Homeoffice in der Corona-Krise: leichter Rückgang auf hohem Niveau

Die Seite wird erstellt Selma Münch
 
WEITER LESEN
Homeoffice in der Corona-Krise: leichter Rückgang auf hohem Niveau
Datum: 11. Oktober 2021

Homeoffice in der Corona-Krise: leichter
Rückgang auf hohem Niveau
Lutz Bellmann, Patrick Gleiser, Sophie Hensgen, Christian Kagerl, Eva Kleifgen, Ute Leber,
Michael Moritz, Laura Pohlan, Duncan Roth, Malte Schierholz, Jens Stegmaier, Matthias
Umkehrer, Nils Backhaus, Anita Tisch

Die Covid-19-Pandemie hat zu einer deutlich stärkeren Nutzung von Homeoffice geführt. Der
Anteil der Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiten können, war allerdings jüngst wieder
leicht rückläufig. Außerdem plant nur eine deutliche Minderheit der kleinen und mittleren
Betriebe für die Zeit nach der Pandemie, das Homeoffice-Angebot gegenüber der Vor-Corona-
Zeit auszuweiten. Rund jeder zehnte Betrieb möchte dieses sogar unter den Stand vor der
Krise zurückfahren.

Die deutschen Betriebe müssen die Abstands- und Hygieneregeln einhalten, die in der SARS-
CoV-2-Arbeitsschutzregel festgelegt wurden. Wie Lutz Bellmann und andere in einem 2020
erschienenen Beitrag im IAB-Forum dargelegt haben, haben viele daher im Verlauf der
Pandemie ihre Homeoffice-Kapazitäten ausgeweitet oder ihren Beschäftigten erstmals
erlaubt, Homeoffice zu nutzen. Im Januar 2021 hatte die Bundesregierung mit der SARS-
CoV-2-Arbeitsschutzverordnung die Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten
Homeoffice anzubieten, sofern dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 1
Homeoffice in der Corona-Krise: leichter Rückgang auf hohem Niveau
Datum: 11. Oktober 2021

entgegenstanden. Diese „Homeoffice-Pflicht“ lief Ende Juni dieses Jahres aus (lesen Sie dazu
auch einen aktuellen Beitrag von Bernd Fitzenberger und Ulrich Walwei für die
Ökonomenstimme).

Ob ein Wechsel ins Homeoffice prinzipiell möglich ist, hängt vorrangig von der Art der
beruflichen Tätigkeit ab. Auch wenn sich diese prinzipiell für die Arbeit von zu Hause eignet
und die technischen Voraussetzungen gegeben sind (etwa die Verfügbarkeit von Hardware,
Software und Datenzugängen), kann es auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite Vorbehalte
gegenüber Homeoffice geben. Mögliche Hemmnisse sind beispielsweise Datenschutzfragen,
eine von manchen Arbeitgebern präferierte Präsenzkultur oder der Wunsch von
Beschäftigten, Beruf und Privatleben zu trennen. Einer aktuellen, im IAB-Forum erschienenen
Studie von Philipp Grunau und Georg-Christoph Haas zufolge traten und treten viele dieser
Hemmnisse in der Corona-Krise aber angesichts von Betreuungsverpflichtungen und wegen
des Infektionsschutzes zumindest temporär in den Hintergrund.

Der Anteil der Betriebe, die Homeoffice anbieten, ist im
Verlauf der Pandemie weiter gestiegen
In der repräsentativen Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ werden monatlich
etwa 1.500 bis 2.000 Betriebe zum Umgang mit der Corona-Krise befragt. Das IAB hat dabei
mehrfach auch Daten zur Bedeutung von Homeoffice erhoben. Danach boten im Oktober
2020 42 Prozent der Betriebe in Deutschland zumindest einem Teil ihrer Beschäftigten
grundsätzlich die Möglichkeit an, ganz oder teilweise von zu Hause aus zu arbeiten. In diesen
Betrieben arbeiteten etwa 70 Prozent aller Beschäftigten. Bis Juli 2021 ist der Anteil der
Betriebe, die ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten, auf 50 Prozent gestiegen (siehe
Tabelle). Dort sind etwa drei Viertel aller Beschäftigten tätig. Der Anstieg lässt sich über alle
Betriebsgrößenklassen hinweg beobachten.

