Gruppenidentifikation und wahrgenommene Fairness bei kollektiven Aktionen gegen Studiengebühren - Philipps-Universität Marburg

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Gruppenidentifikation und
wahrgenommene Fairness bei kollektiven
   Aktionen gegen Studiengebühren

               von Johannes Nau

                - Semesterarbeit -

         Philipps-Universität Marburg

            Betreuerin: Dr. Julia Becker

                   01.06.2008
Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung                                            Seite 1
   1.1.Stichwörter                                            Seite 1

2. Theorie                                                    Seite 1
   2.1. Hintergrund zu Studiengebühren und Protesten          Seite 1
   2.2. Social Identity Theory                                Seite 2
   2.3. Politicized Collective Identity                       Seite 3
   2.4. Wahrgenommene Fairness, Relative Deprivation Theory   Seite 4
   2.5. Kollektive Aktionen                                   Seite 5
   2.6. Hypothesen                                            Seite 6

3. Methoden                                                   Seite 7

4. Ergebnisse                                                 Seite 8
   4.1. Faktorenstruktur der Aktionen                         Seite 8
   4.2. Hypothese 1                                           Seite 9
   4.3. Hypothese 2                                           Seite 10
   4.4. Hypothese 3                                           Seite 11

5. Diskussion                                                 Seite 12

6. Quellen                                                    Seite 14

7. Anhang                                                     Seite 16
1. Zusammenfassung

In der vorliegenden Studie wurde mittels eines Onlinefragebogens mit 361 Versuchsteilnehmern die
Einstellung zu Studiengebühren und dem damit zusammenhängenden Protestverhalten erhoben. Die
erste Hypothese testet die Identifikation als Studierender beziehungsweise jene mit der
Protestbewegung als Prädiktor für kollektive Aktionen, die in normative, moderat nicht normative
und extrem nicht normative unterteilt wurden. Signifikant wurden die Identifikation mit der
Protestbewegung bei normativen, moderat und extrem nicht normativen Aktionen und die
Identifikation mit Studierenden bei moderat und extrem nicht normativen. Die zweite Hypothese
testet die wahrgenommene Fairness bezüglich Studiengebühren als zusätzlichen Prädiktor für
kollektive Aktionen, wobei nur normative Aktionen durch Fairness vorhergesagt werden können.
Eine dritte Hypothese korreliert das Studienfach, aufgeteilt in „progressiv“, „neutral“ und
„konservativ“, mit der Bereitschaft zu kollektiven Aktionen. Je „progressiver“ das Studienfach
einzelner Individuen desto eher nehmen sie an normativen und moderat nicht normativen Aktionen
teil.

1.1. Stichwörter:
Gruppenidentifikation, Studiengebühren, Einstellung, wahrgenommene Fairness, kollektive
Aktionen, Protestbewegung

2. Theorie

2.1. Hintergrund zu Studiengebühren und Protesten
Im April 2006 gab die CDU geführte Landesregierung in Hessen bekannt, ab dem Wintersemester
07/08 allgemeine Studiengebühren einzuführen. Seither finden in allen hessischen Hochschulorten
Proteste in Form von Demonstrationen, Vollversammlungen, Protestcamps und Blockaden statt.
Trotz der Gegenwehr seitens der Studierenden und deren Sympathisanten wurde das Gesetz
beschlossen und allgemeine Studiengebühren eingeführt. Die Bewegung ließ sich dadurch nicht
abhalten und so wurden die Protestformen zusehends kraftvoller und radikaler. Schnell wurden die
anfänglich noch ruhigen Demonstrationen durch immer mehr Spontandemonstrationen mit
Autobahnbesetzungen und Blockaden von zentralen Universitäts- und Landesregierungsgebäuden
ersetzt. Studierende ganz Hessens und Deutschlands organisierten sich im gemeinsamen Protest
gegen die Ökonomisierung der Bildung.
Im Sommer 2007 wurden hessenweit knapp 80.000 Unterschriften für eine Verfassungsklage gegen
Studiengebühren unterschrieben, da Artikel 59 der hessischen Verfassung die Unentgeltlichkeit von
Unterricht an    Grund-,   Mittel,   höheren   und   Hochschulen   garantiert.   Das   Urteil   des
Staatsgerichtshofes wird Mitte Juni erwartet. Darüber hinaus hat die parlamentarische Mehrheit der
derzeitigen Landesregierung die Studiengebühren per Gesetz wieder abgeschafft.

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Die vorliegende Studie wurde entwickelt, um Gruppenidentifikation innerhalb der            Studien-
gebührenproteste und Bereitschaft zu kollektiven Aktionen näher zu erforschen.

2.2. Social Identity Theory
Ob und auf welche Art von Aktionen gegen Studiengebühren sich manche Studierenden einlassen,
hängt stark von ihrem sozialen Verhalten im Gruppenkontext ab. Individuen kategorisieren sich
selbst in verschiedene soziale Gruppen, um eine positive soziale Identität zu erhalten, welche sich
aus der Mitgliedschaft jener Gruppen und der deren Bewertung zusammensetzt (Turner et al.,
1987). Dabei müssen die Individuen ihre Gruppenmitgliedschaft internalisiert haben, sich also
selbst der jeweiligen Gruppe zuordnen und nicht nur von anderen zugeordnet zu werden (Soziale
Identitätstheorie, SIT, Tajfel & Turner, 1979).
. Tajfel & Turner stellen die individuelle Bestimmung des eigenen Standorts im sozialen Umfeld
heraus, der auf wahrgenommener, (positiv) bewerteter und mit (angenehmen) Emotionen
verbundener Gruppenzugehörigkeit basiert. Haben sich Individuen einer Gruppe zugeordnet,
unterscheiden sie sich in ihrem Ausmaß ihrer Identifikation mit dieser Gruppe (Turner, et al. 1987).
Stark mit der Eigengruppe identifizierte Individuen versuchen ihre Gruppe positiv von relevanten
Fremdgruppen abzusetzen, um einen positive soziale Identität herzustellen. Welcher Gruppe sie sich
zugehörig fühlen und wie salient diese Gruppenmitgliedschaft in bestimmen Momenten ist,
beeinflusst sowohl ihre soziale als auch ihre individuelle Identität, die ein Individuum einzigartig
macht und so von anderen unterscheidet. Die Salienz einer Gruppenmitgliedschaft wird durch
persönliche Variablen und den sozialen Kontext gesteuert (Turner et al, 1987). So führt höhere
Identifikation mit einer Gruppe zu einer stärkeren Wahrnehmung von kollektiven Nachteilen
(Mummenday et al., 1999), stärkerem gruppenbasiertem Ärger und damit, durch größerer Relevanz
der ingroup, zu stärkerer Bereitschaft zu kollektivem Handeln (Van Zomeren, Spears & Leach,
2007). Obwohl eine saliente soziale Identität ein Prädiktor der Wahrnehmung kollektiven Nachteils
ist, so lenkt die Wahrnehmung gruppenbasierter Benachteiligung wiederum selbst die
Aufmerksamkeit auf Gruppen und deren ungleiche und unfaire outcomes und macht dadurch
Intergruppenvergleiche und Gruppenidentität salient (Tajfel & Turner, 1979).
Die soziale Identität ist eine wichtige psychologische Funktion für eine Person, da aus ihr
Perspektiven auf die soziale Welt hervorgehen, von denen aus diese interpretiert und verstanden
werden können. Daraus lässt sich eine unmittelbare Abhängigkeit sozialer Identität, auch kollektive
Identität genannt, vom sozialen Kontext ableiten. Saliente Mitgliedschaft in Gruppen fördert die
kollektive Identität von Individuen, die dann ihr soziales Verhalten innerhalb der Gruppe steuert.
Sie bedeutet, dass eine Person die Quelle ihrer Identität (zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer

