Hochschulbeschäftigte in der Coronapandemie - TU ...
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Originalarbeit Präv Gesundheitsf Kathrin Allgayer1 · Carolin Bäßler1 · Regina Jutz2 · Marlen Niederberger1 https://doi.org/10.1007/s11553-021-00898-x 1 Forschungsmethoden in der Gesundheitsförderung und Prävention, Pädagogische Hochschule Eingegangen: 12. April 2021 Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd, Deutschland Angenommen: 5. August 2021 2 Abteilung Soziologie, Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd, Deutschland © Der/die Autor(en) 2021 Hochschulbeschäftigte in der Coronapandemie Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Hochschulbeschäftigten mit Kind(ern) im Kita- und Grundschulalter Die Coronapandemie und deren Befunde zeigen, dass coronabedingte Berliner Hochschule geben 71 % der Leh- Schutzmaßnahmen bestimmen in Veränderungen insbesondere für be- renden im Sommersemester 2020 an, ei- den Jahren 2020/21 das öffentliche rufstätige Eltern herausfordernd sind. ner starken allgemeinen Belastung aus- und private Leben in Deutschland. Vor allem während der zwei Lockdowns gesetzt zu sein [1]. Inwieweit sich diese Durch die Schließungen von Ki- (03.–06.2020 und 12.2020–02.2021), in Folgen insbesondere auf Hochschulbe- tas und Schulen sind insbesondere denen bundesweit Schulen und Kitas schäftigte mit Kind(ern) auswirken, wird berufstätige Eltern einer Mehrbe- geschlossen wurden, waren Eltern einer im vorliegenden Forschungsprojekt un- lastung im Alltag ausgesetzt [8]. Mehrbelastung im Alltag ausgesetzt und tersucht. Dem ganzheitlichen Gesund- Berufliche Rahmenbedingungen gezwungen, bspw. durch Homeschooling heitsverständnis der Weltgesundheitsor- können diese abfangen oder verstär- zusätzliche Aufgaben zu bewältigen [2, ganisation folgend, werden dabei soziale, ken [4]. In der vorliegenden Studie 10]. Diese Belastungsfaktoren erzeugen physische und psychische Aspekte erho- werden die Auswirkungen der Coro- nach bisherigen Befunden verschiedene ben [26]. napandemie auf die Gesundheit und psychische, soziale und physische Ge- das Wohlbefinden von Hochschul- fährdungen [20]. Eltern mit Kindern Methodik beschäftigten mit Kind(ern) im Kita- unter 6 Jahren erleben in der Corona- und Grundschulalter vorgestellt. pandemie verglichen mit Eltern älterer Studiendesign Kinder einen stärkeren Rückgang der Hintergrund allgemeinen Lebenszufriedenheit [8]. Die Studie wurde als quantitative On- Die Situation erscheint für Beschäftig- line-Befragung konzipiert und durch vier Die Coronapandemie erweistsich2020/21 te in nicht-systemrelevanten Berufen Strategien entwickelt: für die gesamte deutsche Bevölkerung belastend, weil sie in den meisten Bun- 1. Nutzung etablierter Items zur Mes- als multidimensionaler Stressfaktor, wel- desländern im ersten Lockdown keinen sung von Gesundheit und Wohl- cher auch negative Auswirkungen auf und im zweiten Lockdown nur unter be- befinden: WHO (fünf)-Fragebogen die Gesundheit derer hat, die nicht stimmten Bedingungen einen Anspruch zum Wohlbefinden [17], sozioöko- an COVID-19 („coronavirus disease auf eine Notbetreuung hatten [10]. nomisches Panel [9], Fragebogen 2019“) erkranken [12]. Sie gehen u. a. zum aktuellen körperlichen Wohl- aus Einschränkungen sozialer Kontakte, Corona und Hochschul- befinden [6] sowie zum allgemeinen geringem Kontrollerleben sowie gerin- beschäftigte habituellen