Als Hauptgrund, warum Homeoffice nicht genutzt wird (beispielsweise im Gastgewerbe),
führen fast alle betroffenen Betriebe an, dass sich manche Tätigkeiten nicht für die Arbeit von
zu Hause aus eignen. Ein Drittel dieser Betriebe sieht auch eine fehlende technische
Ausstattung als Hinderungsgrund, 20 Prozent geben den Datenschutz als Hürde an.

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 2
Datum: 11. Oktober 2021

Im Folgenden werden nur diejenigen Betriebe betrachtet, die grundsätzlich Homeoffice
anbieten. Der Anteil der Beschäftigten, deren Tätigkeit keine Arbeit im Homeoffice zulässt,
lag für diese Betriebe schon vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie bei rund 50 Prozent. Dieser
Wert hat sich während der Pandemie kaum verändert (siehe Abbildung 1).

Unter den Beschäftigten, deren Tätigkeit Homeoffice grundsätzlich zulässt, stieg der Anteil
derjenigen, die es auch tatsächlich nutzen konnten, bis zum Frühjahr 2021: Vor der Krise lag
ihr Anteil bei 27 Prozent, im Januar 2021 bei 41 Prozent. Nach Einführung der Homeoffice-
Pflicht waren im März/April dieses Jahres sogar 45 Prozent der Beschäftigten von zu Hause
aus tätig. Im Juli dieses Jahres ging ihr Anteil allerdings wieder auf 40 Prozent zurück. Damit
ist das nicht ausgeschöpfte Potenzial an Homeoffice zuletzt wieder gestiegen, und zwar von 9
Prozent im März/April auf 12 Prozent im Juli 2021.

Diese Entwicklung könnte einerseits mit der Einführung und dem Auslaufen der Homeoffice-
Pflicht zusammenhängen. Andererseits ist das Homeoffice-Angebot möglicherweise auch
stark vom aktuellen Infektionsgeschehen abhängig. Zudem dürfte bei vielen Betrieben und
Beschäftigten der Wunsch gewachsen sein, dass wieder verstärkt vor Ort gearbeitet wird. Es

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 3
Datum: 11. Oktober 2021

lässt sich daher auf Basis der vorliegenden Daten nicht eindeutig bestimmen, inwieweit die
Entwicklung des Homeoffice-Potenzials ursächlich auf die SARS-CoV-2-
Arbeitsschutzverordnung zurückzuführen ist.

Ob Beschäftigte tatsächlich ins Homeoffice wechseln, hängt aber nicht nur von der
Bereitschaft des Arbeitgebers ab, sondern letztlich auch davon, ob dessen Angebot
angenommen wird. Es gibt eine Reihe von Gründen, die dem entgegenstehen können,
beispielsweise beengte Wohnverhältnisse. Manche Beschäftigten führen auch das Argument
ins Feld, dass sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort besser zusammenarbeiten
können als aus dem Homeoffice oder dass sie die Grenze zwischen Arbeit und Privatsphäre
nicht auflösen möchten. Laut IAB-Betriebsbefragung ist der Anteil der Beschäftigten, die vom

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 4
Datum: 11. Oktober 2021

Angebot, Homeoffice zu nutzen, ganz oder teilweise Gebrauch machen, zwischen März und
Juli 2021 von 78 auf 70 Prozent gesunken.

