Gutachten Unbedenklichkeit - Safe Air System
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Gutachten Unbedenklichkeit Die Safe Air System Solutions GmbH ist der exklusive Vertriebspartner des Herstellers BOGA GmbH, sowie der Inverkehrbringer des Safe Air System. BOGA – Gesellschaft für moderne Gerätetechnik ist seit 1990 der führende Experte für Anwendungen mit Ultraschalltechnologie für die Vernebelung von Fluiden und für Wasseraufbereitungsanlagen. Entsprechende Zertifikate und Gutachten sind auf den Hersteller BOGA ausgestellt. ACA-pharma concept GmbH Erstellt für: Deutscher Platz 5 D-04103 Leipzig aca24@aca-pharma.de
Gefährdungsbeurteilung bei Ultraschallvernebelung mit einer H2O2-haltigen Desinfektionslösung Szenarien: Restaurant, Wartezimmer Erstellt für BOGA GmbH, Soest Februar 2021 ACA-pharma concept GmbH Biocity Leipzig Deutscher Platz 5 D-04103 Leipzig aca24@aca-pharma.de
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Abkürzungsverzeichnis AEC Akzeptable Expositions-Konzentration (Acceptable Exposure Concentration) BP Biozidprodukt CLP Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung DNEL Derived No Effect Level EC50 Konzentration, bei der ein 50%iger Effekt erzielt wird GHS globales harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung H2O2 Wasserstoffperoxid LD50/LC50 50%ige letale Dosis/Konzentration LOAEL Low Observed Adverse Effect Level MAK Maximale Arbeitsplatz-Konzentration NOAEC No Observed Adverse Effect Concentration NO(A)EL No Observed (Adverse) Effect Level PNEC Predicted No Effect Concentration PT Produktart(en) RD50 Konzentration, die zu einer 50%igen Abnahme der Atemfrequenz führt SDB Sicherheitsdatenblatt TWA zeitgewichteter Mittelwert (time-weighted average) 1 mL/m³ H2O2 (= 1 ppm) entspricht 1,4 mg/m³ H2O2 ACA-pharma concept GmbH 2
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 2 Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. 3 1 Einleitung ............................................................................................................... 5 2 Regulatorischer Status von FUNA RS05 5%.......................................................... 6 3 Eigenschaften von H2O2......................................................................................... 7 3.1 GHS-Einstufung und Kennzeichnung gemäß CLP-Verordnung 1272/2008 ............ 7 3.2 Physikalische und chemische Eigenschaften ......................................................... 8 3.3 Toxikologisches Profil von H2O2............................................................................ 8 3.3.1 Toxikokinetik .......................................................................................................... 8 3.3.2 Systemische Toxizität ............................................................................................ 9 3.3.2.1 Akute Toxizität ....................................................................................................... 9 3.3.2.2 Toxizität nach wiederholter Gabe ........................................................................... 9 3.3.3 Haut- und schleimhautschädigende Wirkung ....................................................... 10 3.3.4 Dermale Sensibilisierung ..................................................................................... 11 3.3.5 Augenschädigung ................................................................................................ 11 3.3.6 Genotoxizität ........................................................................................................ 11 3.3.7 Karzinogenität ...................................................................................................... 11 3.3.8 Reproduktionstoxizität .......................................................................................... 11 3.3.9 Entwicklungstoxizität/Teratogenität ...................................................................... 12 3.3.10 Zusammenfassung der Humantoxizität von H2O2................................................. 12 3.4 Referenzwerte der Risikobewertung .................................................................... 12 3.5 Ökotoxikologische Angaben ................................................................................. 13 3.5.1 Aquatische Toxizität ............................................................................................. 13 3.5.2 Umweltverhalten .................................................................................................. 14 3.6 Sonstige gefährliche Eigenschaften von H2O2 ...................................................... 14 3.6.1 Stabilität und Reaktivität....................................................................................... 14 3.6.2 Sonstige Gefahren im Brandfall ........................................................................... 14 3.6.3 Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung ..................................................... 14 3.6.4 Abfallentsorgung .................................................................................................. 14 4 Technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen ......... 15 4.1 Erste-Hilfe-Maßnahmen ....................................................................................... 15 4.2 Technische Schutzmaßnahmen: .......................................................................... 15 4.2.1 Organisatorische Schutzmaßnahmen: ................................................................. 15 ACA-pharma concept GmbH 3
