Dichte und Verkehr Beispiele zum Umgang mit Mobilität und Verkehr bei Gebietsentwicklungen in urbanen Räumen - EBP
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Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion Baudirektion Amt für Verkehr Amt für Raumentwicklung Dichte und Verkehr Beispiele zum Umgang mit Mobilität und Verkehr bei Gebietsentwicklungen in urbanen Räumen
Inhaltsverzeichnis 1 Dichte und Verkehr aufeinander abstimmen 5 2 Massnahmen der Mobilitäts- und Verkehrsplanung 7 3 Blick zurück: Umgang mit Wachstum in den 70er-Jahren 8 4 Beispiele 10 Europaallee, Zürich 12 Sulzerareal Werk 1, Winterthur 14 Glattpark, Opfikon 16 Hürlimann-Areal, Zürich 18 Richti-Areal, Wallisellen 20 Giesserei, Winterthur 22 Limmatfeld, Dietikon 24 Sihlcity, Zürich 26 Sihlbogen, Zürich 28 Färberei, Thalwil 30 Toblerstrasse, Zürich 32 5 Das Mobilitätsverhalten beeinflussen 34
Dichte und Verkehr Der Kanton Zürich blickt auf Jahre starken Wachstums zurück. Allein in den Jahren zwischen 2007 und 2013 wuchs der Kanton um rund 100 000 auf 1 422 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Und auch für das kommen- de Jahrzehnt lassen die Prognosen ein stetes Bevölkerungswachstum erwarten. Wie soll der Kanton Zürich diesen Zuwachs bewältigen, ohne die intakten Naturlandschaften zu überbauen und die Verkehrsdichte im ganzen Kan- tonsgebiet noch mehr zu erhöhen? Das Rezept heisst Siedlungsentwick- lung nach innen. An geeigneten Lagen sollen bestehende Siedlungsstruk- turen nachverdichtet und Siedlungsreserven dicht überbaut werden. Das Raumordnungskonzept des Kantons Zürich, das kürzlich vom Kantonsrat im Rahmen des Richtplanes beschlossen wurde, gibt als Ziel vor, dass 80 Prozent des Zuwachses in den urbanen Gebieten erfolgen soll. Doch diese Gebiete müssen attraktiv bleiben oder attraktiver werden, da- mit die Umsetzung des Ziels Akzeptanz findet. Oft handelt es sich um Wohngebiete, die bereits durch starke Verkehrsströme belastet sind. Pläne für Verdichtungen bzw. Umnutzungen von grossen Arealen lösen deshalb oft Bedenken aus. Kann das Verkehrssystem den zusätzlichen Verkehr noch aufnehmen? Stehen wir dann noch mehr im Stau? Erste Grosssiedlungen wurden in den 70er-Jahren an den Stadträndern gebaut, als sich die Schweiz ebenfalls auf ein starkes Bevölkerungs- wachstum vorbereitete. Doch damals wurde der Problematik mit dem Ver- kehrswachstum noch anders entgegen geblickt, mit einem grosszügigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Diesem sind heute aus verschiedenen Gründen enge Grenzen gesetzt. Die vorliegende Publikation möchte aufzeigen, dass es durchaus möglich ist zu verdichten, ohne dass dabei ein Verkehrskollaps erzeugt wird. In den letzten Jahren wurden Gebiete neu überbaut, bei denen Grundeigentümer und Gemeinden auf die bereits hohe Verkehrsbelastung reagiert haben. So konnten z. B. durch die Nähe dieser Entwicklungen zu leistungsfä- higen Haltestellen des öffentlichen Verkehrs günstige Voraussetzungen geschaffen werden. Durch die Nähe von Wohnen und Arbeiten wurden kurze Wege begünstigt. Auch konnten mit umfassenden Beratungen im Rahmen des Mobilitätsmanagements Firmen wie Arbeitnehmende sen- sibilisiert werden. Doch steht immer der Einzelfall im Vordergrund. Die hier beschriebenen Beispiele illustrieren, wie bei konkreten Vorhaben mit Dichte und Verkehr umgegangen wurde. Markus Traber Chef Amt für Verkehr 4
Dichte und Verkehr aufeinander abstimmen 1 Dichte und Verkehr aufeinander abstimmen Zusätzliche Dichte ermöglicht mehr Wohn- In den letzten 20 Jahren wurden an verschie- raum in städtischen Gebieten. Damit kann der denen Orten im Kanton Zürich Industrie- oder Wunsch vieler Menschen nach urbanem Leben Bahnbrachen zu verdichteten Stadtquartieren erfüllt werden. Mit dem Fokus auf eine Entwick- umgenutzt. Fast immer spielten dabei Verkehrs- lung nach innen kann gleichzeitig auch das Ziel fragen eine bedeutende Rolle. Oft stand am eines haushälterischen Umgangs mit dem Bo- Anfang der Entwicklung der Vorbehalt, dass an den gemäss kantonalem Richtplan erreicht wer- dieser Stelle doch gar keine zusätzliche Nutzung den. möglich sei, da das Verkehrssystem ohnehin schon stark belastet ist. Genau an diesen Lagen Zusätzliche Dichte führt aber auch zu zusätz- muss der gordische Knoten im Spannungsfeld lichem Verkehr. Dies zumeist in Gebieten mit be- zwischen Dichte und Verkehr durchschlagen reits grossem Verkehrsaufkommen. Es gehört werden. zu den Herausforderungen der Siedlungsent- wicklung nach innen, dafür zu sorgen, dass Mo- Ziel ist die Kombination von baulicher Verdich- bilitätsbedürfnisse befriedigt werden können, tung und geeigneten Massnahmen zur Beein- ohne dass mehr Verkehr die Attraktivität der öf- flussung des Mobilitätsverhaltens und des Ver- fentlichen Räume beeinträchtigt. Dies gilt in be- kehrs. Kein Stadtentwicklungskonzept kann und sonderem Masse in städtischen Gebieten. Was will verhindern, dass die zusätzlichen Einwohne- in der Architektur bereits allgemein anerkannt rinnen und Einwohner bzw. Beschäftigten eben- ist, gilt zunehmend auch für den Verkehr: Hohe falls Mobilitätsbedürfnisse haben und Verkehr Dichte muss qualitätsvoll realisiert werden. auslösen. Die Auswirkungen des zusätzlichen Massnahmen gegen eine zu hohe Verkehrsbe- Verkehrs lassen sich jedoch mit geeigneten lastung erhalten grosse Bedeutung. Denn viele Massnahmen minimieren, wie die in dieser Pu- Vorbehalte gegenüber hoher Dichte haben ihre blikation beschriebenen Beispiele illustrieren. Wurzeln in der Angst vor Stau auf der Strasse und vor übervollen S-Bahnen, vor zusätzlichen Wenn die Verdichtung verträglich erfolgt, rü- Lärm- und Luftbelastungen. cken ihre Vorteile in den Vordergrund. Dichte Quartiere mit gemischter Nutzung sind attraktiv. Dichte wird zuerst einmal wahrgenommen als Der Alltag lässt sich viel eher mit kurzen We- Bauvolumen, also als bauliche Dichte. Wenn gen innerhalb des Quartiers bewältigen. Und zum Beispiel eine Wohnsiedlung aus den 20er- die attraktiv gestalteten öffentlichen Räume Jahren des vorigen Jahrhunderts einer neuen ermöglichen es, die neuen Bewohnerinnen und Überbauung weichen muss, dann wird damit Bewohner nicht nur als Konkurrenten um einen typischerweise auch eine höhere Ausnützung Sitzplatz im Bus zu erleben, sondern ihnen per- angestrebt. Gleichzeitig werden jedoch die sönlich zu begegnen. Wohnungsgrundrisse grosszügiger. Die Nut- zungsdichte nimmt deshalb nicht immer im Die ausgewählten Beispiele repräsentieren drei selben Mass zu wie die bauliche Dichte. So Standorttypen, die unterschiedliche Vorausset- kann das Bauvolumen beispielsweise verdop- zungen für den Umgang mit Mobilität und Ver- pelt werden, die Zahl der Wohnungen und ihrer kehr aufweisen. Alle drei Standorttypen befin- Bewohnerinnen und Bewohner steigt aber nur den sich innerhalb der urbanen Gebiete. um die Hälfte. 5
