Hilfen zum selbständigen Wohnen - in der Stadt Köln

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Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen
         Adolf-Reichwein-Str. 2    57068 Siegen   &  0271 / 740-2228    sekretariat@zpe.uni-siegen.de

       Hilfen zum selbständigen Wohnen

                                   in der Stadt Köln
Einschätzungen zur Entwicklung zwischen 2003 und 2007
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

Inhalt
1 Vorbemerkung ........................................................................................................................... 2
2 Entwicklung der ambulanten wohnbezogenen Hilfen ....................................................... 5
    2.1 Menschen mit geistiger Behinderung ............................................................................ 6
    2.2 Menschen mit einer seelischen Behinderung ................................................................ 8
    2.3 Menschen mit Suchterkrankungen................................................................................ 11
    2.4 Menschen mit einer Körperbehinderung ..................................................................... 12
3 Entwicklung der Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens .......................................... 14
4 Fachleistungsstunden .............................................................................................................. 17
5 Entwicklung der stationären wohnbezogenen Hilfen ....................................................... 20
6 Planung ...................................................................................................................................... 24
7 Perspektiven .............................................................................................................................. 31
8 Fazit............................................................................................................................................. 37

1     Vorbemerkung
Durch die ‚Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des Bundessozial-
hilfegesetzes’ (AV-BSHG) vom 20. Juni 2003 hat die Landesregierung Nordrhein-
Westfalens eine einheitliche Zuständigkeit der überörtlichen Sozialhilfeträger für Hilfen
zum selbständigen Wohnen ab dem 01. Juli 2003 geschaffen. Die Zuständigkeitsverla-
gerung ist bis zum 30. Juni 2010 befristet. Vor Ablauf dieser Frist soll auf der Grundlage
der Erfahrungen mit der Zuständigkeitsveränderung entschieden werden, wie die Zu-
ständigkeit der Eingliederungshilfe dauerhaft geregelt werden soll.
Das Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen war
mit der Begleitforschung zur Zuständigkeitsverlagerung beauftragt. Es war die Aufgabe
des ZPE, die verantwortlichen Akteure im Prozess der Weiterentwicklung der Hilfen zum
selbständigen Wohnen zu unterstützen und für die nun anstehende Entscheidung eine
empirische Grundlage bereitzustellen. Zu diesem Zweck wurde die Entwicklung seit der
Zuständigkeitsverlagerung seitens des ZPE durch eine Erhebung in allen Kreisen und
kreisfreien Städten zu Beginn der Zuständigkeitsveränderung, durch zahlreiche beglei-
tende Untersuchungen und durch eine landesweite Untersuchung zum Abschluss der
Begleitforschung evaluiert1.
Die hier vorgelegten Auswertungen zu Köln bieten den verantwortlichen Akteuren eine
Grundlage, um sich am Entscheidungsprozess um die Frage der dauerhaften Ansiede-
lung der Zuständigkeit für die Eingliederungshilfe aktiv beteiligen zu können. Darüber
hinaus bieten sie Ansatzpunkte für weitere regionale Planungsaktivitäten. Dafür müssen
die jeweiligen Gegebenheiten der örtlichen Bedarfs- und Angebotsstruktur mit einbe-
zogen werden.
Die Abschlusserhebung wurde in erster Linie durch eine online geführte Befragung der
relevanten Akteure in allen 54 Kreisen und kreisfreien Städten gestaltet. Den Befragten
wurden nach Zielgruppen differenzierte Daten zur Entwicklung in ihrer Gebietskörper-

1          Weitere Informationen und Dokumente zum Forschungsprojekt stehen unter www.ih-
           nrw.uni-siegen.de zur Verfügung.

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Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

schaft vorgelegt, die sie aus ihrer jeweiligen Perspektive bewerten konnten2. Da die Er-
hebung im Januar 2008 durchgeführt wurde, konnten nur die Daten zur Entwicklung bis
zum 30. Juni 2007 aufgenommen werden. Die Daten zum 31. Dezember 2007 finden
sich im Abschlussbericht. Die Befragung wurde zum einem im Rahmen des Abschlussbe-
richtes der Begleitforschung ausgewertet, zum anderen werden die Ergebnisse in regio-
nal aufbereiteter Form zur Erstellung von Entwicklungsprofilen für jeden Kreis und jede
kreisfreie Stadt verwendet. Dabei wird jeweils zwischen den Zielgruppen ‚Menschen mit
geistiger Behinderung‘, ‚Menschen mit seelischer Behinderung‘, ‚Menschen mit Sucht-
erkrankungen‘ und ‚Menschen mit körperlicher Behinderung‘3 unterschieden.
Im Folgenden werden die diesbezüglichen Ergebnisse für die Stadt Köln dargestellt. Aus
Köln konnten insgesamt 47 Fragebögen ausgewertet werden.
Angeschrieben und um Teilnahme gebeten wurden:
Die Planungsverantwortlichen der Stadt Köln für die vier Planungsbereiche.
Die regional verantwortlichen Mitarbeiter des LVR für die vier Zielgruppen.
Die folgenden Interessenvertretungen:
    •   Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik
Die folgenden Träger4:
    •   AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft AG
    •   Landschaftsverband Rheinland, HPH-Netz Mittelrhein-Ost
    •   Claudia Tschirley
    •   PROWO e. V.
    •   Paul Kraemer Haus - Gemeinnützige Träger-Gesellschaft mbH
    •   Paul-Krämer-Haus GmbH
    •   Lebenshilfe Wohnen gGmbH
    •   Kölner ambulante Rehabilitation, Michael Steinbach
    •   Yvonne Gohlke
    •   Sven Mohrin
    •   Landschaftsverband Rheinland, Amt 81, Reha-Bereich RK Köln
    •   SchwIPS e.V. (Schwule Initiative für Pflege und Soziales)
    •   Amt für Diakonie d. Ev. Stadtkirchenverb. Köln

2       Nähere Hinweise zur Durchführung der Befragung finden Sie im Abschlussbericht.
3       Die Bezeichnung ‚Menschen mit geistiger Behinderung’ stößt ebenso wie die Bezeich-
        nung ‚Menschen mit seelischer Behinderung’ angesichts stigmatisierender Wirkungen auf
        Kritik. Insbesondere von Betroffenen wird stattdessen der Verwendung der Begriffe ‚Men-
        schen mit Lernschwierigkeiten’ und ‚Menschen mit psychischen Erkrankungen’ oder
        ‚Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen’ der Vorzug gegeben. Im Rahmen die-
        ser Auswertung wird die Begrifflichkeit ‚geistige’ bzw. ‚seelische Behinderung’ an vielen
        Stellen beibehalten, um den Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Eingliede-
        rungshilfe in § 53 SGB XII zu verdeutlichen.
        Bezüglich der Zielgruppe Menschen mit körperlicher Behinderung ist darauf hinzuweisen,
        dass hier nicht die Dienste der Individuellen Schwerstbehinderten Betreuung (ISB) berück-
        sichtigt wurden. Die Anzahl der Empfänger/innen dieser Leistungen sind jedoch im Zu-
        ständigkeitsbereich des LWL in den Angaben enthalten.
        Bei Angaben zu den Leistungsempfänger/innen handelt es sich durchgängig um Perso-
        nen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Gebietskörperschaft haben.
4       Die Auflistung folgt der vom LVR für die Begleitforschung zur Verfügung gestellten Liste
        der anerkannten Träger stationärer wie auch ambulanter wohnbezogener Hilfen (Stand
        Oktober 2007).

