INLINE - Er lehrt heute, wo er selber einst lernte - Schweizerischer ...

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INLINE                                           3 | 2020

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 Limitierte

              Nachwuchs

              Er lehrt heute, wo er
              selber einst lernte
                 PASCAL SCHLEUNIGER, PROFESSOR
                 AN DER FHNW TECHNIK
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2 | EDITORIAL

                   Worte vs. Inhalt
                   «Frage nicht, was deine Schule für dich tun kann. Frage lieber, was du                                            St u d er
                   für deine Schule tun kannst.» Sie kennen dieses Zitat bestimmt, wenn
                                                                                                                               Guy
                   auch leicht anders. Es sind die berühmten Worte von John F. Kennedy,
                   der bei seiner Amtseinführung das Wort «Schule» einfach durch
                   «Land» ersetzte. Er soll das Zitat vom Rektor des Edelinternats ent-
                   lehnt haben, das er einst besucht hatte. Der Rektor wiederum soll sich
                   bei den Worten eines Harvard-Dekans bedient haben. Ob dieser den
                   Spruch selber erfunden hat, ist nicht überliefert.
                      Dass ein FH-Rektor diese Wendung heute benutzen würde, wage
                   ich zu bezweifeln. Für mich sind es ohnehin hauptsächlich grosse
                   Worte mit fraglicher Wirkung.Wenn wir hingegen das Original leicht                                                  Leitung Redaktion
                   abwandeln und «Schule» durch «Ausbildung» ersetzen, so nähern wir
                   uns zumindest inhaltlich unserem Themenschwerpunkt «Nachwuchs»
                   an.
                      Die Wirtschaft braucht Nachwuchs – praxistüchtige und tertiär ge-
                   bildete Menschen – daran wird auch Corona nichts ändern. Bei der
                   Wahl der richtigen Ausbildung ist Sorgfalt angesagt, die ideale Kombi-
                   nation von Lehre und Praxis ist von Vorteil. Man soll sich entlang der
                   eigenen Stärken orientieren und nicht zuletzt auch Freude am Tun und
                   Lernen haben. Denn was man gerne macht, macht man in der Regel
                   auch gut. Die Frage lautet auch: Was will ich mit meiner Ausbildung
                   erreichen, nicht nur für meine Karriere, sondern auch für mich persön-
                   lich? Und um das Zitat von oben weiter zu setzieren: Natürlich darf ich
                   auch fragen, was die Ausbildung für mich tun kann. Unbedingt sogar!
                   Das bietet Orientierungshilfe. Nicht zuletzt sind auch die Ausbildungs-
                   betriebe und Arbeitgeber gefordert, möglichst ideale Entwicklungsbe-
                   dingungen zu schaffen.Viele leisten hier auch tolle Arbeit. Einen Ein-
                   blick dazu gibt es in unserem Special ab Seite 21.
                      Lassen wir also die grossen Worte den Staatsoberhäuptern und wid-
                   men uns dem Inhalt. In diesem Sinne: Einen schönen Restsommer.

                                               Adresse                                       Ausgabe#69                          Druck
                                               FH SCHWEIZ                                    neu auch als e-Paper                beagdruck – Multicolor Print AG
INLINE ist das offizielle Mitteilungsorgan
                                               Konradstrasse 6, 8005 Zürich                  Titelbild                           Maihofstrasse 76 , 6006 Luzern
                                               Tel. 043 244 74 55                            Linda Pollari                       Auflage
für die Mitglieder von FH SCHWEIZ.
                                               mailbox@fhschweiz.ch, www.fhschweiz.ch        Bild                                36 500 Exemplare
Herausgeber                                    Redaktion                                     Linda Pollari                       Erscheinung
FH SCHWEIZ, Dach­verband Absolventinnen        Guy Studer (Leitung)                          Beratung und Verkauf                Viermal im Jahr (Februar, Mai, August, November)
und ­Absolventen ­Fachhochschulen              guy.studer@fhschweiz.ch                       Claudia Schmid                      Nächste Ausgabe
FH SUISSE, Association faîtière des diplômés   Mitarbeitende dieser Ausgabe                  claudia.schmid@fhschweiz.ch         Erscheint am 16. November 2020
des Hautes Ecoles Spécialisées                 Valentina Altorfer, Selina Brunner, Claudia   Valentina Altorfer                  Insertionsschluss
SUP SVIZZERA, ­­­­Associazione dei diplomati   Heinrich, Christian Wasserfallen              valentina.altorfer@fhschweiz.ch     9. Oktober 2020
delle Scuole Universitarie Professionali                                                     Gestaltung                          Abonnement
UAS SWITZERLAND, Association of Graduates      NEU: Umweltschonende Folierung «i’m           bmedien                             Jahresabonnement Fr. 35.– inkl. Porto,
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INHALT | 3

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     EVENT
     Versammlung unter Social Distancing – die DV
     fand mit Erfolg interaktiv statt
                                                                                            10
     FH SCHWEIZ
6    Kommentar und Bildungspolitik

7    News und Infos

     STIFTUNG FH SCHWEIZ                                                   Militärpilot wollte er werden, als CEO ist
10 Der neue Präsident Stefan Schulthess im Interview                       Stefan Schulthess nun «Kapitän» der SGV

     THEMA NACHWUCHS
12 Vom Lehrling zum Professor: Was FH-Absolvent
     Pascal Schleuniger seinen Studierenden vermittelt

18 Nachwuchs an der Urne: Mit einer App will Sophie
     Walker Junge für Politik begeistern
                                                                18
26 Abschluss während des Lockdowns: Zwei Erfahrungs-
     berichte von frischen FH-Absolventen

28   «Ich brauchte Kunden, keinen Businessplan» –
     Kurt Klaus über Risiken bei der Selbstständigkeit

34 Warum arbeitest du bei einer FH?
                                                                   FH-Masterarbeit als Sprungbrett: Mit
     Zu Besuch bei der Hochschule Luzern
                                                                   Gamification gegen die Politverdrossenheit

     SPECIAL «UNSER NACHWUCHS»

                                                                                          21
21 Unsere Kampagne zusammen mit Partnern zur
     Förderung junger Talente

     ANGEBOTE FÜR MITGLIEDER
30 Valentinas Tipp sowie aktuelle Angebote
     für FH-SCHWEIZ-Mitglieder

     SCHLUSSPUNKT
45 Was bewegt Weiterbildungs-Studierende? Karriere-
     beraterin Renate Hasler weiss Bescheid und gibt Tipps
                                                             Willkommen in der Berufswelt! Wir zeigen auf, wie
                                                             vielfältig die Wege in die Berufspraxis sind
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EVENT | 5

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                                                                                     4   1 | In Coronazeiten ein bekanntes
                                                                                         Bild. Für FH SCHWEIZ dennoch neu:
                                                                                         Die Teilnehmenden klinken sich nach
                                                                                         und nach in die Zoom-Konferenz ein.