Dichte und Verkehr aufeinander abstimmen Standortabhängiger Umgang Je nach Standort, dem Nutzungsmix, der Er- mit Mobilität schliessungsqualität und der individuellen Prä- Innerstädtische Standorte: Diese Standorte gung der Nutzerinnen und Nutzer kann ein un- liegen innerhalb des Stadtgefüges. Die Er- terschiedliches Mobilitätsverhalten resultieren. schliessung mit dem ÖV ist in der Regel sehr Dieses kann sich über die Zeit auch verändern gut. Gleichzeitig ist die Leistungsfähigkeit des und ist bis zu einem gewissen Grad durch An- Strassennetzes bereits stark beansprucht, passungen des Verkehrsangebots und Anstren- so dass Befürchtungen vor zusätzlichem Au- gungen im Bereich des Mobilitätsmanagements toverkehr bestehen. Vom Standort aus las- beeinflussbar. Das Mobilitätsverhalten der Men- sen sich viele Nutzungen auch zu Fuss oder schen ist keine Konstante. mit dem Velo erreichen. Bewohnerinnen und Bewohner dieser Standorte bewältigen ihre Eindrücklich zeigt sich dies bei der Autover- Verkehrswege überdurchschnittlich häufig zu fügbarkeit städtischer Haushalte: Immer mehr Fuss, mit dem Velo und dem öffentlichen Ver- Haushalte verzichten auf ein eigenes Auto, kehr. wenn sie in einem durchmischten Umfeld mit guter ÖV-Erschliessung, attraktiven öffentlichen Standorte an einer Verkehrsachse: Diese Räumen und beschränkt verfügbarem Park- Standorte liegen an Zufahrtsachsen der Städ- platzangebot leben. te, die bereits stark mit Individualverkehr und ÖV belastet sind. Je nach Nutzungsmix in den Die vorliegende Publikation dient dazu, aus den neuen Quartieren und der Qualität der Anbin- bisher gemachten Erfahrungen zu lernen und dung an ÖV oder Strasse unterscheiden sich Anregungen für künftige Planungen zu geben. das Mobilitätsverhalten und die Verkehrsmit- Sie richtet sich an Gemeinden, Planerinnen und telwahl der Nutzerinnen und Nutzer. Planer sowie an Vertreterinnen und Vertreter der Immobilienbranche. Andere Standorte im urbanen Gebiet: Es ist davon auszugehen, dass immer häufiger Nachfolgend werden in einem ersten Teil Mass- auch Standorte an weniger zentralen Lagen nahmen und Instrumente der Mobilitäts- und innerhalb der urbanen Gebiete eine Verdich- Verkehrsplanung entlang der einzelnen Pla- tung erfahren. Es handelt sich in der heutigen nungsphasen aufgezeigt. Nach einem kurzen Wahrnehmung um Standorte, die weniger gut Rückblick in die 70er-Jahre wird anhand von mit dem ÖV erschlossen sind und einen hö- vertiefenden Fallbeispielen dargestellt, wie sich heren Anteil Autoverkehr aufweisen. diese Massnahmen und Instrumente in inno- vative Verkehrskonzepte umsetzen lassen und damit ein Ausgleich der Interessen und gute Lö- sungen erreicht werden können. 6
Massnahmen der Mobilitäts- und Verkehrsplanung 2 Massnahmen der Mobili- täts-und Verkehrsplanung Das Verkehrsaufkommen neuer dichter Siedlungen hängt Akteure der Entwicklung sind Politik, Grundeigentümer, Be- stark vom Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer ab. Dieses hörden, Entwickler sowie Planerinnen und Planer. Die Politik kann durch eine abgestimmte Mobilitäts- und Verkehrspla- schafft die Rahmenbedingungen, innerhalb welcher Grund- nung beeinflusst werden. Ziel ist die Verträglichkeit des Ver- eigentümer und Behörden das Projekt entwickeln. kehrs für das Umfeld und das Verkehrssystem. Die nachfolgende Tabelle zeigt für jede Planungsphase den Massnahmenfächer auf. Phasen der Arealentwicklung Massnahmen Mobilität und Verkehr Erste Ideen Standort-/ Marktanalyse Kapazitäten übergeordnetes Strassennetz beurteilen Nutzungskonzepte Erschliessung ÖV beurteilen Testplanung Einbindung in Wegnetze Fuss- und Veloverkehr beurteilen Erreichbarkeit Standort beurteilen Verkehrskapazität mit Nutzungskonzept abstimmen Von den Ideen Städtebauliche Vision Anschlusspunkte ans Strassennetz bestimmen zur Vision Masterplanung Layout Strassennetz im Areal entwerfen Leitbild Verkehrsregime Strassennetz entwerfen Erschliessungskonzept Parkplätze (privat und öffentlich zugänglich) anordnen Erschliessung ÖV verbessern (z.B. zusätzliche Haltestelle, Linienverlängerung, Taktverdichtung) Fuss- und Veloverkehrskonzept entwerfen Anlieferungspunkte Güterverkehr und Zufahrtsrouten entwerfen Vertiefungen Machbarkeitsanalyse Geometrische Machbarkeit Erschliessung prüfen Markt- und Konkurrenzanalyse Betriebsstudie ÖV Zielgruppen- und Produktdefinition Verkehrstechnische Machbarkeit prüfen (Gutachten) Umweltverträglichkeit Verkehrsaufkommen prüfen Planerische Revision Nutzungsplanung bzw. Berechnung der Anzahl Parkplätze Rahmen- Sondernutzungsplanung MIV-Aufkommen regeln (z.B. Mobilitätsmanagement) bedingungen (z.B. Gestaltungsplan oder ÖV-Haltestellen anordnen Sonderbauvorschriften) Attraktive Zugänge zu den ÖV-Haltestellen sichern Berechnung Anzahl Veloabstellplätze regeln Umschlagspunkte Güter bestimmen Von der Vision Architekturwettbewerb Rahmenbedingungen Mobilität und Verkehr formulieren zum konkreten Vorprojekt Qualitätsanforderungen an den öffentlichen Raum festlegen Projekt Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen Vom Projekt zur Bauprojekt Parkplätze anordnen, differenziert nach Besuchern und Mietern Umsetzung Baueingabe ÖV-Haltestellen attraktiv gestalten Realisierung Veloabstellplätze anordnen Mobilitätskonzept festlegen Überbauung steht Betrieb Umsetzung Mobilitätskonzept mittels Controlling sicherstellen Vermarktung 7
Blick zurück: Umgang mit Wachstum in den 70er-Jahren 3 Blick zurück: Umgang mit Wachstum in den 70er-Jahren Bevor wir uns aktuellen Beispielen zuwenden, nell herstellbaren Scheiben- und Punkthoch- schauen wir zurück. Denn nicht zum ersten Mal häusern mit grosszügigem Umschwung. Das bereitet sich die Schweiz auf ein starkes Be- grundsätzliche Lebensmodell heisst Mutter und völkerungswachstum vor. Letztmals war dies Kinder zuhause, Vater arbeitstätig auswärts. in den 70er-Jahren der Fall. Damals wie heute Dazu kommt ein Auto pro Wohnung bzw. Fami- wurde neuer Wohnraum in und um die Städte lie. Das Verkehrsproblem scheint mit dem Bau bereitgestellt, allerdings mit ganz unterschied- von Autobahnen gelöst zu sein. Die grossen Un- lichen städtebaulichen Rezepten. terniveaugaragen mit einem Parkplatz für jede Wohnung funktionieren. Es existiert ein minima- In den 70er-Jahren steht die Schweiz mitten les Angebot an ÖV. in einem starken Entwicklungsschub. Die Kin- der des Babybooms der Nachkriegszeit sind Die Wohnungen sind modern, relativ geräumig erwachsen geworden. Es braucht Wohnungen und die Belegungsdichten hoch. Der öffentliche für die Familiengründung und den Existenzauf- Freiraum ist anfänglich kein zentrales