IMMOBILIENMARKT BAYERN 2017 | 2018 - ANHALTENDER AUFSCHWUNG - HOHE NACHFRAGE NACH WOHNUNGEN UND BÜROS TREIBT MIETEN - DZ Hyp
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IMMOBILIENMARKT
BAYERN 2017 | 2018
ANHALTENDER AUFSCHWUNG – HOHE NACHFRAGE
NACH WOHNUNGEN UND BÜROS TREIBT MIETEN
EINE FACHTHEMENREIHE DER DG HYP | DEZEMBER 2017Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
INHALT
Grußwort __________________________________________________________________ 2
Gewerbliche Immobilien in Bayern __________________________________________ 3
Bayern als Immobilienstandort ________________________________________ 3
Immobilienstandorte im Marktbericht _________________________________ 5
Demografische Implikationen für die bayerischen Großstädte ___________ 6
Handel – Marktsituation und Prognose ________________________________ 8
Büro – Marktsituation und Prognose __________________________________ 16
Wohnimmobilien – Marktsituation und Prognose ______________________ 22
Immobilien-Investitionen in Bayern ___________________________________ 27
Großraum München – die deutsche Boomregion _____________________________ 28
Immobilienstandort München _________________________________________ 28
Der Immobilienmarkt im Landkreis München __________________________ 33
Ballungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen _____________________________________ 35
Immobilienstandort Nürnberg ________________________________________ 35
Immobilienstandort Fürth ____________________________________________ 41
Immobilienstandort Erlangen _________________________________________ 45
Fuggerstadt Augsburg ______________________________________________________ 50
Autos und High-Tech – Ingolstadt und Regensburg ___________________________ 55
Immobilienstandort Ingolstadt _______________________________________ 55
Immobilienstandort Regensburg ______________________________________ 60
Universitätsstadt Würzburg _________________________________________________ 65
Standorte im Überblick _____________________________________________________ 70
Impressum _________________________________________________________________ 72
Disclaimer _________________________________________________________________ 72
Ansprechpartner DG HYP/VR WERT __________________________________________ 73
1Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
GRUSSWORT
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir untersuchen regelmäßig die Immobilienmärkte, auf denen wir aktiv sind. Die ver-
öffentlichten Studien richten sich an Investoren sowie unsere Partner in der Genossen-
schaftlichen FinanzGruppe, die Volksbanken und Raiffeisenbanken, mit denen wir
gemeinsam den Markt bearbeiten. Daten über regionale Standorte sind häufig
schwer verfügbar. Deshalb wollen wir mit der vorliegenden Studie zu einer höheren
Markttransparenz beitragen. Mit diesem Bericht analysieren wir zum dritten Mal die
Segmente Einzelhandel, Büro und Wohnen an acht bayerischen Großstädten und dem
Landkreis München, der die Landeshauptstadt umschließt.
Eine weit überdurchschnittliche Wirtschaftsleistung gepaart mit einer an Vollbeschäf-
tigung grenzenden Arbeitslosenquote und einem kräftigem Bevölkerungswachstum –
Bayerns Stellung unter den deutschen Bundesländern ist unverändert herausragend.
Davon profitiert der Immobilienmarkt insbesondere in der Landeshauptstadt Mün-
chen, die in allen untersuchten Marktsegmenten unter den Top-Standorten Spitzen-
werte erzielt. Die Entwicklung in den sieben Oberzentren folgt im Wesentlichen dem
bundesweiten Trend – die Bürobeschäftigung nimmt stärker zu als die Bürofläche,
und wachsende Einwohnerzahlen in den Städten sorgen für hohe Nachfrage auf dem
Wohnungsmarkt. In beiden Segmenten sind moderate Mietsteigerungen zu erwarten.
Auf den Einzelhandelsimmobilienmärkten entwickeln sich die sieben untersuchten
Oberzentren standortbezogen heterogen. Gemein haben sie aber, dass sich die
Spitzenmieten wie auch im bundesweiten Durchschnitt stabil entwickeln dürften.
Der vorliegende Marktbericht ergänzt unsere Fachthemenreihe, mit der wir traditionell
im Frühjahr und im Herbst Untersuchungen über regionale Immobilienzentren und die
Top-7 des deutschen Immobilienmarkts veröffentlichen. Seit einigen Jahren analysieren
wir zudem zweimal jährlich die Märkte einzelner Bundesländer.
Alle bislang veröffentlichten Studien der DG HYP stehen Ihnen auf unserer Website
unter www.dghyp.de/unternehmen/markt-research zum Download zur Verfügung
oder können bei uns angefordert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. René Beckert
Leiter Immobilienzentrum München
DG HYP
Dezember 2017
2Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
GEWERBLICHE IMMOBILIEN IN BAYERN
Bayern als Immobilienstandort
Bayern liegt nicht immer, aber doch recht oft auf dem Spitzenplatz. So lassen sich Im Vergleich der 16 deutschen
Vergleiche von Bayern mit den übrigen deutschen Bundesländern meist kurz Bundesländer schneidet Bayern
zusammenfassen. Zu den herausragenden Stärken des Bundeslandes zählen das hervorragend ab
kräftige Wachstum der Wirtschaft und die ausgezeichnete Lage auf dem Arbeitsmarkt
mit der niedrigsten Arbeitslosenquote in Deutschland. Außerdem ist die Bevölkerung
unter den westdeutschen Flächenländern am stärksten gewachsen. Und bei der
öffentlichen Verschuldung je Einwohner schneidet nur Sachsen noch etwas besser
ab. Gute Platzierungen werden auch seit jeher in Bildungsvergleichen erreicht. Ein
weiterer Pluspunkt ist die niedrige Kriminalität.
Der Immobilienmarkt profitiert von der bayerischen Erfolgsgeschichte durch eine hohe
Nachfrage nach Wohnungen und Gewerbeflächen. Die Kehrseite der erfreulichen Ent-
wicklung ist das hohe Niveau von Preisen und Mieten und das knappe Angebot.
Das betrifft vor allem die boomende Landeshauptstadt München, in der nicht nur
Wohnungen, sondern inzwischen auch Büroflächen Mangelware sind.
Auch die weiteren Perspektiven für die bayerischen Immobilienstandorte sind durch-
weg günstig, was sich in einem hohen Interesse der Anleger niederschlägt. Das gilt
wiederum insbesondere für München. Durch die enorm hohen Kaufpreise liegen die
anfänglichen Mietrenditen hier spürbar unter den bundesweiten Vergleichsgrößen. In
den bayerischen Oberzentren gilt das im Wesentlichen für Mehrfamilienhäuser, nicht
aber für Büro- und Einzelhandelsimmobilien.
In diesem Marktbericht betrachten wir die Marktsegmente Handel, Büro und Wohnen Standorte im Marktbericht: München
in den acht bayerischen Großstädten. Das sind neben der Landeshauptstadt München plus Landkreis sowie sieben weitere
die Städte Augsburg, Erlangen, Fürth, Ingolstadt, Nürnberg, Regensburg und Würz- bayerische Großstädte
burg. Außerdem haben wir den Landkreis München berücksichtigt, der die bayerische
Landeshauptstadt umschließt. Zusammengenommen leben dort etwa 3 Millionen
Menschen, also etwa ein Viertel der bayerischen Bevölkerung. In der Tabelle auf Seite
5 werden die Standorte mit einigen Kennzahlen charakterisiert. Im folgenden Kapitel
auf den Seiten 6 und 7 wird kurz die demografische Entwicklung betrachtet. Den
Marktsegmenten Handel, Büro und Wohnen ist jeweils ein eigener Abschnitt ab den
Seiten 8, 16 und 22 gewidmet. Daran schließen sich ab Seite 28 die Profile der
einzelnen Immobilienstandorte, beginnend mit München, an.