                                                                                         2 | Nadia Freiermuth gewährt

5                                                                                        Einblicke in ihre Bachelorarbeit zum
                                                                                         Datenschutz.

                                                                                         3 | Andri Silberschmidt stellt sich als
                                                                                         möglicher künftiger Präsident von FH

    DV für einmal via Laptop
                                                                                         SCHWEIZ vor.

                                                                                         4 | Präsident Christian Wasserfallen
    Am 25. Juni hat FH SCHWEIZ mit            deokonferenz gleich selber vor.Weiter      führte wie immer durch die DV.
    der Delegiertenversammlung 2020           wurde entschieden, drei assoziierte
    erstmals einen Anlass virtuell durch-     Organisationen aufzunehmen. Damit          5 | Im Vorstand stehen einige
    geführt. Delegierte, Präsidentinnen       wächst die Mitgliederzahl auf weit         personelle Wechsel an.
    und Präsidenten der Mitgliedorgani-       über 60 000.
    sationen sowie unser Vorstand kamen         Im dritten Teil widmete sich die         Fotos: Claudia Heinrich, Claudia Schmid
    via Zoom zusammen. Über 50 Perso-         Veranstaltung dem neuen Daten-
    nen nahmen teil.                          schutzgesetz. Dabei stellte bald-
       Traktandiert waren gewichtige          HSLU-Absolventin Nadia Freiermuth
    Themen, darunter die Aufnahme fünf        ihre Erkenntnisse aus ihrer Bachelor-
    neuer Mitgliedorganisationen. An der      arbeit zu den Auswirkungen des DSG
    anschliessenden Präsidentenversamm-       für FH SCHWEIZ vor. Anschliessend
    lung schlug der Vorstand von FH           referierte Dr. Reto Fanger über einen
    SCHWEIZ zudem Nationalrat Andri           «Praxisorientierten Ansatz des DSG
    Silberschmidt als neuen Präsidenten       für Alumni-Organisationen».                  Mehr Infos zu unseren Events:
    ab 2021 vor. Er stellte sich in der Vi-   Mehr Bilder: www.fhschweiz.ch/dv2020          www.fhschweiz.ch/events
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6 | FH SCHWEIZ

      Dafür setzt sich FH SCHWEIZ
      in der Politik ein                                                Gute Basis für die
                                                                        kommenden Jahre
      Gegen befristete Anstellungen an Fachhochschulen                  Eines der aktuellen Themen im Natio-
      Im Kanton Bern findet derzeit die Teilrevision des Geset-         nalrat ist die BFI-Botschaft 2021-
      zes über die Berner Fachhochschule (FaG) statt. FH                2024. Sie sieht für die kom-
      SCHWEIZ hat aufgrund der überregionalen Bedeutung                 menden vier Jahre über 28
      und Signalwirkung in einer Stellungnahme dazu Anmer-              Milliarden Franken für Bil-
      kungen zu den Anstellungsbedingungen gemacht. Die Ge-             dung, Forschung und Inno-
      setzesrevision hat zum Ziel, die Autonomie der Berner             vation vor, zwei Milliarden
      Fachhochschule (BFH) im Personalrechtsbereich nach                mehr als in der laufenden
      demselben Autonomieverständnis zu erweitern, welches              Periode. Die Hochschulen
      bereits für ihre generelle Steuerung und unter dem Bei-           sollen 5,9 Prozent mehr er-
      tragssystem im Finanzbereich gilt.                                halten, was erfreulich und ange-
         Unter anderem merkt FH SCHWEIZ an, dass Neben-                 sichts der angespannten finanziellen
      beschäftigungen sehr wertvoll sein können und daher               Situation auf­g rund von Covid-19 nicht
      nicht zu restriktiv gehandhabt werden sollten. Bei wis-           selbstverständlich ist. Auch die Grund-
      senschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist             finanzierung der Fachhochschulen von
      von befristeten Arbeitsverhältnissen abzusehen. Befriste-         2,3 Milliarden Franken liegt im ver-
      te Anstellungen verursachen Unsicherheiten. Darunter              nünftigen Rahmen, wenn auch das
      könnte auch die Qualität der Forschung leiden. Es ist             Wachstum von Studierenden nicht
      sehr positiv, dass für die wissenschaftlichen Mitarbeite-         ganz ausgeglichen werden kann.
      rinnen und Mitarbeiter zusätzlich zum Wirken in For-                 FH SCHWEIZ hat Anfang Mai am
      schungs- und Entwicklungsarbeiten sowie an den                    vorberatenden Hearing der Kommis-
      Dienstleistungen neu die «Lehre» aufgenommen wurde.               sion für Wissenschaft, Bildung und Kul-
      Eine entsprechende Anmerkung bezüglich Lehre und                  tur (WBK) des Ständerates teilgenom-
      Forschung fehlt bei den Dozierenden jedoch.                       men. Der Ständerat hat die Botschaft in
                                                                        der Folge behandelt und die Mittel
      Anpassungen bei Akkreditierungsverfahren                          gegenüber dem bundesrätlichen Vor-
      Die Akkreditierungsverordnung HFKG regelt die Voraus-             schlag um 188 Millionen Franken auf
      setzungen für die Akkreditierung von Hochschulen und              den oben genannten Betrag erhöht.
      ihren Programmen. Für die Akkreditierungen ist der                Dabei wurden unter anderem die Be-
      Schweizerische Akkreditierungsrat (SAR) zuständig, wäh-           reiche Innosuisse und Forschungsinsti-
      rend die Schweizerische Agentur für Akkreditierung und            tutionen um 130 beziehungsweise 39
      Qualitätssicherung (AAQ) die vorangehenden Verfahren              Millionen Franken aufgestockt, was ich
      durchführt. Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrun-            sehr begrüsse. Für die Fachhochschulen
      gen mit der Verordnung hat die AAQ dem SAR kleine                 besonders positiv ist die Stärkung von
      Anpassungen der Verordnung vorgeschlagen. Im Rahmen               Innosuisse. Damit können sie ihre Stär-
      der Vernehmlassung begrüsst FH SCHWEIZ den ange-                  ken in der angewandten Forschung und
      passten Verordnungsentwurf grundsätzlich.                         Entwicklung auf der Basis von Projek-
         Darin wird beispielsweise vorgeschlagen, dass für Stu-         ten noch besser ausspielen.
      diengänge in Medizinal- und Gesundheitsberufen eine                  Betreffend Fortführung des europäi-
      Ausnahme vorgesehen und die direkte Zulassung zum                 schen Bildungsprogramms Erasmus+
      Verfahren der Programmakkreditierung ohne Prüfung                 für die Jahre 2021-2027 finden nach
      der Voraussetzungen erlaubt werden soll. Aktuell können           wie vor Gespräche auf EU-Ebene statt.
      nur Studiengänge, die mindestens einmal von einer Ko-             Was genau im Nachfolgeprogramm
      horte von Studierenden durchlaufen wurden, zum Ver-               enthalten sein wird, ist noch nicht klar.
      fahren zugelassen werden.                                         Die deutsche Ratspräsidentschaft will
         In Bezug auf die Programmakkreditierung sieht die              sich des Themas prioritär annehmen.
      geltende Verordnung vor, dass sich die Gutachtergruppe            Die Schweiz hat keine Assoziierung an
      aus mindestens drei Personen zusammensetzt. Bei be-               Erasmus+ und hat deshalb mit Move-
      stimmten Studienprogrammen besteht diese Gruppe al-               tia eine eigene Institution organisiert,
      lerdings aus vier Personen. Um Kohärenz zu schaffen, soll         welche den studentischen Austausch
      deshalb die Zahl der Gutachterinnen und Gutachter all-            ermöglicht. Das ist nicht ganz vollwer-
      gemein auf vier erhöht werden. FH SCHWEIZ begrüsst                tig zu Erasmus+, aber eine solide Lö-
      sehr, dass die Gutachtergruppe auf adäquate Weise sowohl          sung.
      die Lehre als auch die Berufspraxis repräsentieren soll.
      Dies entspricht voll und ganz dem unbedingt notwendi-             Christian Wasserfallen,
      gen Profil der Fachhochschule.                                    Präsident FH SCHWEIZ
                                               Claudia Heinrich
                    Mehr zum Thema: www.fhschweiz.ch/bildung-politik
INLINE - Er lehrt heute, wo er selber einst lernte - Schweizerischer ...
FH SCHWEIZ | 7

