anstieg der be- ximal-Szenarien ergibt sich im Jahr 2040 ein Personal- nötigten Arbeitskräfte von etwa 160 im Jahr 2025 auf bedarf von 2.600 bis 11.000 Personen. circa 8.000 im Jahr 2040 auszugehen. In der Extrem- betrachtung der Minimal- und Maximal-Szenarien er- • Wird nicht nur der LIB-Rücklauf aus E-Mobilitätsan- gibt sich im Jahr 2040 ein Personalbedarf von 3.200 wendungen berücksichtigt, sondern auch der Rücklauf bis 14.000 Personen. Wird zusätzlich die Sammlung be- aus allen anderen LIB-Anwendungsgebieten (Energy rücksichtigt, so könnten in Europa bis 2040 zusätzlich zwischen 6.000 und 16.000 Arbeitsplätze entstehen. 15000 12000 9000 Personalbedarf (#) 6000 3000 0 2025 2030 2035 2040 Max. Basis Min. Abbildung 11: Personalbedarf für Recycling in EU+ (exkl. Sammlung) Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 17
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA DEUTSCHLANDS ANTEIL AM EUROPÄISCHEN produktionshochlaufs in Europa erlangt Deutschland bis BATTERIERECYCLING 2030 einen Anteil von 34 % bei den angekündigten Ka- pazitäten etablierter Hersteller (Basis für Minimal-Sze- • Eine Quantifizierung der Recyclingmengen für Deutsch- nario) und unter Hinzurechnung der Hälfte optional oder land, wie sie in der Untersuchung für Europa durchge- von neuen Herstellern angekündigten Kapazitäten einen führt wurde, ist nur begrenzt möglich. Die Vernetzung Anteil von 30 % (Basis- und Maximal-Szenario). der deutschen Automobil-Gebrauchtmärkte mit ande- ren europäischen Ländern ist sehr stark, ebenso finden • Unter der Annahme eines ortsnahen Recyclings der Ab- Importe und Exporte von Schrotten in großem Umfang fallprodukte von Zellfabriken könnten damit gerade in statt. Als Teil gesamteuropäischer Märkte wären die Un- den Jahren 2025 bis 2035 hohe Anteile der in Europa sicherheiten einer Quantifizierung für Deutschland ex- entstehenden Recyclingmengen in Deutschland verar- trem groß und somit nur bedingt aussagekräftig. beitet werden. Die in Deutschland anfallende Recycling- menge aus der Zellproduktion könnte dementsprechend • Differenziert nach den unterschiedlichen Materialquellen 2030 zwischen 13 und 35 kt/a und 2040 zwischen 17 für ein Batterierecycling kann die Rolle Deutschlands je- und 51 kt/a ausmachen.17 doch grob einsortiert werden. In den Szenarien des Zell- RÜCKLAUF (KTONNEN) DE 2030 2040 min. max. min. max. Zell-, Packproduktion 13 35 18 51 xEV Pkw und Nfz 4 26 30 430 3C, ESS, eBikes, Scooter 2 17 3 62 Gesamt 19 78 51 543 Abbildung 12: Deutschlands Anteil am europäischen Batterierecycling Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 • Bezogen auf die Neuzulassungen von Pkw im Jahr 2020 beim Gefahrengut Batterie. Gegenargumente finden besaß Deutschland einen Anteil von 28 % am europäi- sich in vergleichsweise hohen Lohn- und Energiekosten, schen Markt, bei batterieelektrischen Pkw von 30 % was ein Schrottexport und Recycling in zum Beispiel und bei Plug-in-Hybriden sogar von 40 %. osteuropäischen Ländern begünstigen würde. Recyclingmengen lassen sich daraus jedoch nicht direkt • Vergleichbare Standortfaktoren finden sich auch in ablesen, da eine Prognose des Verbleibs außer Verkehr der Batteriezellfertigung. Für ein fortgeschrittenes und gesetzter Fahrzeugbatterien aktuell noch nicht möglich automatisiertes Batterierecycling ist der Aufbau einer ist. Es ist jedoch – analog zur Situation bei Verbrennern entsprechenden Industrie in Deutschland nicht un- – davon auszugehen, dass ein signifikanter