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relevanten Gruppe) und damit ihre Identität selbst mit anderen teilt. Kollektive Identität kann
anhand von Gruppensymbolen, Ritualen, Überzeugungen und Werten innerhalb der Gruppe
untersucht werden.
Die SIT sagt eine reziproke Beziehung zwischen kollektiver Identität und der Teilnahme an einer
sozialen Bewegung voraus. Einerseits sollte die Identifikation mit einer sozialen Bewegung die
Wahrnehmung der Beteiligung erhöhen, andererseits bestärkt der Intergruppenkonflikt und die
Konfrontation zwischen in- und outgroup, die bei einer Beteiligung entsteht, die kollektive Identität
(Turner et al., 1994). Nach Tajfel (1982a) setzt sich eine soziale Bewegung zusammen aus den
„Anstrengungen einer großen Zahl von Personen, die sich selbst als Gruppe definieren und von
anderen auch als Gruppe definiert werden, kollektiv ein Problem zu lösen, das ihnen ihrer Ansicht
nach gemeinsam ist und das aus ihren Beziehungen zu anderen Gruppen resultiert“.
Kollektive Identität ist neben der Berechnung der Kosten und Nutzen einer Beteiligung
Grundvoraussetzung für gemeinsames Handeln innerhalb einer sozialen Bewegung (Turner et al.
1987, Stürmer & Simon, 2004, Klandermans 1997).                Darüber hinaus sind die gefühlte
Ungerechtigkeit und die Gruppeneffizienz wichtige psychologische Prädiktoren          für kollektive
Aktionen (Klandermans, 1997). Ein hohes Ausmaß an kollektiver Identität führt zur
Stereotypisierung eines selbst und anderer, bei gleichzeitiger Diskriminierung von outgroup-
Mitgliedern. Über die Lebensspanne hinweg besitzt ein Individuum mehrere kollektive Identitäten,
da es sich im Alltag in mehreren verschiedenen Gruppenkontexten befindet, denen nicht unbedingt
immer die gleichen Personen angehören. Diese Identitäten können sich überschneiden, gegenseitig
stören oder gar keine Berührungspunkte aufweisen. Nur in wenigen Fällen schließen sich
verschiedenen Gruppenmitgliedschaften gegenseitig aus (zum Beispiel die gleichzeitige
Zugehörigkeit zu verschiedenen Parteien).

2.3. Politicized Collective Identity
Unzählige Gruppen leben heute nebeneinander, viele von ihnen sind in asymmetrische Intergrup-
penbeziehungen einbettet. Ist eine Gruppe der anderen beispielsweise durch Macht überlegen, fühlt
sich die andere benachteiligt. Aus diesem wahrgenommenen, gemeinsamen Nachteil, der
Erkenntnis, dass er unfair ist und dass die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht werden sollte,
entsteht eine besondere Form der kollektiven Identität, die Politisierte kollektive Identitäten
(‚politicized collective identity’, PCI, Simon & Klandermans, 2001). Sie unterliegt der expliziten
Motivation der Gruppenmitglieder, sich im Kampf um Ressourcen zu engagieren. Die Mitglieder
einer unterlegenen Gruppe müssen sich ihrer Gruppenmitgliedschaft, ihrer gemeinsamen Gegner

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und vor allem dem größeren sozialen Kontext des Machtkampfes bewusst sein. Dadurch machen sie
dritte Akteure (wie zum Beispiel die Öffentlichkeit) auf sich aufmerksam und gewinnen sie für ihre
Interessen. PCI ist ein stetiger Prozess, durch Bewusstmachen gemeinsamer Störfaktoren, der
Identifikation eines externen Gegners, der für diese Faktoren verantwortlich ist und dem Fordern
nach Änderung. Solange diese nicht eintritt wird der Machtkampf fortgesetzt und erweitert, indem
man die Unterstützung von mächtigeren Autoritäten gewinnt. Hierbei ist es wichtig, dass die
Störfaktoren als Gruppenproblem erlebt werden,wobei die kollektive Identität unterstützend auf die
Wahrnehmung des Problems als Gruppenproblem wirkt, da durch Stereotypisierung und
Homogenisierung die persönliche Identität zur kollektiven wird (aus „dein“ und „mein“ wird
„unser“, Simon & Hamilton, 1994, Turner et al., 1987, Simon & Klandermans, 2001). Stürmer und
Simon haben in ihrer Studie von 2004 die kollektive Identifikation mit einer breit gefächerten
sozialen Kategorie (in dieser Studie Homosexuelle) und die politisierteren Form der Identifikation,
nämlich jene mit einer Organisation (Homosexuellenbewegung für mehr Rechte), die sich im
sozialen Protest engagiert, als Prädiktoren für die Partizipation in einer sozialen Bewegung getestet.
Nach dem Ergebnis dieser Studie kann kollektive Identität so sehr politisieren, dass sie ein guter
Prädiktor für kollektive Aktionen ist. Die Identifikation mit einer sozialen Bewegung sagt also die
Bereitschaft zu Aktionen besser voraus als die Identifikation mit der breiteren sozialen Kategorie.
Mittels einer Kreuzkorrelation wurde die Wechselseitigkeit der Vorhersage bestimmt. Die
Identifikation mit einer speziellen Organisation steigert die Teilnahme an kollektivem Protest,
wohingegen die Partizipation an den Protesten die Identifikation erhöht. Zusätzlich dazu, wurde
herausgefunden, dass die Teilnahme an kollektiven Protesten nicht nur die Identifikation mit der
Schwulenbewegung erhöht, sondern auch die Identifikation mit Schwulen allgemein, was ein
Hinweis auf die dynamische Beziehung zwischen Identifikation und Partizipation ist (Stürmer &
Simon, 2004).