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 4.2.2 Persönliche Schutzausrüstung: ............................................................................ 15 5 Verwendungsbeschreibung und Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition .. 16 5.1 Verwendungsbeschreibung .................................................................................. 16 5.2 Ableitung von Schwellenwerten bei Humanexposition für Arbeitnehmer und Verbraucher ......................................................................................................... 17 5.3 Humanexposition bei vorliegender Verwendung (Vernebelung in Gasträumen und Wartezimmern) .................................................................................................... 18 5.4 Schutzmaßnahmen im Umgang mit FUNA RS05 ................................................. 19 6 Möglichkeiten der Substitution ............................................................................. 20 7 Umweltexposition ................................................................................................. 20 8 Referenzen .......................................................................................................... 21 ACA-pharma concept GmbH 4
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 1 Einleitung Bedingt durch die Corona-Pandemie sind das gesellschaftliche Leben und die sozialen Kontakte wie auch die gesamte Wertschöpfungskette erheblichen Restriktionen unterworfen und in weiten Teilen gänzlich zum Erliegen gekommen. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Bürger und die Gesellschaft sind bereits jetzt schwerwiegend, wobei die weitere Entwicklung der Pandemie derzeit nicht absehbar ist. Der im November verhängte „Lockdown light“ zeigte nicht den gewünschten Erfolg, weshalb Mitte Dezember ein verschärfter „Lockdown“ verhängt wurde. Nach erneutem Ausbruch bedingt durch die gesteigerte Mobilität zu Weihnachten und Neujahr kam es zwischenzeitlich zu einem deutlichen Rückgang der 7-Tage-Inzidenzen von knapp 200 auf ca. 60 Infektionen/100.000 Personen im Bundesdurchschnitt. Allerdings verharren die Inzidenzen derzeit auf diesem Niveau und die Gefahr einer „3. Welle“, bedingt durch Mutationen mit höherer Infektiosität, wird diskutiert. Gleichzeitig wird der öffentliche Druck nach Lockerung der derzeit geltenden Einschränkungen immer größer. Die BOGA GmbH (Soest) möchte mit ihren Desinfektionssystemen dazu beitragen, dass Begegnungen und Kontakte zwischen Personen und Personengruppen in geschlossenen Räumen bei geringerem Infektionsrisiko infolge einer deutlich reduzierten Virus-Last und unter Beachtung strenger Hygieneregeln wieder stattfinden können. Das Prinzip der durch die BOGA GmbH angebotenen Raumdesinfektion beruht auf der Ultraschallvernebelung eines H2O2-haltigen Desinfektionsmittels (FUNA RS05) mittels der Präzisionsvernebler SAS und W-FUN CONTROL zur Wandmontage. Der H2O2-Gehalt in der Ausgangslösung beträgt 5% (50.000 ppm). Die Konzentration von H2O2 in der Raumluft, mit der exponierte Personen in Kontakt treten, ist mit maximal 0,21 ppm jedoch um ein Vielfaches geringer. Die BOGA GmbH hat SAS und W-FUN CONTROL eigens für die Vernebelung von FUNA RS05 5% entwickelt. Diese sollen als lokale Systeme in den zu desinfizierenden Räumen wie Restaurants und Wartezimmern während des laufenden Betriebs eingesetzt werden. SAS und W-FUN CONTROL erzeugen einen hochfeinen H2O2-haltigen Wirkstoffnebel. Das FUNA-Verfahren der BOGA GmbH macht sich die leichtere Verdunstung von Wasser im Vergleich zu H2O2 zu Nutze. Durch Mikrokondensation an der Grenzfläche von Aerosol und Oberfläche kann das H2O2 seine desinfizierende Wirkung entfalten kann; aufgrund der geringen Wirkstoffkonzentration sind dabei keine Personen- oder Materialschäden zu erwarten. Die BOGA GmbH beabsichtigt die Vernebelung von FUNA RS05 5% in Räumen unterschiedlicher Größe. Ziel ist die Verringerung der Keimbelastung (Viren, Bakterien) auf Oberflächen (z.B. von Tischen und Stühlen) und in der Luft. Da die Vernebelung auch in Gegenwart von Personen stattfinden soll, ist dem Sicherheitsaspekt mit dem Ziel des Ausschlusses eines Gesundheitsrisikos in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Die vorliegende Gefährdungsbeurteilung bewertet, unter Berücksichtigung der intrinsischen Eigenschaften von H2O2 und angenommener Expositionswerte von 0,21 ppm für die Allgemeinbevölkerung und 0,5 ppm für Arbeitnehmer, das gesundheitliche Risiko einer Humanexposition für die folgende Anwendungen: ACA-pharma concept GmbH 5