Anteil der wahrscheinlich. Am Ende könnten dafür nicht nur die in Deutschland neu zugelassenen Elektrofahrzeuge im Standortfaktoren, die die Schrottentstehung und das Laufe ihres Lebens exportiert werden. Recycling selbst betreffen, ausschlaggebend sein, son- dern auch die Nähe zu Abnehmern der Rezyklate. • Im Falle kleinerer Batterieanwendungen (Elektronik oder Micromobility) ist das Erreichen des Lebensendes • Für Beschäftigungseffekte in Deutschland bedeutet dies in Deutschland wahrscheinlich. Eine Zuführung in die eine Spanne von circa 130 bis circa 470 Beschäftigten Sammelsysteme sollte daher lokal erfolgen. Dafür spre- im Jahr 2030 und circa 300 bis circa 3.300 Beschäftig- chen auch hohe Logistikkosten und ein hoher Aufwand ten im Jahr 2040. 17 Die Maximalabschätzung unterstellt, dass netto keine Schrotte und Fahrzeuge exportiert werden. Die Minimalabschätzung beinhaltet lediglich die Neuschrotte aus der Zellproduktion zu 100 % (keine Exporte), gebrauchte Batterien aus Fahrzeugen und anderen Anwendungen zu 20 % (80 % Export während oder nach Lebenszeit). 18
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA • Um eine Recyclingkapazität in Höhe von 19 bis 78 kt/a (vgl. den Rücklauf in Deutschland im Jahr 2040) erfor- (siehe Tabelle oben) zu erreichen, sind Initial- dert dagegen Initialinvestitionen in Höhe von circa 0,1 investitionen in Höhe von 40 bis 160 Millionen Euro bis 1 Milliarde Euro. notwendig. Eine Recyclingkapazität von 51 bis 543 kt/a 5 ZUSAMMENFASSUNG UND IMPLIKATIONEN FÜR DEN STANDORT EUROPA UND DEUTSCHLAND IMPLIKATIONEN FÜR DEN STANDORT Implikationen für den Standort Deutschland und Europa EUROPA /DEUTSCHLAND ableiten. Diese erstrecken sich über die Themenfelder Marktentwicklung, regulatorische Bedingungen, öko- • Ausgehend von den Ergebnissen der Quantifizierung logischer Fußabdruck und internationaler Wettbewerb. (siehe oben) lassen sich Handlungsempfehlungen und Standardisierte und maschinenlesbare Nachverfolgbarkeit Einheitliches (europäisches) Monitoring des Kapazitätsaufbaus Batterieinformationen (Automatisierung von Batterien und und offenes Sammelsystem, vs. Bedarf und ggf. Nachsteuerung von Sortierung u. Demontage) Fahrzeugen kein "Pfandchaos" (Politik/Förderung) Marktentwicklung Beschleunigte Genehmi- gungsverfahren: Zeitrah- men von Anlagengenehmi- gung und -zertifizierungen Anwendungsorientierte Beschleunigte Umsetzung Regulatorische HANDLUNGS- Internationaler Forschung und Entwicklung des neuen EU-Batterie- Bedingungen EMPFEHLUNGEN Wettbewerb zu nachhaltigen Verfahren, regulierungsvorschlags CO2-Fußabdruck und Automatisierung fördern Klare Rezyklatdefinition. Downcycling schließt den Kreislauf nicht Ökologischer Fußabdruck Klare Systemgrenze setzen. Schwierig Sinnvolle Umweltstandards setzen. Begünstigt zu recycelnde Materialien dürfen nicht unter lokales Recycling und vorgelagerte Infrastruktur- dem "Aluminiumberg" verschwinden zulieferer –> USP für Anlagentechnik Abbildung 13: Handlungsempfehlungen Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 19
