INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg

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INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
©Mütterzentrum Braunschweig e. V./MehrGenerationenHaus

                         INKLUSIVE QUARTIERE
          ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE
                    AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS
                                STÄDTETAG BADEN-WÜRTTEMBERG
  Unterstützt durch

aus Mitteln des Landes
 Baden-Württemberg
INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
Fotos auf der Titelseite: Städtetag Baden-Württemberg / Conzen;
Mehrgenerationenhaus: Mütterzentrum Braunschweig e.V. / MehrGenerationenHaus
INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
INKLUSIVE QUARTIERE
   ERKENNTNISSE UND
KOMMUNALE BEISPIELE
      AUS DER PRAXIS
       FÜR DIE PRAXIS
INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
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INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
VORWORT

Wie wollen wir in Zukunft zusammen                     der Vereinten Nationen4 bietet die Chance,
                                                       Diskussionen und Prozesse von der globalen auf
leben? Dies ist die Kernfrage, mit                     die lokale Ebenen zu übertragen. Dies beinhal-
der sich das Pilotprojekt Inklusive                    tet beispielsweise Fragen zur Definition von
                                                       Wohlstand und Solidarität, von gesellschaftli-
Quartiere1 des Städtetags Baden-                       chem Fortschritt genauso wie Gelingensfaktoren
Württemberg im vergangenen Jahr                        inklusiven Wirtschaftens in der Kommune. Der
                                                       Städtetag hat sich bereits seit dem Jahr 2006 mit
beschäftigte. Wie werden zum                           einem themenübergreifenden Inklusionsprozess
Beispiel alte und junge, gesunde und                   auseinandergesetzt. In entsprechenden Gremien
                                                       und Beschlüssen wurde eine weitgefasste
kranke oder Menschen mit und ohne                      Begriffsdefinition verankert. Unter Inklusion
Behinderung miteinander leben?                         verstehen wir demnach nicht ausschließlich
                                                       Maßnahmen für die Zielgruppe der Menschen
Wie müssen wir dafür bauen? Welche                     mit Behinderung. Im Fokus steht vielmehr die
Stolpersteine im wörtlichen und über-                  lebenswerte Stadt für alle Menschen.
tragenen Sinne müssen dazu aus                         Das Projekt Inklusive Quartiere wurde von der
                                                       Geschäftsstelle des Städtetags entwickelt und ist
dem Weg geräumt werden? Und                            ein Teilprojekt des vom Ministerium für Soziales
wie können wir im Lebensraum Stadt                     und Integration Baden-Württemberg geförderten
                                                       Kompetenznetzwerks Inklusion beim Städtetag.
diesen Fragen begegnen, um trag-
                                                       Die Themen nicht isoliert zu betrachten, son-
fähige Lösungen zu erarbeiten?                         dern die Fachkräfte und Experten aus der
Kommunalverwaltung wie -politik sind verstärkt         Kommunalverwaltung unserer Mitgliedstädte
mit komplexen Herausforderungen konfrontiert,          interdisziplinär zusammenzubringen, um ge-
für die es nicht immer einfache Lösungen gibt.         meinsam Lösungen zu erarbeiten, Impulse
Die Gestaltung des demografischen Wandels,             zusammenzutragen, um daraus Ideen für Stadt-
die Aufnahme und Integration von Zuwanderern,          planung, in Stadterneuerungsverfahren oder
die Umsetzung von Maßnahmen für Menschen
mit Behinderung, die Gewährleistung einer
guten Daseinsvorsorge – auch mit Blick auf die         1 Inklusive Quartiere im Sinne von Quartiersstrategien, die zeitgemäß,
Digitalisierung – für alle Bürgerinnen und Bürger      sozial und zukunftsorientierte Konzepte sind, mit der Zielrichtung von
                                                       Selbstbestimmung, Inklusion und zivilgesellschaftlicher Verantwor-
und die Verbesserung der Infrastruktur bei schwieri-   tung, die aber auch Infrastruktur- und Finanzierungsfragen und Fragen
ger finanzieller Belastungssituation prägen den        der Stadtentwicklung und Stadtplanung beinhalten.

Arbeitsalltag. Auch der Partizipationsgedanke,         2 „Auf Dauer können die Städte ihre Funktion als Träger gesellschaft-
die Beteiligung der Stadtbevölkerung sowie             lichen Fortschritts und wirtschaftlichen Wachstums im Sinne der
                                                       Lissabon Strategie nur wahrnehmen, wenn es gelingt, die soziale
Interessensvertreter vor Ort, erfordern Ideen und      Balance innerhalb und zwischen den Städten aufrecht zu erhalten,
gezielte Maßnahmen, um konkrete und trag-              ihre kulturelle Vielfalt zu ermöglichen und eine hohe gestalterische,
                                                       bauliche und Umweltqualität zu schaffen.“ (vgl. Leipzig Charta 2007,
fähige Lösungen für die zunehmend vielschichti-        vgl. auch Positionspapier des Deutschen Städtetags „Integrierte Stad-
gen Planungsprozesse zu finden.2                       tentwicklung und Stadtentwicklungsmanagement 2015“)

Die aktuellen Bemühungen um Inklusion3 auf ver-        3 Inklusion bezieht sich auf das Recht auf volle selbstbestimmte Teil-
                                                       habe für alle Menschen, ungeachtet ihrer sozialen Herkunft, Religion,
schiedensten Ebenen und in unterschiedlichsten         kulturellen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Sprache, Geschlechtszuge-
Handlungsfeldern sichern Teilschritte eines            hörigkeit, politischen oder sonstigen Anschauung, des Vermögens,
                                                       der Geburt, des Alters oder sonstigen Status. (vgl. UN-BRK)
Paradigmenwechsels ab. Auch die Umsetzung
der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung            4 http://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf

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bei Stadtumbaugebieten mit Leerständen und          Ein vornehmlicher Dank gilt den Kolleginnen und
    Brachen zu entwickeln, war Idee des Projekts.       Kollegen aus Mannheim, Schwäbisch Gmünd,
    Wie lassen sich Kooperationen erreichen, wo         Ulm und Waldkirch, die uns bei der Ausrichtung
    sind Synergien unterschiedlicher Themenfelder       der regionalen Werkstattgespräche unterstützten.
    für verschiedene Zielgruppen nutzbar?
                                                        Für die wissenschaftliche Begleitung bedanken
    In drei regionalen Werkstattgesprächen in Mann-     wir uns bei Gabriele Steffen, EBM a.D. und
    heim, Schwäbisch Gmünd und Ulm lernten bis          Hauptgeschäftsführerin Institut für Stadtplanung
    zu 80 Teilnehmende je Veranstaltung aus den         und Sozialforschung Weeber+Partner.
    unterschiedlichsten Fach- und Zuständigkeits-
                                                        Dieses Ergebnispapier fasst die Erfahrungen,
    bereichen unserer Mitgliedstädte praktische
                                                        praktische Beispiele unserer Mitgliedsstädte
    Beispiele inklusiver Quartiersentwicklung ken-
                                                        und Erkenntnisse aus einem intensiven fachli-
    nen, tauschten Erfahrungen aus der Praxis aus
                                                        chen Dialog zusammen. Es beschreibt kommu-
    und arbeiteten an Qualitätskriterien.
                                                        nale Projekte mit unterschiedlichen inklusiven
    Dabei wurden verschiedene Zugänge bearbeitet,       Ansätzen. Sie sind mit Blick auf die eingangs
    nämlich die Ebene des ganzen Quartiers, die         genannten verschiedenen Zugänge – die Ebene
                                                        des ganzen Quartiers, die Ebene der Gebäude,
    Ebene der Gebäude, Plätze, Straßen und Orte
                                                        Plätze, Straßen und Orte sowie die Ebene der
    sowie die Ebene der Quartiersplanung und
                                                        Quartiersplanung und -strategien ebenso des
    -strategien ebenso das Handelns, wie z.B. in
                                                        Handelns – aufbereitet und dargestellt.
    Stadtentwicklungsprozessen und der Quartiers-
    entwicklung.                                        Die Dokumentation der Ergebnisse und Ver-
                                                        öffentlichung der kommunalen Projekte wollen
    Die Projektergebnisse beinhalten vielfältige
                                                        Beispiel für andere Kommunen geben. Sie wollen
    Entwürfe, wie es möglich ist, eine Stadt für alle
                                                        aber auch Anregungen für den Diskurs in den
    Generationen und für Menschen mit unter-
                                                        Kommunen geben, um den zu Beginn beschrie-
    schiedlichen Bedürfnissen zu gestalten, um so zu
                                                        benen Anforderungen und Fragen zukünftig
    mehr Toleranz und einem guten Zusammenleben
                                                        umfassend entsprechen zu können und noch
    beizutragen.
                                                        bessere Lösungsansätze zu finden.
    Dabei sind beispielsweise Fragen darüber
                                                        Um eine lebenswerte Stadt mit attraktiven
    entscheidend, wie die gesetzlichen Regelungen
                                                        Angeboten und inklusivem Umfeld zu gestalten,
    innovativ umgesetzt werden, wie städtebauliche
                                                        die für alle Bürgerinnen und Bürger bestmöglich
    Abläufe und Prozesse die Umsetzung des inklu-
                                                        nutzbar sind, gilt es, neben der Rahmensetzung
    siven Ansatzes aufgreifen, davon profitieren und
                                                        durch das Land, vor Ort in den Kommunen pass-
    wie sich schließlich Synergieeffekte einstellen
                                                        genaue Strukturen zu schaffen.
    können.
                                                        Dieses Ergebnispapier soll allen Verantwortlichen
    Ein ausdrücklicher Dank gebührt den Mitgliedern
                                                        in den unterschiedlichsten Fach- und Zuständig-
    der interdisziplinär besetzten Projektgruppe
                                                        keitsbereichen einen Einblick auf verschiedene
    – überwiegend Fach- und Führungskräfte aus
                                                        Ansätze und Beispiele geben. Es soll Mut
    unseren Mitgliedstädten. Sie brachten ihre
                                                        machen, den interdisziplinären Ansatz und ein
    Expertise und wertvolle Zeit ein, um das Projekt
                                                        weitgefasstes Inklusionsverständnis als Grund-
    zu begleiten, über Projektstruktur und -ziele zu
                                                        lage zu verankern und darauf aufbauend struk-
    beraten, die Themen übergreifend zu diskutieren
                                                        turelle Veränderungen anzustoßen.
    und die thematische Arbeitsgrundlage für die
    regionalen Werkstattgespräche festzulegen.