               Kinder mit dem Flugzeug
                 machen das Rennen
                Viele schöne Glücksmomente, leider nur ein Sieger. Auf fhnews.ch und im letzten
               INLINE haben wir einen Fotowettbewerb ausgeschrieben. Wir haben viele wunder-
                schöne Bilder von euren persönlichen Glücksmomenten erhalten. Das Siegerbild
                                      wurde im Online-Voting bestimmt.

  «Kinder beim Spiel mit
    Flugzeug» heisst das
lebendige Siegerbild von
           Visar Kryeziu.

                            G    lück» lautete das Thema in der Mai-Aus-
                                 gabe des INLINE. Und passend dazu ha-
                            ben wir aufgerufen, uns Bilder von euren
                            Glücksmomenten einzuschicken. Rund
                            hundert Bilder erreichten uns in der Folge.
                            Die zehn besten haben wir online gestellt,
                            per Voting wurde das Siegerbild gekürt. Es
                            zeigt die Kinder von Visar Kryeziu, die ver-
                            gnügt mit einem Flugzeug spielen. Der Foto-
                            graf hat in Pristina (Kosovo) einen Bachelor
                            in Grafik absolviert und ist als Allrounder
                            heute im Kino tätig ist. Wir gratulieren Visar
                            herzlich zum tollen Bild. Als Preis konnte er
                            in der Geschäftsstelle von FH SCHWEIZ
                            ein MacBook Air entgegennehmen, gespon-
                            sert von DQ Solutions (kleines Bild rechts).

                            Die zehn Bilder, die im «Final» waren, können unter
                            folgendem Link aufgerufen werden:
                            fhnews.ch/fotogalerien/gluecksmomente
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8 | FH SCHWEIZ

Effizienz
                                   Druckfrisch: Broschüre «FH als Arbeitgeber»
durch mobiles                      Was braucht es, damit eine Tätigkeit und
Arbeiten                           Karriere an Fachhochschulen für deren
                                   Absolventinnen und Absolventen attraktiv
                                   ist? Welche Entwicklungsmöglichkeiten
AbaClik – die App für              sind an einer Fachhochschule möglich,
Spesen, Absenzen,                  vornehmlich im Mittelbau, also für wis-
Zeiterfassung und mehr             senschaftliche, assistierende und dozie-
                                   rende Mitarbeitende? Wie wird sicher-
                                   gestellt, dass das FH-Profil, bedingt
                                   durch die zentralen Pfeiler Praxis und
                                   Wissenschaft, hier nachhaltig Eingang
                                   findet? Die systematische Personalent-
                                   wicklung an FH ist noch wenig be-
                                   kannt. Entsprechend fehlen Evaluatio-
                                   nen und Massnahmen. FH SCHWEIZ
                                   hat sich dieses Themas angenommen
                                   und dazu in einer Broschüre Fakten,
                                   Zahlen und Forderungen zusammen-
                                   getragen. Diese kann online herunter-
                                   geladen oder in gedruckter Form be-
                                   stellt werden unter:
                                   www.fhschweiz.ch/fh-als-arbeitgeber

                                   Andri Silberschmidt als                       Werdegang und seine Persönlichkeit: Nach
                                                                                 absolvierter Berufslehre studierte Silber-
                                   Präsident vorgeschlagen                       schmidt an der ZHAW und gründete dar-
                                                                                 aufhin sein eigenes Unternehmen. Zudem
                                                                                 arbeitet er bei der Firma Planzer Support
Ihr Nutzen mit AbaClik                                                           AG als CFO Project Manager. «Andri ist
                                                                                 dank seiner politischen und beruflichen Tä-
Beschleunigen Sie Ihre Arbeits-
                                                                                 tigkeiten sehr gut vernetzt und durch und
prozesse mit der Business-App
                                                                                 durch FHler. Er kennt den Nachwuchs und
AbaClik und vermeiden Sie                                                        die Bedürfnisse seiner Generation – ideale
Mehrfacherfassungen dank                                                         Voraussetzungen, um künftig FH SCHWEIZ
der Synchronisation mit der                                                      zu präsidieren», so Christian Wasserfallen.
Abacus Business Software:

• Arbeitszeiten und Leistungen
• Absenzen und Spesen
                                                                                 Verband hat neu weit
• Persönliche Daten (ESS)                                                        über 60 000 Mitglieder
                                                                                 FH SCHWEIZ bleibt weiterhin auf Wachs-
         Jetzt kostenlos im
         App-Store oder im Play-
                                                                                 tumskurs und macht einen grossen Schritt
         Store herunterladen
                                                                                 bei den Mitgliederzahlen. An der diesjähri-
                                                                                 gen Delegierten- und Präsidentenversamm-
                                   Zehn Jahre lang hat sich Nationalrat Chris-   lung wurden fünf weitere Alumni-Organi-
                                   tian Wasserfallen als Präsident bei FH        sationen – vornehmlich aus der Westschweiz
Weitere Informationen              SCHWEIZ engagiert, den Verband im Auf-        – aufgenommen sowie drei Organisationen
finden Sie unter:                  bau geprägt und als Gesicht nach aussen       assoziiert. Mit den neu assoziierten Organi-
abaclik.ch                         vertreten. Nun möchte er das Amt im März      sationen, darunter dem Schweizer Kader-
                                   2021 weitergeben. Der Vorstand von FH         verband (SKV), pflegte FH SCHWEIZ be-
                                   SCHWEIZ hat an der Delegierten- und           reits Partnerschaften. Durch die Assoziierung
                                   Präsidentenversammlung Ende Juni Natio-       wird die Zusammenarbeit noch enger und
                                   nalrat Andri Silberschmidt (Bild) als         die Synergien können noch besser genutzt
                                   neuen Präsidenten vorgeschlagen (mehr         werden. Mit dem Beitritt der acht Organi-
                                   zum Anlass auf Seite 5). Das jüngste Natio-   sationen wächst FH SCHWEIZ um über
                                   nalratsmitglied, wie Wasserfallen ebenfalls   20 000 Mitglieder und zählt nun weit über
                                   Mitglied der FDP, überzeugt durch seinen      60 000 Mitglieder.
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FH SCHWEIZ | 9

Zwei neue Mitglieder                           Mitgliederangebote:
im Beirat Wirtschaft                           Die neue Übersicht
                                               Die Übersicht über die neuen Mit-
                                               gliederangebote 2020/2021 ist da.
                                               Wieder konnte FH SCHWEIZ
                                               mehrere neue Leistungspartner ge-
                                               winnen, für deren Angebote Mit-
                                               glieder attraktive Rabatte und Vor-
                                               zugskonditionen erhalten.
                                                  Unterteilt ist der Katalog (ge-
                                               druckt sowie auch online) wie-
                                               derum in sechs Kategorien. Neu
Der Vorstand von FH SCHWEIZ hat an sei-        gibts unter anderem Action und
ner letzten Sitzung Sabine Balmer Kunz,        Abenteuer mit Boda Borg, Bio-
Lehrlingsverantwortliche Schweiz der Credit    weine von Delinat, Haushalts-
Suisse (oben links), und Christine Ghi-        und Elektronikgeräte von SPC
delli, Berufsbildungsverantwortliche des       oder Vorhänge nach Mass von
Spitalzentrums Biel, als neue Mitglieder des   Vorhangbox.com. Doch am
Beirats Wirtschaft gewählt. «Sabine Balmer     besten schaust du gleich sel-
Kunz und Christine Ghidelli verfügen durch     ber rein. Einige Angebote
ihre beruflichen Hintergründe und weiteren     stellen wir hinten ab Seite
Engagements über enorm viel Erfahrung          30 vor, die ganze Übersicht
und Einblick. Sie sind eine grosse Bereiche-   gibts in der Broschüre oder
rung für unseren Beirat», so Toni Schmid,      unter:
Geschäftsführer von FH SCHWEIZ.                www.fhschweiz.ch/angebote

      MEHR ERFOLG IM JOB                                                             5% RABATT
      DANK FREMDSPRACHEN                                                             AUF KURS-
                                                                                     ANGEBOT!
                                                                                     EXKLUSIV FÜR
                                                                                     FH-SCHWEIZ-
      WWW.BOALINGUA.CH                                                               MITGLIEDER
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10 | STIFTUNG FH SCHWEIZ

                     «Zur Schifffahrt kam ich
                    wie die Jungfrau zum Kind»
          Stefan Schulthess ist der neue Präsident der Stiftung FH SCHWEIZ. Im Interview
          stellt er sich vor, erzählt über seinen Werdegang, die aktuelle Krise und natürlich
                                     über seine Ziele mit der Stiftung.