Wohlbefinden [27]. ger Selbstwirksamkeitserwartung hervor 2. Sichtung aktueller Studien zur Ge- [2]. Belastungen entstehen auch auf- Internationale und nationale Studien be- sundheit von Beschäftigten in der grund notwendiger Schutzmaßnahmen legen Folgen der Coronapandemie auf die Coronapandemie, und Regelungen im Arbeitskontext [13]. Arbeitsproduktivität, die Arbeitsplatzge- 3. Durchführung fünf qualitativer Diese Maßnahmen können sekundäre staltung und die Gesundheit der Hoch- Expert*inneninterviews aus dem Gefährdungen hervorrufen, was für die schulbeschäftigten [16, 24]. So zeigt eine Kontext Hochschule, Themen Homeoffice/Telearbeit [15] mit repräsentative Studie aus Großbritanni- 4. partizipative Entwicklung des Frage- zunehmender Entgrenzung von Arbeit en, dass 66 % in dieser Zeit ein hohes bogens mit Praxispartner*innen aus und Familie belegt ist [3]. Stresslevel angeben [25]. Auch an einer den Bereichen Gleichstellung, Ge- Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit Tab. 1 Deskriptive Beschreibung der Be- Anteile an weiblichen Promovierenden abweichender Berechnungen können fragten (Anteile in Klammern; n =1104) und Beschäftigten deuten strukturelle keine Vergleiche mit etablierten Ska- Bundesland Baden-Würt- Sachsen Probleme an, die bereits vor der Co- len vorgenommen werden. Anhand des temberg (34 %) ronapandemie existierten, sich aber im nicht-parametrischen Mann-Whitney- (66 %) n = 373 n = 731 Zuge der coronabedingten Herausfor- U-Tests wurde untersucht, ob es zwi- derungen als ungünstige Voraussetzung schen den Befragten in SN und BW Geschlecht: möglicherweise potenzieren. signifikante Unterschiede gibt. Dieser Männlich 241 (33,0 %) 148 (39,7 %) Die Befragung fand online während Fokus wurde gewählt, um einen explo- Weiblich 488 (66,8 %) 224 des zweiten Lockdowns (11.01.2021 bis rativ-deskriptiven Eindruck möglicher (60,1 %) 07.02.2021) statt. Die Stichprobe be- Ost-West-Unterschiede zu erhalten. Divers 2 (0,3 %) 1 (0,3 %) ruht auf einem Convenience-Sampling, Kinderanzahl: d. h. die Hochschulbeschäftigten wur- Ergebnisse den über Gatekeeper angesprochen. Als Ein Kind 343 (46,9 %) 182 (48,8 %) Gatekeeper fungierten verschiedene Pra- Allgemeine Lebensumstände in Zwei Kinder 325 (44,5 %) 171 xispartner*innen auf der Landesebene der Coronapandemie (45,8 %) aus den Bereichen Gleichstellung und Drei oder mehr 63 (8,6 %) 20 betriebliches Gesundheitsmanagement Die meisten Befragten geben an, dass Kinder (5,4 %) im Kontext Hochschule, die über E-Mail- sich ihre soziale Situation (72 %) und die Arbeitsverhältnis: Verteiler der assoziierten Stellen an den Balance zwischen Privat- und Berufsle- Vollzeit 328 (45,4 %) 216 Hochschulen verfügten. Zusätzlich wur- ben (76 %) während der Coronapande- (58,1 %) den E-Mails an die Rektor*innen aus mie verschlechtert hat. Weniger kritisch Teilzeit 395 (54,6 %) 156 BW und SN versendet, mit der Bitte werden die finanzielle Situation oder das (41,9 %) zur Verteilung an die Beschäftigten. Auf Verhältnis zu dem Kind/den Kindern an- Befristet 290 (40,1 %) 210 diese Weise wurden die Beschäftigten gesehen (. Abb. 1). 