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Auf der Internetseite www.inklusive-quartiere.de      Inklusion braucht nicht nur Visionen, sondern auch
sind Inhalte der Projektarbeit sowie aktuelle         konkrete Maßnahmen und vor allem eine bestmögli-
Entwicklungen eingestellt. Sie dient zum Aus-         che Vernetzung der Handelnden.
tausch, für Information, zeigt Praxisbeispiele auf,   Aus diesem Gedanken heraus ist das Projekt Inklusive
bietet spannende Ansätze und Stimmen zu den           Quartiere entstanden, das einen als sehr ergiebig
Themen Stadtentwicklung und Inklusion in Form         empfundenen Diskussionsprozess im Städtetag und
von O-Tönen prägender Akteure aus unseren             in unseren Mitgliedstädten auslöste.
Mitgliedstädten.
                                                      Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen Mitwirken-
Auch für den Städtetag bedeutete die inter-           den, die sich im Rahmen des Projekts engagiert und
disziplinär angelegte Projektstruktur und             eingebracht haben.
-ausgestaltung eine neue Form der Zusammenar-
beit und Vorgehensweise, die wir rückblickend
als sehr erfolgreich bewerten können. Anliegen
ist es, das Thema Inklusion unter den Gesicht-
spunkten des weitgefassten Verständnisses und                                  Simone Fischer
mit interdisziplinärem Ansatz weiterzubearbeiten.                              Fachberaterin Inklusion und
Die Strukturen des Städtetags dienen dazu,                                     Gesellschaftliche Vielfalt, Projekt-
Prozesse vor Ort anzustoßen, eine Zeitlang zu                                  leiterin Inklusive Quartiere
begleiten und der Kommunalverwaltung eine
fachspezifische wie interdisziplinäre Vernetzung                               Benjamin Lachat
zu ermöglichen. Mit den unterschiedlichen Kom-                                 Dezernent
petenzbereichen, die beim Städtetag verankert                                  Familie und Soziales
sind, bietet der Städtetag eine Anlaufstelle
und ein Netzwerk für die kommunale Praxis,
gewährleistet den Erfahrungsaustausch und das                                  Gerhard Mauch
gemeinsame Lernen, organisiert das Wissens-                                    Dezernent
management und „Lernräume – aus der Praxis                                     Bau-, Ordnungsrecht, EU,
für die Praxis“.                                                               allgemeine Rechtsfragen

                                                      Städtetag Baden-Württemberg
                                                      Geschäftsstelle Dezernat III, Dezernat IV
                                                      Königstraße 2, 70173 Stuttgart
                                                      www.staedtetag-bw.de
                                                      www.inklusive-quartiere.de
                                                         twitter.com/StaedtetagBW
                                                         facebook.com/StaedtetagBW

                                                                                                                      7
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MITWIRKENDE IM PROJEKT
    PROJEKTGRUPPE

    Achim Bocher                Roland Böhm             Stefan Goller-Martin     Patrik A. Hauns
    Stadt Heilbronn             Stadt Esslingen am      Stadt Ravensburg         Stadt Bruchsal
    Amt für Familie,            Neckar                  Amt für Soziales und     Fachbereich Bildung,
    Jugend und Soziales         Baurechtsamt            Familie                  Soziales und Sport

    Roswitha Keicher            Barbara Kley            Detlev Kulse             Dieter Lehmann
    Stadt Heilbronn             Universitätsstadt       Stadt Waldkirch          Stadt Schwäbisch Gmünd
    Stabstelle Partizipation    Tübingen                Dezernat Bauen,          Amt für Familie
    und Integration             Senioren- und           Planen und Umwelt        und Soziales
                                Inklusionsbeauftragte

    Gabriele Reichhardt         Holger Sköries          Ulrich Soldner           Angelika Thieme
    Landeshauptstadt            Stadt Waiblingen        Stadt Ulm                Stadt Weinheim
    Stuttgart                   Seniorenreferent        Liegenschaften und       Amt für Baurecht und
    Sozialamt                                           Wirtschaftsförderung     Denkmalschutz

                                                                                 Dr. Petra Wagner
                                                                                 Stadt Mannheim
                                                                                 Fachbereich
                                                                                 Stadtplanung
    Walter Werner               Sina Wildhagen          Regine Wüllenweber
    Mitglied des Fach-          Städtetag               Stadt Backnang
    beirats Beratungs-          Baden-Württemberg       Amt für Familie,
    stelle Inklusion            Referentin Dezernat I   Jugend und Bildung

    PROJEKTSTEUERGRUPPE

    Simone Fischer              Benjamin Lachat         Gerhard Mauch            Gabriele Steffen
    Fachberaterin Inklusion     Dezernent               Dezernent                EBM a.D.
    und Gesellschaftliche       Familie und Soziales    Bau-, Ordnungsrecht,     Weeber+Partner,
    Vielfalt (Projektleitung)                           EU, allgemeine Rechts-   Hauptgeschäftsführerin
                                                        fragen
8
INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
INHALT
VORWORT ............................................................................................................................................ 5
MITWIRKENDE IM PROJEKT
    Projektgruppe ............................................................................................................................... 10
    Projektsteuergruppe ...................................................................................................................... 10
ABKÜRZUNGEN .................................................................................................................................. 8
HINWEISE ............................................................................................................................................ 8

PRAXISBEISPIELE IM LEBENSRAUM STADT.
1 DIE EBENE DES GANZEN QUARTIERS ..................................................................................... 11
    1.1		 Stadt Heilbronn | .Quartiersentwicklung im Bereich des Südbahnhofs................................... 12
    1.2		 Stadt Kirchheim unter Teck | .Steingauquartier – Ein starkes Stück Stadt .............................. 15	
    1.3		 Stadt Mannheim | Franklin-Mannheim .................................................................................. 18
    1.4		 Stadt Schwäbisch Hall | Entwicklung eines inklusiven Quartiers ........................................... 22
    1.5		 Stadt Tübingen | Quartier Alter Güterbahnhof....................................................................... 26
    1.6		 Stadt Ulm | Inklusiver Alter Eselsberg 2030........................................................................... 30
    1.7		 Stadt Esslingen am Neckar | Alter Sportplatz im Stadtteil Weil ............................................ 35

2	DIE EBENE DER ANGEBOTE, GEBÄUDE, PLÄTZE UND STRASSEN ������������������������������������ 37
    2.1		Stadt Backnang | Zwei Einrichtungen unter einem Dach ...................................................... 38
    2.2		Stadt Kehl | Dorfplatz Inklusiv ............................................................................................... 40
    2.3		Stadt Ludwigsburg.| Das Mehrgenerationenhaus (MGH) als Ort gelebter Inklusion ............ 43
    2.4		Stadt Schwetzingen.| Begegnungsfläche Schlossplatz Schwetzingen .................................. 47
    2.5		Stadt Waldkirch | Barrierefreies Freibad ’S Bad ..................................................................... 51