      Im Mai ist Stefan Schulthess zum neuen Präsidenten der
       Stiftung FH SCHWEIZ gewählt worden. Er folgt da-
      mit auf Christian Wasserfallen, der den Stiftungsrat nach
                                                                    ohne mir grosse Gedanken zu machen. Vielleicht weil
                                                                    ich ein Quereinsteiger und unvorbelastet war - jeden-
                                                                    falls erhielt ich die Stelle. So kam ich zur touristischen
      erfolgreichem Aufbau verlässt. Schulthess steht seit 2006     Schifffahrt wie die Jungfrau zum Kind.
      an der Spitze der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstätter-
      see (SGV), die seither unter seiner Führung zur SGV-          Und damit waren Sie vom Schifffahrtsvirus infiziert?
      Unternehmensgruppe umgebaut wurde. Aufgewachsen               Eigentlich plante ich bereits beim Stellenantritt, nach
      in Meggen LU, lebt der 56-Jährige heute in Kehrsiten          der Expo 02 wieder zurück in die Industrie zu wech-
      NW und ist geschieden. Im Interview erläutert er seinen       seln. Mit einigem Glück fand ich tatsächlich auch wie-
      persönlichen Bezug zum dualen Bildungssystem. Und er          der etwas in der Verpackungsbranche. Doch das wurde
      blickt auf seinen Werdegang zurück, der mit einem ge-         ein kurzes Kapitel und ich war froh, dass die Stelle hier
      platzten Bubentraum begann, über die Pharma- und              in Luzern frei wurde, wieder im Tourismus.
      Verpackungsindustrie führte und praktisch durch Zufall
      in die Tourismusindustrie mündete.                            Ein Glücksfall?
                                                                    Absolut. Sie kam genau zur richtigen Zeit. Und diesmal
      Stefan Schulthess, geben Sie doch bitte einen                 ahnte ich auch, dass es passt. Ich stammte aus der Region
      kurzen Überblick über Ihre Laufbahn.                          und brachte Erfahrung aus Biel mit. Man wollte auch
      Stefan Schulthess: Ich wollte in jungen Jahren eigentlich     hier den Gastrobereich selbstständig machen (zur heuti-
      Militärpilot werden. Deshalb habe ich in Emmen bei            gen Tavolago AG, Anm. d. Red.) – auch diesen Bereich
      den Flugzeugwerken eine Lehre als Maschinenmecha-             hatte ich in Biel aufgebaut. Und ich hatte von meiner
      niker gemacht und gleichzeitig die fliegerische Vorschu-      Erstausbildung eine Ahnung von Technik und vom Stu-
      le absolviert. Allerdings wurde mir bald beschieden, dass     dium her das betriebswirtschaftliche Wissen. Zudem
      ich zu wenig Talent zum Militärpiloten hätte. Was mich        herrschte eine positive Aufbruchstimmung. Wiederum
      damals im Stolz traf, sehe ich mittlerweile ein (schmun-      hatte ich wohl Glück, dass ich die Stelle erhielt. Und bis
      zelt). Also habe ich nach der Lehre den klassischen Weg       heute fasziniert mich dieser Job, der dank der positiven
      einer höheren Ausbildung gewählt. Weil mir als Mecha-         Unternehmensentwicklung ein anderer ist als zu Beginn.
      niker die beiden Optionen Maschinenbau oder Elekt-
      roingenieur am damaligen Technikum in Horw nicht              Gerade jetzt steht die SGV Gruppe vor grossen
      zusagten, bin ich nach Lausanne gegangen und habe             Herausforderungen. Zwei von drei Unternehmen -
      dort die Fachrichtung Verpackungstechnologie und Lo-          die Schifffahrt und die Gastronomie - waren
      gistik studiert. Im Bereich Verpackungsentwicklung und        während Monaten stillgelegt. Nur die Shiptec AG
      -herstellung war ich danach auch an verschiedenen Or-         konnte normal weiterarbeiten. Sind Sie froh, dass
      ten in der Schweiz während mehrerer Jahre tätig.              nun halbwegs Normalität einkehrt?
                                                                    Froh auf der einen Seite, natürlich. Doch ich mache mir
      Und wie erfolgte der Wechsel in die Tourismus- und            keine Illusionen, so wie auch sonst niemand im Touris-
      Dienstleistungsbranche?                                       mus, dass dieses Jahr wirtschaftlich ein Desaster werden
      Da war dieses etwas geheimnisvolle Inserat in der Zei-        wird. Schweizer Gäste allein können die ausländischen
      tung. Gesucht wurde ein Geschäftsführer für ein Trans-        nicht wettmachen, auch bei uns nicht. Das kann man
      portunternehmen. Welches, wurde nicht genannt.                nicht schönreden. Und die jetzigen Schutzkonzepte
      Nachdem die Stelle zum dritten Mal ausgeschrieben             drücken die bereits sehr tiefe Marge ins eigentlich wirt-
      wurde, war ich so neugierig, dass ich mich auf gut            schaftlich Unmögliche. Ohne die Kurzarbeit würde un-
      Glück bewarb. Es handelte sich um die Bielersee Schiff-       sere Branche nicht überleben. So etwas ist man nicht
      fahrtsgesellschaft. Diese hatte eine schwierige Zeit. Es      gewohnt auf dem Platz Luzern, einer erfolgreichen
      war Mitte der 90er-Jahre, man war im Turnaround be-           Tourismusdestination. Und so ist unser Respekt vor den
      griffen und gleichzeitig blickte man bereits voraus in        kommenden Sommermonaten gross (das Interview
      Richtung Expo 02. Mich reizte die Herausforderung,            wurde im Juni geführt, Anm. d. Red.).
STIFTUNG FH SCHWEIZ | 11

       Gerade auch bei den Lehrstellen wird die Krise
       eine Delle hinterlassen. Muss die SGV hier Abstriche
       machen?
       Derzeit sieht es nicht danach aus. Was mir mehr Sorgen
       bereitet, sind die Aussichten von Lehrabgängern. Jene,
       die nicht im Ausbildungsbetrieb bleiben können, wer-
       den es sehr schwer haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu
       fassen. Gerade die Suche nach dem ersten Job ist die
       schwierigste, und die fällt nun auch noch in eine Re-
       zession. Ein frustrierender Berufseinstieg ist immer
       schlecht. Und Jugendarbeitslosigkeit ist eine gesell-
       schaftliche Zeitbombe. Da sehe ich die Ausbildungsbe-
       triebe in der Pflicht, wo immer möglich ihre Lernenden
       nach der Ausbildung zu halten.

       Wenn Sie an Ihre eigene Ausbildung zurückdenken:
       Gibt es einen Schlüsselmoment, an den Sie im
       Zusammenhang mit Ihrem Engagement für den
       dualen Bildungsweg zurückdenken?
       Nicht ein prägendes Einzelereignis. Aber es ist dieses
       gute Gefühl, die Freiheit zu haben, dass nach einer ge-
       wöhnlichen Lehre alle Türen offen stehen. Ob mit einer
       Weiterbildung oder über den zweiten Bildungsweg.
       Diese Möglichkeit gehabt zu haben, freut mich heute
       noch.

       Also ist das Präsidium eine Herzensangelegenheit.
       Sicher. Gerade heute, wo die Berufslehre an Prestige
       verloren hat - auch bei den Eltern - und die Akademi-
       sierung zunimmt, möchte ich zeigen, dass eine Lehre
       immer noch ein guter Start ist. Und heute sind die
       Möglichkeiten sogar noch grösser als zu meiner Zeit,
       das System ist noch durchlässiger geworden - auch ein
       Unistudium ist nach der Lehre noch möglich.

