Dritte Start- und Landebahn für MUC - ein Muss! - IHK Studie, April 2015 Voraus für die Wirtschaft - IHK München
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2 | Eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur ist Grundlage für die Mobilität von Menschen und Gütern, für die Versorgung aller Wirtschafts- und Lebensbereiche. Sie ist somit einer der wichtigsten Standortfaktoren im globalen Wettbewerb und exis- tenziell für das Funktionieren unserer exportorientierten Wirtschaft. Dies gilt in ganz besonderem Maße für einen Flughafen wie den Münchener Flughafen „Franz Josef Strauß“. Volkswirtschaftlich betrachtet ist der Flughafen München deutlich mehr als ein Element der Infrastruktur. Er hat sich seit seiner Inbetriebnahme 1992 kontinuierlich zu einem wichtigen europäischen Luftverkehrsdrehkreuz entwickelt. „MUC“ bietet aufgrund der Drehkreuzfunktion insbesondere international tätigen Unternehmen ein breites Spektrum an weltweiten Nonstop-Verbindungen, auf die diese Unternehmen angewiesen sind. In den wichtigen Bereichen wie Tourismus, Kongress- und Messever- kehr sowie Luftfrachtverkehr trägt der Flughafen damit wesentlich zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Münchens, Bayerns und Deutschlands bei. Optimale Auslandsanbindungen und viele direkte Interkontinentalverbindungen lassen München und Oberbayern in der „ersten Liga“ in der weltweiten Vernetzung der wich- tigsten Wirtschaftszentren spielen. Wohlstand, Prosperität, geringe Arbeitslosigkeit Peter Driessen, und hohe Lebensqualität sind die Folge dieser Anbindung für München, Oberbayern Hauptgeschäftsführer, IHK für München und Oberbayern und darüber hinaus für ganz Bayern. Wer argumentiert, der Ausbau sei überflüssig, verkennt die geostrategische Lage. Das Wachstum der Weltwirtschaft verlagert sich immer stärker nach Asien, Osteuropa und Südamerika. Bayerns Wirtschaft und Tou- rismus braucht in München einen leistungsfähigen Flughafen, um von diesem Boom zu profitieren und nicht den Anschluss zu verlieren. Mit der zunehmenden Globalisie- rung bzw. Internationalisierung der Wirtschaftsprozesse wächst die Bedeutung dieser Gateway-Funktion. Der Flughafen München wirkt aber auch und gerade als stabilisierender Faktor und Wachstumsgeber für die Region und generiert zahlreiche positive Effekte am Standort. Das Projekt „Dritte Start- und Landebahn“ befindet sich seit vielen Jahren in der Planung, der Zeitpunkt der tatsächlichen Realisierung ist aktuell noch offen. Daher ist der Flughafen München im Bereich der luftseitigen Kapazität auf den Status beschränkt, den er seit seiner Eröffnung hat. Bereits heute sind die beiden Start- und Landebahnen mit durchschnittlich gut 1.000 Bewegungen pro Tag hoch ausgelastet. Dies gilt vor allem für Tageszeiten, die für die Wirtschaft als Nutzer (Geschäftsreiseluftverkehr/ Luftfracht) von Bedeutung sind. Die IHK für München und Oberbayern hat in dieser Studie untersuchen lassen, welche Auswirkungen bei einem Ausbau des Münchener Flughafens für den Wirtschafts- standort Oberbayern zu erwarten sind und welche Folgen ein Verzicht auf dieses Projekt hätte.
| 3 In der Studie wird herausgearbeitet, wie wichtig der Luftverkehr für die Wirtschaft in der Region München und Oberbayern ist. Durch eine Vielzahl von Unternehmensge- sprächen wird in zwei Szenarien (Ausbau und Nichtausbau des Flughafens München) aufgezeigt, in welchem globalen Netz die Unternehmen agieren und wie der Flughafen München in dieses Netz integriert ist. Ebenso beleuchtet die Studie die volkswirt- schaftliche Bedeutung des Flughafens München für das Flughafenumland und für Deutschland. Dabei werden auch kontroverse Themen, wie Fluglärm und Entwicklung der Flugbewegungen, nicht ausgeblendet. Die Frage einer dritten Start- und Landebahn ist mehr als die nach der reinen Zahl an aktuellen Flugbewegungen oder Passagieren. Es geht in erster Linie um mittel- und langfristige Entscheidungen, die heute getroffen werden müssen, damit der Flughafen München zukunftsfähig aufgestellt ist und seine Rolle als Wirtschaftsfaktor für die Region und als internationales Drehkreuz auch in Zukunft ausfüllen kann. Sollte bis zum Jahr 2025 am Flughafen München keine Kapazitätserweiterung durch eine dritte Start- und Landebahn erfolgen, werden weite Teile der bayerischen Wirt- schaft schlechtere Rahmenbedingungen für ihr Marktwachstum haben. Bayern wird sich im Wettbewerb der deutschen und europäischen Wirtschaftsregionen nachhaltig verschlechtern. Für die IHK für München und Oberbayern ist die Notwendigkeit des Flughafenausbaus zwingend. Basis hierfür sind unser gesetzlicher Auftrag, das Gesamtinteresse der Wirtschaft Oberbayerns zu vertreten, sowie die klaren Beschlüsse von IHK-Verkehrs- ausschuss, Präsidium, Vollversammlung und unserer 14 IHK-Gremiumsausschüsse nach einem intensivem Abstimmungs- und Abwägungsprozess, bei dem auch die Contra-Argumente sorgfältig geprüft wurden. Es ist zu respektieren, wenn Bürger die dritte Startbahn ablehnen. Fluglärm ist ein Problem. Deshalb ist eine Planfeststellung, ein offener Dialog mit den Betroffenen, sind Entschädigungspflichten für besonders betroffene Anwohner und vieles mehr in diesem Prozess wichtig. Aber: Beim Gesamtblick auf alle durch den Flughafenausbau zu erwartenden Auswir- kungen zeigt sich nach Auffassung der IHK, dass die positiven Effekte weit über das direkte Umland und die Flughafenregion hinausstrahlen und allen zu Gute kommen. Deshalb ist die dritte Start- und Landebahn jetzt ein Muss für München, für Oberbay- ern und auch für Bayern! Peter Driessen
4 | Inhaltsverzeichnis 0 Management Summary 6 1 Einleitung 10 1.1 Zielstellung der Studie 10 1.2 Methodisches Vorgehen 11 2 Profil des Flughafens München 13 2.1 Funktion und Stellung des Flughafens München in Deutschland und Europa 13 2.2 Verkehrsangebot (Destinationen und Frequenzen) 16 2.3 Bedeutung der Luftfracht 18 2.4 Geschäftsreiseflugverkehr (Allgemeine Luftfahrt) 20 2.5 Drehkreuzfunktion 22 2.6 Landseitige Erreichbarkeit 24 2.7 Ausblick 25 2.7.1 Engpassfreie Verkehrsprognoseszenarien 25 2.7.2 Engpass-Verkehrsprognoseszenario („Prognosenullfall“) 27 3 Flughafen München als Wirtschaftsmotor 29 3.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 30 3.1.1 Räumliche Eingrenzung 30 3.1.2 Wirtschaftsentwicklung 33 3.1.3 Wirtschaftsstruktur 35 3.2 Metaanalyse regionalökonomischer Effekte des Flughafens München 36 3.2.1 Definition und Abgrenzung regionalwirtschaftlicher Effekte 36 3.2.2 Beschäftigte am Flughafen München 37 3.2.3 Direkte, indirekte und induzierte Effekte 39 3.2.4 Katalytische Effekte 43
| 5 3.3 Regionalökonomische Grundlagen für die Studienszenarien Ausbau/Nicht-Ausbau 46 3.3.1 Direkte Beschäftigungsintensität 46 3.3.2 Direkte Wertschöpfungsintensität 47 3.3.3 Beschäftigungs- und Wertschöpfungsmultiplikatoren 48 4 Folgewirkungen zum Ausbau/Nicht-Ausbau Flughafen München 49 4.1 Szenario „Erhalt des Status Quo“ 49 4.1.1 Quantitative Auswirkungen 49 4.1.2 Qualitative Auswirkungen 52 4.1.2.1 Tourismus 53 4.1.2.2 Geschäftsreiseflugverkehr 55 4.1.2.3 Kongress- und Messeverkehr 58 4.1.2.4 Luftfrachtverkehr 59 4.2 Folgewirkungen im Szenario „Ausbau des Flughafens“ 61 4.2.1 Quantitative Auswirkungen 61 4.2.2 Qualitative Auswirkungen 65 4.2.2.1 Tourismus 65 4.2.2.2 Geschäftsreiseflugverkehr 66 4.2.2.3 Kongress- und Messeverkehr 67 4.2.2.4 Luftfrachtverkehr 68 5 Exkurs: Verbesserung landseitige Erreichbarkeit Flughafen München 71 6 Exkurs: Fluglärm 73 7 Fazit 75 8 Verzeichnisse 76