3 DIE EBENE DER QUARTIERS-PLANUNG/.-STRATEGIEN UND DES HANDELNS .................. 55
    3.1		Stadt Freiburg | Green City Hotel Vauban.............................................................................. 56
    3.2		Stadt Ostfildern.| WiPs – Wir in der Parksiedlung ................................................................. 58
    3.3		Stadt Schwäbisch Gmünd.| Kommune Inklusiv Gesamtstädtisch und in Stadtteilen ............ 63
    3.4		Landeshauptstadt Stuttgart (1).| Salz & Suppe – Stuttgart im Dialog ................................... 68
    3.5		Landeshauptstadt Stuttgart (2).| Inklusive Volkshochschule Stuttgart ................................... 70

ZUSAMMENFASSEND ..................................................................................................................... 74
IMPULS | QUALITÄTSKRITERIEN FÜR LEBENSWERTE QUARTIERE ........................................... 77
ANHANG
1 PROJEKTBESCHREIBUNG .......................................................................................................... 80
2 WERKSTATTGESPRÄCHE ........................................................................................................... 81
 2.1		 Mannheim 16.3.17 | Die lebenswerte Stadt | inklusive Stadtentwicklung.
			 Erfahrungen – Beispiele – Qualitäten .................................................................................... 81
    2.2 Schwäbisch Gmünd 8.5.17 | Attraktivität inklusiver Quartiere .............................................. 83
    2.3		 Ulm 25.10.17 | Qualitätskriterien – Wie geht inklusive Stadt-/Quartiersentwicklung? .......... 85

                                                                                                                                                          9
INKLUSIVE QUARTIERE ERKENNTNISSE UND KOMMUNALE BEISPIELE AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS - Städtetag Baden-Württemberg
ABKÜRZUNGEN
     BMAS:                     Bundesministerium für Arbeit und Soziales
     BTHG: 	Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbst-
             bestimmung von Menschen mit Behinderun-
             gen (Bundesteilhabegesetz)
     GemO: 	Gemeindeordnung für Baden-Württemberg
     HH-Plan:                  Haushaltsplan
     Kita: 	Kindertageseinrichtung – steht für alle Formen
             der institutionellen Kindertagesbetreuung
     LBO: 	Landesbauordnung Baden-Württemberg
     MGH: 	Mehrgenerationenhaus
     Sozialministerium: 	Ministerium für Soziales und Integration
                          Baden-Württemberg
     UN-BRK: 	UN-Behindertenrechtskonvention
     SGB XII: 	Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch – Sozialhilfe

     HINWEISE
     Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in den Texten der Ein-
     fachheit halber überwiegend die männliche Form verwendet.
     Die weibliche Form ist selbstverständlich immer eingeschlossen.
     In Baden-Württemberg lebten am 31.12.2015 insgesamt
     10.879.618 Einwohner auf einer Fläche von 3.567.676 ha.
     Diese Daten sowie die Daten zu Fläche und Einwohnerzahl in
     der Publikation beziehen sich auf die Erhebungen des Statis-
     tischen Landesamtes Baden-Württemberg zum 31.12.2015.5
     Stand November 2017