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Vernebelung von H2O2-haltigen BP mittels SAS und W-FUN CONTROL der Firma BOGA GmbH, z. B in Gaststätten (Speisezimmer, Flure, Sanitärbereich) und Wartezimmern von Ärzten zur: • Desinfektion von Oberflächen und • Verringerung der Keimbelastung in der Luft. Die Beurteilung der Gefährdung von Arbeitnehmern (Personal in Gaststätten und Arztpraxen) und Gästen bzw. Patienten bei Exposition gegenüber H2O2 in den oben genannten Grenzkonzentrationen im Rahmen einer aerogenen Desinfektion erfolgt auf Basis bibliographisch verfügbarer wissenschaftlicher Daten. Die Gefährdungsbeurteilung wurde im Auftrag der Firma BOGA GmbH erstellt. Eine Verwendung, auch in Teilen, von Dritten wird ausdrücklich ausgeschlossen. Wir weisen darauf hin, dass das vorliegende Gutachten mit großer Sorgfalt auf Grundlage der geltenden rechtlichen Bestimmungen, des Standes von Wissenschaft und Technik und der in Ziffer 8 genannten Informationsquellen erstellt wurde. Änderungen der zugrunde gelegten Rechts- und Erkenntnislage sind jederzeit möglich. Die Haftung der Gutachter ist beschränkt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. 2 Regulatorischer Status von FUNA RS05 5% Eine Verkehrsfähigkeit zur aerogenen Desinfektion ist für Deutschland und Österreich derzeit auf Basis der jeweiligen nationalen Bestimmungen in Verbindung mit den Übergangsregelungen des Art. 89 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozidproduktverordnung) sichergestellt. Der Wirkstoff H2O2 wurde bereits mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/1730 für die Produktarten (PT) 1 bis 6 im Sinne der Biozidproduktverordnung genehmigt. Eine Genehmigung für PT 11 und PT 12 steht noch aus. Die genehmigten Verwendungen von H2O2 beinhalten dabei deutlich höhere H2O2-Konzentrationen (35%) als diejenige, die in dem Produkt FUNA RS05 5% enthalten ist. Für das Produkt FUNA RS05 5% wurde vor dem Zeitpunkt der Wirkstoffgenehmigung in Österreich ein Zulassungsantrag für ein gleiches Biozidprodukt gemäß der Biozidproduktverordnung und der Verordnung (EU) Nr. 414/2013 (zur Festlegung eines Verfahrens für die Zulassung gleicher Biozidprodukte) unter Bezugnahme auf das Zulassungsverfahren für die Biozidproduktfamilie „Hydrogen Peroxide Biocidal Product Family of BEDO“ der Firma BEDO Production & Services für die PT 2-5 gestellt (BEDO 2018). Nach erfolgreicher Zulassung in Österreich soll über das Verfahren einer gegenseitigen Anerkennung eine Zulassung in weiteren Ländern der EU erfolgen. ACA-pharma concept GmbH 6
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 3 Eigenschaften von H2O2 Nachfolgend werden die physikochemischen und toxikologischen Eigenschaften von H2O2 auf Grundlage des Assessment Reports zu H2O2 und des Sicherheitsdatenblatts (SDB) FUNA RS05 der BOGA GmbH zusammengefasst (BOGA 2019). 3.1 GHS-Einstufung und Kennzeichnung gemäß CLP-Verordnung 1272/2008 Die harmonisierte Klassifizierung und Kennzeichnung von H2O2 nach Anhang VI der CLP- Verordnung 1272/2008 wird zugrunde gelegt (ECHA 2020). Klassifizierung Gefahrenklassen- Ox. Liq. 1 H271 (Kann Brand oder Explosion verursachen; und Kategorie-Codes starkes Oxidationsmittel) Acute Tox. 4 * H332 (Gesundheitsschädlich bei Einatmen) Acute Tox. 4 * H302 (Gesundheitsschädlich bei Verschlucken) Skin Corr. 1A H314 (Causes severe skin burns and eye damage) Kennzeichnung Piktogramme GHS03: , GHS05: , GHS07: Signalwörter „Gefahr“ Spezifische Ox. Liq.1; H271: C ≥ 70 %**** Konzentrationsgrenze Ox. Liq. 2; H272: 50 % ≤ C < 70 %**** (Kann Brand verstärken; n, Oxidationsmittel) M-Faktoren Skin Corr. 1A; H314: C ≥ 70 % Skin Corr. 1B; H314: 50 % ≤ C
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 3.2 Physikalische und chemische Eigenschaften Basierend auf dem Bewertungsbericht für H2O2 (Assessment Report 2015) und dem SDB für das Gemisch FUNA RS05 (BOGA 2019) gelten die folgenden physikochemischen Parameter für H2O2 und FUNA RS05 (Tabelle 1) Tabelle 1 Physikochemische Parameter für H2O2 und FUNA RS05 Physikochemische H2O2 FUNA RS05 Parameter Aggregatzustand flüssig flüssig Farbe farblos farblos, hellgrün Geruch geruchlos säuerlich Schmelzpunkt -0,43 °C -33 °C Siedepunkt 150,2 °C 108 °C Flammpunkt nicht brennbar pH-Wert 3,5 - 4,5 Dichte 1,44 g/cm³ (25°C) 1,12 g/cm³ Dampfdruck bei 20 °C 214 Pa 12 mbar (1200 Pa) Löslichkeit in Wasser in jedem Verhältnis vollkommen mischbar mischbar Verteilungskoeffizient -1,57 (berechnet) (n-Octanol/Wasser) log Pow Dissoziationskonstante 11,62 (25°C) pKa dynamische Viskosität 1,249 mPa*s 1,08 mPa*s Reaktionsfähigkeit Sehr reaktionsfähige oxidierende Flüssigkeit 3.3 Toxikologisches Profil von H2O2 3.3.1 Toxikokinetik H2O2 ist sehr reaktiv und neigt dazu bei Kontakt Oberflächen spontan in Sauerstoff und Wasser zu zerfallen. Systemische Effekte nach Hautkontakt sind nicht bekannt, was mit der hohen Reaktivität und den dadurch bedingten raschen Abbau von H2O2 erklärt wird (Assessment Report 2015). Zu einer möglichen dermalen Penetration liegen bislang keine Daten vor. Basierend auf den physikalisch-chemischen Eigenschaften von H2O2 schlägt der Assessment Report (2015) jedoch eine Absorptionsrate von 100% vor, solange keine entsprechenden Studiendaten verfügbar sind. Allerdings wird aufgrund der hohen Reaktivität von H2O2 ausgeschlossen, dass systemische Effekte nach dermaler Penetration auftreten. Daher sind Aussagen zum ACA-pharma concept GmbH 8