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•   Drogenhilfe Köln e. V.
•   Stiftung Leuchtfeuer
•   Sozialdienst Kath. Frauen e. V.
•   wir für pänz e.V.
•   Silke Friedrichs
•   Angela Behrens
•   AIDS-Hilfe Köln
•   Betreuungsbüro Rosemarie Grusdt
•   PariSozial gGmbH
•   Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Köln e. V.
•   Sozialdienst Kath. Männer e.V.
•   Pra1is für Gestalt u. Migration Gert Levy
•   Inge Flosbach
•   Ursula Altevers
•   Aktion Gemeindenahe Psychiatrie e. V.
•   Sozialbüro Borggreve, Hendrik Borggreve
•   Gerhardt Maurer
•   Betreutes Wohnen Färber
•   BEWO Heimann - Julia Heimann
•   Sozialpsychiatrisches Zentrum Köln-Nippes e. V.
•   Heimstatt St. Marien
•   Caritative Vereinigung Köln e.V. - St. Josefshaus
•   Jutta Bold
•   SBK-Zentren für Behinderte und Senioren
•   Betreutes Wohnen Köln (BWK), Andreas Funk / Roman-Roger Puth
•   Betreuungsbüro Elmar Bauer
•   Karl-Immanuel-Küpper-Stiftung
•   BeWo-Köln, Stefan Gerhardt
•   Lebenshilfe Wohnverbund GmbH
•   Gemeinnützige Werkstätten Köln GmbH
•   Kölner Verein für Rehabilitation e.V.
•   Betreutes Wohnen Rothehausstr., Claudia Tork
•   Janusz Ogorek
•   "Selwo" Betreutes Wohnen Benjamin Müller
•   Betreuungsnetzwerk Mez & Menzel
•   Sozialwirkstatt Schmitz
•   Caritasverband für die Stadt Köln e.V. FB Behindertenhilfe
•   Wohnen für Menschen Andreas Boeckh
•   Zwischenraum e.V.
•   Josef Müller
•   DRK Kreisverband Köln e. V.
•   ASB Alten- und Pflegeheime GmbH
•   Stadt Köln Kinderheime - Frau Kreuzburg
•   Assistenza - Andrea Becker
•   BWS e. V.
•   MARLA - Martina Langer
•   Katrin Stelzel
•   pia-Causa Ambulante Pflege GmbH
•   Lebenshilfe Rodenkirchen
•   Diakonie Michaelshoven Unternehmensbereich II
•   Miteinander Leben e. V.
•   Ute Holsinger
•   BeWo Köln-Süd, Gregor Kitze / Frank Erhard
•   Förderverein im SPZ Köln Mülheim
•   Lebenshilfe Ortsvereinigung Köln e.V.
•   Birgit Giersberg

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    •    Kölner ambulante Rehabilitation, Stefan Wörmann
    •    BeWo Weitblick, Frau M. Ulbrich-Viedenz u. Frau C. Flickinger
    •    BEWO Dellbrück, Hermann Wegmann
    •    Ambulant betreutes Wohnen - ABW - Helga Brockmann
    •    ABWSwenshon, Claudia Swenshon
    •    Hauskrankenpflege Bernd Leiendecker
    •    Förderverein im SPZ Köln Kalk
    •    Diakonie Michaelshoven Unternehmensbereich IV
    •    Oranjenhof GmbH
    •    Hildegard Hauschopp
    •    Köln Ring GmbH
    •    "Die Wohn-Helfer, Jörg Heimann / Joachim Kuhrau"
    •    Ale1ianer Krankenhaus Köln GmbH
    •    ASB Faßbacher Hof gGmbH
    •    Frau Anke Haber
    •    Psychosomatische Klinik
    •    Mobilservice "Betreutes Wohnen", Beata-Maria Orth-Schran
    •    Bewo Schlosspark Klinik
    •    Ambulant Betreutes Wohnen, Peter Kallus
    •    AWO Betriebsgesellschaft mbH
    •    Stiftung "Die Gute Hand"
    •    R. C. Synder
    •    Projekt Kaspar 1
    •    Haus Hohenhonnef gGmbH
    •    Betreutes Wohnen Wilfried Buchholz
    •    Büro für Betreuungen und Soziale Arbeit, Veronika Kleist
    •    BEWO A. Münch
    •    Büro für Betreuungen und Soziale Arbeit, Jürgen Woythe

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Rücklauf der Fragebögen bezogen
auf die Stadt Köln.

                                Fragebögen für die Zielgruppe: Menschen mit …
                                geistiger         seelischer         Suchter-         Körperbe-
                                Behinderung       Behinderung        krankung         hinderung
Planungsverantwortliche                1                  1                1                 1
Träger                                 7                 24                4                 2
Interessenvertretungen                 1                  .                 .                1
Landschaftsverband                     1                  1                1                 1

2   Entwicklung der ambulanten wohnbezogenen Hilfen
Die erste im Fragebogen vorgelegte Tabelle gibt die Entwicklung der Anzahl der Leis-
tungsempfänger/innen im Bereich der ambulanten wohnbezogenen Hilfen wieder. Da-
zu werden Fragen zur Einschätzung der Entwicklung des Unterstützungsangebotes aus-
gewertet.

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2.1       Menschen mit geistiger Behinderung
Für den Bereich der Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung ergibt sich bezüglich
der Entwicklung ambulanter wohnbezogener Hilfen das folgende Bild:

                        30.06.03          31.12.04          31.12.05          31.12.06            30.06.07
Stadt                      96                106               143               162                189
Köln                      (0,1)             (0,11)            (0,15)            (0,16)             (0,19)
                          975               1.154             2.062             1.937              2.201
LVR
                         (0,10)             (0,12)            (0,15)            (0,20)             (0,23)
                         2.463              2.997             3.535             4.384              4.869
NRW
                         (0,14)             (0,17)            (0,20)            (0,24)             (0,27)
(Erläuterung: Die erste Zahl gibt jeweils die Anzahl der Leistungsberechtigten wieder, die zweite in Klam-
mern deren Anteil pro 1.000 Einwohner.)

Vergleicht man die Situation zu Beginn der Zuständigkeitsverlagerung mit der in allen
Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen, so weist die Häufigkeit der In-
anspruchnahme ambulanter Hilfen pro 1.000 Einwohner in das mittlere Drittel5. Wie in
fast allen Regionen hat die Inanspruchnahme seit der Zuständigkeitsverlagerung zuge-
nommen. Der Zuwachs in absoluten Zahlen beträgt 93 und die Inanspruchnahme pro
1.000 Einwohner stieg um 0,09. Dieser Zuwachs weist in das untere Drittel aller Kreise und
Städte. Hinsichtlich der Inanspruchnahme am 30. Juni 2007 gehört Köln im Vergleich der
Gebietskörperschaften in das untere Drittel.
Die Befragten wurden um eine Einschätzung zu dieser Entwicklung gebeten. Von den
insgesamt zehn abgegebenen Einschätzungen entfallen acht auf die Aussage ‚Ich
habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet', zwei auf die Aussage
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant
Betreuten Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung erwartet‘ und keine
auf die Aussage ‚Ich habe einen geringeren Zuwachs erwartet‘.
Nach der landesweiten Auswertung (n=381) haben 68% der Befragten die Entwicklung
erwartet, einen höheren Anstieg hingegen 26% und einen geringeren Zuwachs 5,5%.
Die Befragten begründen ihre Einschätzung6 wie folgt:
‚Ich habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet‘:
      •   Das Angebot der freien Träger ist für die Nutzer attraktiver und die Zugangsbedingungen
          adäquater, somit gibt es mehr Nutzer;
      •   Es konnte davon aufgegangen werden, dass viele Menschen mit geistiger Behinderung
          nach wie vor von Ihren Verwandten betreut werden, die in der negativen Vorstellung, ih-
          ren Verwanden "ins Heim abzuschieben" verhaftet waren. Das ambulante Angebot bie-
          tet hier eine aus Sicht der Angehörigen akzeptablere Alternative. Die Nachfrage war so
          zu erwarten;

5         Zum Zwecke dieser und noch folgender Auswertungen wurde die 54 Kreise und kreisfrei-
          en Städte in drei gleich große Gruppe hinsichtlich der Anzahl von Hilfeempfänger/inne/n
          pro 1.000 Einwohner unterteilt.
6         Die Antworten auf diese und die folgenden offenen Fragen zur Begründung der Ein-
          schätzung wurden nachträglich codiert. Die Antworten werden nicht wörtlich zitiert, son-
          dern zu Gruppen zusammengefasst und sinngemäß wiedergegeben. Eine Gesamtaus-
          wertung findet sich im Abschlussbericht.