Thema. bau. Die 10-Millionen-Schweiz winkt am Prog- Auf den Quartierstrassen kann noch gespielt nosehorizont. Ein eidgenössisches Raumpla- werden. Allerdings entwickelt sich der Stras- nungsgesetz ist noch nicht in Kraft. Bauen ist senraum zunehmend monofunktional und ver- relativ günstig. Die Charta von Athen zur funk- kehrsorientiert. Die Freiraumqualität hängt von tionsgetrennten Stadt gilt noch. Der Begriff Ur- der Anfangsinvestition ab. Manchmal gibt es banität ist eher negativ belastet. Überall auf der Spielplätze, Brunnen oder Bassins. Welt entstehen Satellitenstädte. Man möchte der Dichte der Innenstadt entrinnen und träumt Grosse Mehrfamilienhaus-Überbauungen am von der Stadt im Grünen. Nachfrageerfüllung ist Stadtrand oder in der Agglomeration gelten we- oberstes Ziel, nachhaltige Entwicklung existiert gen ihrer schieren Grösse als dicht. Ihre Ausnüt- als Begriff noch nicht. zung ist jedoch selten höher als 1,0. Bekannte Beispiele gibt es in Bern (Tscharnergut, Gäbel- Prägende Leitideen bach), Zürich (Affoltern, Schwamendingen, Wi- Die grüne Wiese am Stadtrand wird für die ma- tikon), Genf (Le Lignon, Meyrin), Aarau (Telli), im nifesten Siedlungsbedürfnisse erschlossen. Agglomerationsgürtel in Fällanden (Benglen), Massgebliche Vorstellung ist die licht-, luft- und Adlikon, Volketswil oder Spreitenbach. sonnendurchflutete Wohnung in grossen, ratio Bern, Tscharnergut 1972 8
Blick zurück: Umgang mit Wachstum in den 70er-Jahren Entwicklung der Gross Beurteilung heute siedlungen Die Neubau-Areale der 70er-Jahre haben sich in Die neuen Quartiere sind das Ziel von Zuwan- der Zwischenzeit mit dem Stadtkörper verbun- dernden. Anfänglich setzt sich die Bewohner- den. Meist haben sie die Herausforderungen struktur recht einseitig zusammen. Die Fluktuati- der damaligen Zeit gut bestanden und sind on ist hoch. Die Siedlungen gelten als gestaltlos heute trotz anfänglicher Skepsis geschätzte und unpersönlich. Mit dem Älterwerden der Wohnquartiere. So unproblematisch sie heute Bewohnerinnen und Bewohner nimmt die Be- erscheinen, so wenig können sie Vorbild für die legungsdichte ab. Das Verkehrsaufkommen Stadtentwicklung des 21. Jahrhunderts sein. nimmt hingegen zu, der Motorisierungsgrad Die Grosskörnigkeit der Bebauung, die niedrige erhöht sich. Relativ zum Einkommen werden Dichte und die Monofunktionalität tragen we- die Wohnungen günstiger. Die Zusammenset- nig zur Stadt der Zukunft und zu einem haus- zung der Bewohnerinnen und Bewohner ver- hälterischen Umgang mit dem Boden bei. Auch ändert sich, sie wird vorübergehend vielfältiger. was die Verkehrslösungen angeht, können die Verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen Siedlungen heute keine Referenz sein. Die He- überlagern sich. rausforderung heutiger Gebietsentwicklungen besteht darin, sie in engem Bezug zum umge- Dichter und freundlicher benden Stadtgefüge zu planen und Lösungen Die Bauten der 70er-Jahre müssen heute ener- für die Mobilitätsbedürfnisse in einem bereits getisch saniert werden. Gleichzeitig stehen sie stark ausgelasteten Verkehrsnetz zu finden. Im im Visier des Denkmalschutzes (Le Lignon, Gä- Vergleich zu den Siedlungen der 70er-Jahre sol- belbach). Oft ist eine gewisse Durchmischung len sie feinkörniger, aber deutlich dichter sein mit Arbeitsplätzen möglich. Manchmal wird mit und gute Voraussetzungen für eine stadtver- einem kleinen Einkaufszentrum nachverdichtet. trägliche Mobilität bieten. Die nachfolgenden Das ÖV-Angebot wurde schon vor einiger Zeit aktuellen Beispiele zeigen, mit welchen Lö- stark verbessert. sungsansätzen auf die heutigen Herausforde- rungen reagiert werden kann. Vielfach wird versucht, die Bauten den heutigen Wohnbedürfnissen anzupassen. Mit dem Aus- bau von Terrassen zu Wintergärten oder durch das Vorverschieben von Fassaden mit neuen Balkonen wird die Wohnfläche pro Wohnung erhöht. Diese baulichen Anpassungen bringen zwar den heutigen Komfort und erfüllen die Nachfrage nach grösserem Wohnraum pro Be- wohner, erhöhen aber häufig die Nutzungsdich- te nicht. 9
Beispiele 4 Beispiele Giesserei, Winterthur Sulzerareal Werk 1, Winterthur Limmatfeld, Dietikon Glattpark, Opfikon Europaallee, Zürich Richti-Areal, Wallisellen Sihlcity, Zürich Toblerstrasse, Zürich Hürlimann-Areal, Zürich Färberei, Thalwil Sihlbogen, Zürich 10
Beispiele Europaallee Sulzerareal Werk 1 Glattpark Zürich Winterthur Opfikon Hürlimann-Areal Richti-Areal Giesserei Zürich Wallisellen Winterthur Limmatfeld Sihlcity Sihlbogen Dietikon Zürich Zürich Färberei Toblerstrasse Thalwil Zürich Legenden zu den Beispielen: ÖV-Güteklassen Dichteklassen (Regionalplanung Zürich u. U.) Klasse A (sehr gute ÖV-Erschliessung) bis F Dichte: (Einwohner + Arbeitsplätze) / Hektare Bauzone gemäss: Sehr hohe Dichte: > 300 http://www.geolion.zh.ch/ geodatensatz/show?nbid=1989 Hohe Dichte: 150 bis 300 Mittlere Dichte: 100 bis 150 Geringe Dichte: 50 bis 100 Geringe Dichte: < 50 11
Beispiele Beispiel Europaallee Zürich www. europaallee.ch 1980 Im Zentrum der Stadt Zürich entsteht mit der Europaallee ein multifunktionales und Beginn erster Planungen HB-Südwest urbanes Quartier, das als Bindeglied zwischen Innenstadt, Hauptbahnhof und den angrenzenden Wohnquartieren wirkt. Ein Mix aus Dienstleistungs-, Wohn-, Kultur- und 1996 Bildungsnutzungen sowie kommerziellen Angeboten sorgen für ein belebtes Umfeld. Einstieg der UBS als Investor; Umbenennung zu Eurogate, Hochwertige öffentliche Räume unterstützen dieses Ziel. Wohnüberbauung Lagerstrasse 2001 Was lange währt… zu 40 m ab. Die Qualität des Areals wird auch Aufgabe des Projektes Eurogate Das Projekt ist das Ergebnis eines wechsel- über die Gestaltung des öffentlichen Raums vollen Planungsprozesses. Die Planungen der definiert. Die Entwicklung richtet sich insbeson- 2003 80er- und 90er-Jahre sahen unter dem Namen dere an wertschöpfungsstarke Dienstleistungs- Beginn der Planungen für Stadtraum HB, städtebauliches HB-Südwest bzw. später Eurogate eine umfang- unternehmen, Kommerz und hochwertige Woh- Konzept durch KCAP reiche Überbauung der Gleisanlagen und die nungen. Darüber hinaus wurde ein Neubau für Wohnüberbauung Lagerstrasse vor. Eurogate die Pädagogische Hochschule (PH) realisiert. 2006 wurde von Teilen der Bevölkerung als «überris- Die Realisierung läuft sehr rasch ab. Beschluss Gestaltungsplan durch Gemeinderat sowie Zustimmung sen» beurteilt. Es waren unter anderem Wirt- des Stimmvolks schaftlichkeitsüberlegungen, die zum Abbruch Neuer Stadtteil am grössten der Planungen führten. 