64 % haben meistens (56,5 %) über mehrere Kanäle über die Befra- oder die ganze Zeit jemanden, mit dem Unbefristet 434 (59,9 %) 162 gung informiert und gebeten, sich zu sie über alles reden können. Insgesamt (43,5 %) beteiligen. Allerdings konnte bei dieser zeigen sich bei der Beurteilung der Le- Beschäftigungsgruppe: Vorgehensweise die Grundgesamtheit benssituation keine signifikanten Unter- Wissenschaft/ 404 (55,5 %) 232 der Stichprobe nicht bestimmt und so- schiede zwischen den Bundesländern. Lehre (62,4 %) mit die Rücklaufquote nicht berechnet Die Befragten beurteilen ihre Gesund- Technik/ 321 (44,1 %) 132 werden. heit zu 14 % als sehr gut, 39 % als gut, Verwaltung/ (35,5 %) Wissenschafts- Insgesamt haben sich 1258 Hoch- 26 % als zufriedenstellend, 18 % als weni- management schulbeschäftigte aus BW oder SN an ger gut und 3 % als schlecht. Der Mittel- Sonstiges 3 (0,4 %) 8 (2,2 %) der Befragung beteiligt. Nach einer wert der Bundesländer ist identisch bei Mindestens 50 % 588 (83,3 %) 282 Bereinigung des Datensatz, bei der nur 2,6 (SD = 1,0; gut bis zufriedenstellend) der Zeit im Home- (78,6 %) Befragte berücksichtigt werden, die min- auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 Office: destens 75 % des Fragebogens ausgefüllt (schlecht). haben, verblieben 1104 Teilnehmende. Auffällig ist hier die ungleiche Vertei- Die Beschreibung der Stichprobe ist in lung von Gesundheit zwischen den Ge- sundheitsmanagement und Arbeits- . Tab. 1 dargestellt. schlechtern: Mütter (MD = 2; MW = 2,62; schutz an Hochschulen aus Sachsen SD = 1,01) geben einen signifikant (SN) und Baden-Württemberg (BW). Auswertung (U = 126.301,50; p < 0,05) schlechteren Gesundheitszustand anals Väter(MD = 2; Stichprobe Die folgende deskriptive Auswertung MW = 2,47, SD = 1,05). Auch der Index stellt die Gesundheit und das Wohl- zum subjektiven Wohlbefinden fällt für Zielgruppe sind Hochschulbeschäftigte befinden der Befragten während der Mütter (MD = 2; MW = 2,44; SD = 0,92) mit Kind(ern) im Kita- und Grund- Coronapandemie dar. Bei allen Fragen signifikant (U = 128.113,5; p < 0,05) schulalter in SN und BW. Die Auswahl wurden die Befragten gebeten, die Zeit geringer aus als für Väter (MD = 2; der Bundesländer erfolgte aufgrund ei- der Coronapandemie von März 2020 MW = 2,58; SD = 0,97). nes angestrebten Ost-West-Vergleichs, bis zum Befragungszeitpunkt zu berück- Für die beiden Bundesländer zeigt kombiniert mit hohen Inzidenzwerten sichtigen. Das subjektive Wohlbefinden der Index zum subjektiven Wohlbefin- im Laufe der Coronapandemie 2020. wurde als Mittelwertindex aus 8 Items den geringe Unterschiede: in beiden Zudem bildeten BW und SN 2019 die zu psychischen, sozialen und physischen Bundesländern markieren 51 % der Be- Schlusslichter im Länderranking nach Aspekten berechnet. Der Index nimmt fragten Antwortkategorien, die auf ein Gleichstellungsaspekten an Hochschu- Werte zwischen 0 (geringstes) und 5 mangelndes Wohlbefinden schließen len [14]. Die vergleichsweise niedrigen (höchstes) Wohlbefinden an. Aufgrund lassen. Für SN ergibt sich ein Mittel- Prävention und Gesundheitsförderung
Zusammenfassung · Abstract Präv Gesundheitsf https://doi.org/10.1007/s11553-021-00898-x © Der/die Autor(en) 2021 K. Allgayer · C. Bäßler · R. Jutz · M. Niederberger Hochschulbeschäftigte in der Coronapandemie. Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Hochschulbeschäftigten mit Kind(ern) im Kita- und Grundschulalter Zusammenfassung Hintergrund. Die Coronapandemie erweist schäftigte in SN und BW zu ihrer Lebens- und Schlussfolgerung. Die Coronapandemie und sich 2020/21 für die gesamte deutsche Arbeitssituation in der Coronapandemie sowie die damit einhergehenden Schutzmaßnah- Bevölkerung als multidimensionaler ihrem subjektiven Wohlbefinden und ihrer men haben negative Auswirkungen auf das Stressfaktor. Erste Studien deuten an, dass Gesundheit befragt. Wohlbefinden von Hochschulbeschäftigten diese Zeit insbesondere für berufstätige Ergebnisse. Besonders belastend nehmen mit Kind(ern) im Kita- und Grundschulalter. Eltern mit Kind(ern) herausfordernd ist. Sie die Befragten die Veränderung der sozialen Inwieweit sich diese Effekte längerfristig sind Belastungsfaktoren ausgesetzt, aus Situation, die Verschlechterung der Balance zeigen, wenn beispielsweise strukturelle denen sich psychische, soziale und physische zwischen Berufs- und Privatleben und das Maßnahmen im Bereich Homeoffice und Gefährdungen ergeben können. Verschwimmen der Grenzen zwischen Online-Lehre in Hochschulen verstetigt Ziel der Arbeit. Untersucht werden die Arbeits- und privater Zeit wahr. Die befragten werden, ist zu prüfen. Auswirkungen der Coronapandemie auf Hochschulbeschäftigten in SN zeigen bei die Gesundheit und das Wohlbefinden von verschiedenen Belastungsfaktoren in Bezug Schlüsselwörter Hochschulbeschäftigten mit Kind(ern) im Kita- auf die Arbeitssituation signifikant schlechtere Hochschule · COVID-19 · Lebenszufriedenheit · und Grundschulalter aus Sachsen (SN) und Bewertungen als die Befragten in BW. In Online-Befragung · Wissenschaftler Baden-Württemberg (BW). beiden Bundesländern geben jeweils mehr als Methodik. Mittels eines standardisierten die Hälfte der Befragten eher kritische Werte Online-Fragebogens wurden Hochschulbe- für ihr Wohlbefinden an. University employees during the coronavirus pandemic. Health and well-being of university employees with daycare- and elementary school-aged children Abstract Background. The coronavirus pandemic turns and Baden-Wuerttemberg were contacted Conclusions. The coronavirus pandemic and out to be a multidimensional stressor for and asked about their living and working its accompanying protective measures have the entire German population in 2020/2021. situation during the coronavirus pandemic as had negative effects on the well-being of Studies indicate that these corona-related well as their subjective well-being and health. university employees with children of daycare changes are also challenging for university Results. The respondents perceive the chan- and elementary school age. The extent to employees with children. Parents were expo- ges in the social situation, the deterioration which these effects will become apparent sed to stress factors, which can be negatively of the balance between work and private in the longer term, for example, whether associated with various psychological, social life and the blurring of boundaries between structural measures of remote work and online and physical aspects. work and private time as particularly stressful. teaching in universities are made permanent, Objectives. Investigation of the impact of the The respondents in Saxony show significantly must be examined in the future. coronavirus pandemic on health and well- worse ratings than in Baden-Wuerttemberg being of university employees with daycare- for various stress factors in relation to the work Keywords and primary school-aged children. situation. In both states, slightly more than University · COVID-19 · Life satisfaction · Online Methods. Using a standardized online half of the respondents