Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr - Nordrhein-Westfalen - | Wirtschaft NRW
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Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr Nordrhein-Westfalen www.wirtschaft.nrw
02 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Editorial 03 Schwerer Straßengüterverkehr Nordrhein-Westfalen „Die Umstellung der Antriebe ist wirtschaftlich anspruchs- Liebe Leserinnen, liebe Leser, Nordrhein-Westfalen macht sich auf den Weg, die erste klimaneutrale Indus voll. Doch der engagierte Blick trieregion Europas zu werden. Bis spätestens 2045 soll unser Land vollständig klimaneutral wirtschaften. Für nahezu jeden Lebens- und Wirtschaftsbereich in die Zukunft ist die beste geht dies mit großen Herausforderungen einher. Und gerade im Verkehrssektor ist der Weg noch besonders weit. Daher besteht hier dringender Handlungsbe- darf, um die Entwicklung – weg von der Verbrennung fossiler Kraftstoffe, hin zu Option. Nur wer jetzt handelt, klimaneutralen Antrieben – voranzutreiben. wird zukünftig im Wettbewerb Im Personenkraftverkehr und bei leichten Nutzfahrzeugen hat der Markthoch- lauf alternativer Antriebe bereits begonnen. Die Umstellung des schweren Straßengüterverkehrs steht hingegen noch weitgehend am Anfang. Doch auch bestehen können. hier ist nun entschlossenes Handeln gefragt, um die starke Logistikbranche in Nordrhein-Westfalen klimaneutral und von fossilen Energieträgern u nabhängig zu machen. Die aktuelle Energiekrise hat die Dringlichkeit weiter erhöht. Es gilt jetzt, die Wettbewerbsfähigkeit der Branche langfristig zu sichern und den Wechsel auf zukunftsfähige und auf erneuerbaren Energien basierende Wir setzen auf Z usammenarbeit, Technologien einzuleiten. Mit dem vorliegenden Handlungskonzept zeigen wir in fünf zentralen Hand- Dialog und Unterstützung, um lungsfeldern Wege zu einem klimaneutralen und umweltfreundlichen Trans- portwesen auf. Damit verbunden ist die herzliche Einladung diesen Weg gemein- sam zu gehen. Nehmen Sie die Informations- und Unterstützungsangebote des auf dem gemeinsamen Weg zu Landes wahr. Lassen Sie sich zu Fördermaßnahmen beraten und nutzen Sie die vielfältigen Fördermöglichkeiten. Engagieren Sie sich für einheitliche Standards einer führenden Position im und behalten Sie Forschungs- und Pilotprojekte im Blick, um die neuen Erkennt- nisse daraus für sich zu nutzen. Treten Sie unseren Netzwerken bei und arbeiten Sie mit anderen Akteurinnen und Akteuren zusammen. klimagerechten Straßengüter Die Umstellung der Antriebe ist wirtschaftlich anspruchsvoll. Doch der engagierte verkehr und zur ersten klima Blick in die Zukunft ist die beste Option. Nur wer jetzt handelt, wird zukünftig im Wettbewerb bestehen können, und wer jetzt handelt, kann dabei alle Chancen wahren. Wir setzen auf Zusammenarbeit, Dialog und Unterstützung, um auf dem neutralen Industrieregion gemeinsamen Weg zu einer führenden Position im klimagerechten Straßengüter- verkehr und zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas voranzukommen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine informative und inspirierende Lektüre. Europas voranzukommen.“ Mona Neubaur Mona Neubaur Ministerin für Wirtschaft, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen des Landes Nordrhein-Westfalen
04 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Inhalt 05 Inhalt 06–07 Executive Summary 04 22–41 Antriebstechnologien 23–25 4.1 Überblick 01 08–11 Nordrhein-Westfalen: Europäischer Logistik-Hub 26 4.2 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 27–41 4.3 Bewertung der elektrischen 02 12–15 Fahrzeugbestand: Klassen, Merkmale, Antriebe Antriebskonzepte 13–14 2.1 Merkmale des Nah-, 05 42–45 Aktuelle Strategien, Aktivitäten und Förderungen Regional- und Fernverkehrs 43 14–15 2.2 Fahrleistungen und Antriebe 5.1 Bundesrepublik Deutschland 43–45 03 16–21 Politische Rahmenbedingungen und Klimaschutzziele 5.2 Land Nordrhein-Westfalen 17–19 3.1 20 Europäische Union 06 46–59 Handlungsfelder und Maßnahmen der Landesregierung 3.2 Bundesrepublik Deutschland 07 21 60–61 3.3 Land Nordrhein-Westfalen 62 Quellenverzeichnis Fazit 63 Impressum
06 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Executive Summary 07 Bei dem herausfordernden Transformationsprozess und wie die konkreten Unterstützungsangebote sowie hin zu einem klimaneutralen und umweltfreundlichen Handlungsansätze aussehen. Das Handlungskonzept Transportwesen der Zukunft will das Ministerium für richtet sich neben den Speditionen und Logistikunter- Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des nehmen auch an Hersteller von schweren Straßengüter- Landes Nordrhein-Westfalen die Branche unterstützen. fahrzeugen, Umrüstungsunternehmen, Tankstellen- und Mit dem „Handlungskonzept Schwerer Straßengüter- Ladeinfrastrukturbetreiber sowie an alle Unternehmen, verkehr Nordrhein-Westfalen“ zeigt die Landesregierung die im Umfeld des schweren Straßengüterverkehrs tätig auf, welche klimaneutralen Antriebsoptionen es gibt, sind beziehungsweise dies werden wollen. welche dieser Optionen die größten Potenziale besitzen Kernaussagen 1 5 Logistik – zentrale Branche in Nordrhein- Schwere Straßengüterfahrzeuge mit alter- Westfalen: 24.000 Logistikunternehmen mit nativen Antrieben müssen wirtschaftlich 364.000 Beschäftigten sind hierzulande an betrieben werden können und sie müssen gesiedelt und rund ein Viertel aller deutschen für verschiedene Nutzungsszenarien 06–07 Logistikzentren liegt in Nordrhein-Westfalen. geeignet sein. Hinsichtlich Nutzungseig- nung, Energiesystem, Infrastruktur und 2 Der schwere Straßengüterverkehr macht nur Ressourcenverbrauch haben die erprobten Executive Summary etwa 1,3 Prozent des Fahrzeugbestands in Nord- Antriebskonzepte unterschiedliche Stärken rhein-Westfalen aus, ist jedoch für 21,3 Prozent und Schwächen. der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor 6 verantwortlich. Nahezu alle schweren Straßengü- Im Rahmen von fünf Handlungsfeldern P Die Transformation des schweren Straßengüterverkehrs in Richtung terfahrzeuge fahren heute noch mit Dieselmotoren. begegnet die Landesregierung den wirt- schaftlichen und infrastrukturellen Heraus- 3 Ein Flottenaustausch, der auf alternative und forderungen mit verschiedenen Ansätzen: klimaneutraler Antriebe ist ein emissionsfreie Antriebe setzt, und der Auf- • Informationsangebote in Form von Work- wesentlicher Ansatzpunkt für bau der entsprechenden Infrastruktur sind aus shops und Publikationen geben einen Klimaschutz und Luftreinheit. Klimaschutzgründen zwingend erforderlich. Dies Überblick über verfügbare emissionsfreie erfordert schnelles und entschlossenes Handeln. Antriebstechnologien und ihre Eignung. Die Landesregierung setzt vor allem auf elektrische • Durch die Unterstützung von Pilotprojek- Antriebskonzepte. Als zukunftsweisend werden hier ten zu Brennstoffzellenfahrzeugen und aktuell insbesondere B rennstoffzellenfahrzeuge und batterieelektrischen Straßengüterfahr- batterieelektrische Fahrzeuge angesehen. zeugen sowie der Errichtung von Infra- struktur sollen Erfahrungen gesammelt 4 Das Ziel der Landesregierung ist es, dass bis zum und die Umsetzung beschleunigt werden. Jahr 2030 in Nordrhein-Westfalen m indestens • Mithilfe bestehender Initiativen wie 80.000 schwere Straßengüterfahrzeuge HyTrucks.NRW werden Bedarfe sowie emissionsfrei fahren, davon Anforderungen an ein flächendeckendes • mindestens 11.000 Brennstoffzellenfahrzeuge Tankstellen- und Ladenetz identifiziert und und die potenziellen Betreiber beim • mindestens 69.000 batterieelektrische Ausbau unterstützt. Straßengüterfahrzeuge. • Beschaffungsinitiativen werden Auch die Infrastruktur soll deutlich ausgebaut unterstützt, um Skaleneffekte bei der werden: Bis zum Jahr 2030 sollen Fahrzeugbeschaffung zu erzielen. • landesweit 200 öffentlich zugängliche • Der Ausbau der erneuerbaren Energien, Wasserstofftankstellen, des Stromnetzes und der Wasserstoff- • mindestens 80 öffentlich zugängliche elektrolyse werden für eine versorgungs- Ladestationen für Straßengüterfahrzeuge, sichere Antriebswende vorangetrieben. • sowie zusätzlich betriebliche Wasserstofftank stellen und Ladeinfrastrukturen errichtet sein. Ab dem Jahr 2045 gilt für die gesamte Fahrzeugflotte Klimaneutralität.