2003 wurde der Weg Bahnhof der Schweiz 2009 für einen Neustart frei: Die Planung des neuen Das Areal Europaallee liegt im Herzen Zürichs. Beginn der Bauarbeiten Baufelder A und C Quartiers Stadtraum HB, heute Europaallee, sah Die unmittelbare Nähe zum Hauptbahnhof Zü- von einer Überbauung der Gleise ab. rich sorgt für die bestmögliche Erschliessung 2012 mit dem ÖV: Nicht nur der internationale und Bezug Baufeld A Das Areal Europaallee befindet sich in der nationale Fernverkehr laufen dort zusammen, (u.a. Pädagogische Hochschule) Zentrumszone, was zusammen mit den Be- sondern auch 16 S-Bahnlinien sowie ein we- bis 2020 stimmungen des Gestaltungsplans eine Mi- sentlicher Teil des städtischen Tramnetzes. Da- Fertigstellung und schnutzung mit sehr hoher Dichte ermöglichte. rüber hinaus ist der Bahnhof Ausgangspunkt Bezug aller Baufelder Gegenüber dem Umfeld setzt es sich durch der Fussgängerzone zur Innenstadt. Die sehr eine städtebauliche Akzentuierung mit gross- hohe Erschliessungsqualität macht das Areal volumigen Gebäuden und Gebäudehöhen bis auch zum Bindeglied zwischen Bahnhof und Langstrassenquartier. Grundfläche: 78 000 m2 Geschossfläche: 300 000 m2 Einwohner: 1000 Beschäftigte: 6000 Studierende: 2500 Publikumsorientierte Fläche: 21 500 m2 Parkplätze: 650 Autofahrten pro Tag: 2100, 350 pro ha ÖV-Güteklasse: A Dichteklasse: sehr hohe Dichte (900) 12 Grundeigentümer: SBB, UBS
Beispiele Die Ausgangslage bezüglich Verkehr und Um- ist die Europaallee an die Hallengleise und die welt hat sich dadurch verbessert, dass das beiden Tiefbahnhöfe des Hauptbahnhofs ange- Briefverteilzentrum aus der Sihlpost auszog und bunden. Die neue Velostation am Europaplatz damit zahlreiche Lastwagenfahrten entfielen. und die Passerelle über die Gleise werden zu Auch wurden betrieblich notwendige Parkplätze zusätzlicher Attraktivität für den Fuss- und Velo- der SBB und der Post aus dem Areal verlagert. verkehr führen. Zur besseren Feinerschliessung in Richtung Langstrasse soll künftig die Buslinie Damit die grossen zusätzlichen Personenströ- 31 neu in der Lagerstrasse verkehren. me von Einwohnerinnen und Einwohnern und Beschäftigten das Verkehrsnetz nicht übermäs- Bis anhin zeigt sich, dass die Fussgängerströme sig belasten, konzentriert sich das Verkehrskon- stärker als erwartet sind. Wenn nach Eröffnung zept stark auf den öffentlichen Verkehr sowie des Tiefbahnhofs Löwenstrasse auch die gleis- den Fuss- und Veloverkehr. Parkplätze stehen seitigen Gebäude realisiert sind, könnte sich nur sehr wenige zur Verfügung. Kernstück ist die Querung der Fuss- und Veloverkehrsachse die Achse der Europaallee als neue Fussgän- Europaallee durch Autos und Anlieferungsfahr- gerzone. Über die ausgebaute Passage Sihlquai zeuge als problematisch erweisen. Das Filetstück schmeckt auch mit wenigen Parkplätzen «Wohnungskäufern zu sagen, dass Sie zu ihrer Dennoch: Mieterinnen und Mieter von Büroflä- Wohnung keinen eigenen Parkplatz haben kön- chen müssen leer schlucken, wenn sie realisie- nen, ist nicht einfach», sagt Andreas Steiger, Pro- ren, wie wenige Parkplätze sie zur Verfügung jektleiter für die Europaallee bei SBB Immobilien. haben. Abhilfe dafür bietet ein durchdachtes Dies seien jedoch Ausnahmefälle. Der Umgang Mobilitätsmanagement: Die Stadt und die SBB mit der tiefen Parkplatzzahl ist jedoch eine He- haben ein Paket von Massnahmen entwickelt, rausforderung: Auf 6000 Beschäftigte und 1000 welches Anreize für Verhaltensänderungen der Bewohnerinnen und Bewohner kommen maxi- Menschen schafft. Beispiele dafür sind Mobi- mal 650 Parkplätze. Denn der Autoverkehr, der lity-Parkplätze, ein Begrüssungsset mit Infor- vom Areal ausgeht, sollte im Stadtzentrum nicht mationen zum Verkehrssystem und Hausliefer- «Die sehr tiefe An- zu Problemen führen. Selbstverständlich waren dienste von Geschäften. zahl Parkplätze ist während der Planung längere Diskussionen zwi- bei der Vermietung schen SBB, Die Post und der Stadt nötig, bis Unter dem Strich erweist sich der Standort als zwar oft ein Thema, das richtige Mass gefunden war. Daran erinnert so attraktiv, dass der Mangel an Parkplätzen von aber am Schluss sich auch Andy Fellmann, Leiter Mobilität und den meisten Interessentinnen und Interessen- überzeugt die Verkehr beim städtischen Tiefbauamt: «An die- ten in Kauf genommen wird. «Wir haben kaum Standortqualität.» sem einmalig gut erschlossenen Standort kann Absagen wegen der Parkplätze», sagt Andreas eine starke Ausrichtung auf den öffentlichen Steiger. Das Gesamtpaket aus zentraler Lage, Andreas Steiger, Leiter Development Europaallee, Verkehr vorausgesetzt werden. Urbanität und ÖV-Erschliessung und den unterschiedlichsten SBB Immobilien die Funktionsfähigkeit der Überbauung hängen Nutzungen, die in Fussdistanz erreichbar sind, nicht a priori von der Autoerschliessung ab.» scheint zu überzeugen. Und so wird die Euro- paallee auch im Vollausbau die Strassen im Stadtzentrum nicht stärker belasten. 13
Beispiele Beispiel Sulzerareal Werk 1, Winterthur www.sulzerareal.ch 1988 Sulzer gibt Produktionsstandort Stadtmitte auf Das Werk 1 ist ein Teil des 22 Hektaren grossen Sulzerareals Stadtmitte. Seine Identität ist stark geprägt von der industriellen Vergangenheit. Nun soll auf dem Areal des Werk 1 90er-Jahre ein lebendiger und attraktiver Stadtteil entstehen, der sich an den Prinzipien der Nach- Zwischennutzungen nisten sich ein haltigkeit orientiert. Das gilt für die soziale Durchmischung, für die Energieversorgung und für die Bewältigung des Verkehrs, wo als wichtiges Instrument ein Fahrtenmodell 2001 bis 2009 zur Anwendung gelangt. Private Gestaltungspläne für die an das Werk 1 angrenzenden Bereiche 1 bis 3 Das ehemals industriell genutzte Sulzer-Areal Die angepasste Bau- und Zonenordnung der Stadtmitte, wo die Geschichte der Giesserei Stadt Winterthur und ein öffentlicher Gestal- 2009 der Gebrüder Sulzer 1834 begonnen hat, wird tungsplan setzen den rechtlichen Rahmen für Stiftung Abendrot übernimmt benachbartes Lagerplatzareal schrittweise in ein durchmischtes Stadtquartier die bauliche Entwicklung. Der zulässige Wohn- transformiert. Nach dem Ende der industriellen anteil bewegt sich zwischen 20 und 55 Prozent. 