Informatik in der Grundschule - Welche Kompetenzen sind bereits in der Primarstufe von Relevanz?
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Informatik in der Grundschule - Welche Kompetenzen sind bereits in der Primarstufe von Relevanz? Forschungsbericht vorgelegt von: Jakob Brakensiek 952463 Erstgutachter: Prof. Dr. Ludger Humbert Zweitgutachterin: Dorothee Müller September 2014 Dieses Dokument wird unter der folgenden Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0
Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 3 2 Allgemeinbildender Anspruch des Informatikunterrichts 5 3 Warum Informatik in der Grundschule? 9 3.1 Argumentation für den Informatikunterricht in der Grundschule . . . . . . 10 3.2 Probleme beim Informatikunterricht in der Grundschule . . . . . . . . . . 11 3.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen 13 4.1 Didaktische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Fachdidaktische Grundlagen - Sachkundeunterricht . . . . . . . . . . . . . 15 4.3 Fachdidaktische Grundlagen - Informatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5 Vorstellung der »Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung« - des Informa- tikunterrichts in der Grundschule nach Christian Borowski 21 6 Kritische Analyse der Kriterien von Christian Borowski 23 7 Vorstellung eines überarbeiteten Kriterienkatalogs 26 7.1 Kriterien zur Auswahl von Kompetenzen und Inhalten: . . . . . . . . . . . 26 7.2 Fazit zum Kriterienkatalog: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Literatur 27 Erklärung 29 2
1 Einführung In wohl kaum einem Fachgebiet fand in den vergangen zehn bis zwanzig Jahren eine so ra- sante Entwicklung wie im Bereich der Informatik statt. Insbesondere im Bereich der Infor- matiksysteme werden ohne Unterbrechungen neue Geräte vorgestellt und auf den Markt gebracht. Ein Smartphone ist zur heutigen Zeit wohl bei den meisten Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern eine Selbstverständlichkeit. Und auch weitere Informatiksysteme, wie Smart-TV’s, Tablets, Personal Computer, Smart-Watches und vieles weitere sind wohl in vielen Haushalten zu finden. Neben den Informatiksystemen als solches wächst auch die Kommunikation, da alle erwähnten Systeme über Schnittstellen zur Kommunikation verfügen. Daten welche wir erstellen, wie zum Beispiel Fotos die aufgenommen werden, werden in Clouds von großen Konzernen gespeichert, auf sozialen Netzwerken geteilt und der Überblick, welche Daten gerade wo sind, geht schnell verloren. Und während die me- diale Entwicklung den Meisten wohl noch recht präsent ist, gerät das, was Informatik ausmacht, die Grundlage auf der auch alle Informatiksysteme funktionieren, sehr schnell in den Hintergrund. Oft entsteht in Gesprächen der Eindruck, dass bei vielen Bürgerin- nen und Bürgern Informatik ein Synonym für Informatiksystem ist. Deshalb lässt sich hier die Frage stellen, wie man dieser Entwicklung von Seiten der Bildung her begegnet. Einerseits ist der Umgang mit Smartphones und ähnlichen Informatiksystemen längste eine Selbstverständlichkeit, andererseits wissen wohl viele nicht, wie das, was sie dort benutzen, überhaupt funktioniert. Diesen Entwicklungen sollte mit guter informatischer Bildung begegnet werden. Dazu gehört eine Medienerziehung einerseits, aber auch eine tiefere informatische Bildung andererseits. Das Informatiksystem, welches man bedient, gilt es zumindest im Groben zu verstehen. Die Kommunikation, welche man betreibt, sollte nachvollzogen werden können. Und auch der Umgang mit persönlichen Daten und die Sicherheit eigener Daten sollte in der informatischen Bildung thematisiert werden. Zudem bietet die Informatik nicht nur ein tieferes Verständnis für das, was wir in unserem Alltag verwenden und tun, sondern sie bietet uns, wie kaum ein anderes Fach, die Mög- lichkeit mit den Problemen aus unserem Alltag umzugehen. Dabei geht es zum Beispiel um die Gestaltung und Entwicklung von Algorithmen einerseits, aber auch um die Model- lierung größerer Projekte andererseits. Mit Hilfe der Informatik können Schülerinnen und Schüler erfahren, dass sie selbst etwas gestalten und schaffen können. Aufgrund von Über- legungen und Modellierungen die sie selbst vornehmen, ist anschließend etwas möglich, das zuvor nicht möglich gewesen ist. Natürlich findet Bildung im Bereich der Informatik längst statt, doch wenn bereits sechs jährige Kinder ein Smartphone besitzen oder bedie- nen, so ist der Beginn für Informatikunterricht in der Sekundarstufe wohl bereits zu spät gewählt. Ebenso werden Kinder bereits im Grundschulalter mit Problemen konfrontiert, welche sie mit Hilfe von selbst gestalteten informatischen Überlegungen lösen können. Eine gute Bildung im Fachbereich der Informatik sollte deshalb bereits im Kindergarten 3
1 Einführung und der Grundschule beginnen. Doch wie in dieser Einleitung vielleicht bereits deutlich wurde, ist die Informatik sehr umfangreich. Sollte also Informatikunterricht schon in der Grundschule und dem Kindergarten stattfinden, so stellt sich die Frage: Welche Kom- petenzen sollten hier entwickelt werden? In der vorliegenden Arbeit sollen Kriterien zur Auswahl der notwendigen und erreichbaren Kompetenzen und damit eng verbunden auch von Inhalten und Themen für Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe (Klassenstufe 1 bis 4) vorgestellt und erarbeitet werden. Dabei werden als Grundlage Kriterien ge- wählt, welche von Christian Borowski im Rahmen seines Promotionsvorhabens an der Universität Oldenburg entwickelt und in einem Vortrag zum Informatikunterricht in der Grundschule an der Bergischen Universität Wuppertal vorgestellt wurden. 4
2 Allgemeinbildender Anspruch des Informatikunterrichts Bevor eine Begründung des Informatikunterrichts in der Primarstufe weiter vertieft wer- den soll, wird in diesem Kapitel auf den allgemeinbildenden Anspruch des Informatikun- terrichts eingegangen. Hubwieser zitiert zur Allgemeinbildung Engbring1 : Es sei für einen allgemeinbildenden Unterricht zu fordern: 1. Vorbereitung auf zukünftige Lebenssituationen. D. h. allgemein bildende Schulen sol- len Qualifikationen vermitteln, a) die zur Bewältigung realer und auf absehbare Zeit in unserer Gesellschaft ver- breiteter Lebenssituationen beitragen, b) die nicht auf die Ausübung eines bestimmten Berufes hin ausgerichtet sind, c) von denen anzunehmen ist, dass sie nicht gleichsam automatisch, nebenher von jedem Heranwachsenden erworben werden und d) die durch eine gewisse Universalität, also Anwendbarkeit in sehr verschiedenen Situationen gekennzeichnet sind. 2. Stiftung kultureller Kohärenz, 3. Aufbau eines Weltbildes, 4. Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch, 5. Entfaltung eines verantwortlichen Umgangs mit den erworbenen Kompetenzen, 6. Stärung des Schüler-Ichs. (Hubwieser, 2001, S.57) Nimmt man diese sechs Punkte als Grundlage, so lässt sich an Hand ihrer der allge- meinbildende Anspruch der Informatik recht einfach belegen. 1 Hubwieser benutzt hier mit Engbrink eine falsche Schreibweise. Korrektur durch JB. 5