     5 www.statistik-bw.de/BevoelkGebiet/

10
1
 PRAXISBEISPIELE IM
LEBENSRAUM STADT
     DIE EBENE DES
GANZEN QUARTIERS
1.1 Stadt Heilbronn
     DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
     Informationen zur Stadt
     EINWOHNERZAHL: 122.567
     FLÄCHE: 9.988 ha
     OBERBÜRGERMEISTER: Harry Mergel
     Heilbronn ist das wirtschaftliche, kulturelle und
     administrative Zentrum der Region Heilbronn-
     Franken und liegt zwischen den Ballungsräumen
     Stuttgart und Heidelberg/Mannheim/Ludwigs-
     hafen im Neckartal. Hier leben Menschen
                                                          Projekt Südbahnhof | Foto: Stadtarchiv Heilbronn, S. Irankhah
     aus 150 Nationen. Als wichtiger europäischer
     Wirtschaftsstandort im nördlichen Baden-
     Württemberg bietet Heilbronn zahlreiche Arbeits-     lung im Bereich des Südbahnhofs entsprechend
     plätze. Für eine hohe Lebensqualität sorgen          einem ersten Grobkonzept durchzuführen.
     das sehr gute Bildungsangebot, die einladende
     Innenstadt, das bunte Vereinsleben, zahlreiche
                                                          DAS PROJEKT
     Sport- und Kulturveranstaltungen sowie eine
     gemütliche Gastronomie.                              Titel, Kurzbeschreibung
                                                          QUARTIER 2020 – QUARTIERSENTWICKLUNG
     Kommunales Profil, integrierte
                                                          IM BEREICH DES SÜDBAHNHOFS.
     Handlungsansätze
                                                          Die Stadtverwaltung sieht in dem derzeit entste-
     In Heilbronn ist Inklusion Querschnittsaufgabe.
                                                          henden Stadtquartier auf dem Südbahnhofareal
     Vor allem in neuen Projekten wird verstärkt
                                                          – sowohl zeitlich als auch von der Grundstruktur
     darauf geachtet, Barrierefreiheit und Inklusion
                                                          her – eine ideale Möglichkeit, um eine intensivere
     von Anfang an mitzudenken und entsprechend
                                                          Quartiersentwicklung zu starten. Als erstes Grob-
     einzuplanen. Unterstützung bieten dabei die
                                                          konzept und Rahmen dient die Gemeinderats-
     Inklusionsbeauftragte sowie der Inklusionsbeirat,
                                                          drucksache 147/2017.6
     der in die Gemeinderatsstrukturen eingebunden
     ist.
                                                          Räumlicher Kontext des Projekts
     Eines der vier zentralen Strategiefelder der
                                                          In dem Gebiet leben derzeit ca. 3.000 Menschen
     neuen Heilbronner Stadtkonzeption 2030 ist
                                                          in knapp 1.600 Haushalten. Der Anteil an Men-
     die „Teilhabe an der Stadtgesellschaft“. Bei der
                                                          schen über 65 Jahre liegt bei 13,5 %. Doppelt
     Erstellung von Konzepten und bei allem Verwal-
                                                          so viele Menschen sind 40 bis 65 Jahre alt und
     tungshandeln sollen noch stärker die Vielfalt der
                                                          stellen hier den größten Anteil der Bevölkerung.
     Gesellschaft berücksichtigt und hierfür Strukturen
                                                          Der Anteil an Menschen mit Zuwanderungs-
     und Rahmenbedingungen optimiert werden.
                                                          geschichte aus 79 Herkunftskulturen beträgt
     Alle Heilbronner sollen eine Chance auf Teilhabe
                                                          63 %. Inmitten des Südbahnhofgeländes ent-
     erhalten. Daher werden auch Kommunikation
                                                          stehen derzeit in einem weit fortgeschrittenen
     und Information auf dieses Ziel hin angepasst.
                                                          Bauabschnitt ca. 333 Wohnungen, 308 Studen-
     Gesellschaftliche und soziale Verantwortung
                                                          tenapartments und 87 Pflegeheimplätze. Eine
     sollen nachhaltig gefördert werden.
                                                          stationäre Pflegeeinrichtung, die auch teilsta-
                                                          tionäre Tagespflege anbietet, eine betreute
     Gemeinderatsbeschlüsse
                                                          Seniorenwohnanlage, das inklusive Wohnprojekt
     Am 26.07.2017 beschloss der Gemeinderat die          „Buntes Wohnen“ für Menschen mit Behin-
     Teilnahme am Ideenwettbewerb „Quartier 2020          derung, Senioren, Studenten und Familien, ein
     – Gemeinsam. Gestalten.“ des Sozialministeri-        Studentenwohnheim sowie eine inklusive Kita in
     ums mit dem Projekt Quartiersentwicklung im
     Bereich des Südbahnhofs. Die Teilnahme wurde         6 https://gemeinderat.stadt-heilbronn.de/beschluesse/GR/2017/
     mit dem Ziel befürwortet, eine Quartiersentwick-     _ files/KB GR 26.07.2017 oe-RIS.pdf
12
freier Trägerschaft, ein Ärztezentrum und eine       Ziele des Projekts
Apotheke werden derzeit realisiert. Vorschub
                                                     Die Verwaltung sieht mit der Umsetzung des Pro-
für diese umfassende Infrastruktur leistete die
                                                     jekts die Chance, ein durch Neuansiedlung sich
planerische und gestalterische Einbringung der
                                                     veränderndes Quartier
Stadtsiedlung Heilbronn GmbH. Es ist mit
einer weiteren Einwohnerzahl von insgesamt           ▪▪ über einen intensiven Beteiligungsprozess mit
1.128 Personen zu rechnen, wodurch sich                 neuen Methoden zu entwickeln,
Bevölkerungsanteile verändern werden. Die            ▪▪ den Fokus auf den Bereich Ältere zu legen,
Dimension aber auch die Notwendigkeit einer             mit dem Ziel, diese möglichst lange in ihrem
intensiven Quartiersentwicklung wird hieran             gewohnten Umfeld leben zu lassen,
deutlich.
                                                     ▪▪ in diesem Zusammenhang weitere Zielgruppen
Im Quartier angesiedelt sind u.a. eine weitere
                                                        (v.a. verschiedene Altersgruppen, Menschen
Kita (kirchliche Trägerschaft), zwei Kirchenge-
                                                        mit Behinderung und Menschen mit
meinden (katholisch und evangelisch) sowie ein
                                                        Zuwanderungsgeschichte) in den Prozess
Familienzentrum mit einer Begegnungsstätte
                                                        einzubinden,
(mit diversen Angeboten wie Sprachkurse etc.)
als mögliches Quartierszentrum. Barrierefreie        ▪▪ erste Umsetzungsschritte mit Beteiligung der
Verkehrsräume sowie die Anbindung an den                Quartiersbevölkerung zu starten,
ÖPNV schaffen weitere gute Voraussetzungen.
Im unmittelbaren Umfeld des Quartiers liegen         ▪▪ bürgerschaftliches Engagement zu fördern
eine Grundschule sowie diverse Lebensmittel-            (z.B. über einen Projektfördertopf) und
händler, Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte.
                                                     ▪▪ aus dem Prozess für weitere
                                                        Quartiersentwicklungen zu lernen.
Anlass, Anstoß
Die Initiative, eine gezielte Quartiersentwicklung
                                                     Projektverantwortliche, Federführung in
in dem Bereich mit umfassender Beteiligung
                                                     der Verwaltung
der Bevölkerung zu starten, wurde auch durch
äußere Rahmenbedingungen stark forciert. Die         Die Federführung hat die Stabsstelle Partizipa-
Stadtverwaltung hat mit dem Gemeinderat              tion und Integration. Dort ist auch der Aufgaben-
bereits durch die Inhalte und das Strategiefeld      bereich Bürgerbeteiligung angesiedelt.
„Teilhabe an der Stadtgesellschaft“ der Stadt-
konzeption 2030 Weichen gestellt. Der Gemein-        Weitere Akteure, Beteiligte innerhalb
derat erteilte an die Verwaltung den Auftrag, die    der Verwaltung
bereits vorhandenen Familienzentren in verschie-
                                                     Amt für Familie, Jugend und Senioren, Schul-,
denen Bezirken der Stadt zu Quartierszentren
                                                     Kultur- und Sportamt ggf. mit den Kulturinsti-
weiterzuentwickeln.
                                                     tuten, Gesundheitsamt, Planungs- und Bau-
Quartiersentwicklungen in sozialer Hinsicht mit      rechtsamt, Amt für Liegenschaften und Stadt-
entsprechend vielfältigen Beteiligungsansätzen       erneuerung, Stabsstelle Stadtentwicklung
sind grundsätzlich Maßnahmen, um den                 und Zukunftsfragen, Grünflächenamt, Amt für
Inklusionszielen der Stadt gerecht zu werden.        Straßenwesen, Hochbauamt.
Aus dem Prozess sollen wertvolle Erkenntnisse
und Erfahrungen für Entwicklungen anderer            Kooperationsformen, ressortüber-
Quartiere in Heilbronn (z.B. „Neckarbogen“)          greifende Zusammenarbeit
gewonnen werden. Dabei können wichtige
                                                     Prozessbegleitung durch eine Projektgruppe,
Parameter für bestehende Quartiere identifiziert
                                                     bestehend aus: Stabstelle Partizipation und Inte-
und bei künftigen Planungen berücksichtigt
                                                     gration, Amt für Familie, Jugend und Senioren,
werden. Anregungen hierzu können auch ins
                                                     Inklusionsbeauftragte
geplante städtische Pflegekonzept aufgenom-
men werden, welches ab Herbst 2017 weiter-
                                                     Sonstige Akteure, Beteiligte außerhalb
entwickelt werden soll.
                                                     der Verwaltung
                                                     Ein Expertenkreis aus möglichen Kooperations-
                                                     partnern, die im Quartier bereits Baumaßnahmen
                                                     initiiert bzw. einen engen Bezug zu dem Quartier
                                                     haben, wird intensiv eingebunden. Dies sind v.a.
                                                                                                         13
die stationäre Pflegeeinrichtung Haus zum Fels,     PHASE 4 – VERSTETIGUNG UND UNTER-
     Arkus gGmbH, der Paritätische Wohlfahrtsver-        STÜTZUNG
     band, die Offene Hilfen Heilbronn gGmbH, Ver-
                                                         Ehrenamtlicher und der Begleitung der Quartiers-
     treter des Kreisseniorenrats, der Verein „Buntes
                                                         entwicklung (Nachhaltigkeitssicherung) z.B.
     Leben e.V.“ und Akteure der früheren Bürger-
                                                         durch Einbindung hauptamtlicher Begleiter
     initiative zum Bebauungsplanverfahren. Auch
                                                         beim Familienzentrum oder anderen sich an-
     eine Einbindung der Gewerbetreibenden ist in
                                                         bietenden Partnern („Motorenfunktion“); auch
     diesem Gebiet gegeben. Weitere Akteure sollen
                                                         Vereinsgründungen, Nachbarschaftstreffs etc.
     über Beteiligungsprozesse akquiriert werden.
                                                         könnten das ehrenamtliche Engagement Einzel-
                                                         ner unterstützen; Etablierung unterschiedlicher
     DER PROZESS                                         Begegnungsformate, die ein ständiges Zusam-
                                                         mentreffen und einen regelmäßigen Austausch
     Ablauf, Meilensteine
                                                         ermöglichen sollen.
     PHASE 1 – ANALYSE ALLER BESTEHENDEN
                                                         Evaluation des Entwicklungs- und ersten
     VERNETZUNGEN IM QUARTIER