2010 Produktion 1988 entstanden zuerst Pläne für Falls Hochhäuser realisiert werden, ist ein hö- Leitbild für Werk 1 von Gigon Guyer als Ergebnis des Testpla- die Bereiche 1 bis 3 zwischen Gleisen und Zür- herer Wohnanteil möglich. Für weitere Baufelder nungsverfahrens cherstrasse, dann für das Lagerplatzareal und steht eine Nutzung durch die zhaw in Aussicht. das Werk 1. Die zentrale Lage des Standorts so Die bauliche Dichte kann gegenüber dem aktu- 2011 nahe beim Hauptbahnhof Winterthur macht ihn ellen Bestand etwa verdreifacht werden. Einstimmige Verabschiedung des städtischen Gesamtverkehrs- attraktiv für unterschiedliche Nutzungen. konzepts durch den Grossen Fahrtenbegrenzung zu Gemeinderat Vielfalt in grossen Baukörpern Spitzenverkehrszeiten 2013 Das Leitbild zeigt die mögliche Entwicklung für Das Areal befindet sich nahe am Hauptbahnhof Vorlage BZO-Teilrevision und Öffentlicher Gestaltungsplan das Areal Werk 1 auf. Grossvolumige Baukörper von Winterthur und ist mit ÖV, zu Fuss und mit «Werk 1» ergänzen die bestehenden Hallenbauten. Acht dem Velo hervorragend erreichbar. Die Zürcher- unterschiedlich grosse Baufelder mit je eigenen strasse, das Rückgrat der Strassenerschlies- Nutzungsvorstellungen geben dem Areal die sung, ist hingegen bereits stark mit Verkehr räumliche Struktur. Bereits neu genutzt sind die belastet. Diese Erkenntnis stellte die Planung Baufelder 7 und 8 (Technopark und Geschäfts- für das Areal Werk 1 vor eine grosse Heraus- haus Drehscheibe). In den Baufeldern 1 und 4b forderung. sind drei Hochhäuser möglich. Grundfläche: 61 000 m2 Geschossfläche: 148 000 m2 (inkl. Hochhäuser) Einwohner: 500 bis 1000 Beschäftigte: 5000 Parkplätze: 786 (inkl. Bestand) Autofahrten pro Tag: 2400, 400 pro ha ÖV-Güteklasse: A Dichteklasse: sehr hohe Dichte (900) Grundeigentümerin: Implenia 14
Beispiele Wie im Rest des Sulzerareals gilt für das Uhr an Samstagen dürfen höchstens 200 Zu- Werk 1 das «Altstadt-Prinzip»: Das Gebiet steht und Wegfahrten pro Stunde erfolgen. Wenn die vornehmlich dem Fuss- und Veloverkehr zur Zürcherstrasse am stärksten durch den Auto- Verfügung. Der Motorfahrzeugverkehr wird auf verkehr belastet ist, soll der zusätzliche Verkehr Garagenzufahrten und Anlieferung beschränkt. des Areals Werk 1 den Verkehrsfluss nicht be- Oberirdische Parkplätze werden nicht angebo- einträchtigen. Damit wird auch sichergestellt, ten. dass die Zu- und Wegfahrten von der Zürcher- strasse aufgenommen werden können und die Mit höchstens 630 Parkplätzen für die Baufelder Erreichbarkeit des Areals gewährleistet ist. Ein 1 bis 6 ist das Parkplatzangebot vergleichswei- Mobilitätsmanagement muss aufzeigen, wie se niedrig. Dennoch ist es notwendig, zusätz- die Mobilitätsbedürfnisse der Nutzerinnen und lich das Verkehrsaufkommen zu begrenzen: Von Nutzer unter diesen Voraussetzungen befriedigt 16 bis 19 Uhr an Werktagen und von 11 bis 15 werden können. Den letzten beissen die Hunde «Heute würden den Bereichen 1 bis 3 des Sul- te. Die Beschränkung der Parkplatzzahl allein zerareals Stadtmitte wohl nicht mehr so viele würde nicht reichen, um den Verkehrsfluss auf Parkplätze zugestanden», sagt Nicolas Perrez der Zürcherstrasse zu garantieren. Die Fahrten- vom Winterthurer Amt für Städtebau. Als die er- regelung bezieht sich auf die Tageszeiten, zu sten Gestaltungspläne für diesen Teil des Areals denen die Verkehrsbelastung besonders hoch 2001 unterzeichnet wurden, stand man noch am ist: im abendlichen Spitzenstundenverkehr und Anfang der Entwicklung des Sulzerareals. Die Samstagmittag. Wird die Zahl von 200 Zu- oder Stadt und Sulzer vereinbarten einen Rahmen Wegfahrten pro Stunde überschritten, wird von von insgesamt 1300 Parkplätzen für die Be- der Grundeigentümerschaft eine Abgabe pro reiche 1 bis 3. Für andere Teile des Gesamtare- überzählige Fahrt erhoben und in letzter Konse- «Der Erfolg des als gab es noch keine konkreten Nutzungsvor- quenz droht der Abbau von Parkplätzen. Sulzerareals Stadt- stellungen und damit auch keine Gesamtschau. mitte soll nicht dazu Bei der Planung des Areals Werk 1 zehn Jahre Bei den Vorhaben im benachbarten Bereich der führen, dass die später zeigte sich, dass es eng wird mit der Ver- Hallen 52/53 wird aufgrund einer Vereinbarung Zürcherstrasse ihre kehrskapazität der Zürcherstrasse. zwischen Stadt und Implenia auf ca. 300 Park- Aufgabe als Rückgrat plätze verzichtet. Damit reduziert sich die Park- der Erschliessung Dabei hatten die Verantwortlichen Glück mit platzzahl für die Bereiche 1 bis 3 auf ca. 1000. nicht mehr erfüllen dem benachbarten Lagerplatzareal. Die Stiftung Diese Reduktion ist zwingende Voraussetzung kann.» Abendrot, die dieses Areal 2009 übernommen dafür, dass die Regelungen für das Areal Werk hat, möchte Nischen für Kleingewerbe, Freizeit, 1 ausreichen. So kann zum Schluss dort eine Nicolas Perrez, Amt für Städtebau Stadt Winterthur Kunst und Kultur erhalten und plant höchstens Korrektur angebracht werden, wo zu Beginn der 350 Parkplätze. Planung aus heutiger Sicht eher grosszügig mit der freien Verkehrskapazität umgegangen wor- Dennoch war für die Stadt klar, dass der Gestal- den war. tungsplan für das Areal Werk 1 auch eine Rege- lung des Fahrtenaufkommens umfassen muss- 15
Beispiele Beispiel Glattpark, Opfikon www.glattpark.ch 1938 und später Bereits über 70 Jahre ist es her, dass der Planungsstart für die Bebauung des dama- Landerwerb durch Stadt Zürich, Erstellung Kläranlage, Zivilschutz- ligen Oberhauserriets in Opfikon erfolgte. Erst die Volksabstimmung im Jahr 1991 zentrum, Asylantenheim etc. ebnete jedoch den Weg für eine massvolle, finanziell verkraftbare, umwelt- und sozial- verträgliche Entwicklung – und damit dem heutigen Stadtteil Glattpark. Seit 2002 wird 1952 / 1961 gebaut und Raum geschaffen für mindestens 6000 Bewohnerinnen und Bewohner und Einleitung Quartierplanverfahren / Genehmigung Zonenplan mit bis zu 10 000 Beschäftigte. Verkehrliche Überlegungen waren bei der Planung zentral. grosszügigem Industriebereich 1986 bis 1988 Das früher «Oberhauserriet» genannte Gebiet wicklung unter anderem auf die Kapazitäten des Sistierung Quartierplan / Auftrag für Neuplanung / Volksinitiative zur zwischen der Stadt Zürich und dem Zentrum Verkehrssystems abstimmen. Die Neuplanung Schaffung einer Reservezone im Opfikons war eine der grössten Siedlungsre- mündete in den Gegenvorschlag «revidierte Oberhauserriet serven im Norden Zürichs. Der starke Entwick- Richt- und Nutzungsplanung im Oberhauser- 1991 lungsdruck während der Hochkonjunkturphase riet», der 1991 von den Stimmberechtigten an- Volksabstimmung: Ablehnung Volksinitiative und Annahme des der 80er-Jahre trieb die Preise in die Höhe. Es genommen wurde. Gegenvorschlags Gesamtplanung wurde von der «teuersten Wiese Europas» ge- Oberhauserriet sprochen. Die Behörden befürchteten ungün- Die Neuplanung beinhaltete die Änderung der 1992 bis 2000 stige Auswirkungen des enormen Wachstums Bau- und Zonenordnung (BZO) und den Erlass Ausarbeitung Quartierplan auf Basis der neuen Sonderbauvor- auf Verkehr und Umwelt. Insbesondere an der von Sonderbauvorschriften. Sie ermöglichte schriften Thurgauerstrasse rechneten sie mit einem Ver- den Grundeigentümern eine auf zwei Drittel der kehrskollaps. Fläche beschränkte, aber verdichtete Überbau- 2002 bis 2009 ung. Ein Drittel der Fläche blieb einem öffentlich Erste Revision BZO und Sonder- bauvorschriften / Erste Bauetappe Planung im Wandel der Zeit zugänglichen Park vorbehalten. Ziel war ein be- Glattpark Vor diesem Hintergrund wurde 1988 eine Volk- lebtes, durchmischtes Quartier mit Wohn- und sinitiative zur Schaffung einer Reservezone im Dienstleistungsnutzungen, das in drei Etappen 2011 Oberhauserriet lanciert. Kurz zuvor hatte die entstehen sollte. Zur Erlangung der Baureife Zweite Revision von BZO und Son- derbauvorschriften / Teilrevision Stadt Opfikon die Neuplanung für das Gebiet an wurde ein Quartierplan erarbeitet. Wegen ver- Quartierplan die Hand genommen. Diese sollte dessen Ent- schiedener Rekurse konnte der Quartierplan erst im Jahr 2000 in Kraft gesetzt werden. 2011 bis ? Zweite Bauetappe Glattpark Grundfläche: 674 000 m2 Park mit See: 205 000 m2 Nutzfläche: 514 000 m2 Einwohner: 6000 bis 7000 Beschäftigte: 7000 bis 10 000 Parkplätze: 4800 bis 5200 Autofahrten pro Tag: 12 000 bis 13 000 185 pro ha ÖV-Güteklasse: A, B Dichteklasse: hohe Dichte (200 bis 250) Grundeigentümer: 25, Stadt Zürich als grösste Grundeigentümerin 16