6 | 0 Management Summary Der Flughafen München ist ein wichtiges europäisches Luftverkehrsdrehkreuz. Er bietet nicht zuletzt aufgrund der Drehkreuz- funktion insbesondere international tätigen Unternehmen ein breites Spektrum an weltweiten Nonstop-Verbindungen. Diese Unternehmen sind auf eine dementsprechend hohe Verbindungs- und Vernetzungsqualität angewiesen, bspw. um globale Produk- tionsstandorte oder zeitkritische Ersatzteillogistikketten aufrechtzuerhalten. In der vorliegenden Studie wird herausgearbeitet, wie wichtig der Luftverkehr am Standort München für die Wirtschaft in der Region München und Oberbayern ist. Durch eine Vielzahl von Unternehmensgesprächen wird in zwei Szenarien (ohne und mit Bau der dritten Start- und Landebahn) aufgezeigt, in welchem globalen Netz die Unternehmen agieren und wie der Flughafen München in dieses Netz integriert ist. Ferner wird die volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens München quantitativ für die Flughafen- region und Deutschland dargestellt. Flughafenprofil und Ausblick Der Flughafen München ist im Passagierluftverkehr der zweitgrößte deutsche und siebtgrößte europäische Flughafen. Er wurde in den letzten Jahren durch die Lufthansa und die Star Alliance-Partnerfluggesellschaften zu einem sehr bedeutenden Drehkreuzflug- hafen ausgebaut. Der Anteil Umsteiger an der Gesamtanzahl ankommender und abfliegender Fluggäste beträgt inzwischen 39 %. Die Auslastung der beiden vorhandenen Start- und Landebahnen ist bereits heute in Spitzenzeiten sehr hoch, so dass Zusatznach- frage nach Start- und Landezeitfenstern nicht befriedigt werden kann. In den „engpassfreien“ Verkehrsprognoseszenarien, die den Bau einer dritten Start- und Landebahn inkludieren, soll die Anzahl der Starts und Landungen im sogenannten Basis-Prognose- szenario auf 590.000 Starts und Landungen im Jahr 2025 ansteigen. Im „Prognosenullfall“, der keine dritte Start- und Landebahn vorsieht, wird hingegen von einer Anzahl von 480.000 Flugbewegungen ausgegangen, so dass mehr als 100.000 Flugbewegungen nicht realisiert werden könnten, wenn die dritte Start- und Landebahn nicht gebaut werden würde. Flughafen München als Wirtschaftsmotor Der Flughafen München hat als Infrastruktureinrichtung mit internationaler Bedeutung einen signifikanten wirtschaftlichen Einfluss auf die ihn umgebende Region. Am Flughafencampus direkt wurde im Jahr 2012 von 32.250 Beschäftigten eine Bruttowertschöp- fung in Höhe von 2,48 Mrd. Euro erwirtschaftet. Zusätzlich bewirkt der Betrieb des Flughafens in der Region und in Deutschland noch weitere Beschäftigungs- und Bruttowertschöpfungseffekte. Durch modellhafte Berechnungen wurde für das Jahr 2012 eine zusätzliche Beschäftigung in ganz Deutschland in Höhe von 36.000 Personen und eine zusätzliche Bruttowertschöpfung in Höhe von 2,39 Mrd. Euro ermittelt. Auf jeden direkt am Flughafen München Beschäftigten kommen in der Folge in ganz Deutschland noch einmal 1,13 Beschäftigte hinzu. Hiervon sind in etwa die Hälfte im Flughafenumland beschäftigt. Auf jeden Euro Bruttowertschöpfung am Flughafen München kommt noch einmal etwa ein Euro an Bruttowertschöpfung in ganz Deutschland hinzu. 60 % hiervon fallen in der Flughafenregion an. Szenario „Nicht-Bau der dritten Start- und Landebahn“ Aufgrund der Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung des Flughafens München von der Anzahl der Flugpassagiere bzw. der Verkehrseinheiten ist im Szenario „Nicht-Bau der dritten Start- und Landebahn“ (Engpass-Verkehrsprognoseszenario bzw. „Progno- senullfall“ als quantitative Grundlage) lediglich mit einem entsprechend geringeren Wachstum der Effekte zu rechnen als im Szenario „Bau der dritten Start- und Landebahn“. So steigt die Anzahl der Beschäftigten im „Prognosenullfall“ im Jahr 2025 auf knapp 36.500 Personen und die Bruttowertschöpfung auf etwa 2,92 Mrd. Euro. Dies ist im Verhältnis zum Jahr 2012 eine Steigerung um 13 % für die Beschäftigtenanzahl bzw. 18 % für die Bruttowertschöpfung. Durch die Multiplikatoreffekte generiert der Betrieb des Flug- hafens zusätzlich noch etwa 41.000 Beschäftigte sowie eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 2,82 Mrd. Euro in Deutschland.
0 MANAGEMENT SUMMARY | 7 Ohne Realisierung der dritten Start und Landebahn werden weite Teile der bayerischen Wirtschaft jedoch schlechtere Rahmenbe- dingungen für ihr weiteres Wachstum erhalten. Da Start- und Landezeitfenster zunehmend knapper werden, können die Fluggesell- schaften ihr Angebot zukünftig weniger als vom Markt gewünscht ausbauen. Folglich werden die Preise für Flugtickets tendenziell steigen. Hiervon ist auch der Tourismus in Bayern betroffen, der bislang eine lange Wachstumsgeschichte vorzuweisen hat. Der Flughafen München wird als Drehkreuzflughafen weniger attraktiv, da nicht mehr Flüge in die „Knotenzeiten“ gelegt werden können, während andere Drehkreuze (Beispiele Abu Dhabi, Doha, Dubai, Istanbul) kontinuierlich ausgebaut werden. Die Drehkreuz- qualität könnte auch in der Weise leiden, dass Verbindungen, die mit kleineren Flugzeugtypen bedient werden, zugunsten der aufkommensstarken Strecken mit größeren Flugzeugen gestrichen werden. Das wachsende Luftfrachtaufkommen wird zunehmend über andere Flughäfen transportiert werden. Dies ist durch einen verlang- samten Ausbau der Drehkreuzfunktion im Passagierluftverkehr bedingt, denn bei fehlender Ausbaumöglichkeit innereuropäischer Verbindungen werden auch weniger Interkontinentalflüge mit typischerweise großer Frachtbeilademöglichkeit geschaffen werden. Die Luftfrachtbranche wird weniger Strukturen zur Konsolidierung von Luftfrachtaufkommen aus Süddeutschland und den Nach- barstaaten in München aufbauen, so dass weiterhin kaum Nurfrachterverbindungen im interkontinentalen Luftfrachtverkehr von und nach München angeboten werden. Szenario „Bau der dritten Start- und Landebahn“ Einhergehend mit der wachsenden Anzahl der Passagiere und der Verkehrseinheiten sind im Falle eines Ausbaus auch deutlich positive, durch den Betrieb des Flughafens München generierte wirtschaftliche Effekte zu verzeichnen. Hierbei ist insbesondere herauszustellen, dass sich die positiven ökonomischen Wirkungen insbesondere am Flughafencampus selbst und auch im direkten Flughafenumland in der Region entfalten. In den engpassfreien Verkehrsprognoseszenarien, die dem Szenario „Bau der dritten Start- und Landebahn“ zu Grunde liegen, steigt im Basis-Verkehrsprognoseszenario mit einem mittleren prognostizierten Wirtschaftswachstum die Anzahl der Beschäftigten am Flughafen München bis zum Jahr 2025 um 64 % verglichen mit dem Basisjahr 2012 auf über 53.000 Beschäftigte an. Die Brutto- wertschöpfung steigt ebenfalls um 60 % auf dann 3,98 Mrd. Euro. Für ganz Deutschland steigt gemäß modellhafter Berechnungen die Anzahl der durch den Flughafen generierten Beschäftigten von etwa 68.600 auf dann knapp unter 113.000 Beschäftigten im Jahr 2025 an (+64 %). Hiervon entfallen mit etwa 85.000 Beschäftig- ten etwa 75 % auf den Flughafencampus und das nähere Flughafenumland. Die Bruttowertschöpfung wird im Basis-Verkehrsprognoseszenario bis 2025 für das Gebiet Deutschlands um 60 % auf 7,81 Mrd. Euro ansteigen. Der regionale Anteil der erzeugten Wertschöpfung des Flughafens sowie des Flughafenumlandes ist hier mit 80 % noch etwas höher als bei der Beschäftigtenanzahl. Im Falle der Realisierung der dritten Start- und Landebahn wird der Flughafen München den Bedarfen der geschäftlich und privat reisenden Passagiere entsprechen. Es werden freie luftseitige Kapazitäten vorhanden sein, die zum einen den Ausbau der Dreh- kreuzfunktion des Flughafens ermöglichen, und die ebenso Wachstumsmöglichkeiten für alle weiteren Fluggesellschaften schaffen. Darüber hinaus bestehen Marktzutrittsmöglichkeiten für Fluggesellschaften, die neue oder zusätzliche Flugverbindungen schaffen können. Tendenziell wird die Wettbewerbsintensität erhöht, so dass die Flugreisenden eher die Chance erhalten, zu günstigen Kondi- tionen zu reisen. Hiervon wird insbesondere auch der Tourismus in Bayern profitieren. Durch den weiteren Ausbau der Drehkreuzfunktion und der generellen Angebotsausweitung in Form zusätzlicher Destinationen und Frequenzen wird die bayerische Wirtschaft in ihrem Wachstums- und Internationalisierungsstreben unterstützt. Hiervon profitiert besonders auch das Messe- und Kongresswesen.