08 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Nordrhein-Westfalen: Europäischer Logistik-Hub 09 Der Güterverkehr auf der Straße ist heute für einen we- Industrieregion Europas wird – so wie es im Juni 2022 im sentlichen Anteil an Treibhausgas- und Schadstoffemis- Koalitionsvertrag vereinbart wurde. sionen verantwortlich. Die Transformation des Sektors in Richtung emissionsarmer und perspektivisch klima- Aktuell ist der Verkehrssektor mit rund 30,0 Millionen neutraler Antriebe ist daher ein wesentlicher Ansatzpunkt Tonnen CO2-Äquivalente für 14,7 Prozent der Gesamt für Klimaschutz und Luftreinheit. Nordrhein-Westfalen emissionen in Nordrhein-Westfalen verantwortlich (vgl. soll führend im klimagerechten Straßengüterverkehr Abbildung 1). Davon entfällt etwa ein Drittel auf den Straßen- werden – das ist das Ziel der Landesregierung. Dafür gilt güterverkehr. Gleichzeitig wird dieses Drittel von verhält- es, das geeignete Umfeld zu schaffen. Denn der klimage- nismäßig wenigen Fahrzeugen verursacht. In Nordrhein- rechte Güterverkehr auf der Straße soll ein Baustein sein, Westfalen machen Fahrzeuge für den Straßengüterverkehr mit dem Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneutralen etwa 6,3 Prozent des Gesamtfahrzeugbestandes aus. 01 Abbildung 1: Anteile der Sektoren an den Treibhaus- gasemissionen in Nordrhein-Westfalen1 08–11 Nordrhein-Westfalen: Europäischer Logistik-Hub Produktanwendung/ Sonstige 1,7 % Landwirtschaft 3,4 % P Für die Wirtschaft und den Klimaschutz in Nordrhein- Flüchtige Emissionen Westfalen sind Straßen aus Brennstoffen Abfall güterverkehr und Logistik 1,0 % 0,2 % von großer Bedeutung. Haushalte, Kleinverbrauch 13,0 % Energiewirtschaft 39,4 % Verkehr 14,7 % Industrie 26,6 %
10 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Nordrhein-Westfalen: Europäischer Logistik-Hub 11 Rund ein Viertel aller deutschen Logistikzentren liegt in Nordrhein-Westfalen. Die schweren Fahrzeuge des Straßengüterverkehrs erbringen jährlich eine hohe Fahr- und Transportleistung. Insgesamt ist der schwere Güterverkehr auf der Straße charakterisiert durch hohe Emissionswerte und vergleichsweise wenige F ahrzeuge mit ver- gleichsweise kurzer Nutzungsdauer in Deutschland. 25 Prozent Vor diesem Hintergrund ist ein Flottenaustausch, bei dem auf alternative Antriebstechnologien gesetzt wird, ein wirksamer Hebel sein: Durch die Umstellung auf emissionsfreie F ahrzeuge im Straßengüterverkehr können Treibhausgasemissionen signifikant reduziert und somit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der 24.000 Klimaschutzziele im Verkehrssektor geleistet werden. Über 24.000 Logistikunternehmen mit 364.000 Beschäftigten erwirtschaften Auch für die Wirtschaft sind Straßengüterverkehr und Logistik von großer Bedeutung: hierzulande jährlich einen Umsatz von etwa 68 Milliarden Euro. Nordrhein-Westfalen besitzt innerhalb Europas eine besondere Stellung mit drei Güterverteilzentren, 30 verkehrsreichen Autobahnen und 23 wichtigen Binnenhäfen. 712.000 Darüber hinaus beschäftigt die Branche mit ihren Logistikaktivitäten für Handel und Industrie insgesamt mehr als 712.000 Menschen.