2 Allgemeinbildender Anspruch des Informatikunterrichts 1. Vorbereitung auf zukünftige Lebenssituationen a) Bewältigung realer Lebenssituationen: In der Einleitung wurde die flutartige Entwicklung im Bereich der Informatik- systeme und im Bereich der Kommunikation bereits dargelegt. Dieser Entwick- lung gilt es als Mensch und auch als heranwachsende Schülerin oder heran- wachsender Schüler zu begegnen. Hier kann informatische Bildung in großem Maße zu einem verantwortungsvollen und zielführenden Umgang mit den In- formatiksystemen beitragen. Zudem kann der Informatikunterricht ein tieferes Verständnis der Informatiksysteme vermitteln und somit die Handhabung der Informatiksysteme wesentlich verbessern und vereinfachen. In absehbarer Zeit wird die Rolle der Informatiksysteme eher wachsen, als dass hier eine Rück- entwicklung zu erwarten wäre. Eine informatische Bildung in diesem Bereich unterstützt somit recht eindeutig die Bewältigung realer Lebenssituationen. b) Keine Ausrichtung auf einen bestimmten Beruf: Informatiksysteme werden in den meisten Berufen verwendet. Somit ist eine informatische Bildung in vielen Fällen auch eine Grundlage und Hilfestellung für viele Berufe. Bei der informatischen Bildung steht keine Ausrichtung auf einen bestimmten Beruf im Vordergrund, sondern sie hat auch für das Privat- leben erhebliche Relevanz. c) Wird nicht automatisch oder nebenher erworben: An diesem Punkt könnte man wohl am ehesten einhaken und sagen: »Infor- matiksysteme werden doch überall verwendet, die Kinder und Jugendlichen wachsen damit auf und erwerben doch die notwendigen Kompetenzen neben- her!« Und an dieser Stelle wird vielleicht auch bereits wichtig und deutlich, dass Informatik kein Medienunterricht ist. Es geht nicht darum zu lernen, wie man sein Smartphone einschaltet, wie eine App gestartet wird und wie man eine Verbindung zum Internet herstellen kann. Sondern es geht viel mehr darum, tiefer zu gehen, zu erarbeiten und zu verstehen wie zum Beispiel Infor- matiksysteme arbeiten, den Schritt zu wagen, Informatik vom Informatiksys- tem loszulösen und festzustellen, dass das Informatiksystem eigentlich nur ein Hilfsmittel der Informatik ist. Im Kontext der Grundschule sind viele dieser Zusammenhänge natürlich deutlich zu komplex. Aber bereits hier kann eine Grundlage auch unabhängig von Informatiksystemen gelegt werden. Und diese Grundlagen sind keine Kompetenzen, welche automatisch und oder nebenher erlernt werden könnten. d) Universalität: Wenn man im Informatikunterricht den Schritt wagt Informatik zunächst ein- mal unabhängig von Informatiksystemen zu betrachten, die Grundlagen zu erarbeiten und zu verstehen, dann lässt sich das erlernte Wissen auf viele Be- reiche des alltäglichen Lebens übertragen. Und vielleicht stellen Schülerinnen und Schüler beim Schreiben eines Textes im Deutschunterricht auf einmal fest: »Wenn ich hier eine Überschrift, wähle, den Text sowohl inhaltlich als auch 6
2 Allgemeinbildender Anspruch des Informatikunterrichts vom Format gliedere und in Abschnitte einteile, dann mache ich eigentlich auch ein wenig Informatik«, dann wäre man der Universalität informatischer Inhalte einen ganzen Stück näher gekommen. 2. Stiftung kultureller Kohärenz Eine wesentliche Thematik in diesem Themen- feld ist wohl die Genderfrage. Hier formuliert Hubwieser: »Ein rechtzeitiger syste- matischer informatischer Pflichtunterricht für alle Schülerinnen und Schüler könn- te auch dafür sorgen, dass die oft beklagten geschlechtlich oder sozial bedingten Un- terschiede in der Beherrschung von Informatiksystemen gar nicht erst aufkommen können«(Hubwieser, 2001, S.63). 3. Aufbau eines Weltbildes Die heutige Zeit und somit auch das aktuelle Welt- bild ist durch Informatiksysteme und Medien geprägt. Um die Welt, wie sie sich gestaltet und entwickelt, ein Stück weit besser nachzuvollziehen, kann der Informa- tikunterricht einen großen Beitrag leisten. In der Informatik spielen neben diesen recht offensichtlich zu beobachtenden Prozessen zudem zwei wesentliche Begriffe eine zentrale Rolle: Die Automatik und die Information. Währen die Automatik und die automatische Verarbeitung von Daten wohl noch recht einfach zu fassen und in ein Weltbild einzufügen ist, gestaltet sich dies bei dem Begriff der Infor- mation deutlich anspruchsvoller. Dies wird deutlich, wenn man damit beginnt eine saubere Definition für den Begriff Information zu finden. »Es wird deutlich, dass im Kontext der Informatik mit Information nicht nur ein technisches Ziel, sondern auch Absichten (von Menschen) verbunden sein können. Genau diese lassen sich nicht angemessen formalisieren. Bis heute ist es daher den Informatikerinnen nicht gelungen, den für ihre Wissenschaft grundlegenden Begriff Information zu definie- ren« (Humbert, 2006, S.10). Humbert führt aus, dass sich Information semantisch einerseits als begründete Verfahren der Wissensrepräsentation verstehen lässt, andererseits aber auch prag- matisch als kontrollierte Informationserarbeitung zur informationellen Handlungs- absicherung auffassen lässt. Wird die Information semantisch aufgefasst, ist eine Formalisierung und Umsetzung mit Informatiksystemen unproblematisch. Doch be- trachtet man die pragmatischen Sicht auf die Information, ist hier das Limit der Informatiksysteme erreicht, denn ein Informatiksystem kann keine eigene Absicht haben und aus dem Wesen einer Information heraus eine Absicht entwickeln. Ein Informatiksystem ist auf formalisierte Zusammenhänge angewiesen. Hier gilt es, auch im Rahmen des Informatikunterrichts ein Verständnis für die Begrifflichkeit der Information zu entwickeln und dies in das eigene Weltbild zu integrieren. Ganz plastisch: Alpträume von Informatiksystemen mit künstlicher Intelligenz, welche die Menschen verdrängen und die Kontrolle über die Welt übernehmen, lassen sich hiermit recht einfach ins Reich der Romane verbannen. Information lässt sich in unterschiedlichen Dimensionen betrachten, hierzu definiert Humbert: Information ist... 7