DIE DYNAMIK AM BAYERISCHEN IMMOBILIENMARKT IST MEISTENS … … ETWAS HÖHER ALS IM BUNDESWEITEN VERGLEICH
Anstieg von 2006 bis 2016 in % Anstieg von 2006 bis 2016 in %
51,4 58,1
35,3
36,4 36,7
23,9
46,2 22,6 46,1 23,2 24,1 51,1
Handel Spitzenmiete Büro Spitzenmiete Wohnen Erstbezugsmiete Handel Spitzenmiete Büro Spitzenmiete Wohnen Erstbezugsmiete
München Top-Standorte Städte ohne München Bundesweite Oberzentren
Quelle: BulwienGesa Quelle: BulwienGesa
3Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Bayern im Bundeslandvergleich
BAYERN: KRÄFTIGES BEVÖLKERUNGSWACHSTUM GUTE PLATZIERUNG IM BILDUNGSMONITOR
Einwohnerentwicklung von 1995 bis 2015 in % Sachsen 70,4
Thüring en 63,8
Bayern 7,1
Bayern 61,4
Baden-Württemb. 5,6 Bad en-Württe mb . 57,8
Hamburg 55,7
Schl.-Holstein 5,1
Saa rland 54,8
Westdeutschland 3,0 Meckl.-Vor pommern 52,1
Nieder sachsen 51,7
Hessen 2,7
Sachsen-A nhalt 51,2
Niedersachsen 2,1 Hessen 50,7
Rheinla nd-Pfalz 50
Rheinland-Pfalz 1,8
Bra ndenbu rg 47,4
Deutschland 0,5 Schl.-Holstein 47,3
NRW NRW 45,3
-0,2 Bewertung der Bundesländer
Bre men 43,9 im INSM-Bildungsmontor in
Ostdeutschland -8,8 Ber lin 42,7 Punkten (2017)
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder Quelle: IW Köln / INSM Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
BAYERN: ÜBERDURCHSCHNITTLICHES WIRTSCHAFTSWACHSTUM … … REICHT FÜR NR. 1 UNTER WESTDEUTSCHEN FLÄCHENLÄNDERN
Reales BIP gegenüber Vorjahr in % BIP-Veränderung in jeweiligen Preisen von 1996 bis 2016 in %
6
5 Bayern 81,3
4
Baden-Württemb. 71,8
3
2 Westdeutschland 63,3
1 Deutschland 62,6
0
-1 Rheinland-Pfalz 61,7
-2 Niedersachsen 59,3
-3
Ostdeutschland 59,1
-4
-5 NRW 54,7
-6
Hessen 53,7
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Bayern Deutschland Schl.-Holstein 48,9
Quelle: Bundesagentur für Arbeit BIP = Bruttoinlandsprodukt Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
BAYERN: AUF DEM WEG ZUR VOLLBESCHÄFTIGUNG NIEDRIGE VERSCHULDUNG JE EINWOHNER
Arbeitslosenquote in % (Oktober 2017) Sachsen 1,6 Pro-Kopf-Verschuldung der
Bayern 2,8 Bundesländer in Tausend
Bayern 2,9 Euro (2015)
Baden-Württemb. 5,7
Baden-Württemb. 3,3 Meckl.-Vorpommern 7,2
Rheinland-Pfalz 4,5 Brandenburg 8,2
Thüringen 8,6
Hessen 4,8 Niedersachsen 9,3
Westdeutschland 5,0 Hessen 10,1
Sachsen-Anhalt 10,7
Deutschland 5,4 Schl.-Holstein 11,2
Rheinland-Pfalz 11,3
Niedersachsen 5,5
NRW 13,6
Schl.-Holstein 5,7 Hamburg 16,2
Berlin 16,8
Ostdeutschland 7,0
Saarland 18,0
NRW 7,1 Bremen 32,7
Quelle: Bundesagentur für Arbeit Quelle: Statisches Bundesamt
KONJUNKTURPROGNOSE DEUTSCHLAND
in % ggü. Vorjahr 2015 2016 2017e 2018e
Bruttoinlandsprodukt 1,7 1,9 2,2 2,2
Arbeitslosenquote (in %) 6,4 6,1 5,7 5,7
Inflationsrate (HVPI) 0,1 0,4 1,7 1,4
Budgetsaldo (in % des BIP) 0,7 0,8 0,8 0,9
Quelle: DZ BANK Research
4Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Immobilienstandorte im Marktbericht
Quelle: DZ BANK Research
PROFILE DER BETRACHTETEN IMMOBILIENSTANDORTE (DATEN FÜR 2016)
Ein- Haus- Verfügb. Arbeits- BIP pro Verarbeiten- Einzelhan- Büro- Wohnungsbe-
Regionen / Städte wohner halte Einkommen losenquote Kopf Beschäftigte des Gewerbe delsfläche fläche stand
in Tau- in Tau- mtl. in in Tau- in % der Ein- Anteil Beschäf- in Tausend in Tausend
send send Euro in % in Euro send wohner tigte in % m² m² in Tausend
München 1.449 862 2.097 4,6 72.517 1.034 71 10 2.084 13.728 792
Landkreis München 339 173 2.219 3,1 92.524 273 81 13 538 4.593 161
Nürnberg 507 273 1.862 6,6 53.926 386 76 13 1.313 3.604 276
Fürth 124 65 1.731 6,0 42.416 58 47 18 357 476 64
Erlangen 107 58 1.776 3,9 62.135 111 104 31 311 1.070 63
Augsburg 287 156 1.469 6,0 46.159 195 68 16 938 1.376 152
Ingolstadt 133 66 1.641 3,1 62.401 124 93 39 454 630 68
Regensburg 145 88 1.636 3,7 84.026 152 105 22 732 1.036 92
Würzburg 129 75 1.661 4,2 59.966 124 97 7 520 963 77
Städte ohne München 1.432 782 1.686 5,2 56.381 1.151 80 19 4.625 9.154 793
Alle Städte 2.881 1.643 1.893 4,9 64.495 2.185 76 14 6.709 22.883 1.585
Bayern 12.800 6.000 2.000 *) 3,5 43.500 *) 7.350 *) 57 20 *) 29.900 56.000 6.400
Anteil an Bayern in % 22 27 - - - - - - 22 41 25
Regional-12 4.839 2.700 1.658 7,7 50.396 3.344 69 11 10.255 30.452 2.619
Top-7 9.775 5.582 1.756 7,8 58.361 6.624 68 8 16.661 79.463 5.259
Regional-12 (Oberzentren): Augsburg, Bremen, Darmstadt, Dresden, Essen, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Mainz, Mannheim, Münster, Nürnberg
Top-7 (Top-Standorte): Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, BulwienGesa, Feri *) geschätzt für 2016
5Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Demografische Implikationen für die bayerischen Großstädte
Demografische Prognosen sind ein schwieriges Unterfangen. Denn während sich die Die prognostizierte Bevölkerungs-
natürliche Bevölkerungsentwicklung recht gut fortschreiben lässt, unterliegen Wande- entwicklung reicht von Stagnation
rungsbewegungen großen Schwankungen, die aufgrund der langen Prognosezeit- bis zu kräftigem Wachstum
räume zu erheblichen Abweichungen von der tatsächlichen Entwicklung führen
können. Allerdings ist die Migration in Deutschland oft für den Löwenanteil der
prognostizierten Veränderung der Bevölkerung verantwortlich. Das gilt auch für die
Bevölkerungsprognose vom Bayerischen Landesamt für Statistik für die im Bericht
analysierten Standorte – siehe die folgende Abbildung. Insofern kann die Einwohne-
rentwicklung auch von der dargestellten Größenordnung deutlich abweichen. Falls die
Prognose so eintrifft, würde die Einwohnerzahl in Würzburg stagnieren, an allen
anderen Standorten aber zulegen. Dabei reicht das Wachstum von 2015 bis 2035 von
2 Prozent in Erlangen bis 17 Prozent im Landkreis München. Auffällig ist, dass
lediglich die Stadt München von einem ausgeprägten natürlichen Einwohnerplus pro-
fitieren soll.