8 | Der Luftfrachtverkehr wird indirekt vom Ausbau der Drehkreuzfunktion profitieren, da dann mehr Interkontinentalstrecken mit gro- ßer Frachtbeiladekapazität geschaffen werden. Wenn zusätzlich die Logistikbranche ihre Konzepte derart gestaltet, dass Luftfracht- aufkommen aus Süddeutschland und aus den Nachbarstaaten am Flughafen München weiter konsolidiert wird, könnten auch mehr interkontinentale Nurfrachterverbindungen geschaffen werden. Die Allgemeine Luftfahrt, darunter individuelle (Geschäfts-) Flüge mit eigenen oder gemieteten Flugzeugen, wird in ihrem grund- sätzlichen Vorteil, der Flexibilität, nicht eingeschränkt, weil ausreichend Start- und Landezeitfenster auch für dieses Marktsegment der Luftfahrt zur Verfügung stehen werden. Die zusammenfassende Abbildung zeigt die teils deutlich negativen Auswirkungen im Nicht-Ausbau-Szenario. Die Intensität der negativen Auswirkungen ist unterschiedlich. Insgesamt ist der Nicht-Ausbau deutlich negativ zu werten, weil eine Stagnation faktisch als Rückschritt zu werten ist, da andere Standorte (Flughäfen, Wirtschaftsstandorte) sich parallel weiterentwickeln und ihre Wettbewerbsvorteile ausspielen werden. Abb. 0: Zusammenfassung Szenarien SZENARIO 1: SZENARIO 2: AUSWIRKUNGEN STATUS QUO AUSBAU (3. BAHN) Flugangebot Destination Frequenz Marktzutritt / Wettbewerb Drehkreuzfunktion Luftfrachtverkehr (Regionale) Wirtschaft Messe- und Kongresswesen Geschäftsreiseflugverkehr Allgemeine Luftfahrt Tourismus Quelle: UNICONSULT, 2015
0 MANAGEMENT SUMMARY | 9 Verkehrsanbindung Die Verkehrsanbindung des Flughafens München muss weiter verbessert werden. Dies gilt insbesondere auch für die Schienenan- bindung. Neben den Projekten, die eine Verbesserung der Anbindung Ostbayerns an den Flughafen ermöglichen, sollte auch eine Verbesserung, insbesondere Beschleunigung der schienenseitigen Anbindung der Münchener Innenstadt erfolgen. Hierzu ist neben Ausbaumaßnahmen an der Strecke über Ismaning auch eine zweite S-Bahn-Stammstrecke erforderlich, damit mehr Züge in die Münchener Innenstadt fahren können. Lärm Die auf der dritten Start- und Landebahn stattfindenden Starts und Landungen werden zusätzlichen Fluglärm generieren. Bezogen auf die drei Start- und Landebahnen und deren jeweiliges flughafennahes Umfeld wird jedoch die Lärmbelastung geringer werden, weil die beiden bestehenden Start- und Landebahnen weniger hoch als heute ausgelastet sein werden. Dies gilt bis zu dem Zeit- punkt, an dem alle drei Start- und Landebahnen so hoch ausgelastet sein werden, wie es die beiden heute bestehenden Bahnen bereits sind. Ferner wird die Lärmmenge je Bewegung aufgrund von Verbesserungen im Bereich der Flugzeugtechnologie weiter abnehmen. Auch aufgrund des ständigen Bemühens der Fluggesellschaften zur Treibstoffeinsparung werden diese ihre Flotten entsprechend nach- rüsten und wie bislang ständig modernisieren. Abb. 1: Flughafen München Foto: Pinus Text & Bild
10 | 1 Einleitung Der internationale Flughafen München „Franz Josef Strauß“ ist als modernes, internationales Drehkreuz im Luftverkehr seit 1992 in Betrieb. Seit seiner Eröffnung haben sich Flugbewegungen und Passagierzahlen sowie die umgeschlagenen Luftfrachtmengen vervielfacht. Mit 377.000 Flugbewegungen, rund 39,7 Millionen (Mio.) Passagieren und 309.000 Tonnen (t) Luftfracht im Jahr 2014 nimmt der zweitgrößte deutsche Flughafen eine wichtige Gateway-Funktion für die bayerische Wirtschaft ein. Vor allem im Hin- blick auf die Bereiche Tourismus, Geschäftsreiseverkehr, Kongress- und Messeverkehr sowie Luftfrachtverkehr trägt der Flughafen wesentlich zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Münchens, Bayerns und Deutschlands bei. Mit zunehmender Globalisierung bzw. Internationalisierung der Wirtschaftsprozesse wird die Bedeutung dieser Gateway-Funktion zunehmen. Damit wird auch die Funktion des Flughafens als Drehkreuz mit hochfrequenten Direktverbindungen zukünftig eine entscheidende Rolle für die Wettbe- werbsfähigkeit der gesamten Region München/Oberbayern spielen. Das Wachstum des Flughafens München ist jedoch aktuell und mittelfristig durch die Kapazitätsrestriktionen der beiden Start- und Landebahnen begrenzt. Bereits heute sind die beiden Start- und Landebahnen mit durchschnittlich gut 1.000 Bewegungen pro Tag (Summe beider Bahnen) hoch ausgelastet. Dies gilt vor allem für Tageszeiten, die für die Wirtschaft als Nutzer (Geschäftsreiseluft- verkehr/Luftfracht) von Bedeutung sind. Durch den Bau einer dritten Start- und Landebahn ließe sich die Anzahl möglicher Starts und Landungen pro Stunde (Koordinati- onseckwert) von derzeit 90 auf 120 steigern. Dies könnte vielfältige positive Auswirkungen auf das Luftverkehrsangebot haben, bis hin zur Verfügbarkeit günstiger Flugtickets aufgrund einer höheren Wettbewerbsintensität. 1.1 Zielstellung der Studie Der Bau einer dritten Start- und Landebahn für den Flughafen München befindet sich inzwischen seit mehreren Jahren in der Planung. Der Zeitpunkt der Realisierung ist aktuell offen. Daher ist der Flughafen München im Bereich der luftseitigen Kapazität auf den Status beschränkt, den er seit seiner Eröffnung im Jahr 1992 hat. Landseitig wurden und werden die Kapazitäten deutlich ausgebaut (z. B. Bau des Satellitengebäudes vor Terminal 2). Mit Blick auf die prognostizierten zukünftigen Passagierzahlen und der Ausschöpfung nahezu aller Möglichkeiten betrieblicher Optimierungen entsteht dadurch ein Missverhältnis aus landseitiger und luftseitiger Kapazität des Münchener Flughafens. Dieses kann durch den Bau einer dritten Start- und Landebahn ausgeglichen werden, da dann zukünftig ca. 120 Flugbewegungen pro Stunde ermöglicht werden. Sofern die dritte Start- und Landebahn nicht realisiert werden kann, würde das genannte Missverhältnis weiter existieren und sich bei steigenden Passagierzahlen verschärfen. Dies hätte Auswirkungen nicht nur für den Flughafen und die dort tätigen Fluggesell- schaften, sondern auch für die gesamten Nutzer des Münchener Flughafens. Ziel der Studie ist es deshalb, die Bedeutung des Flug- hafens München für München, Bayern und Deutschland darzustellen. Es soll insbesondere untersucht werden, mit welchen Folgen bei einem Nicht-Ausbau des Flughafens zu rechnen ist (Hauptziel der Untersuchung). Dabei sollen insbesondere die Auswirkungen auf die folgenden Marktsegmente des Flughafens herausgearbeitet werden: ■ Tourismus ■ Geschäftsflugverkehr ■ Kongress- und Messeverkehr ■ Luftfrachtverkehr Weiteres Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Funktion und Bedeutung des Flughafens München als logistisches Bindeglied der im Raum München und in Oberbayern angesiedelten und weltweit agierenden Unternehmen darzustellen. Die bereits vielfach unter- suchten quantitativen regionalökonomischen Wirkungen des Flughafens München sollen durch empirisch-qualitative Aussagen von Wirtschaftsakteuren ergänzt und untermauert werden.