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   •   Kölner Heime hatten schon vor der Hochzonung ein sehr differenziertes Angebot. Die
       Menschen mit geistiger Behinderung, ihre Angehörigen und Betreuer mussten von den
       Vorzügen des ambulanten Wohnens und der auch damit verbundenen Sicherheit in der
       Versorgung und Betreuung überzeugt werden;
   •   Die Angst, in eine andere Wohnform zu wechseln, und dieses mit ungewisser Sicherheit, ist
       bei Menschen mit geistiger Behinderung sehr groß;
   •   Es ist nicht einfach bei den Eltern, den betroffenen und den Trägern das "neue" denken
       zu etablieren. Das braucht Zeit und gute Beispiele in der Stadt. Außerdem fehlen drin-
       gend Wohnungen. Ohne dieses Problem wären schon viel mehr Menschen in der eige-
       nen Wohnung;
   •   Menschen mit einer geistigen Behinderung bedürfen einer längeren Vorbereitung, auch
       in Bezug auf Aufklärungsarbeit mit Eltern und gesetzlichen Betreuern (Zutrauen);
   •   Es gibt immer noch viele Menschen mit geistiger Behinderung, die in dieser selbständigen
       Lebensform noch zu große Probleme haben;
   •   Die Akzeptanz, ambulante Hilfen als Alternative zu stationärer Hilfe im Umfeld der Ange-
       hörigen geistig behinderter Menschen aufzubauen, ist im Grunde eine langfristige, gene-
       rationsübergreifende Aufgabe.
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant Betreu-
ten Wohnen erwartet‘:
   •   Wegen des Anreiz des Programms usw. höhere Erwartung;
   •   Ich hätte nicht erwartet, dass in einer Großstadt wie Köln nur ca. 189 Menschen mit einer
       geistigen Behinderung Eingliederungshilfe erhalten. Ich hätte eine größere Zahl erwartet.

Zugang zum Hilfesystem
Die Entwicklung der Hilfen zum selbständigen Wohnen verbindet sich mit der Idee der
Ablösung einer institutionszentrierten durch eine stärker personenzentrierte Hilfeleistung.
Dazu muss insbesondere im Bereich der Hilfen für Menschen mit einer geistigen Behin-
derung der Zugang zu Hilfen durch Angebote einer personenzentrierten Beratung mög-
lich sein. Er darf nicht primär durch Kosteninteressen, Trägerinteressen und / oder vor-
handene Angebote bestimmt sein.
In der Gesamtauswertung für Nordrhein-Westfalen teilen 56,5% der Befragten die
Meinung, dass Neuanfragen seit der Zuständigkeitsverlagerung häufiger als vorher über
eine Beratungsstelle erfolgen. Eine regionale Auswertung kann an dieser Stelle nicht
vorgenommen werden, da die Anzahl der auswertbaren Antworten zu gering ist.
Speziell für diese Zielgruppe wurden im Rheinland die Koordinierungs-, Kontakt- und
Beratungsangebote eingerichtet. Die Befragten konnten auf einer Liste zwischen ‚nie‘
(1), ‚selten‘ (2), ‚häufig‘ (3) und ‚sehr häufig‘ angeben, wie intensiv die KoKoBe genutzt
werden. Für Köln ergibt sich ein Mittelwert von 3,00 (n=neun) (im Durchschnitt des LVR:
2,85). Das Angebot wird also nach Einschätzung der Befragten im Vergleich intensiver
als in anderen Gebietskörperschaften genutzt.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Nutzung von unabhängigen Beratungsstel-
len für die Klärung und Begleitung von Neuanfragen noch nicht in dem Maße an Be-
deutung gewonnen hat, wie dies für die Organisation individueller Hilfen wünschens-
wert wäre. Im Zuständigkeitsbereiche des LVR schätzen 43,6% der Befragten ein, dass
die Mehrheit der Anfragen über eine Beratungsstelle erfolgt. Eine regionale Auswertung
kann nicht vorgenommen werden, da zu wenige Antworten auf die entsprechende
Frage vorliegen.

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Leistungen für Menschen mit komplexem Hilfebedarf
Die Gesamtauswertung der Befragung zeigt, dass zunehmend auch Personen mit ei-
nem höheren Hilfebedarf Unterstützung im Ambulant Betreuten Wohnen erhalten. Auf
die Frage, ob die Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens Personen unterstützen, die
vor der Zuständigkeitsverlagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit Leistungen des Ambu-
lant Betreuten Wohnens nicht hätten in Anspruch nehmen können, antworteten sieben
von acht der Befragten aus Köln, die dazu eine Angabe machen konnten mit ‚ja‘ (im
Durchschnitt des Zuständigkeitsbereiches des LVR 87,2%, im Landesdurchschnitt 73,3%).
Dabei geben fünf von sieben der Befragten an, dass Ihnen gelingende Beispiele
ambulanter Hilfearrangements von Menschen mit hohem und komplexem Hilfebedarf
bekannt sind.

2.2     Menschen mit einer seelischen Behinderung
Für den Bereich der Hilfen für Menschen mit einer seelischen Behinderung ergibt sich
bezüglich der Entwicklung ambulanter wohnbezogener Hilfen das folgende Bild:

                       30.06.03         31.12.04          31.12.05          31.12.06            30.06.07
Stadt                    525               705               869               1018               1145
Köln                    (0,54)            (0,73)            (0,89)            (1,03)             (1,15)
                        2.891             3.885             5.132             7.086              7.887
LVR
                        (0,30)            (0,40)            (0,57)            (0,74)             (0,82)
                        6.559             8.784            10.599            12.917             14.235
NRW
                        (0,36)            (0,49)           (0,59)            (0,72)             (0,79)
(Erläuterung: Die erste Zahl gibt jeweils die Anzahl der Leistungsberechtigten wieder, die zweite in Klam-
mern deren Anteil pro 1.000 Einwohner.)

Vergleicht man die Situation zu Beginn der Zuständigkeitsverlagerung mit der in allen
Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens, so weist die Häufigkeit der Inans-
pruchnahme ambulanter Hilfen pro 1.000 Einwohner in das obere Drittel. Wie in allen
Regionen hat die Inanspruchnahme seit der Zuständigkeitsverlagerung zugenommen.
Der Zuwachs in absoluten Zahlen beträgt 620 und die Inanspruchnahme pro 1.000 Ein-
wohner stieg um 0,61. Dieser Zuwachs weist in das obere Drittel aller Kreise und Städte.
Hinsichtlich der Inanspruchnahme am 30. Juni 2007 gehört Köln im Vergleich der Ge-
bietskörperschaften in das obere Drittel.
Die Befragten wurden um eine Einschätzung zu dieser Entwicklung gebeten. Von den
insgesamt 26 abgegebenen Einschätzungen entfallen 23 auf die Aussage ‚Ich habe die
hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet', eine auf die Aussage ‚Ich habe
einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant Betreuten
Wohnen für Menschen mit einer seelischen Behinderung erwartet‘ und zwei auf die
Aussage ‚Ich habe einen geringeren Zuwachs erwartet‘.
Nach der landesweiten Auswertung (n=407) haben 76,5% der Befragten die Entwick-
lung erwartet, einen höheren Anstieg hingegen 13,5% und einen geringeren Zuwachs
10,1%.
Die Befragten begründen ihre Einschätzung wie folgt:
‚Ich habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet‘:

