Indikatoren einer staats- und technologieinduzierten Infrastruktur-Innovation "eIDM" in Deutschland - ISInova Workshop 7.11.08
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
ISInova Workshop 7.11.08 Indikatoren einer staats- und technologieinduzierten Infrastruktur-Innovation „eIDM“ in Deutschland Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 1 tnoack@ifib.de
Inhalt 1. Forschungsfrage und Gegenstand 2. Analysekonzepte und Theorien 3. Fallanalyse/Innovationsbeschreibung Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 2 tnoack@ifib.de
ifib – Institut für Informationsmanagement Bremen seit 2003 Forschungs- und Beratungsinstitut an der Uni Bremen gemeinnützige GmbH, Gesellschafter: Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Freien Hansestadt Bremen e.V. Arbeitschwerpunkte: wissenschaftsgestützte Beratung zum E-Government wissenschaftsgestützte Beratung zu IT-Einsatz und IT-Management in Bildungseinrichtungen wissenschaftliche Forschung zum E-Government wissenschaftliche Forschung zu Educational Technologies
1.1 Forschungsfrage VW-Stiftungsprojekt „Innovationen im staatlichen elektro- nischen Identitätsmanagement – ein Ländervergleich“ im Rahmen des Programms „Innovationsprozesse in Ökonomie und Gesellschaft“ (Bearbeitung: Prof. H. Kubicek, T. Noack) Innovationen von Großtechnischen Systemen (GTS) werden von der Innovationsforschung fast völlig ausgeblendet (trotz empirischer Relevanz) und von der politikwissenschaftlichen Forschung nur einseitig als Politikfeldproblem thematisiert. Deshalb ein Teilprojekt: die rekonstruierende Fallanalyse einer staats- und technologieinduzierten GTS-Innovation am Beispiel einer Infrastruktur-Innovation mit dem Staat als Hauptakteur und Anwendung eines gegenstandsadäquaten Analysekonzeptes, des sektoralen Wandels eines soziotechnischen Systems Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 4 tnoack@ifib.de
1.2 Forschungsgegenstand I Fallanalyse zur Einführung eines digitalen/ elektronischen Identitätsmanagement (eIDM) im Verhältnis Staat Bürger wesentliches Element ist die neue Technologie des elektronischen Personalausweises (ePA) und weitere infrastrukturellen Neuerungen (Lesegeräte, SW+HW, Zertifizierungen, …) einschließlich der implizierten Veränderungen von Gesetzen, Institutionen, Verwaltungs- strukturen, -organisation und -abläufen Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 5 tnoack@ifib.de
1.3 Forschungsgegenstand II typbildende Merkmale für GTS bzw. Infrastrukturinnovation: große räumliche (infrastrukturell) und zeitliche Ausdehnung (ePA-Gültigkeit mindestens 10 Jahre ) Wechselverhältnis technologischer (Produkt, Prozess) und sozialer (organisationaler, rechtlicher, kultureller) Faktoren Innovation ist staats- und technologieinduziert kein marktwirtschaftlich gesteuerter Prozess, Staat als Hauptakteur in dynamischen Akteurskonstellationen mit Effekten von Pfadabhängigkeiten Ausgestaltung ist stark von rechtlichen Regelungen im Innovationsverlauf abhängig Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 6 tnoack@ifib.de
1.4 Forschungsgegenstand III gegenstandsadäquate Analysekonzept muss: die speziellen Akteurskonstellationen die Dynamik und Muster dieser Konstellationen den Technologieeinfluss den institutionellen Einfluss und deren Zusammenspiel, die Regulationsmuster in einem systematischen Zusammenhang empirisch abbilden und erklären können. Die Ansätze der IS (Innovationssysteme) und STS (Soziotechnische Systeme) bilden dazu das entsprechende theoretische Fundament ergänzt um einen Analyseansatz sektoralen Wandels und Phänomenen der Pfadabhängigkeit und -kreation Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 7 tnoack@ifib.de