                                                         Umsetzungsprozesses, um für weitere Quar-
     Wer ist mit wem in welchem Kontext in Kontakt?      tiersentwicklungen zu lernen und ggf. neue zu
     Start der Befragungen und Treffen im Quartier:      starten.
     Insbesondere mit den Partnern aus dem Bereich
     der Pflege- und Beratungsstruktur mit dem Ziel,     Beteiligungsformen und Zielgruppen
     herauszufinden, welche Möglichkeiten die Infra-
                                                         Einsatz interkultureller Mittler, die im Quartier die
     struktur bietet, Älteren den Verbleib im Quartier
                                                         Bewohner v.a. an ihren Treffpunkten aufsuchen
     zu erleichtern (Analyse der Lebensbedürfnisse
                                                         und über eine Befragung einbinden. Ziel ist,
     im Quartier, u.a. Wegestrukturen, Versorgung im
                                                         Erkenntnisse über Erwartungen und Bedarfe
     Alltag, soziale Teilhabe, Begegnung mit anderen
                                                         (auch geschlechtsspezifisch) sowie Hinweise
     Zielgruppen, weiterer Unterstützungsbedarf etc.);
                                                         über Möglichkeiten des sozialen Engagements
     es erfolgt eine gemeinsame Entwicklung weiterer
                                                         im Quartier zu gewinnen; Treffen mit Experten
     Schritte zur Beteiligung der Bevölkerung (z.B.
                                                         und Interessierten im Quartier mit dem Ziel der
     über Gewinnung von Multiplikatoren).
                                                         gemeinsamen Entwicklung weiterer Schritte;
                                                         Bedarfsabfrage über eine barrierefreie Online-
     PHASE 2 – BETEILIGUNGSPROZESS UND EIN-              Plattform, die ab Beginn 2018 als Beteiligungs-
     BINDUNG INS QUARTIER                                plattform installiert werden wird. Über die Ko-
                                                         operation mit der stationären Pflegeeinrichtung
     Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollen
                                                         sollen mit Hilfe der dort tätigen ehrenamtlichen
     bestehende Netzwerke sowie Bewohner des
                                                         Mitwirkenden gemeinsam mit den Bewohnern
     Quartiers über Veranstaltungen, Treffpunkte in
                                                         die Beantwortungen möglich gemacht werden;
     Einrichtungen vor Ort, Besprechungen zwischen
                                                         Gewinnung von Multiplikatoren und gemein-
     Haupt- und Ehrenamtlichen sowie Angebote
                                                         same Entwicklung von Maßnahmen.
     eingebunden werden. Ziel ist, gemeinsam
     Maßnahmen zu entwickeln für Ältere, die es er-      Die Stabsstelle Partizipation und Integration
     möglichen, länger im Quartier zu verbleiben, und    steuert den Prozess und übernimmt überwie-
     gleichzeitig auch ein gesellschaftliches Mitein-    gend die Moderation. Eingesetzt werden auch
     ander im Fokus haben.                               Beschäftigte (insbesondere aus dem sozialen
                                                         Bereich), die sich zu internen Moderatoren
                                                         weiterqualifiziert haben, sowie bei Bedarf mehr-
     PHASE 3 – AUSWERTUNG DES BETEILIGUNGS-
                                                         sprachige interkulturelle Mittler als Brückenbauer
     PROZESSES UND UMSETZUNG ERSTER IDEEN
                                                         und Übersetzer bei Beteiligungen. Dokumen-
     Dabei könnten z.B. Ehrenamtliche eine Förder-       tiert wird u.a. über die Online-Plattform, um
     möglichkeit für ihre Ideen erhalten (z.B. für       möglichst schnell und transparent Informationen
     kleinere Anschaffungen und Auslagenersatz).         weiterzugeben.
     Die Hauptamtlichen begleiten und unterstützen
                                                         Es besteht die Idee des Aufbaus eines Mail-
     dabei; Pflege der Vernetzungen und ggf. Er-
                                                         verteilers für das Quartier, um schnell Bewohner
     weiterung des Netzwerks durch neu Hinzugezo-
                                                         erreichen zu können. Unterschiedliche, gemein-
     gene; erste Evaluation und Weiterentwicklung
                                                         sam entwickelte Begegnungsformate werden
     der Ideen über weitere Beteiligungen.
                                                         etabliert. Diese sollen ständige Zusammentreffen
                                                         und einen regelmäßigen Austausch ermöglichen.
14
RESSOURCEN                                          “Inklusive Qualität” soll auf der neuen Online-
                                                    Plattform für Bürgerbeteiligung dokumentiert
Personalanteile
                                                    und transparent gemacht werden. Hierüber
Personalaufwand entsteht v.a. für die Projektlei-   können u.a. auch Befragungen und Stimmungs-
tung und -koordination, die interne Moderation,     abfragen gestartet sowie Veranstaltungshinweise
Organisation von Beteiligungsformaten, Doku-        eingestellt werden.
mentation sowie Begleitung erster Maßnahmen.
Angedacht ist personelle Unterstützung bei der
                                                    BILANZ – FAZIT
Stabsstelle Partizipation und Integration.
                                                    Erfahrungen, Erkenntnisse
Budget, Finanzierung, Kosten
                                                    Für eine gelingende Quartiersentwicklung ist
Für das Projekt entstehen folgende Sachkosten:      es notwendig, die Menschen vor Ort intensiv
                                                    einzubinden und frühzeitig ein Netzwerk aus
Mehrsprachige Interviewer und Mittler, Gebär-
                                                    Beteiligten aufzubauen. Da sich das Heilbronner
densprachdolmetscher und weiterer behinder-
                                                    Modell durch einen hohen Grad an Flexibilität
tenspezifischer Assistenzbedarf: ca. 8.000 Euro;
                                                    auszeichnet, sind weitere Ergebnisse noch offen.
Veranstaltungen/Raumkosten/Material:
ca. 5.000 Euro; Öffentlichkeitsarbeit für Betei-
ligung und Veranstaltungen: ca. 2.000 Euro;         INFORMATIONEN UND KONTAKT
Projektförderpool: ca. 8.000 Euro. Hinzu kommt
die Einbringung von Ressourcen durch Koopera-       ROSWITHA KEICHER
tionspartner.                                       STABSSTELLE PARTIZIPATION UND
                                                    INTEGRATION
                                                    Tel.: 07131 / 56-4480
WAS IST INKLUSIV? WIRKUNGEN VON
                                                    Mail: roswitha.keicher@heilbronn.de
INKLUSION?
Qualitätskriterien, Indikatoren
Durch die Präsenz der Befragenden im Quartier
und Schaffung verschiedener Austauschmöglich-       1.2 Stadt Kirchheim
keiten kann die Bürgerbeteiligung direkt ge-
messen werden. Bei geringer Resonanz kann                unter Teck
kurzfristig und flexibel reagiert werden, um die
Menschen vor Ort stärker einzubinden und deren      DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Wünsche und Erwartungen herauszufiltern.
                                                    Informationen zur Stadt
Wirkungen, Mehrwert                                 EINWOHNERZAHL: 40.094
Durch den intensiven Beteiligungsprozess wird       FLÄCHE: 4.047 ha
nicht nur auf spezielle Bedürfnisse eingegangen,
                                                    OBERBÜRGERMEISTERIN:
sondern auch unterschiedliche Prägungen durch
                                                    Angelika Matt-Heidecker
Religion und Kultur sowie der Bedarf für Men-
schen mit Behinderung berücksichtigt. Es gilt,      Kirchheim unter Teck ist historische Fachwerk-
viele Formen der Unterstützung zu entwickeln,       und Marktstadt. Sie ist Große Kreisstadt und
um ein möglichst breites Spektrum an Bedürfnis-     die viertgrößte Stadt des Landkreises Esslingen.
sen des Lebens im Quartier abdecken zu können.      Kirchheim unter Teck bildet ein Mittelzentrum
                                                    für die umliegenden Gemeinden in der Region
Was ist an „inklusiver Qualität“                    Stuttgart an der Nahtstelle zur Schwäbischen Alb.
entstanden?
                                                    Kommunales Profil, integrierte
Der Beteiligungsprozess soll mit den oben auf-
                                                    Handlungsansätze
geführten Methoden gemeinsam mit Partnern
und mit intensiver Einbindung der Bevölkerung       Die Stadt verfolgt seit vielen Jahren die Strategie
aus dem Quartier ausgestaltet und umgesetzt         einer „Stadt für Alle“. Hierzu gehört auch die
werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse          Inklusion aller Bevölkerungsgruppen in das
werden für weitere Bürgerbeteiligungsprozesse       städtische Leben und ihre Berücksichtigung im
festgehalten und als Grundlage für folgende         planerischen Handeln.
Quartiersentwicklungen genutzt. Entstandene
                                                                                                          15
Dies beginnt bei der aktiven Teilhabe von Ver-       DAS PROJEKT
           tretern der Menschen mit Einschränkungen an
                                                                Titel, Kurzbeschreibung
           Tiefbaumaßnahmen, insbesondere Umbau von
           Straßen und öffentlichen Flächen, umfasst aber
                                                                STEINGAUQUARTIER – EIN STARKES STÜCK
           auch einen ganzheitlichen Ansatz bei allen sozial-
                                                                STADT.
           und stadtplanerischen Strategien und Planungen.
                                                                Es handelt sich um ein städtebauliches
           Unter anderem bestehen folgende Institutionen:
                                                                Konversionsprojekt mit dem Ziel einer
           Integrationsrat, Aktionskreis für behinderte und     maßstabsgerechten, funktional und sozial durch-
           nicht behinderte Menschen, Mehrgenerationen-         mischten Stadtstruktur. Der Prozess der Inklusion
           haus LINDE mit inklusiven Ferienangeboten für        im Städtebau erfolgt im Wesentlichen durch das
           Menschen mit Beeinträchtigungen, Teilnahme           Vergabeverfahren für die Grundstücke.
           am nationalen Tag der Inklusion, Chor ohne Bar-
           rieren, Kommunale Altenhilfeplanung, Mobilität       Räumlicher Kontext des Projekts
           im Alter, städtische barrierearme Homepage7
                                                                Das Steingauquartier befindet sich in unmit-
                                                                telbarer Nachbarschaft zur Altstadt und zum
           Gemeinderatsbeschlüsse
                                                                S-Bahnhof Kirchheim unter Teck.
           Gemeinderatsbeschluss im Leitbildprozess
                                                                Es handelt sich um eine 3,5 ha große Gewerbe-
           über Inklusion und Beschluss im Handlungsfeld
                                                                brache inmitten des gewachsenen wohnbauli-
           Bildung:
                                                                chen Siedlungszusammenhangs mit gemischter
           Gebäudeinfrastruktur aller Bildungsstätten ist       Sozialstruktur.
           unter Berücksichtigung der Inklusion
           auszuführen/zu optimieren (Kita, Schule usw.).       Anlass, Anstoß
           Gemeinderatsdrucksache 078/15/GR:                    Die Initiative kam aus der Fachverwaltung.
           Verfahrensmodell Steingauquartier
                                                                Ziele des Projekts
                                                                Maßstabsgerechte, funktionale und sozial durch-
                                                                mischte Stadtstruktur