       Was sind Ihre Ziele als Stiftungspräsident? Wo
                                                                              Bild: Linda Pollari
       möchten Sie Impulse setzen?
       Das eine ist die Finanzierung. Da hoffe ich, dass wir
       noch mehr machen können, um mehr Projekte unter-
       stützen zu können. Dazu sollte auch die Bekanntheit
       der Stiftung erhöht werden – daran können wir sicher
       auch noch arbeiten. Wie genau das zu machen ist, wird
       sich noch zeigen müssen. Aber beide Punkte hat der
       Stiftungsrat ja bereits erkannt.                 gus

Unterstützen Sie das duale Bildungssystem mit einer Spende
Mit einem Legat oder einer Spende zu-      IBAN:
gunsten unserer Stiftung helfen Sie mit,   CH93 0020 6206 1870 6301 B
dass wir unser Engagement für die dua-     Einzahlungsschein bestellen bei:
le Berufsbildung, die FH-Bildung und       Rainer Kirchhofer
die Gesellschaft weiterführen können.      Konradstrasse 6, 8005 Zürich
  Wollen Sie mithelfen, dass mehr          info@stiftungfhschweiz.ch
Schülerinnen und Schüler in der Be-        www.stiftungfhschweiz.ch
rufslehre vielfältige Karrieremöglich-
keiten ent­decken und dass noch mehr
Firmen zusätzliche Lehrstellen schaffen?
Bild: Linda Pollari

Diese Kammer hält dicht. Hier führt Pascal Schleuniger mit seinen Studierenden störungsfreie
                                        Tests zur Elektromagnetischen Verträglichkeit durch.
THEMA | 13

                           Vom Lehrling
                           zum Professor
   Pascal Schleuniger (39) hat mit einer Elektronierlehre begonnen und ist heute
     Professor an der FHNW in Windisch. Dass er nicht in der Privatwirtschaft
 geblieben ist, hat vor allem mit der Finanzkrise zu tun - und wohl auch mit seiner
                           grossen Faszination und Neugier.

D   as Bild des Professors als älterer, gesetzter Herr mit
    langem, grauem Bart und dicken Brillengläsern ge-
hört schon länger in die Erinnerungskiste. Niemand
                                                             Flugsicherung entwickelte. «Ich war im Entwicklungs-
                                                             team der Einzige mit FH-Ausbildung unter ETH-Ab-
                                                             gängern.» Um sein theoretisches Hintergrundwissen zu
verkörpert diese Tatsache besser als Pascal Schleuniger.     vergrössern, entschied sich Pascal Schleuniger deshalb,
Mit seinen 39 Jahren strahlt er die Jugendhaftigkeit und     ein Masterstudium in Angriff zu nehmen. Doch eine
Unbekümmertheit eines 25-Jährigen aus. Dabei hat er          Schweizer Hochschule sollte es diesmal nicht sein. «Ich
nebst seiner Lehre ein FH-Studium, Berufserfahrung in        wollte ins Ausland.» Und zwei weitere triftige Gründe
der Industrie sowie auch einen PHD in Dänemark ab-           sprachen für Dänemark beziehungsweise die Dänische
solviert und lehrt, forscht und entwickelt bereits seit      Technische Universität (DTU): In Kopenhagen gab es
2015 an der FHNW Technik. Er ist hier Professor und          eine Entwicklungsabteilung von Nokia, «das fand ich als
Dozent für Analogtechnik und Elektromagnetische Ver-         Aussicht extrem spannend». Und: «Meine damalige
träglichkeit (EMV).                                          Freundin kam von dort.»
   Er schildert seinen Lebensweg, während er in einem           Doch statt zu einer Karriere als Elektroingenieur bei
Zimmer im Campus der FHNW in Windisch sitzt, in              Nokia kam es dann eben ganz anders: «Die Finanzkrise
dem es von Elektrogeräten, Kabeln und technischen            brach aus und auf einen Schlag standen in Dänemark
Anlagen wimmelt: «Ich habe eine Lehre als Elektroni-         1500 Elektroingenieure auf der Strasse», erzählt Schleu-
ker bei der ABB gemacht in der Hoffnung, einmal              niger. Er musste sich nach einer Alternative umsehen.
einen Fernseher bauen zu können.» Mit seinem Vorha-          «Ich beschloss, trotz-
ben ignorierte er alle, die ihn lieber an die Kanti schi-    dem in Dänemark zu
cken wollten. «Dabei machten viele gute Schüler in           bleiben.» An der DTU         «Damals hiess es nach dem
meinem Umfeld damals die Lehre, das war ganz nor-            bot sich ihm die Mög-        FH-Bachelor: ‹So. und nun
mal.» Jedenfalls liess er sich kaum von anderen beein-       lichkeit, einen PHD zu
flussen. Seine Faszination galt von Beginn weg der           absolvieren. Ein Ange-       ab in die Industrie.›»
Elektronik, auch wenn sein Werdegang später eine an-         bot, das er dankend an-      PASCAL SCHLEUNIGER
dere Abzweigung hätte nehmen sollen, als sie dann tat.       nahm, schliesslich war
   Doch zunächst ging es zum Studium in Elektrotech-         sein Wissensdurst an
nik an die damalige FH Aargau, denn die Berufsaussich-       der Materie noch nicht gestillt. Und so schlug Schleu-
ten als Elektroniker waren für ihn doch eher begrenzt        niger schliesslich den wissenschaftlichen Weg ein, dok-
und die Berufsmatura hatte er auch in der Tasche. An         torierte in Dänemark und arbeitete danach als Postdoc
die erste Studienzeit erinnert er sich gerne: «Wir haben     an europäischen Forschungsprojekten. 2015 kehrte er
praktisch an der FH gelebt. Es war eine sehr spannende       in die Schweiz zurück, wo er bei seiner Alma Mater,
Zeit», blickt er zurück. Und sie ermöglichte ihm auch        die inzwischen zur FHNW gehörte, seine heutige Stel-
ein Auslandsemester in Dänemark. Skandinavien hatte          le antrat.
es ihm angetan, seit er mit der ABB während der Lehre
bereits Schweden besucht hatte. «Ich mag die nordische       Rare Spezies unter den FH-Dozenten
Mentalität, die Menschen, die Natur und das Klima.»          «Dass ich nicht in der Privatwirtschaft arbeite, liegt
Eine auf den ersten Blick passende Aussage. Auch Pascal      wohl schlicht und einfach an der Finanzkrise», sagt
Schleuniger erinnert mit seiner ruhigen und doch             Schleuniger. «Reiner Zufall.» Er hat sich gut damit ar-
selbstbewussten Art an die nordische Coolness.               rangiert. «Dafür konnte ich mich tiefer in die Theorie
                                                             einarbeiten und kann jetzt meine Kreativität in For-
Finanzkrise änderte Pläne abrupt                             schungsprojekte einbringen.» Was für seinen Werdegang
Nach dem Studium arbeitete er drei Jahre bei der dama-
ligen Firma Schmid Telecom, wo er Hardware für die                                              weiter auf Seite 15
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Dienstag, 17. November 2020
18.00 Uhr, ZHAW, Winterthur