12 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Fahrzeugbestand: Klassen, Merkmale, Antriebe 13 Im vielfältigen Transport- und Logistikwesen werden sogenannte Lastzüge (Kombination aus Lastkraftwagen verschiedene Klassen von Nutzfahrzeugen eingesetzt. und Anhänger) und Sattelzugmaschinen, die typischer- Als leichte Nutzfahrzeuge werden Fahrzeuge der Klasse weise mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen N1 mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als unterwegs sind. Eine Sattelzugmaschine bezeichnet 3,5 Tonnen definiert. Diese werden vor allem im Hand- eine Zugmaschine, die eine besondere Vorrichtung zum werk sowie bei der innerstädtischen Güterbeförderung Mitführen von Sattelanhängern hat, wobei ein wesent- verwendet, zum Beispiel von Kurier-, Express- und Paket- licher Teil des Gewichtes des Sattelanhängers von der diensten (KEP-Dienste). Schwere Nutzfahrzeuge fallen Sattelzugmaschine getragen wird. Das Handlungskon- in die Fahrzeugklassen N2 (3,5 bis 12 Tonnen zulässiges zept fokussiert sich im Weiteren auf die Fahrzeuge der Gesamtgewicht) und N3 (mehr als 12 Tonnen zulässiges Fahrzeugklasse N2 sowie N3 und bezeichnet diese als Gesamtgewicht). Zu der Fahrzeugklasse N3 zählen auch schwere Straßengüterfahrzeuge. N1 N2 N3 Klasse Klasse Klasse 02 Leichte Schwere Schwere 12–15 Nutzfahrzeuge Nutzfahrzeuge Nutzfahrzeuge Fahrzeugbestand: Klassen, zulässiges Gesamt- zulässiges Gesamt- zulässiges Gesamt- Merkmale, Antriebe gewicht von weniger als 3,5 Tonnen gewicht 3,5 bis 12 Tonnen gewicht mehr als 12 Tonnen Verwendung vor allem Dazu gehören auch im Handwerk sowie bei Lastzüge (Kombination P Die schweren Straßengüterfahrzeuge machen 1,3 Prozent des gesamten Fahr- der innerstädtischen Güterbeförderung, aus Lastkraftwagen und Anhänger) und zeugbestandes in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel Kurier-, Sattelzugmaschinen aus – verursachen jedoch etwa 21,3 Pro- Express- und Paket- diensten zent der Emissionen im Verkehrssektor. 2.1 Merkmale des Nah-, Regional- und Fernverkehrs Schwere Straßengüterfahrzeuge werden sowohl für den 150 Kilometern und 70 Prozent der Güter werden Nah- und Regionalverkehr als auch für den Fernverkehr im Fernverkehr über längere Strecken befördert genutzt. Im Nahbereich werden etwa 10 Prozent aller (vgl. Abbildung 2). Pro T onnenkilometer verursacht beförderten Güter transportiert, 20 Prozent entfallen jedes Straßengüterfahrzeug in Deutschland dabei auf den Regionalbereich mit einer Distanz von bis zu durchschnittlich etwa 0,11 Kilogramm Treibhausgase. 2
14 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Fahrzeugbestand: Klassen, Merkmale, Antriebe 15 Abbildung 2: Transportaufgaben von Abbildung 3: Bestandsverteilung von Lastkraftwagen und Sattelzugmaschinen3 Straßengüterfahrzeugen in Nordrhein-Westfalen5 Beförderungsleistung 2021 Zurückgelegte Entfernung 2021 85,01 25.119,1 1.937.893,7 Zulässige Gesamtmasse Nahbereich 8,30 (150 km) meter pro Jahr, bei Sattelzugmaschinen sind es jährlich mit batterieelektrischen Antrieben bereits in größerer 16.695,0 1.740.976,1 durchschnittlich 90.000 Kilometer. Diese Fahrleistungen Stückzahl auf dem Markt vertreten sind, fahren nahezu sowie auch der Fahrzeugbestand selbst steigen aufgrund alle schweren Straßengüterfahrzeuge mit Dieselantrieb 0 50.000 100.000 150.000 200.000 0 6.000.000 12.000.000 der großen Nachfrage in den Bereichen E-Commerce und (vgl. Abbildung 4). Hier ist das Angebot für Fahrzeuge mit Millionen Tonnenkilometer 1000 Kilometer Industrie jedoch stetig an. Auch der Hub-to-Hub-Verkehr alternativen Antrieben derzeit noch sehr gering und die wird in Zukunft weiter zunehmen. Straßengüterfahrzeu- erforderliche Infrastruktur vielfach nicht oder nicht aus- Gewerblicher Verkehr ge mit alternativen, emissionsfreien Antrieben stehen reichend vorhanden. Werkverkehr Klassische Transportaufgaben sind Kurier-, Express- Für unternehmerische Zwecke besonders bedeutsam Abbildung 4: Antriebsarten bei LKW und und Paketdienste (KEP), die Distribution von Gütern im sind die betrieblichen Anforderungen, das heißt im Wesent- Sattelzugmaschinen in Nordrhein-Westfalen6 Handel, die Industrielogistik und der Stückgutverkehr. lichen die Eignung eines Fahrzeuges für den alltäglichen LKW Sattelzugmaschinen Darüber hinaus wird der Straßengüterverkehr über fol- Nutzungseinsatz. Dabei müssen die Fahrzeuge zum Teil für gende Merkmale charakterisiert: Antrieb, Nutzlast- oder mehrere Nutzungsszenarien ausgelegt sein, zum Beispiel Volumensensitivität, Streckenart (Hub-to-Hub-Verkehr sowohl für Kurz- als auch für Langstrecken. Typischerweise oder hochflexibel), Schichtdauer (Ein-Schicht, Mehr- werden schwere Straßengüterfahrzeuge drei bis vier Jahre Schicht oder 24/7-Nutzung) sowie Eigenständigkeit im Fernverkehr eingesetzt und anschließend für weitere oder Integration in kombinierte Transportketten. Daraus zwei bis drei Jahre im Nah- und Regionalverkehr, bevor sie resultieren spezifische Anforderungen an die Fahrzeuge, weiterverkauft werden. mit denen diese Transporte durchgeführt werden. 2.2 Fahrleistungen und Antriebe Aktuell gibt es in Nordrhein-Westfalen einen Bestand von Straßengüterfahrzeuge der Klassen N2 und N3 machen Diesel (91,59 %) Gas (1,02 %) Diesel (98,76 %) Gas (0,82 %) etwa 787.000 Straßengüterfahrzeugen, verteilt über die zusammen 1,3 Prozent des gesamten Fahrzeugbestandes verschiedenen Nutzfahrzeugklassen (vgl. Abbildung 3). in Nordrhein-Westfalen aus – verursachen mit 6,4 Mio. Benzin (3,79 %) Plug-in-Hybrid (0,02 %) Benzin (0,03 %) Plug-in-Hybrid (0,00 %) Etwa 65.000 davon sind Lastkraftwagen (LKW) der Klasse Tonnen CO2 -Äquivalente jedoch etwa 21,3 Prozent der Batterieelektrisch (3,50 %) Sonstiges (0,07 %) Batterieelektrisch (0,01 %) Sonstiges (0,38 %) N2 und 96.000 Fahrzeuge gehören der Klasse N3 an, davon Emissionen im Verkehrssektor beziehungsweise 3,15 sind etwa 51.000 Sattelzugmaschinen.4 Die schweren Prozent der nordrhein-westfälischen Gesamtemissionen. Ein Antriebswechsel auch bei schweren Straßengüter- Neben Aktivitäten in den Bereichen Personenkraftfahr- fahrzeugen mit hoher Fahrleistung (und aktuell noch zeuge (PKW) und leichte Nutzfahrzeuge ist der schwere hohen Emissionswerten) würde einen Großteil der Straßengüterverkehr daher ein wichtiger Stellhebel für Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor einsparen. den Klimaschutz und für die Landespolitik.