                                                                Projektverantwortliche, Federführung
                                                                innerhalb der Verwaltung
                                                                Abteilung Städtebau und Baurecht:
                                                                Abteilungsleiter Gernot Pohl (Federführung),
                                                                Oliver Kümmerle (Projektleiter)

                                                                Weitere Akteure, Beteiligte innerhalb
                                                                der Verwaltung
                                                                Abteilung Soziales: Brigitte Hartmann-Theel

                                                                Kooperationsformen, ressortüber-
                                                                greifende Zusammenarbeit
     Beteiligung im Steingauquartier | Foto: Stadt Kirchheim
                                                                Ständige fachübergreifende Zusammenarbeit in-
                                                  unter Teck
                                                                nerhalb der Verwaltung bei der Konzeption und
                                                                Umsetzung des Städtebaus und des Vergabe-
                                                                prozesses.

                                                                Sonstige Akteure, Beteiligte außerhalb
                                                                der Verwaltung
                                                                Matthias Gütschow & Thomas Gauggel (freie
                                                                Architekten Tübingen) als Berater im Vergabe-
           7 https://www.kirchheim-teck.de/willkommen           prozess sowie zahlreiche Baugruppen.

16
DER PROZESS                                       Wirkungen, Mehrwert
Ablauf, Meilensteine                              Der Prozess befindet sich derzeit in der Um-
                                                  setzung, die Fertigstellung ist im Jahr 2022
2010: Städtebauliches Gutachterverfahren
                                                  vorgesehen. Das Steingauquartier soll in seiner
2010-2016: Grunderwerbsverhandlungen              städtebaulichen Qualität und sozialen Mischung
                                                  beispielbildend für maßstabsgerechtes und
2010-2016: Konzeption des Vergabeverfahrens
                                                  zukunftsgerichtetes „Weiterbauen“ der ge-
2017: Abschluss des Bebauungsplanverfahrens       wachsenen Mittelstadt wirken.
seit 01.01.2017: Grundeigentumsübergang
                                                  Was ist an „inklusiver Qualität“
seit 01.01.2017: Umsetzung des Projektes          entstanden?
                                                  Der wesentliche Aspekt der inklusiven Qualität
Beteiligungsformen und Zielgruppen
                                                  wird im Steingauquartier in der kleinräumlichen
Zielgruppe des Steingauquartiers ist ein          Mischung von Wohn-, Freizeit- und Arbeitsange-
möglichst großer Reigen der Stadtgesellschaft.    boten für Menschen mit unterschiedlichsten
                                                  Eigenarten innerhalb des Quartiers und in direk-
Als Methode wurde ein Vergabeverfahren
                                                  tem Umfeld mit der Innenstadt, liegen.
(„Kirchheimer Modell“) entwickelt, in dem
jede Grundstücksbewerbung ihre Chancen auf
Zuschlag dadurch steigert, dass sie eine Be-      BILANZ – FAZIT
sonderheit/Eigenart aufzeigt. Der Katalog der
                                                  Erfahrungen, Erkenntnisse
Vergabekriterien umfasst diesbezüglich zwei
Kriterien:                                        Bisher können keine endgültigen Erkenntnisse
▪▪ Was leistet das Projekt für die Quartiers-     getroffen werden. Aber in der gesamten Stadt ist
   gesellschaft?                                  spürbar, dass der Prozess „Steingauquartier“ an-
                                                  regend ist und zur Auseinandersetzung mit dem
▪▪ Was leistet das Projekt für die Stadtgesell-   eigenen Wohnen und mit gemeinschaftlichen/
   schaft?                                        gemeinwesensorientierten Aspekten führt.

Es gibt also keine fest umrissenen Anforderun-    Leitsatz, O-Ton, Zitat zum Projekt
gen, sondern die Anregung, im Sinne des Ge-
                                                  „Das Steingauquartier – ein starkes Stück Stadt.“
meinwesens kreativ zu werden.
                                                  (Leitsatz des Projekts)

RESSOURCEN                                        Anmerkungen, Hinweise, Interessantes
Personalanteile                                   Internetauftritt Steingauquartier mit interessan-
                                                  ten und aktuellen Informationen zum Projekt
15 % Stellenanteile: Federführung
                                                  Presseartikel, u.a. Teckbote vom 27.10.2017,
20 % Stellenanteile: Projektleitung
                                                  02.07.2015, 26.03.2015, 23.03.2015, 21.04.2011,
                                                  28.09.2010
Budget, Finanzierung, Kosten
Für Prozesssteuerung, Marketing und rechtliche
                                                  INFORMATIONEN UND KONTAKT
Beratung stehen jährlich 60.000 Euro (ab 2020:
30.000 Euro) zur Verfügung.                       GERNOT POHL
                                                  STÄDTEBAU UND BAURECHT
                                                  Tel.: 07021 / 502-439
WAS IST INKLUSIV? WIRKUNGEN VON
                                                  Mail: g.pohl@kirchheim-teck.de
INKLUSION?
Qualitätskriterien, Indikatoren
Sozialwohnungen; gemeinwesensorientierte
Nutzungen; Gemeinschaftliche Funktionen/
Räumlichkeiten; ökologisches/klimagerechtes
Bauen; maßstabsgerechter Städtebau