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Penetrationsverhalten von H2O2 zur Abschätzung eines humanen Gesundheitsrisikos nicht erforderlich. Auch nach Meinung des Autors dieser Gefährdungseinschätzung würde aufgrund der hohen Reaktivität und den vorliegenden Daten nach oraler Exposition ein „Worst case- Ansatz“ einer 100 %-igen Penetration durch die Haut die tatsächliche Absorptionsrate und dadurch bedingte systemische Effekte überschätzen. 3.3.2 Systemische Toxizität 3.3.2.1 Akute Toxizität Die vorliegenden Daten belegen eine geringe akute Toxizität für H2O2-haltige Lösungen im Konzentrationsbereich von 35% bis 70% nach einmaliger Verabreichung (Tabelle 2). Diese geringe akute Toxizität wird auch durch die Einstufung für unverdünntes H2O2 als Acute Tox 4 (Gesundheitsschädlich bei Einatmen/Verschlucken) ersichtlich. Tabelle 2 Akute Toxizität von H2O2-Formulierungen Expositions- LD50 (mg/kg Konzentration Testorganismus Quelle pfad bw) oder LC50 # (mg/m³) Oral 694 (w) 70% Ratte ECHA 2020 1026 (m) 1193 (m) 35% Ratte ECHA 2020 1270 (w) 805 (w) 70% Ratte Assessment Report 2015 1232 (m) 35% Ratte Assessment Report 2015 Dermal >2000 35% Kaninchen ECHA 2020 9200 (m) 70% Kaninchen ECHA 2020 > 2000 35% Ratte Assessment Report 2015 Inhalativ# > 170* 49,3% Ratte Assessment Report 2015, ECHA 2020 w_weiblich; m_männlich; * Sättigungskonzentration in Luft 3.3.2.2 Toxizität nach wiederholter Gabe Im Organismus setzt das Enzym Katalase H2O2 zu Sauerstoff und Wasserstoff um. In einer 90 Tage-Studie wurde dem Trinkwasser Katalase-defizienter Mäuse 35%iges H2O2 zugesetzt. Lokale Effekte, wie eine geringe bis milde Schleimhauthyperplasie des Duodenums, wurden ab 300 ppm H2O2 beschrieben. Der NOAEL betrug 26 mg/kg/d bei männlichen Tieren und 37 mg/kg/d bei weiblichen Tieren (Tabelle 3). Verlässliche Studien mit H2O2 nach wiederholter dermaler Exposition sind nicht verfügbar und auch aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit von H2O2 nach Verabreichung auf die Haut nicht relevant. Ratten zeigten nach 28-tägiger Inhalation mit 50%igem H2O2 keine Anzeichen einer systemischen Toxizität wie Speichelfluss, Harninkontinenz und Piloerektion. Atemwegsreizungen wurden bei ≥ 25 ppm (33 mg/m³) beobachtet. Deutliche Symptome (unregelmäßige Atmung, Chromodacryorrhoe, gekrümmte Körperhaltung) traten bei 60 ppm auf). Lokale Effekte aufgrund einer Reizung der Atemwege mit Nekrose und Entzündung der Nasenschleimhaut traten bei ≥ 10 ppm (14,6 mg/m3; LOAEL) auf. In dieser Studie wurde ein ACA-pharma concept GmbH 9
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer NOEL-Wert (No Observed Effect Level) von 2,03 ppm H2O2 (entsprechend 2,9 mg/m³) ermittelt (Tabelle 3). In einer 90-Tage dauernden intranasalen Inhalationsstudie (6 h/Tag, 5 Tage/Woche) lag die höchste, getestete Konzentration bei 7 ppm 50%igem H2O2 (ca. 10 mg/m3). Diese Konzentration war ohne Befund und wurde als NOAEC bestimmt (Tabelle 3). Unter Verwendung des Gesamtbewertungsfaktors (overall assessment factor) von 8 wurde eine „Akzeptable Expositions-Konzentration“ nach Inhalation (AECinhalation) von 1,25 mg/m3 abgeleitet (ECHA 2020). Tabelle 3 Toxikologische Kenngrößen zu H2O2 nach wiederholter Gabe Pfad Kenngröße Konzentration Studiendauer Testorganis- Referenz mus Oral NOAEL 35% 90 d Maus Assessment 26 (m) mg/kg/d (OECD 408) (Katase- Report 2015, 37 (w) mg/kg/d defizient) ECHA 2020 Inhalativ NOAEC 50% 28 d Ratte Assessment 2,9 mg/m3 (OECD 412) Report 2015, ECHA 2020 NOEAC 50% 90 d Ratte Assessment 10 mg/m3 (OECD 413) Report 2015, ECHA 2020 (m) männliche Tiere, (w) weibliche Tiere, d: Tag(e) 3.3.3 Haut- und schleimhautschädigende Wirkung H2O2 wirkt in Abhängigkeit von der Konzentration hautreizend bzw. hautirritierend, hohe Konzentrationen verursachen Ödeme und eine Abschuppung der Haut bis zu Hautnekrosen (Assessment Report 2015). Die konzentrationsabhängigen Effekte sind in Tabelle 4 zusammengefasst. Tabelle 4 Reizwirkung auf die Haut von H2O2 (Assessment Report 2015) H2O2 Konzentration Effekte (Kaninchen) 10% keine Hautreizung 35% leichte bis mäßige, reversible Erytheme und Ödeme, irreversible Abschuppung der Haut 50% stark hautreizend, Geschwüre und Hautnekrosen Sowohl Tierdaten als auch Erfahrungen am Menschen deuten darauf hin, dass H2O2 die Atemwege reizt. In einer Mäusestudie wurde eine 50%ige Reduktion der Atemfrequenz (RD50) bei ca. 160 mg/m3 (113 ppm) beobachtet. Ausgehend von diesem Wert wurde mittels Extrapolation für die Maus ein RD10 von 17,5 mg/m3 (12 ppm) abgeleitet (Assessment Report 2015). In Konzentrationen ≥ 35 % gelten H2O2-Lösungen als schädigend für den Respirationstrakt und werden nach CLP als STOT SE 3 (H335) mit dem Zielorgan „Respirationstrakt“ eingestuft. ACA-pharma concept GmbH 10
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 3.3.4 Dermale Sensibilisierung Trotz langjähriger Anwendung von H2O2 in professionellen und Verbraucheranwendungen gibt es keine Hinweise über ein sensibilisierendes Potential, sodass H2O2 als nicht sensibilisierend angesehen werden kann (Assessment Report 2015). 3.3.5 Augenschädigung H2O2 verursachte konzentrationsabhängige Läsionen am Kaninchenauge. Verdünnte Formulierungen (< 5%) üben nur milde und vollständig reversible Reizwirkungen aus und erfüllen somit nicht die Einstufungskriterien (ECHA 2020). Die Exposition von 5% ≤ C < 8% führte zu leichten, irreversiblen Augenreizungen. Untersuchungen mit ≥ 8% H2O2 lösten schwere und irreversible Schädigung des Kaninchenauges aus (Assessment Report 2015; ECHA 2020). 