16 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Politische Rahmenbedingungen und Klimaschutzziele 17 Gesetze, Verordnungen und Rechtsnormen gibt es für verkehr abzielen. Diesbezüglich sind alle – E uropäische den Güterverkehr auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Union, Bundesrepublik Deutschland und das Land Nord- Davon werden in diesem Handlungskonzept diejenigen rhein-Westfalen – hochgradig engagiert und setzen sich fokussiert, die auf den Klimaschutz im Straßengüter- ambitionierte Ziele. 3.1 Europäische Union Die übergeordnete Vereinbarung für die Klimaschutzziele der Europäischen Union ist der European Green Deal (s. Abbildung 5). Dieser sieht vor, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Mit den Investitions-, Gesetzes- und Strategiemaßnahmen 03 des E uropean Green Deal soll Europa bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden. 16–21 55 Politische Rahmen- bedingungen und Klimaschutzziele Prozent Reduzierung der Treibhausgase P Der erfolgreiche Markthochlauf emissionsfreier Straßengüterfahr- zeuge kann nur gelingen, wenn bis 2030 gegenüber 1990 der politische Rahmen stimmt und ehrgeizige Ziele vorgibt. 2050 klimaneutral durch die Maßnahmen des European Green Deal
18 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Politische Rahmenbedingungen und Klimaschutzziele 19 Abbildung 5: Der European Green Deal7 Die 2019 beschlossene CO 2 -Flottenregulierung für Auch die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe soll Der europäische Grüne Deal4 Nutzfahrzeuge regelt die Entwicklung der Treibhaus b eschleunigt aufgebaut und vereinheitlicht werden gasemissionen (Verordnung 2019/1242/EU): Bis zum (AFIR: Alternative Fuels Infrastructure Regulation). Ziel Jahr 2030 sollen neu zugelassene schwere Nutzfahr- ist eine grenzüberschreitende und nutzungsfreundliche Der European Green Deal zeuge europaweit 30 Prozent weniger CO 2 ausstoßen (bezogen auf das Basisjahr 2005). Lade- und Tankinfrastruktur in Europa, unter anderem auch für schwere Straßengüterfahrzeuge. Die EU-Mit- Ein europäischer Klimapakt – die EU als weltweiter Vorreiter gliedsstaaten haben sich im Juni 2022 auf einen ge- Mit dem Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz meinsamen Standpunkt dazu geeinigt. Die endgültige (SaubFahrzeugBeschG) wurde im Juni 2021 in Deutsch- Regelung wird nach weiteren Verhandlungen innerhalb land die europäische Richtlinie über die Förderung sau- der EU-Gremien festgelegt (vgl. Abbildung 6). berer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge umge- setzt (Clean Vehicles Directive, EU-Richtlinie 2019/1161). Mit diesem Gesetz gibt es nun erstmals verbindliche Mindestziele für die Beschaffung von emissionsarmen Ambitionierte Klimaschutzziele und emissionsfreien PKW und Nutzfahrzeugen durch öffentliche Stellen. für 2030 und 2050 Abbildung 6: Entwurf der Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe8 Versorgung mit sauberer, Was wird sich voraussichtlich ändern? DieAFIR-Verhandlungenlaufenweiterhin.DieDarstellunggibteinenvorläufigenStandwieder. erschwinglicher und sicherer Energie Ladestationen mindestens alle 60 Kilometer auf Hauptstraßen bis Ende 2025 Mobilisierung der Industrie für bis Ende 2030 60 Kilometer eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft Jedes Jahr soll die Gesamtladeleistung der Ladestationen mit der Zahl der registrierten Fahrzeuge wachsen Ladestationen auf jedem sicheren und gesicherten Parkplatz Ladestationen auch in Stadtgebieten Null-Schadstoff-Ziel für eine Ausnahmen für Straßen mit wenig Verkehr schadstofffreie Umwelt Wasserstofftankstellen mindestens alle 150 Kilometer auf Hauptstraßen mehr Tankstellen in Stadtgebieten bis Ende 2025 Raschere Umstellung auf eine bis Ende 2030 150 Kilometer nachhaltige und intelligente Mobilität PKW und LKW unter 3,5 Tonnen LKW über 3,5 Tonnen
20 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Politische Rahmenbedingungen und Klimaschutzziele 21 3.2 Bundesrepublik Deutschland 3.3 Land Nordrhein-Westfalen Seit Juni 2021 gilt in Deutschland ein neues Bundesklima- Um dieses Klimaziel zu erreichen, sollen die Emissionen Im Landes-Klimaschutzgesetz hat Nordrhein-Westfalen Gemäß den Plänen des Bundes soll bis zum Jahr 2030 schutzgesetz: Bis zum Jahr 2030 müssen die Treibhaus- im Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 um 48 Prozent die zuvor verabschiedeten Bundesziele für den Klima- mehr als ein Drittel der Fahrleistungen im schweren gasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 um 65 Prozent sinken (gegenüber 1990). schutz übernommen. Neben den Zwischenzielen für die Straßengüterverkehr emissionsfrei erfolgen; bis zum Jahr gesenkt werden (vgl. Abbildung 7). Jahre 2030 und 2040 steht im nordrhein-westfälischen 2040 sollen es 88 Prozent der Fahrleistungen sein. Unter Klimaschutzgesetz insbesondere die Treibhausgasneu Beachtung steigender Fahrzeugzahlen müssten dem- tralität bis zum Jahr 2045 im Fokus. nach in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2030 mindestens Abbildung 7: Jahresemissionsmengen 73.000 schwere Straßengüterfahrzeuge emissionsfrei nach Bereichen bis 20309 Die Landesregierung hat es sich im Koalitionsvertrag unterwegs sein (Prognostizierter Fahrzeugbestand zum Ziel gesetzt, Nordrhein-Westfalen zur ersten 2030: etwa 163.000 schwere LKW und etwa 56.000 klimaneutralen Industrieregion Europas zu machen. Sattelzugmaschinen, s. Abbildung 8)10. Im Jahr 2045 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente soll der gesamte Fahrzeugbestand emissionsfrei fahren. 300 280 Abbildung 8: Prognostizierter Bestand von Straßengüter- 257 fahrzeugen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen11 250 6.000.000 200 186 5.000.000 182 177 172 165 5.089.618 157 150 149 150 145 139 140 134 4.000.000 132 128 125 4.337.036 123 118 117 118 113 112 3.695.736 108 105 102 108 3.550.814 97 96 3.410.280 100 92 87 3.276.093 85 3.000.000 82 3.149.263 77 72 67 70 68 67 66 65 63 62 61 50 59 57 56 2.000.000 9 9 8 8 7 7 6 6 5 5 4 1.088.730 0 915.101 1.000.000 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 769.162 703.297 736.470 646.508 672.049 Energiewirtschaft Verkehr Landwirtschaft 218.454 219.149 218.469 222.279 223.577 228.845 234.237 Industrie Gebäude Abfallwirtschaft und Sonstiges 49.259 49.553 49.455 50.889 51.449 53.749 56.152 0 2018 2019 2020 2021 2022 2026 2030 Für 2031 bis 2040 legt das Klimaschutzgesetz jährliche ausgestoßen werden. Ab 2045 schreibt das Klimaschutz- Gesamtminderungsziele fest. Bis 2040 müssen min- gesetz Treibhausgasneutralität vor, nach 2050 negative destens 88 Prozent weniger Treibhausgasemissionen Emissionen. Lastkraftwagen DE Sattelzugmaschinen DE Lastkraftwagen NRW Sattelzugmaschinen NRW
22 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 23 4.1 Überblick Um die Treibhausgasemissionen gemäß der EU-Vorgaben r eduzieren zu können, werden im Straßengüterverkehr alternative Antriebe benötigt. Die relevanten Technologien dafür sind: 04 22–41 Antriebstechnologien Batterieelektrische Fahrzeuge Brennstoffzellen- fahrzeuge P Ein Flottenaustausch, der auf alternative und emissionsfreie Antriebe setzt, und der Aufbau Fahrzeuge mit der entsprechenden Infrastruk- Verbrennungsmotor tur sind aus Klimaschutzgründen für klimaneutralen zwingend erforderlich. Fahrzeuge mit Kraftstoff Stromabnehmer für Oberleitung Bei den ersten drei Antriebsarten handelt es sich um = Im batterieelektrischen Fahrzeug wird der elektrische Antriebskonzepte, die im Wesentlichen aus Energiebedarf aus der Batterie gedeckt. dem Energiespeicher und dem elektrischen Antriebs motor bestehen. = Brennstoffzellenfahrzeuge nutzen Wasserstoff als Energieträger. Der Wasserstoff wird in der Brennstoff- = Fahrzeuge mit Stromabnehmer für eine Oberleitung zelle des Fahrzeugs in elektrische Energie (Strom) können ihre Batterie durch den Netzanschluss wäh- umgewandelt, der Strom wiederum treibt den Elek- rend der Fahrt nachladen. Endet die Oberleitung, hat tromotor an. Brennstoffzellenfahrzeuge setzen im die Fahrzeugbatterie noch eine Reichweite von bis zu Betrieb lediglich Wasserdampf frei. 80 Kilometern.