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•   Sie entsprach ungefähr vorherigen Bedarfserhebungen;
•   Durch die neue Finanzierung des Bewo (ab 2004) ist die Hilfe einem großen Personenkreis
    zugänglich, der zuvor unversorgt war bzw. durch andere formlose Hilfen, die inzwischen
    weitgehend weggefallen sind, betreut wurde;
•   Wir haben bereits vor 2003 Betreutes Wohnen durchgeführt. Die damals bewilligten Plätze
    reichten nie aus, wir haben immer Wartelisten geführt. Deshalb ist ein Anstieg für uns
    plausibel;
•   Die Tabelle zur Entwicklung der stationären Plätze bestärkt meine Einschätzung, dass der
    Hauptanteil der neuen BeWo-Nutzer durch den Wegfall der Reglementierung der BeWo
    Angebote durch die notwendige Bewilligung von Stellenkontingenten für BeWo zu be-
    gründen ist. Jetzt können die Menschen ihren Hilfebedarf individuell beantragen und
    auch erhalten. Dies ist die wirkliche Verbesserung der "Hochzonung". Menschen mit ho-
    hem Hilfebedarf können nun endlich auch ambulant wohnen und betreut werden;
•   Früher waren die Plätze im Betreuten Wohnen limitiert (durch die Pauschalfinanzierung
    der Anbieter haben diese nur die Anzahl Personen betreut, die sie bezahlt bekamen und
    keinen einzigen darüberhinaus!). Die meisten Bewerber standen seinerzeit also jahrelang
    auf Wartelisten bis einer von 100 jemals einen Platz erhielt. Seit der Hochzonung ist die
    Platzzahl unbegrenzt und endlich konnten alle einen Platz bekommen, die einen im Am-
    bulant Betreuten Wohnen benötigen. Da ist meines Erachtens nach der jahrelang ver-
    steckte Bedarf sichtbar geworden;
•   Durch die auf den Bedarf angepasste Hilfeplanung ist eine bessere Hilfe möglich, die
    auch den Verbleib in der eigenen Wohnung ermöglicht. Nach altem BeWo-System war
    dies in diesem Maß nicht zu erreichen;
•   Vorher war der Zugang sehr hochschwellig und die Anbieterstruktur sehr elitär. Jetzt ver-
    leitet das System dazu, eher mehr Klienten aufzunehmen;
•   Das Angebot ist mit den vielen privaten Leistungsanbietern größer geworden. In meiner
    Erinnerung gab es vor der "Hochzonung" sehr lange Wartezeiten für betreute Wohnplät-
    ze. Die "Hemmschwelle" ist niedriger geworden. Die Betroffenen können auch außerhalb
    der größeren Institutionen die benötigte Unterstützung erhalten;
•   Durch die veränderte Gesetzeslage können jetzt auch Menschen versorgt werden, die
    früher als nicht BeWo-fähig galten. Das Angebot war zu hochschwellig. Der Besuch der
    Klienten beim BeWo-Anbieter und die Absprachefähigkeit (SPZ) waren meist Vorausset-
    zungen dafür. Durch die Zunahme der priv. Anbieter werden auch vermehrt Klienten an-
    gesprochen, die vorher keinen Kontakt zum SPZ hatten bzw. diese Einrichtung ablehnend
    gegenüber standen;
•   Übertragungen von Zuständigkeiten der Kostenträger führen zu Verlagerungen von Be-
    darfszahlen. Wer genauer hinschaut, wird mehr an Bedarfen entdecken. Neue Leistungs-
    erbringer schwämmen auf den Markt, neu erschaffene Dienste "brauchen" mehr an
    Klienten. Bedarfe im Bereich Hilfen zum selbständigen Wohnen wurden vormals über an-
    dere Hilfeformen abgedeckt wie z.B. BtG-Betreuungen unter ehemals günstigerer Finan-
    zierung für die BtG-Leistungserbringer. Nach Änderung der BtG-Bedingungen werden die
    bisher verdeckten Bedarfe erst deutlich;
•   Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach BSHG wurde das Angebot künstlich knapp ge-
    halten. Durch den klaren Rechtsanspruch und die Neuorganisation der Eingliederungshil-
    fe ab 2004 konnte erstmalig Behinderte und ihrer Angehörige den Bedarf der Eingliede-
    rungshilfe anmelden und sicher sein, diesen bei Vorlage der gesetzlichen Voraussetzun-
    gen in der sachlich gebotenen Höhe auch bewilligt zu bekommen. Zusätzlich ist m.E.
    nach ein großer Teil der Antragsteller sind auch deshalb jetzt erst in der Antragstellung,
    weil private Anbieter bzw. Vereine eine Unabhängigkeit vom Gesundheitsamt vermuten
    lassen;
•   Durch die Öffnung für freie Anbieter und Anreizprogramme seitens des LVR erwartete ich,
    dass die Anzahl der Leistungsempfänger ums Doppelte ansteigen wird;
•   Ambulante vor stationärer Behandlung wird unterstützt;
•   Rückgang der stationären Behandlung zugunsten der ambulanten Hilfen;
•   Menschen mit psych. Erkrankungen nehmen zu und melden sich auch für die Hilfsange-
    bote;

                                              -9-
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

   •   Mit diesen ambulanten Hilfen werden viel mehr Menschen erreicht, die dringend ambu-
       lante Eingliederungshilfe benötigen;
   •   Der gesellschaftliche und soziale Druck auf die Menschen ist in den letzten Jahren enorm
       gestiegen. Daraus resultiert der enorme Anstieg an psychischen Erkrankungen und dar-
       aus folgendem Hilfebedarf;
   •   In der Folge des medizinischen Fortschritts können Menschen mit seelischen Erkrankungen
       ein höheres Lebensalter erreichen. Zunahme gesellschaftlich bedingter Belastungen und
       Problemfelder, bei gleichzeitiger Zunahme der Altersstruktur, lässt eine Zunahme entspre-
       chend erwarten;
   •   Seelische Erkrankungen nehmen in der Gesellschaft immer mehr zu. Die Hilfsmöglichkei-
       ten gab es in dieser Flexibilität nicht vor dem 30.06.2003. Das spricht sich im System immer
       mehr herum und wird entsprechend genutzt;
   •   Ich habe im Wohnheimbereich gearbeitet u. dort bereits festgestellt, dass einige Bewoh-
       ner mit einer ambulanten Betreuung ausreichend versorgt wären;
   •   Das Ambulant Betreute Wohnen ist nur für eine bestimmte Klientel die geeignete Maß-
       nahme, weshalb ich mit einer vergleichbaren Entwicklung gerechnet habe. Durch die
       individuelle Betreuung kann das Potential der Klientel optimal ausgeschöpft werden;
   •   Viele Betroffene haben Angst, dass die Kinder, die Eltern oder der Ehepartner finanziell
       belastet werden. Einige wenige sind auch nicht bereit den Eigenanteil zu zahlen.
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant Betreu-
ten Wohnen erwartet‘:
   •   Gemessen an der Einwohnerzahl der Stadt Köln, hätte ich einen höheren Zuwachs erwar-
       tet.
‚Ich habe einen geringeren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n erwartet‘:
   •   Wir haben bei der Hochzonung nicht erwartet, dass die Zahl der neuen Anbieter so stark
       wächst wie geschehen. Das scheint eine der Ursachen für die starke Zunahme zu sein.

Leistungen für Menschen mit komplexem Hilfebedarf
Die Gesamtauswertung der Befragung zeigt, dass zunehmend auch Personen mit ei-
nem höheren Hilfebedarf Unterstützung im Ambulant Betreuten Wohnen erhalten. Auf
die Frage, ob die Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens Personen unterstützen, die
vor der Zuständigkeitsverlagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit Leistungen des Ambu-
lant Betreuten Wohnens nicht hätten in Anspruch nehmen können, antworteten 14 von
17 der Befragten aus Köln, die dazu eine Angabe machen konnten mit ‚ja‘ (im
Durchschnitt des Zuständigkeitsbereiches des LVR 75,32%, im Landesdurchschnitt 75,3%).
Dabei geben elf von 17 der Befragten an, dass Ihnen gelingende Beispiele ambulanter
Hilfearrangements von Menschen mit hohem und komplexem Hilfebedarf bekannt sind.

                                                 - 10 -
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2.3       Menschen mit Suchterkrankungen
Für den Bereich der Hilfen für Menschen mit einer Suchterkrankung ergibt sich bezüglich
der Entwicklung ambulanter wohnbezogener Hilfen das folgende Bild:

                       30.06.03          31.12.04            31.12.05         31.12.06            30.06.07
Stadt                     99                146                210              187                 215
Köln                     (0,1)             (0,15)             (0,22)           (0,19)              (0,22)
                         906               1.066              1.459            1.520               1.710
LVR
                        (0,09)             (0,11)             (0,14)           (0,16)              (0,18)
                        1.688              2.384              2.831            3.343               3.764
NRW
                        (0,09)             (0,13)             (0,16)           (0,19)              (0,21)
(Erläuterung: Die erste Zahl gibt jeweils die Anzahl der Leistungsberechtigten wieder, die zweite in Klam-
mern deren Anteil pro 1.000 Einwohner.)