1 EINLEITUNG | 11 Abb. 2: Haupt- und Nebenziel der Studie Mögliche Folgewirkungen eines Nicht-Ausbaus des Flughafens München Wirkungsanalyse Tourismus, Geschäftsreiseflugverkehr, Luftfracht, Messe/Kongress Regionalökonomische Wirkung MUC Flughafenprofil München (Bedeutung/Funktion) Quelle: UNICONSULT, 2015 Um diese Ziele zu erreichen wird ein strukturiertes methodisches Vorgehen gewählt, welches im folgenden Kapitel beschrieben wird. 1.2 Methodisches Vorgehen Die methodische Bearbeitung der vorliegenden Untersuchung erfolgt in drei aufeinander aufbauenden Schritten (siehe folgende Abbildung). Dabei wird folgendes Vorgehen gewählt: ■ Sichtung und Analyse vorhandener Daten und Statistiken (Erhebung von Sekundärdaten). ■ Fachgespräche mit Unternehmen und Institutionen im IHK-Bezirk München und Oberbayern der Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik, Chemie/Pharma, Fahrzeugbau, Logistik/Transport, Handel, IT/DV-Elektronikoptik, Banken und Versicherungen, Messe/Kongress und Tourismus sowie Hotel- und Gaststättengewerbe (Erhebung von Primärdaten). ■ Einbringung der UNICONSULT-Expertise im Bereich Luftverkehr, Transport und Logistik zur Sicherung belastbarer, realistischer und marktnaher Aussagen. Abb. 3: Methodischer Rahmen der Studie Statistiken, Desktop Research, Arbeitsschritt 1: Flughafenprofil München Uniconsult-Expertise 1| Bedeutung, Verkehrsangebot, „Drehkreuz“-Funktion Arbeitsschritt 2: Flughafen München als Wirtschaftsmotor Standortdaten, Multiplikatoren 2| Grundlegende regionalökonomische Verflechtung Empirische Daten, Testimonials, Arbeitsschritt 3: Szenarien Ausbau und Nicht-Ausbau des Flughafens Uniconsult-Expertise 3| Folgewirkungen für die Wirtschaft München/Oberbayern Quelle: UNICONSULT, 2015
12 | 1 EINLEITUNG Basierend auf vorhandenen Studien, aktuellen Statistiken zum Flughafen München und Expertenwissen seitens der Gutachter wird im Rahmen des ersten Arbeitsschrittes ein übersichtliches Profil des Flughafens München erarbeitet. Dabei werden Funktion und Stellung des Flughafens München in Deutschland und Europa, das Verkehrsangebot (Destinationen und Frequenzen), die Bedeutung der Luftfracht, der Geschäftsreiseflugverkehr und die Funktion des Flughafens als Drehkreuz beschrieben. Auch werden aktuell vorliegende Prognosen zur Verkehrsentwicklung am Flughafen München bis zum Jahr 2025 ausgewertet. Im zweiten Arbeitsschritt wird basierend auf sekundärstatistischen Daten die regionalökonomische Bedeutung des Flughafens München dargestellt. Dafür werden die zu dieser Themenstellung bereits vorhandenen Studien ausgewertet. Des Weiteren werden darauf basierend quantitative Aussagen getroffen, welche für eine Darstellung der quantitativen Folgewirkungen je Szenario ver- wendet werden. Auf der Grundlage der in den beiden ersten Arbeitsschritten durchgeführten Analysen werden im dritten Arbeitsschritt Szenarien für mögliche Folgewirkungen entwickelt, die aus dem Nicht-Ausbau (kein Bau einer dritten Start- und Landebahn) bzw. aus dem Ausbau (Bau der dritten Start- und Landebahn) des Münchener Flughafens für die Wirtschaft in München und Oberbayern resultieren. Dazu wurden 27 strukturierte, persönliche Interviews mit Unternehmen und Interessensvertretern im IHK-Bezirk München und Oberbayern durchgeführt. Die zu befragenden Akteure wurden in einem mehrstufigen Verfahren identifiziert. Voraussetzung für eine Befragung war, dass die jeweiligen Unternehmen bzw. Institutionen international tätig sind und zu ihrer Leistungserstellung weltweit via Flughafen München mit Zulieferern, Kunden, weiteren eigenen Unternehmensbereichen und Dienstleistern verflochten sind. Um ein möglichst breites Spektrum an Folgewirkungen und Marktaussagen zu erhalten, wurden sowohl klein- und mittel- ständische als auch Großunternehmen unterschiedlicher Branchen (z. B. Elektronik, Logistik, Fahrzeugbau, Chemie, Hotel- und Messe- und Kongressgewerbe) befragt. Die im Rahmen der strukturierten persönlichen Gespräche mit Unternehmen und Institutionen gewonnenen Aussagen und Erkenntnisse werden in der vorliegenden Studie anonymisiert verarbeitet. Einige Akteure erklärten sich dazu bereit, öffentlichkeitswirksame Aussagen zur Bedeutung des Flughafens München und seinem Ausbau zu treffen („Testimonials“). Die aus der Befragung gewonnenen empirisch-qualitativen Daten werden genutzt, um gemeinsam mit den in Arbeitspaket 2 erhobenen regionalökonomischen Multiplikatoren und den in Arbeitspaket 1 dargelegten Passagier- und Luftfrachtprognosezahlen aussagekräftige Szenarien quantitativ und qualitativ zu beschreiben. Die folgende Abbildung zeigt diese methodischen Schritte. Abb. 4: Methodik zur Szenarienbeschreibung Beschreibung Szenarien Durchführung Unternehmensbefragungen (mit und ohne Ausbau Flughafen München) Vorbereitung Unternehmensbefragungen Auswertung Unternehmensbefragungen Darstellung der beiden Szenarien Ergebnisse Arbeitspakete 1 und 2 (qualitativ und quantitativ) Quelle: UNICONSULT, 2015