2.4. Wahrgenommene Fairness, Relative Deprivation Theory
Nach Gurr (1970) ist relative Deprivation die subjektiv wahrgenommene Diskrepanz zwischen dem,
worauf Gruppen glauben einen Anspruch zu haben, und dem was sie tatsächlich besitzen. Bemerken
sie, dass sie das, worauf sie glauben Anspruch zu haben, nicht erreichen führt dies zu relativer
Deprivation. Diese wiederum kann zu Protestverhalten führen, wenn die Benachteiligung kollektiv
erlebt wird und Ideen zur Lösung der Unzufriedenheit bereitsteht.
Die Theorie relativer Deprivation ('relative deprivation theory', RDT, Runicman, 1966) besagt, dass
die Gruppenmitglieder Nachteile als kollektive Nachteile wahrnehmen müssen, um etwas dagegen

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zu unternehmen. Runicman trennt zwischen egoistischer (oder individueller) Deprivation (eine
Person fühlt sich individuell benachteiligt) und fraternaler (oder auch sozialer) Deprivation (eine
Person sieht ihre ingroup gegenüber anderer outgroups benachteiligt). Die Proteste gegen
Studiengebühren sind ein gutes Beispiel für die fraternale Deprivation, die viel eher zur Entstehung
einer großen sozialen Bewegung führt im Vergleich zur individuellen Deprivation.          Die RDT
beschäftigt sich mit subjektiver Deprivation, wohingegen sich frühere Ansätze der RDT mit
objektiver Deprivation beschäftigten, die nicht die Teilnahme an sozialen Bewegungen vorhersagt.
Die RDT hält fest, dass das Urteil über Fairness ein zentraler Punkt ist, ob und inwiefern Menschen
auf kollektive Benachteiligung reagieren oder nicht. Es gibt Hinweise darauf, dass Gefühle der
fraternalen Gruppendeprivation in kollektiven Aktionen münden, während die Wahrnehmung von
persönlicher Deprivation individuelle Aktionen nach sich zieht (Dubé & Guimonde, 1986). Die SIT
hingegen besagt, dass wenn Individuen kollektive Benachteiligung wahrnehmen und diese als
illegitim bewerten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich an kollektiven Aktionen beteiligen.
Zu beiden Punkten existieren Studien, die bestätigen, dass unfaire oder illegitime Benachteiligung
zu kollektiven Aktionen führen (Mummenday et al, 1999, Wright, Taylor & Moghaddam, 1990).
Selbst wenn Menschen eine Situation als illegitim und unfair ansehen, können sie nicht immer
wissen, ob ihre ingroup-Mitglieder den kollektiven Nachteil auch als unfair ansehen (Klandermans,
1997). Durch soziale Unterstützung der eigenen Gruppe, wird der Nachteil als kollektiv und geteilt
angesehen und so eher gehandelt.
Laut der Gerechtigkeitstheorie von Walster et al. (Equity Theorie, 1978) versuchen Personen, die
feststellen, dass sie sich in einer unausgewogenen Beziehung befinden, ihr Unbehagen durch
Wiederherstellung der Equity zu beseitigen. Je größer die vorhandene Unausgewogenheit ist, desto
größeres Unbehagen werden sie empfinden und desto mehr werden sie sich bemühen, einen
Zustand von Equity mittels verschiedener Aktionen wiederherzustellen. Dennoch können weder
Equity Theorie noch RDT vorhersagen, wann sich benachteiligte Gruppenmitglieder in kollektiven
beziehungsweise individuellen Aktionen beteiligen.

2.5. Kollektive Aktionen
Kollektive Aktionen sind definiert als Aktionen, die darauf abzielen den Status der gesamten
Gruppen anzuheben (Wright et al., 1990). Kollektive Aktionen können in Gruppen stattfinden, sie
können aber auch nur von einem Individuum ausgeführt werden, insofern diese Aktion im Interesse
der Gruppe ausgeübt wird (z.B. Petition unterschreiben).
Kollektive Strategien beinhalten nicht nur militante Formen des Intergruppenverhaltens oder

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kollektive Aktionen wie Streiks, sondern auch friedvollere, moderate Formen wie Unterschreiben
einer Petition oder friedliches demonstrieren. Martin (1986) gliedern kollektive Aktionen in zwei
Bereiche: Aktionen, die mit den Normen des sozialen Systems konform sind (normative) und jene,
welche sich außerhalb der sozialen Regeln befinden (nicht-normative). . Was als normativ und
nicht normativ gilt, wird subjektiv beziehungsweise gesellschaftlich definiert.              Manche
Protestierenden handelten ausschließlich normativ, indem sie zum Beispiel Flugblätter schreiben,
Demonstrationen oder Unterschriftenaktionen organisieren oder versuchen Studiengebühren zu
boykottieren. Andere nehmen an moderat nicht-normativen Aktionen, wie Blockaden von
Autobahnen, Besetzung von Universitätsgebäuden oder an extrem nicht-normativen Aktionen, wie
Brandanschläge oder Angriffe auf die Polizei teil.