Die Pläne der Betriebe für die Zeit nach der Pandemie
weisen in sehr unterschiedliche Richtungen
Im Oktober 2020 und im Juli 2021 wurden Betriebe, die zumindest einem Teil ihrer
Beschäftigten Homeoffice anbieten, zudem gefragt, inwieweit sie dieses Angebot nach der
Corona-Krise beibehalten möchten. Tatsächlich haben sich die entsprechenden Pläne der
Betriebe in diesem Zeitraum nur geringfügig verändert: Zwei Drittel der Betriebe, bei denen
die Arbeit von zu Hause aus grundsätzlich möglich ist, wollen den Einsatz von Homeoffice
nach der Pandemie auf das Niveau vor der Krise zurückfahren (siehe Abbildung 2). Etwa jeder
fünfte Betrieb will die Homeoffice-Option gegenüber dem Vorkrisen-Niveau weiter ausbauen
(18 Prozent im Oktober 2020, 21 Prozent im Juli 2021). Dieser Anteil ist bei den
Großbetrieben sehr viel höher als bei kleinen und mittleren Betrieben (54 Prozent im Oktober
2020, 64 Prozent im Juli 2021).

Bemerkenswert: Etwa jeder zehnte Betrieb will nach der Pandemie weniger Homeoffice
einsetzen als vor der Corona-Krise (9 Prozent im Oktober 2020, 11 Prozent im Juli 2021).
Lediglich der Anteil der unentschiedenen Betriebe (mit „weiß nicht“ als Antwort auf die
gestellte Frage) ist seit Herbst letzten Jahres von 5 auf 1 Prozent gesunken. Dies könnte
darauf hindeuten, dass sich die Pläne der Betriebe für die Zeit nach der Pandemie weiter
konkretisiert haben.

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 5
Datum: 11. Oktober 2021

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 6
Datum: 11. Oktober 2021

Im Oktober 2020 wurden die Betriebe zudem nach den Gründen gefragt, die für oder gegen
einen Ausbau der Homeoffice-Möglichkeiten sprechen. Die Betriebe, die mehr Homeoffice
anbieten wollen, möchten dadurch vor allem die Flexibilität ihrer Beschäftigten und die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern (jeweils 73 Prozent). Beides geht häufig mit
der Erwartung einher, sich damit als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Ein Großteil der Betriebe, die Homeoffice nicht ausbauen möchten, gibt an, dass sich die
Tätigkeiten ihrer Beschäftigten nicht wirklich für die Arbeit von zu Hause aus eignen (63
Prozent). Als einen weiteren Hinderungsgrund führen viele die erschwerten Bedingungen der
Zusammenarbeit auf Distanz an (55 Prozent). Betriebe, die angeben, dass die Distanz die
Zusammenarbeit erschwert, haben häufiger auch Bedenken, ihre Beschäftigten ungleich zu
behandeln. An dritter Stelle wird als Argument gegen mehr Homeoffice die
Unternehmenskultur genannt (39 Prozent).

Weitere Gründe sind befürchtete Produktivitätseinbußen, fehlende technische Ausstattung,
Datenschutz oder die Einschätzung, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen oder auch
Führungskräfte nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, ihre Arbeit in
angemessener Weise auch von zu Hause aus zu erledigen.

Fazit
Im Juli 2021 bot etwa die Hälfte aller Betriebe zumindest einem Teil ihrer Beschäftigten
Homeoffice an. Nur etwa 40 Prozent der dort Beschäftigten übten allerdings eine Tätigkeit
aus, die sich tatsächlich für Homeoffice eignet, und erhielten durch den Arbeitgeber die
Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Etwa 12 Prozent übten zwar eine grundsätzlich für
Homeoffice geeignete Tätigkeit aus, hatten aber seitens des Arbeitgebers kein
entsprechendes Angebot. Dahinter können beispielsweise Datenschutzprobleme stehen, aber
auch eine Präsenzkultur in einem Betrieb oder einer Abteilung.

Nachdem sich das ungenutzte Potenzial an Homeoffice im Verlauf der Krise zunächst bis
Ende April 2021 verringert hatte, ist es in jüngster Zeit wieder leicht gestiegen. Dabei ist zu
bedenken, dass Beschäftigte mitunter nicht im Homeoffice arbeiten möchten. Ein Grund kann
die Doppelbelastung durch Kinderbetreuung zu Hause sein, ein anderer der im Homeoffice
eingeschränkte Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen.