2 PROFIL DES FLUGHAFENS MÜNCHEN | 13 2 Profil des Flughafens München Die Darstellung des Profils des Flughafens München erfolgt in fünf Teilkapiteln (siehe folgende Abbildung). Aufgrund der Bedeutung des Flughafens als Drehkreuzstandort (Hub) wird diesem Aspekt ein separates Kapitel gewidmet. Die Drehkreuzfunktion besitzt einen überragenden Stellenwert für die Qualität des Flugplans, für die Leistungen und den unternehmerischen Erfolg des Flughafens sowie letztendlich als Standortfaktor für die Wirtschaft im Einzugsgebiet des Flughafens. Abb. 5: Bestandteile des Flughafenprofils München Funktion, Stellung in Deutschland und Europa Verkehrsangebot (Destinationen und Frequenzen) Bedeutung der Luftfracht Geschäftsreiseflugverkehr (Allgemeine Luftfahrt) Bedeutung als Drehkreuzflughafen (Hub) Quelle: UNICONSULT, 2015 2.1 Funktion und Stellung des Flughafens München in Deutschland und Europa Der Flughafen München ist gemessen am Fluggastaufkommen des Jahres 2014 der zweitgrößte deutsche und siebtgrößte europäi- sche Flughafen. Auf der Rangliste der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt stand München mit 39,7 Mio. Fluggästen im Jahr 2014 auf dem 31. Platz. In Deutschland ist der Flughafen München gemessen am Fluggastaufkommen nach Frankfurt eindeutig die Nr. 2, da die Flughäfen Düsseldorf und Berlin-Tegel mit knapp 22 Mio. bzw. knapp 21 Mio. Fluggästen im Jahr 2014 deutlich weniger Fluggäste verzeichneten. Mit Ausnahme von Hamburg hatten alle anderen deutschen Flughäfen ein Fluggastaufkommen von weniger als 10 Mio. im Jahr 2014. Tab. 1: Übersicht Verkehrsdaten der verkehrsreichsten Flughäfen in Deutschland 2014 FLUGGÄSTE STARTS UND LANDUNGEN LUFTFRACHT (MIO.) (1.000) (1.000 TONNEN) Frankfurt 59,6 469 2.132 München 39,7 377 309 Düsseldorf 21,9 211 97 Berlin Tegel 20,7 182 41 Hamburg 14,8 154 29 Quelle: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) e.V., 2015
14 | Der Marktanteil des Münchener Flughafens an den Fluggästen aller deutschen Flughäfen betrug im Jahr 2014 rund 19 %. Dieser Wert betrug im Jahr 1993, dem ersten vollen Betriebsjahr nach der Eröffnung, noch 13 %. Seitdem ist der Marktanteil kontinuierlich gewachsen. Dies ist durch ein deutlich schnelleres Wachstum des Flughafens München seit seiner Eröffnung bedingt (siehe folgende Indexdar- stellung). Während sich die Fluggastanzahl im Durchschnitt der deutschen Flughäfen von 1993 bis 2014 mehr als verdoppelt hat, hat sich die Anzahl in München in dem Zeitraum verdreifacht. Abb. 6: Indexdarstellung Fluggastentwicklung Flughafen München und ADV-Flughäfen 1993 bis 2014 im Vergleich Quelle: UNICONSULT, auf Basis Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) e.V., 2015 In Europa haben nur die Flughäfen London-Heathrow, Paris-Charles de Gaulle, Frankfurt, Istanbul, Amsterdam und Madrid ein größeres Fluggastaufkommen. München hat ein deutlich größeres Fluggastaufkommen als benachbarte Drehkreuzflughäfen (Zürich, Wien, Mailand-Malpensa). Tab. 2: Übersicht Verkehrsdaten der größten Flughäfen in Europa im Jahr 2014 FLUGGÄSTE (MIO.) London Heathrow 73,4 Paris Charles de Gaulle 63,8 Frankfurt 59,6 Istanbul 57,0 Amsterdam 55,0 Madrid 41,8 München 39,7 Rom Fiumicino 38,5 London-Gatwick 38,1 Barcelona 37,6 Quelle: ADV, jeweilige Flughäfen, www.airline-update.com, 2015
2 PROFIL DES FLUGHAFENS MÜNCHEN | 15 Abb. 7: Flughafen München Quelle: Pinus Text & Bild Im Jahr 2014 wuchs der Flughafen weiter. Die Gesamtanzahl Fluggäste ist um rund +3 % auf 39,7 Mio. Fluggäste gewachsen. Das Wachstum in München ist je nach Verkehrsregion unterschiedlich. Der innerdeutsche Verkehr stagnierte, während der innereuro- päische internationale Verkehr um knapp +3 % und der Interkontinentalverkehr sogar um +7 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen sind. Gründe für das Wachstum im Interkontinentalverkehr sind – unter anderem – vier neue Langstreckenverbindungen (Air China 4x/Woche zusätzlich zu Lufthansa nach Shanghai, Lufthansa 5x/Woche nach Mexiko City und zusätzlich zu Air Canada täglich nach Toronto, United Airlines täglich nach Houston). Mit über 9,3 Mio. Fluggästen im Inlandsverkehr im Jahr 2014 ist der Flughafen München aufkommensstärkster deutscher Flughafen in diesem Marktsegment. Dies belegt, dass Kurzstreckenluftverkehr nicht einfach auf andere Verkehrsträger zu verlagern ist – höchstens durch eine Anbindung an das Fernschienennetz. Im Europa- und Interkontinentalverkehr ist München hinter Frankfurt und mit sehr deutlichem Abstand vor Düsseldorf und Berlin-Tegel zweitgrößter Flughafen in Deutschland. Das sehr hohe Fluggastaufkommen des Münchener Flughafens ist neben dem hohen Aufkommen des Einzugsgebietes durch einen vergleichsweise hohen Anteil an Umsteigern determiniert. Dieser lag im Jahr 2013 bei 39 %. Das lokale Fluggastaufkommen hat einen Anteil von 61 %.