DIE BEVÖLKERUNGSPROGNOSE FÜR DIE BAYERISCHEN GROSSSTÄDTE REICHT BIS 2035 VON STAGNATION BIS KRÄFTIGEM WACHSTUM
Einwohnerentwicklung von 2015 bis 2035 in %
18
15
12
9
6
3
0
-3
-6
-9
Würz- Erlangen Ländlicher Nürnberg Bayern Ingolstadt Urbaner Regensburg Fürth Augsburg München Landkreis
burg Raum insgesamt Raum München
davon Zuwanderung davon natürlich Einwohnerentwicklung von 2015 bis 2035 in %
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik
Bezogen auf Bayern insgesamt soll die Einwohnerzahl von 2015 mit 12,8 Millionen Bayerns Bevölkerung wird
Menschen bis 2035 auf 13,5 Millionen um rund 5 Prozent steigern. Dabei ergeben sich größer und älter
allerdings erhebliche regionale Unterschiede, wie die Karte auf der Folgeseite zeigt.
Während die Region Oberbayern kräftig zulegt, nimmt die Bevölkerung in Franken und
Oberfranken ab. Im Gegensatz zur insgesamt wachsenden Einwohnerzahl des
Bundeslandes dürfte sich das Arbeitskräftepotenzial durch die Alterung der Bevölke-
rung vermindern. So wird die Zahl der 19- bis unter 60-jährigen von 2015 mit 7,3 Mil-
lionen auf 6,8 Millionen bis 2035 sinken. Das Durchschnittsalter der Bayern erhöht
sich in diesem Zeitraum voraussichtlich von etwa 43,5 Jahre auf 46 Jahre.
Die demografische Entwicklung ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Nachfrage Immobilien sind von
auf dem Immobilienmarkt. Dieser ist davon zudem generell stärker als andere Güter demografischen Trends stärker
betroffen, weil sich Lage, Größe und Struktur der Objekte nicht oder nur mit hohem betroffen
Aufwand an den Bedarf anpassen lassen. Demografische Veränderungen stellen
deshalb für Immobilieninvestitionen grundsätzlich ein Risiko dar. Erschwerend kommt
hinzu, dass sich generelle demografische Trends nicht ohne weiteres auch auf jeden
Immobilienstandort übertragen lassen. Trotz dieser Restriktionen ist die Analyse
demografischer Auswirkungen sinnvoll, um Szenarios für die zukünftige Nachfrage
nach Wohnraum, Büros und Einzelhandelsflächen durchzuspielen. Einige mögliche
Auswirkungen sind nachfolgend aufgeführt.
6Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
» Durch die sinkende Personenzahl je Haushalt nimmt die Wohnungsnachfrage bei Wohnen: Steigender Bedarf an
einer wachsenden Bevölkerung überproportional zu; bei sinkender Einwohner- kleineren Wohnungen
zahl wird der Nachfragerückgang gedämpft. Kleine Haushalte haben allerdings
einen höheren Flächenbedarf und entsprechend höhere Wohnkosten pro Kopf,
wodurch die Erschwinglichkeit belastet wird. Außerdem werden für die alternde
Bevölkerung deutlich mehr seniorengerechte Wohnungen benötigt.
» Die Büronachfrage könnte sinken, wenn ab 2020 die geburtenstarken Büro: Ruhestand der Baby-Boomer
Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand übertreten. Darüber hinaus könnte die führt zu sinkender Erwerbstätigkeit
zunehmende Digitalisierung das Homeoffice attraktiver werden lassen.
» Das Bevölkerungswachstum der Städte stärkt die Einzelhandelsnachfrage. Der Handel: Einwohnerwachstum der
größere Seniorenanteil kann aber die Kaufkraft durch das im Ruhestand sinkende Städte unterstützt die Nachfrage
Einkommen schwächen. Die abnehmende Mobilität Älterer kann sich gerade bei
weiträumigen Einzugsgebieten negativ auf die Kundenfrequenz auswirken.
BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG IN DEN KREISFREIEN STÄDTEN UND LANDKREISEN BAYERNS
Veränderung 2035 gegenüber 2015 in Prozent
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statis
7Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Handel – Marktsituation und Prognose
Die Wirtschaft läuft rund, der Arbeitsmarkt floriert und die Stimmung der Konsumenten Trotz günstiger Rahmen-
ist bestens. Sparen ist im Zinstief auch nicht attraktiv, sodass dem Geldausgeben bedingungen spürt der (stationäre)
kaum etwas entgegensteht. So ist es kaum verwunderlich, dass die Einzelhandelsum- Handel Gegenwind
sätze im vergangenen Jahr den kräftigsten Zuwachs seit der Jahrtausendwende auf-
wiesen. Jubel ist nach den langen Durststrecken im Handel aber ausgeblieben, was
wohl eher die Überraschung ist. Dabei ist die Lage hierzulande nicht so trist wie in den
Vereinigten Staaten, wo bereits von einer „Retail Apocalypse“ gesprochen wird, weil
dort in den Shopping-Malls in größerer Zahl Geschäfte schließen. Davon sind auch
wichtige Ankermieter der Malls wie Macy's, Sears oder JC Penney betroffen, was
angesichts der erfreulichen Zahlen, die die US-Wirtschaft und der Arbeitsmarkt liefern,
nicht so recht ins Bild passen will.
Doch auch im deutschen Einzelhandel gibt es trotz guter wirtschaftlicher Vorgaben Die gute Stimmung in den 1A-Lagen
Negativmeldungen. So musste vor einigen Monaten die Nürnberger Modekette Wöhrl ist etwas verblasst
Insolvenz anmelden. Und erst vor wenigen Wochen überraschte der Kölner Waren-
hauskonzern Galeria Kaufhof mit der Schlagzeile, dass der Kreditversicherer Hermes
aufgrund einer verschlechterten Bonität die Kreditlimite gekürzt hat. Für Stirnrunzeln
sorgte auch eine weitere Meldung des Kaufhaus-Konzerns, der derzeit in Frankfurt auf
dem Grundstück der abgerissen Zeilgalerie die Verkaufsfläche seiner Flagship-Filiale
an der Hauptwache erweitert. Denn in den oberen drei Etagen des Neubaus an Frank-
furts Flaniermeile sollen nicht Kleidung, Schuhe oder Spielwaren verkauft, sondern
komplett eingerichtete Büros – Stichwort Coworking – wochenweise über das Start-up
Wework vermietet werden.
Für einen Abgesang auf den Einzelhandel ist es jedoch zu früh. Das macht ein Der US-Einzelhandel leidet unter
Einkaufsbummel am Samstag deutlich. Statt gähnender Leere ist es schwierig, einen einem hohen Flächenüberangebot
Platz im Parkhaus oder Café zu bekommen. Und gut besuchte Malls gibt es selbstver-
ständlich auch in den Vereinigten Staaten. Die Probleme im US-Einzelhandel sind in
hohem Maße auf die frühere übermäßige Ausweitung der Einzelhandelsflächen
zurückzuführen. Viele Jahre lang haben die Retailer die Nähe zu den Kunden gesucht
und dabei ihre Filialnetze immer weiter ausgedehnt. Deshalb ist die Verkaufsfläche je
Einwohner in den US-Einkaufszentren etwa zehnmal so groß wie in Deutschland.
Insofern stellt die Ausdünnung der Filialnetze auch eine notwendige Marktbereinigung
dar.
Wie in Deutschland sind die Shopping Malls aber auch einer wachsenden Konkurrenz Amazon macht das Online-Shoppen
ausgesetzt, die vom erfolgreichen Online-Handel ausgeht. Hier sind die Amerikaner mit neuen Funktionen attraktiver
schon weiter als die Deutschen sowohl hinsichtlich des Bestellverhaltens als auch
beim Umfang der bestellten Produkte. Das Beispiel Amazon zeigt, wie das Online-
Shoppen immer weiter vereinfacht wird. Der US-Riese führte sowohl den „Dash
Button“ als auch die Online-Box „Echo“ zunächst in den Vereinigten Staaten ein.
