Hülle sanieren und energiekosten sparen - SIA

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Hülle sanieren und energiekosten sparen - SIA
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                                               Hülle sanieren und
                                               ­Energiekosten sparen
                                               Text Daniele Ganser*

                                               Maler und Gipser spielen eine wichtige Rolle beim Einsparen von Energie in der
                                               Schweiz. Denn es sind die Maler und Gipser, welche die Hausbesitzer beraten
                                               und für einen perfekten Zustand der Gebäudehülle zuständig sind. Gewisse
                                               Politiker bezeichnen eine Pinselsanierung als grobfahrlässige Fehlberatung.

Wissenschaftler                                Eine Pinselrenovation kostet rund                            auch Energiekosten. Statt 12’000 Fran­
Daniele Ganser er-                             12’000 Franken für ein freistehendes                         ken müssen dafür aber für dasselbe
wartet, dass wir das                           Einfamilienhaus (Rechnungsbeispiel:                          Haus rund 36’000 Franken aufgewen­
weltweite Fördermaximum von Erdöl noch in      60 Franken pro m2 bei 200 m2 Fas­                            det werden (Rechnungsbeispiel: 180
diesem Jahrzehnt erreichen werden.             sadenmauer werk). Das ist ein ver­                           CHF/m2 bei 200 m2 Fassadenmauer­
                                               lockender Preis. Nach dem Neuanstrich                        werk). Auch wer dank dem laufenden
                                               sieht das Haus für das menschliche                           und sehr beliebten Gebäudeprogramm
                                               Auge natürlich hübsch aus. Das Infra­                        des Bundes einen Beitrag an die Däm­
                                               rotbild zeigt jedoch, dass die Immobilie                     mung erhält (40 CHF/m2), bezahlt mit
                                               weiterhin unnötig Energie verlier t und                      28’000 Franken noch deutlich mehr als
                                               das Geld sprichwör tlich aus dem Fens­                       bei der Pinselsanierung.
                                               ter weht. Aus dieser Perspektive                                  Diese Mehrkosten scheuen viele
                                               drängt sich eine Gebäudehüllendäm­                           Hausbesitzer. Sie vergessen allerdings
                                               mung auf. Sie spar t Energie und damit                       die langfristige Betrachtung. Die Inves­
                                                                                                            tition in die Gebäudehülle muss mit
                                               * D
                                                  r. Daniele Ganser forscht an der Universität Basel zum   den zu er war tenden Energiekosten (oft
                                                 Peak Oil und dem laufenden globalen Kampf ums Erdöl.
                                                 daniele.ganser@unibas.ch.                                  Heizöl) für die nächsten 10 Jahre ver­
                                                                                                            rechnet werden. Dabei verhält es sich
                                                                                                            ähnlich wie beim Kauf eines Druckers
                                                                                                            für den Computer: Wer sich über den
                                                                                                            Kauf eines billigen Druckers freut, ist
                                                                                                            bald erstaunt, wie teuer die Patronen
                                                                                                            sind, die er regelmässig neu einkaufen
                                                                                                            muss.

                                                                                                            Woher kommt unser Heizöl?
                                                                                                            Die Schweiz verbraucht jeden Tag 38
                                                                                                            Millionen Liter Erdöl, also fünf Liter pro
                                                                                                            Kopf und Tag. Etwas mehr als die Hälfte
                                                                                                            dieser Menge verbrennen wir als Treib­
                                                                                                            stoff, den Rest als Heizöl. Im Inland ha­
                                                                                                            ben wir Schweizer aber keine Erdölquel­
                                                                                                            len. Wir müssen den wer tvollen Roh­
                                                                                                            stoff daher vollständig aus dem zum
                                                                                                            Teil politisch unstabilen Ausland impor­
                                                                                                            tieren.
Wie werden wir den steigenden weltweiten Energiebedarf decken? Die aktuelle geopolitische                       Nicht nur der Klimawandel zwingt
Situation ebenso wie der Umweltschutz sprechen aus Sicht des Autors und auch aus Sicht                      uns, verstärkt über die Abhängigkeit
der applica-Redaktion langfristig gegen Erdöl und Atomkraft.                                                von fossilen Energieträgern wie Erdöl,