3.3.6 Genotoxizität In vitro-Untersuchungen H2O2 ist mutagen im AMES-Test und im Chromosomenaberrationstest, jeweils mit und ohne metabolische Aktivierung sowie in Säugetiergenmutationstest ohne metabolische Aktivierung (Assessment Report 2015). In vivo-Untersuchungen In vivo führte die orale Exposition gegenüber 35% H2O2 (w/w) zu keinen positiven Ergebnissen im Mikronukleus-Test und im UDS-Test in Leberzellen (Assessment Report 2015, ECHA 2020). Auch i.p. appliziertes H2O2 war im Mikronukleus-Test negativ (Assessment Report 2015). Lokale Genotoxizität Zweimal wöchentlich, lokal applizierte 0,2-3,2% H2O2-Lösungen (4 Wochen) auf die Haut von Mäusen induzierten keine DNA-Schäden (erhöhte 8-OHdG), c-Ha-ras Mutationen, Veränderungen der epidermalen Hyperplasie oder zelluläre Schäden (Assessment Report 2015). H2O2 ist ein starkes Oxidationsmittel und kann durch homolytische Spaltung freie Radikale bilden. Hydroxyl-Radikale können lebensnotwendige zelluläre Komponenten schädigen. Die in den In-vitro- Genotoxizitätstests erhobenen Befunde sind höchstwahrscheinlich auf die oxidierende Eigenschaft des H2O2 zurückzuführen. Die oxidative Schädigung der DNA kann bei chronischer Exposition zu unterschiedlichen toxischen Ergebnissen führen, eine lokale Genotoxizität von H2O2 lässt sich jedoch nicht belegen (Assessment Report 2015). Insgesamt ist auf Grundlage der verfügbaren Studien unter in vivo-Bedingungen nicht von einer relevanten Genotoxizität/Mutagenität von H2O2 auszugehen. 3.3.7 Karzinogenität H2O2 gilt als nicht krebserregend, trotz Tierstudien mit teils widersprüchlichen Ergebnissen bzw. unklaren Dosis-/ Wirkungsbeziehungen. 3.3.8 Reproduktionstoxizität Es liegen keine aussagekräftigen Studien zur Reproduktionstoxizität von H2O2 vor. ACA-pharma concept GmbH 11
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Allerdings sind aufgrund des raschen Abbaus von H2O2 und daraus resultierend, einer fehlenden systemischen Verfügbarkeit von H2O2, reproduktionstoxische Effekte nicht zu erwarten (Assessment Report 2015, ECHA 2020). 3.3.9 Entwicklungstoxizität/Teratogenität Es liegen keine validen Studien zur Entwicklungstoxizität von H2O2 vor (ECHA 2020). 3.3.10 Zusammenfassung der Humantoxizität von H2O2 Die Toxizität von H2O2 zeichnet sich durch lokale Effekte auf der Haut, den Augen und ggf. dem Inhalationstrakt aus. Systemische Effekte werden aufgrund der hohen Zersetzungsgeschwindigkeit, insbesondere bei Kontakt von H2O2 mit Blut, ausgeschlossen (Assessment Report 2015). Es liegen mehrere Berichte über Haut- und Augenreizungen vor. Die Schwere der Symptome korrelierte mit der angewandten H2O2-Konzentration (Assessment Report 2015). Die Gesundheit von 6 Arbeitnehmern, die an Anlagen Saft aseptisch abfüllten, wurde nach einer Exposition mit H2O2-Dämpfen (5-35%) in einer Fallstudie überwacht (Riihimäki et al. 2002). Alle Arbeiter arbeiteten seit mindestens 3 Jahren mit H2O2. Nach Exposition gegenüber H2O2-Dämpfen traten u.a. Augen- und Atemwegsreizungen, Kopfschmerzen und vorübergehender Geruchsverlust auf. Am Arbeitsplatz wurden Expositionsspitzen von H2O2 in der Luft von bis zu 11 mg/m³ (entsprechend 7,9 ppm) (8-Stunden-zeitgewichteter Mittelwert (TWA) 2-3 mg/m³ bzw. 1,4-2,1 ppm) gemessen. Riihimäki et al. (2002, 2004) ermittelten im Rahmen der Studie symptomfreie Konzentrationen von 0,5 - 0,7 mg/m³ (0,36-0,5 mL/m³; 8- Stunden-Mittelwerte). Der NOAEC von 0,7 mg/m³ entspricht dem nationalen MAK-Wert in Deutschland von 0,5 mL/m³ (bzw. 0,5 ppm) (Assessment Report 2015). 3.4 Referenzwerte der Risikobewertung Für die Bewertung lokaler Effekte wurden im Assessment Report zur Wirkstoffgenehmigung (2015) basierend auf dem NOAEC einer 90-Tage-Inhalationsstudie an Ratten (ECHA 2020) AEC-Werte (Acceptable Exposure Concentration) nach Inhalation abgeleitet. Dieser externe Referenzwert für die Allgemeinbevölkerung dient der Beschreibung einer sichereren Konzentration um lokale Effekte auszuschließen und wird in mg/m3 Luft ausgedrückt. AEC inhalationlong-term= 1,25 mg/m3 AEC inhalationmedium-term= 1,25 mg/m3 AEC inhalationacute=1,25 mg/m3 Im Rahmen der REACH-Registrierung wurden die folgenden Derived-No-Effect-Level (DNEL)- Werte (Inhalation) abgeleitet (ECHA 2020): DNELArbeiter/Langzeit/local/Inhalation= 1,4 mg/m3 DNELArbeiter/Kurzzeit/local/Inhalation= 3,0 mg/m3 DNELEndverbraucher/Langzeit/local/Inhalation= 0,21 mg/m3 (0,15 ppm) DNELEndverbraucher/Kurzzeit/local/Inhalation= 1,93 mg/m3 ACA-pharma concept GmbH 12
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Dabei bezieht sich der Langzeit-DNEL-Wert auf Effekte, die nach wiederholter Exposition (z.B. subchronische 90-Tage Studien, chronische 1.5-2 Jahresstudien) auftreten und der Kurzzeit- DNEL-Wert auf Effekte nach einer einmaligen kurzen Exposition von einigen Minuten bis wenigen Stunden. Im Rahmen der REACH-Registrierung wurden für den Endverbraucher und Arbeiter für lokale dermale Effekte nach Langzeit- sowie Kurzzeitexposition keine DNEL-Werte abgeleitet (ECHA 2020). Da die Konzentration von H2O2 im Gebrauch bei der vorgesehenen Verwendung unter der Schwelle für Hautreizungen liegt (die Konzentrationsgrenze für die Einstufung als hautreizend beträgt 35 %), wurde nur der inhalative Expositionsweg als relevant für die quantitative Exposition und die Risikobewertung ermittelt. Auch die Schwelle für die Augenreizung (Konzentrationsgrenze für die Einstufung als augenreizend beträgt 5 %) wird bei der vorgesehenen Verwendung nicht erreicht. Aufgrund des Fehlens systemischer Effekte nach Exposition gegenüber H2O2 sind nur Grenzwerte für die externe Exposition relevant, um mögliche lokale Auswirkungen von H2O2 zu berücksichtigen. Daher sind nur Verwendungen mit einer H2O2-Konzentration von