Inzwischen ist beides aber auch in Deutschland etabliert. Damit können in Küche, Bad
oder Haushaltsraum per Knopfdruck die zur Neige gehenden Produkte nachbestellt
werden. Die Echo-Box, die auf den Namen Alexa hört, kann noch viel mehr. Sie spielt
auf Zuruf Musik ab, liest Nachrichten, den Wetterbericht oder E-mails vor und steuert
Smart Home Funktionen wie Licht und Heizung. Außerdem nimmt sie natürlich auch
Bestellungen für den Versandriesen entgegen.
Aller Voraussicht nach dürfte auch in Deutschland die Entwicklung des Online- Auch in Deutschland wird die
Shoppings weiter voranschreiten. Der Einzelhandel testet bereits neue Absatzkanäle. Entwicklung des Online-Handels
So ist Rossmann in Berlin eine Kooperation mit Amazon eingegangen, um die weiter voranschreiten
Lieferung von Drogerieprodukten zu testen: Die Kunden können sich in der Bundes-
hauptstadt 5.000 Produkte aus dem Rossmann-Sortiment nach Hause liefern lassen.
8Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Ein anderes Beispiel betrifft Aldi. Auch der Discounter tastet sich im Online-Geschäft
weiter vor. Das Bestellen von Lebensmitteln soll den Kunden zunächst in den
Vereinigten Staaten in drei Ballungsräumen den Kunden ermöglicht werden. Sollte der
Test erfolgreich verlaufen, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis das Angebot auch
auf deutsche Verbraucher ausgeweitet wird. Mit einem zunehmenden Anbieter- und
Produktangebot, vereinfachten Bestellverfahren und verkürzten Lieferzeiten dürfte der
E-Commerce weiter an Attraktivität gewinnen. Die Bereitschaft, den je nach Wohnort
gegebenenfalls längeren Weg ins Einkaufszentrum oder in die City auf sich zu
nehmen, wird dadurch wohl eher abnehmen.
Das Umfeld für den bayerischen Einzelhandel ist hervorragend
Die Folgen der Digitalisierung werden den Einzelhandel in den 1A-Lagen auch in der Lebensmittel und Luxus
Zukunft betreffen. Mit der fortschreitenden Verschiebung vom stationären Handel zur dürften weniger unter der
Online-Bestellung mit Lieferung an die Haustür oder in die Packstation dürfte ein nach- Online-Konkurrenz leiden
lassender Bedarf an Verkaufsflächen einhergehen. Das Ausmaß kann dabei je nach
Produktkategorie unterschiedlich ausfallen. Lebensmittel und Luxusgüter
werden voraussichtlich auch weiterhin vorwiegend im Geschäft gekauft. Erstere, weil
die Wege zum nächsten Lebensmittelgeschäft oder Discounter in Deutschland
zumeist kurz sind. Und letztere, weil exklusive Produkte „erlebt“ werden wollen. Im
breiten Segment dazwischen dürfte die Online-Konkurrenz aber stärker werden.
Darunter fallen auch große Teile des „konsumigen“ Angebots in den 1A-Lagen. Auf
dieses Segment hat es aber auch die wachsende Konkurrenz der mit „FOC“ abge- Aber auch Factory Outlets
kürzten Factory Outlet Center abgesehen. Denn die Zahl der 16 heute schon aktiven könnten Umsatz aus den
FOC, die größtenteils in den zurückliegenden zehn Jahren eröffnet wurden, steigt: Innenstädten abziehen
Bundesweit sind weitere zwölf im Bau oder geplant; eines davon in der hübschen
mittelfränkischen Kleinstadt Dinkelsbühl.
Diese Entwicklung scheint an den innerstädtischen Einzelhandelsstandorten Auch in den besten deutschen
angekommen zu sein: Seit 2015 hat sich der Mietanstieg – nach einem viele Jahre Shopping-Lagen steigen die
währenden Aufwärtstrend – zunächst verlangsamt und ist inzwischen zum Halten Spitzenmieten nicht mehr
gekommen. Allerdings erfolgte das Abbremsen des Mietanstiegs im Rahmen eines
außerordentlich günstigen wirtschaftlichen Umfelds. Denn trotz des im gesamten
Einzelhandel kräftig gewachsenen Umsatzes ist die Nachfrage nach Verkaufsflächen
eher verhalten. Sollte sich das derzeit günstige wirtschaftliche Umfeld abschwächen,
könnten damit letztlich auch rückläufige Mieten in den 1A-Lagen verbunden sein.
BAYERNS ARBEITSMARKT PEILT VOLLBESCHÄFTIGUNG AN DAS KONSUMKLIMA SPRICHT FÜR HOHE KAUFBEREITSCHAFT
Arbeitslosenquote in % 18
14 16
12 14
12
10 10
8 8
6
6 4
4 2
0
2 -2
0 -4
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
1998
1999
2000
2001
2002
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2014
2015
2016
2017
Bayern Deutschland GfK Konsumklima
Quelle: Feri Quelle: GfK
9Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Das aktuelle Bild der deutschen Wirtschaft sieht allerdings nach einer Fortsetzung der Der Arbeitsmarkt steuert weiter in
schon einige Jahre anhaltenden Aufschwungphase aus. Damit bleiben auch die Richtung Vollbeschäftigung
Aussichten für den Einzelhandel günstig. Für eine gute Nachfrage spricht
insbesondere der robuste Arbeitsmarkt. Das gilt insbesondere in Bayern mit einer
Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent im Oktober 2017, die nahezu an Vollbeschäftigung
grenzt. Von den rund fünf Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungs-
verhältnissen, die in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland entstanden sind,
entfiel allein ein Fünftel auf Bayern. Trotz des in Bayern immer knapper werdenden
Fachkräfteangebots konnte die Beschäftigung ungebremst zulegen.
DER TOURISMUS IN DEUTSCHLAND WÄCHST VON JAHR ZU JAHR DIE ANZIEHENDE INFLATION BREMST DAS WACHSTUM DES REAL
VERFÜGBAREN EINKOMMENS
Besucherankünf te in Millionen (linke und rechte Skala) 3,0
38 180
36 2,5
170
34 160 2,0
32 150 1,5
30
140 1,0
28
130 0,5
26
120 0,0
24
22 110
-0,5
20 100
-1,0
18 90
2017e
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
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2006
2007
2008
2009
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2011
2012
2013
2014
2015
2016
16 80
199 3 199 7 200 1 200 5 200 9 201 3 201 7 Private Haushalte: Real verfügbares Einkommen ggü. Vorjahr in %
Bayern (lin ke Skala) Deutschla nd ( rechte Skala) Verpraucherpreise ggü. Vorjahr in %
Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: DG ECFIN AMECO, Oxford Economics
Daneben wirken sich auch andere Faktoren konsumfördernd aus. Ein Umsatztreiber Der Tourismus trägt als Wirtschafts-
ist der florierende Fremdenverkehr, der trotz des schon hohen Niveaus in Bayern faktor in zunehmendem Maße zum
bislang keine Ermüdung des Wachstums zeigt. Zudem profitieren die Städte vom Einzelhandelsnachfrage bei
Trend mehrerer kürzerer Trips wie etwa Städtereisen anstelle eines längeren
zusammenhängenden Urlaubs. Neben München weisen von den Städten in diesem
Bericht vor allem Nürnberg, Regensburg und Würzburg hohe Besucherzahlen auf.