2.1 innovationstheoret. Einordnung Bezug auf folgende Theorieansätze: Grundlegend: Innovationssysteme (IS) IS/NIS/LIS - Nelson, Freemann, Edquist Sektorale Innovationssysteme (SIS – Malerba) LTS/GTS (Hughes, Mayntz) Spezifizierend: Sozio-Technische Systeme (STS, Geels, Kemp) Systemtransitionen, in denen soziale und technische Elemente stark verbunden sind und ein kohärentes System bilden Integrierend: Wandel sektoraler Systeme (Dolata) + Pfadabhängigkeit und –kreation (Sydow) Sektorale Analyseebene mit Verknüpfung von technischen, strukturellem und institutionellen Wandel unter Beachtung von Pfadeffekten Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation 8 tnoack@ifib.de "elektronischer Personalausweis"
2.2 innovationstheoret. Einordnung Dolata: Sektorale Innovationssysteme ein Sektor konstituiert sich über die einzuführende Technologie in deren Einführungs- und Nutzungszusammenhang entsteht ein komplexes soziales und technisches Beziehungsgeflecht (mit Regulationsmustern), das die zu betrachtende sektorale Innovation definiert Sektorale Transformationsverläufe mit graduellen organisationalen, strukturellen und institutionellen Wandel sind typisch im Sektor werden sozioökonomische und kulturelle Strukturen mit den in ihnen handelnden Akteuren und die jeweiligen Techniktypen, auf denen sich ihr Handeln bezieht, analysiert Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 9 tnoack@ifib.de
2.3 innovationstheoret. Einordnung analytische Kategorien, Variablen 1. Technologische Profil (Typ der Technik, Nutzungsmuster und –voraussetzungen, Wissensbasis, Endogene/Exogene Technik, Entwicklungsdynamik) 2. Sozioökonomische Strukturen und Institutionen (Industrie– und Unternehmensstrukturen, Forschungs-, Produktions-, Markt-, Nachfragestrukturen, Sozio-ökonomische Einbettung) Diese konstituieren sektorale Regulationsmuster, welche den selbst geschaffenen Handlungsspielraum der Akteure markieren. 3. Akteure und Interaktionsmuster (korporative, individuelle, nichtorganisierte kollektive Akteure und kompetitive, kooperative, verhandlungsorientierte, zivilgesellschaftliche Interaktionen) Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation 10 tnoack@ifib.de "elektronischer Personalausweis"
2.4 innovationstheoret. Einordnung analytische Kategorien, Variablen 4. Sektorale Eingriffstiefe neuer Technologien - spezifischer Anpassungs- und Veränderungsdruck (endogene/exogene Technik, paradigmatisch neues Technikfeld oder technologisches Profil und Struktur bewahrend) 5. Sektorale Adaptionsfähigkeit der Regulationsmuster und Akteure – sektorale Wahrnehmung und Verarbeitung technologischer Veränderung (Unternehmens/Organisationstypen und - konstellationen, Regulationsmuster, Leitvorstellungen, Antizipationsfähigkeit, Interaktionsbeziehungen, Machtgefüge) Diese konstituieren sektorale Transformationsmuster und –verläufe. Dolata: Durch diese Kategorien „ … wird technikbezogener sektoraler Wandel als iteratives Zusammenspiel technologischer Dynamiken und damit einhergehender sozialer Strukturations- beziehungsweise Institutionalisierungsprozesse empirisch abbildbar.“ Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation 11 tnoack@ifib.de "elektronischer Personalausweis"
2.5 innovationstheoret. Einordnung Zusammenhang der Kategorien und Variablen vgl. Dolata 2007 Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 12 tnoack@ifib.de
2.6 Theorierahmen alt (nach Mayntz) Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 13 tnoack@ifib.de
2.7 Theorierahmen neu Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 14 tnoack@ifib.de
2.8 Interdependenzen der Pfade Innovationsverlauf = das Ineinandergreifen von Pfadentwicklungen Phasen und Dimensionen der Pfadkonstitution (Meyer/Schubert 2005,12) Die Multilevelperspektive mit Nischenkonzept entspricht aus STS-Theoriesicht der Einbeziehung von Pfadeffekten in den Innovationsverlauf Dynamische Multilevelperspektive einer Systeminnovation (Geels/Kemp 2007, 444) Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 15 tnoack@ifib.de
