IM SPIEGEL: BILDER DES SELBST - STÄDEL OHNE GRENZEN - Städel Museum

 
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IM SPIEGEL: BILDER DES SELBST - STÄDEL OHNE GRENZEN - Städel Museum
STÄDE L OH NE GRE NZE N
B I LD UNG S WOCHE 2020
Schön, dass du bei unserer digitalen Bildungswoche mitmachst!
Du findest auf diesem Arbeitsblatt spannende Infos zu Kunstwerken aus
dem Städel Museum und Anleitungen zu einem Workshop. Viel Spaß!
Sieh dir zur Einstimmung ein kurzes Willkommensvideo auf
unserem YouTube-Kanal an! F Link

 S EKUNDA R STUF E 2

I M SPIEGEL:
BILDER
DES SELBST

Für den Workshop brauchst du:
• Kamera oder Smartphone
• Spiegel oder spiegelnde Oberflächen
 (Schaufenster, Wasseroberfläche, etc.)

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IM SPIEGEL: BILDER DES SELBST - STÄDEL OHNE GRENZEN - Städel Museum
P O SEN, SE L F I E , SE L B ST DA R ST E L LU N G
Täglich sehen wir uns selbst auf den Displays unserer Smartphones und
auf Bildern in den Sozialen Medien. Doch lange vor der Erfindung der
digitalen Technologien gehörte der Blick in den Spiegel fest zum Leben.
Was treibt Menschen seit jeher dazu, sich selber anzuschauen?
Und was erzählt das eigene Spiegelbild über uns und unsere Zeit?

AU S D EM MU S E UM

Sieh dir die folgenden Bilder an und lies die kurzen Texte dazu. Alle Kunstwerke
findest du auch in der Digitalen Sammlung des Städel Museums:
sammlung.staedelmuseum.de

Dieses Selbstporträt des berühmten Malers
Rembrandt van Rijn ist etwa so klein wie die
heutigen Bilder auf den Smartphone-Displays.
Im Jahr 1630 zeigt er sich mit gespitzten,
leicht geöffneten Lippen und aufgerissenen
Augen. Dieser Künstler kannte seine eigenen
Gesichtszüge ganz genau – das beweisen
seine zahlreichen, ausdrucksstarken Selbst-
porträts. Um die eigene Mimik zu beobachten
und aufzuzeichnen hat er Glasspiegel benutzt,
die seit dem 16. Jahrhundert in Europa
Verbreitung fanden.
Die Selbstdarstellung erscheint spontan
und schnell ausgeführt. Eine rasche Zeich-
nung, die den kurzen Moment des Staunens
festhält? Der Schein trügt: Es handelt sich
um eine Radierung, also eine Druckgraphik.
Jede Linie wurde von Rembrandt in eine
Kupferplatte geritzt und geätzt. Das kleine
Selbstbildnis konnte hundertfach auf Papier     Rembrandt Harmensz. van Rijn, Selbstbildnis mit Mütze, aufgerissenen
                                                Augen und geöffneten Mund, 1630, 5,1 x 4,6 cm, Radierung, Städel Museum,
gedruckt werden. Rembrandt lag viel daran,      Frankfurt am Main, Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main - U. Edel-
seine Selbstporträts und auch seine Bekannt-    mann - ARTOTHEK
                                                https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/selbstbildnis-mit-muetze-
heit als Künstler weit zu verbreiten. Von       aufgerissenen-augen-und-geoeffneten
den Vervielfältigungsmöglichkeiten und der
Reichweite eines Bildes in den heutigen
digitalen Medien konnte der Künstler des
17. Jahrhunderts allerdings nur träumen.

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S E L B ST-
                                                                           B E S P I EG E LU N G E N
                                                                           Das eigene Spiegelbild fasziniert die Menschen
                                                                           schon seit Urzeiten. Auch in der Mythologie
                                                                           der europäischen Antike findet sich das Thema
                                                                           der Selbstbespiegelung. So zum Beispiel in der
                                                                           berühmten Geschichte von Narziss. Der schöne
                                                                           Jüngling verschmäht alle Frauen und Männer,
                                                                           die ihn umwerben. Unsterblich verliebt er sich in
                                                                           sein eigenes Spiegelbild in einer Wasserquelle.
                                                                           Eine unerfüllbare Liebe, an der Narziss sich
                                                                           verzehrt und letztlich stirbt! Bis heute bezeichnet
                                                                           der Begriff „Narzissmus“ eine überzogene
Michel Corneille d. J., Narcissus betrachtet sein Spiegelbild in der       Selbstbewunderung und Selbstbezogenheit.
Quelle, 18,6 x 24,1 cm, Rötel auf Büttenpapier, Städel Museum, Frankfurt
am Main, Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main
https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/narcissus-betrachtet-sein-
spiegelbild-in-der-quelle

In einem kleinen Spiegel erscheint das
Gesicht des italienischen Fotografen Pietro
Donzelli. Eine Waschvorrichtung ersetzt
mit viel Witz den Körper des Künstlers.
Skeptisch und ironisch, auch lässig und
städtisch wirkt die gespiegelte Visage mit der
Zigarette im Mund. Wo ist dieses Bild des
Mailänders im Jahr 1953 entstanden? Vor
allem das aufgetürmte Feuerholz deutet auf
eine sehr einfache Bleibe hin. Auch die
Waschschüssel verrät: Hier gibt es keinen
Strom und fließendes Wasser. Wahrscheinlich
entstand die Fotografie auf dem Land in
Italien, wo die Menschen Anfang der 1950er
Jahre teilweise noch barfuß liefen. Das Selbst-
porträt Donzellis, das der Großstädter irgend-
wo auf dem Land machte, wird so auch
zum Porträt Italiens: bis weit ins 20. Jahrhun-
dert ein Ort krasser Gegensätze zwischen
Stadt und Land.