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                                                                                         Im Jahr 1999 mussten die Schweizer
                                                                                         Endkunden 11 Milliarden Franken für
                                                                                         Erdölprodukte bezahlen. 2008 waren
                                                                                         es schon 21 Milliarden Franken. In
                                                                                         einer Dekade hat sich die Erdölrech­
                                                                                         nung fast verdoppelt! Und dies, ob­
                                                                                         schon die konsumier te Menge ziemlich
                                                                                         genau gleich gross geblieben ist. Es
                                                                                         wäre klüger, dieses Geld in die Däm­
                                                                                         mung der Gebäude zu investieren, um
                                                                                         dadurch die Erdölabhängigkeit der
                                                                                         Schweiz zu reduzieren. Viele KMUs
Fast die Hälfte der Erdölimporte (senfgelbe und blaue Fläche zusammen) in die Schweiz    ­würden durch diesen lokalen Geldkreis­
wird als Heizöl (blau) verbrannt. Gebäudehüllendämmung kann diese Verschwendung           lauf gestärkt.
eindämmen. (Quelle: Bundesamt für Energie, Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2009)         Leider ist keine Entspannung der
                                                                                          Lage in Sicht. Im Gegenteil. Der Erdöl­
                                              Erdgas und Kohle nachzudenken. Auch         preis lag noch in den 1950er- und
                                              globale Ressourcenkriege können ein           1960er-Jahren, als viele Häuser in der
                                              gewichtiges Argument sein, dass wir in      Schweiz gebaut wurden, bei rund 2
                                              der Schweiz unsere Immobilien dank          ­Dollar pro Fass. Die Häuser wurden
                                              guter Gebäudehüllendämmung und               ­daher kaum isolier t. Energie war billig
                                              ­alternativen Heizsystemen wie Wärme­         im Angebot. Doch im Jahr 2000 stieg
                                               pumpen, Solar thermie, Photovoltaik          der Erdölpreis auf 20 Dollar und da­
                                              und Pellets vollständig von Erdöl und         nach stetig weiter, bis er im Sommer
                                              Erdgas befreien. Die Energiewende hat         2008 bei über 140 Dollar pro Fass
                                              begonnen. Viele Hausbesitzer sind jetzt    ein Maximum erreichte. Danach fiel
                                              dabei, ihre Energiebilanz neu zu über­     der Preis im Kontext der Finanzkrise
                                               denken und zu berechnen. Wer seine        auf 40 Dollar, ist aber seither wie-
                                               Wärmepumpe nach dem schweren Un­          der auf über 100 Dollar angestiegen
                                               fall in Fukushima nicht mit Atomstrom     und lag im April 2011 bei 115 Dollar
                                               speisen möchte, kann beim lokalen         (Brent).
                                               ­Energieanbieter Ökostrom bestellen.            In einem Wor t: Seit zehn Jahren ist
                                                                                         der Erdölpreis auf hohem Niveau sehr
                                              Wird Erdöl immer teurer?                   volatil. Kluge Hausbesitzer reagieren.
                                              Wir Schweizer sind stolz auf unsere Un­    Sie dämmen ihre Häuser und befreien
                                              abhängigkeit. Und das zu Recht. Aber       sich von ihrer Erdölheizung. Denn es
                                              bei der Energieversorgung kann von Un­     muss damit gerechnet werden, dass
                                              abhängigkeit keine Rede sein. Aus dem      der Erdölpreis bis ins Jahr 2020 weiter
                                              eigenen Boden fördern wir weder Erdöl      deutlich ansteigt und dass daher die
                                              noch Erdgas. Beide zusammen decken         Erdölrechnung für die Schweiz immer
                                              rund 70 Prozent unseres Energiebe­         belastender wird. Ein zentraler Grund
                                              dar fs. Auch den Erdölpreis, der auf       hier für ist das Phänomen Peak Oil, das
                                              dem internationalen Parkett festgelegt     in der breiteren Öffentlichkeit noch we­
                                              wird, können wir nicht beeinflussen.       nig bekannt ist.                       ➝