Vergleicht man die Situation zu Beginn der Zuständigkeitsverlagerung mit der in allen
Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens, so weist die Häufigkeit der Inans-
pruchnahme ambulanter Hilfen pro 1.000 Einwohner in das mittlere Drittel. Wie in allen
Regionen hat die Inanspruchnahme seit der Zuständigkeitsverlagerung zugenommen.
Der Zuwachs in absoluten Zahlen beträgt 116 und die Inanspruchnahme pro 1.000 Ein-
wohner stieg um 0,11. Dieser Zuwachs weist in das mittlere Drittel aller Kreise und Städte.
Hinsichtlich der Inanspruchnahme am 30. Juni 2007 gehört Köln im Vergleich der Ge-
bietskörperschaften in das mittlere Drittel.
Die Befragten wurden um eine Einschätzung zu dieser Entwicklung gebeten. Von den
insgesamt sechs abgegebenen Einschätzungen entfallen fünf auf die Aussage ‚Ich
habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet', eine auf die Aussage
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant
Betreuten Wohnen für Menschen mit einer Suchterkrankung erwartet‘ und keine auf die
Aussage ‚Ich habe einen geringeren Zuwachs erwartet‘.
Nach der landesweiten Auswertung (n=265) haben 64,9% der Befragten die Entwick-
lung erwartet, einen höheren Anstieg hingegen 29,4% und einen geringeren Zuwachs
5,7%.
Die Befragten begründen ihre Einschätzung wie folgt:
‚Ich habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet‘:
      •   Ungedeckte Bedarfe vor der Zuständigkeitsänderung wurden gedeckt. Steigerungen
          dürften aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen eher gering sein;
      •   Durch die Ausweitung des Angebotes Ambulant Betreuten Wohnens können mehr sucht-
          kranke Menschen erreicht werden, die bisher im System nicht eingegliedert werden
          konnten;
      •   Ich bin schon seit 30 Jahren mit dieser Zielgruppe tätig. Einer meiner Hauptschwerpunkte
          ist hierbei der Bereich der demographischen und soziologischen Erhebung. Ich ging des-
          halb von dieser Größenordnung aus;
      •   Das Gesundheitsamt führt in enger Kooperation mit den beteiligten Trägern eine laufen-
          de Bedarfsabschätzung durch.
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant Betreu-
ten Wohnen erwartet‘:

                                                    - 11 -
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      •   Suchtkranke zeigen gegenüber Menschen mit anderen Behinderungsarten die Tendenz,
          sehr schnell das stationäre Setting zu verlassen bzw. dieses erst gar nicht in Anspruch zu
          nehmen, sobald Angebote vorgehalten werden, welche speziell die Wohnraumbeschaf-
          fung und -erhaltung beinhalten.

Leistungen für Menschen mit komplexem Hilfebedarf
Die Gesamtauswertung der Befragung zeigt, dass zunehmend auch Personen mit ei-
nem höheren Hilfebedarf Unterstützung im Ambulant Betreuten Wohnen erhalten. Auf
die Frage, ob die Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens Personen unterstützen, die
vor der Zuständigkeitsverlagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit Leistungen des Ambu-
lant Betreuten Wohnens nicht hätten in Anspruch nehmen können, antworteten fünf
von sechs der Befragten aus Köln, die dazu eine Angabe machen konnten mit ‚ja‘ (im
Durchschnitt des Zuständigkeitsbereiches des LVR 77,5%, im Landesdurchschnitt 66,8%).
Dabei geben drei von vier der Befragten an, dass Ihnen gelingende Beispiele
ambulanter Hilfearrangements von Menschen mit hohem und komplexem Hilfebedarf
bekannt sind.

2.4       Menschen mit einer Körperbehinderung
Für den Bereich der Hilfen für Menschen mit einer Körperbehinderung ergibt sich bezüg-
lich der Entwicklung ambulanter wohnbezogener Hilfen das folgende Bild:

                       30.06.03          31.12.04            31.12.05         31.12.06            30.06.07
Stadt                     18                128                136              124                 133
Köln                    (0,02)             (0,13)             (0,14)           (0,13)              (0,13)
                         184                330                293              365                 415
LVR
                        (0,02)             (0,03)             (0,04)           (0,04)              (0,04)
                         271                573                657              721                 817
NRW
                        (0,01)             (0,03)             (0,04)           (0,04)              (0,05)
(Erläuterung: Die erste Zahl gibt jeweils die Anzahl der Leistungsberechtigten wieder, die zweite in Klam-
mern deren Anteil pro 1.000 Einwohner.)

Menschen mit Körperbehinderungen nahmen zu Beginn der Zuständigkeitsverlagerung
nur in 17 der 54 Kreise und kreisfreien Städte Leistungen des Ambulant Betreuten Woh-
nens in Anspruch. Bis zum 30. Juni 2007 ist die Inanspruchnahme in den meisten Ge-
bietskörperschaften leicht gestiegen, so dass es Leistungsempfänger/innen in 51 Ge-
bietskörperschaften gibt.
Die Befragten waren um eine Einschätzung zu dieser Entwicklung gebeten. Von den
insgesamt fünf abgegebenen Einschätzungen entfallen zwei auf die Aussage ‚Ich habe
die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet', drei auf die Aussage ‚Ich
habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulant Betreuten
Wohnen für Menschen mit einer seelischen Behinderung erwartet‘ und keine auf die
Aussage ‚Ich habe einen geringeren Zuwachs erwartet‘.
Nach der landesweiten Auswertung (n=129) haben 76% der Befragten die Entwicklung
erwartet, einen höheren Anstieg hingegen 19,4% und einen geringeren Zuwachs 4,7%.
Die Befragten begründen ihre Einschätzung wie folgt:

                                                    - 12 -
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‚Ich habe die hier abgebildete Entwicklung in dieser Form erwartet‘:
   •   Es handelt sich hier größtenteils um HIV-infizierte Menschen. Köln ist für diesen Personen-
       kreis Zuzugskommune aus ganz Deutschland.
‚Ich habe einen höheren Zuwachs an Leistungsempfänger/inne/n im Ambulanten
Wohnen erwartet‘:
   •   Weil die Versorgung in Heimen nicht in dem Maße wie das ABW auf die Bedürfnisse der
       Klienten eingehen kann;
   •   Ich habe die Entschlossenheit der Sozialhilfeträger, für ausreichende Unterstützung im
       ABW zu sorgen, überschätzt;
   •   Aufgrund der hohen Anzahl an nicht betreuten Menschen mit körperlicher Behinderung
       habe ich eine bessere Versorgung dieser Menschen erwartet.

Zugang zum Hilfesystem
Die Entwicklung der Hilfen zum selbständigen Wohnen verbindet sich mit der Idee der
Ablösung einer institutionszentrierten durch eine stärker personenzentrierte Hilfeleistung.
Dazu muss insbesondere im Bereich der Hilfen für Menschen mit einer körperlichen Be-
hinderung der Zugang zu Hilfen durch Angebote einer personenzentrierten Beratung
möglich sein. Er darf nicht primär durch Kosteninteressen, Trägerinteressen und / oder
vorhandene Angebote bestimmt sein.
In der Gesamtauswertung für Nordrhein-Westfalen teilen 46,7% der Befragten die
Meinung, dass Neuanfragen seit der Zuständigkeitsverlagerung häufiger als vorher über
eine Beratungsstelle erfolgen. Eine regionale Auswertung kann an dieser Stelle nicht
vorgenommen werden, da die Anzahl der auswertbaren Antworten zu gering ist.

Leistungen für Menschen mit komplexem Hilfebedarf
Die Gesamtauswertung der Befragung zeigt, dass zunehmend auch Personen mit ei-
nem höheren Hilfebedarf Unterstützung im Ambulant Betreuten Wohnen erhalten. Auf
die Frage, ob die Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens Personen unterstützen, die
vor der Zuständigkeitsverlagerung mit hoher Wahrscheinlichkeit Leistungen des Ambu-
lant Betreuten Wohnens nicht hätten in Anspruch nehmen können, antworteten vier
von vier der Befragten aus Köln, die dazu eine Angabe machen konnten mit ‚ja‘ (im
Durchschnitt des Zuständigkeitsbereiches des LVR 94,9%, im Landesdurchschnitt 74,3%).
Dabei geben vier von sieben der Befragten an, dass Ihnen gelingende Beispiele
ambulanter Hilfearrangements von Menschen mit hohem und komplexem Hilfebedarf
bekannt sind.