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 3.5.2 Umweltverhalten • leicht biologisch abbaubar (OECD 209) in allen Umweltkompartimenten • eine Bioakkumulation ist basierend auf berechneten Biokonzentrationsfaktoren von 1,4 (Fisch) und 0,84 (Regenwurm) nicht zu erwarten • eine Adsorption ist aufgrund eines berechneten Log Koc von 0,2036 vernachlässigbar 3.6 Sonstige gefährliche Eigenschaften von H2O2 Die sonstigen gefährlichen Eigenschaften von H2O2 wurden dem SDB für das Gemisch FUNA RS05 (BOGA 2019) entnommen. 3.6.1 Stabilität und Reaktivität Unter normalen Gebrauchs-, Lagerungs- und Transportbedingungen sind keine gefährlichen Reaktionen oder Zersetzungsprodukte bekannt. Das Gemisch ist chemisch stabil unter normalen Bedingungen. Eine Überhitzung ist zu vermeiden. Explosionsgefahr besteht bei Berührung mit Alkoholen, Aminen, Erdalkalimetallen, starken Basen, Metallen, Oxidationsmitteln, organischen Stoffen und Hydrazin. 3.6.2 Sonstige Gefahren im Brandfall • Bildung giftiger Rauchgase als gefährliche Zerfallsprodukte im Brandfall möglich • Umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät und vollständige Schutzkleidung sind als Schutzausrüstung bei der Brandbekämpfung anzulegen 3.6.3 Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung • verunreinigten Bereich lüften • Berührung mit den Augen und der Haut vermeiden • Freisetzung in die Umwelt vermeiden • verschüttete Flüssigkeit mit Absorptionsmittel aufnehmen, mit Wasser verdünnen • Stoffe oder Restmengen in fester Form einer zugelassenen Anlage zuführen 3.6.4 Abfallentsorgung Der Inhalt/Behälter ist gemäß den Sortieranweisungen des zugelassenen Entsorgers zu entsorgen. ACA-pharma concept GmbH 14
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 4 Technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen Die angegebenen Schutzmaßnahmen beziehen sich auf die Angaben im SDB zu FUNA RS05 (BOGA 2019). 4.1 Erste-Hilfe-Maßnahmen - nach Einatmen: Die Person an die frische Luft bringen und für ungehinderte Atmung sorgen - nach Hautkontakt: Haut mit viel Wasser abwaschen - nach Augenkontakt: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen. Bei anhaltender Augenreizung: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen - nach Verschlucken: Bei Unwohlsein Giftinformationszentrum oder Arzt anrufen 4.2 Technische Schutzmaßnahmen: 4.2.1 Organisatorische Schutzmaßnahmen: Für eine gute Belüftung des Arbeitsplatzes sorgen; Berührung mit den Augen und der Haut vermeiden; persönliche Schutzausrüstung tragen Hygienemaßnahmen: Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen. Nach Handhabung des Produkts immer die Hände waschen. 4.2.2 Persönliche Schutzausrüstung: Handschuhe aus: Butylkautschuk (Butyl; 0,5 mm), Fluorkautschuk (FKM; 0,7 mm) (Durchbruchzeit > 8 Stunden, max. Tragezeit 8 Stunden). Augenschutz: Sicherheitsbrille Haut- und Körperschutz: Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen Atemschutz: Bei unzureichender Belüftung Gerät: Atemschutzmaske mit Filter Filtertyp: Typ NO P3 (blau/weiß) Bedingung: Schutz gegen Dämpfe, Nebelbildung, nicht erforderlich; außer bei Aerosolbildung. ACA-pharma concept GmbH 15
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 5 Verwendungsbeschreibung und Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Die primäre Exposition von Arbeitnehmern und Endverbrauchern gegenüber FUNA RS05 bei professioneller Anwendung muss für die folgenden Szenarien abgeschätzt werden: a. Anwendung mit Arbeitnehmer- und Endverbraucherexposition b. Mischen/Befüllen von SAS und W-FUN CONTROL c. Reinigung der verwendeten Geräte/Entsorgung von BP-Resten Die Anwendung mit Arbeitnehmer- und Endverbraucherexposition (a.) wird im Folgenden detailliert dargestellt. Die Punkte b. und c. werden nur kurz abgehandelt, für Details wird auf das SDB zu FUNA RS05 verwiesen. 5.1 Verwendungsbeschreibung Vernebelung von H2O2-haltigem BP FUNA RS05 mittels SAS und W-FUN CONTROL der BOGA GmbH in Gasträumen von Restaurants und Wartezimmern von Arztpraxen zur • Desinfektion von Oberflächen und • Verringerung der Keimbelastung in der Luft mit Humanexposition. Die Verwendung sieht eine permanente Vernebelung von FUNA RS05 bei Anwesenheit von Arbeitnehmern oder Besuchern/Patienten vor. Während zum Erreichen einer wirksamen Biozidkonzentration die Ausbringung von H2O2 permanent erfolgen muss, ist die Exposition von Personen zeitlich begrenzt. Bei Arbeitnehmern ist diese auf 8 h an 5 d pro Woche begrenzt, bei Besuchern, z.B. bei einem Restaurantbesuch im Regelfall auf wenige Stunden. Die Verteilung von FUNA RS05 erfolgt mit den Präzisionsverneblern SAS und W-FUN CONTROL der BOGA GmbH (s. Technische Leistungsbeschreibung), die sich in dem jeweiligen Raum befinden. Es handelt sich dabei um wandmontierte Geräte. Die H2O2-Konzentration der Ausganglösung beträgt maximal 5% (entsprechend 50.000 ppm). Die tatsächliche Aerosolkonzentration im Raum ist jedoch um ein Vielfaches geringer und liegt bei 0,21 ppm. Die Verwendungskonzentration zur Reduktion der Keimbelastung von Oberflächen bzw. der Raumluft wird anhand der für H2O2 festgelegten Sollwerte permanent geregelt und kontrolliert. Eine Vernebelung soll in Anwesenheit von Personen erfolgen. Zum exponierten Personenkreis gehören somit Arbeitnehmer (u.a. Gaststätten- und Praxispersonal) und Gäste bzw. Patienten. Für Arbeitnehmer wird als Grundlage der Gefährdungseinschätzung einer Exposition mit H2O2 die Maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) zugrunde gelegt. Bei Endverbrauchern ist die besondere Sensibilität bestimmter Personengruppen (Kinder, ältere Personen, Personen mit Vorerkrankungen) zusätzlich zu betrachten, was entsprechend eine Absenkung des MAK-Wertes zur Folge hat (s. Kap. 5.2). ACA-pharma concept GmbH 16