2 Allgemeinbildender Anspruch des Informatikunterrichts • technisch, um die Übertragung von Nachrichten (Daten) zu optimieren • personal, um Kognition allgemein und insbesondere die Interpretation von Daten durch Menschen zu kennzeichnen • organisationsbezogen, um die Rolle von Information bei Aktion und Entschei- dungsfindung zu zeigen • medial, um Information als eigenständiges, speicherbares und weitergebbares Gut zu betrachten (Humbert, 2006, S.11) Betrachtet man diese Dimensionen der Informatik, so wird deutlich, dass der In- formatikunterricht im wesentlichen Maße dazu beitragen kann, ein Weltbild aufzu- bauen. 4. Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch Um Entscheidungen mit und den Gebrauch von Informatiksystemen kritisch zu hin- terfragen, ist grundlegendes Wissen über die Informatiksysteme notwendig. Glei- ches gilt zum Beispiel auch für den Bereich der theoretischen Informatik. Hubwie- ser führt in diesem Zusammenhang die Bereiche Berechenbarkeit und Komplexität, Funktionsweise von Rechenanlagen und Netzen und das Phänomen der »Blindheit« auf (Hubwieser, 2001, S.64). 5. Stärkung des Schülerinnen und Schüler-Ichs »Eine angemessene informati- sche Grundausbildung führt dazu, dass die Schülerinnen und Schüler mit nüchter- ner, selbstsicherer Gelassenheit mit Informatiksystemen umgehen. Die Sicherheit, diese Systeme zu durchschauen, gibt ihnen das Gefühl, sie zu beherrschen, anstatt von ihnen beherrscht zu werden. Weder »Computerangst« noch »Computersucht« können so aufkommen« (Hubwieser, 2001, S.64). Im Fachbereich der Informatik gilt, wie eigentlich in jedem Fachbereich, dass durch Erlangen von Kompetenzen Selbstsicherheit im Umgang mit der Thematik gewon- nen und das eigene Ich gestärkt wird. Aus der vorliegenden Definition und den anschließenden Folgerungen lässt sich der all- gemeinbildende Anspruch der Informatik schlussfolgern. 8
3 Warum Informatik in der Grundschule? Im zweiten Kapitel wurde der allgemeinbildende Anspruch der Informatik belegt, doch es stellt sich die Frage, warum sollte die Informatik bereits in der Primarschule unterrichtet werden? Nach aktuellem Stand ist die Informatik ja nicht einmal in der Unterstufe der Sekundarschule ein Pflichtfach. In der deutschsprachigen Literatur lässt sich zu dieser Fragestellung nur wenig finden. (Humbert, 2006) wirft die Fragestellung zwar auf: »Sollen Fragestellungen aus der Infor- matik in der Grundschule – oder gar im Kindergarten – thematisiert werden?«, allerdings hält er als Antwort in (Humbert, 2006) auf die Frage nur fest, dass ihr »im Kontext der Fachdidaktik – Beachtung geschenkt [wird].« (Hubwieser, 2001) stellt Gesamtkonzepte für den Informatikunterricht am Gymnasium, mit Oberstufe, die Realschule und die Hauptschule vor, schenkt einem möglichen Einsatz der Informatik in der Grundschule oder im Kindergarten jedoch keine weitere Beachtung. Recht konkret im Bezug zur Grundschule werden Schubert u. Schwill (2011), sie halten zur Grundschule fest: »Primarstufe Hier ist zurzeit nicht an einen Informatikunterricht gedacht, jedoch gibt es Vorschläge, Grundkonzepte der Informatik u.a. im Mathematikunterricht zu vermitteln (Freudenberg, 2009; Herper/Hinz, 2009; Weigend, 2009; Knöß, 1989). Viele Grundschulen wurden im Rahmen von Medienoffensiven mit Computern ausgestattet, die in Klassenräumen in Form von Medieninseln integriert sind und im Unterricht aller Fächer eingesetzt werden können. Eine Vermittlung von Informatik beschränkt sich zwar auf Bedienfertigkeiten, unterstützt aber den Unterricht der Sekundarstufe I, der dann auf gewissen Erfahrungen aufsetzen kann.« Zudem machen (Schubert u. Schwill, 2011, S.62) deutlich, dass etwas, das »nicht prin- zipiell auch einem Grundschüler vermittelt werden kann, [...] keine Fundamentale Idee sein [kann].« In der (Kultusminister Konferenz - Empfehlungen Grundschule) heißt es zudem zur Me- dienerziehung: »Sprache, Vorstellungswelt, Wertvorstellungen und Freizeitgewohnheiten der Kinder werden maßgeblich von den Medien beeinflußt. Deshalb müssen Schülerinnen und Schüler auf einen kritischen und besonnen Umgang mit Medien vorbereitet werden. Sie sollen Erfahrungen gewinnen, die die scheinbare Objektivität der Medien in Frage stellen und ihre Aspekthaftigkeit begreifbar machen. Auch die gesalterischen Möglichkei- ten der Medien sollten bewußt im Unterricht genutzt werden.« 9
3 Warum Informatik in der Grundschule? 3.1 Argumentation für den Informatikunterricht in der Grundschule Die grundlegende Argumentation weshalb Informatik bereits in der Grundschule erfolgen sollte ist zum Teil bereits im Kapitel zum allgemeinbildendem Anspruch des Informatik- unterrichts erfolgt. Schülerinnen und Schüler werden mit Informatiksystemen nicht erst ab der fünften Klasse konfrontiert sondern zum großen Teil bereits im Kindergartenalter. Dort wo Heranwachsende in ihrer Lebenswelt jedoch mit Informatiksystemen konfron- tiert werden, sollte auch bereits informatische Bildung stattfinden. Diese sollte einerseits natürlich die Medienerziehung umfassen, wie es von der Kultusminister Konferenz emp- fohlen wird, darüber hinaus jedoch auch weitere Bereiche der Informatik beinhalten. Kompetenzen, welche an der weiterführende Schule im Informatikunterricht vermittelt werden, müssen den Kriterien der fundamentalen Ideen von (Schubert u. Schwill, 2011) standhalten. Folgt man zudem der oben genannten Argumentation des Vertikalkriteri- ums, so lassen sich die Kompetenzen, welche im Informatikunterricht der weiterführende Schule erarbeitet werden, bereits in der Primarstufe vermitteln. Natürlich stellt sich gleich die Frage nach dem wie. Zudem folgt aus der Argumentation, dass eine Idee auf einem bestimmten geistigen Niveau vermittelt werden kann noch nicht, dass diese auch auf diesem Niveau vermittelt werden sollte. Ziel der Informatik in der Grundschule sollte es sein Medienerziehung, ein grundlegendes Verständnis der Informatik und informati- sche Gestaltungskompetenzen zu vermitteln. Wird hier bereits in der Grundschule eine Fundament gelegt, so kann auf dieses in der weiterführenden Schule aufgebaut werden. Würde Informatik bereits in der Grundschule vermittelt werden, würde das Fach zu- dem möglicherweise den Stempel des rein »männlichen« Faches verlieren und weiblichen Schülerinnen die Hemmschwelle nehmen, dem Zweig der Informatik auch im weiteren Bildungsverlauf zu folgen. Ein weiteres stichhaltiges Argument, dass Informatik bereits in der Primarstufe vermittelt werden sollte folgt zudem direkt aus dem allgemeinbilden- dem Anspruch der Informatik. Dieser beginnt nicht erst ab einer gewissen Altersgruppe, sondern alle genannten Argumente greifen bereits im Kindergarten und Grundschulalter. Liegt aber bereits in diesem Alter ein allgemeinbildender Anspruch vor, so sollte das Bildungswesen diesem auch gerecht werden. Ganz unabhängig davon, welche positiven Auswirkungen ein Informatikunterricht in der Grundschule auf den weiteren informatischen Werdegang der Schülerinnen und Schüler hat, sollte zudem die möglichen Auswirkungen auf andere Fächer nicht aus dem Blick gelassen werden. Informatische Kompetenzen werden in so gut wie jedem anderen Fach- bereich benötigt, häufig ganz ohne dass dies dem Lehrenden und den Lernenden bewusst ist. Werden die hierfür notwendigen Kompetenzen jedoch präzise geschult, so können sie auch in anderen Fachbereichen deutlich effektiver eingesetzt werden. Auch dies be- trifft einerseits den Bereich der Medien. Hier führen (Kron, Friedrich W. and Jürgens, Eiko and Standop, Jutta, 2014, S.234) die Funktionen: Leistung kontrollieren, Üben, Erkunden, Recherchieren, Organisieren, Informieren und Präsentieren, Kommunizieren, Kooperieren, Simulieren, Visualisieren, Konstruieren, Spielen und Distance Learning der Medien für den Einsatz im Unterricht auf. Festzuhalten bleibt also, dass der Medienein- 10