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA MARKTENTWICKLUNG 2000 • Die Quantifizierung zeigt, dass Altbatterien aus Elek- 1500 tronik und anderen 3C-Anwendungen vor 2030 und Neuschrotte aus der Batterieproduktion vor 2035 noch (kt) einen größeren Anteil am Recyclingaufkommen aus- 1000 machen werden als der Rücklauf aus alten Fahrzeug- batterien. Ab 2035 werden alte Fahrzeugbatterien den 500 weitaus größten Anteil am Recylcingaufkommen aus- machen. Für 2040 wird eine zu recycelnde Batterie- 0 menge von mehr als 1.000 kt/a erwartet. 2020 2025 2030 2035 2040 • Das für das LIB-Recycling benötigte technische Know- PxEV Cell PxEV Pack CxEV Cell CxEV Pack how ist in Europa vorhanden und es befinden sich ESS Cell ESS Pack 3C Cell Other Cell Pilotanlagen unterschiedlicher Unternehmen mit einer Cell Prod. Pack Prod. min. max. Gesamtkapazität von mindestens 33 kt/a Altbatterien in Betrieb oder in Planung. Abbildung 14: Rücklaufmenge LIB Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 • Das Hochskalieren dieser Verfahren ist möglich, sodass • Für den Betrachtungsraum EU+ wird ein geschätz- auch im industriellen Maßstab große Mengen an LIB ter (Initial-)Investitionsbedarf im Recyclingbereich recycelt werden können. Die derzeitigen Kapazitäten in einer Größenordnung von etwa 3 Milliarden Euro sind jedoch noch zu niedrig, um die in den nächsten (kumuliert bis 2040) erwartet (Basis-Szenario, 0,6 Jahren auftretenden Recyclingmengen bewältigen zu bis 6 Milliarden Euro min./max.). Dadurch könnte ein können. Personalbedarf von circa 8.000 Beschäftigten (exklusi- ve Sammlung) im Jahr 2040 entstehen (Basis-Szenario, 3.000 bis 14.000 Arbeitsplätze min./max.). 1000 Jährliche Initialinvestitionen (mio. €) 800 600 400 200 0 2025 2030 2035 2040 Max. Basis Min. Abbildung 15: Initialinvestitionen zum Erreichen der nötigen Recyclingkapazität EU+ Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 20
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA 15000 12000 Personalbedarf (#) 9000 6000 3000 0 2025 2030 2035 2040 Max. Basis Min. Abbildung 16: Personalbedarf Recycling in EU+ (exkl. Sammlung) Quelle: Fraunhofer ISI, Fraunhofer ISC 2021 • Die Rohstoffnachfrage durch die erwarteten steigenden • Besonders der geforderte Rezyklateinsatz in der Batte- Produktionszahlen von LIB in Europa wird im Betrach- rieproduktion kann als starker Treiber für das Recycling tungszeitraum nicht durch Rezyklate gedeckt werden wirken, da die erzeugte Nachfrage nach sekundären können, sodass die primäre Rohstoffproduktion wei- Batterierohstoffen zur Profitabilität der Recyclingaktivi- terhin von großer Bedeutung sein wird. täten beiträgt. • Mit einer Deckungsquote > 10 % der Nachfrage durch • Unklarheiten im Regulierungsvorschlag bestehen je- Zellproduktionen in Europa für Lithium, Nickel, Kupfer doch darin, dass derzeit noch offen ist, worauf sich die und von > 20 % für Cobalt sind die Rezyklatmengen aber geforderten Recyclingeffizienzen beziehen (System- absolut signifikant. Ein lokales Recycling hätte damit grenze), das heißt, es wird möglicherweise Raum gelas- einen signifikanten Einfluss auf die Rohstoffverfüg- sen für „Pseudo-Recycling-Verfahren“ (zum Beispiel nur barkeit in Europa. Eine hohe Rohstoffverfügbarkeit in Recycling bis zur Schwarzmasse). Europa könnte wiederum die lokale Batteriematerial- industrie aktivieren und/oder stärken. • Besonders hohe Prozesskosten der Recyclingbetriebe stellen derzeit noch wirtschaftliche Hemmnisse für das LIB-Recycling dar. Diese Kosten können erwartungsge- REGULATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN mäß durch steigendes Know-how und Skaleneffekte in Zukunft reduziert werden. Weitere Hemmnisse bestehen • Mit dem Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung durch lange und aufwändige Genehmigungsprozesse. von Batterierecycling sollen Wettbewerbsverzerrungen durch EU-weite Geltungsbereiche verhindert