16 | Interessant ist die Analyse der Umsteiger: 32 % der Umsteiger steigen auf dem Weg zwischen einem ausländischen und einem inländischen Flughafen in München um. 68 % der Umsteiger steigen auf dem Weg zwischen zwei ausländischen Flughäfen in Mün- chen um. Dies unterstreicht, dass der Flughafen München nicht nur für das Einzugsgebiet (Anreise mit Landverkehrsmitteln) und Deutschland (Umsteiger von und nach Inlandsflügen), sondern auch international sehr bedeutsam ist. Die Bedeutung als Umsteige- ort geht dabei über Europa hinaus, da auch interkontinentale Umsteigeverbindungen via München, beispielsweise von Indien in die USA, möglich sind. Die Anzahl Flugbewegungen, gemessen in Starts und Landungen, betrug betrug 377.000 im Jahr 2014, womit sich die Anzahl gegenüber 1993, dem ersten vollen Betriebsjahr, fast exakt verdoppelt hat. Für Lufthansa, die zum Lufthansa-Konzern gehörenden Fluggesellschaften und die Star Alliance ist München ein sehr bedeutender Drehkreuzflughafen (Hub). Aufgrund der sehr hohen Kapazitätsauslastung des Flughafens Frankfurt (bis zur Eröffnung der Nord- west-Landebahn im Herbst 2011) hat die Lufthansa den Flughafen München über sehr lange Zeit systematisch zu einem Drehkreuz- flughafen ausgebaut. Ein wichtiger Meilenstein hierzu war die Eröffnung des Terminals 2 am Flughafen München im Jahr 2003. Für Air Berlin ist der Flughafen München ein bedeutender Flughafen im Streckennetz. Im Sommer 2014 fanden – zumindest Montag bis Freitag – ca. 100 Flugbewegungen statt. Die Zahl hat sich gegenüber früheren Perioden reduziert, da im Rahmen der Kosten- senkungsprogramme das Angebot von Air Berlin immer mehr auf die Flughäfen Berlin-Tegel und Düsseldorf konzentriert wird. Im Vergleich zu Lufthansa ist die Bedeutung des Flughafens München für Umsteigeverbindungen von Air Berlin gering. Im Luftfrachtverkehr gehört München mit knapp 310.000 Tonnen geflogener Luftfracht und Luftpost nicht zu den führenden Flug- häfen Europas. Die vier großen europäischen Luftfrachtflughäfen Amsterdam, Frankfurt, London-Heathrow und Paris-Charles de Gaulle hatten im Jahr 2013 ein Luftfrachtaufkommen von jeweils zwischen 1,5 und 2,1 Mio. Tonnen. Allerdings ist in München das Luftfrachtaufkommen im Jahr 2014 um +7,5 % gewachsen. 2.2 Verkehrsangebot (Destinationen und Frequenzen) Der Flugplan des Flughafens München ist durch ein sehr umfangreiches Angebot an Destinationen und Frequenzen gekennzeichnet. Die Anzahl gewerblicher Flugbewegungen im Linien- und Ferienflugverkehr dokumentiert das Verkehrsangebot. Diese betrug gemäß ADV-Statistik am Flughafen München im Jahr 2014 knapp 369.000, d. h. im Tagesdurchschnitt wurden rund gut 1.000 Starts und Landungen durchgeführt. Die Anzahl der Starts und Landungen ist in München gegenüber früheren Jahren zurückgegangen, da die Fluggesellschaften aus Effizienzgründen im Durchschnitt immer größere Flugzeuge einsetzen. Flugzeuge mit 50 oder weniger Sitzplätzen sind im Linien- flugverkehr inzwischen nahezu vom Markt verschwunden. Diese Entwicklung hält im Jahr 2014 noch an. Der Rückgang der Anzahl an Flugbewegungen hat sich in München jedoch verlangsamt, im Durchschnitt aller deutschen Flughäfen steigt die Anzahl Flugbe- wegungen im Jahr 2014 leicht. Neben zahlreichen deutschen und europäischen Destinationen werden gut 40 Destinationen im interkontinentalen Langstrecken- flugverkehr angeboten, von denen im Sommer 2014 knapp 30 auch mindestens einmal täglich nonstop angeflogen wurden. Im Interkontinentalverkehr besitzen die USA, Kanada, der Ferne Osten, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate einen sehr hohen Stellenwert. In diesen Regionen werden viele wichtige Ziele zumeist täglich angeflogen. Nach Südamerika und Afrika ist das Ange- bot nur gering. Australien wird nicht angeflogen. Mehrere touristisch interessante Ziele in Nordamerika, Afrika und Asien werden nicht (mehr) angeflogen. Beispiele hierfür sind Calgary, Jakarta, Malé, Mombasa, Phuket, Windhuk sowie mehrere Ziele in der Karibik. Alle Destinationen wurden allerdings in vergleichsweise geringer wöchentlicher Frequenz angeflogen. Gründe für die Streckeneinstellungen sind neben der geänder- ten Netzwerkstrategie von Air Berlin auch die große und stetig gewachsene Konkurrenz der Fluggesellschaften Emirates, Etihad Airways, Qatar Airways und Turkish Airlines. Eine Destination, die es bereits mehrfach in der Vergangenheit im Angebot gab, wird
2 PROFIL DES FLUGHAFENS MÜNCHEN | 17 zum Winterflugplan 2014 / 2015 wieder in den Flugplan aufgenommen: Lufthansa wird täglich nonstop wieder nach Miami fliegen. Ebenso wird wieder Kapstadt im Winter angeflogen. Diese Destination wird bereits seit mehreren Jahren nur im Winter angeflogen. Im europäischen Verkehr, nach Nordafrika und in den Nahen Osten wurden im Sommer 2014 rund 150 Destinationen (ohne Inlands- ziele) angeboten, von denen 85 mindestens einmal täglich angeflogen wurden. Wichtige europäische Destinationen wie beispiels- weise London-Heathrow und Paris-Charles de Gaulle wurden täglich ein Dutzend Mal oder öfter angeflogen. Rund um das Mittel- meer ist die Anzahl der Destinationen besonders hoch, da sich hier viele interessante Urlaubsziele befinden. Diese wurden jedoch teilweise nur saisonal und in geringer Frequenz angeflogen. Im innerdeutschen Verkehr ist München Marktführer. Es werden 17 Destinationen angeboten, wobei die Ziele Heringsdorf und Westerland/Sylt nicht ganzjährig angeboten werden. Durch das sehr umfangreiche Angebot der Lufthansa und teilweise Air Berlin bestehen nach Hamburg, Düsseldorf, Köln/Bonn, Frankfurt und Berlin-Tegel stündliche Verbindungen. Aufgrund der schwierigen Marktbedingungen für den regionalen Luftverkehr mit Flugzeugen, die 50 oder weniger Sitze haben, werden die Strecken nach Erfurt, Magdeburg-Cochstedt und Saarbrücken nicht mehr angeboten. Dies ist auch durch den Marktaustritt der drei Luftverkehrs- unternehmen, welche die Strecken zuletzt bedient haben, bedingt. Ein genereller Trend ist der zunehmend geringer werdende Einsatz von Turbopropflugzeugen. Nach Betriebseinstellung von Augs- burg Airways im Herbst 2013, die zuletzt zehn Bombardier DH8-400 (Q400) am Flughafen München stationiert hatte, werden inzwi- schen fast alle Flüge mit Jets durchgeführt. Lediglich die Unternehmen Air Baltic, Croatia Airlines, Luxair und SkyWork führen noch regelmäßig Flüge mit modernen Turbopropflugzeugen durch. Der Trend zur Ausmusterung von Turbopropflugzeugen hat möglicher- weise auch zur Einstellung von einzelnen Destinationen geführt (Beispiele: Klagenfurt und Linz). Abb. 8: Übersicht Fernziele Flughafen München Quelle: Flughafen München GmbH, 2015
18 | Insgesamt ist festzustellen, dass das Flugplanangebot gut ist. In Deutschland und Europa werden alle wichtigen Destinationen angeboten, in mehreren Fällen könnte die Anzahl der Frequenzen höher sein. Destinationen wie Bordeaux, Larnaca, Porto, Reykjavik, und Valencia werden nicht täglich angeboten. Im Gegensatz zu anderen Flughäfen ist das Marktsegment der „Low cost carrier“ in München weniger stark ausgeprägt. Hier sind in erster Linie Fluggesellschaften wie Easyjet, Norwegian, Ryanair und Vueling gemeint, die teilweise in den letzten Jahren sehr expansiv ihr Angebot ausgeweitet haben. Ryanair fliegt den Flughafen München nicht an und die anderen drei genannten Flugge- sellschaften bieten wöchentlich rund 100 Flüge ab München an, was einem Durchschnitt von rund 14 Abflügen pro Tag entspricht. Inwiefern der Lufthansa-Konzern mit seinem „Wings“-Konzept (aktuell Eurowings und Germanwings) zukünftig mehr Flüge auf der Kurzstrecke oder im geplanten Langstreckenverkehr von und nach München anbieten wird, ist noch nicht bekannt. Damit sind „Low cost carrier“ in München deutlich unterrepräsentiert. Tendenziell ist damit eine geringere Verfügbarkeit günstiger Flugtickets als an anderen Standorten verbunden. Ein zu nennendes Beispiel ist Berlin. Easyjet hat am Flughafen Berlin-Schönefeld eine Flotte von neun Flugzeugen stationiert. Es werden 35 Destinationen und täglich ca. 38 Abflüge angeboten. Zudem bieten Air Berlin, Germanwings, Norwegian, Ryanair und Vueling Flüge von und nach Berlin an. Die Einwohner der Metropolregion Berlin- Brandenburg und der Tourismus der Stadt Berlin und der Region Berlin-Brandenburg profitieren erheblich vom Angebot günstiger Flüge. Größere luftseitige Kapazitäten am Flughafen München durch den Bau einer dritten Start- und Landebahn könnten die genannten Fluggesellschaften ermuntern, ihre Anzahl Flüge zu erhöhen, da diese zum Zweck einer möglichst intensiven Flottennutzung eng- passfreie Flughäfen bevorzugen. Ferner ist festzustellen, dass die Wettbewerbsintensität auf vielen Strecken gering ausgeprägt oder nicht vorhanden ist. Dies gilt insbesondere auch für den innerdeutschen und den Interkontinentalverkehr. Innerdeutsch werden trotz des hohen Verkehrsauf- kommens nur vier Strecken im Wettbewerb angeboten (Berlin-Tegel, Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn). Von den täglich angeflo- genen Langstreckenzielen wird nur Dubai im Wettbewerb angeflogen (sofern die von zwei Star-Alliance-Mitgliedern angebotenen Strecken nicht als Wettbewerbsmärkte angesehen werden). Auch hier gilt, dass verfügbare Flughafenkapazitäten den Wettbewerb begünstigen können. 