3 Warum Informatik in der Grundschule? satz in der Schule sehr vielseitig erfolgen kann und das deshalb ein geschulter Umgang mit eben diesen empfehlenswert ist. Doch auch bei der Übertragbarkeit der informati- schen Kompetenzen auf andere Fachbereiche, muss nicht bei den Medien stehen geblieben werden. Wenn Schülerinnen und Schüler zum Beispiel die grundsätzliche Struktur eines Dokumentes kennen lernen und dabei erarbeiten Komponenten wie Format und Inhalt zu unterscheiden und die Zusammenhänge zwischen beiden zu verstehen, so ist dies eine Kompetenz welche sowohl beim Textverständnis als auch beim Texterstellen auf andere Fächer übertragen werden kann. Grundsätzlich werden im Informatikunterricht in vie- lerlei Hinsicht Problemlösekompetenzen vermittelt und dies ist eine Kompetenz, welche sowohl in jedem Fach als auch im alltäglichen Leben nützlich ist. Das Besondere an der In- formatik ist, dass hier erprobte Konzepte und Vorgehensweisen als Problemlösestrategien vermittelt werden. Diese können anschließend zum Beispiel auf das Lösen von Problemen im Mathematikunterricht übertragen werden, so dass die Schülerinnen und Schüler nicht bei einem »Das verstehe ich nicht - ich warte auf den Lehrer oder die Lehrerin« stehen bleiben, sondern ein »Das verstehe ich nicht, wie kann ich das ändern?« erreichen. Eine Kernkompetenz der Informatik ist, ein Problem nicht als unüberwindbares Hindernis, sondern vielmehr als Motivation zu verstehen. 3.2 Probleme beim Informatikunterricht in der Grundschule Natürlich darf bei aller Argumentation für den Informatikunterricht in der Grundschule, die Problematik mit welcher ein Einsatz verbunden ist, nicht aus den Augen verloren werden. In der Grundschule gibt es nach aktuellem Stand keine Informatiklehrer. Das Fach würde aktuell also komplett fachfremd unterrichtet werden. Und daraus ergibt sich natürlich die Frage, ob möglicherweise gar kein Unterricht besser ist als ein schlechter Unterricht um eine negative Besetzung des Faches Informatik zu verhindern. Hier sollte zweigleisig gefahren werden. Einerseits gilt es informatische Inhalte durch Informatiklehr- kräfte so auszuarbeiten, dass sie vermittelt werden können ohne dass die Lehrkraft die Tiefe der Materie verstanden haben muss. Dies würde einen recht kurzfristigen Einsatz von informatischen Inhalten ermöglichen. Es müsste zu den Inhalten gut ausgearbeitete Materialien mit Hilfestellungs- und Selbstkorrekturmöglichkeiten geben, außerdem soll- te eine gute Anleitung, welche sich an unterschiedliche Lehrsituationen anpassen lässt, ausgearbeitet werden. Und als zweites Gleis sollte in der Ausbildung für Informatiklehr- kräfte einzelne Modulbausteine zur Informatik durchgeführt werden, so dass in Zukunft Lehrkräfte an den Grundschulen auch ein Verständnis für Informatik entwickelt haben und somit eine Vermittlung ermöglicht wird. Es stellt sich zudem noch die Frage, wenn Informatik in der Grundschule stattfinden soll, in welchem Rahmen dies erfolgen könnte. Es bietet sich hier der Sachunterricht an, so dass einzelne Bausteine des Sachunterrichts informatische Inhalte haben und auch als solche gekennzeichnet werden. Wichtig ist hier für die Schülerinnen und Schüler, dass sie feste verknüpfen, dass wie sich die Physik mit Energie und die Biologie mit den Lebewesen beschäftigt, sich die Informatik mit der Information beschäftigt. Wird ein Unterricht in dieser Form ausgearbeitet und durchge- führt, so wäre eine Umsetzung durchaus denkbar. Dies ist aber auch gleichbedeutend, 11
3 Warum Informatik in der Grundschule? dass vor einem Beschluss zum Informatikunterricht in der Grundschule zunächst Vorar- beit geleistet werden müsste. Damit überhaupt Materialien entwickelt werden können, gilt es einen Rahmen für diese zu entwickeln. Eine Richtlinie hierfür soll im Rahmen dieser Arbeit erstellt werden. 3.3 Fazit Betrachtet man nun die genannten Argumente: Bewältigung alltäglicher Lebenssitua- tionen, Fundament Bildung für den weiteren Bildungsgang, Abschwächung der Gender- problematik im Fach Informatik, Übertragbarkeit auf andere Fachbereiche und Gerecht- werden des allgemeinbildenden Anspruchs und zudem die Auflösung der Probleme, wel- che mit dem Informatikunterricht in der Grundschule verbunden sind, so ist die Frage, weshalb Informatik bereits in der Grundschule vermittelt werden sollte, recht eindeutig beantwortet. 12
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen Bevor Kriterien zur Wahl informatischer Kompetenzen für den Grundschulunterricht ge- nannt, analysiert und festgehalten werden, gilt es sich zu überlegen, welchen Ansprüchen diese Kriterien genügen müssen. Dabei gilt es drei Themenfelder zu berücksichtigen. Ei- nerseits müssen die Kompetenzen, die damit verbundenen Inhalte und Themen und die anschließende Ausarbeitung didaktischen Grundlagen entsprechen. Dann soll die Um- setzung im Rahmen des Sachunterrichts in der Grundschule erfolgen, also müssen die Kriterien auch fachdidaktischen Grundlagen des Sachkundeunterrichts entsprechen. Und zu guter Letzt handelt es sich um informatische Kompetenzen und Inhalte, weshalb die Fachdidaktik der Informatik von zentraler Bedeutung ist. Grundsätzlich gilt jedoch für alle drei Bereiche, dass sie so umfangreich sind, dass jeder einzelne den Rahmen die- ser Arbeit bei weitem sprengen würde. Es wird deshalb jeweils nur auf einige zentrale Aussagen eingegangen. 4.1 Didaktische Grundlagen In der Überschrift wird von Kompetenzen, Themen und Inhalten gesprochen, zunächst einmal gilt es diese von einander zu differenzieren. (Jank u. Meyer, 2011) halten fest: »Ein Ziel ist die Beschreibung des gewünschten Ergebnisses eines Lehr-Lern-Prozesses« (Jank u. Meyer, 2011, S.51) Zu Zeiten des Kompetenzorientierten Unterrichts handelt es sich in aller Regel bei diesen Zielen um Kompetenzen, welche die Schülerinnen und Schüler erlangen sollen. »Das Thema wird von den Richtlinien, durch das Schulbuch, durch den Lehrer und/oder die Schüler vorgegeben. Es akzentuiert den Unterrichtsgegenstand im Blick auf die Ziel- stellung der Stunde.« (Jank u. Meyer, 2011, S.53) Der Inhalt wird durch das methodische Handeln des Lehrers und der Schüler erarbeitet. Er akzentuiert den Unterrichtsgegenstand im Blick auf den Unterrichtsprozess.« (Jank u. Meyer, 2011, S.53) Das bedeutet, bei der Wahl der Kriterien geht es nicht alleine darum festzulegen welche Kompetenzen und welche Inhalte und Themen wichtig sind und durchgeführt werden 13