2.9 Indikatorenkonstruktion Indikatorenableitung aus den analytische Kategorien und Variablen • Indikatoren sollen den Innovationsverlauf, die Innovation als Transformationsprozess besser erklären • Indikatoren sind als heuristisches Instrument angelegt • Transformationsprozess als Zusammenspiel von Eingriffs- tiefe und Adaptionsfähigkeit erfasst die Entwicklung, Dominanz und Interdependenzen der einzelnen Pfade untereinander • es wird eine rekonstruierende Fallanalyse ermöglicht, ohne die Frage zu beachten, ob es eine Innovation an sich ist • Beispielindikatoren sind aus dem Bereich der technologischen und strukturellen Indikatoren Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 16 tnoack@ifib.de
3. Fallanalyse I Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 17 tnoack@ifib.de
3. Fallanalyse II Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 18 tnoack@ifib.de
3. Fallanalyse III Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 19 tnoack@ifib.de
3. Fallanalyse IV Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 20 tnoack@ifib.de
3. Länderspezifische Eingriffstiefe I Indikatoren AUT BEL GER ESP Erläuterung Ausweisfunktion erhöht sehr stark Komplexität der eIDM-Lösung, die identisch mit dem Trägerkarte – 1 X 3 X 3 X 3 viel mehr rechtliche und technische Spezifikationen und Anpassungen Personalausweis benötigt --> höhere Eingriffstiefe Siehe Ausweisfunktion - technologische (Infrastruktur), rechtliche, Biometrie – 1 – 1 X** 3 X 3 politische Komplexitätssteigerung Komplexitätssteigerung vor allem durch Segmentierung Chip, Signatur X 2 X* 2 X** 2 X 2 weiteres Zertifikat und Passwortsystem Kartenfunk höhere Datensouveränität des Nutzers durch techn. Lösung wie PIN- tion Verfahren der eID- X 2 X 2 X 3 X 2 Schutz, Zertifizierung von Datennachfragern --> komplexere Onlineauthentisierung Technik/Prozesse = größere Eingriffstiefe Chip mit frei belegbaren erhöhter Funktionsumfang durch zusätzliche Attribute einer Identität, Bereich (Identitätsattribute, ? ? ? ? dafür Einbindung in neue Subsysteme notwendig --> Daten) Komplexitätssteigerung Komplexitätssteigernde neue Technologie (z.B. neue RFID-Technologie – 1 – 1 X 3 – 1 Sicherheitsprobleme) --> höhere Eingriffstiefe bedingte Durchbrechung des Zugriffsschutz (PIN-System) benötigt Kartenmer Behördenzugriff Chipdaten X 1 X 3 X 3 X 3 komplexere Technologie (z.B. Berechtigungen Lesegeräte)-->höhere kmale (Durchbrechung PIN-Schutz) Eingriffstiefe Erneuerbarkeit von techn. Komplexität gesteigert durch Update der Schlüssel --> höhere ? X 2 ? X 2 Eingriffstiefe Zertifikaten Eingriffstiefe: 1 = gering, 3 = hoch Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 21 tnoack@ifib.de
3. Länderspezifische Eingriffstiefe II Indikatoren AUT BEL GER ESP Erläuterung einheitliche vorhandene PKZ vereinfacht eindeutige Identität bei – 1 X 1 – 3 X 1 Generierung/Erstellung der eIDC --> geringe Eingriffstiefe Personenkennzahl zentrales Melderegister bzw. vorhandenes zentrales Ausweis- bzw. Melderegister vereinfacht X 1 X 1 (X) 1 X 1 Datenmanagement (z.B. Sperrlisten) --> geringe Eingriffstiefe Ausweisregister Verwaltungsor hohes Datenschutzniveau schränkt Karteneinsatz ein, kann durch ganisation und Begrenzung durch techn. Lösung kompensiert werden, erhöhte Anschlussfähigkeit deren X 3 X 1 X 3 X 1 Datenschutz durch höhere Eingriffstiefe (B: Einsatz eIDC beschränkt -e- Anschlussfähig Commerce) keit an eID- Schnittstelle zu eIDC und e-Gov.