werden. • Da die schnelle Transformation von Technologien nicht Eine Due Diligence legt außerdem die Verantwortlich- ohne Risiko erfolgt und der Anschub hier noch nicht keiten für Sozial- und Umweltwirkungen der Batterie- stattgefunden hat, kann sich die Kürzung von Abschrei- produktion fest. Der Vorschlag umfasst den gesamten bungsfristen im Fall der Brennstoffzellentechnologie als Lebenszyklus der Batterie von der Herstellung bis zur hilfreiches Instrument zur Senkung der Investitions- Entsorgung. schwelle erweisen. 21
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA • Unterschiedliche Recyclingverfahren werden voraus- INTERNATIONALER WETTBEWERB sichtlich parallel weiterentwickelt und auch in Zukunft nebeneinander existieren. Da die Verfahren unter- • Innerhalb Europas ist das nötige Know-how und die für schiedliche Vor- und Nachteile aufweisen, wird sich ver- die industrielle Umsetzung des LIB-Recyclings in rele- mutlich nicht die eine Recyclingtechnologie durchsetzen. vanten Industriesparten wie dem Anlagenbau vorhan- Dennoch setzt ein Großteil der in der EU angekündigten den. Der Aufbau einer Recyclingindustrie wird jedoch Recyclinganlagen auf die kalte Prozessroute20. wesentlich von weiteren Standortfaktoren und Import-/ Exportströmen von Fahrzeugen während ihrer Lebens- • Wesentliche Faktoren des ökologischen Fußabdrucks zeit abhängen. lassen sich nur im Fall eines lokalen Recyclings kon- trollieren. So etwa der Logistikfußabdruck, die Kon- • Dabei ist es wahrscheinlich, dass LIB-Recycling vor trolle über den verwendeten Energie- und Strommix, allem aus Sicherheits- und Transportkostengründen das tatsächliche Erreichen geforderter Recycling- bis zur Schwarzmasse innerhalb Europas stattfinden effizienzen sowie die Einhaltung von Umwelt- und wird. Aus dem gleichen Grund ist jedoch auch mit einem Arbeitsschutzauflagen. niedrigen Import nach Europa zu rechnen. • Durch die Verringerung des Imports von Rohstoffen • Ab der Schwarzmasse könnte das Recycling stärker beziehungsweise durch die vermehrte Nutzung von globalisiert werden, da der spezifische Metallwert pro (einheimischen) Rezyklaten können politische, soziale Masse steigt und es sich dabei nicht um Gefahrengut und ökologische Risiken in den wichtigsten Abbaulän- handelt. Nur lokale Recyclingmöglichkeiten würden je- dern in Afrika, Asien und Südamerika reduziert werden. doch auch für den Logistikanteil des CO2-Fußabdrucks Zudem stärkt eine lokale Verfügbarkeit von Rezyklaten von Batterien Reduktionspotenziale eröffnen. auch deren lokale Weiterverwendung, das heißt die Materialindustrie in Europa. Auch hier gelten die ge- • In der Regel sind die Recyclingprozesse hochautomati- nannten ökologischen Argumente zur Verwendung sierbar18, weshalb hohe Lohnkosten keine entscheiden- grüner Energieträger. den Standortnachteile bedeuten müssen. • Im internationalen Vergleich ist heute China Welt- HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN marktführer mit den größten Recyclingkapazitäten. In den USA werden aktuell Möglichkeiten zur Stärkung POLITIK eines inländischen Batterierecyclings geprüft. Europäi- sche und deutsche Regularien stellen derzeit noch eine Sowohl vonseiten der Batterieproduzenten und Automobil- Herausforderung für Anlagenbauer oder Betreiber aus hersteller als auch vonseiten der entstehenden Recycling- China dar, weshalb bisher von dieser Seite keine Wett- industrie besteht großes Interesse an der Etablierung einer bewerbsgefahr für