Insgesamt konnten die acht analysierten Städte die Zahl der Übernachtungen binnen
20 Jahren von knapp unter 10 auf über 21 Millionen mehr als verdoppeln.
Eine weitere treibende Kraft ist die in München und den bayerischen Oberzentren Das kräftige Einwohnerwachstum
zumeist kräftig wachsende Einwohnerzahl, die das Käuferpotenzial – siehe dazu die treibt die Kaufkraft ebenso in die
Abbildungen auf Seite 14 – kontinuierlich wachsen lässt. In den acht Städten ist die Höhe
Einwohnerzahl durch den zur Jahrtausendwende eingesetzten Trend „Zurück in die
Stadt“ um 400.000 Menschen auf 2,9 Millionen Einwohner gewachsen. Auf der Grund-
lage der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft von etwa 7.000 Euro, die im Durchschnitt
auf jeden Einwohner in den bayerischen Städten entfallen, ergibt sich aus diesem
Einwohnerplus eine zusätzliche Kaufkraft von fast drei Milliarden Euro.
Aber nicht alle Faktoren wirken sich konsumfördernd aus: So ist die Zeit einer Die gestiegene Inflationsrate zehrt
außergewöhnlich niedrigen Inflation, die in den Vorjahren für ausgeprägte Einkommenszuwächse wieder
Reallohnzuwächse gesorgt hat, wohl vorüber. Daher dürfte das inflationsbereinigte stärker auf
verfügbare Einkommen in diesem Jahr mit einem Plus von etwas über 1 Prozent nur
noch halb so stark wie noch 2016 anziehen.
Unter dem Strich dürfte der deutsche Einzelhandelsumsatz 2017 erneut kräftig Der HDE erwartet 2017 einen
zulegen. Der Handelsverband HDE geht von einem Plus – ohne Fahrzeughandel, nominalen Zuwachs der
Kraftstoffe und Apotheken und ohne Mehrwehrsteuer – von 3 Prozent auf rund Einzelhandelsumsätze von 3 Prozent
501 Milliarden Euro aus. Damit liegt der erwartete Zuwachs etwa gleichauf zu den
10Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
beiden Vorjahren mit 2,9 beziehungsweise 3,2 Prozent. Inflationsbereinigt ist der
Abstand aber größer, weil die höhere Dynamik der Verbraucherpreise den Zuwachs
der Handelsumsätze für 2017 real praktisch halbiert. Dagegen wurde das Plus 2015
und 2016 nur geringfügig von steigenden Preisen geschmälert. In Bayern ist das Um-
satzplus sogar noch höher ausgefallen. So meldete das Bayerische Landesamt für
Statistik von Januar bis August 2017 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein nominales
Umsatzplus im Einzelhandel von 6,1 Prozent. Der inflationsbereinigte Zuwachs lag bei
4,2 Prozent. Allerdings wuchs der Handel in Verkaufsräumen mit einem nominalen
Anstieg von 4,5 Prozent (real 2,6 Prozent) spürbar langsamer. Und die Kategorie
„Sonstige Haushaltsgeräte, Textilien, Heimwerker- und Einrichtungsbedarf“
verzeichnete sogar ein leichtes Minus.
DAS KRÄFTIGE WACHSTUM IM DEUTSCHEN EINZELHANDEL HÄLT ERFOLGREICHER E-COMMERCE: 2017 DÜRFTE DER UMSATZ AUF EIN
VORAUSSICHTLICH AUCH 2017 AN ZEHNTEL DES GESAMTMARKTES KOMMEN
EH-Umsatz ohne Kfz, Tankstellen und Apotheken ohne Mwst. 520 14
5 510
4 3,2 500 500 12
3 2,9 490
480 10
2 1,6 3,0 480
2,2 2,5 460 8
1 1,5 0,9 0,9 0,6 1,1 2,0 1,7 1,2 470
0 460 440 6
-1 -1,4 -1,2 450 420 4
-2,1
-2 -3,1 440
400 2
-3 430
380 0
-4 420
2017p
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
-5 410
2017e
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
E-Commerce Umsatz in Mrd. Euro (links)
Umsatz im stationären Einzelhandel in Mrd. Euro (links)
ggü. Vorjahr in Prozent (links) in Mrd. Euro (rechts) E-Commerce in % des Einzelhandel-Umsatzes (rechts)
Quelle: HDE Quelle: HDE
Der Online-Handel macht den Geschäften das Leben sichtbar schwer. Mit einem E-Commerce und Inflation zehren
Jahresumsatz von rund 49 Milliarden Euro entfällt darauf zwar nur ein Zehntel des das Umsatzplus für den stationären
gesamten Einzelhandels. Schwerer wiegt aber die hohe Wachstumsrate: Durch das Handel auf
knapp zweistellige Jahresplus fällt das bundesweite Wachstum des stationären
Handels wie in den zurückliegenden Jahren um etwa 0,7 bis 0,8 Prozentpunkte
niedriger aus als der gesamte Zuwachs der Einzelhandelsumsätze. Damit die
Umsätze an den Ladenkassen nach dieser Korrektur auch inflationsbereinigt zulegen
können, ist ein kräftiger nominaler Anstieg der gesamten Einzelhandelsumsätze von
etwa 2,5 Prozent jährlich erforderlich. Zum Vergleich: Dieses Plus wurde in der Zeit
von 2000 bis 2010 in keinem einzigen Jahr erreicht. Damals spielte jedoch der
E-Commerce keine beziehungsweise nur eine geringe Rolle.
Die beschriebene Entwicklung betrifft den gesamten Einzelhandel. Naturgemäß Das Online-Shopping macht auch
schneiden einzelne Segmente besser oder schlechter als das Gesamtaggregat ab. So den 1A-Lagen das Leben schwer(er)
konnten sich die 1A-Lagen der Innenstädte in den zurückliegenden Jahren überdurch-
schnittlich gut entwickeln, was die kräftig gestiegenen Spitzenmieten widerspiegeln.
Zudem haben die in den Innenstädten vertretenen Retailer mit hybriden Konzepten
auch den E-Commerce gut in ihre Vertriebsstrategien eingebunden. Wenn allerdings
in der Zukunft ein wachsender Anteil der vertriebenen Produkte im jeweiligen Online-
Shop bestellt wird, geht der Umsatz in den traditionellen Shops entsprechend zurück,
was zu einer sinkenden Flächenproduktivität – Umsatz je Quadratmeter Ladenfläche
– führt. Dem kann letztlich auf zwei Wegen begegnet werden. Entweder können die
Kosten, etwa durch niedrigere Mieten, gesenkt werden oder die genutzte Verkaufsflä-
che wird soweit verkleinert, bis der erzielte Umsatz je Quadratmeter wieder „stimmt“.
11Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Handel – Entwicklung an den einzelnen Standorten
Die kumulierte Verkaufsfläche im Einzelhandel hat sich in den betrachteten acht Die Verkaufsfläche wächst
bayerischen Großstädten innerhalb eines guten Vierteljahrhunderts auf fast kontinuierlich
7 Millionen Quadratmeter mehr als verdoppelt. Dabei ist der Flächenzuwachs im
Gegensatz zum volatileren Büromarkt weitgehend geradlinig verlaufen. Insofern
haben Faktoren wie die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze oder der Einwohner-
zuwachs wenig Einfluss auf die Dynamik gehabt, mit der neue Verkaufsflächen ent-
standen sind. Allerdings hat sich die Flächenausweitung je Einwohner sichtlich abge-
flacht. Während die Verkaufsfläche pro Kopf seit Anfang der 1990er Jahre bis 2010 Die positive Einwohnerentwicklung
von etwa 1,3 auf 2,3 Quadratmeter kräftig gestiegen ist, stagniert sie seitdem hat das Verkaufsflächenwachstum je
weitgehend auf diesem Niveau. Dafür ist insbesondere der starke Bevölkerungs- Einwohner aber stark verlangsamt
zuwachs in den Städten verantwortlich, wodurch die Ausweitung der Verkaufs-
flächen relativiert wird. Während die Verkaufsfläche je Einwohner in München
1,7 Quadratmeter beträgt, ist der Bestand in den Oberzentren mit 3,2 Quadratmetern
fast doppelt so hoch.