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen sollten, sondern die Kriterien müssen im gleichen Maße einbeziehen, inwiefern und in welchem Ausmaß methodisches Handeln an und mit den Inhalten möglich ist. In diesem Bereich könnte nun einerseits auf unterschiedliche Lerntheorien eingegangen werden, so zum Beispiel der Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus im De- tail vorgestellt werden und viele weitere Überlegungen vorgenommen werden. Hierauf soll an dieser Stelle jedoch verzichtet werden. Klar ist jedoch, dass die kognitive Entwicklung im Grundschulalter noch nicht abgeschlossen ist und somit Abstraktion nur in gewissem Maße durch die Schülerinnen und Schüler umsetzbar ist. (Kron, Friedrich W. and Jürgens, Eiko and Standop, Jutta, 2014, S.170) halten fest, dass Lernen durch Erfahrung und als Reflektieren von Erfahrungen erfolgen kann. Gerade im Grundschulalter ist dieser Aspekt wohl nicht zu vernachlässigen. Deshalb sollten die Kriterien Inhalte einbeziehen, welche durch die Schülerinnen und Schüler erfahrbar sind und sich nicht auf eine rein kognitive Auseinandersetzung mit dem Inhalt beschränken. Auch den Gedanken des Konstrukti- vismus sollte Rechnung getragen werden und den Schülerinnen und Schülern ermöglicht werden, sich die Kompetenz und die damit verbundenen Inhalte zumindest in einem gewissen Maße eigenständig anzueignen und zu konstruieren. (Kron, Friedrich W. and Jürgens, Eiko and Standop, Jutta, 2014, S.180) bezeichnen diesen Prozess als Erkenntnis und sprechen von Erkenntnis als wissenschaftliche Tätigkeit, Erkenntnis als kritische Ein- stellung zum Ganzen, Erkenntnis als Verstehen und Erkenntnis als Ausbildung logischer Strukturen. Die Themen sollten also so ausgearbeitet werden, dass die Schülerinnen und Schüler an ihnen eine Erkenntnis erlangen können. (Jank u. Meyer, 2011, S.41) halten fest: »Kein Mensch kann lernen machen. Lernen kann jeder nur für sich selbst.« Dies bedeutet aber auch, dass das Thema und die Ausarbeitung so gestaltet sein müssen, dass jeder die Möglichkeit hat zu lernen. Das bedeutet, dass der Inhalt unterschiedlichen Menschen Zugang auf unterschiedlichem Wege ermöglichen muss. Schließt die Wahl ei- ner Kompetenz, die damit verbundenen Inhalte und Themen und deren Ausarbeitung bereits eine gewisse Schülergruppe aus, so wird ihnen die Möglichkeit zum Lernen genom- men. Zudem fordert (Jank u. Meyer, 2011, S.45), dass unterschiedliche Grundformen des Unterrichts wie Lehrgangsförmiger Unterricht, Freiarbeit und Projektarbeit angewendet werden, da sie jeweils spezifische Stärken und Schwächen mit sich bringen. Außerdem halten (Jank u. Meyer, 2011) fest, dass »Ziele, Inhalte und Methoden [...] in Wechsel- wirkung miteinander [stehen].« Das die Berücksichtigung dieser Wechselbeziehung keine Selbstverständlichkeit ist, machen (Jank u. Meyer, 2011, S.55) am didaktischen Drei- eck deutlich, in welchem nur die Wechselbeziehungen zwischen Schüler, Lehrer und Stoff einbezogen werden, jedoch Ziele (Kompetenzen) und Methoden vernachlässigt werden. (Jank u. Meyer, 2011, S.56) sagen, dass »die Ziele, die Inhalte und die Methoden [...] in sich stimmig sein [müssen]« und weiter: »Die Qualität des Unterrichts erwächst aus der Stimmigkeit der Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen und aus der Konsequenz ihrer Umsetzung.« Natürlich soll dies nun nicht heißen, dass bereits in den Kriterien zur Wahl der Kompetenzen, Inhalte und Themen Entscheidungen über Methoden, konkrete Handlungsabläufe, Aufgabenstellungen, Verlaufspläne und ähnliches bereits festgehalten werden - aber sie müssen so gewählt werden, dass in der Ausgestaltung im Grundschul- unterricht Gestaltungsspielräume gegeben sind. Zudem sollten die Kriterien grundlegen- den Zielsetzungen des Grundschulunterrichts entsprechen. Hier führt (Haarmann, 1977, 14
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen S.263) die folgende Punkte auf: • Aktivitäts- und Zuwendungsbereitschaft • Wahrnehmungsfähigkeit • Fähigkeit zur Informationserarbeitung und -bearbeitung • Fähigkeit zur begrifflichen und regelhaften Organisation von Erfahrungen • Fähigkeit zur normorientierten Bewertung • Kommunikationsfähigkeit • Handlungsbereitschaft und -fähigkeit (Riedl, 2004, S.59) formuliert Fragen die zu einem Thema gestellt werden sollten: »Wo- für soll das geplante Thema exemplarisch, repräsentativ, typisch sein? [...] Wo lässt sich das an diesem Thema Gewinnende als Ganzes oder in einzelnen Elementen - Einsich- ten, Wertvorstellungen, Wertbegriffen, Arbeitsmethoden, Techniken - später als Moment fruchtbar machen?« Und auch wenn Riedl diese Fragen nicht für die Wahl eines Themas formuliert hat, sondern für die Ausarbeitung, da in der Regel Themen dem Lehrplan entnommen werden, so sind es doch Fragen von Relevanz bei der Wahl eines Themas und somit auch bei der Gestaltung von Kriterien zur Wahl. Einen weiteren wichtigen Aspekt geben (Einsiedler u. a., 2005, S.351): »Die Pädagogik versteht sich in dieser Aus- einandersetzung um die Frage der inhaltlichen Festlegung der Lehrplaninhalte als »Anwalt des Kindes«. Sie hat dafür Sorge zu tragen, dass nur solche Gegenstände und kulturel- len Gehalte als Unterrichtsinhalt in den Lehrplan aufgenommen werden, die im Kind »Wachstumsreize« auslösen und für dessen geistige Bildung und charakterliche Entwick- lung förderlich sind, wobei Über- und Unterforderung vermieden werden sollen.« Die Gestaltung der Kriterien muss also so vorgenommen werden, dass nicht in erster Linie informatischen Ziele im Vordergrund stehen, sondern das Kind und seine Entwicklung. 4.2 Fachdidaktische Grundlagen - Sachkundeunterricht Den Sachkundeunterricht und was ihn ausmacht ist nicht ohne weiteres zu fassen. (Kai- ser, 2000, S.3) formuliert: »Denn gegenwärtiger Sachunterricht hat bislang keinen fest umrissenen Unterboden. Er ist aus vielen älteren und neueren Bauteilen zusammenge- setzt. In ihm stecken noch Ansätze vom Anschauungsunterricht des 19. Jahrhunderts, als Unterricht noch gut galt, wenn der Lehrer - damals waren sie tatsächlich nur männlich - ein Bild - beispielsweise der Kuh - als Krönung seines Vortrages vor der Tafel aufhängte und die Kinder möglichst viele Körperteile der Kuh, die der Lehrer mit dem Zeigestock nacheinander antippte, auswendig aufzusagen lernen sollten. Wir finden dieses Relikt heutzutage in vielen Arbeitsheften und Arbeitsblättern für den Sachunterricht, bei denen die Kinder etwa alle Berggipfel Hessens, die Nebenflüsse der Donau oder die verschie- denen Haltestellen der Straßenbahnlinien Dresdens mit Namen nacheinander auswendig 15