2.3 Bedeutung der Luftfracht Der Flughafen München liegt bezogen auf die Anzahl geflogener Tonnen Luftfracht im Jahr 2014 auf dem vierten Ranglistenplatz deutscher Flughäfen. 2014 wurden – ohne Transitfracht – gut 309.000 Tonnen Luftfracht von und nach München geflogen. Der Flughafen liegt hinter Frankfurt, Köln/Bonn und Leipzig. Die beiden zuletzt genannten Flughäfen besitzen ein außerordentlich hohes Luftfrachtaufkommen aufgrund der Drehkreuze von United Parcel Service (Köln/Bonn) bzw. DHL (Leipzig). In der Rangliste der deutschen Flughäfen folgen Hahn, Düsseldorf, Berlin-Tegel, Stuttgart und Hamburg, die jedoch mit Ausnahme von Hahn ein Luftfrachtaufkommen von teils deutlich unter 100.000 Tonnen im Jahr 2014 aufweisen. Bezogen auf den gesamten Luftfrachtumschlag in Deutschland (geflogene Fracht) besaß München im Jahr 2014 einen Marktanteil in Höhe von rund 7 %. Da- mit ist der Luftfrachtverkehr eher unterdurchschnittlich ausgeprägt, denn Bayern ist bei Luftfrachtein- und -ausfuhr das zweitauf- kommensstärkste Bundesland. In München ist der Luftfrachtverkehr insbesondere durch die Beiladung von Luftfracht auf interkontinentalen Passagierlinien- flügen gekennzeichnet. Der Anteil von Luftfracht und Luftpost, die mit Nurfrachterflügen der Kurierdienste, als Postflug und im klassischen (interkontinentalen) Luftfrachtverkehr geflogen wurde, betrug im Jahr 2014 gut 15 % (knapp 48.000 von gut 309.000 Tonnen). Bei den Nurfrachterflügen entfällt der größte Anteil auf die Kurier- und Expressdienste (3.222 von 3.507 Nurfrachter- Starts und -Landungen im Jahr 2014). Die Kurierdienste DHL, Federal Express, TNT und UPS fliegen in erster Linie ihre europäischen Drehkreuzflughäfen in Leipzig (DHL), Köln/Bonn (Federal Express und UPS), Paris-Charles de Gaulle (Federal Express) und Liège
2 PROFIL DES FLUGHAFENS MÜNCHEN | 19 (TNT) an. Interkontinentale Nurfrachtliniendienste gibt es vergleichsweise wenig (40 Bewegungen im Jahr 2014). Der relativ geringe Nurfrachteranteil Münchens ist auch dadurch bedingt, dass die aktuellen land- und luftseitigen Kapazitäten sowie insbesondere die Nachtflugregelung die Etablierung eines Luftfrachtdrehkreuzes ähnlich zu denen in Köln/Bonn oder Leipzig nicht zulassen. In den Jahren 1992 bis 1996 betrug der Umschlag geflogener Luftfracht noch unter 100.000 Tonnen pro Jahr. Seitdem hat ein kon- tinuierliches Wachstum stattgefunden, das in nennenswertem Ausmaß nur durch die Wirtschaftskrise Ende des letzten Jahrzehnts unterbrochen wurde. Die bedeutendsten Herkunfts- und Zielregionen werden – wie bislang – Nordamerika, die Arabischen Halbinsel sowie Ostasien sein. Auch in der Zukunft wird von einer sehr hohen Bedeutung der Beiladefracht auf Langstreckenflügen ausgegangen. Das Aufkommen einzelner Relationen könnte jedoch soweit steigen, das ergänzende Nurfrachterflüge erforderlich sind. Ähnlich wie bei den großen Luftfrachtflughäfen Europas kann Wachstum weiteres Wachstum unterstützen, denn eine größer werdende Anzahl landseitiger und luftseitiger Anschlussverbindungen kann die Attraktivität eines Luftfrachtumschlagplatzes steigen lassen, beispielsweise wenn viele Luftfrachtspeditionen ein dichtes Netz von Anschlusstransportmöglichkeiten etablieren. So entstehen Größenvorteile, die vergleich- bar sind mit den Vorteilen, die im Passagierflugverkehr durch die Drehkreuzsysteme erzielt werden. Das Wachstum des Luftfrachtumschlags hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Investitionen nach sich gezogen, von denen auch die Umlandgemeinden profitieren. Neben dem Luftfrachtzentrum, das im Jahr 2012 durch das neue Speditionszentrum auf dem Flughafengelände nördlich der bestehenden Luftfrachtanlagen ergänzt wurde, befinden sich zahlreiche Standorte von Spe- ditionen in Hallbergmoos, Freising, Oberding, Neufahrn und Schwaig. Diese und weitere Standorte werden von dem erwarteten Wachstum des Luftfrachtaufkommens profitieren, da geflogene Luftfracht unmittelbar weitere logistische Prozesse bedingt. Abb. 9: Frachtflieger in München Foto: GG
20 | Ohne dritte Start- und Landebahn ist auch der Luftfrachtverkehr einer Situation mit drohenden Kapazitätsengpässen ausgesetzt. Die für den Passagierluftverkehr relevanten Effekte werden sich unmittelbar auswirken, da ein Großteil des Luftfrachtverkehrs Beiladung auf Passagierflügen ist. Das Luftfrachtaufkommen wird folglich teilweise andere Routen nehmen, in dem es zu bzw. von anderen Flughäfen per Lkw transportiert wird, oder erst gar nicht entsteht, da die Unternehmen im Einzugsgebiet des Münchener Flughafens aufgrund anderer Produktions- und Logistikkonzepte luftverkehrerzeugende Wertschöpfung an anderen Standorten realisieren. Für den Bereich der Nurfrachterflüge sind von Engpässen bedrohte Flughäfen in hohem Maße unattraktiv. Die Fluggesellschaften versuchen, die Flugzeuge möglichst effizient, d. h. viele Stunden am Tag fliegen zu lassen. Wenn Starts- und Landungen zu ge- wünschten Zeiten aufgrund fehlender Start- und Landezeitfenster nicht möglich sind, werden die Fluggesellschaften die Umläufe ihrer Flugzeuge ändern und den Flughafen München nicht einbeziehen. In Mitteleuropa gibt es zahlreiche Alternativen, da aufgrund des dichten Autobahnnetzes Luftfracht in nur wenigen Stunden zu einem anderen Flughafen gefahren werden kann. Dies erklärt, warum beispielsweise der Flughafen Luxemburg zu den größten europäischen Lufttrachtflughäfen gehört, obwohl Luxemburg selbst wenig originäres Luftfrachtaufkommen besitzt. Stimme aus der Wirtschaft „Unsere Frachtmengen, unser Umsatz und unsere Mitarbeiterzahlen sind unmittelbar von der Anzahl und den Frequenzen an Destinationen des Flughafens München abhängig.“ Georg Reischl Spedition GmbH 2.4 Geschäftsreiseflugverkehr (Allgemeine Luftfahrt) Von den verschiedenen Segmenten der Allgemeinen Luftfahrt ist am Flughafen München insbesondere der Geschäftsreiseflugver- kehr vertreten. Hierzu zählen gewerbliche Flüge zu geschäftlichen Zwecken mit Taxiflugunternehmen und der Werkluftverkehr, der in der Statistik zu den nicht-gewerblichen Flügen zählt. Beide Marktsegmente haben für die regionale Wirtschaft eine besondere Bedeutung, da im Geschäftsreiseflug und im Werkverkehr oft Mitarbeiter der Top-Managementebene reisen. Für diese Personen ist es besonders wichtig, zu Wunschzeiten starten oder landen zu können, da die Flüge fallweise und dabei teilweise kurzfristig geplant werden. Bei den aktuellen Slotvergabeverfahren, die für voll koordinierte Flughäfen mit Zwang zur Vorab-Beantragung von Start- und Landezeitfenstern angewendet werden, besitzen jedoch regelmäßig verkehrende Flüge Vorrang vor Einzelflügen. Von daher muss der Geschäftsreiseflugverkehr verbleibende Zeitfenster nutzen. Bei einem starken Anstieg des Linienflugverkehrs und starrem Kapazitätsangebot wird der Geschäftsreiseflugverkehr immer mehr in seiner zeitlichen Flexibilität eingeengt werden. Ausreichende Start- und Landebahnkapazitäten mit verfügbaren Start- und Landezeitfenstern sind daher für den Geschäftsreiseflugverkehr besonders bedeutend.