marked categories survey · Scientist questionnaire, university employees in Saxony that indicate a lack of well-being. wert von 2,47 (SD = 0,88) und für BW Signifikante Unterschiede zeigen, dass Hochschulen in der Corona- von 2,5 (SD = 0,97) aus dem Wertebe- die Hochschulbeschäftigten in SN häu- pandemie reich von 0 (geringstes) bis 5 (höchstes) figer Probleme haben, ihre Arbeit zu Wohlbefinden. bewältigen (U = 124.443, p < 0,05; SN: Die Frage nach Belastungsfaktoren in Be- Die Ergebnisse zu den Beanspruchun- n = 373; MD = 3; MW = 2,77; SD = 1,131; zug auf die Arbeitssituation zeigt, dass die gen im Arbeitskontext zeigen, dass 60 % BW : n = 728; MD = 3; MW = 2,94; Hochschulbeschäftigten in BW bei 8 von der Befragten eher bzw. voll und ganz zu- SD = 1,139) und gedanklich weniger 12 Items eine signifikant bessere Bewer- stimmen, sich ständig gehetzt sowie un- vom Arbeitstag abschalten können tung angeben als in SN. Dies äußert sich ter Druck zu fühlen und nicht zur Ruhe (U = 11.774; p < 0,01; BW:n = 729; MD = 3, bei der Planung des Arbeitstags, der Un- zu kommen (. Abb. 2). Fast die Hälfte MW = 3,16; SD = 1,152; SN: n = 371; terstützung bei digitalen Tools, der Ver- der Befragten erlebt vermehrt körperli- MD = 4; MW = 3,43; SD = 1,13) als die änderung von Arbeitsabläufen, Verant- che Beschwerden. Befragten in BW. wortungsbereichen in der Hochschule, Unterstützung durch die Führung, er- Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit te ihren Aufgaben als Arbeitsnehmer*in Verhältnis zu dem Kind/den Kindern (n = 1058) und Elternteil oft nicht gleichermaßen gerecht werden [5]. Zwar belegen frühere Balance zwischen Privat- und Berufsleben (n = 1085) Studien und Metanalysen zu den Folgen Partnerschaliche Situaon z.B. Stabilität der von flexiblen Arbeitszeitmodellen, wie Partnerscha (n = 1074) bspw. Homeoffice, verschiedene positive Berufliche Situaon (n = 1080) Effekte auf die Lebensqualität und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Finanzielle, wirtschaliche Situaon (n = 1099) [7, 22], doch zu vermuten ist, dass es durch die zusätzlichen Herausforderun- Gesundheitliche Situaon (n = 1089) gen der Pandemie wie Homeschooling Soziale Situaon z.B. Beziehungen zu Freunden und soziale Isolation zu einer Kumulati- (n = 1086) on von Belastungen kommen kann, die 0% 20% 40% 60% 80% 100% kritisch zu reflektieren sind. Dies deuten die Befunde zu den Geschlechtsunter- hat sich verschlechtert hat sich nicht verändert hat sich verbessert schieden an. Weitere Studienergebnisse sprechen ebenfalls dafür, dass Mütter Abb. 1 8 Wie hat sich Ihre Lebenssituation in der Coronapandemie im Vergleich zur Situation vorher während den Kita- und Schulschließun- verändert? gen überwiegend die Kinderbetreuung übernommen und damit die Hauptlast gonomischer Arbeitsplatzgestaltung und Auf die Frage nach Unterstützungsan- getragen haben. Bereits zuvor beste- beruflicher Überforderung. Der größte geboten durch die Hochschule wünschen hende geschlechterspezifische Rollen- Belastungsfaktor in beiden Bundeslän- sich etwa 44 % von der Hochschulleitung, und Arbeitsverteilungen von Müttern dern stellt mit 75 % Zustimmung das Ver- dass die Situation von Eltern mehr the- und Vätern wurden dadurch verstärkt schwimmen der Grenzen zwischen Ar- matisiert wird. Danach folgt der Wunsch, [11]. Das mehrdimensionale Konstrukt beits- und privater Zeit dar. Hier fällt die zu Hause bleiben