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Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

3     Entwicklung der Dienste des Ambulant Betreuten Wohnens
In fast allen Gebietskörperschaften hat die Anzahl zugelassener Dienste des Ambulant
Betreuten Wohnens zugenommen. Durch die unterschiedlichen Verfahren der Zulas-
sung neuer Dienste, finden sich im Zuständigkeitsbereich des Landschaftsverbandes
Rheinlands deutlich mehr Dienste pro 100.000 Einwohner. Im Fragebogen wurde der
Entwicklungsstand zum 31. Dezember 2006 für die jeweilige Zielgruppe dokumentiert.
Die folgende Tabelle bietet einen zusammengefassten Überblick.

                           Anzahl der Ambulante Dienste für Menschen mit…
                             geistiger          seelischer             Sucht-              Körper-
                           Behinderung         Behinderung         erkrankungen         behinderungen
Stadt                            44                  72                   29                       28
Köln                           (4,46)               (7,3)               (2,94)                   (2,84)
                                469                 658                  150                      271
LVR
                               (4,88)              (6,85)               (3,91)                   (2,82)
                                683                 864                  525                      300
NRW
                               (3,79)              (4,79)               (2,91)                   (1,66)
(Erläuterung: Die erste Zahl gibt jeweils die Anzahl der Dienste wieder, die zweite in Klammern die Verbrei-
tung pro 100.000 Einwohner.)

Die Anzahl der Ambulanten Dienste für Menschen mit einer geistigen Behinderung pro
100.000 Einwohner liegt zum Stichtag 31. Dezember 2006 im Vergleich der Gebietskör-
perschaften im Zuständigkeitsbereich des LVR im mittleren Drittel.
Die Anzahl der Ambulanten Dienste für Menschen mit einer seelischen Behinderung pro
100.000 Einwohner liegt zum Stichtag 31. Dezember 2006 im Vergleich der Gebietskör-
perschaften im Zuständigkeitsbereich des LVR im mittleren Drittel.
Die Anzahl der Ambulanten Dienste für Menschen mit einer Suchterkrankung pro
100.000 Einwohner liegt zum Stichtag 31. Dezember 2006 im Vergleich der Gebietskör-
perschaften im Zuständigkeitsbereich des LVR im unteren Drittel.
Die Anzahl der Ambulanten Dienste für Menschen mit einer körperlichen Behinderung
pro 100.000 Einwohner liegt zum Stichtag 31. Dezember 2006 im Vergleich der
Gebietskörperschaften im Zuständigkeitsbereich des LVR im mittleren Drittel.
Die Befragten bewerten die Entwicklung in Köln wie folgt:

                                                   - 14 -
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

Anzahl wirkt sich auf Im Bereich der Hilfen für Menschen mit…
die Versorgung durch
ambulante wohnbe-       geistiger     seelischer                                            körperlicher
                                                    Suchterkrankung
zogene Hilfen aus:    Behinderung   Behinderung                                             Behinderung

                                      7                 17                   5                    4
positiv
                                LVR: 62,2%        LVR: 66,7%           LVR: 67,4%            LVR: 65,2%
                                NRW: 65,3%        NRW: 66,3%           NRW: 67,3%            NRW: 47,3%
                                      2                  7                   1                    0
negativ
                                LVR: 21,7%        LVR: 26,6%            LVR: 24,8%           LVR: 12,1%
                                NRW: 16,7%        NRW: 24,1%            NRW: 20%             NRW: 23,3%
                                      1                  1                   0                    1
ohne Einfluss
                                 LVR: 16,1%        LVR: 6,8%            LVR: 7,8%            LVR: 22,7%
                                 NRW: 18%          NRW: 9,7%           NRW: 12,7%            NRW: 29,5%
(Anmerkung: Angegeben ist für Köln in der ersten Zeile jeweils die absolute Anzahl der Nennungen. Eine
Auswertung erfolgt nur, wenn mindestens fünf Aussagen bezogen auf die jeweilige Zielgruppe vorliegen.)

Zu den Einschätzungen werden die folgenden Begründungen gegeben:
positiv
   •      Die Hilfe lässt sich individuell fach- und bedarfsgerecht gestalten. Die Vielzahl der Träger
          ergibt eine breite Differenzierung in der Ausgestaltung. Es bedarf allerdings einer fachli-
          chen Steuerung durch den speziellen Unterarbeitskreis "Betreutes Wohnen" und die Hilfe-
          plankonferenz;
   •      Freie Anbieterwahl, ausreichendes Angebot, keine Wartezeiten;
   •      Wartezeiten für die Hilfesuchenden entfallen weitgehend. Die Hilfeleistungen sind vielfäl-
          tiger und z.T. auch individueller abgestimmt auf die Bedürfnisse der Klienten/Kunden;
   •      Die Anbieterlandschaft ist gewachsen und das Wunsch und Wahlrecht behinderter Men-
          schen findet damit größtmögliche Berücksichtigung;
   •      Das Angebot ist bedarfsdeckend, es gibt keine "Wartelisten" mehr;
   •      Es gibt eine größere Spannbreite von guten Angeboten. Eine Versorgung ist nur über ein
          gut ausgebautes Versorgungsnetz gewährleistet;
   •      Durch mehr Angebote ist eine schnellere Betreuung möglich; weniger Wartezeiten;
   •      Neben den Kölner Diensten gibt es weitere 47 Dienste im Umland, die in Köln ihre Leistun-
          gen anbieten;
   •      Mitbewerber erhöhen die Aufmerksamkeit und hoffentlich auch die Qualität. Leider fehlt
          es hier m.E. nach noch an anerkannten und festgelegten Qualitätsstandards und deren
          Überprüfung;
   •      Die "alten" Träger des BeWo sind sehr behäbig und haben sich über Jahre einen be-
          stimmten Stil angewöhnt und konnten sich diesen auch leisten (z.B. schrieben diese kei-
          nen Hilfeplan, arbeiteten nicht abends oder am Wochenende u.ä.). Seitdem es auch
          freiberufliche Anbieter gibt, hat sich das Denken zugunsten der Betreuungsqualität für
          Klienten gewandelt. Freiberufler haben von Anfang an unkonventionell gearbeitet und
          z.B. Hilfepläne geschrieben (statt dies auf gesetzliche Betreuer oder Kliniksozialarbeiter
          abzuwälzen)oder Betreuung an Wochenenden angeboten. Konkurrenz belebt das Ge-
          schäft - das gilt auch hier;
   •      Positive wirtschaftliche Folgen eines hohen Wettbewerbes;
   •      "Konkurrenz belebt das Geschäft"
   •      Durch das größere Angebot außerhalb der "alten" psychiatrischen Einrichtungen werden
          mehr Betroffene erreicht. Die kleinen Dienste haben ein höheres Maß an Flexibilität;

                                                    - 15 -
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

   •   Die Wahlfreiheit unter den Anbietern des Betreuten Wohnens stellt eine wirkliche Verbes-
       serung für die Antragsteller und deren Angehörige dar, zumal wenn es durch das vorge-
       haltene Angebote reale Betreuungs- bzw. Wechselmöglichkeiten gibt. Auf Seiten der Be-
       troffenen bzw. der Angehörigen ist ein positiv zu bewertendes Ranking der Anbieter zu
       beobachten;
   •   Die größere Anzahl an zugelassenen BeWo-Anbietern ermöglicht eine größere Auswahl
       für die Klienten, die Hilfe benötigen;
   •   Klienten haben mehr Wahlmöglichkeiten; Stärkere Konkurrenz unter den Anbietern hat
       eine positive Auswirkung auf die Qualität des Angebotes;
   •   Weil die Klienten nun eine Anbieterwahl haben und so auch auf die Qualität einwirken
       können. Marktregulierung durch den Klienten;
   •   Die zunehmende ambulante Versorgung hat für die Klienten eine positive Wirkung;
   •   Durch die Vielfalt der Konzepte einzelner Anbieter ist eine passgenaue Betreuung mög-
       lich;
   •   Ich bezweifele zwar die Zahl (nach meiner Kenntnis sind es deutlich mehr Dienste!), den-
       ke aber, dass die Vielzahl dazu führt, dass alle sich anstrengen müssen, um mit qualitativ
       guter Arbeit die Kunden/innen zu halten;
   •   Durch das System kann es einen Interessenkonflikt zwischen den ökonomischen Interes-
       sen von Anbietern und dem Ziel der Verselbständigung von Klienten geben;
   •   Eine gute Möglichkeit kranke Menschen zu erreichen;
   •   Dieser Bereich hat sich im Gemeinwesen sehr gut entwickelt. Durch gemeinsam in Gang
       gesetzte Synergie-Effekte wird das Angebot in seiner Effizienz optimiert;
   •   Ambulante Dienste sind sehr wichtige, allerdings nicht einzige Voraussetzung für das Le-
       ben in der Gemeinschaft.