Beispiele Konzeptwechsel auch Die Aufgabe der zentralen Parkhäuser und die beim Verkehr daraus resultierende Verteilung der Parkplätze Das Strassennetz im Umfeld des Oberhauser- auf die einzelnen Baufelder machten Anpas- riets war bereits in den 80er-Jahren mit viel sungen am Verkehrsregime notwendig. Verkehr belastet. Die Neuplanung legte die Grundlagen für ein reduziertes Aufkommen an Mit der Veränderung des Nutzungsmixes hin motorisiertem Individualverkehr. Für die Dienst- zu mehr Wohnraum wären deutlich mehr Park- leistungsnutzungen blieb man mit 1300 bis 1500 plätze entstanden, da pro Wohnung 1 Parkplatz Parkplätzen um zwei Drittel unter den Wer- zulässig war. Um das Verkehrssystem nicht zu ten der gültigen kommunalen Regelung. Diese gefährden, wurde mit einer Revision der BZO Parkplätze sollten in zwei zentralen Parkhäusern und der Sonderbauvorschriften 2011 die Zahl am nördlichen und südlichen Rand des Gebiets der zulässigen Parkplätze für die Wohnnutzung untergebracht werden. Eine Monorail-Bahn hät- in Teilbereichen um 50 Prozent reduziert. te sie miteinander verbunden. Die Rahmenbedingungen für das Gebiet haben Während sich der Baubeginn verzögerte, verän- sich auch durch den Bau der Glattalbahn (Tram- derten sich die Rahmenbedingungen: Der Markt linien 10, 11 und 12) fundamental verbessert. Die verlangte Ende der 90er-Jahre keine Dienstlei- Buslinie 781 sichert die Feinerschliessung im stungsflächen mehr, sondern Wohnraum. Des- Innern des Gebiets. Noch nicht ausgereift sind halb verlangten die Grundeigentümer einen Ver- hingegen die Anschlüsse an das übergeordnete zicht auf das Konzept der Sammelparkhäuser. Weg- und Veloroutennetz. Marschhalt zwischen Bauetappen zur kritischen Reflexion «Kreative Zwischenstopps zwischen den Etap- reitschaft der Grundeigentümer, dem Nutzungs- pen von grösseren Entwicklungsprojekten bie- wandel sowie bestehender Finanzierungs- ten die Möglichkeit, kritisch auf die gesteckten schwierigkeiten sistiert worden. Gleichzeitig Projektziele und die Rahmenbedingungen zu hatte sich die Nachfrage der Zuzügerinnen und schauen und zu beurteilen, ob das gewählte Zuzüger nach Parkplätzen verringert. Nicht nur Vorgehen weiterhin sinnvoll und zielführend ist», in der Stadt Zürich, auch im Gebiet Glattpark erläutert Stephan Schubert von Planpartner. Im benötigt nicht mehr jede Wohnung einen Park- Glattpark kam es zu diesem «kritisch-kreativen platz. Die Ziele für Parkierung und Nutzungsmix Zwischenstopp», nachdem die erste Bauetappe sowie der Umgang mit der Wohnnutzung muss- schnell überbaut war und den Beteiligten kaum ten neu definiert werden. Der Prozess mündete «Mitte der 80er-Jah- Zeit zur Reflexion gelassen hatte. 2011 in der Anpassung von BZO und Sonder- re befürchtete die bauvorschriften, mit denen der Parkplatzbedarf Stadt Opfikon den Mit der Neuplanung Ende der 80er-Jahre war für Wohnungen stark reduziert wurde. Verkehrskollaps.» das Gebiet überhaupt erst für die Wohnnutzung geöffnet worden. In den 90er-Jahren brach der Gerade angesichts des langen Planungspro- Walter Gottschall, dipl. Arch. ETH/SIA, lic.phil.I Markt für Dienstleistungsflächen so stark ein, zesses in Glattpark bewährte sich das Einle- dass in der ersten Etappe deutlich mehr Wohn- gen eines Marschhaltes. Korrigierende Eingriffe raum erstellt wurde als geplant. in das Planungswerk ohne Marschhalt wären kaum möglich gewesen. Die Änderungen wur- Mit der kritischen Reflexion zwischen der ersten den jedoch mit Blick auf die Planungssicherheit und zweiten Etappe wurde die bestehende Par- der Grundeigentümer sorgfältig abgewogen. kierungssituation neu beurteilt. Die Realisierung der Parkhäuser war aufgrund der fehlenden Be- 17
Beispiele Beispiel Hürlimann-Areal, Zürich www.huerlimann-areal.ch 1996 Die 1836 gegründete Brauerei der Familie Hürlimann etablierte sich ab 1880 als grösste Einstellung des Brauereibetriebs Brauerei der Schweiz. Durch die Marktliberalisierung bedrängt, musste sie 1996 den 1997 bis 1998 Betrieb einstellen. Übrig blieb eine grosse, innerstädtische Industriebrache. Mit einem Entwicklungsleitbild (Althammer + Hochuli, Volk, Architekten) Gestaltungsplan konnte 2003 die Umnutzung und Erneuerung des Hürlimann Areals zü- gig vorangetrieben werden. Heute präsentiert sich das Areal mit attraktiver Mischnut- 2000 zung in alten und neuen Gebäuden. Inkrafttreten Gestaltungsplan 2001 Baubeginn auf den ersten Baufeldern In einem kooperativen Planungsverfahren erar- Von der Bierbrauerei zum beiteten die Hürlimann Immobilien AG als dama- Stadtquartier 2003 lige Grundeigentümerin und das Amt für Städte- Über eine Dauer von zehn Jahren wurden be- Pläne der Migros für ein Erlebnisthermalbad «Aqui Park» bau der Stadt Zürich ein Entwicklungsleitbild für stehende Gebäude umgebaut und Neubauten die Industriebrache der ehemaligen Brauerei. erstellt. Wo früher Bier gebraut wurde, wird nun 2006 Auf der Basis von städtebaulichen Entwürfen gewohnt, gearbeitet, eingekauft und gebadet. Migros verwirft Pläne für «Aqui Park» sollte das Hürlimann Areal in die Stadt integriert Im Nordwesten stehen stattliche Wohnhäuser werden. Der Gestaltungsplan liess einen Wohn- inkl. Altersresidenz, im Südwesten das erhöht 2008 anteil von 25 Prozent sowie mässig störende gelegene Themalbad & Spa Zürich mit Hotel und Eröffnung des Thermalbad & Spa Zürich Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe zu. Nach dazwischen Gewerbenutzungen sowie grosse nur vier Jahren Planungszeit konnten bereits die Bürobauten. Unter anderem befinden sich hier 2010 ersten Bauten in Angriff genommen werden. 1100 Arbeitsplätze von Google. Bezug der letzten realisierten Gebäude Bei der Transformation der Industriebrache zum Areal nahm der Erhalt zentraler historischer Ge- Spagat zwischen Zentrums- bäude eine wichtige Rolle ein. Die Backstein- und Randlage bauten der Brauereieinrichtungen sind charak- Das Hürlimann Areal liegt nur wenige hundert terstiftend für das gesamte Areal. Meter von zwei S-Bahnstationen (Bahnhof Enge, Bahnhof Giesshübel) und einer Tramhal- testelle (Waffenplatzstrasse) entfernt. Trotzdem ist es durch eine Art innerstädtischer Randlage geprägt, da die SZU-Gleise entlang der Sihl das Grundfläche: 64 000 m2 Geschossfläche: 87 000 m2 Einwohner: 300 Beschäftigte: 2600 Publikumsorientierte Fläche: Verkauf, Thermalbad Parkplätze: 429 Autofahrten pro Tag: 1852 bis 2970 290 bis 465 pro ha ÖV-Güteklasse: A, B Dichteklasse: sehr hohe Dichte (450) 18 Grundeigentümer: PSP Swiss Property, Stockwerkeigentümer