zu können, wenn ein des Wohlbefindens sowie die subjektive Einschätzung in SN signifikant schlech- Kind in Quarantäne muss und finanzielle Gesundheit bewerten die befragten Müt- ter aus. Mittel für die Arbeitsplatzausstattung zu ter in der vorliegenden Studie deutlich Die Befragten in SN empfinden ihre Hause. kritischer als die Väter. Arbeitszeit sowie den -aufwand als sig- Zudem wurde nach der Zufriedenheit Die Befunde zeigen, dass es wichtig nifikant länger bzw. mehr als die Befrag- der Unterstützungsleistungen verschiede- ist, eine hohe Transparenz von Coronain- ten in BW. Es bestehen keine signifikan- ner Hochschulakteure gefragt; die Be- formationen für alle Hochschulmitglie- ten Unterschiede bei der Angst sich mit fragten in SN fühlen sich durch diese der zu gewährleisten und insbesonde- Corona anzustecken, beim sozialen Um- signifikant (p < 0,05) weniger unterstützt re Hochschulleitungen für die Situation gang sowie der fachlichen Unterstützung als in BW (. Abb. 3). Die Nachfrage nach von Beschäftigten mit Kind(ern) im Kita- durch Kolleg*innen (. Tab. 2). notwendigen Veränderungen von Rah- und Grundschulalter zu sensibilisieren. Die Arbeitssituation unter Coronabe- menbedingungen für Beschäftigte mit Zu ihrem Aufgabenbereich gehört die dingungen ist für 75 % der Befragten Kind(ern) im Kita- und Grundschulalter, Durchführung regelmäßiger psychischer sinnvoll, 82 % verständlich sowie 66 % auch nach der Coronapandemie, bejah- Gefährdungsbeurteilungen, um frühzei- handhabbar (stimme voll und ganz zu ten mehr als 80 % der Beschäftigten tig notwendige Interventionen einzulei- und stimme eher zu). Der Mittelwert- beider Bundesländer. ten [5]. Dies sollte auch in Ausnahmesi- index zur Resilienz aus diesen 3 Items tuationen erfolgen. zeigt bei den Befragten in BW signifikant Diskussion Die durchgeführte Studie zeigt, dass (U = 117.990,5; p < 0,001) höhere Werte die Coronapandemie negative Auswir- (n = 723; MD = 4; MW = 4,11; SD = 1,055) Im Hinblick auf die Gesundheit und das kungen auf das Wohlbefinden der Hoch- als in SN (n = 371; MD = 4; MW = 3,98; Wohlbefinden von Hochschulbeschäf- schulbeschäftigten mit Kind(ern) in SN SD = 1,064). tigten stellt sich insbesondere das Thema und BW hat. Die Befragten in BW bewer- Mit den Arbeitsbedingungen zu Hause Entgrenzung als herausfordernd heraus. ten ihre Arbeitssituation sowohl in der sind 39 % aller Befragten sehr bzw. eher Politik und Hochschulen sind in der Ver- Hochschule als auch zu Hause in vielen unzufrieden. Dabei sind Befragte in SN antwortung, Beschäftigte mit Kind(ern) Aspekten positiver als in SN. Möglicher- (n = 366; MD = 3; MW = 3,25; SD = 1,166) bei der Vereinbarkeit von Familie und weise werden die unterschiedlichen Be- signifikant (U = 103.822,5; p < 0,001) un- Beruf in und nach der Coronapandemie wertungen durch unterschiedliche Struk- zufriedener als in BW (n = 700; MD = 3; zu unterstützen und mögliche Bewäl- turen, Ressourcen und Erfahrungen im MW = 2,86; SD = 1,130). 46 % der Befrag- tigungsstrategien umzusetzen. Mit den Bereich des betrieblichen Gesundheits- ten erleben gesundheitliche Belastungen in der Coronapandemie umgesetzten managements oder coronabedingt durch durch die Arbeitsbedingungen zu Hause. Schutzmaßnahmen konnten Beschäftig- die jeweilige Inzidenzlage sowie die po- Prävention und Gesundheitsförderung