5. Nationaler Bildungspreis                                                                                 www
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«Erfahrungen, die zählen»                                                                                     auc
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Hans Huber Stiftung & Stiftung FH SCHWEIZ                                                                      ung         exkl
                                                                                                             die G ab 15.30 usiven
                                                                                                           Phys esundh Uhr dur
Organisiert von FH SCHWEIZ                                                                                     iothe      e         c
                                                                                                                    rapie itsberufe h
                                                                                                                  und    , Heb
                                                                                                                      Pfleg     amm
                                                                                                                           e       e

                                                                                                     Claudia Sedioli
                                                         Dr. Kathrin Hersberger Roos                 Dozentin, Departement
               Jürg Altwegg
                                                         Co-Stellenleiterin,                         Angewandte Linguistik, ZHAW
               Vorsteher Departement Schule
                                                         Kant. Erziehungsberatung                    Zürcher Hochschule für
               und Sport, Stadtrat Winterthur
                                                         Biel-Seeland                                Angewandte Wissenschaften

               Christian Fiechter                        Thomas Leuenberger                          Stefan Schulthess
               Präsident, Hans Huber Stiftung            alias «Baldrian»                            Präsident, Stiftung FH SCHWEIZ

               Prof. Dr. Andreas Gerber-Grote                                                        Dr. Silvia Steiner
                                                        Daniel Leupi
               Direktor Departement Gesund-                                                          Bildungsdirektorin und
                                                        Stadtrat, Vorsteher Finanz-
               heit, ZHAW Zürcher Hochschule                                                         Regierungspräsidentin
                                                        departement, Stadt Zürich
               für Angewandte Wissenschaften                                                         Kanton Zürich, Präsidentin EDK

               Céline Gigandet
                                                                                                     Truls Toggenburger
               Pflegefachfrau FH,                         Corine Mauch
                                                                                                     Geschäftsführer, Toggenburger
               Abschluss 2020,                           Stadtpräsidentin, Stadt Zürich
                                                                                                     Unternehmungen
               Spitalzentrum Biel

               Noah Gunsch                               Prof. Dr. Jean-Marc Piveteau                Marcel Unterasinger
               Lernender Maurer EFZ,                     Rektor, ZHAW Zürcher                        Leiter HR,
               Lerch AG Bauunternehmung,                 Hochschule für Angewandte                   Schweizer Paraplegiker-Zentrum
               Winterthur                                Wissenschaften                              Nottwil

Eine Veranstaltung von                              Vor Ort mit                Organisiert von   Medienpartner       Partner Rechtsschutz