Beispiele Areal auf der ganzen Längsseite begrenzen. Die dung, dass die Groberschliessung des Areals SZU-Haltestelle wird von einer Buslinie von un- mit drei Bahnhöfen im Umkreis von 750m be- tergeordneter Bedeutung bedient. reits gewährleistet sei. Mit der Umnutzung des Hürlimann-Areals hat Für den motorisierten Individualverkehr ist das die Stadt zwei neue Fussgänger- und Velobrü- Areal nur über einen Zugang von der Brand- cken über die Sihl und die SZU-Gleise gebaut. schenkestrasse her erreichbar. Die Parkplätze Die 2005 eröffneten Brücken (Hertersteg, Her- sind auf Basis des Umweltverträglichkeitsbe- terbrücke) dienen der Erschliessung des Areals richts und des angenommenen Nutzungsmixes und schaffen eine öffentliche Fussgänger- und auf 429 begrenzt. Die Regelungen des Gestal- Veloverbindung. Ein neuer Liftturm verbindet die tungsplanes wurden gegenüber der Parkplatz- Berganlage mit dem tiefer gelegenen Sihlufer- verordnung der Stadt verschärft, indem im Ge- weg und der S-Bahnstation Giesshübel. staltungsplan das Reduktionsgebiet C gemäss Parkplatzverordnung zugrunde gelegt wurde, Um die ÖV-Erschliessung zu verbessern, schlug obschon das Gebiet eigentlich im Reduktions- die Stadt eine neue SZU-Haltestelle beim Hürli- gebiet D liegt. Grund dafür war für die Stadt mann Areal vor. Der Kanton sprach sich jedoch die beschränkte Verkehrskapazität des umlie- dagegen aus, einerseits aus wirtschaftlichen genden Strassennetzes. Die heute realisierten Überlegungen, andererseits mit der Begrün- Nutzungen nehmen mit ihrem Verkehrsaufkom- men auf diese Situation Rücksicht. Verkehrsintensive Nutzung droht den Rahmen zu sprengen Eine weit über die Region hinausreichende At- «Die Stadt schlug die Einrichtung eines Fahrten- traktion plante die Migros Zürich mit dem «Aqui modells vor, womit die zur Verfügung stehenden Park» auf dem Hürlimann Areal. Das Mineral- Parkplätze flexibler nutzbar geworden wären», und Thermalwasser wäre nicht nur in einer tradi- sagt Christoph Suter, Projektleiter beim Tiefbau- tionellen Bad- und Saunalandschaft mit Freibad amt der Stadt Zürich. Aufgrund der komplexen auf dem Dach, sondern auch in einem Innenbad Eigentümerstruktur erwies es sich jedoch als zu für ein junges Publikum genutzt worden. Die Mi- schwierig, das Fahrtenmodell im Nachhinein zu gros rechnete mit 500 000 Besucherinnen und etablieren. Besuchern pro Jahr. Die verkehrliche Erschliessung und das Park- «Die Parkierungs- So wünschenswert für verkehrsintensive Ein- platzangebot blieben für einen Publikumsma- vorschriften im Ge- richtungen ein zentraler, gut erschlossener gneten vom Kaliber des «Aqui Park» unzurei- staltungsplan hatten Standort ist, stellte das Projekt doch alle Pla- chend. Die Migros liess das Projekt fallen. Die grossen Einfluss auf nungsbeteiligten vor eine grosse Herausfor- heutige Eigentümerin PSP Swiss Property ver- die heutige Nutzung.» derung: Zu diesem Zeitpunkt waren die ersten anstaltete daraufhin einen Ideenwettbewerb Baufelder bereits überbaut und weitere stan- und entschied sich für die Nutzungskombina- Thomas W. Kraft, Direktor, Asset Manager PSP Swiss den in Realisierung. Ein Grossteil der zuläs- tion Thermalbad /Hotel. Das Bad liess sich im Property sigen Parkplätze war damit bereits zugeteilt. Rahmen des rechtsgültigen Gestaltungsplans Die Grundeigentümer konnten dem «Aqui Park» realisieren. Es positioniert sich als modernes nicht so viele Parkplätze zur Verfügung stellen, Thermalbad für den Grossraum Zürich ohne wie gemäss Berechnungen erforderlich gewe- Fun- und Kidsangebote. Dennoch ist die Besu- sen wären. Eine Anpassung der Bestimmungen cherzahl mit jährlich rund 150 000 beachtlich. des Gestaltungsplans wollten sie vermeiden, da dies grosse Verfahrensrisiken mit sich gebracht hätte. 19
Beispiele Beispiel Richti-Areal, Wallisellen www.richti.ch bis 1989 Die 2014 fertiggestellte Überbauung des Richti-Areals hat ein dichtes, gemischt ge- Beton- und Zementwarenfabrik Favre nutztes Quartier hervorgebracht. Die Blockrandbebauung schafft klar definierte Innen- und Aussenräume. Die Durchlässigkeit des Gebiets und der einzelnen Blöcke sowie die 1990 bis 1993 Verbindung zwischen Bahnhof Wallisellen und Einkaufzentrum Glatt prägen das Areal. Architekturwettbewerb und Projekt für Bankenzentrum Arkaden und ein zentraler Platz werten den neuen öffentlichen Raum auf. 2001 Übernahme von 1/3 des Grund- stücks durch Allreal, Überarbei- Seit Ende der 80er-Jahre entstanden unter- Die insgesamt sieben Gebäude dienen in erster tung Projekt schiedliche Projekte zur Entwicklung des ehe- Linien Wohn- und Dienstleistungsnutzungen, mals industriell genutzten Gebiets zwischen wobei im Norden und Westen Wohnen den 2004 Bahnhof Wallisellen und Glattzentrum. Sowohl Schwerpunkt bildet und im Süden die Dienst- Baubewilligung erlischt ungenutzt ein Projekt mit architektonischen Grossformen leistungsnutzung. Der Gestaltungsplan definiert für ein Bankenzentrum als auch eine Überbau- das Ausmass der Wohn- und der Verkaufsnut- 2006 ung mit mehreren Hochhäusern wurden nicht zung über Bandbreiten. Wichtiger Bestandteil Implenia plant neun Hochhäuser weiterverfolgt. Eine Lösung fand sich erst nach des Bebauungskonzepts ist die Publikumsori- 20 Jahren Planungszeit. Allreal, Entwicklerin entierung der Erdgeschosse entlang der über- 2007 bis 2008 und inzwischen auch Grundeigentümerin des geordneten öffentlichen Räume – dort, wo mit Allreal kauft Rest des Areals. Test- planungsverfahren, Richtprojekt ganzen Gebiets, realisierte mit dem Richti-Areal ausreichenden Fussgängerfrequenzen zu rech- (Prof. Lampugnani) und UVB ein Stadtquartier mit gemischter Nutzung. nen ist. Läden haben sich im Quartier angesie- delt. Arkaden unterstreichen die Bedeutung des 2009 Urbane Insel an guter Lage öffentlichen Raums als Aufenthaltsort. Gestaltungsplan tritt in Kraft Eine hohe bauliche Dichte liess sich durch die Blockrandstruktur und ein Hochhaus erreichen. Städtisches Verkehrskonzept 2010 bis 2014 Damit hebt sich das Areal deutlich von seinem für ein neues Quartier Realisierung Umfeld ab. Die grosszügige Richtiarkade und Das Richti-Areal verbindet die beiden Knoten- eher schmale untergeordnete Strassen durch- punkte Bahnhof Wallisellen und Glattzentrum ziehen das Innere des Quartiers. Die öffentlich durch eine zentrale Achse, die Richtiarkade. Mit zugänglichen Innenhöfe der Blöcke weit gefasst. der Glattalbahn (Tramlinie 12), den zwei regio- Grundfläche: 72 000 m2 Geschossfläche: 180 000 m2 Einwohner: 1200 Beschäftigte: 3500 Publikumsorientierte Fläche: 3740 m2 Parkplätze: 1090 Autofahrten pro Tag: 3600 bis 4400 500 bis 600 pro ha ÖV-Güteklasse: A Dichteklasse: sehr hohe Dichte (650) 20 Grundeigentümer: Allreal, Stockwerkeigentümer