Pietro Donzelli, Ambiente rurale, 1953, 34,4 x 21,0 cm, Silbergelatine-
Abzug, Barytpapier, DZ BANK Kunstsammlung im Städel Museum,
Städel Museum, Frankfurt am Main, © Estate Pietro Donzelli,
Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main
https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/ambiente-rurale

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Eine junge Frau mit einer Puderdose
                                                                            in der Hand. Ihr prüfender Blick ist auf ihr
                                                                            zweifaches Spiegelbild gerichtet.
                                                                            Vielleicht ist dir der Moment aus deinem
                                                                            Alltag vertraut: So kann man schauen, ob die
                                                                            Frisur sitzt – in diesem Fall ein „Bubikopf“,
                                                                            der in den Großstädten der 1920er Jahre
                                                                            schwer angesagt war. Wer ihn trug, sich
                                                                            schminkte und modisch kleidete, erfüllte die
                                                                            Rolle der „Neuen Frau“.
                                                                            Es ist eine Zeit, in der sich die traditionellen
                                                                            Geschlechterrollen grundlegend ändern:
                                                                            Frauen haben nun die Möglichkeit, selbstän-
Lotte Laserstein, Russisches Mädchen mit Puderdose, 1928, 31,7 x 41,0       dig zu arbeiten, gleichgestellte Liebesbezie-
cm, Öl auf Holz, Städel Museum, Frankfurt am Main,
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main
                                                                            hungen zu führen und seit 1918 in Deutsch-
https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/russisches-maedchen-mit-          land auch erstmals an Wahlen teilzunehmen.
puderdose
                                                                            Die Malerin Lotte Laserstein hält in ihrem
                                                                            Gemälde eine junge Frau fest, die genau weiß,
                                                                            wer sie ist, und was sie will.

                                                                            Wieder betrachtet sich eine Frau aufmerksam
                                                                            im Spiegel, vor ihr liegen Schminkutensilien.
                                                                            Von hinten, aus erhöhter Position, hat sie die
                                                                            amerikanische Künstlerin Nan Goldin 1992
                                                                            in Berlin fotografiert. Auch dieses Kunstwerk
                                                                            dreht sich um Geschlechterrollen und
                                                                            die eigene Identität: Siobhan, deren Name
                                                                            im Titel der Fotografie genannt ist, trägt
                                                                            einen schwarzen Anzug, weißes Hemd und
                                                                            Krawatte – also klassische Männermode.
                                                                            Ihre dunklen Haare sind kurzgeschnitten und
Nan Goldin, Siobhan in My Mirror, Berlin, 1992, 41,0 x 61,0 cm,             gegelt. Ihr intensiver Blick in den Spiegel
Cibachrome, DZ BANK Kunstsammlung im Städel Museum, Städel Museum,
Frankfurt am Main, © Nan Goldin, Foto: © Städel Museum, Frankfurt am Main
                                                                            und auch ihre Handhaltung sind schwer zu
https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/siobhan-in-my-mirror              deuten: Sie bringen vielleicht zum Ausdruck,
                                                                            wie persönlich und vielschichtig die Fragen
                                                                            der eigenen Geschlechtsidentifikation sein
                                                                            können.

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WOR KS H O PA N LE ITUNG

    SPIEGEL-SEL F I E
    Lass dich von den Bildern und dem Gelesenen inspirieren und
    setze dich selbst kreativ in Szene. Porträtiere dich und dein
    Lebensgefühl in einem „Spiegel-Selfie“: Benutze eine Kamera
    und suche dir eine oder mehrere spiegelnde Oberflächen.
    Überlege dir genau, wie und wo du dich spiegeln möchtest.
    Aus welchem Winkel und in welchem Licht könntest du
    dich und deine Umgebung fotografieren? Teste verschiedene
    Aufnahmemöglichkeiten und wähle am Ende das Bild, mit
    dem du dich am stärksten identifizieren kannst.

    SPIEGELG ED I C HT
    Wenn du mit dem Ergebnis deines Selfies zufrieden bist,
    kannst du dazu ein Spiegelgedicht nach dem untenstehenden
    Muster verfassen. Zum Abschluss gilt es, das Gedicht und das
    Selfie miteinander zu arrangieren und zu gestalten, entweder
    am Computer oder mit den ausgedruckten und handschrift-
    lich umgesetzten Ergebnissen.

    Schaue ich in den Spiegel…
    … sehe ich eine holprige Straße
    … und mich, sitzend, wartend
    ... die blaue Jeans hochgekrempelt
    ... soll ich loslaufen?
    …
    …

W EI TE RE TH EM EN
Bilder, Macht und Politik
                                   e erfand
Wie die Romantik das Fantasy-Genr
Im Spiegel: Bilder des Selbst
                                   bilder
Geschlechter, Klischees und Rollen

    Schön, dass du mitgemacht hast! Zeig uns gerne deine Ergebnisse. Deine Lehrerin oder dein
    Lehrer kann uns Fotos an bildungswoche@staedelmuseum.de senden und sich gleich für
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    Eine Kooperation von          und
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