Ich bewälge meine Arbeit ohne Probleme (n = 1101) Ich nehme keine regelmäßigen Mahlzeiten zu mir(n = 1102) Ich mache keine regelmäßigen Pausen, wenn ich arbeite (n = 1099) Ich fühle mich ständig gehetzt sowie unter Druck und komme nicht zur Ruhe (n = 1102) Ich kann gedanklich nicht von den Ereignissen des Arbeitstages abschalten (n = 1100) Ich erlebe vermehrt körperliche Beschwerden z.B. Rückenprobleme, Kopfschmerzen (n = 1099) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Abb. 2 9 Inwieweit stim- men Sie den folgenden smme überhaupt nicht zu smme eher nicht zu teilweise Aussagen in Bezug auf Ihre Berufstätigkeit in der Zeit smme eher zu smme voll und ganz zu der Coronapandemie zu oder nicht zu? Ansprechperson(en) für Technik und Digitalisierung (n = 990) Betriebliche*r Gesundheitsmanager*in (n = 471) Betriebsärzt*innen/ psychosoziale Beratung (n = 408) Personalrat (n = 595) Ansprechpersonen für Gleichstellung/ Chancengleichheit/ Familienfreundlichkeit (n = 569) Kolleg*innen (n = 1049) Direkte*n Vorgesetzte*n (n = 1047) Abb. 3 9 Wie bewerten Sie als Beschäftigte*r mit Hochschulleitung (n = 993) Kind(ern) im Kita- und Grundschulalter die Unter- 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% stützungsleistungen ver- schiedener Akteur*innen überhaupt nicht unterstützt eher nicht unterstützt teilweise eher unterstützt sehr gut unterstützt an Ihrer Hochschule in der Coronapandemie? litischen Regelungen innerhalb der Bun- in SN bei fehlender Systemrelevanz bei- Kinderbetreuung als in BW. Weitere Ana- desländer beeinflusst. In der zweiten Co- der Elternteile kein Anspruch auf eine lysen nach Geschlecht mit einem beson- ronawelle wies SN ab November 2020 Notbetreuung [19]. In BW wurde dieser deren Fokus auf die vulnerable Gruppe eine durchgehend höhere Inzidenzrate Anspruch im zweiten Lockdown wesent- von befristet beschäftigten Wissenschaft- auf als BW [18]. Der Anteil der befris- lich niederschwelliger ermöglicht [21]. lerinnen mit Kind(ern) sind vorgesehen tet Beschäftigten in unserer Studie ist in Generell arbeiten Mütter in Ostdeutsch- und sollen die Ergebnisse vervollständi- SN um etwa 16 Prozentpunkte größer land mehr in Vollzeitstellen als in West- gen. als in BW. Die höhere Befristungsquo- deutschland [23], was auch die vorliegen- te könnte zu dem höheren Belastungs- de Studie bestätigt. Dies könnte sich auch Limitierung der Studie empfinden in SN führen, da die Beschäf- auf das Belastungsempfinden in der Kri- tigten ihre Arbeitsplatzsicherheit eventu- se auswirken. Diese Unterschiede stellten 4 Keine Repräsentativität für Hoch- ell durch ein entsprechendes berufliches Hochschulbeschäftigte mit Kind(ern) in schulbeschäftigte in BW und SN, Engagement gewährleisten wollen. Zu- SN wohl vor größere Herausforderun- 4 keine Kontrollierbarkeit bei der dem bestand für Hochschulbeschäftigte gen bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Verteilung des Fragebogen-Links Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit Tab. 2 Belastungsfaktoren in Bezug auf die Arbeitssituation Bundes- U-Wert Signifikanzwert Median Mittelwert Standardabweichung land (p) (MD) (MW) (SD) Durch Corona ist mein Arbeitstag schwer planbar. BW (728) 124.294,5 0,021a 4 3,41 1,223 SN (372) 4 3,6 1,148 Ich bekomme Unterstützung beim Erlernen und dem BW (662) 98.249,5 0,002a 3 3,25 1,221 Einsatz digitaler Tools für meine Tätigkeit. SN (337) 3 3,01 1,171 Ich habe Angst, mich am Arbeitsplatz mit Corona BW (725) 130.159,5 