Beispiele nalen Buslinien und dem Bahnhof Wallisellen Durchgangsverkehr durch das Quartier wird verfügt das Areal über eine sehr gute ÖV-Er- durch eine Hierarchisierung des Strassennetzes schliessung. vermieden – jedoch ohne dass die Erschlies- sungsqualität für die Nutzerinnen und Nutzer Die Anzahl Parkplätze wurde nach der kanto- geschmälert würde: Die leistungsfähigen Stras- nalen Wegleitung bestimmt und liegt tiefer, als sen umfahren das Areal. An ihnen liegen die nach den gültigen kommunalen Regelungen meisten Zufahrten zu den Tiefgaragen der Blö- möglich wäre. In der Ausführung wurde die cke. Die siedlungsorientiert gestaltete Richtiar- Anzahl Parkplätze gegenüber dem Gestal- kade durchquert das Quartier als Hauptstrasse. tungsplan nochmals reduziert. Parkplätze für Von ihr gehen schmalere Erschliessungsstras- Besucherinnen und Besucher sind teilweise sen aus, die für den Fuss- und Veloverkehr at- oberirdisch im Strassenraum angeordnet. traktiv sind. Ein Stück Innenstadt ausserhalb von Zürich «Wenn wir mit Interessentinnen und Interessen- zungen waren Teil des Bebauungskonzepts, ten aus Zürich sprechen, so können wir ihnen aber damit diese kostendeckende Mietpreise mehr Parkplätze als in der Zürcher Innenstadt zahlen können, müssen sie an den am stärksten anbieten», erzählt Nigel Woolfson, Leiter Pro- frequentierten Lagen angeordnet sein, meint Ni- jektentwicklung bei Allreal. Zuzügerinnen und gel Woolfson. Zuzüger aus Zürich sind sich eher tiefe Park- platzzahlen gewohnt und haben ihr Mobilitäts- Auf dem Richti-Areal ist ein Quartier entstan- verhalten entsprechend angepasst. Hingegen den, das an ein Stück der Zürcher Innenstadt kommen Interessenten aus der Agglomeration erinnert. Das zeigt sich auch bei der Erschlies- die Anzahl Parkplätze tief vor. sung. Nach dem Prinzip einer Ringerschlies- «Die sehr gute Anbin- sung von aussen entstehen im Inneren Stras- dung an den öffent- «Die Erstvermietung ist gut gelaufen, wir haben senräume mit einer hohen Aufenthaltsqualität. lichen Verkehr trägt aber wegen der Parkplätze auch Mietinteres- Dies hilft, dass die für die Geschäfte notwen- viel zur Attraktivität senten verloren», ergänzt Marcel Meier von Si- dige Belebung mit Fussgängerinnen und Fuss- des Richti-Areals denzia, dem Immobilienmanager des Quartiers. gängern zustande kommt. Im neuen Quartier bei.» Der Standort und die städtebauliche Lösung wurde auch der Gestaltung der Strassenräume erweisen sich aber als so attraktiv, dass keine viel Aufmerksamkeit geschenkt, insbesondere Nigel Woolfson, Leiter Projekt- entwicklung Allreal Vermietungsprobleme drohen. An weniger privi- bei der Richtiarkade. Mittels Arkaden, Alleebäu- legierten Standorten wäre wohl mit wirtschaftli- men und unterschiedlicher Strassenbeläge soll chen Einbussen zu rechnen. der Eindruck der Urbanität zusätzlich verstärkt werden. Einzelne Ladenbesitzer klagen über einen Man- gel an oberirdischen Parkplätzen für Besucher innen und Besucher. Publikumsorientierte Nut- 21
Beispiele Beispiel Giesserei, Winterthur www.giesserei-gesewo.ch 1958 bis 1993 Im letzten Jahrhundert wurden in der Giesserei Winterthur noch Motorblöcke für Betrieb der Grossgiesserei Sulzer am Standort Schiffsmotoren, Turbinenräder für Kraftwerke, Pumpenteile oder Lokomotivräder ge- gossen. Heute steht dort eine Siedlung, die gleich in verschiedener Hinsicht Aufsehen 2002 erregt: Mit der Giesserei im neu entstehenden Winterthurer Stadtteil Neuhegi wurde ein Städtebaulicher Rahmenplan, Sulzer Areal, Oberwinterthur, genossenschaftlich organisiertes, komplett selbstverwaltetes Mehrgenerationenhaus Dürig AG realisiert. Und als Velo-Siedlung ist sie weitgehend autofrei. 2005 Hans Suter sucht via Inserat nach Interessenten für ein selbstver Geeigneter Standort für Die Architekten realisierten 155 Wohneinheiten waltetes Mehrgenerationenhaus ambitioniertes Projekt für unterschiedliche Bedürfnisse und Lebens- Ein Mehrgenerationenhaus, dessen Bewohne- phasen. Die Einwohnerinnen und Einwohner 2006 rinnen und Bewohner es selbst verwalten – die- müssen ihr Miteinander selber regeln. So wäh- Gründung Verein Mehrgenerationenhaus se Vision schwebte dem Architekten Hans Suter len sie auch Neumieter selbst aus. Die Siedlung vor. 2005 schaltete er ein Inserat, um weitere bietet öffentlich zugängliche Infrastrukturen wie 2007 Interessierte zu finden. Die Resonanz war gross. eine Bibliothek oder ein Restaurant und trägt Verhandlungen mit Sulzer Immobilien für Übernahme ihres 23 Personen gründeten 2006 zusammen mit damit zur Identität des Quartiers bei. ehemaligen Standorts Suter den Verein Mehrgenerationenhaus. Als schwierig erwies sich die Suche nach einem ge- Pionierleistung für autofreies 2008 bis 2009 eigneten Grundstück. Nach zwei Jahren wurde Wohnen Architekturwettbewerb: Projekt von Galli Rudolf Architekten der Verein im Winterthurer Stadtteil Neuhegi auf Die Siedlung Giesserei Winterthur liegt prak- einer Parzelle der ehemaligen Sulzer Grossgies- tisch in der Mitte zwischen den S-Bahnstationen 2010 serei fündig. Das Areal war allerdings dreimal so Oberwinterthur und Winterthur Hegi. Letztere Baubewilligung rechtskräftig gross wie gewünscht. Plötzlich waren über 150 wurde erst 2006 zur besseren Erschliessung 2013 Wohnungen realistisch. Die Angliederung an die des Entwicklungsgebiets Neuhegi in Betrieb Bezug der Mehrgenerationen siedlung Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen genommen. Beide sind für die Entwicklung des (Gesewo) sicherte dem Verein Zugang zu pro- Stadtteils Neuhegi von herausragender Bedeu- fessionellem Wissen im Bereich des selbstver- tung. Eine Bushaltestelle in der Nähe der Sied- walteten Wohnens. lung besteht, das Angebot befindet sich jedoch noch im Aufbau. Grundfläche: 10 000 m2 Geschossfläche: 29 400 m2 Einwohner: 280 Beschäftigte: 25 Publikumsorientierte Fläche: 1400 m2 Parkplätze: 30 Autofahrten pro Tag: 60, 60 pro ha ÖV-Güteklasse: B, C Dichteklasse: hohe Dichte (300) Grundeigentümerin: Genossenschaft für 22 selbstverwaltetes Wohnen (Gesewo)
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