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen eintragen bzw. hersagen sollen, ohne dabei etwas von Gesteinen, dem Wasser oder von Verkehrsproblemen verstanden haben zu müssen. Derartige sinnlose Wissensübungen für eine gesamte Grundschulklasse haben zwar keinen Bildungswert, erfreuen sich aber doch noch großer Beliebtheit, weil Lehrkräften wie Kindern die Illusion vermittelt wird, es han- dele sich hierbei um Sachunterricht. Man glaubt allseits, es sei ein Lernfortschritt sichtbar und deshalb habe auch Denken stattgefunden. Tatsächlich wird lediglich das Gedächtnis überprüft, aber gerade keine Denkleistung der Kinder angeregt.« Es zeigt sich also, dass im Sachkundeunterricht die Grenzen, was genau Sachkundeunterricht ausmacht und was nicht, gar nicht so klar gezeichnet sind. Um dennoch einen Umriss zu schaffen formuliert (Kaiser, 2000) vier Fragen, welche es zu beantworten gilt: 1. Aus welcher Welt heraus wird der Sachunterricht entwickelt? 2. Welche Inhalte und Methoden werden gewählt? 3. In welcher Reihenfolge werden Inhalte bearbeitet? 4. Was wollen die Kinder lernen? Was können sie lernen? Was sollten sie lernen? Bei diesen Fragen sind wir schon recht nah an den Kriterien zur Wahl von Kompeten- zen angelangt. Die Welt in der die Schülerinnen und Schüler leben spielt eine zentrale Rolle. Werden also informatische Inhalte im Sachkundeunterricht vermittelt, so sollten sie im direkten Bezug zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler stehen. Die Methodik spielt bei der Wahl der Kriterien als solches keine Rolle, nur sollte - wie in Punkt 4.1 ausgeführt - genügend Methodenvielfalt am Thema durchgeführt werden kön- nen. Die Reihenfolge der Inhalte ist ebenfalls von zentraler Rolle. Gerade im Sachun- terricht, in welchem Bestandteile aus den Naturwissenschaften und Gesellschaftswissen- schaften einfließen, spielt eine gute inhaltliche Strukturierung eine wesentliche Rolle. Die ausgewählten informatischen Kompetenzen und Themen sollten also zum Lehrplan des Sachkundeunterrichts passen. Und es sollte herausgearbeitet werden welche informati- schen Kompetenzen längst im Lehrplan enthalten sind, ohne dass diese explizit unter dem Oberbegriff Informatik aufgeführt sind. Dies gilt nicht nur für den Sachkundeunter- richt sondern in gleichem Maße für andere Fächer wie Deutsch und Mathematik. Auch hier sollten informatische Kompetenzen und Inhalte als solche für die Schülerinnen und Schüler sichtbar gemacht werden. Die drei abschließenden Fragen: Was wollen, können und sollen die Kinder lernen ist für die Kriterienwahl von zentraler Bedeutung. Alle drei Fragen sollten hier Berücksichtigung finden. (Kaiser, 2000) beschreibt den Sachunterricht mit Hilfe einer Metapher, dem Sachunterrichtsboot, dabei stellt sie das Boot als »Sachin- halt« dar, welcher von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet wird. Dieser Sachinhalt befindet sich jedoch in einer Umgebung, welche die Sache beeinflussen. Die Umgebung besteht aus dem Meer, welches das Boot trägt, und dem Wind, welcher das Boot antreibt. Diese Umwelteinflüsse deutet Kaiser als Bedingungen und gesellschaftliche Einflüsse auf die Sache. Mit einer ähnlichen Sichtweise können auch informatische Inhalte betrachtet werden. In welchem Kontext ist die Sache in der realen Wirklichkeit der Schülerinnen und Schüler vorzufinden? Und aus dieser Wirklichkeit heraus sollten sich die Schülerin- nen und Schüler auch mit dem Inhalt beschäftigen. Aus dem Blick sollte zudem nicht 16
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen verloren gehen, auf welche Art und Weise Kinder einem unbekannten Gegenstand be- gegnen. (Kaiser, 2000, S.134-135) formuliert hierzu: »Kinder bewegen sich eindeutig in subjektiv, sozial und sachlich bedeutsamen Ausschnitten ihrer Lebenswirklichkeit, in denen die Entdeckungs- und Entstehungszusammenhänge wissenschaftlicher Aussagen impliziert sein können, nämlich als Gegenstand kindlichen Interesses und kindlicher Sachbegegnung in der Form des Fragens, das unbekümmert ist von fachlichen Perspektiven, die wir als Erwachsene gewohnt sind. Fragen z.B. in der Form:« • Fragen nach dem Namen: Wie heißt das? Was ist das? Wer ist das? • Fragen nach der Bedeutung? Wozu ist der Gegenstand, das Ding gut? Welchen Sinn hat er? Was macht er? Gehen Gefahren von ihm aus? • Fragen nach dem Vorwissen: Kenne ich das? Wo habe ich das schon einmal gesehen? Wer hat das schon einmal genutzt? Kenne ich etwas, das dem hier ähnlich ist?[...] • Fragen nach den Funktionen: intrinsisch: Was tut der Gegenstand? Was kann ich beobachten? Welche Wirkungen zeigt er? Kann ich erkennen was er tut? [...] extrinsisch, subjektiv bedeutsam: Was kann ich damit tun? Wozu kann ich ihn einsetzen? Kann ich mit ihm spielen? extrinsisch, intersubjektiv verallgemeinernd: Was haben andere mit dem Gerät im Sinne? Wozu haben sie den Gegenstand gebraucht? [...] • Fragen nach der Funktionsweise und nach dem Inhalt: Wie funktioniert das? [...] • Fragen nach der Ursache und nach der Wirkung: Wodurch entsteht das, was ich sehen kann? Was ist der Grund dafür? [...] (Kaiser, 2000) Diese Fragen machen deutlich, dass Kinder sich ganz stark über das Fragen einem Ge- genstand nähern. Doch das setzt voraus, dass der Gegenstand für die Schülerinnen und Schüler erfahrbar ist. Nach Möglichkeit sollte hierauf bei der Wahl informatischer Inhalte geachtet werden. Natürlich gibt es Beschreibungen der Sachkunde, die präziser sind als die von Kaiser dargestellte Umschreibung. So heißt es in (Kahlert u. a., 2007, S.89): »Die Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts beziehen sich in einer inhaltlichen akzentuierten Weise auf Wis- sen, Können und Verstehen sowie auf Haltungen wie Moralität und Sachlichkeit, darüber hinaus aber auch auf Steigerung der Lernfähigkeit und die Bereitschaft, einen kritischen Bezug zu sich selbst und zur außersubjektiven Welt einzunehmen und schließlich selb- ständig Orientierungen zu gewinnen.« Doch auch in dieser Beschreibung wird deutlich, wie schwer das Konstrukt Sachunterricht zu umschließen ist. Es ist eben nicht einfach Biologie, Geschichte oder Sozialwissenschaften, sondern eine Ansammlung von vielen verschiedenen Natur- und Gesellschaftswissenschaften. Aber gerade diese offene Formu- lierung sollte eine einfache Integration des Informatikunterrichts in den Sachunterricht ermöglichen, da die hier dargestellten Aufgaben und Ziele im gleichen Maße durch den Informatikunterricht unterstützt werden wie vielleicht durch Physik oder Geschichte. 17