negativ
   •   Konkurrenz untereinander, z.T. aggressive Akquise, z.T. fehlender Sektorbezug, Qualität
       leidet;
   •   Durch das hohe Angebot der Leistungsanbieter und die Konkurrenz ist es einfacher die
       Preise zu drücken;
   •   Zwar führt die Anbieteranzahl auch zu einer schnelleren Versorgung, aber die Konkurrenz
       bindet Energieressourcen und führt zu Druck bei Klienten und Anbietern. Befürchtung:
       schlecht abrechenbare Klienten werden nicht mehr betreut. Qualität und fachliche
       Kompetenz der Anbieter werden für Klienten schlecht einschätzbar;
   •   Regionale Verantwortlichkeiten / Sektorprinzip werden abgebaut. Konkurrenz der Dienste
       führt zu aggressiver Akquise der Dienste untereinander. Unüberschaubarkeit der Ange-
       botspalette führt zu Verwirrung unter den Klienten. Unüberschaubarkeit der Angebotspa-
       lette führt aggressiver Akquise gegenüber potentiellen Überweisern wie z.B. Kliniken. Das
       Fehlen niederschwelliger Angebote und tagesstrukturierender Treffpunkte wird kaschiert
       durch noch mehr Dienste am Einzelnen;
   •   Die hohe Anzahl zugelassener Dienste birgt die Gefahr, dass die Qualitätssicherung und
       Überprüfung schwieriger wird;
   •   Kooperation und Vernetzung wird durch die hohe Anzahl der Anbieter komplizierter. Re-
       gionale Vernetzung und Anbieterverpflichtung weichen auf. Die Sektorisierung wird auf-
       gehoben;
   •   Kleine Anbieter, oft "1-Mann-Unternehmen", können zum Einen nicht die strukturelle Quali-
       tät und mangels Klienten, die nötige Erfahrung vorweisen. Zum Anderen wird um jeden
       Vertrag "gebuhlt", ohne unbedingt fachliche Standards zu berücksichtigen;
   •   Das Betreute Wohnen mit Hilfe von ambulanten Diensten ist ein geeignetes Wohnkon-
       zept. Es sollten also mehr Dienste zugelassen werden, damit die steigende Nachfrage
       gedeckt werden kann;
   •   Die Einbindung neu hinzukommender Versorger ins bestehende Gesamtsystem erweist
       sich teilweise als schwierig. Einerseits in Bezug auf Qualitätskontrolle, andererseits im Be-
       zug auf Kooperation mit anderen Fachdiensten. Erschwerend wirken sich hier die sehr
       weitgefassten Zulassungskriterien des LVR aus;

                                                 - 16 -
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

     •   Die ursprüngliche Aufgabe der SPZ, steuernd für die Klienten im Versorgungsraum zu ar-
         beiten, kann mit dieser Anzahl an Diensten nicht mehr geleistet werden. Sektorverantwor-
         tung kann nicht mehr erwartet werden. Die Qualität der vielen kleinen privaten Anbieter
         kann zumindest über die Zugangsvoraussetzungen, die der LVR über den SpD der Stadt
         prüfen lässt, nicht gewährleistet werden. Die Privaten sind dem Verbundgedanken des
         SPZ nicht verpflichtet. Während BeWo Klienten der SPZ-Partner sehr oft auch andere
         Bausteine des SPZ nutzen, tun dies die anderen Nutzer selten;
     •   Befürchtung eines Wildwuchses ohne wirksame Qualitätskontrolle;
     •   Der LVR wird zögerlicher bei der Bewilligung von Fachleistungsstunden sein. Sie sehen ei-
         ne Inflation von Anbietern, die die Hilfeempfänger psychiatrisieren.

ohne Einfluss
     •   Bisher ist mir keine Veränderung aufgefallen;
     •   Die Angebote, die es bisher nur wenig gab, können von privaten wie auch von Wohl-
         fahrtsverbänden angeboten werden;
     •   Die Anbieter für AIDS-Hilfen sind unverändert.

4     Fachleistungsstunden
Ein weiterer Indikator zur Einschätzung der Entwicklung wohnbezogener Hilfen, der im
Fragebogen vorgelegt wurde, ist der Umfang der bewilligten Fachleistungsstunden zum
Stichtag 30. Juni 2007. In der Tabelle werden der prozentuale Anteil in festgelegten
Intervallen und der Durchschnittswert der bewilligten Fachleistungsstunden angegeben.

    Anzahl der Fach-                                  Anteil in Prozent im Bereich…
                           Ge-
    leistungsstunden                  geistiger          seelischer          Suchter-        körperlicher
                           samt
       pro Woche                    Behinderung         Behinderung        krankungen            Beh.
weniger als eine
                            0,42          0,53               0,44                 0              0,75
Fachleistunden
eine bis unter drei        51,72         43,39              51,53               61,4             49,62
drei bis unter fünf        38,35         36,51              39,83              34,42             34,59
fünf bis unter sieben       7,49         11,64               6,99               4,19             11,28
sieben      bis   unter
                            1,25          4,76                0,7                 0              3,01
neun
über neun                   0,77          3,17               0,52                 0              0,75

Durchschnittliche Anzahl der Fachleistungsstunden pro Woche
Stadt
                            2,96          3,57               2,88                2,7             3,21
Köln
LVR                         3,46          4,41               2,60               3,01             4,09

Zu der Anzahl der Fachleistungsstunden konnten die Befragten eine Einschätzung ab-
geben und diese begründen.