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 5.2 Ableitung von Schwellenwerten bei Humanexposition für Arbeitnehmer und Verbraucher Die Anwendung erfolgt mit den Präzisionsverneblern SAS und W-FUN CONTROL der BOGA GmbH (s. Technische Leistungsbeschreibung). Die Gebrauchskonzentration von FUNA RS05 beträgt maximal 5% H2O2. Als Grundlage der Einschätzung des Gefährdungspotentials einer Humanexposition mit H2O2 dient bei Arbeitnehmern der MAK-Wert. Der MAK-Wert ist definiert als die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes in Form von Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis auch bei wiederholter und langfristiger, in der Regel täglich 8-stündiger Exposition, bei Einhaltung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 h im Allgemeinen die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt und diese nicht unangemessen belästigt. Die MAK-Werte gelten für Personen, die gesund und im erwerbsfähigen Alter sind (DFG 2020). Der zurzeit in Deutschland gültige MAK-Wert für H2O2 beträgt: MAK [mL/m³]: 0,5 MAK [ppm]: 0,5 MAK [mg/m³]: 0,71 Ernstgard et al. (2012) untersuchten mögliche Schadeffekte von H2O2 bei kurzzeitiger Inhalationsexposition bei 11 gesunden Probanden. Die Exposition erfolgte über 2 h mit 0,5 und 2,2 ppm H2O2 in Ruhe, sowie einer Kontrolluntersuchung mit unbehandelter Luft (0 ppm). Die folgenden Parameter wurden erfasst: Effekte auf das zentrale Nervensystem (Kopfschmerzen, Erschöpfung, Übelkeit, Schwindel), Reizung der Augen, Nase und Atemwege, Lungenfunktion (Vitalkapazität, Peak flow-Werte), Entzündungs- und Gerinnungsmarker im Blut. Es wurden keine signifikanten expositionsbezogenen Effekte der Entzündungs- und Gerinnungsmarker sowie der Lungenfunktion gemessen. Auch eine erhöhte Atemfrequenz in den ersten 20 min im Vergleich zum 2 h-Expositionszeitraum ließ sich nicht auf H2O2 zurückführen, da auch in der Kontrollexposition dieser Effekt auftrat. Das Augenzwinkern während der Exposition wurde als Indikator für eine Augenreizung aufgezeichnet. Es wurde ein Trend zu einer erhöhten Frequenz des Augenzwinkerns bei 0,5 ppm und 2,2 ppm gemessen, allerdings war dieser Trend nicht signifikant. Die Geruchswahrnehmung war erhöht, wenn auch nicht signifikant. Da H2O2 nicht über Geruch wahrgenommen werden kann, wurde davon ausgegangen, dass dies möglicherweise in Verbindung mit den reizenden Eigenschaften von H2O2 steht. Die Studie zeigte leichte Reizungen der oberen Atemwege bei einer 2-stündigen Exposition mit 2,2 ppm H2O2, die bei einer Exposition gegenüber 0,5 ppm nicht auftraten. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer wird bei der Durchschnittsbevölkerung, die Kranke, Ältere und Kinder berücksichtigt, bei der Ermittlung von Schwellenwerten, wie dem DNELLangzeit ohne erkennbares gesundheitliches Risiko von einer lebenslangen Exposition von 24 h/Tag ausgegangen. Im Rahmen der REACH-Registrierung von H2O2 wurde ein Endverbraucher-Langzeit-DNEL bei inhalativer Exposition abgeleitet, der auf dem in den meisten Ländern der EU gültigen Arbeitsplatzgrenzwert (Occupational Exposure Level) von 1 ppm (1,4 mg/m³) basiert (OSHA 2016). ACA-pharma concept GmbH 17
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Ausgehend von diesem Startpunkt wurden verschiedene Korrekturfaktoren berücksichtigt. Diese sind bedingt durch: • Unterschiede im Körpergewicht von Arbeitern (70 kg) und der Durchschnittsbevölke- rung (60 kg); • Unterschiede im Inhalationsvolumen zwischen Arbeitnehmern (10 m³/Arbeitsschicht; 8 h) und Durchschnittsbevölkerung (20 m³/Tag; 24 h); • Unterschiede in der Expositionshäufigkeit (Arbeiter 5 Tage/Woche, Durchschnittsbe- völkerung 7 Tage/Woche); • zusätzlicher Sicherheitsfaktor für Unterschiede zwischen den Individuen (Arbeiter: 5, Durchschnittsbevölkerung: 10) (ECHA 2020). Der Langzeit-DNEL für eine inhalative Exposition bei Endverbrauchern errechnet sich somit nach folgender Gleichung: • 1,4 mg/m³ * 60/70 * 10/20 * 5/7 *1/2 = 0,21 mg/m³ (entsprechend 0,15 ppm) (ECHA 2020). 5.3 Humanexposition bei vorliegender Verwendung (Vernebelung in Gasträumen und Wartezimmern) Als Expositionszeiten für Mitarbeiter in Gaststätten und Praxen werden maximal 8 h pro Tag angenommen (an 5 Tagen pro Woche); die Expositionszeit für Gäste und Patienten wird konservativ auf 4 h festgesetzt. Die Einstufungen von H2O2 nach CLP lassen für die hier dargestellten Verwendungen von FUNA RS05 mit Ausnahme einer Augenreizung kein mögliches Risiko erkennen (s. Kap. 3.3.5). H2O2 ist ab einer Konzentration von > 5% als schwer augenreizend eingestuft. Die Aus- gangskonzentration von H2O2 im Biozidprodukt FUNA RS05 beträgt maximal 5%. Bei Einhaltung des für Arbeitnehmer geltenden Grenzwerts von 0,5 ppm liegt demnach die Anwendungskonzentration von H2O2 bei Vernebelung 100.000-fach unter der maximalen Ausgangskonzentration von FUNA RS05. Bei Einhaltung der dem MAK-Wert zugrunde gelegten Expositionszeiten (8 h pro Tag an maximal 5 Tagen pro Woche) ist kein Risiko im Rahmen der hier beschriebenen