24 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 25 Elektrisch angetriebene Fahrzeuge sind geräuscharm und situation der Fahrerinnen und Fahrer deutlich verbessert. Wasserstoff kann nicht nur über Brennstoffzellen in Strom umgewandelt setzen bei ihrer Fahrt keine klimaschädlichen Emissionen Die Klimabilanz der Elektrofahrzeuge hängt davon ab, wie werden, sondern er kann auch als Kraftstoff für V erbrennungsmotoren frei. Sie tragen somit zu einer Verbesserung der Lebens- die für die Fahrt benötigte Energie (Strom beziehungs genutzt werden. Solche Motoren sind aktuell allerdings noch nicht auf qualität insbesondere in den Städten bei. Darüber hinaus weise Wasserstoff) erzeugt wurde. dem Markt verfügbar und befinden sich in Entwicklung. fahren sie weitgehend vibrationsfrei, was die Arbeitsplatz- = In speziellen Bereichen können mit Wasserstoff b etriebene Verbrennungsmotoren zukünftig ihre Anwendung finden. Nur wenn grüner Strom aus er- neuerbaren Energiequellen und grüner Wasserstoff verwendet Biogas beziehungsweise flüssiges Biomethan (Bio-LNG) wird heute bereits in gasbetriebenen Fahrzeugen eingesetzt. Biogas kann vor allem dann wirt- werden, sind elektrisch ange- schaftlich sein, wenn es dort genutzt wird, wo es auch erzeugt wird. triebene Fahrzeuge im Betrieb = Jedoch ist die Verfügbarkeit von Biogas begrenzt und aufgrund der aktu- ellen Gasknappheit steht seine Nutzung für Fahrzeugantriebe zudem in Konkurrenz zu dem Gasbedarf in der Industrie und in Wohngebäuden. klimaneutral. Auch Verbrennungsmotoren können einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – unter der Voraussetzung, dass die genutzten Kraftstoffe klimaneutral sind. Sie verursachen jedoch durch ihre Verbrennung im Motor Emissionen vor Ort. Als SynFuels sind aktuell praktisch nicht verfügbar und wären zudem heute, aber bilanziell klimaneutrale Kraftstoffe kommen Wasserstoff, Biogas und synthe möglicherweise auch in Zukunft, zu teuer in ihrer Herstellung und damit für die tische Kraftstoffe (SynFuels) infrage. breite Nutzung in Verbrennungsmotoren nicht wirtschaftlich. = SynFuels können zumindest im Hinblick auf eine Klimaneutralität des Altbestandes eine Rolle spielen.12 Die genannten klimaneutralen Kraftstoffe sind wegen Das vorliegende Handlungskonzept zum Straßengü- der geringeren Effizienz der gesamten Kette von der Her- terverkehr fokussiert sich daher im Folgenden auf die stellung bis zur Verbrennung, der teilweise mangelnden elektrischen Antriebskonzepte und deren Markthochlauf. Verfügbarkeit und ihren Emissionen (CO2 oder NOx) aus Insbesondere im schweren Straßengüterverkehr be- heutiger Sicht keine Option, um den Straßengüterverkehr nötigen diese Antriebskonzepte weitere technologische vollständig zu dekarbonisieren. Sie können jedoch für die Innovationsschritte – sowohl hinsichtlich der Fahrzeuge Übergangszeit und in bestimmten Anwendungsbereichen als auch hinsichtlich der Infrastruktur. eine Rolle spielen und die Dekarbonisierung der bestehen- den Fahrzeugflotten beschleunigen.
26 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 27 4.2 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 4.3 Bewertung der elektrischen Anschaffungskosten große Unsicherheit hervor. Sie variieren je nach Studie Antriebskonzepte Der Markt für emissionsfreie schwere Straßengüterfahr- um mehrere zehn Cent pro Kilometer. Die Gewinnmargen zeuge ist noch jung, deshalb gibt es nur wenige öffentlich der Straßengüterfahrzeuge belaufen sich jedoch nur auf Neben den Total Cost of Ownership gibt es weitere Aspekte, zugängliche Daten zu den Anschaffungskosten. Im Ver- wenige Cent pro Kilometer. VDI und VDE werteten für ihre die bei der Bewertung der Antriebstechnologien eine Rolle spielen: gleich zu Dieselfahrzeugen werden die Anschaffungskosten im Januar 2022 veröffentlichte TCO-Prognose verschiede- aktuell (über die Fahrzeugklassen N2 und N3 hinweg) bei ne Studien aus. Auf dieser Grundlage geht die VDI/VDE- batterieelektrischen Fahrzeugen als zwei bis drei Mal und Prognose für das Jahr 2030 von folgenden Werten für bei Brennstoffzellenfahrzeugen als drei bis vier Mal so hoch ein Referenzfahrzeug im Fernverkehr mit einem Gesamt- wie bei Verbrennerfahrzeugen geschätzt. Durch Skalenef- gewicht von 40 Tonnen aus: Für Brennstoffzellenfahrzeuge fekte sowie Produkt- und Produktionsinnovationen werden wird eine durchschnittliche TCO von 81 Cent pro Kilometer die Anschaffungskosten für emissionsfreie Straßengüter- angegeben, mit einer Spannbreite von 65 bis 98 Cent. Für fahrzeuge voraussichtlich langfristig sinken.Im Folgenden batterieelektrische Fahrzeuge werden die TCO im Mittel bei werden Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen 90 Cent pro Kilometer liegen, mit einer Spannbreite von 65 und täglichen Reichweiten von bis zu 800 Kilometern bis 122 Cent pro Kilometer. Oberleitungsfahrzeuge werden aufgrund der hohen Fahrleistungen sowie den daraus eine durchschnittliche TCO von 100 Cent pro Kilometer resultierenden hohen Emissionswerten als Referenz be- haben, mit einer Spannbreite von 80 bis 122 Cent. Damit trachtet: Bei Brennstoffzellenfahrzeugen werden die Preise ist die Brennstoffzellentechnologie im Mittel die günstigste maßgeblich durch die Brennstoffzelleneinheit inklusive des und der batterieelektrische Antrieb die zweitgünstigste Wasserstofftanksystems bestimmt. Verschiedene Studien Lösung bei Straßengüterfahrzeugen mit einem Gesamt- prognostizieren hier für das Jahr 2030 Kosten zwischen gewicht von 40 Tonnen – wenngleich die prognostizierten 139.000 und 145.000 Euro. Für vergleichbare batterie- elektrische Fahrzeuge liegt die Preisspanne zwischen etwa TCO mit Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Kostenent- wicklungen behaftet sind (vgl. Abbildung 9). Nutzungseignung Energiesystem 154.000 und 181.200 Euro.13 Grundsätzlich steigen die Kos- Das Fahrzeug muss Anforderungen erfüllen, Die Dekarbonisierung von Energie, Verkehr, ten mit zunehmender Reichweite an, also