DIE VERKAUFSFLÄCHE JE EINWOHNER STEIGT NICHT MEHR DER RÜCKGANG DER FLÄCHENPRODUKTIVITÄT IST GESTOPPT
7.000 2,6 Umsatz in Euro je Quadratmeter Verkaufsfläche
6.000
6.000 2,4
5.000
5.000 2,2
4.000 2,0 4.000
3.000 1,8 3.000
2.000 1,6 2.000
1.000 1,4
1.000
0 1,2
1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016 0
Verkaufsfläche in Tausend Quadratmetern (links) 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016
Verkaufsfläche je Einwohner in Quadratmetern (rechts) Städte ohne München München
Quelle: Feri München und Oberzentren kumuliert Quelle: Feri
Die beschriebene Entwicklung führte dazu, dass der durchschnittliche nominale Um- Der Umsatz je Quadratmeter
satz je Quadratmeter Verkaufsfläche sowohl in München als auch im Durchschnitt der Verkaufsfläche nimmt allmählich
sieben betrachteten Oberzentren heute niedriger als zu Beginn der 1990er Jahre aus- wieder zu
fällt. Durch die starke Flächenausweitung in den Oberzentren ist die Flächen-
produktivität dort noch stärker als in München zurückgegangen. Erst seit wenigen
Jahren kann der flächengewichtete Umsatz sowohl in München als auch in den Ober-
zentren wieder anziehen. Allerdings basieren diese Daten auf allen Verkaufsflächen,
also auch auf Fach- und Supermärkten, nicht nur auf 1A-Lagen sowie citynahen
Einkaufszentren. Die beiden letztgenannten Segmente dürften sich angesichts der
stark ausgeweiteten Spitzenmieten aber positiver entwickelt haben. Bedingt durch die
hohe Verkaufsfläche je Einwohner in den Oberzentren fällt die Flächenproduktivität
dort im Durchschnitt weitaus niedriger als in München aus.
München ist bekanntermaßen Deutschlands teuerster Einzelhandelsstandort. Die Trotz hervorragender Rahmen-
Erklärung liefern die exzellenten Ausprägungen wichtiger einzelhandelsrelevanter bedingungen erreichen die Handels-
Parameter wie Kaufkraft, Einwohnerwachstum und Tourismus, die durchweg Best- mieten in den bayerischen Oberzen-
werte aufweisen. Das gilt größtenteils auch für die bayerischen Oberzentren, die aber tren nur vereinzelt Spitzenplätze
– anders als München – bei den Einzelhandelsmieten nicht zum Spitzenfeld zählen.
Lediglich Würzburg führt mit einer Spitzenmiete von 130 Euro je Quadratmeter die
Vergleichsgruppe – das sind die D-Städte nach BulwienGesa – an. Während
12Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Augsburg, Ingolstadt und Nürnberg im Ranking mit vergleichbaren Immobilienstand-
orten noch recht ordentlich abschneiden, sind die Spitzenmieten in Erlangen, Fürth
und Regensburg unterdurchschnittlich.
DAS WACHSTUM DER SPITZENMIETEN IM EINZELHANDEL IST ZUM AM TOP-STANDORT MÜNCHEN IST DIE SPITZENMIETE WESENTLICH
HALTEN GEKOMMEN KRÄFTIGER ALS IN DEN OBERZENTREN GESTIEGEN
Spitzenmiete in Euro je Quadratmeter (links und rechts) Spitzenmiete 1998 = 100
160 400 190
140 350 180
170
120 300 160
100 250 150
140
80 200
130
60 150 120
110
40 100
100
20 50 90
0 0 80
1998 2002 2006 2010 2014 2018e 1998 2002 2006 2010 2014 2018e
Städte ohne München (links) München (rechts) München Städte ohne München
Quelle: BulwienGesa Quelle: BulwienGesa
Die Ursachen sind standortbezogen: Fürth und Erlangen werden von Nürnberg als Periphere Retail-Entwicklungen
überragendem fränkischen Shopping-Standort überstrahlt. Und in Regensburg muss belasten den innerstädtischen
sich der innerstädtische Handel gegen zwei periphere Shopping-Center behaupten. Einzelhandel
Selbst die enorm hohe Zentralität, eine hohe Kaufkraft und ein starker Tourismus
können hier kein höheres Mietniveau hervorrufen. Ähnlich sieht es in Ingolstadt aus;
auch hier bremsen periphere Retail-Entwicklungen wie das große Outlet-Center die
innerstädtischen Handelsmieten. In Augsburg verhindern die Nähe zu München sowie
eine – nicht nur für bayerische Standorte – niedrige Kaufkraft, die auch nicht von einem
ausgeprägten Tourismus kompensiert werden kann, einen Spitzenplatz.
DIE GUTEN RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DEN HANDEL TREIBEN DIE SPITZENMIETEN DER BAYERISCHEN STÄDTE NUR BEDINGT NACH OBEN
50 53 46
44 42
38 36 35
28
23
345
6 297
130 135 145
108 115
40 75 79 85
Fürth Erlangen Regensburg Ingolstadt Städte ohne Augsburg Würzburg Bundesweite Nürnberg Top-Standorte München
München Oberzentren (Top-7)
(Reg-12)
Spitzenmiete im Einzelhandel (2016) in Euro je Quadratmeter Anstieg der Spitzenmiete im Handel von 2006 bis 2016 in %
Quelle: BulwienGesa
Auf der folgenden Seite sind die schon angesprochenen einzelhandelsrelevanten Handelsrelevante Einflussfaktoren
Einflussfaktoren – Einwohnerentwicklung, Arbeitsmarkt, Kaufkraft, Tourismus und weisen hohe Ausprägungen auf
Zentralität – grafisch dargestellt. Auch wenn es vereinzelt Schwachpunkte gibt, sind
die Ausprägungen doch zumeist überdurchschnittlich, zum Teil sogar herausragend.
So dürfte es schwierig sein, eine vergleichbare Ballung starker Einzelhandelsstand-
orte, wie sie Bayern aufweist, zu finden.
13Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Die relevanten Parameter für den Einzelhandel zeigen kaum Schwächen
DANK DES KRÄFTIGEN EINWOHNERWACHSTUMS WÄCHST DAS DIE ZUM TEIL HOHEN BESUCHERZAHLEN ERWEITERN DIE
KÄUFERPOTENZIAL KRÄFTIG REGIONALE KAUFKRAFT SPÜRBAR
Einwohnerentwicklung von 2006 bis 2016 in % Übernachtungen je Tausend Einwohner 2016
München 14 München 9.636
Regensburg Würzburg 7.371
12
Regensburg 7.315
Ingolstadt 10
LK München 6.588
Fürth 9
Nürnberg 6.343
Augsburg 8
Städte ohne München 5.082
Städte ohne München 7
Erlangen 4.900
Nürnberg 6 Ingolstadt 3.855
Erlangen 6 Augsburg 2.649
Würzburg -5 Fürth 2.094
Quelle: Feri Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik
Anmerkung: In Würzburg wurde im Rahmen des Zensus 2011 die Einwohner-
zahl erheblich nach unten korrigiert
DIE ARBEITSLOSENQUOTEN IN DEN BAYERISCHEN STÄDTEN REI- GUT FÜR DEN HANDEL: DIE TASCHEN VIELER BAYERN SIND
CHEN VON SEHR NIEDRIG BIS MODERAT ÜBERDURCHSCHNITTLICH GUT GEFÜLLT
Arbeitslosenquote in % (Oktober 2017) Einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Euro (2016)
Ingolstadt 2,9 Augsburg 6.366
Deutschland 6.485
Bayern 2,9
Würzburg 6.674
Regensburg 3,1
Nürnberg 6.697
Würzburg 3,7
Fürth 6.764
Erlangen 3,8
Bayern 6.836
München 4,0 Ingolstadt 7.010
Fürth 5,0 Regensburg 7.096
Augsburg 5,1 Erlangen 7.419
Nürnberg 5,6 München 7.973
Quelle: Bundesagentur für Arbeit Quelle: BulwienGesa
DIE KAUFKRAFTWERTE VON ERLANGEN, INGOLSTADT UND ATTRAKTIVE STADT, KAUM WETTBEWERB: INGOLSTADT, REGENS-
REGENSBURG LIEGEN AUF DEM NIVEAU DER TOP-STANDORTE BURG UND WÜRZBURG ERREICHEN TOP-ZENTRALITÄTSWERTE
140 200
130 180
120 160
110 140
100 120
90 100
80 80
Augs- Würz- Nürn- Fürth Regens- Ingol- Erlan- München Erlan- München Fürth Augs- Nürn- Ingol- Regens- Würz-
burg burg berg burg stadt gen gen burg berg stadt burg burg
Kaufkraftkennziffer Bundesweiter Durchschnitt Zentralitätskennziffer Bundesweiter Durchschnitt
Quelle: BulwienGesa Quelle: BulwienGesa
14Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Während das Mietniveau zwischen München und den bayerischen Oberzentren mit Bei der Wachstumsrate kann
einer dreimal so hohen Spitzenmiete weit auseinanderklafft, liegt die Mietdynamik der die Münchener Spitzenmiete die
beiden Standortkategorien mit einem Plus von 35 Prozent von 2006 bis 2016 gleich- Oberzentren nicht abhängen
auf. Damit unterscheidet sich die Vermietung von Einzelhandelsimmobilien in Bayern
von der bundesweiten Entwicklung. Denn deutschlandweit ist der Mietanstieg an den
Top-Standorten mit fast 50 Prozent binnen zehn Jahren etwa doppelt so rasch wie in
den Oberzentren mit nicht ganz 25 Prozent erfolgt. Die Erklärung dürfte einerseits im
hohen Mietniveau für Münchener Handelsimmobilien liegen: Aus der größeren Basis
resultiert ein schwächerer prozentualer Anstieg. Andererseits konnten die bayerischen
Oberzentren mit ihrer durchweg positiven Entwicklung gut abschneiden. Zudem hat
das moderate Ausgangsniveau zu vergleichsweise höheren Wachstumsraten geführt.
Wie geht es weiter mit den Spitzenmieten im bayerischen Einzelhandel? Wir gehen Ausblick bis 2018:
davon aus, dass die Mieten das erreichte Niveau im Wesentlichen erst einmal halten Stabile Mieten in den 1A-Lagen
werden. Damit dürfte sich die Mietentwicklung in Bayern im Prognosezeitraum bis
2018 nicht vom bundesweiten Trend unterscheiden. Dabei sind vereinzelte Mietan-
stiege, aber auch kleine Rücksetzer möglich.
PROGNOSE HANDELSIMMOBILIEN
2016 2017e 2018e
München Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 345 (1,5) 345 (0,0) 345 (0,0)
Nürnberg Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 145 (0,0) 145 (0,0) 146 (0,7)
Fürth Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 40 (0,0) 40 (0,0) 40 (0,0)
Erlangen Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 75 (0,0) 75 (0,0) 75 (0,0)
Augsburg Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 115 (0,0) 115 (0,0) 115 (0,0)
Ingolstadt Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 85 -(2,3) 85 (0,0) 85 (0,0)
Regensburg Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 79 (2,6) 79 (0,0) 79 (0,0)
Würzburg Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 130 (1,6) 130 (0,0) 131 (1,0)
Standorte ohne München Spitzenmiete in Euro je m² (in % ggü. Vorjahr) 108,1 (0,2) 108,1 (0,0) 108,5 (0,3)
Die Spitzenmiete repräsentiert einen Mittelwert aus den obersten 3 bis 5 Prozent der Vermietungen des Marktes, sodass der angegebene Wert nicht der
absoluten Top-Miete entspricht.
Quelle: BulwienGesa, Feri, Prognose DZ BANK Research
15Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Büro – Marktsituation und Prognose
Wie für den Handel ist auch das gesamtwirtschaftliche Umfeld für die Büromärkte Das wirtschaftliche Umfeld für die
positiv. Dabei mangelt es angesichts diverser internationaler Krisenherde und deutschen Büromärkte entwickelt
Spannungsfelder nicht an Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft: Die Band- sich nach wie vor positiv
breite reicht von den gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Ukraine und Syrien
über die protektionistischen Bestrebungen des amerikanischen Präsidenten Trump,
den nach wie vor zähen Brexit-Verhandlungen bis zum unklaren wirtschaftlichen Kurs
nach der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag mit nunmehr sechs Fraktionen. Jedoch
sind bislang im Aufschwung nach der Finanzkrise praktisch alle Belastungen am
Wirtschaftsstandort Deutschland abgeperlt. Und die Aussichten sind gut, dass sich
das aktuell robuste gesamtwirtschaftliche Wachstum fortsetzt. So sind nicht nur die
Konjunkturdaten wichtiger Handelspartner wie China und der Vereinigten Staaten
erfreulich; auch die meisten Länder der Eurozone sind auf den Wachstumspfad
zurückgekehrt. Entsprechend positiv fallen die in den beiden nachstehenden
Abbildungen dargestellten Indikatoren aus, die das ifo Institut und das ZEW zu Lage
und Erwartungen von Unternehmen und Konjunktur ermitteln.
DAS VOM IFO INSTITUT ERMITTELTE GESCHÄFTSKLIMA HAT SICH ZU- DIE KONJUNKTURELLEN ERWARTUNGEN DER VOM ZEW BEFRAGTEN
LETZT WEITER VERBESSERT FINANZMARKTEXPERTEN HABEN SICH AUFGEHELLT
Indizes 2005 = 100, saisonbereinigt 100
130
125 80
120 60
115 40
110
20
105
100 0
95 -20
90 -40
85
-60
80
75 -80
70 -100
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Erwartungen ifo Geschäftsklima Lage Konjunkturelle Erwartungen Konjunkturelle Lage
Quelle: ifo Institut Quelle: ZEW
Die Beschäftigung wächst, aber der Neubau von Büros stagniert
Auf den Büromärkten schlägt sich das anhaltende Beschäftigungswachstum in einem In den bayerischen Städten ist die
entsprechend ausgeprägten Büroflächenbedarf nieder. So ist allein an den in diesem Bürobeschäftigung viel stärker als
Bericht untersuchten Büromärkten die Zahl der Bürobeschäftigten von 2006 bis 2016 die Bürofläche gewachsen
von etwas mehr als 700.000 auf fast 900.000 gestiegen. Grob gerechnet werden für
die in den zehn Jahren entstandenen etwa 170.000 Büroarbeitsplätze gut 5 Millionen
Quadratmeter Bürofläche benötigt. Der tatsächliche Flächenzuwachs ist allerdings mit
2,7 Millionen Quadratmetern nur etwa halb so hoch ausgefallen.
Denn trotz der anhaltenden Nachfrage nach Büroflächen zog der Neubau von Büro- Trotz guter Büronachfrage ist keine
und Verwaltungsgebäuden bislang nicht an. Diese Entwicklung lässt sich bundesweit Trendwende beim eher schwachen
beobachten, sie trifft aber genauso auf das hier im Fokus stehende Bundesland Büroneubau zu erkennen
Bayern zu. Hier wurden in den 1990er Jahren pro Jahr rund 500 Büro- und
Verwaltungsgebäude mit einer Fläche von etwa 800.000 bis 1.000.000 Quadratmetern
errichtet. Aber nach den Verwerfungen an den Büromärkten nach der Jahrtausend-
wende, die auf die geplatzte DotCom-Blase und die 9/11-Anschläge folgten, gingen
die Bauaktivitäten spürbar zurück. Statt sich jedoch später wieder zu erholen, zeigt
der Trend bis zum aktuellen Rand trotz des anhaltend kräftigen Beschäftigungsauf-
baus in der erfolgreichen bayerischen Wirtschaft weiter nach unten. So entstanden
16Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
seit 2010 in Bayern im Jahresdurchschnitt nur noch rund 340 Büro- und Verwaltungs-
gebäude mit einer Fläche von gut 500.000 Quadratmetern. Die Wirtschaft wird zudem
immer „dienstleistungslastiger“: Während sich der Anteil der Beschäftigten im
verarbeitenden Gewerbe seit vielen Jahren im Sinkflug befindet, nimmt die Arbeit am
Schreibtisch zu.