2 PROFIL DES FLUGHAFENS MÜNCHEN | 21 Im Jahr 2014 betrug die Anzahl der nicht-gewerblichen und der gewerblichen Flugbewegungen ohne den Linien- und Pauschal- flugverkehr knapp 17.300. Somit entfielen 4,6 % aller Flugbewegungen auf dieses Marktsegment. Mehr als 2.800 Bewegungen des Marktsegmentes der Allgemeinen Luftfahrt wurden mit Flugzeugen, die ein maximales Startgewicht von mehr als 25 Tonnen haben, durchgeführt. Tab. 3: Fluggäste und Flugbewegungen in der Allgemeinen Luftfahrt in 2014 FLUGGÄSTE STARTS UND (1.000) LANDUNGEN Taxi- und Gesundheitsflug 21,2 7.572 Sonstiger Gelegenheitsverkehr 2.731 Werkverkehr 11,0 2.183 Privater Reiseflug 5,4 2.124 Trainingsflug 145 Bundesgrenzschutz, Flugsicherung, Regierungsflug 2.521 Quelle: Flughafen München GmbH, 2015 In der Luftverkehrsprognose für das Planfeststellungsverfahren für die dritte Start- und Landebahn (Ergänzende Szenariobetrach- tungen zur Luftverkehrsprognose 2020) wird im Basis-Verkehrsprognoseszenario von einer Anzahl von 27.000 Flugbewegungen im sonstigen gewerblichen und im nicht-gewerblichen Verkehr in den Jahren 2020 und 2025 ausgegangen. Je nach Verkehrs- prognoseszenario mit niedrigerem oder höherem Wirtschaftswachstum und Betrachtungsjahr (2020 oder 2025) wird von einer Bewegungsanzahl zwischen 25.000 und 27.000 ausgegangen. Im „Prognosenullfall“ werden jedoch gut 23.000 Flugbewegungen angenommen. In der Luftverkehrsprognose ist möglicherweise dieses Marktsegment noch unterrepräsentiert, denn seit mehreren Jahren ist ein Trend zu kleinen und kostengünstigen Jets festzustellen. Diese leisten einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum des Marktseg- mentes. Beispiele für diese Very Light Jets sind die Eclipse 500, Cessna 510 Citation und die Phenom 100. Zum Marktsegment der Allgemeinen Luftfahrt gehören des Weiteren auch Flüge von wohlhabenden Privatpersonen, beispielsweise aus dem arabischen Raum, mit eigenen Großraumflugzeugen (Boeing 767, 777 oder 747), für die München ein sehr wichtiges Ziel ist.
22 | 2.5 Drehkreuzfunktion Die aktuelle Bedeutung des Flughafens München als Drehkreuzflughafen wurde bereits kurz beschrieben. Nur durch die Erfüllung einer Drehkreuzfunktion sind sehr hohe Verkehrszahlen möglich. Typisch für Drehkreuzflughäfen ist, dass sie Aufkommen mehre- rer Flughäfen bündeln. So kann auf den einzelnen Strecken, die zum und vom Drehkreuzflughafen führen, eine höhere Frequenz angeboten werden als in einer Situation, in der nur das lokale Aufkommen eines Städtepaares bedient wird. Zudem ist es so möglich, Strecken anzubieten, die allein mit Hilfe des Lokalaufkommens wirtschaftlich nicht betrieben werden können. Die lokalen Nutzer eines Drehkreuzflughafens profitieren sehr stark von diesen beiden positiven Effekten, der hohen Anzahl von Frequenzen und Destinationen. Das Lufthansa- bzw. Star-Alliance-Drehkreuz besitzt einen überragenden Stellenwert für die Verbin- dungsqualität des Münchener Flughafens und somit für die positiven regionalökonomischen Effekte des Flughafens. Aufgrund der hohen Kapazitätsauslastung ist es nicht unbegrenzt möglich, das Drehkreuz auszubauen. Da in einer gegebenen Zeitspanne nur eine bestimmte Anzahl Flüge (Starts und Landungen) zu einer „Drehkreuz-Welle“ koordiniert werden können, sinkt bei weiterem Ausbau von „Drehkreuz-Wellen“ mit zusätzlichen Flügen die Verbindungsqualität (gemessen in durchschnittlicher Um- steigezeit). Die Landezeiten ankommender und die Startzeiten abfliegender Flugzeuge ziehen sich in die Länge. Im Idealfall würden alle Flugzeuge gleichzeitig landen und nach einer Zeit des Umsteigens und Umladens des Gepäcks würden alle Flugzeuge wieder gleichzeitig starten. Von daher würde die Drehkreuzfunktion Münchens durch die Realisierung der dritten Start- und Landebahn eine sehr gute Verbes- serung der Betriebsbedingungen erfahren. Durch die Realisierung der dritten Start- und Landebahn könnten auch andere Flugge- sellschaften profitieren, da sie wieder eine Chance bekämen, ein nennenswertes Drehkreuz am Flughafen München zu etablieren. Lufthansa hat München systematisch zu einem Drehkreuzflughafen ausgebaut. Der Münchener Flughafen ist neben Frankfurt zweiter Standort überhaupt, denn inzwischen wurde das Kurzstreckengeschäft der Lufthansa an allen anderen Standorten auf Ger- manwings übertragen. Im Herbst 2014 sind in München 71 Flugzeuge der Muttergesellschaft und 41 Maschinen der Lufthansa City Line stationiert. Ferner werden die zehn stationierten Maschinen der Konzerngesellschaft Air Dolomiti fast ausschließlich zwischen München und Italien eingesetzt. Neben den beiden weiteren Konzernunternehmen Austrian und Swiss ist ein Großteil der Star-Alliance Partner, auch von außerhalb Europas, in das Drehkreuz einbezogen. Von den gut 20 Star-Alliance-Fluggesellschaften fliegen 18 den Flughafen München an; davon sind acht von außerhalb Europas. Alle acht Fluggesellschaften fliegen München mindestens einmal täglich an. Aufgrund der zahlreichen europäischen Anschlüsse ist München eine sehr interessante Destination für diese Carrier. Ferner sind in das Drehkreuz weitere Fluggesellschaften eingebunden, mit denen Lufthansa zusammenarbeitet. Beispiele hierfür sind Air Malta und Luxair. Die Anzahl täglicher Abflüge beträgt im Oktober 2014 rund 420: ■ Lufthansa Konzernmutter: 180 ■ Lufthansa City Line: 150 ■ Air Dolomiti: 40 ■ Weitere Star Alliance Partner und Partner: 55 Im Herbst 2014 sind rund 135 Destinationen in das Star-Alliance-Drehkreuz München einbezogen, wobei ca. 105 Ziele mindestens einmal pro Tag angeflogen werden. 25 Destinationen sind dem Interkontinentalverkehr zuzurechnen. Bei der Oneworld-Allianz ist die Drehkreuzfunktion weitaus geringer ausgeprägt. Von den aktuell 14 Oneworld-Fluggesellschaften fliegen sieben den Flughafen München an, wobei mit Ausnahme von British Airways und Air Berlin die maximale Anzahl Flüge
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