in Abhängigkeit Weitere Studien14 weisen für das Jahr 2030 im Nah- und die für seinen spezifischen Nutzungseinsatz Wärme und Industrie müssen zusammengedacht von der Gesamtkapazität der Batterien. Bis 2030 werden Regionalverkehr bis 200 Kilometer für batterieelektrische relevant sind. Dies betrifft zum Beispiel Reichweite, werden. In diesem Zusammenhang kommen der Reichweiten von bis zu 800 Kilometern prognostiziert. Fahrzeuge TCO zwischen 46 und 76 Cent pro Kilometer Nutzlast, Flexibilität und Lade- beziehungsweise (fluktuierenden) Energiebereitstellung, der Energie und für Brennstoffzellenfahrzeuge TCO zwischen 72 und Tankzeit. Auch eine entsprechende Marktreife speicherung und der Effizienz der gesamten Kette Total Cost of Ownership 120 Cent pro Kilometer aus. Es zeichnet sich ab, dass und -verfügbarkeit muss gegeben sein. (von der Energieerzeugung bis zum Endverbrauch Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind die Total Cost of Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb die wirt- im Fahrzeug) eine enorme Bedeutung zu. Ownership (TCO) bedeutsam für die Wettbewerbsfähigkeit schaftlichste Lösung für den urbanen Raum und für den einer Antriebstechnologie. TCO sind die über den gesam- Verteilerverkehr darstellen können. ten Einsatzzyklus des Fahrzeugs anfallenden Kosten pro gefahrenem Kilometer. Sie umfassen die Anschaffungs- Eine Dieselparität ist bei den emissionsfreien Antrieben vor und Betriebskosten (insbesondere Energie- und Infra- dem Hintergrund aktuell hoher Dieselpreise und künftig strukturkosten einschließlich Steuern, Abgaben, Umlagen, höherer CO2-Bepreisung gegen Ende des Jahrzehnts mög- Wartungskosten und Mautgebühren) abzüglich der Rest- lich.15 Durch Massenproduktion und Innovationen erscheint werte. Bezüglich der zukünftigen TCO-Entwicklung rufen zudem eine signifikante Kostenreduktion bei den Fahr- vor allem die variablen Komponenten der Betriebskosten zeugen bis zum Jahr 2030 möglich. Abbildung 9: Prognostizierte Total Cost of Ownership für das Jahr 2030 für schwere Straßengüterfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen16 Brennstoffzellenfahrzeuge Infrastruktur Ressourcenverbrauch 25.119,1 Batterieelektrische Fahrzeuge Eine flächendeckend funktionierende Infrastruktur ist Der Ressourcenverbrauch für das Energiemedium, eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Fahrzeuge für die Antriebstechnologie und für die Infrastruktur Fahrzeuge mit Stromabnehmer mit alternativem Antrieb genutzt werden können. Der muss klimafreundlich und möglichst gering sein. Aufwand und die Kosten zur Errichtung dieser Infra- 0,40 0,60 0,80 1,00 1,20 1,40 struktur müssen verhältnismäßig sein. Euro/Kilometer Streubereich
28 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 29 4.3.1 Brennstoffzellenfahrzeuge Nutzungseignung Brennstoffzellenfahrzeuge eignen sich besonders gut für Unternehmen, deren Fahrzeuge weite Strecken Brennstoffzellen- fahren (ab 450 Kilometer täglich) oder hohe Nutzlasten transportieren. fahrzeuge = Anders als bei batterieelektrischen Fahrzeugen geht bei Brennstoffzellenfahrzeugen weniger Nutzlast Auswahl an Brennstoffzellenfahrzeugmodellen aktuell sehr begrenzt. Insbesondere Brennstoffzellenfahr- durch den Antriebsstrang verloren. Zudem sind die zeuge der Klassen N2 und N3 bietet in Deutschland Betankungszeiten von Wasserstofffahrzeugen mit noch kein Fahrzeughersteller in Serie an (Ausnahmen 10 bis 20 Minuten deutlich kürzer als die Ladezeiten sind Müllsammelfahrzeuge). Erste für den schweren von vergleichbaren batterieelektrischen Fahrzeugen. Straßengüterverkehr bedeutsame Sattelzugmaschi- Daher bieten sich Brennstoffzellenfahrzeuge auch nen werden ab dem Jahr 2023 erwartet. für zeitkritische Branchen an. Auf dem Markt ist die Energiesystem Sowohl die Elektrolysekapazitäten in Deutschland als auch die Importe von grünem Wasserstoff müssen ausgebaut werden. = Der Energieträger für Brennstoffzellenfahrzeuge ist = Der durch Elektrolyse erzeugte Wasserstoff ist gas- idealerweise grüner Wasserstoff. Wasserstoff wird förmig (CGH2). In der Regel wird gasförmiger Wasser mittels Wasserelektrolyse hergestellt, wobei der stoff per Trailer zu den Tankstellen transportiert, Strom für die Elektrolyse aus erneuerbaren Energie- wobei Flaschenbündel mit einem Druck von 200 bis quellen stammt. Heute sind nur etwa 5 Prozent des 500 bar genutzt werden. Bei Straßengüterfahrzeugen in Deutschland erzeugten Wasserstoffs grün. Um für den Regionalverkehr ist die Druckgasspeicherung sich hier zu steigern, werden in Zukunft sowohl die in Tanks bei 350 bar etabliert, für den Fernverkehr Elektrolysekapazitäten in Deutschland als auch die laufen die Entwicklungen aktuell in Richtung 700 bar Importe von grünem Wasserstoff ausgebaut. Druckgasspeicherung. Alternativ kann Wasserstoff auch verflüssigt gespeichert werden. Dazu wird der = Zielmarken aus der nordrhein-westfälischen Wasserstoff auf circa minus 250 Grad Celsius herun- Wasserstoff Roadmap für das Jahr 2030: tergekühlt und bei Umgebungsdruck gelagert. Die Ver- flüssigung ermöglicht die Speicherung von größeren • 1.300 Kilometer Wasserstoffleitungen Mengen Wasserstoff in einem bestimmten Volumen in Deutschland, davon 240 Kilometer in als bei gasförmigem Wasserstoff. In der Praxis werden Nordrhein-Westfalen derzeit je nach Fahrzeughersteller unterschiedliche • 1 bis 3 Gigawatt Elektrolyse Speicherkonzepte verfolgt. leistung in Nordrhein-Westfalen