2.6. Hypothesen
Die vorliegende Studie testete drei zentrale Hypothesen, die sich aus den angesprochenen Theorien,
wie SIT, PCI, RDT und Equity Theorie, ableiten lassen.
Die erste Hypothese bezieht sich auf die SIT, da das soziale Verhalten im Gruppenkontext
untersucht wird. Auf der Grundlage der Ergebnisse von Simon und Stürmer (2004) wird postuliert,
dass Personen, die sich mit der Protestbewegung identifizieren eher zu kollektiven Aktionen bereit
sind, als jene, die sich mit der Gruppe der Studierenden identifizieren.
Die zweite Hypothese geht auf die wahrgenommene Fairness gegenüber der Einführung von
allgemeinen Studiengebühren ein. Es wird untersucht, ob die wahrgenommene Unfairness von
Studiengebühren die Teilnahme an kollektiven Aktionen vorhersagen kann: Je unfairer
Studiengebühren wahrgenommenen werden, desto eher sollten StudiengebührengegnerInnen an a)
normativen, b) moderat nicht-normativen oder c) extrem nicht-normativen Aktionen teilnehmen.
Eine dritte Hypothese unterscheidet drei Gebiete von Studienfächern als Prädiktor für die
Teilnahme an den verschiedenen Aktionen gegen Studiengebühren. Die Studienfächer werden in
drei Bereiche unterschieden und als „konservativ“, „neutral“ und „progressiv“ bezeichnet. Diese
Aufteilung in diese drei Bereiche erfolgt nach der subjektiven Beobachtung, dass bestimmte Fächer
eher von politisch Aktiveren studiert werden als andere Fächer. Mit dieser Hypothese wird
vorhersagt, dass je politisch „progressiver“ das Fach ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass an
Aktionen gegen Studiengebühren teilgenommen wird.

                                                  6
3. Methoden

Teilnehmer

Die Teilnehmer waren 361 Personen (172 Frauen, 165 Männer, 24 ohne Angaben) aus ganz
Deutschland, von denen 92% studieren. Das Durchschnittsalter lag bei 21,5 Jahren bei einer
Spannweite von 13 bis 54 Jahren. 87,3% waren Deutsche. Die am häufigsten vertretenen
Studienfächer waren Psychologie (11,1%), Jura (10,2%), Betriebswirtschaftslehre (9,1%) und
Geologie (7,5%). Alle nahmen freiwillig an dem Experiment teil und hatten die Chance 3 mal 30€
zu gewinnen oder – als Psychologiestudierende der Universität Marburg – eine halbe
Versuchspersonenstunde zu erhalten.

Durchführung

Bei der Studie handelte es sich um eine Online-Umfrage, deren Link über verschiedene
Emailverteiler (unter anderen von Aktionsbündnissen gegen Studiengebühren und konservativeren
Gruppierungen) und in Studierendencommunities im Internet verbreitet wurden.
Der größte Teil der Fragen war mit einer 7-Punk-Likert-Skala von 1 („absolut dafür) bis 7 („absolut
dagegen) zu beantworten.
Identifikation: Zunächst wurde die Identifikation mit der Gruppe der Studierenden (vier Items, z.B.:
„Zur Gruppe der Studierenden zu gehören, ist wichtig für mich“) und der Protestbewegung (vier
Items, z.B.„Mitglied der Protestbewegung zu sein, spiegelt einen wichtigen Teil meiner
Persönlichkeit wider“) gemessen. Darauf folgend, die Einstellung gegenüber Studiengebühren
allgemein (vier Items, z.B. „Die Einführung der Studiengebühren ist unfair“).
Aktionsformen: . Die Studierenden wurden gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in der
Zukunft an 18 verschiedenen Aktionen teilnehmen werden. Aktionen waren zum Beispiel
Vollversammlungen, Demonstrationen, Boykott, Blockaden oder Brandanschläge (siehe Anhang 2).
Bei den insgesamt 18 Aktionen waren Mehrfachnennungen möglich. Die gleichen Listen wurden in
der nächsten Frage zur Befürwortung der Aktionen durch die Mehrheit der Studierenden, der
Protestbewegung, der Bevölkerung und Familie und Freunde, benutzt.
Zum Schluss wurden soziodemographische Daten, wie Alter, Geschlecht, Nationalität, Studierender
usw. abgefragt. Der komplette Fragebogen befindet sich im Anhang.
Auf der Basis von Faktoren- und Reliablitätsanalysen wurden für die Identifikation mit
Studierenden, respektive der Protestbewegung zwei Skalen gebildet (ID-Stud: αc=.77, ID-Protest:

                                                 7
αc=.86). Bei beiden Skalen wurde das jeweils negative kodierte Item („Die Tatsache, dass ich
Student/-in bin, hat nur wenig damit zu tun, wie ich mich selbst sehe“ und „Die Tatsache, dass ich
Mitglied der Protestbewegung bin, hat nur wenig damit zu tun, wie ich mich selbst sehe“) aufgrund
einer zu niedrigen Item-Skala-Korrelation herausgenommen. Für die Testung der dritten Hypothese
wurde eine Skala über die der wahrgenommenen Fairness mit αc=.908 gebildet. Das Kriterium der
Aufteilung der Studienfächer in drei verschiedene Bereiche ist rein subjektiv. Konservativere
Fächer   sind   beispielsweise   BWL/VWL,       Jura,   etc.;   progressive   Fächer   Geistes-   und
Sozialwissenschaften, Politik, Pädagogik, etc. und neutrale die Übrigen (siehe Anhang 1 für
komplette Fächerliste).

4. Ergebnisse

4.1. Faktorenstruktur der Aktionen
Zur Auswertung der Hypothesen wurde zunächst eine Faktorenanalyse mit schiefwinkliger Rotation
durchgeführt, um zu überprüfen ob sich die kollektiven Aktionen in verschiedene Bereiche
gruppieren lassen. Die Items 1-4 und 6 der normativen kollektiven Aktionen luden auf dem ersten
Faktor, Items 7 und 8 der normativen und Items 4-6 der nicht-normativen auf den zweiten Faktor
und die Items nicht-normativ 4-7 luden auf dem dritten Faktor (siehe Tab.1). Die Faktoren wurden
wie folgt benannt: Faktor 1 normativ, Faktor 2 extrem nicht normativ, Faktor 3 moderat nicht
normativ. Die items 7 und 8 der normativen Aktionen (Boykott und Streiken) wurden aus
inhaltlichen Gründen zu den moderaten nicht normativen Aktionen gezählt.
Anschließend wurden Skalen für die drei Faktoren gebildet. Cronbachs Alpha war mit 0.88 bis 0.95
hinreichend gut (siehe Tab.2).