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                                                                                           Häuser als Kraftwerk
                                                                                           Wer sich die Zeit nimmt, um über diese
                                                                                           fundamentalen globalen Veränderun-
                                                                                           gen nachzudenken, könnte in Panik,
                                                                                           Depression oder Passivität ver fallen.
                                                                                           Denn es ist klar: Die Schweizer können
                                                                                           diesen globalen Prozess in keiner
                                                                                           ­Weise aufhalten oder wesentlich be­
                                                                                            einflussen. Trotzdem wäre es unklug,
Die Ladung von 40 Supertankern entspricht dem täglichen weltweiten Erdölverbrauch.          den Kopf in den Sand zu stecken und
Das Bild zeigt den unter liberianischer Flagge fahrenden Tanker Urals Princess.             die Augen zu verschliessen: Krisen sind
                                                                                           immer auch Chancen. Und ein kleines
                                               Was ist Peak Oil?                            Land, das über wenig Ressourcen ver­
                                               Unter Peak Oil versteht man das welt­           fügt, muss die Herausforderungen der
                                               weite Fördermaximum von Erdöl. Wann             Zukunft antizipieren und möglichst früh
                                               genau der globale Peak Oil eintreten            reagieren, indem es eine Clean-Tech-
                                               wird, weiss niemand. Auf der Basis mei­         Branche aufbaut, also eine Industrie für
                                               ner Forschung er war te ich Peak Oil zwi­    saubere Technologien.
                                               schen 2010 und 2020. Noch 1945                      In der Vergangenheit war es üblich,
                                               reichten 6 Millionen Fass Erdöl, um den      die Häuser in der Schweiz mit Erdöl zu
                                               Tagesbedar f der Welt zu decken. Da­         heizen. In Zukunft müssen wir Häuser
                                               nach stieg die «globale Erdölsucht»          bauen, welche ohne Erdöl und Erdgas
                                               massiv an. 1970 lag der Konsum schon         auskommen und gemäss dem Passiv­
                                               bei 50 Millionen Fass pro Tag. Heute            haus- oder Minergie-Prinzip über sehr
                                               sind es 85 Millionen Fass oder 40 Su­           hohe Effizienz ver fügen oder wie die
                                               per tanker, welche die Welt täglich             Plus-Energie-Häuser als kleine dezent­
                                               braucht! Nie zuvor haben wir als             rale Kraftwerke sogar mehr Energie
                                               Menschheit so viel billige Energie in so     ­produzieren als sie verbrauchen!
                                               grossen Mengen konsumier t.                         Diese Entwicklung steht erst am
                                                   Die Nachfrage nach Erdöl nimmt            ­Anfang und drängt sich vor allem bei
                                               durch das Anwachsen der Weltbevölke­           Neubauten auf. Doch auch beim be­
                                               rung, die steigenden Ansprüche an              stehenden Häuserpark ist es nicht nur
                                               Komfor t und Mobilität und das rasante         möglich, sondern auch dringend, dass
                                               Wachstum von Ländern wie Indien und            die Sanierung den Aspekt Energie stark
                                               China stetig zu. Dies geschieht zu             ­berücksichtigt. Pinselsanierungen sind
                                               einem Zeitpunkt, zu welchem in vielen           tatsächlich fahrlässig, denn sie berei­
                                               Ländern die Erdölförderung einbricht.           ten die Immobilien schlecht für eine
                                               Nor wegen, Grossbritannien, die USA,            ­Zukunft vor, in welcher Energie knapp
                                               Mexiko und Indonesien haben den na­              und teuer sein wird.                ■
                                               tionalen Peak Oil erreicht und beklagen
                                               eine sinkende Förderung. Das ist dra­
                                               matisch. Der Kampf um knappe Res­
                                               sourcen tritt immer deutlicher in den
                                               Vordergrund.

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