                                                                                                      17
1.3 Stadt Mannheim                                  funktion für das Zusammenleben in Metropolen
                                                          (Ziel 4), die partnerschaftliche Entwicklung mit
                                                          bürgerschaftlichem Engagement zu erreichen
     DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE                              (Ziel 7).
     Informationen zur Stadt                              FRANKLIN soll ein vielfältiges Quartier werden
                                                          und die Mannheimer Stadtgesellschaft wider-
     EINWOHNERZAHL: 305.780
                                                          spiegeln, geprägt von wechselseitigem Respekt
     FLÄCHE: 14.496 ha                                    und der Bereitschaft zur Verständigung der
                                                          hier lebenden Menschen und Gruppen für ein
     OBERBÜRGERMEISTER: Dr. Peter Kurz
                                                          gelingendes Miteinander. Verankert ist diese
     Die an Rhein und Neckar gelegene Quadrate-           gemeinsame Wertgrundlage in der Mannheimer
     und Universitätsstadt Mannheim ist ein Stadt-        Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt mit
     kreis in Baden-Württemberg und gleichzeitig          über 200 Institutionen und Unternehmen, die
     wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der         sich aktiv für ein gelingendes Zusammenleben
     Metropolregion Rhein-Neckar. Menschen aus            engagieren wollen.
     170 Nationen leben hier, über 43 Prozent der
                                                          KONVERSIONSSTRATEGIE
     Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund
     – Mannheim ist eine Stadt, in der Weltoffenheit,     Die Auflösung der US-Militärflächen führte
     Vielfalt und Toleranz seit der Stadtgründung         2011 zur Einsetzung eines Beauftragten für die
     gelebt werden. Die Stadt bietet mit ihrer attrak-    Konversion und einer Geschäftsstelle Konversion
     tiven Innenstadt vielfältige Einkaufsmöglichkeiten   als Stabsstelle des Oberbürgermeisters. Für
     mit Oberzentrumsfunktion, ist jedoch auch eine       die Verhandlungen mit der Bundesanstalt für
     Stadt der Stadtteile. Zahlreiche eingemeindete       Immobilienaufgaben (BImA) über den Ankauf
     Ortschaften haben ihren ländlichen Charme            der Flächen, deren qualitative Entwicklung und
     bewahrt, profitieren dabei von den Annehmlich-       Umsetzung/Vermarktung wurde 2012 hieraus die
     keiten der Großstadt, z.B. ÖPNV-Anbindung und        MWS Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP) als
     städtische Infrastruktur. Das Stadtgebiet besteht    Tochter der GBG und Stadt Mannheim gegründet.
     etwa zur Hälfte aus Grünflächen, so treffen hoch-
                                                          Die strategische Herangehensweise erfolgte
     verdichtete urbane Stadtgebiete auf Lebens-
                                                          über eine intensive Bürgerbeteiligung ab 2011,
     räume für Tiere und Pflanzen – ein einzigartiger
                                                          zu der alle Bewohner der Gesamtstadt auf-
     Beitrag zur Lebensqualität und ein Gewinn für
                                                          gerufen wurden. Auf zahlreichen Veranstaltun-
     den Umweltschutz.
                                                          gen, im Internet sowie per Post konnten Bürger
                                                          ihre Ideen und Vorschläge für die Konversion
     Kommunales Profil, integrierte
                                                          einbringen. In einem Arbeitsbuch mit dem Titel
     Handlungsansätze
                                                          „1000 Ideen für eine Stadt, die sich neu baut”,
     ACHT STRATEGISCHE ZIELE                              wurden diese zusammengefasst und dokumen-
                                                          tiert. Aus diesen Ideen wurden fünf Marken
     Ein zentrales Anliegen der Stadt Mannheim ist
                                                          gebildet mit den Titeln Grün, Ingenieursmeile,
     es, das Verwaltungshandeln an den Wirkungen
                                                          Kultur, Wohnen und Energie. Sie bildeten damit
     auf die Mannheimer Stadtgesellschaft zu orien-
                                                          den Rahmen für die Flächenentwicklung aller
     tieren. Hierfür ist das Verwaltungshandeln auf
                                                          Mannheimer Konversionsareale unter dem Ziel
     acht strategische Ziele ausgerichtet, die besch-
                                                          der Nutzungsmischung mit jeweiliger Schwer-
     reiben, welche stadtgesellschaftlichen Entwick-
                                                          punktsetzung.
     lungen von besonders hoher Relevanz sind:
     1. Urbanität stärken, 2. Talente gewinnen,           Die Verwaltung legte dem Gemeinderat jährlich
     3. Unternehmen stärken, 4. Toleranz leben,           ein Weißbuch vor, indem der Beteiligungspro-
     5. Bildungsgerechtigkeit verbessern,                 zess dokumentiert und dessen Ergebnisse in
     6. Kreativität stärken, 7. Engagement unter-         ein Eckpunktepapier zusammengefasst wurden:
     stützen, 8. Eigenkapital mehren.                     http://www.konversion-mannheim.de/buerger-
                                                          beteiligung/weissbuchprozess
     Die Entstehung eines auf Konversionsgelände
     völlig neu zu entwickelnden Quartiers für über       Der Gemeinderat beschloss diese Eckpunkte und
     9.000 Menschen wie FRANKLIN, vereint alle            gewährleistete damit die Weiterverfolgung der
     stadtgesellschaftlichen Schwerpunkte – insbe-        Ergebnisse aus dem Bürgerbeteiligungsprozess.
     sondere die Stärkung einer ökologisch und sozial
     ausgewogenen Urbanität (Ziel 1), die Vorbild-
18
Gemeinderatsbeschlüsse                                Die Planung zu FRANKLIN – gemeinsam mit
                                                      Partnern und Investoren – läuft seit über drei
Die qualitative Entwicklung von FRANKLIN
                                                      Jahren. Ende 2015 konnte das Areal vom Bund
wurde seit 2012, beginnend mit dem dreijähri-
                                                      erworben werden. Vor rund 1 ½ Jahren wurde
gen Bürgerbeteiligungs- und Weißbuchprozess,
                                                      mit der umfangreichen Infrastrukturherstellung
ab 2014 mit der Rahmenplanung, 2015 mit
                                                      gestartet, mit ersten Bewohner/Einzügen ist
wohnungspolitischen Schwerpunkten, 2016
                                                      Ende 2017 zu rechnen. Das neue sozial gemisch-
zu ökologischen, ökonomischen und sozial-
                                                      te Quartier FRANKLIN mit insgesamt über 140 ha
politischen Aspekten in zahlreichen Vorlagen
                                                      Größe, steht am Beginn seiner Entstehung,
im Gemeinderat bzw. Unterausschuss Konver-
                                                      s. www.franklin-mannheim.de
sion behandelt. Parallel erfolgte eine intensive
Abstimmung mit Partnern zum öffentlichen
                                                      Räumlicher Kontext des Projekts
gleichberechtigten (Grün-)Raum, die aktuell in
die Planung einfließt. Detailentscheidungen zu        Auf dem ehemaligen Kasernengelände Benjamin-
FRANKLIN beschließt der Aufsichtsrat der MWSP         Franklin-Village/Sullivan Barracks/Funari Baracks
mit dem Mannheimer Oberbürgermeister als              – die ehemalige größte Housing Area der US-
Aufsichtsratsvorsitzendem.                            Army in Deutschland – entsteht in den nächsten
                                                      Jahren im Stadtteil Käfertal ein vollständig neues
2017 beschloss der Gemeinderat die Teilnahme
                                                      Quartier für über 9.000 Menschen. Dieses neue
am Ideenwettbewerb “Quartier 2020 – Ge-
                                                      Quartier FRANKLIN besteht aus insgesamt fünf
meinsam. Gestalten” des Sozialministeriums
                                                      Teilarealen und hat die Größe der Mannheimer
mit einem Vorhaben zur seniorengerechten
                                                      City. Über die Schaffung vielfältiger Wohnange-
Quartiersentwicklung auf FRANKLIN. Das Projekt
                                                      bote und Wohnformen für Haushalte mit un-
wurde als Preisträger ausgezeichnet.
                                                      teren, mittleren und höheren Einkommen sowie
                                                      die entsprechenden sozialen und sonstigen
DAS PROJEKT                                           Infrastruktureinrichtungen wird auf FRANKLIN
                                                      ein sozial durchmischtes, grünes Quartier für alle
Titel, Kurzbeschreibung
                                                      Bevölkerungsschichten entstehen.
FRANKLIN-MANNHEIM
Das Leitbild von FRANKLIN basiert auf einer
umfangreichen Bürgerbeteiligung und dem
mehrjährigen Weißbuchprozess, der die gemein-
wesenorientierte Arbeit mit der Bürgerschaft
und deren Ergebnisse dokumentiert und daraus
Eckpunkte sowie Qualitäten für die Entwicklung
der Flächen ableitet. Seine Weiterentwicklung
ist im Rahmenplan Benjamin-Franklin-Village
mit der Zielvorstellung zu finden, ein „lebhaftes
sozial gemischtes Quartier für alle Generationen”
zu schaffen. Dies impliziert neben ökologischen
und architektonischen Qualitäten auch eine
gezielte Schaffung inklusiver, dezentraler (Wohn-)
Strukturen.
Um in der Quartiersentwicklung die Grundzüge
des Leitbilds zu berücksichtigen, hat die MWSP
für das Teilareal Mitte ein Zertifikat mit fünf Di-
mensionen entwickelt. Enthalten sind Qualitäten
aus den Bereichen Soziale Durchmischung,
Inklusion, Freiraum & Urbanität, Städtebau &
Architektur sowie Energie & Mobilität. Zum
Kaufvertragsabschluss muss der Investor ein
Zertifikat vorlegen, dabei sollte er in mindestens    Foto: MWS Projektentwicklungsgesellschaft mbH
drei Kategorien einen Beitrag leisten. Die Pla-
nungen der Investoren werden mit einem Exper-
tengremium abgestimmt.