-Anwendungen müssen erkämpft Lösung ausgebaute Strukturen werden --> höhere Eingriffstiefe, parallele Strategien erschweren X 3 X 3 X 3 X 3 e-Government Anschlussfähigkeit da alternative Authentisierungsverfahren möglich dezentrale Lösung - einfacheres Prozesshandling --> niedrigere eIDC-Personalisierung zentral – 2 X 3 X 3 – 1 Eingriffstiefe Usability der Anwendung (Kundenperspektive) erhöht Anwenderfreundlichkeit der X 1 X 3 X 3 X 3 Kundenakzeptanz --> höheres Interesse der Wirtschaft --> höhere Lösung Anschlussfähigkeit Anschlussfähig keit Wirtschaft Kompatibilität zu bestehenden höhere Kompatibilität benötigt weniger Anpassung --> geringere X 1 X 2 X 3 X 3 Eingriffstiefe kommerziellen eIDMs Eingriffstiefe (1 niedrig 1,5 2,0 2,8 2,1 ** voraussichtlich opt-in-Lösung geplant bis 3 hoch) * opt-out-Lösung Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 22 tnoack@ifib.de
3. Eingriffstiefe ePA in Deutschland Nach Dolata 2007 ist erst eine hohe Eingriffstiefe von neuen Technologien und die damit notwendigen Anpassungsleistungen eine Herausforderung bzw. Stress für die Adaptionsfähigkeit des sektoralen Systems Komponente ID-System ALTE Strukturen NEUE ePA -Strukturen Eingriffstiefe Infrastruktur vom ePASS Datenerfassung und -eingabegeräte Infrastruktur ePASS kann genutzt Passbilddigitalisierung und niedrig für Ausweiserstellung werden? Fingerabdruckleser gesicherte Übertragung und Digitalisierte und gesicherte Infrastruktur Infrastruktur PA und ePASS kann niedrig Übermittlungsnetze vom PA und ePASS genutzt werden? Verwaltungsorganisatorischer Personenstandsregister Melderegister identisch niedrig Identitätsdatenfluss PA-Register ePA Adressänderung und Melderegister und Aufkleber auf PA Melderegister und Aufkleber ePA? mittel Namensänderung (Adresse), für Name neuer PA und elektr. Änderung zentralisiert, Format ID2, ohne zentralisiert, Polykarbonat, Format ID1, ID-Card Herstellungsverfahren hoch eKomponenten SmartChips, Kryptologie Hoheitliche Lesegeräte Vorhandene PASS-Lesegeräte nutzen Neues PACE-Protokoll braucht neue hoch? Bundespolizei BAC-Protokoll Lesegeräte? MRZ auf ePA-Rückseite Hoheitliche Lesegeräte Nur Lesegeräte für MRZ auf PA Neue RFID-Schnittstelle benötigt hoch Landespolizei Bürger- und Businesslesegeräte für Keine notwendig Neue Standardlesegeräte hoch elektronische Komponente Authentifizierungstechnologie ePASS/SmartCard Technologie Weiterentwicklung für ePA (PACE) hoch/mittel Zertifizierungsinstanz und - (staatl. – Root-CA?) Keine nötig hoch management Zertifizierungsinfrastruktur notwendig. Neue Interfaces und Funktionen eGovernment Anwendungen wenig eSign.-Schnittstellen, Passwort/PIN hoch? mittel? notwendig für eSign und eAuth. Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 23 tnoack@ifib.de
4. Verweise Dolata, U., 2008: Technologische Innovationen und sektoraler Wandel. ZfS, Jg. 37, H.1, S. 42-59 Dolata, U., 2007: Technik und sektoraler Wandel. MPIfG Discussion Paper 07/03, Köln: MPifG Geels, F.; Kemp, R., 2007: Dynamics in socio-technical systems: Typology of change processes and contrasting case studies. In: Technology in Society, Jg. 29, S. 441-455 Mahoney, J., 2000: Path Dependence in Historical Sociology. in: Theory and Society, 29,S. 507-548 Malerba, F., 2002: Sectoral systems of Innovation and production. Elsevier Science research policy, Jg. 31, S. 247-264 Meyer, U.; Schubert, C., 2005: Die Konstitution technologischer Pfade. Überlegungen jenseits der Dichotomie von Pfadabhängigkeit und Pfadkreation. Technische Universität Berlin, Berlin, Technology Studies Working Papers, TUTS-WP-6-2005 Schreyögg, G.; Sydow, J.; Koch, J., 2003: Organisatorische Pfade – Von der Pfadabhängigkeit zur Pfadkreation? In: Schreyögg, G.; Sydow, J. (Hrsg.): Strategische Prozesse und Pfade. Managementforschung 13, Wiesbaden, S. 257-294 Torsten Noack Sektorale Infrastruktur-Innovation "eIDM" 24 tnoack@ifib.de
Sie können auch lesen