die europäische Recyclingindustrie Kreislaufwirtschaft für Batteriematerialien. Die Politik hat droht. Diese besteht derzeit eher durch den Export von den Auftrag, geeignete Rahmenbedingungen zu setzen, in Europa anfallenden Schrotten.19 welche wirtschaftlich tragfähige und ökologisch nachhalti- ge Recyclinggeschäftsmodelle ermöglichen. ÖKOLOGISCHER FUßABDRUCK • Rechtssicherheit schaffen und beschleunigte Umset- zung des neuen EU-Batterieregulierungsrahmens vo- • Das Recycling von LIB stellt durch die Komplexität des rantreiben: In Europa positionieren sich viele Akteure Batterieaufbaus, die Diversität der enthaltenen Roh- mit Pilotanlagen und unterschiedlichen Recyclingver- stoffe sowie die Sicherheitsproblematik bei Transport, fahren. Die Umsetzung von Geschäftsmodellen richtet Lagerung und Recycling durch die enthaltene Restener- sich nach politischen Rahmenbedingungen, welche gie und toxische Inhaltsstoffe eine große Herausforde- heute noch teilweise offen sind. Für die weitere Indus- rung dar. trieentwicklung ist eine möglichst schnelle Schaffung 18 Diese Entwicklung hängt stark von den Standardisierungsbestrebungen der Produzenten ab (vgl. „Standardisierung vorantreiben“, S. 24). 19 Die Novellierung der Europäischen Richtlinie zu Batterien und Akkumulatoren wird ab 2022 konkrete Anforderungen wie Nachhaltigkeit, Sicherheit, Kennzeichnung, End-of-Life-Management etc. regulieren. Um Batterien in die Europäische Union exportieren zu können, müssen auch nicht europäische Batterieproduzenten diese Anforderungen beachten. 20 Eine konstante Prozesskälte in Batterieproduktion und -recycling stellt eine wichtige Voraussetzung für effiziente Produktions- und Recyclingverfahren dar. 22
AG 4 BATTERIERECYCLINGMARKT EUROPA von Rechtsklarheit und Planungssicherheit geboten. • Monitoring einführen: Die heute angekündigten Insbesondere sollten alle Regulierungsmaßnahmen Recyclingkapazitäten genügen nicht, um mittelfristig möglichst klare Systemgrenzen setzen und eine tat- eine Kreislaufführung aller Batteriematerialien zu ge- sächliche Kreislaufführung von Ressourcen unterstüt- währleisten. Die tatsächliche Entwicklung der Recy- zen. Eine einheitliche europäische Regulierung fördert clingkapazitäten sollte daher durch geeignete Mo- die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. nitoringprogamme begleitet werden. Diese können Aufschluss darüber geben, ob der Markt schnell genug • Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen gewährleisten: auf die dynamische Entwicklung der Batterierücklauf- Eine mögliche Regulierung der Batteriekreislaufwirt- mengen reagiert oder ob gegebenenfalls seitens der schaft sollte darauf abzielen, dass sich über alle Wert- Politik, zum Beispiel durch Investitionsanreize, nach- schöpfungsstufen hinweg der ökologisch nachhaltigste gesteuert werden müsste. Prozess durchsetzt. Deshalb muss darauf geachtet wer- den, dass die gewählte Regulierung zwar hinreichend • Umwelt- und Effizienzstandards setzen und verbes- konkret ist, um die tatsächliche Kreislaufführung von sern: Verpflichtende Umweltstandards bei der Be- Ressourcen sicherzustellen, die technologieoffene Ent- handlung von Batterien und Vorgaben zu Recycling- wicklung zukünftiger Technologiepfade und Geschäfts- effizienzen bilden einen Mindestrahmen, welcher den modelle aber weiterhin möglich bleibt. Eine möglichst nachhaltigen Umgang mit zum Teil kritischen Batterie- vollständige Kreislaufführung sollte auch wirtschaftlich materialien