                                    Tab.2.
                                                         αc
                                     Normativ           .903
                                     Moderat nicht-     .883
                                     normativ
                                    Extrem nicht-     .947
                                    normativ
                                    Cronbach's Alpha für
                                    die drei Faktoren

                                                 8
Tab.1
                                                            Komponenten
                   Art der kollektiven Aktionen            1       2      3
                   N_1 - Diskussionsveranstaltungen       .95
                   N_2 - Vollversammlungen                .89
                   N_3 - Flugblätter                      .83
                   N_4 - Verfassungsklage                 .88
                   N_5 - Straßentheater                   .53
                   N_6 - Demonstrationen                  .79
                   N_7 - Boykott                          .50            .33
                   N_8 - Streiken                         .34            .50
                   NN_1 - Veranstaltungen stören                         .86
                   NN_2 - Unigebäude blockieren                          .86
                   NN_3 - Autobahn blockieren                            .96
                   NN_4 - Steinewerfen                            .90
                   NN_5 - Brandanschläge (Uni)                    .95
                   NN_6 - Brandanschläge (privat)                 .97
                   NN_7 - Angriffe auf Polizei                    .90
                  NN_8 - Angriffe auf Verantwortliche            .89
                  Ergebnisse der Faktorenanalyse:
                  Komponenten:         1 – normativ
                                       2 – extrem nicht normativ
                                       3 – moderat nicht normativ

4.2. Hypothese 1: Identifikation mit Studierenden versus jener mit der Protestbewegung als
Prädiktor von normativen und moderat und extrem nicht normativen kollektiven Aktionen

Die Testung der ersten Hypothese erfolgte durch insgesamt drei lineare Regressionsanalysen, bei
denen die Identifikation mit Studierenden, beziehungsweise mit der Protestbewegung die
Prädiktoren für die drei verschiedenen Formen von kollektiven Aktionen darstellten.
Bei einem    β=.67 wurde die Identifikation der Protestbewegung als Prädiktor für normative
kollektive Aktionen auf einem 0.01-Niveau signifikant (F(2,29)=111.6, p=.000).
Die Identifikation mit Studierenden wurde nicht signifikant (β=-.016, p=.74).
Die Identifikation mit Studierenden (β=-.16, p=.001) sagte negativ moderat nicht normative
Aktionen vorher, d.h. je schwächer die Identifikation mit der Studierenden ist, desto höher die

                                                  9
Wahrscheinlichkeit an moderat nicht normativen Aktionen teilzunehmen. Die Identifikation mit der
Protestbewegung (β=.62, p=.00) ist mit F(2,29)=77.864, p
den extrem nicht normativen Aktionen kein Prädiktor für die Teilnahme an extremen Aktionen dar
(β=-.015, p=.824). Die Identifikation mit der Gruppe der Studierenden bleibt signifikant mit
β=-.289, p=.000. Bei der Identifikation mit der Protestbewegung gibt es eine Tendenz zur
Signifikanz mit β=.126, p=.063 (F(3,285)=8.055) (siehe auch Tab. 4).

              Tab. 4
                                                                β      p        T
               Normative Aktionen Id. Protestbewegung          .569 .000*    11.471
                                       Id. Student             -.017 .702      -.382
                                       Fairness                .143   .005   2.834
               Moderat-nicht           Id. Protestbewegung     .581 .000*    10.300
               normativ                Id. Student             -.164 .001*   -3.300
                                       Fairness                .079   .148   1.450
               Extrem-nicht            Id. Protestbewegung     .126   .063   1.869
               normativ                Id. Student             -.289 .000*   -4.867
                                       Fairness                -.015 .824      -.222

4.4. Hypothese 3: „Konservative“, „neutrale“ und „progressive“ Studienfächer als Prädiktor
für die Teilnahme an kollektiven Aktionen gegen Studiengebühren

Die dritte Hypothese wurde mittels einer bivariaten Korrelation nach Pearson getestet, indem die
drei verschiedenen Bereich von Studienfächern (1: konservativ, 2: neutral, 3: progressiv) mit den
drei Skalen von kollektiven Aktionen korreliert wurden. Je höher der Korrelationswert ist, desto
eher wird ein „progressives“ Fach studiert.
Hypothesenkonform wurde die Korrelation mit rn=.506 für die normativen und rmn=.492 für die
moderat nicht normativen Aktionen auf einem Niveau von 0.01 signifikant. Das heißt je
progressiver das Fach (konservativ < neutral < progressiv), desto eher werden diese Aktionen
ausgeführt. Die Korrelation mit den extrem nicht normativen Aktionen wurde mir r en=.137 nur auf
dem 0.05-Niveau signifikant (Tab.5).
                                                       Tab.5
                                                                                       r   p
                                                       normativ                     .506 .000
                                                       Moderat nicht normativ .492 .000
                                                       Extrem nicht normativ        .137 .041