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen 4.3 Fachdidaktische Grundlagen - Informatik Bei allen Vorüberlegen aus der allgemeinen Didaktik und aus der Grundschuldidaktik sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es um das Erarbeiten von informatischen Kom- petenzen und Inhalte in der Grundschule geht, und somit eine wesentlicher Bestandteil der Überlegung die Grundlagen der Fachdidaktik der Informatik darstellen sollte. (Hub- wieser, 2001, S.40): »Auch wenn die tatsächlich vermittelten Lerninhalte keineswegs so unabhängig von den Lehrmethoden sind, wie es auf den ersten Blick erscheint, stellt der Unterrichtsstoff doch meist den Ausgangspunkt des Planungsprozesses dar.« Und weiter führt (Hubwieser, 2001, S.40) nach dem Ansatz von Klafki(1964) aus, dass der Lehrer oder die Lehrerin vier Fragen im Bezug auf den Inhalt beantworten sollte: 1. Lässt der Inhalt zu, dass meine Schüler eine allgemeine Kenntnis bzw. Einsicht erwerben können? 2. Ist der Inhalt so strukturiert, dass er neben seiner Besonderheit auch ein über sich hinausweisendes Merkmal aufweist? 3. Lässt sich das Allgemeine an diesem Inhalt auch von meinen Schülerin in dieser Lernsituation erfassen? 4. Sollten meine Schüler dieses Allgemeine überhaupt erwerben? Dies sind sehr grundlegende Fragen, aber gerade solche sind bei der Auswahl von Lern- inhalten von zentraler Bedeutung. Noch konkreter wird (Hubwieser, 2001, S.77) dann, wenn es um das systematisieren von Lerninhalten geht. Hier greift er auf Baumann(1998) zurück, der zu Systematisierung folgende Schritte vorschlägt: »(1) Analyse von allgemei- nen Zielen und Normen, von Lebenssituationen und den für sie wichtigen Qualifikationen; (2) Analyse von Inhalten und Methoden des Fachs unter den in (1) ermittelten pädago- gischen Interessen der Lernenden; (3) Analyse der Unterrichtspraxis, insbesondere der vorhandenen Curricula und deren offene und geheime Ziele; (4) Einbeziehung von Er- kenntnissen der Psychologie (Entwicklungs- und Lernpsychologie),... Hieraus resultieren die folgenden drei didaktischen Leitlinien: - Problemlösen mit Informatiksystemen, - Wirkprinzipien, Struktur und Funktionsweise von Informatiksystemen, - Grundlagen, Grenzen informatischer Wissensverarbeitung« Zunächst ist an dieser Stelle festzuhalten, dass der Punkt (3) im Rahmen dieser Ar- beit hinfällig ist, da für den Informatikunterricht in der Grundschule keine Curricula existieren. Die Punkte (1) und (4) wurden zudem bereits im Kapitel 4.1 und 4.2 dieser Arbeit behandelt. Als neuen Ansatz hinzuzufügen ist also der Punkt (2), dass Inhalte und Methoden des Fachs, unter Berücksichtigung des Punktes (1), analysiert werden. Die Folgerung aus diesen vier Punkten auf die drei Themengebiete ist jedoch mit Vor- sicht zu betrachten. Natürlich spielen Informatiksysteme im Leben der Heranwachsenden eine zentrale Rolle und sollten deshalb auch im Informatikunterricht behandelt werden. Die Informatik sollte sich selbst jedoch nicht auf Informatiksysteme beschneiden und 18
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen dabei übersehen, dass auch andere Themenfelder der Informatik den Schülerinnen und Schülern im alltäglichen Leben begegnen. Und mit Hinblick auf die Informatiksysteme, sollte das »Problemlösen mit Informatiksystemen« zunächst hinten angestellt werden, und die »Wirkprinzipien, Struktur und Funktionsweise von Informatiksystemen« in den Vordergrund gerückt werden. Interessant wird es jedoch bei der etwas schwammigen For- mulierung »Grundlagen, Grenzen informatischer Wissensverarbietung«, denn in diesem Themenbereich liegt ein großes Feld der Informatik verborgen. Gerade dort gilt es also zu erkunden, welche Bereiche der Informatik, die nicht direkt an Informatiksystemen gebun- den sind, in der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler auftauchen und diese in den Informatikunterricht zu integrieren. Es gilt hier zu fragen, welche informatischen Kompetenzen bereits eine Grundschülerin bzw. ein Grundschüler beherrschen sollte. Würde man nun jedoch so weit gehen und alles, was in irgendeiner Art und Weise mit Information, Nachrichten und den damit verbundenen Kompetenzen zusammenhängt, im Informatikunterricht durchzuführen, so »würde man weit in die Domänen anderer Wis- senschaften wie der Philosophie, Rechtswissenschaften, Psychologie oder Biologie vorsto- ßen«(Hubwieser, 2001, S.29). Es bedarf deshalb einer engeren Eingrenzung, als dass die Kompetenz oder das Thema nur mit dem übergeordneten Begriff Information zusam- menhängt. Hubwieser schlägt hier das Paradigma der Informationsverarbeitung vor, mit folgendem Dreischritt. 1. Vor jeglicher Verarbeitung müssen Informationen mit Hilfe geeigneter Darstellungs- techniken repräsentiert werden. Das kann z.B. akustisch, grafisch oder textuell ge- schehen. 2. Auf solchen Repräsentationen operieren dann automatische Verarbeitungs- oder Transportprozesse, um daraus neue Darstellungen zu erzeugen. Der Ablauf dieser Prozesse wird von anderen Informationsrepräsentationen(Programmen) gesteuert. Die Ergebnisse der Verarbeitung können wiederum als Eingabe für weitere Verar- beitungsprozesse dienen. 3. Durch Interpretation entstehen aus den Repräsentationen schließlich neue Informa- tionen. Der vom Verarbeitungs- oder Transportsystem ausgegebenen Repräsenta- tion wird von Menschen eine Bedeutung zugeordnet. (Hubwieser, 2001, S.80) Aus diesem Paradigma zieht Hubwieser die folgenden Kriterien: • automatische Verarbeitung, • Vernetzung (Transport von Repräsentationen, räumliche Verteilung von Verarbei- tung oder Repräsentationen) und • Interaktion (Repräsentation und Interpretation) Es lassen sich also die Themenfelder Darstellung, Verarbeitung und Interpretation von Informationen und Repräsentationen identifizieren. Nun gilt es aus diesen Themenfel- dern Lerninhalte auszuwählen. Genauere Kriterien hierzu werden im folgenden Kapitel 19
4 Voraussetzungen zur Gestaltung von Kriterien zur Auswahl informatischer Kompetenzen vorgestellt, festgehalten sei an dieser Stelle jedoch noch, dass solche Kriterien nur In- halte zulassen sollten, die den fundamentalen Ideen nach Schwill genügen. Zudem gilt es sich zu überlegen, welche Kompetenzen mit den entsprechenden Inhalten verbunden sind. (Schubert u. Schwill, 2011, S.65) nennen Kriterien, welche eine fundamentale Idee auszeichnen: 1. Horizontalkriterium: Der Inhalt darf sich nicht auf ein Teilgebiet der Informa- tik beschränken, sondern soll breitgefächert in vielen Bereichen (der Informatik) Anwendung finden. 2. Vertikalkriterium: Der Inhalt muss auf jedem intellektuellen Niveau vermittelbar sein. Dieses Kriterium ist bei der Wahl von Inhalten für den Grundschulunterricht von besonderer Bedeutung. 3. Zielkriterium: Der Inhalt, die Idee muss ein klares Ziel haben. 4. Sinnkriterium: Die Idee muss von Bedeutung in oder für die reale Lebenswirk- lichkeit sein. 5. Zeitkriterium: (Von Schwill nicht so benannt) - Ist der Inhalt von zeitloser Bedeu- tung? Spielte er bereits in der Vergangenheit eine Rolle? Wird er auch in Zukunft eine Rolle spielen? 20