0,362 2 2,21 1,249 anzustecken. SN (371) 2 2,26 1,230 Seit Corona ist der Umgang mit meinen Kolleg*innen BW (700) 118.453 0,165 2 1,99 1,125 weniger freundlich und unterstützend. SN (356) 2 2,06 1,081 Seit Corona arbeite ich mehr und länger. BW (722) 113.414 < 0,001b 3 3,03 1,310 SN (356) 2 2,69 1,228 Seit Corona haben sich meine Arbeitsabläufe negativ BW (722) 118.334 0,002a 3 3,22 1,277 verändert. SN (369) 4 3,48 1,180 Seit Corona verschwimmen Grenzen zwischen Ar- BW (725) 121.821 0,004a 4 3,99 1,156 beitszeit und privater Zeit. SN (373) 5 4,22 0,977 Seit Corona sind die Verantwortungs- und Aufgaben- BW (677) 108.396 0,030a 2 2,28 1,143 bereiche in der Hochschule unklar. SN (348) 2 2,44 1,161 Seit Corona fehlt die soziale und fachliche Unterstüt- BW (719) 129.961 0,573 3 3,04 1,257 zung durch Kolleg*innen. SN (369) 3 3,00 1,215 Seit Corona fehlt die Unterstützung und das Feed- BW (707) 1.144.001,5 < 0,001b 2 2,53 1,257 back durch die Führung. SN (368) 3 2,80 1,281 Seit Corona hat sich die ergonomische Arbeitsplatz- BW (719) 121.073,5 0,028a 3 3,10 1,430 gestaltung verschlechtert. SN (366) 4 3,30 1,425 Seit Corona fühle ich mich beruflich überfordert. BW (721) 121.361 0,011a 2 2,21 1,105 SN (370) 2 2,36 1,051 Absolute Zahlen in Klammern. MD = 1 „stimme voll und ganz zu“, 5 „stimme überhaupt nicht zu“ SN Sachsen, BW Baden-Württemberg a p = signifikant b p = höchstsignifikant aufgrund des Verteilungsverfahrens schulleitung. Weitere Akteure wie Korrespondenzadresse durch verschiedene Praxispart- Betriebsärzt*innen, Fachkräfte für ner*innen, Arbeitssicherheit, Personalvertre- Prof. Dr. Marlen Niederberger 4 keine Vergleichs- und Verlaufsdaten tung, Betriebliches Gesundheitsma- Forschungsmethoden in der Gesundheits- förderung und Prävention, Pädagogische von Hochschulbeschäftigten in Bezug nagement und Gleichstellung sollten Hochschule Schwäbisch Gmünd auf Gesundheit und Wohlbefinden einbezogen werden. Oberbettringer Str. 200, 73525 Schwäbisch vor der Coronapandemie. 4 Hochschulbeschäftigte mit Kind(ern) Gmünd, Deutschland sollten beteiligt werden, um Bedarfe marlen.niederberger@ph-gmuend.de Fazit für die Praxis offenzulegen und zielgruppenge- rechte Maßnahmen, besonders beim Danksagung. Für die umfängliche Unterstützung 4 Die negativen sowie positiven Thema Entgrenzung, zu entwickeln. danken wir unseren Partner*innen: Koordinierungs- stelle Chancengleichheit Sachsen, Unfallkassen Auswirkungen von Homeoffice/ 4 Wichtig ist eine offene und wert- Baden-Württemberg und Sachsen, Landeskonferenz Telearbeit und damit einherge- schätzende Kommunikation der der Gleichstellungsbeauftragen an den wissenschaft- hende Beanspruchungen müssen Hochschulleitung für die Situation lichen Hochschulen Baden-Württemberg (LaKoG), Karlsruher Institut für Technologie, Gesundheitsför- Beachtung im betrieblichen Gesund- von Beschäftigten mit Kind(ern) auch dernde Hochschulen Südwest, Büro für Gleichstel- heitsmanagement von Hochschulen nach der Pandemie. lung und Familie der Pädagogischen Hochschule finden und in die psychische Gefähr- Schwäbisch Gmünd und unseren Interviewpart- ner*innen. dungsbeurteilung aufgenommen werden, auch in Ausnahmesituatio- Funding. Open Access funding enabled and organi- nen. zed by Projekt DEAL. 4 Die Gefährdungsbeurteilung gehört zum Aufgabebereich der Hoch- Prävention und Gesundheitsförderung
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