Identitäten und gesellschaftliches Vertrauen im Wandel/ Changing Identities and social trust - Days of Ukraine in Berlin-Brandenburg Prof. Dr ...

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Identitäten und gesellschaftliches
Vertrauen im Wandel/
Changing Identities and social trust

Days of Ukraine in Berlin-Brandenburg
Prof. Dr. Gwendolyn Sasse (ZOiS & Humboldt
University) & cooperation partners
Kombination von ZOiS-Projekten & British Academy-Projekt
  „Identity and Borders in Flux: the Case of Ukraine“ (IBIF, UK
  PI, Partner aus der Ukraine, Deutschland und den USA)

16.09.2021                                                        2
1. Krieg und Identitäten in der Ukraine

  Ausgangspunkte:

        Krisensituation als Test von Identitäten und Identitätswandel
        Hypothese aus der Konfliktforschung: Polarisierung und/oder
        Stärkung von ethnischen Identitäten im Krieg?
        State-Building/Nation-Building im Krieg?

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Framing

 Identitäten
            als soziales Konstrukt (z.B. Brubaker 1996, 2009;
  Fearon and Laitin 2000; Hale 2004, Wimmer 2016)

 Konfliktforschung:
      Fokus auf Ursachen (u.a. Identitäten), weniger auf Auswirkungen von
       Krieg bzw. Identitätswandel im/durch Krieg (Esteban and Schneider 2002;
       Kalyvas 2008; Sambanis 2002, Wood 2015)
      Fokus auf Polarisierung (Esteban and Schneider 2000; Fearon and Laitin
       2000, Gurr 2000)
      ABER: empirische Forschung über Balkankriege zeigt auch andere
       Tendenz: kein Anstieg von Ethnonationalismus, v.a. nicht unter den
       direkt Betroffenen ( Dyrstad 2012 über Bosnien und Kroatien und Massey
       et al. 2003 und Sekulic 2004 zu Kroatien)

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Post-war State-Building:
        “commitment problems” (z.B. Coyne &Boettke 2009; Keefer 2008;
        Posen 1993; Walter 2002)
        Fokus auf (Mangel an) Vertrauen als Hinterlassenschaft von Krieg
        (De Juan &Pierskalla 2016; Wong 2016)
             Krieg bedingt Mangel an Vertrauen in Institutionen und über
             Gruppengrenzen hinweg (Grosjean 2014)
             Folge: weitere Instabilität und Gewalt (Bakke et al., 2018; Blair 2016;
             Blattman 2009; Cassar et al. 2013; De Juan &Pierskalla 2016)

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Framing

  Identitäten/Cleavages in Ukraine
(z.B. Arel 1995, 2014; Barrington 2002, Birch 2000; D’Anieri 2007; Frye 2015, Hale 2004,
2010, Holdar 1995; Ivanov 2015; Kubicek 2000; Kulyk 2011, 2014; Lushnycky and
Riabchuk 2009; O’Loughlin 2001; Osipian and Osipian 2012; Pirie 1996; Sasse 2010;
Shulman 2004)
        Signifikanz von Ethnizität und Sprache umstritten, Rolle von Region betont
        Widersprüchliche Annahmen: gestärkte Identifikation mit dem Staat und mit der
        ukrainischen Sprache als Resultat von Maidan und Krieg (Alexseev 2015, Kulyk
        2016, 2018) vs. Radikalisierung von ”Russen” in der Ukraine (Loshkariov and
        Suzhentsov 2016) oder Herausbildung einer neuen Identität in der Kriegszone
        (Matveeva 2016, de Cordier 2017)

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Daten

  ZOiS-Fragen in repräsentativer KIIS-Umfrage (Mai-Juni 2017-
  2018)
        Face-to-face Interviews (n=2,000)
        ohne Krim und “Volksrepubliken” (DNR/LNR)

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Identities: State, ethnicity and language
Civic and ethnic identities

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Identities: State, ethnicity and language
Civic and ethnic identities

                                            Significant change: odds are
                                            decreased by 40% in 2018

                                             Significant change: odds are
                                             increased by 77% in 2018

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Identities: State, ethnicity and language
Language identities

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Identities: State, ethnicity and language
Language identities

                      Significant change: odds are
                      decreased by 51% in 2018

                        Significant change: odds are
                        increased by 90% in 2018

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Statistische Analyse

  “Ukrainische Staatsbürgerschaft” als Hauptidentität:
        Höhere Wahrscheinlichkeit: Zentralukraine/Westen, sozialer Status,
        Frauen
        Mono- und bilinguale Identitäten

  ”Ethnische/r Ukrainer/in” als Hauptidentität:
        Höhere Wahrscheinlichkeit: Männer

  Ukrainisch als Muttersprache:
        Höhere Wahrscheinlichkeit: Bildung, Westen, Religion, Männer, Land
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1. Zusammenfassung

  Identitäten in Flux: signifikante Veränderungen in sehr
  kurzem Zeitraum im Kriegskontext
  Öffentliche Meinung differenzierter und inklusiver als
  nationale Rhetorik auf Staatsebene

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2. Covid-19 und Identitäten in der Ukraine

  Wie inklusiv/exklusiv sind Identitäten während der
  Pandemie?
  Ukraine: Effekt auf ethnische/staatsbürgerliche Identitäten
  in der Anfangsphase der Pandemie?
        Daten: KIIS Omnibus (CATI, 18+, April und Oktober 2020, n=2024),
        mit Survey Experiment)
        Erwartung: Dominanz der staatsbürgerlichen Identität
             Ambivalenz ethnischer/staatsbürgerlicher Identifikation
             staatsbezogene Identität (civic identity) in den vorangegangenen Jahren
             bereits gestärkt
             Covid-19 betrifft alle Menschen im Staat/global
             inklusive Rhetorik der politischen Führung

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ABER…

  Priming in Bezug auf die von Covid-19 ausgehende Gefahr für
  die ukrainische Nation, gefolgt von Fragen zu Vertrauen in
  Personen/Institutionen & Bestandteile ukrainischer Identität:
        Staatsbürgerliche Identität bleibt stärkste Kriterium, aber
             Zunächst Verengung der Definition von „Ukrainianness“ auf ethnische Identität
             im Vgl. zur Kontrollgruppe und auf die in der Ukraine ansässigen Menschen
             (entgegen politischer Rhetorik/offizieller Politik)
             über Zeit Stärkung der civic identity, aber dennoch weniger ausgeprägt bei
             Priming als in der Kontrollgruppe vs. stärkere Identifikation mit ethnischen
             Kriterien
             signifikanter Trend (in 2. Welle gestärkt), alle Elemente von „Ukrainianness“
             abzulehnen (Ausschluss von im Ausland lebenenden Ukrainer*innen nicht mehr
             so relevant)
             Effekte für Covid-Prime generell stärker als für Prime „unsere Leute…“

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Zusammenfassung

  Erneute Flexibilität von Identitäten in der Krise
  Pandemie als eine andere Art von Krise scheint, zumindest
  in der Anfangs-/Hochphase, die staatsbürgerliche Identität
  zu schwächen/umzudefinieren
  z.T. Hinwendung zu ethnokulturelle Identifikationsmustern
  und über Zeit signifikante Ablehnung aller Kategorien von
  „Ukrainianness“

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Dyakuyu za uvahu!
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