Zugleich führt die gegenwärtige Krise mitunter dazu, dass neue Arbeitsweisen und
Technologien schneller zum Einsatz kommen. Dies eröffnet zwar neue Möglichkeiten für
Betriebe und Beschäftigte, kann aber gerade in der Einführungsphase Belastungen mit sich
bringen.

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 7
Datum: 11. Oktober 2021

Mittelfristig dürfte damit weiterer Anpassungsbedarf bei den Rahmenbedingungen für
Homeoffice bestehen. Dies betrifft beispielsweise Vereinbarungen zur Regelung der
Arbeitszeit, die Abstimmung der Zusammenarbeit in Teams oder die Festlegung von
etwaigen Zeiten der Nichterreichbarkeit, um die Beschäftigten vor Überlastung zu schützen.

Literatur
Aminian, Armin; Bellmann, Lutz; Gleiser, Patrick; Kagerl, Christian; Kleifgen, Eva; Koch,
Theresa; König, Corinna; Leber, Ute; Pohlan, Laura; Roth, Duncan; Schierholz, Malte;
Stegmaier, Jens (2021): Panel ‘Betriebe in der Covid-19 Krise’ – 20/21. Eine
Längsschnittstudie in deutschen Betrieben – Welle 1-9, FDZ-Datenreport Nr. 2.

Backhaus, Nils; Tisch, Anita; Kagerl, Christian; Pohlan, Laura (2020): Arbeit von zuhause in
der Corona-Krise: Wie geht es weiter? In: baua: Bericht kompakt.

Bellmann, Lutz; Kagerl, Christian; Koch, Theresa; König, Corinna; Leber, Ute; Schierholz,
Malte; Stegmaier, Jens; Aminian, Armin (2020a): Kurzarbeit ist nicht alles: Was Betriebe tun,
um Entlassungen in der Krise zu vermeiden. In: IAB-Forum, 25.09.2020.

Bellmann, Lutz; Gleiser, Patrick; Kagerl, Christian; Kleifgen, Eva; Koch, Theresa; König,
Corinna; Leber, Ute; Pohlan, Laura; Roth, Duncan; Schierholz, Malte; Stegmaier, Jens;
Aminian, Armin; Backhaus, Nils; Tisch, Anita (2020b): Potenzial für Homeoffice noch nicht
ausgeschöpft. In: IAB-Forum, 21.12.2020.

Fitzenberger, Bernd; Walwei, Ulrich (2021): Homeoffice nach der Covid-19-Krise: Aus der Not
kann eine Tugend werden. In: Ökonomenstimme, 22.03.2021.

Frodermann, Corinna; Grunau, Philipp; Haepp, Tobias; Mackeben, Jan; Ruf, Kevin; Steffes,
Susanne; Wanger, Susanne (2020): Online-Befragung von Beschäftigten: Wie Corona den
Arbeitsalltag verändert hat, IAB-Kurzbericht Nr. 13.

Frodermann, Corinna; Grunau, Philipp; Haas, Georg-Christoph; Müller, Dana (2021):
Homeoffice in Zeiten von Corona: Nutzung, Hindernisse und Zukunftswünsche, IAB-
Kurzbericht Nr. 5.

Grunau, Philipp; Haas, Georg-Christoph (2021): Homeoffice in der Corona-Krise: Vorbehalte
haben abgenommen. In: IAB-Forum, 14.06.2021.

Grunau, Philipp; Steffes, Susanne; Wolter, Stefanie (2020): Homeoffice in Zeiten von Corona:

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 8
Datum: 11. Oktober 2021

In vielen Berufen gibt es bislang ungenutzte Potenziale. In: IAB-Forum, 25.03.2020.

                                                                                  Quelle:
https://www.iab-forum.de/homeoffice-in-der-corona-krise-leichter-rueckgang-auf-hohem-nivea
                                                                                   u/ | 9
Sie können auch lesen