gewährleisten soll. Darüber hinaus sollten attraktiv sein. Die Geschäftsmodelle, die sich unter an- sinnvolle Zielvorgaben dazu beitragen, Verfahren weiter derem aus den regulativen Rahmenbedingungen erge- zu verbessern, um zum Beispiel auch den CO2-Fußab- ben können, sollten auch in Zukunft tragfähig sein, das druck des Recyclings selbst zu verkleinern. Die CO2- heißt selbst bei sich verändernden Batteriezellchemien Einsparung in der Logistik könnte unter anderem durch (zum Beispiel LFP) oder schwankenden Rohstoffpreisen. die Etablierung eines europäischen Demontagenetz- werks unterstützt werden. Weitere Verbesserungen • Markthemmnisse abbauen: Neue Geschäftsmodelle könnten durch die Berücksichtigung von Materialien zur Verwertung genutzter Batterien können zusätzliche im Recyclingprozess, welche nach heutigem Stand der ökonomische und ökologische Potenziale heben. Um Technik einem Downcycling oder der thermischen Ver- diese zu ermöglichen, sollten Hemmnisse, zum Beispiel wertung zugeführt werden, erfolgen. die Informationsverfügbarkeit zu Batteriekonstruktion und Materialien oder den Zustand der Batterie (State of • Rückgabe und Sammlung beobachten: Batterien be- Health/State of Charge) betreffend, abgebaut werden. sitzen einen hohen Materialwert. Damit bestehen in Die Zugänglichkeit von Batterienutzungsdaten sollte für Zukunft bei geklärten Besitzverhältnissen auch ent- die Bewertung der Batteriesicherheit und Tauglichkeit sprechende Anreize, gebrauchte Batterien einem für Second-Life-Anwendungen gegeben sein. Gerade für Sammelsystem zuzuführen, falls Endkund:innen die schnelle Reaktion auf dynamisch wachsende Märkte am monetären Restwert der Batterie beteiligt wer- sollten Zulassungs- und Zertifizierungsprozesse für An- den. Maßnahmen wie etwa die Einführung von Pfand- lagen und Verfahren effizienter gestaltet sein. systemen stellen einen zusätzlichen Verwaltungsauf- wand für die beteiligten Akteure dar und sollten nur • Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Batterierecyc- dann in Erwägung gezogen werden, falls die marktge- lingindustrie ermöglichen: Um die Versorgung mit Alt- triebene Zuführung gebrauchter Batterien zu Sammel- batterien im Inland sicherzustellen, sollte die Verschif- systemen versagt oder die Rückgabe aufgrund eines fung von ebendiesen (und der Zwischenprodukte des geringen Materialwerts der Batterien unattraktiv wird. Recyclings) zur Behandlung und zum Recycling in Länder Die Nachverfolgbarkeit von Batterien sollte in jedem außerhalb der EU verhindert werden, wenn in diesen Fall gewährleistet sein, um unsachgemäßen Verbleib zu Ländern keine „gleichwertigen Bedingungen“ für diese verhindern. Prozesse gelten (siehe Entwurf EU-Battery Regulation). Es sollten daher möglichst schnell, auf Grundlage der • Forschung und Entwicklung fördern: Die europäische europäischen Umwelt- und Sozialstandards, einheitliche Recyclingindustrie verfügt über weitgehendes Know- Kriterien zur Anwendung innerhalb der EU entwickelt how aus der Behandlung und Verwertung vielfältiger werden. Darüber hinaus muss ein wirksamer Kontroll- Abfallströme und ist damit gut auf die Etablierung und Durchsetzungsmechanismus zur Sicherstellung die- eines LIB-Recyclings vorbereitet. Zur langfristigen Si- ser „gleichwertigen Bedingungen“ eingerichtet werden. cherung der Wettbewerbsfähigkeit ist es wichtig, die Wirtschaftlichkeit von hoch effizienten und ökologisch 23
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