5 Vorstellung der »Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung« - des Informatikunterrichts in der Grundschule nach Christian Borowski In diesem Kapitel werden Kriterien von Christian Borowski, welche er im Rahmen sei- nes Promotionsvorhabens an der Universität Oldenburg zum Informatikunterricht in der Grundschule entwickelt hat, vorgestellt. Die Kriterien beziehen sich auf den Artikel »In- formatik in der Grundschule: Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung« von Christian Borowski (Borowski, 2014), welcher nicht veröffentlicht wurde, aber im Anhang der Ar- beit wiederzufinden ist. (Borowski, 2014) beschäftigt sich mit drei Fragen: 1. Wir können Inhalte ausgewählt werden? 2. Wie müssen Inhalte strukturiert und aufbereitet werden? 3. Wo ist der ’Ort’ der informatischen Bildung in der Grundschule? Er schlägt anschließend sechs Kriterien für informatische Bildung in der Grundschule vor. 1. empirisch-fundierter (echter) Lebensweltbezug: Lernen findet in der Grund- schule an konkreten Gegenständen statt. »Nur wenn die Kinder erleben dass sie beim Lernen handlungsfähiger werden und Macht über ihre eigene Welt erlangen, bleiben sie motiviert am Lernprozess.« (Borowski, 2014, S.2) Deshalb müssen die Gegenstände aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler stammen. (Borow- ski, 2014) fordert zudem, dass das was die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ist nicht vermutet und von außen vorgegeben, sondern erfragt wird. 2. Informatisch fachlich bedeutende Inhalte (Borowski, 2014) verweist zur Aus- wahl solcher Inhalte auf die Didaktik der Informatik und nennt als Beispiel die fundamentalen Ideen. Die Inhalte sollten zudem einen Anknüpfungspunkt an die weitere informatische Bildung bieten. 3. Verstehbarkeit und Lernbarkeit Schülerinnen und Schüler in der Grundschule befinden sich in einem Entwicklungsprozess. Aus der Entwicklungspsychologie ist bekannt, dass Kinder eines bestimmten Alters nicht jede Aufgabe lösen können (Bo- rowski, 2014, S.3). Die Inhalte müssen also zu den Fähigkeiten in einer bestimmten Altersstufe passen. 21
5 Vorstellung der »Kriterien für eine erfolgreiche Umsetzung« - des Informatikunterrichts in der Grundschule nach Christian Borowski 4. Lehrbarkeit für Grundschullehrkräfte Da Grundschullehrerinnen und Grund- schullehrer in der Regel keine grundlegende und fundierte informatische Ausbildung vollzogen haben, müssen die Inhalte, welche gelehrt werden, für Lehrerinnen und Lehrer ohne tiefgehendes informatisches Wissen begreifbar und lehrbar sein. 5. Bezug zu einem Fach der Grundschule (Sachunterricht, Deutsch, Mathema- tik) »So wenig wie es ein Fach Physik, Biologie oder Chemie in der Grundschule gibt, wird es dort ein Fach Informatik geben. Aus diesem Grund ist es für die In- formatik in der Grundschule notwendig, ihre Inhalte in die bestehenden Fächer der Grundschule zu integrieren« (Borowski, 2014, S.4). 6. Bezug zur Medienbildung, Medienerziehung und Medienpädagogik Es stellt sich das Problem dar, dass Medienbildung in Informatik häufig synonym ver- wendet werden. Um hier für eine Differenzierung einerseits und eine sachlich korrek- te und fundierte Medienbildung andererseits zu sorgen, sollten die informatischen Inhalte einen Bezug zur Medienbildung, Medienerziehung und Medienpädagogik haben. (Borowski, 2014) ordnet die Kriterien 1 und 2 der Fragestellung der Inhaltsauswahl, die Kriterien 3 und 4 der Aufbereitung der Inhalte und die Kriterien 5 und 6 dem Ort der informatischen Bildung zu. 22
6 Kritische Analyse der Kriterien von Christian Borowski Es wurden im 5. Kapitel sechs Kriterien zur Auswahl von Inhalten vorgestellt. Etwas un- durchsichtig in der Vorstellung der Kriterien durch (Borowski, 2014) ist jedoch, dass alle sechs Kriterien unter der Überschrift »Kriterien zur Auswahl von Inhalten:« stehen, an- schließend jedoch nur die ersten beiden Kriterien der Inhaltsauswahl zugeordnet werden. Studiert man jedoch die Erläuterung und Begründung der Kriterien so wird deutlich, dass es sich bei allen sechs Kriterien um Kriterien zur Auswahl von Inhalten handelt. So heißt es zum Beispiel bei Kriterium 3: »Bei der Auswahl eines Inhaltes ist somit zu prü- fen, ob der Inhalt überhaupt verstehbar und erlernbar für die Kinder ist.« Die Zuordnung der Kriterien 3 und 4 zum Bereich der Aufbereitung der Inhalte meint also nicht, dass hier Kriterien vorgestellt werden, die wichtig für die Aufbereitung sind. Es ist vielmehr gemeint, dass die Grundlage für dieses Kriterium zur Auswahl eines Inhaltes, gerade die Aufbereitung eines Inhaltes ist. Gleiches gilt auch bei den Kriterien 5 und 6, welche (Bo- rowski, 2014) dem Ort der informatischen Bildung zuordnet. Bei dieser Zuordnung geht es also auch wieder darum, dass die Grundlage der beiden Kriterien zur Auswahl von Inhalten, der Ort der informatischen Bildung ist. Im Folgenden werden die sechs Krite- rien im Detail betrachtet und dabei die Vorüberlegungen aus Kapitel 4 berücksichtigt. Als Vorbemerkung sollte jedoch festgehalten werden, dass Kriterien zur reinen Auswahl von Inhalten nicht genügen. Die Unterrichtsplanung erfolgt im Sinne der aktuellen Di- daktik Kompetenzorientiert, also sollte auch ein Kriterienkatalog zur Unterrichtsplanung Kompetenzorientiert vorgehen. 1. Empirisch-fundierter (echter) Lebensweltbezug Sowohl im Kapitel 4.1 als auch insbesondere im Kapitel 4.2 wurde deutlich, dass dieses Kriterium eines der wesentlichsten Kriterien zur Auswahl von Inhalten ist. Dort wo Schülerinnen und Schüler sehen, dass das was sie lernen etwas mit der Welt zu tun hat, in der sie leben, da wird die Motivation am Lernen und das Schüler-Ich gestärkt. Die Ler- nenden erfahren, dass das, was sie gelernt haben ihnen etwas nützt und sie nun in der Lage sind Aufgaben in ihrem Alltag besser oder schneller zu bewältigen. Diese Erfahrung ist einerseits Ziel des Unterrichts aber andererseits auch Voraus- setzung für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Heranwachsenden. (Borowski, 2014) führt innerhalb dieses Kriteriums zudem aus, dass Schülerinnen und Schüler am konkreten Gegenstand lernen sollen. Das dies sinnvoll ist, wurde im Kapitel 4.2 mit Ausführungen von (Kaiser, 2000) deutlich gemacht. Aus der Überschrift des Kriteriums jedoch auf diesen Sachverhalt zu folgern ist schwierig, denn das wür- de voraussetzen, dass die (informatische) Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler 23
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