30 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 31 = Bei jedem Schritt – Stromerzeugung aus erneuer- durch die Brennstoffzelle – treten Energieverluste auf. Abbildung 11: Wasserstoffnetz baren Energiequellen, Umwandlung von Strom in Insgesamt liegt der Wirkungsgrad der Energiekette in Nordrhein-Westfalen Wasserstoff durch Elektrolyse, Transport, Verdichtung, eines Brennstoffzellenfahrzeugs bei 24 bis 29 Prozent Gelsenkirchen Oer-Erkenschwick Umwandlung von Wasserstoff in Antriebsenergie (s. Abbildung 10). Marl Gesamtlänge: 240 Kilometer Castrop-Rauxel Abbildung 10: Wirkungsgrad der Energiekette Oberhausen Herne eines Brennstoffzellenfahrzeugs17 Dortmund Bochum Von der Stromerzeugung bis zum Speicher Vom Speicher bis zum Rad Essen ~ 95 % ~ 95 % ~ 70–75 % ~ 80–90 % ~ 99 % ~ 60% ~ 85 % ~ 95 % Hattingen Mülheim Strom aus Strom- Verdich- Gesamt- erneuer- AC/DC Elektro- über- tung und Tanken Entladung Elektromotor Mechanik wirkungsgrad baren Inverter lyse Duisburg Energien tragung Transport = 24–29 % Krefeld Erzeugeranlagen Kunde Düsseldorf Wirkungsgrad Wasserstoffleitung Wirkungsgrad = 50–60 % = 48 % Wasserstoffleitung zur Zeit außer Betrieb Neukirchen Infrastruktur Für Nutzfahrzeuge sind aktuell Leverkusen deutschlandweit 10 Tankstellen in Betrieb, die Hälfte davon in Ressourcenverbrauch Nordrhein-Westfalen. Durch Fortschritte in der Produktion ist der Platinanteil in B rennstoffzellen = Das Netz öffentlicher Wasserstofftankstellen ist in den Es ist davon auszugehen, dass die Investitionskosten in den vergangenen Jahren immer vergangenen Jahren in Deutschland stetig gewach- dafür deutlich höher liegen als die Kosten für Tank sen. Heute gibt es knapp 100 Tankstellen für Wasser- stellen mit gasförmigem Wasserstoff. weiter gesunken. stoff; sie sind jedoch vornehmlich für die Betankung von PKW ausgelegt (700 bar Speicherdruck bis max. = Ist der Wasserstoffbedarf besonders hoch, zum 40 Kilogramm Tankkapazität). Da für Straßengüter- Beispiel an Nutzfahrzeugtankstellen, kommt auch eine fahrzeuge und Busse aktuell einen Standard von Wasserstoff-Belieferung mittels Pipeline infrage (vgl. = Für die Herstellung von grünem Wasserstoff ist Wasser denn die Einsparpotenziale für Platin sind noch nicht 350 bar gilt und sie zudem mit größeren Füllmengen Abbildung 11). A lternativ ist an geeigneten Standorten eine wichtige Ressource. Mit steigender Nachfrage voll ausgeschöpft. Zudem kann das Platin aus nicht arbeiten, werden spezielle Wasserstofftankstellen die Elektrolyse, also die Herstellung von Wasserstoff nach Wasserstoff nimmt also auch der Bedarf an mehr benötigten Brennstoffzellen und Katalysatoren für Nutzfahrzeuge benötigt. vor Ort, möglich. Wasser zu. Das betrifft vor allem diejenigen Regionen, recycelt und wiederverwendet werden. Insgesamt wer- die ideale Bedingungen für die Erzeugung von g rünem den durch diese Entwicklungen nicht nur Ressourcen = Für Nutzfahrzeuge sind aktuell deutschlandweit 10 = Für den regionalen Verteilerverkehr sind Betriebshof- Wasserstoff mitbringen, zum Beispiel durch gute geschont, sondern auch Herstellungskosten reduziert. Tankstellen in Betrieb, davon die Hälfte in Nordrhein- tankstellen oder öffentliche Tankstellen in der Nähe von Voraussetzungen für Solar- und Windstrom. Westfalen (in Düsseldorf, Frechen, Herten, Flughafen Betriebshöfen vorteilhaft. An den Autobahnen soll es = Weitere Ressourcen, die für den Bau von Brennstoff- Köln/Bonn und Münster). Je nach Tankstellengröße gemäß europäischer AFIR-Regelung alle 150 Kilometer = Ein kritischer Rohstoff für die Herstellung von Brenn- zellenfahrzeugen benötigt werden, entsprechen liegen die Investitionskosten im Durchschnitt zwischen Betankungsmöglichkeiten geben – vorwiegend für stoffzellen ist Platin. Bei dessen Beschaffung ist den im Fahrzeugbau typischen Rohstoffen wie zum einer Million Euro (maximale Abgabe von 200 Kilo- den Fernverkehr. Es wird davon ausgegangen, dass ein Deutschland abhängig von Drittstaaten. Durch Fort- Beispiel Eisen, Aluminium, Kupfer oder Lithium. Hinzu gramm Wasserstoff pro Tag in verschiedenen Druck- bundesweites Netz aus mindestens 140 gleichmäßig schritte in der Produktion ist der Platinanteil in Brenn- kommen die Ressourcen, die für die vergleichsweise stufen) und acht Millionen Euro (maximale Abgabe von entlang der Autobahnen verteilten Tankstationen den stoffzellen in den vergangenen Jahren jedoch immer kleine Batterie solcher Fahrzeuge benötigt werden. 2.000 Kilogramm Wasserstoff pro Tag). Tankstellen Bedarf im Fernverkehr abdeckt.18 weiter gesunken. Dieser Trend wird sich fortsetzen, für flüssigen Wasserstoff gibt es bislang nur wenige.
32 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 33 4.3.2 Batterieelektrische Fahrzeuge Nutzungseignung Für eine emissionsfreie Logistik in Innenstädten sind – abhängig von der lokalen Topographie – batterieelekt- atterieelektrische B rische Fahrzeuge mit Reichweiten von 200 bis 400 Kilometern gut geeignet. Fahrzeuge = Solche Fahrzeuge werden mittlerweile von mehreren beim Be- und Entladen spielt eine zunehmend wich- Herstellern als Serienprodukte angeboten. H öhere tige Rolle. Unterwegs sind im Rahmen des Megawatt Batteriekapazitäten würden dagegen mit einem Charging Systems (MCS) theoretisch Ladezeiten von höheren Fahrzeuggewicht um bis zu fünf Tonnen 30 bis 45 Minuten möglich. Jedoch ist dieses System einhergehen und die Nutzlast des Fahrzeugs dadurch aktuell weder fahrzeug- noch systemseitig verfügbar immens verringern. oder auf dem Markt etabliert. = Bezüglich Batterieladung kommt im typischen inner- = Grundsätzlich stellt sich bezüglich der Ladezeit die städtischen Start-Stopp-Verkehr besonders die Frage, ob sie die Betriebsdauer der Straßengüterfahr- Rückgewinnung von Energie während der Fahrt zur zeuge zu sehr einschränkt beziehungsweise ob die La- Geltung (Rekuperation). Für das vollständige Aufladen dezeiten mit den vorgeschriebenen Pausenzeiten der der batterieelektrischen Fahrzeuge bietet sich je nach Fahrerinnen und Fahrer kombiniert werden könnten. Anwendung das Laden in Betriebshöfen über Nacht an Eine solche Regelung wäre ein absolutes Novum (bei oder das Laden über das Combined Charging System konventionellen Straßengüterfahrzeugen zählt das (CCS), das abhängig von der Ladeleistung mehrere Tanken zur Arbeitszeit) und müsste auf europäischer Stunden dauern kann. Auch das Laden an der Rampe Ebene entschieden werden. 35–45 Ladezeit mittels des Megawatt Charging Systems Minuten (MCS) theoretisch möglich.