                                                   - 17 -
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

Von den insgesamt 45 Befragten, die eine Einschätzung abgeben, meinen 30, dass die
Anzahl der gewährten Fachleistungsstunden in Köln den vorhandenen Bedarfen ent-
spricht. In der Gesamtauswertung wird diese Position von 65,3% der Befragten geteilt,
wobei die Einschätzung zwischen den Mitarbeiter/inne/n der Landschaftsverbände und
der Anbieter erwartungsgemäß auseinander gehen. Es finden sich bezogen auf Köln
die folgenden Begründungen:
   •   Lt. Rückmeldungen Zufriedenheit von Betroffenen und Dienstleistern;
   •   Z.Zt. erhalten fast nur berufstätige "fitte" Klienten BeWo; die mit höherem Bedarf sind oft
       noch stationär betreut;
   •   Über Freizeitmaßnahmen der KoKoBes sind Leistungsberechtigte oft auch persönlich dort
       bekannt. Daher ist eine gute Einschätzung des geschilderten Hilfebedarfes in der Hilfe-
       plankonferenz möglich;
   •   Die Hilfepläne werden in den sektoral stattfindenden Hilfeplankonferenzen unter fachli-
       chen Gesichtspunkten beurteilt;
   •   Die Plausibilität der FLS-Bewilligung wird in der HPK geprüft; die fachliche Stellungnahme
       wird vom Koordinator, der auch die Geschäftsführung der HPK innehat, mit unterzeich-
       net(Kölner Sonderregelung), sodass von einer sachgerechten Bedarfsbewilligung auszu-
       gehen ist;
   •   Menschen mit höheren Bedarfen leben noch in den Wohnhäusern; viele Klienten der SPZ
       nutzen auch die Kontaktstellen der SPZ, das vermindert die notwendigen FLS, weil dort
       eine gute Versorgung stattfindet;
   •   Wir machen die Erfahrung, dass die uns bewilligten FLS meist ausreichend sind. Nachbe-
       willigungen bei Veränderungen des Bedarfs (z.B. in Krisensituationen) sind i.d.R. unkompli-
       ziert möglich;
   •   Das spezielle System in Köln - unter Einbindung der Sozialpsychiatrischen Dienste in die Hil-
       feplankonferenzen mit entsprechender Aufgabenstellung als Fachdienst zur Prüfung von
       Plausibilität in der Bedarfsbeschreibung / mit Geschäftsführung der HPK durch die SPZ-
       Koordinatoren - wirkt regulierend und bzgl. der Bedarfserfassungen qualitätssteigernd;
   •   Da die Bedarfe mittels IHP beschrieben und in der HPK erörtert werden, insbesondere da
       auch die Zielerreichung überprüft wird, sind die FLS i.d.R. nachvollziehbar;
   •   In den Hilfeplankonferenzen in Köln sitzt ein fachkundiges Gremium, welches bedarfsge-
       recht entscheidet;
   •   Die nach altem System geltende 1 Std./Woche war zu wenig. Der durchschnittliche Be-
       darf von 2,88 Std. ist wesentlich realistischer;
   •   Das System der Bedarfsbeschreibungen durch einen "Individuellen Hilfeplan" und der Be-
       willigung von Leistungen in einer Hilfeplankonferenz ist ein fachlich gut eingespieltes Sys-
       tem der fachlichen Einschätzung der Anträge, aber auch der Leistungssteuerung. Wobei
       es zum Teil schwierig ist in Einzelfällen tatsächlich höhere Bedarfe bewilligt zu bekommen;
   •   In der Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Klienten einen Be-
       treuungsbedarf zwischen 2 und 3 FLS haben;
   •   Ich halte die Vergabe der FLS für angemessen im Bereich der seelischen Erkrankungen,
       da das angestrebte Ziel die größere Verselbstständigung der Klientel sein sollte;
   •   Viele chronifizierte psychisch kranke Menschen benötigen Ansprechpartner auf niedri-
       gem Niveau zur Sicherheit, um die Wohn- und Lebenssituation einigermaßen stabil zu hal-
       ten;
   •   Suchthilfe ist gut über die Bedarfe informiert; in HPK kann individuelle Hilfe passgenau in-
       stalliert werden;
   •   Viele Menschen mit körperlicher Behinderung erhalten zusätzliche pflegerische Hilfen;
   •   Aufgrund verbesserter Medikation treten seelische Problematiken immer mehr gegenü-
       ber den körperlichen Einschränkungen zurück. Oftmals reicht regelmäßiger aber gering-
       fügiger Kontakt um die Wohn- und Lebenssituation stabil zu halten.
In Köln meinen 13 Befragte, dass die Anzahl der gewährten Fachleistungsstunden unter
den vorhandenen Bedarfen liegen (landesweit: 31,6%). Die Position wird wie folgt be-
gründet:

                                                 - 18 -
Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen

   •   In den HPKs wird teilweise schlimm um Stunden bzw. Nichtgewährung von FLS seitens des
       LBR geschachert. Das ist nicht gut für die Lebensqualität der Menschen. nach unserer Er-
       fahrung sagen die Kunden selber früh genug, wenn wir zu viel betreuen wollen. Teilweise
       haben wir eher zu wenig FLS, um eine gute Betreuung zu gewährleiten. Auch der "Wahn",
       dass diese Menschen mit den Jahren immer weniger FLS brauchen ist m.E. nach nicht
       angemessen, zumal wir noch wenige Vernetzungen in den Wohnquartieren haben;
   •   Ich denke, dass die Anzahl für die tatsächlich Beantragenden jeweils relativ richtig ist,
       gehe aber davon aus, dass Menschen mit höherem Bedarf erst gar keinen Antrag stellen
       und somit in der Statistik ja auch nicht vorkommen können;
   •   Es werden aus eigener Erfahrung ungerechtfertigte Kürzungen vorgenommen bzw. wich-
       tige Zielbereiche unter Verweisung auf andere Kostenträger ausgeschlossen;
   •   Der dauerhafte Hilfebedarf eines geistig behinderten Menschen, der weder durch Um-
       feldgestaltung, noch durch Förderung relativiert werden kann, findet kaum Anerkennung
       in den HPKs. Sofern dies sich nicht mittelfristig ändert, wird die Bedeutung der stationären
       Angebote für das Klientel wieder wachsen - nämlich dann, wenn für den grundsätzlichen
       Hilfebedarf nicht die ausreichenden FLS zuerkannt werden;
   •   Die durchschnittliche Anzahl der FLS entspricht den FLS, die in unserer Einrichtung im
       Schnitt bewilligt werden. Der tatsächliche Bedarf liegt in vielen Fällen jedoch über den
       vom Kostenträger bewilligten Stunden. In den Hilfeplankonferenzen wird der individuelle
       Hilfebedarf vom Leistungsträger tendenziell "heruntergerechnet".
   •   Bis zu drei Stunden ist die Regel und nicht allzu schwer zu bekommen. Darüberhinaus tut
       sich der LVR schwerer mit der Bewilligung. Daher wird oft weniger beantragt oder auch
       runtergestuft bei der Bewilligung. Mehrbedarf ist oft da;
   •   Es ist einfach, in der HPK einen Bedarf von zwei-drei Stunden bewilligt zu bekommen. Bei
       höheren Bedarfen kriegt der Fallmanager des LVR schon die Krise, wenn nur die Zahl ge-
       nannt wird. Die HPKs verlaufen entgegen der ursprünglich geplanten Zielsetzung (Plausi-
       bilitätsprüfung) wie eine Inquisition und die findet auch noch auf einem orientalischen
       Basar statt. Es wird gekürzt, was das Zeug hält, und um die Stunden gefeilscht und viele
       Anbieter geben deshalb in der HPK auf. Bevor man monatelang um die Bewilligung ringt
       und streitet, geht man lieber mit einer Bewilligung von weniger Stunden, als der Betreute
       eigentlich bedarf. Alle Anbieter müssen sich über die FLS finanzieren - und Streiten um ei-
       ne Stunde mehr oder weniger Hilfebedarf können sich dabei nur wenige Träger leisten;
   •   Die überwiegende Zahl von mir betreuten Menschen mit seelischer Behinderung liegt bei
       3-5 Stunden. Die Stadt Köln liegt deutlich drunter und auf den Hilfeplankonferenzen ist die
       deutliche Tendenz einer Reduzierung der beantragten Fachleistungsstunden zu beo-
       bachten;
   •   Auch wenn man sicherlich die grundlegenden Dinge mit durchschnittlich 2,88 FLS regeln
       kann, liegen die eigentlichen Bedarfe sicherlich höher. Für mich stellt sich die Frage, war-
       um der Durchschnitt so gering ist, wo doch der "durchschnittliche Psychotiker“ sicherlich
       mehr Unterstützung bedarf um ein eigenständiges und mehr oder weniger zufriedenes
       Leben zu führen;
   •   Die Suchterkrankung ergibt zwar einen hohen Handlungsbedarf "an sich", erzeugt aber
       beim Individuum nur selten eine entsprechende Bereitschaft zur persönlichen Verände-
       rung. Hieraus ergibt sich eine große Diskrepanz zwischen Bedarf, Angebot und de facto
       geleisteten Fachleistungsstunden;
   •   Chronisch suchtkranke, i.d.R. mehrfachbeeinträchtigte Menschen, brauchen nicht weni-
       ger Hilfe als andere Behindertengruppen. Auch werden in anderen Regionen für diese
       Klientel deutlich mehr FLS bewilligt;
   •   Die Kostenträger unterschätzen kontinuierlichen Bedarf, da sie weit entfernt sind von den
       Klienten und die Anbieter wissen ja was gehört werden will.
Dass die Fachleistungsstunden über den vorhandenen Bedarfen liegen, meinen zwei
Befragte. In der Gesamtauswertung teilen 3,1% der Befragten diese Position. Es finden
sich die folgenden Begründungen:

                                                 - 19 -
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