DIE BÜROBESCHÄFTIGUNG WÄCHST IM GROSSRAUM MÜNCHEN … … UND DEN OBERZENTREN SCHNELLER ALS DIE BÜROFLÄCHE
20.000 570 10.000 380
19.000 540 9.500 360
18.000 510 9.000 340
17.000 480
8.500 320
16.000 450
8.000 300
15.000 420
7.500 280
14.000 390
13.000 360 7.000 260
12.000 330 6.500 240
11.000 300 6.000 220
1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016
Bürofläche München Stadt plus Landkreis in Tausend m² (links) Bürofläche Städte ohne München in Tausend m² (links)
Bürobeschäftigte München Stadt plus Landkreis in Tausend (rechts) Bürobeschäftigte Städte ohne München in Tausend (rechts)
Quelle: BulwienGesa, Feri Quelle: BulwienGesa, Feri
Die Folgen dieser über viele Jahre anhaltenden Entwicklung sind an den bayerischen Nach dem erfreulichen Leerstands-
Bürostandorten genauso wie an vielen anderen abzulesen: Die vor einigen Jahren abbau sorgt der schwache Bürobau
zum Teil noch recht hohen Anteile leer stehender Büroflächen sind spürbar zurückge- nun für Angebotsknappheit
gangen. Auf diese zunächst erfreuliche Entwicklung schloss sich ein ähnlicher Trend
wie auf dem Wohnungsmarkt an: Büroflächen sind wie Wohnungen zum knappen Gut
geworden. Besonders stark ist München mit einem Leerstandsanteil von nur noch
2 Prozent betroffen. Für den Büromarkt ist das niedrige Leerstandsniveau
insbesondere auch deshalb problematisch, weil es immer schwieriger wird, größere
zusammenhängende Flächen anzumieten. Wenn Nachfrager in zunehmendem Maße
keine geeigneten Flächen finden, kann sich die Büroflächenknappheit auch zum
handfesten Standortnachteil ausweiten.
TROTZ BRUMMENDER WIRTSCHAFT KOMMT DER BÜROBAU NICHT IN GROSSE BANDBREITE: BÜROFLÄCHENBESTAND DER
SCHWUNG BETRACHTETEN STANDORTE IM VERGLEICH
600 1.200 Bürofläche in Millionen Quadratmetern (2016)
Fürth 0,5
500 1.000
Ingolstadt 0,6
400 800
Würzburg 1,0
300 600
Regensburg 1,0
200 400
Erlangen 1,1
100 200 Augsburg 1,4
0 0 Nürnberg 3,6
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
LK München 4,6
Fertigstellung Bürogebäude, Anzahl (links)
Fertiggestellte Nutzfläche in Bürogebäuden in Tausend m² (rechts) München 13,7
Quelle: BulwienGesa Quelle: Feri, BulwienGesa
17Immobilienmarkt Bayern 2017 | 2018
Müssten nicht deshalb in großer Zahl Büroobjekte errichtet werden? Aus der aktuellen Die Büroflächennachfrage könnte
Marktlage heraus ist die Antwort ein eindeutiges „Ja“. Allerdings besteht die Wahr- in der Zukunft sinken
scheinlichkeit, dass sich die Büromärkte in der Zukunft – vor allem während der
Lebensdauer von heute gebauten Bürogebäuden – nachhaltig verändern. Zum einen
könnte die Beschäftigung merklich zurückgehen, wenn die geburtenstarken Baby-
boomer-Jahrgänge etwa ab 2020 in den Ruhestand gehen: Von 1959 bis1968 wurden
jährlich mehr als 1,2 Millionen Kinder in Deutschland geboren. Die Jahrgänge ab Ende
der 1990er Jahre, die dann als Berufsstarter beginnen werden, zählten dagegen nur
etwa 700.000 bis 800.000 Kinder. Zum anderen dürfte die fortschreitende Digitalisie-
rung die schon heute ausgeprägte Mobilität der Bürotätigen noch ausweiten. Wenn
aber eine sinkende Zahl von „Kopfarbeitern“ in zunehmendem Maße von zuhause, im
Wohnmobil oder im Ferienhaus arbeitet, könnte der Büroflächenbedarf in klassischen
Büroobjekten deutlich niedriger als heute ausfallen. Klar ist das aber nicht, denn
Zuwanderer könnten die freien Arbeitsplätze besetzen. Und „Digital Natives“ zieht es
womöglich häufiger in den geselligen Kollegenkreis, als es technisch notwendig wäre.
Büro – Entwicklung an den einzelnen Standorten
Sowohl in München als auch in den bayerischen Oberzentren ist die Bürobeschäfti- In München und den sieben
gung in den zurückliegenden zehn Jahren von 2006 bis 2016 deutlich stärker als die Oberzentren wächst die Bürobe-
Bürofläche gestiegen. Lediglich der große Bürostandort im Landkreis München weist schäftigung viel stärker als die
bei der relativen Entwicklung ein ausgeglichenes Ergebnis auf. Der wachsende Büro- Bürofläche
bedarf hat an den meisten Standorten aber nicht zu einer Beschleunigung der Bau-
aktivitäten geführt. In Relation zum Büroflächenbestand sind in fünf der acht Städte
von 2007 bis 2016 weniger Büroflächen als in den zehn Jahren davor entstanden. In
Erlangen, Fürth und Ingolstadt verhält es sich zwar umgekehrt, aber auch hier konnte
die Bürofläche nicht mit der stark wachsenden Bürobeschäftigung Schritt halten.
Insgesamt ist die Bürofläche der im Marktbericht enthaltenen Standorte um 11 Prozent
auf 27,5 Millionen Quadratmeter gestiegen. Zwei Drittel davon betreffen den
Büromarkt im Großraum München mit über 18 Millionen Quadratmetern.
DIE BÜROBESCHÄFTIGUNG WÄCHST IN ALLEN STÄDTEN SCHNELLER IN FÜNF STÄDTEN IST DER FLÄCHENNEUZUGANG IN DEN
ALS DIE BÜROFLÄCHE VERGANGENEN 10 JAHREN GESUNKEN
Veränderung von 2006 bis 2016 in % Durchschnittlicher jährlicher Büroflächenneuzugang in % des Bestandes
50 3,0
45
40 2,5
35
2,0
30
25 1,5
20
15 1,0
10
0,5
5
0 0,0
Mün- LK Mün- Nürn- Fürth Erlan- Augs- Ingol- Regens- Würz- Mün- Nürn- Fürth Erlan- Augs- Ingol- Regens- Würz-
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Bürofläche Beschäftigung Durchschnitt von 1997 bis 2006 Durchschnitt von 2007 bis 2016
Quelle: BulwienGesa, Feri Quelle: BulwienGesa
Die Verknappung des Büroangebots zeigt sich am deutlichsten im stark rückläufigen Hohe Leerstandsraten am Büromarkt
Anteil leer stehender Büroflächen in München. Von 2006 bis 2016 ist hier die Leer- sind heute kein Thema mehr
standsquote um zwei Drittel – von über 7 Prozent um gut 5 Prozentpunkte in Richtung
von 2 Prozent – gefallen. Dagegen ist der Abwärtstrend in den Oberzentren deutlich
schwächer ausgeprägt. Damit unterscheiden sich die bayerischen Bürostandorte von
der Entwicklung bundesweiter Oberzentren, in denen der Leerstand ausgeprägter
gesunken ist – allerdings auch von einem höheren Niveau aus. Bezogen auf die
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