34 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 35 Energiesystem Anders als batterieelektrische Infrastruktur Bei batterietechnischen Straßen PKW benötigen b atterieelektrische güterfahrzeugen ist oftmals das Straßengüterfahrzeuge höhere Laden des eigenen Fuhrparks im elektrische Anschlussleistungen Depot b eziehungsweise auf dem und damit auch entsprechend aus Betriebshof besonders relevant. gelegte Ladestationen beziehungs- weise Abgabeeinrichtungen. = Dieses Vorgehen kann sich jedoch vor allem bei großen Flotten als schwierig gestalten, da die Stromnetze teil- schwere Straßengüterfahrzeuge und Reisebusse in Europa aufzubauen. weise nicht für die benötigten großen Ladeleistungen ausgelegt sind. = Für eine bundesweit flächendeckende Infrastruktur = Aus diesen technologischen Anforderungen resultiert der Energiebereitstellung bis zur -nutzung wird aktuell werden etwa 750 Standorte mit Ladepunkten als ein großer Bedarf an Strom aus erneuerbaren Energie- mit einem Gesamtwirkungsgrad von 57 bis 63 Prozent = Damit batterieelektrische Antriebe auch im schwe- erforderlich angesehen. 20 Gemäß der europäi- quellen, was wiederum ein entsprechend ausgebautes beziffert (s. Abbildung 12). Nicht berücksichtigt werden ren Straßengüterverkehr verbreitet genutzt werden schen AFIR-Regelung sollen solche Ladestandorte Stromnetz erforderlich macht. dabei jedoch die Speichersysteme, die durch zuneh- können, braucht es einen massiven Ausbau der Infra- zukünftig über Ladeleistungen von 800 bis 3.500 Kilo- mend fluktuierende, erneuerbare Energien notwendig struktur auf allen Netzebenen, vor allem im Bereich des watt mit einer individuellen Ladeleistung von mindes- = Hinsichtlich Energieeffizienz glänzen batterieelektrische werden. Vielmehr wird eine Gleichzeitigkeit von Energie- Megawatt Charging System (MCS). Aktuell fehlt es an tens 350 Kilowatt pro Ladepunkt verfügen. Fahrzeuge mit guten Werten. Die gesamte Kette von erzeugung und Ladevorgang angenommen. Ladeparks, jedoch ist seitens des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) für das Jahr 2023 die = Die Anforderungen im Straßengüterverkehr bringen Ausschreibung eines initialen Ladenetzes für den Stra- damit insgesamt besondere Herausforderungen Abbildung 12: Wirkungsgrad der Energiekette ßengüter- und Busfernverkehr geplant. Auch gibt es hinsichtlich Ladesystem, Energieversorgung und eines batterieelektrischen Fahrzeugs19 gemeinsame Bestrebungen mehrerer Fahrzeugherstel- Fläche mit sich. ler, ein Hochleistungsladenetz für batterieelektrische Von der Stromerzeugung bis zum Speicher Vom Speicher bis zum Rad ~ 92 % ~ 95 % ~ 89–99 % ~ 90% ~ 85 % ~ 95 % Strom aus Strom- Gesamt- Ressourcenverbrauch In der Herstellung benötigen erneuer- AC/DC Batterie baren Energien über- tragung Inverter laden Entladung Elektromotor Mechanik wirkungsgrad = 57– 63 % batterieelektrische Fahrzeuge mehr seltene Rohstoffe als konventionelle Wirkungsgrad Wirkungsgrad Fahrzeuge. = 78 – 87 % = 73 % = Vor allem Lithium und Kobalt, deren Förderung sowohl das in den kommenden Jahren eine zunehmend große mit ökologischen als auch mit sozialen Belastungen Rolle spielen wird. verbunden sind, sind wichtige Rohstoffe für die Batte- rien. Bei der Beschaffung dieser Rohstoffe ist Deutsch- = Für die Zukunft versprechen neuartige Feststoffbatte- land zudem stark abhängig von Drittstaaten. Durch rien höhere Reichweiten bei gleichzeitig verbesserten fortschreitende Innovationen sind die Mangan- und Schnellladeeigenschaften. Solche Batterien enthalten Kobaltanteile im Laufe der vergangenen Jahre bereits außerdem kein Kobalt und auch die Anteile weiterer zurückgegangen und werden in Zukunft noch weiter kritischer Rohstoffe sind geringer. Mit der Marktein- zurückgehen. Allerdings wird ausgleichend dafür ein führung von Feststoffbatterien wird ab dem Jahr 2025 höherer Anteil an Nickel benötigt. Vorteilhalft wird sich gerechnet. auch das Recycling von seltenen Rohstoffen auswirken,
36 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 37 4.3.3 Fahrzeuge mit Stromabnehmer für eine Oberleitung Fahrzeuge mit Nutzungseignung Bei Fahrzeugen mit Stromabnehmer (Pantograph) für eine Oberleitung Stromabnehmer werden die Nachteile des reinen Batteriefahrzeuges (hohes Gewicht für eine Oberleitung und geringere Reichweite) kom- pensiert, indem das Fahrzeug den Strom über einen Abnehmer aus der Oberleitung bezieht. = Unter der Oberleitung ist damit theoretisch eine un- die Bindung an die Oberleitung die Flexibilität, die für begrenzte Reichweite möglich. Eine zudem verbaute, Transportaufgaben meist gefordert ist. Auf dem Markt verhältnismäßig kleine Batterie, die während der verfügbar ist derzeit nur ein Prototyp eines Diesel- Fahrt über den Oberleitungsanschluss geladen wird, Hybrid-Fahrzeugs mit Batterie, Dieselmotor und ermöglicht abseits der Oberleitung eine Reichweite Pantograph; die benötigten Oberleitungen existieren von bis zu 80 Kilometern. Gesonderte Ladezeiten lediglich auf drei kurzen Teststrecken in Deutschland. während der Betriebszeit entfallen, jedoch verringert Unter der Oberleitung ist theoretisch eine unbegrenzte Reichweite möglich.
38 Handlungskonzept Schwerer Straßengüterverkehr NRW Antriebstechnologien 39 Energiesystem Genauso wie rein batterieelektrische Infrastruktur Für den Aufbau einer Oberleitungs Lösungen erfordern auch Fahrzeuge mit infrastruktur bräuchte es einen Stromabnehmer einen entsprechen- europaweiten Konsens, um den Netz- und Infrastrukturausbau. grenzüberschreitende Transporte gewährleisten zu können. = Laut einer aktuellen Studie des Öko-Instituts können = Für Fahrzeuge mit Stromabnehmer wird ein Wirkungs- Fahrzeugen mit Stromabnehmer für eine Oberleitung grad von 57 bis 70 Prozent angegeben (s. Abbildung eine effiziente Möglichkeit der Stromnutzung im Güter- 13). Der höhere Wert gegenüber batterieelektrischen = Angesichts knapper Flächen für Ladeinfrastruktur tur inklusive Back-End mit Unterwerken, die Stör- und fernverkehr darstellen. Genauso wie bei rein batterie- Antrieben resultiert aus der direkten Nutzung des und Stellplätze an Autobahnen kann der Aufbau einer Wartungsanfälligkeit, die Kompatibilität mit Brücken elektrischen Lösungen erfordern auch diese einen elektrischen Stroms ohne Zwischenspeicherung. Oberleitungsinfrastruktur eine Lösung sein. Die Inves- und Tunnels sowie das Lastmanagement während ei- entsprechenden Netz- und Infrastrukturausbau. titionskosten für ein Oberleitungsnetz von etwa 4.000 nes Staus oder Unfalls. Für den Aufbau einer Oberlei- Kilometern Länge schätzt die Studie des Öko-Instituts tungsinfrastruktur bräuchte es zudem einen europa- auf etwa 12,2 Milliarden Euro.22 Zusätzlich werden weiten Konsens, um grenzüberschreitende Transporte jährliche Betriebskosten in Höhe von 2 Prozent der gewährleisten zu können. Erschwerend kommt hinzu, Investitionskosten angenommen. Offene Punkte sind dass aktuell nur ein Fahrzeughersteller an batterieelek- die Aufbaudauer einer flächendeckenden Infrastruk- trischen Fahrzeugen mit Stromabnehmer arbeitet. Abbildung 13: Wirkungsgrad der Energiekette eines Fahrzeugs mit Stromabnehmer21 Von der Stromerzeugung bis zum Speicher Vom Speicher bis zum Rad Ressourcenverbrauch Der im Vergleich zu batterieelek ~ 92 % ~ 95 % ~ 89–98 % ~ 90–100% ~ 85 % ~ 95 % trischen Fahrzeugen k leineren Batterie Strom aus erneuer- Strom- über- AC/DC Batterie Entladung Elektromotor Mechanik Gesamt- wirkungsgrad steht ein hoher Kupferbedarf für die baren Inverter laden Energien tragung = 57–70 % Oberleitungen entgegen. Wirkungsgrad Wirkungsgrad = Hinsichtlich Ressourcenverbrauch gelten für Batterie- Ressourcenbedarfe für den Aufbau der Infrastruktur. = 78–86 % = 73–81 % fahrzeuge mit Stromabnehmer ähnliche Punkte wie Weitere Hemmnisse sind ein Mangel an Kupfer für die für rein batterieelektrische Fahrzeuge. Die kleinere benötigten Oberleitungen sowie begrenzte Kapazitäten Batterie der Oberleitungsfahrzeuge bringt lediglich in der Baubranche. einen geringen Vorteil. Dem gegenüber stehen große
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