                                                  11
5. Diskussion

Im Rahmen der Forschung zu Identifikation mit Gruppen, kollektiven Aktionen in Gruppen und
wahrgenommener Fairness, wurde diese Studie zur Einstellung gegenüber der Einführung von
Studiengebühren durchgeführt. Die Identifikation mit Studierenden und jene mit der
Protestbewegung wurden als Prädiktorvariablen für kollektive Aktionen getestet. Im nächsten
Schritt wurde die wahrgenommene Fairness von Studiengebühren als zusätzlicher Prädiktor
gewählt. Als letzte Stufe wurde die Korrelation von Studienfach und Engagement in den Protesten
gegen Studiengebühren getestet.
Für die verschiedenen kollektive Aktionen haben sich drei Faktoren gezeigt: normative, moderat
und extrem nicht normative.
Die vorliegende Studie enthält drei zentrale Ergebnisse. Zum einen konnten die Annahmen von
Simon und Stürmer (2004) bestätigt werden. Die Identifikation mit der Protestbewegung ist ein
besserer Prädiktor für alle drei Formen kollektiver Aktionen, als die Identifikation mit der Gruppe
der Studierenden.
Für normative Aktionen ist die Identifikation mit der Protestbewegung signifikanter Prädiktor.
Identifiziert man sich als Studierender ist dies kein Prädiktor von normativen Aktionen, wie
Flugblätter schreiben oder an Diskussionsveranstaltungen teilnehmen. Bei moderat nicht
normativen Aktionen, wie Boykotte, Streiks oder Stören von Veranstaltungen ist sowohl die
Identifikation mit der Protestbewegung positiver als auch die mit Studierenden negativer Prädiktor,
so dass sie eine Vorhersage für diese Art von Aktionen liefern. Erstaunlich ist das Ergebnis der
Auswertung der Teilnahme an moderat und extrem nicht normativen Aktionen, bei denen die
Identifikation mit Studierenden negativ die Teilnahme an diesen Aktionen voraussagt. Das heißt, je
weniger sich ein Individuum als Studierender sieht, desto eher ist es bereit an moderaten und
extremen Aktionen teilzunehmen. Eine mögliche Interpretation wäre, dass diese Personen die
Aktionen der Studierenden als sinnlos erachten und deshalb zu radikaleren Methoden greifen.
Dieses Ergebnis spiegelt nur bedingt die erste Hypothese wider, da die Identifikation mit der
Protestbewegung nur bei normativen und moderat nicht normativen Aktionen Prädiktor für
kollektive Aktionen ist. Bei extrem nicht normativen Aktionen macht es keinen Unterschied, ob ein
Individuum sich mit der Gruppe der Studierenden oder mit der Protestbewegung identifiziert.
Beides sind Prädiktorvariablen für diese Aktionen.
Das zweite zentrale Ergebnis geht auf die wahrgenommene Fairness von Studiengebühren laut der
Theorie relativer Deprivation ein. Auch hier bestätigen die Ergebnisse nur bedingt die Hypothese,
da nur bei normativen Aktionen Fairness als Prädiktor signifikant wird. Individuen sehen

                                                12
Studiengebühren als unfair an und beteiligen sich dementsprechend an Aktionen wie Flugblätter
schreiben, an Demonstrationen oder Vollverammlungen teilnehmen oder Straßentheater. Bei
moderat und extrem nicht normativen Aktionen ist die wahrgenommene Fairness kein Prädiktor für
kollektive Aktionen im jeweiligen Spektrum. Dass heißt, dass die wahrgenommene Fairness nur
voraussagen kann, dass Personen an normativen Aktionen teilnehmen, nicht aber ob sie bereit zu
extremeren Aktionen sind.
Das dritte wichtige Ergebnis der Studie behandelt die Bereitschaft zu Aktionen gegen
Studiengebühren aufgeteilt nach Fächern. Die Ergebnisse bestätigen die Erwartungen bezüglich der
Bereitschaft zu normativen und moderat nicht normativen Aktionen. Je „progressiver“ das
Studienfach einzelner Individuen desto eher nehmen sie an normativen und moderat nicht
normativen Aktionen teil. Die Korrelation des Studienfachs mit extrem nicht normativen Aktionen
wird nur auf dem 0.05-Niveau signifikant.
Ein Kritikpunkt der Studie ist, dass sich trotz der Anonymisierung der Umfrage wahrscheinlich nur
wenige Versuchsteilnehmer zu extremen nicht normativen Aktionen, wie Brandanschläge oder
Angriffe auf Personen, bekennen, da sie damit in keiner Weise in Verbindung gebracht werden
wollen. Dies ist eine mögliche Erklärung, dass es in nur in der ersten Hypothese, bei der
Identifikation mit der Protestbewegung und mit der Gruppe der Studierenden, signifikante
Ergebnisse mit der extremsten Form kollektiven Protests gab. Darüber hinaus spiegelt die Umfrage
nur die Bereitschaft der Teilnehmer an kollektiven Aktionen dar, nicht aber deren tatsächliches
Verhalten. Obwohl man Bereitschaft zu kollektiven Aktionen nicht mit tatsächlichem Verhalten
gleichsetzten kann, gibt es Studien, die darauf deuten, dass die Intention zur Bereitschaft ein guter
Prädiktor von realem Protestverhalten ist (De Weerd & Klandermans, 1999).
Ein Kritikpunkt innerhalb der Testung der dritten Hypothese ist die Klassifikation der Studienfächer
in drei Bereiche, die rein subjektiv getroffen wurde. Es existieren Tendenzen, dass ein Fach von
politisch Aktiveren studiert wird als ein anderes, doch ist eine Generalisierung ohne Vortest fraglich.
Ein anderer kritischer Aspekt ist die Homogenität der Stichprobe, da unter anderem Emailverteiler
von diversen Aktionsbündnissen und politisch aktiven Gruppen genutzt wurde. Um dennoch eine
homogenere Stichprobe zu gewinnen, wurden auch Emails an konservativere Gruppen geschickt
und Beiträge mit Verweis auf die Umfrage in einschlägigen Foren geschrieben.
Von Teilnehmern der Umfrage wurde die Kritik geäußert, dass die Einstellung der Verfasser des
Fragebogens bezüglich Studiengebühren erkennbar ist und eine umfassendere Betrachtung der
Thematik nötig wäre. Darüber hinaus wurde vereinzelt berichtetet, dass das Spektrum der
Antwortmöglichkeiten der Fragen (7-Punkt-Likert-Skala) zu groß gefasst ist und so die
Entscheidung schwieriger würde. In dieser Hinsicht könnte man zukünftige Studien verbessern.

                                                  13
Obwohl diese Studie nur einen kleinen Teil der Auswertung des Fragebogens zur Einstellung zu
Studiengebühren darstellt, sind ihre Ergebnisse für die Forschung von Gruppenprozessen, speziell
im Zusammenhang mit sozialen Protesten, durchaus interessant.

6. Quellen
De Weerd M. & Klandermans B. (1999). Group identification and social protest: Farmers protest in
the Netherlands. European Journal of Social Psychology, 29,. 1073-1095.

Dubé, L. & Guimond, S. (1986). Relative depsivation and social protest: The person-group issue. In
J.M. Olson, C.P. Herman, & M.P. Zanna (Eds.) Relative deprivation and social comparison: The
Ontario Symposium (Vol 4, pp. 201-216): Hillsdale, NJ: Erlbaum.

Gurr, T.R. (1970). Why men rebel. Princeton, NJ: Princeton University Press

Klandermans, B. (1997). The social psychology of protest. Oxford,UK: Basil Blackwell.