Arbeitnehmer- Verwendung ableitbar. Für Endverbraucher gilt ein geringerer Grenzwert von 0,15 ppm, allerdings wird hier eine Exposition von 24 h an 7 Tagen pro Woche angenommen (s. Kap. 5.2), die jedoch für Restau- rantgäste und Patienten nicht realistisch ist. Verringert man für Restaurantgäste und Patienten die Exposition auf 5 Tage pro Woche, erhöht sich der zulässige Grenzwert bereits auf 0,21 ppm: • 1,4 mg/m³ * 60/70 * 10/20 * 5/5 *1/2 = 0,30 mg/m³ (entsprechend 0,21 ppm). Dieser Ansatz ist immer noch sehr konservativ, da hierbei die realen Expositionszeiten der betroffenen Personengruppen erheblich überschätzt werden. Die durch die BOGA GmbH angebotenen Präzisionsvernebelungsgeräte, SAS und W-FUN CONTROL, ermöglichen eine Präzisionsvernebelung, bei der der Sollwert für H2O2 konstant auf 0,21 ppm gehalten werden kann. ACA-pharma concept GmbH 18
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bei der für die menschliche Gesundheit unbedenklichen Konzentration von 0,21 ppm eine signifikante desinfizierende (antivirale) Wirkung experimentell bestätigt werden konnte (s. Gutachten Werner 2021). Die Humanexposition wird während der Präzisionsvernebelung online über einen Regelkreis mit H2O2-Gassensor überwacht. Der Regelkreis kann auf eine oder mehrere Konzentrationen eingestellt werden und wird dabei ständig durchlaufen. Je nach Messwert wird die Vernebe- lungsleistung reduziert oder angehoben. Die Messung der H2O2 Konzentration erfolgt dabei über geeignete Gas-Sensorsysteme mit einer Mindestauflösung von 0,1 ppm. Bei den verwendeten BOGA Vernebelungssystemen wird eine kleinstpartikuläre Vernebelung erzeugt, daher ist sicherzustellen, dass über Messsysteme reproduzierbare und valide Werte ermittelt werden. Gegebenenfalls ist hierzu ein Abgleich mit einer etablierten Referenzme- thode (DFG Methode „Wasserstoffperoxid“ (Air Monitoring Methods, Vol. 8) bzw. OSHA Methode 1019 (OSHA 2016)) erforderlich. Die Messberichte sind online aufzuzeichnen und zu dokumentieren. 5.4 Schutzmaßnahmen im Umgang mit FUNA RS05 Mischen/Befüllen der Präzisionsvernebelungsgeräte SAS und W-FUN CONTROL werden mit dem unverdünnten Gemisch FUNA RS05 (5% H2O2) oder einer auf 3% verdünnten Lösung zur Keimreduktion der Luft befüllt (nur professionelle Anwender). Bei gebrauchsfertigen Formulierungen entfällt der Verdünnungsschritt. Persönliche Schutzausrüstung (Handschuhe, Brille, Atemschutz) ist notwendig. Reinigung/Wartung/Entsorgung Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch werden keine bzw. nur geringen Mengen an Restinhalt des Produktes anfallen, da die Lösung mittels Vernebelung in Räumen verteilt wird. Anfallende Restinhalte und leere Behälter werden gemäß den Anweisungen des zugelasse- nen Entsorgers entsorgt. à inhalative und dermale Exposition bei Reinigungsarbeiten Präzisionsvernebelungsgeräte SAS und W-FUN CONTROL sind vernachlässigbar. Für weitere Details wird auf das SDB zu FUNA RS05 verwiesen. ACA-pharma concept GmbH 19
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 6 Möglichkeiten der Substitution Aufgrund der aufgezeigten physikochemischen und toxikologischen Eigenschaften sowie der Instabilität des Stoffes ist H2O2 für die o.g. Verwendungen geeignet. Es ist kein Stoff aus dem Biozidbereich verfügbar, der ein besseres Profil hinsichtlich der intrinsischen Eigenschaften bei gleicher Wirkung in der geringen Konzentration aufweist. Eine Substitution ist daher nicht sinnvoll. 7 Umweltexposition Eine Exposition der Umwelt (Boden, Wasser) kann aufgrund der Innenraumanwendung und der hohen Zersetzungsgeschwindigkeit von H2O2 im Kontakt mit organischem Material ausge- schlossen werden Prof. Dr. Clemens Allgaier 23.02.2021 ACA-pharma concept GmbH 20
Gefährdungsbeurteilung bei Humanexposition Februar 2021 bei H2O2-Ultraschallvernebelung Szenarien Restaurant, Wartezimmer 8 Referenzen Assessment Report (2015) Evaluation of active substances. Hydrogen peroxide. Product- types 1-6. March 2015, pp 1-88 BEDO (2018) DRAFT RISK ASSESSMENT OF A BIOCIDAL PRODUCT (FAMILY) FOR NATIONAL AUTHORISATION APPLICATIONS. Hydrogen Peroxide Biocidal Product Family of BEDO. Product type(s) 2, 3, 4, 5. Hydrogen peroxide as included in the Union list of approved active substances Case Number in R4BP: BC-PR029745-10, pp 1-315 BOGA (2019) Sicherheitsdatenblatt FUNA RS05, BOGA GmbH, 59494 Soest, D, Fassung vom 12.11.2019, pp 1-9 DFG (2020) MAK- und BAT-Werte-Liste 2020: Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Mitteilung 56. Deutsche Forschungsgemeinschaft, pp 1-282 ECHA (2020) Hydrogen peroxide. Registration dossier, Toxicological summary. https://echa.europa.eu/registration-dossier/-/registered-dossier/15701/7/1; 23.11.2020 ECHA Homepage (2020) Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis gemäß CLP- Verordnung https://echa.europa.eu/information-on-chemicals/cl-inventory-database/- /discli/details/53297 GESTIS (2020) GESTIS-Stoffdatenbank: Eintrag für Wasserstoffperoxid, aufgerufen am 02.12.2020 OSHA (2016) Hydrogen Peroxide. OSHA method 1019, January 2016, pp 1-15 Werner S (2021) Wirksamkeit des Raumluftdesinfektionsverfahrens W-FUN Control in Bezug auf eine Keimreduktion von aerosolisierten Keimen in der Raumluft. Gutachterliche Stellungnahme, 22.02.2021, HygCen Germany GmbH, 19055 Schwerin, pp 1-3 ACA-pharma concept GmbH 21
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