                                                                                                           19
Anlass, Anstoß                                       Pionierzeit zu gleichen Teilen von der MWSP, den
                                                          Investoren FRANKLINs und der Stadt Mannheim.
     Am 23. Juni 2010 gaben die US-Streitkräfte
     Europa bekannt, dass sie bis Ende 2015 sämtli-
                                                          Weitere Akteure, Beteiligte innerhalb
     che Standorte in der Region aufgeben werden.
                                                          der Verwaltung
     Durch den Abzug der US-Streitkräfte mussten
     rund 510 ha Fläche innerhalb der Gemarkung           Zwischen MWSP und der Verwaltung bestehen
     Mannheim innerhalb weniger Jahre einer quali-        vielfältige Querschnittsbezüge und umfangreiche
     tativen Neuentwicklung zugeführt werden. Die         Abstimmungen mit Fachzuständigkeiten, neben
     Umwidmung der bisher militärisch genutzten           allen planerischen, rechtlichen und technischen
     Flächen in eine zivile Nutzung (“Konversion“) war    Bereichen in wöchentlichen Jour-Fixen, entwick-
     und ist eine große Herausforderung, aber auch        lungs- und themenspezifisch zusätzlich v.a. mit:
     eine historische Chance, die Zukunft Mannheims
                                                          Beauftragte für die Belange von Menschen mit
     auf einer neuen Grundlage zu diskutieren und
                                                          Behinderung (BBMB), Beauftragter für Integra-
     der Stadt nachhaltige Möglichkeiten für Wachs-
                                                          tion und Migration, Fachbereiche Arbeit und
     tum und Prosperität zu erschließen.
                                                          Soziales/Kinder, Jugend und Familie/Gesund-
                                                          heit/Tageseinrichtungen für Kinder/Bildung u.a.
     Ziele des Projekts
                                                          Die Effekte hieraus sind eine Verzahnung aller
     Das Ziel ist die Umsetzung eines Nutzungs-
                                                          erforderlichen Fach- und Funktionsbereiche für
     mixes – die Entwicklung FRANKLINs als sozial
                                                          die Entwicklung eines neuen Quartiers.
     gemischten, inklusiven und grünen Stadtteil, die
     Bildung und Vertiefung neuer Strukturen und
                                                          Kooperationsformen, ressortüber-
     Netzwerke zwischen Partnern-Investoren-Stadt/
                                                          greifende Zusammenarbeit
     MWSP sowie die Sicherung der immensen
     Re-Investition für ein neues Stadtquartier. Eine     Über den langen Zeitraum erfolgten diverse
     erfolgreiche Umsetzung der nachhaltigen              Kooperationsformen je nach Themensetzung/
     Belebung zeigt sich mit der Aufsiedlung von          Entwicklungsschritten zwischen Geschäftsstelle/
     FRANKLIN in den nächsten Jahren.                     MWSP, Stadt und Partnern: Thematische Arbeits-
                                                          gruppen, Einbezug in Planungsprozesse, Netz-
     Projektverantwortliche, Federführung                 werkbildung, Partnerzusammenführung z.B.
     innerhalb der Verwaltung                             Investor – “Sozialpartner“ – Stadtverwaltung,
                                                          Gemeinschaftsaktivitäten und Events zur Bele-
     Ehemals Geschäftsstelle Konversion und städti-
                                                          bung des Quartiers, inhaltliche Begleitung und
     scher Beauftragter für Konversion als Stabstelle
                                                          Unterstützung geplanter Flächeninvestitionen,
     des Oberbürgermeisters, aus der die MWSP
                                                          Einbindung in Förderprogramme etc.
     gegründet wurde. Die Projektverantwortung liegt
     bei der MWSP, die in enger Abstimmung mit
                                                          Sonstige Akteure, Beteiligte außerhalb
     den städtischen Fachbereichen, insbesondere
                                                          der Verwaltung
     dem Fachbereich Stadtplanung, Projektgruppe
     Konversion, das Quartier entwickelt.                 Während des Weißbuchprozesses begleiteten
                                                          sog. “Zukunftslotsen”, ehrenamtlich tätige
     Innerhalb der MWSP ist die Federführung beim
                                                          Unterstützer und Mittler zwischen Verwaltung
     sog. Aufsiedlungsmanagement angesiedelt, hier-
                                                          und Bürgerschaft, die Konversionsentwicklung.
     für hat sie Personal für die ersten Besiedlungs-
                                                          Sie unterstützen z.B. bei Arbeitsgruppen mit
     jahre eingesetzt. Das Aufsiedlungsmanagement
                                                          Bürgern, spezifischen Zielgruppen und Experten
     FRANKLIN ist eine Aufgabe aller beteiligten Ak-
                                                          sowie bei öffentlichen Veranstaltungen. Eine
     teure unter Steuerungsverantwortung der MWSP
                                                          Gruppe der sog. “Soziallotsen” entwickelte ge-
     (nicht zu verstehen als klassisch sozialunterstüt-
                                                          meinsam mit einem Stadtsoziologen 2013/2014
     zendes Quartiersmanagement in sozial benach-
                                                          Eckpunkte für eine inklusive Quartiersentwick-
     teiligten Gebieten) mit Schwerpunkten, z.B.
                                                          lung FRANKLIN und formulierten, wie sich ein
     Kontaktpflege und Begleitung sozialer Träger,
                                                          gelingendes Zusammenleben, entsprechende
     Vereine und Akteure, Vernetzungsarbeit alltags-
                                                          Wohnformen und ein lebendiger öffentlicher
     bezogener Dienste, Investoren und FRANKLIN
                                                          Raum in diesem Kontext darstellt.
     Field-Verein, Infomanagement, Werbung und
     Öffnung, Veranstaltungen sowie ökologische und       In der Umsetzung sog. “Sozialpartner” für
     soziale Projekte zur Nachbarschaftspflege. Finan-    gemeinsame Planung bzw. Nutzungen/Vorha-
     ziert wird das Aufsiedlungsmanagement für die        ben auf FRANKLIN: u.a. Arbeitsgemeinschaft
20
Barrierefreiheit, Badischer Blinden- und Sehbe-      und Sozialpolitik FRANKLIN und der Mobilitäts-
hindertenverein (BBSV), Wespinstift, Johannes        planung sowie kontinuierliche Abstimmung/
Diakonie, Reha Südwest Regenbogen gGmbH,             Einbindung von Personal aus den planerischen,
Johann-Peter-Heim, Roll in Tagespflege, FRANK-       infrastrukturellen und technischen Bereichen der
LIN Field Verein, Hundenachhilfe, KiTa-Träger.       MWSP und Stadt sowie der Öffentlichkeitsarbeit/
Weiter wird die frühe Belebung des Gebietes un-      Eventplanung der MWSP.
terstützt von der katholischen und evangelischen
Kirche in einem Bauwagen vor Ort sowie einer         Budget, Finanzierung, Kosten
Initiative von Stadt/MWSP mit migrantischen
                                                     Das Gesamtvolumen FRANKLINs beläuft sich auf
Vereinen unterschiedlicher Nationalitäten, ein
                                                     über 220 Mio. Euro. Im Rahmen des Business-
Interkulturelles Haus Mannheim (IKHM) auf
                                                     plans der MWSP für FRANKLIN sind veränder-
FRANKLIN aufzubauen.
                                                     liche Anteile für soziale, ökologische und ener-
                                                     getische Entwicklungen je nach Planungsstand
DER PROZESS                                          und Wirksamkeit vor Ort als Mischkalkulation
                                                     innerhalb des Gesamtbudgets eingeplant. Dies
Ablauf, Meilensteine
                                                     wird regelmäßig fortgeschrieben und durch einen
Bürgerbeteiligung: 1000 Ideen, vier Weißbücher,      Aufsichtsrat genehmigt.
Markenbildung, Definition von Qualitäten
Konversion: Rahmenplan, Flächenerwerb,               WAS IST INKLUSIV? WIRKUNGEN VON
Flächenvermarktung, Investorenbindung, Um-           INKLUSION?
setzung nach Qualitätskriterien (FRANKLIN-
                                                     Qualitätskriterien, Indikatoren
Zertifikat etc.), Öffentlichkeitsarbeit, Aufsied-
lungsmanagement                                      Sozial gemischte, interkulturelle, ökologisch und
                                                     planerisch qualitative, nachhaltige Belebung von
Soziale Mischung: Netzwerkbildung mit vielfäl-
                                                     FRANKLIN-Mitte gem. FRANKLIN-Zertifikat, im
tigen Partnern innerhalb und außerhalb der
                                                     Gesamtgebiet in Anlehnung an die Zertifikats-
Verwaltung, Partnerkooperationen, Investitions-
                                                     kriterien und gem. Mischungsgrundsätzen.
entscheidungen, gemeinsame Veranstaltungen,
Planung sozialer (inklusiver, generationsüber-
                                                     Wirkungen, Mehrwert
greifender) und interkultureller Vorhaben dezen-
tral im Quartier (Bsp. Programm Quartier 2020,       Im Sinne der sozialen Durchmischung sind auf
Zwischennutzungen, Jugendwohngruppen, in-            FRANKLIN mehrere Standorte für öffentliche
klusives Wohnen und Kompetenzzentrum, KiTas,         Begegnungen und inklusive/soziale Maßnahmen
Grundschule, IKHM etc.), neue Mobilitätsformen       geplant. Sowohl im Zentrum mit der Kirche als
für die Zukunft auch im Hinblick auf Inklusion und   multireligiösen Begegnungsraum, als auch den
Barrierefreiheit                                     Teil Mitte umgebende Standorte für Sport-,
                                                     Spiel-, Grün- und Kulturnutzungen sowie einen
Beteiligungsformen und Zielgruppen                   öffentlichen Raum, der in seiner Ausgestaltung
                                                     ein soziales, gleichberechtigtes Miteinander
Neben den vielfältigen Beteiligungsformen
                                                     ermöglicht.
wurde 2017 ein FRANKLIN-Beirat ins Leben
gerufen, der sich unter der Federführung des         Das Teilgebiet Funari enthält Planungen zur
Aufsiedlungsmanagements für die nächsten drei        interkulturellen Belebung, ebenso wie integrative
Jahre aus Investoren/Projektentwicklern, prägen-     und inklusive Nutzungen. Im Teilgebiet Sullivan
den Mietern, Nutzern und Vereinen sowie Fach-        bilden sich derzeit Strukturen des künstlerischen
bereichen der Stadt zusammensetzt. Mind. zwei-       und musikkreativen Bereichs heraus. Dem Wesen
mal pro Jahr können die Partner der Aufsiedlung      FRANKLINs entsprechend, werden offene Be-
auf dieser Ebene Ideen und Erfahrungen ein-          gegnungsräume entstehen, die auch für den
bringen und an der aktiven Quartiersentwicklung      generationenübergreifenden Bedarf geplant sind.
mitwirken.
                                                     Was ist an „inklusiver Qualität“
                                                     entstanden?
RESSOURCEN
                                                     Identifikation mit dem neuen Quartier ist bei
Personalanteile
                                                     Aufsiedlung spürbar: Durch die verschiedenen
Zwei Personen anteilig Aufsiedlungsmanage-           Beteiligungsformen und Veranstaltungsformate
ment zzgl. strategische Begleitung der Bildungs-     wurde deutlich von Experten in eigener Sache
                                                                                                         21
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