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Relative deprivation and social comparison: The Ontario Symposium (Vol 4, pp 217-242):
Hillsdale, NJ: Erlbaum.

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social identity: Predictors by social identity theory and relative deprivation theory. Journal of
Personality and Social Psychology, 76, 229-245.

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Simon, B., & Hamilton, D.L. (1994). Self-stereotyping and social context: The effects of relative in-
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analysis. American Psychologist, 56, 319-331.

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participation: a panel study in the context of the german gay movement, Personality and Social
Psychology Bulletin, 30, 263-277.

                                                  14
Stürmer S., & Simon, B. (2004). Collective Action: towards a dual-pathway model ,European
Review of Social Psychology , (Vol. 15), 2004

Tajfel, H. (1982a). Gruppenkonflikt und Vorurteil: Entstehung und Funktion sozialer Stereoty-
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Tajfel, H., & Turner, J. C. (1979). An integrative theory of intergroup conflict. In W. G. Austin, & S.
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mouth is! Explaning collective action tendencies through group-based anger and group efficacy.
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Walster, E., Walster, G.W. & Berscheid, E. (1978). Equity: Theory and research. Needham Heights:
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disadvantaged group: From acceptance to collective protest. Journal of Personality and Social
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                                                 15
7. Anhang

A-1: Studienfächer aufgeteilt in drei Bereich

  Fächerliste

   konservativ            BWL, Jura
   neutral                Biologie, Chemie, Europäische Ethnologie, Fremdsprachliche Philologien,
                          Geographie, Geschichte, Germanistik, Mathematik und Informatik, Medizin,
                          Physik, Psychologie, Theologie
   progressiv             Friedens- und Konfliktforschung, Philosophie, Politikwissenschaft,
                          Soziologie, Pädagogik

A-2: Fragebogen
                                                           Sehr geehrte(r) Teilnehmer(in),

In diesem Wintersemester sind in Hessen Studiengebühren eingeführt worden. Derzeit wird geklagt, dass Studiengebühren gegen die hessische
Verfassung verstoßen. In anderen Bundesländern wurden ebenfalls Studiengebühren eingeführt, an einigen Hochschulen finden auch noch immer
Proteste statt.

Mit dem folgenden Fragebogen möchten wir Ihre Einstellungen zur Einführung der Studiengebühren erfassen.

Da es uns um Ihre persönliche Meinung geht, gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Bitte antworten Sie so spontan wie möglich. Ihre
Angaben werden anonym und vertraulich behandelt.

Der Fragebogen dauert etwa 20 Minuten.

Als Dankeschön verlosen wir unter allen TeilnehmerInnen 3x30 Euro. Psychologiestudierende erhalten eine halbe Versuchspersonenstunde.
Am Ende des Fragebogens haben Sie die Möglichkeit an der Verlosung teilzunehmen, sie werden dann auf eine separate Website weitergeleitet und
gebeten ihre Email-Adresse anzugeben.
Ihre Email-Adresse wird daher getrennt von ihren anderen Angaben aufbewahrt, so dass Ihnen volle Anonymität gewährleistet wird.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Zunächst interessiert uns, ob Sie fuer oder gegen die Einfuehrung der Studiengebuehren sind: Skala von      dafuer      bis       dagegen

Sind Sie Student/-in? Ja/Nein, wenn Ja:

Ich identifiziere mich mit der Gruppe der Studierenden.
Zur Gruppe der Studierenden zu gehören, ist wichtig für mich.
Die Tatsache, dass ich Student/-in bin, hat nur wenig damit zu tun, wie ich mich selbst sehe.
Student/-in zu sein, spiegelt einen wichtigen Teil meiner Persönlichkeit wider.

Gehören Sie zu einem Aktionsbündnis gegen Studiengebühren?
Sind Sie Mitglied in einer anderen politischen Gruppe? Wenn ja, welcher___________
Haben Sie an den Protesten gegen Studiengebühren teilgenommen? Wenn ja:

                                                                          16
Ich identifiziere mich mit der Protestbewegung gegen Studiengebühren.
Zur Protestbewegung gegen Studiengebühren zu gehören, ist wichtig für mich.
Die Tatsache, dass ich Mitglied der Protestbewegung bin, hat nur wenig damit zu tun, wie ich mich selbst sehe.
Mitglied der Protestbewegung zu sein, spiegelt einen wichtigen Teil meiner Persönlichkeit wider.

     Die Einführung der Studiengebühren ist unfair.
     Studiengebühren sind sozial ungerecht.
     Die Einführung der Studiengebühren ist nicht legitim.
     Die Einführung von Studiengebühren ist gerechtfertigt.

     Es ist unfair, dass an der Universität Entscheidungen gefällt werden, ohne dass Studierende einen Einfluss darauf haben.
     Studierende sind nicht ausreichend in Universitätsgremien vertreten.
     Studierende dürfen bei universitären Entscheidungen zu wenig mitbestimmen.
     Studierende haben zu wenig Mitspracherecht an der Universität.

Studiengebühren sind unmoralisch weil sie vor allem Studierende aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status treffen.
Der Kampf gegen Studiengebühren ist ein Kampf für Gerechtigkeit.
Der Protest gegen Studiengebühren drückt den Kampf für eine bessere Welt aus.
Studiengebühren sind aus moralischen Gründen abzulehnen.
Mitglieder der Protestbewegung gegen die Studiengebuehren ist Befuerwortern der Studiengebuehren moralisch überlegen.

    1.  Ich bin wütend ueber die geplante Einführung von Studiengebühren.
    2.  Die Einführung von Studiengebühren verärgert mich.

     1.  Ich verachte Personen die für die Einführung von Studiengebühren sind.
     2.  Ich verabscheue Personen die die Einführung von Studiengebühren unterstützen.
     3.  Personen, die die Einführung der Studiengebühren befürworten, widern mich an.

     1.    Ich bin stolz auf den Protest gegen Studiengebühren.
     2.    Ich bin stolz auf die Protestbewegung.

Welcher Anteil der Studierenden denken Sie ist GEGEN die Einfuehrung der Studiengebuehren?
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100%

Welcher Anteil der Studierenden denken Sie ist FUER die Einfuehrung der Studiengebuehren?
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100%

Welcher Anteil der Studierenden denken Sie wäre bereit, aktiv etwas gegen die Einführung der Studiengebühren zu tun?
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100%

Welcher Anteil der Studierenden denken Sie tut bereits aktiv etwas gegen die Einführung der Studiengebühren?
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% 55% 60% 65% 70% 75% 80% 85% 90% 95% 100%

    Ich denke zusammen können die Studierenden die Einführung der Studiengebühren noch verhindern.
    Ich denke das Studierende sich erfolgreich fuer ihre Rechte einsetzen können.
    Studierende als Gruppe sind stark und können einiges bewegen.
    Ich glaube die Studierenden haben den Kampf gegen Studiengebühren bereits verloren.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass mit den folgenden Aktionen die Einführung von Studiengebühren noch verhindert werden kann?

    Gottesdienste

                                                                        17
Diskussionsveranstaltungen
     Vollversammlungen
     Flugblätter schreiben
     Verfassungsklage gegen Studiengebühren unterschreiben
     Straßentheater
     Demonstrationen
     Studiengebühren boykottieren
     Streiken

    Veranstaltungen stören, in denen Personen auftreten, die Studiengebühren mitverantworten
    Gebäude der Universität blockieren
    Autobahn blockieren
    Farbbeutel werfen
    Werfen von Pflastersteinen oder Flaschen
    Brandanschläge auf Gebäude der Universität
    Brandanschläge auf Privateigentum der Verantwortlichen (z.B. Autos anzünden)
    Angriffe auf die Polizei
    Angriffe auf Verantwortliche (z.B. PolitikerInnen, Unipräsidenten)

           a) Wie sehr würden die Mehrheit der Studierenden die folgenden Aktionen gegen die Einführung der Studiengebühren
               befürworten?
           b) Wie sehr würden die Mehrheit der Mitglieder der Protestbewegung die folgenden Aktionen gegen die Einführung der
               Studiengebühren befürworten?
           c) Wie sehr würden die Mehrheit der Bevölkerung die folgenden Aktionen gegen die Einführung der Studiengebühren
               befürworten?
           d) Familie/Freunde

    Gottesdienste
    Diskussionsveranstaltungen
    Vollversammlungen
    Flugblätter schreiben
    Verfassungsklage gegen Studiengebühren unterschreiben
    Straßentheater
    Demonstrationen
    Studiengebühren boykottieren
    Streiken

    Veranstaltungen stören, in denen Personen auftreten, die Studiengebühren mitverantworten
    Gebäude der Universität blockieren
    Autobahn blockieren
    Werfen von Pflastersteinen oder Flaschen
    Brandanschläge auf Gebäude der Universität
    Brandanschläge auf Privateigentum der Verantwortlichen (z.B. Autos anzünden)
    Angriffe auf die Polizei
    Angriffe auf Verantwortliche (z.B. PolitikerInnen, Unipräsidenten)

Ich wäre bereit, an Aktionen teilzunehmen, die die Einfuehrung der Studiengebuehren zu verhindern versuchen.

     (a)   Für wie gerechtfertigt halten sie die folgenden Aktionen gegen die Einführung von Studiengebühren?
     (b)   An welchen dieser Aktionen würden Sie in der Zukunft teilnehmen, um die Einführung der Studiengebühren zu verhindern?
     (c)   Von all diesen Aktionen, welche wuerden sie am meisten unterstuetzen?
     (d)   An welchen dieser Aktionen haben Sie in der Vergangenheit teilgenommen? (hier nur die Aktionen listen, die stattgefunden haben)

    Diskussionsveranstaltungen
    Vollversammlungen
    Flugblätter schreiben
    Verfassungsklage gegen Studiengebühren unterschreiben
    Straßentheater
    Demonstrationen
    Studiengebühren boykottieren
    Streiken

    Veranstaltungen stören, in denen Personen auftreten, die Studiengebühren mitverantworten
    Gebäude der Universität blockieren
    Autobahn blockieren

                                                                       18
Werfen von Pflastersteinen oder Flaschen
     Brandanschläge auf Gebäude der Universität
     Brandanschläge auf Privateigentum der Verantwortlichen (z.B. Autos anzünden)
     Angriffe auf die Polizei
     Angriffe auf Verantwortliche (z.B. PolitikerInnen, Unipräsidenten)

Im Folgenden finden Sie eine Reihe von Aussagen, in welcher Beziehung gesellschaftliche Gruppen zueinander stehen sollten. Gesellschaftliche
Gruppen können z.B. soziale Gruppen, ethnische Gruppen, politische Gruppen oder auch Geschlechtergruppen sein. Bitte geben Sie an, wie stark Sie
den folgenden Aussagen zustimmen.

     Alle Gruppen sollten eine gleiche Chance im Leben haben. (R)
     Wir sollten unser Möglichstes tun, um die Bedingungen für die unterschiedlichen Gruppen anzugleichen. (R)
     Es ist in Ordnung, wenn einige Gruppen mehr Chancen im Leben haben als andere.
     Es wäre gut, wenn die sozialen Gruppen den gleichen Status hätten. (R)
     Es ist wahrscheinlich richtig, dass bestimmte Gruppen einen höheren sozialen Status haben und andere einen niedrigeren.
     Um im Leben vorwärts zu kommen, ist es manchmal notwendig, andere Gruppen auszunutzen.

Bitte machen Sie folgende Angaben zu ihrer Person:
     1.    Ihr Alter:
     2.    Geschlecht: Männlich О             weiblich О
     3.    Welche Nationalität haben sie? _______________________
     4.    Sind Sie Studierende(r)? ja О         nein О
     5.    Wenn ja:
                 a.     Welchen Studiengang studieren sie? _______________________
                 b.     In welchem Semester?_____________
                 c.     In welcher Stadt?______________________
                 d.  Wann werden Sie Ihr Studium beenden?
Falls Sie studieren:
Wie gehen Sie persönlich damit um, Studiengebühren zahlen zu müssen?
Bafög, Nebenjob, Eltern oder Verwandte, Kredit, schnell studieren, sich finanziell generell einschränken, Studium abbrechen
                 e.
     6.    Wenn nein:
     a)    haben sie einmal studiert? Wenn ja, was?___________________
     b)    kennen Sie jemanden der/die studiert? Wenn ja, in welcher Beziehung stehen sie zu dieser Person (z.B. Kind, Freund, Mitglied der
           erweiterten Familie…)

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