Mit Unterstützung von
THEMA | 15

Im Betrieb liefern,
in der Freizeit chillen
Wenn Jugendliche nach der obligatori-                eben untypisch ist. «Damals hiess es nach dem FH-Ba-
schen Schulzeit den Schritt in die Be-               chelor: ‹So, und nun ab in die Industrie.›» Heute ist der
rufswelt machen, ist dies ein einschnei-             Anteil an Bachelor-Absolventen, die auch einen Master
        dender Moment. Bestimmt                      machen, höher als damals. Allerdings kehren nicht sehr
             erinnern Sie sich selber an             viele davon später wieder in den Lehrkörper der Fach-
                diese Zeit voller Erwar-             hochschulen zurück. Damit ist Pascal Schleuniger mit
                 tungen an eine vielver-             seinem dualen Bildungshintergrund als Dozent eher die
                  sprechende Zukunft,                Ausnahme. Und unter FH-Dozierenden mit Führungs-
                  aber auch an Sorgen                verantwortung – Schleuniger ist zusätzlich auch stell-
                 und Ängste, ob die Er-              vertretender Institutsleiter am Institut für Automation
                 wartungen des Lehrbe-               der FHNW – ist er gar eine richtig rare Spezies. Hier
              triebs erfüllt werden und              haben nicht einmal zehn Prozent einen FH-Abschluss.
           eigene Träume verwirklicht                Dass die Quote an FH-Abgängern im sogenannten
werden können. Nicht nur die Berufs-                 Mittelbau an Fachhochschulen eher tief ist, sorgt auch
wahl als identitätsstiftender Moment,                in der Bildungslandschaft für Diskussionen (siehe Box
auch die erste Liebe, die Entdeckung                 Seite 16).
des verwandelten Körpers, die Sexuali-                  Für Pascal Schleuniger selber ist das natürlich nicht
tät, verbindliche Freundschaften, eigen-             weiter von Bedeutung. Doch sein Hintergrund und sei-
verantwortliche Engagements in Frei-                 ne Praxiserfahrung fliessen selbstredend stark in seine
zeitverbänden oder Politik stellen neue              Lehrtätigkeit mit ein: «Ich habe ja in der Flugsicherung
Entwicklungsaufgaben. Berufsbildungs­                gearbeitet, und in diesem Bereich muss eine Lösung in
verantwortliche begleiten junge Men-                 der Anwendung bestehen, also auch unter Belastung
schen in einer Zeit der Umbrüche und                 stets zuverlässig funktionieren.» Das gelte natürlich ganz
der Ungewissheit. Viele Jugendliche                  allgemein in seinem Fach. «Hier können wir nicht ein-
sind gut vorbereitet und wachsen an                  fach ein Gerät basteln, das im Labor funktioniert – es
diesen Herausforderungen. Einige we-                 muss auch den Praxistest bestehen. Diesen Gedanken
nige hingegen drohen zu scheitern,                   versuche ich zu vermitteln.»
zweifeln an sich, erleben Krisen oder                   Wenn er heute über die Ausbildung zum Elektroni-
verlieren gar den Lebensmut. In der Be-              ker nachdenkt, fällt ihm nur Positives ein. «Ich kann die
ratungstätigkeit wird erfahren, gerade                                                 Lehre auf jeden Fall
bei Jugendlichen in der Krise, wie                                                     empfehlen.» Verglichen
wichtig und prägend die Begleitung         «Hier können wir nicht                      mit früher sei heute der
der Berufsbildungsverantwortlichen sein    einfach ein Gerät basteln,                  Zugang zur Elektronik
kann.                                                                                  nochmals einiges leich-
   Gesundheitsförderung Schweiz hat        das im Labor funktioniert                   ter. «Es gibt für wenige
mit dem Projekt «Friendly Work Space       – es muss auch den Praxis-                  Franken Entwicklungs-
Apprentice» ein Angebot geschaffen,                                                    kits und im Internet
welches Berufsbildungsverantwortli-        test bestehen. Das versuche                 kann jeder mit kosten-
chen Zugang zu Wissen, aber auch           ich zu vermitteln.. »                       losen Tools schon sehr
nützliche Tools für die Begleitung ihrer                                               viel lernen, entwickeln
Lernenden anbietet. Online ist Wis-        PASCAL SCHLEUNIGER                          und ausprobieren.» Be-
senswertes zu den Themen Jugendalter,                                                  treffend Nachwuchs
Motivation und Leistung, Umgang mit                                                    würde es daran kaum
Stress und zur Führung von Lernenden                 scheitern. «Ausserdem lernen die meisten so wohl eini-
abrufbar. In Kursen können diese The-                ges effizienter als über das Büffeln reiner Theorie.»
men transferorientiert vertieft werden.                 Hier setzt auch sein Leitgedanke an, wenn er an der
Zudem wird ab Ende 2020 eine kos-                    Fachhochschule Nachwuchsingenieure ausbildet. Die
tenlose App «Experts» für Berufsbil-                 Studierenden sollen möglichst rasch an die Materie he-
dungsverantwortliche angeboten.                      rangehen können und keine Scheu davor haben. «Ich
                                                     möchte ihnen das Hands-on vermitteln. Sie sollen et-
Link zum Projekt von Gesundheits­                    was ausprobieren können, abschätzen, ob es funktio-
förderung Schweiz                                    niert – einfach machen, das Theoretische verifizieren
www.fws-apprentice.ch                                und praktische Erfahrungen sammeln.» Denn das Schö-
                                                     ne an der Elektronik sei, dass bei einem Versuch meist
Dr. Kathrin Hersberger Roos,                         nicht viel schief gehen könne, «es entsteht höchstens
Co-Stellenleiterin, Kant. Erziehungs-                ein Räuchlein».
beratung Biel-Seeland
und externe Fachberaterin FWS                         Eishockey zum Ausgleich
Apprentice                                            Etwas gefährlicher geht es da bei einer anderen Leiden-
                                                      schaft von Pascal Schleuniger zu und her.Wenn er nicht
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      gerade lehrt, forscht oder entwickelt, schnürt er die         dreifacher Familienvater, was doch gewisse Pflichten
      Schlittschuhe und läuft auf dem Eis dem Puck hinter-          mit sich bringt. Deutlich ruhiger geht es bei seiner an-
      her. Er trainiert einmal wöchentlich mit den Full Flash       deren Freizeitbeschäftigung, dem Segeln zu und her.
      Rangers in Wohlen. «Mir gefällt nebst dem Sport vor           Allerdings gilt der Aargau nicht gerade als Segelmekka.
      allem der kollegiale Zusammenhalt im Team.» Einige            Auf die Frage, wo er denn in See sticht, antwortet er
      Verletzungen hat er sich in der Vergangenheit dabei zu-       verschmitzt: «In Dänemark.» Wo denn sonst?           gus
      gezogen, «doch die wildesten Jahre sind mittlerweile
      vorbei.» Was wohl auch besser ist, schliesslich ist er auch

        «Das ändert Charakter und Qualität einer Institution»
        Der Verband FH SCHWEIZ ist überzeugt, dass die              unter den Hochschulen, einerseits unter den Fach-
        Fachhochschulen attraktive Arbeitgeber sind und die         hochschulen, aber auch zwischen FHs und Universi-
        Anstellung von FH-Absolventinnen und -Absolven-             täten. Quoten für FH-Absolventen wären für Inder-
        ten gerade auch im Rahmen des «FH-Profils» zum              bitzin jedoch der falsche Weg. «Entscheidend muss
        bildungspolitischen Auftrag zählt. Allerdings haben         die Qualität der Bewerbungen sein.»
        gemäss Bundesamt für Statistik nicht einmal zehn
        Prozent der Dozierenden mit Führungsverantwor-              Alternative Wege zu mehr FH-Profil?
        tung FH-Abschlüsse. Von den über 5500 assistieren-          Einer, der die Innensicht als Mitarbeiter einer Fach-
        den und wissenschaftlichen Mitarbeitenden an Fach-          hochschule kennt, ist Dario Wellinger, wissenschaft-
        hochschulen weisen 45 Prozent einen FH-Abschluss            licher Mitarbeiter an der FH Graubünden. Für ihn
        aus und auf Direktionsstufe sind diese mit nur 13           hat der Job viele Vorteile: «Er ist abwechslungsreich
        Prozent vertreten. Gesamthaft hat von den 23 000            und vielfältig, gerade auch durch den vierfachen
        Mitarbeitenden an Schweizer Fachhochschulen nur             Leistungsauftrag mit Lehre, Forschung, Beratung
        ein Viertel FH-Hintergründe.                                und Dienstleistung sowie Weiterbildung.» Wellinger,
          Werner Inderbitzin war Gründungsrektor der                der auch bei FH SCHWEIZ im Vorstand das Ressort
        ZHAW. Er findet es grundsätzlich nicht falsch, dass         Bildungspolitik vertritt, schätzt zudem die Möglich-
        Professuren und Dozentenstellen an Fachhochschu-            keiten, sich innerhalb der Fachbereiche einer FH zu
        len auch mit Abgängern von Universitäten besetzt            entfalten und weiterzuentwickeln. «Die Arbeit hier
        werden. «Aus der Sicht eines ehemaligen Rektors             ist auf jeden Fall sinnstiftend.»
        wäre mir Diversität ein Anliegen. Es ist wichtig, dass         Was die Gründe betrifft, warum nicht mehr
        man für verschiedene Fachrichtungen und Aufgaben            FH-Absolventen bei ihren früheren Ausbildungs-
        auch verschiedene Hintergründe rekrutiert», sagt er         stätten beruflich engagiert sind, meint Wellinger:
        auf Anfrage. In diesem Sinne würde er sich hingegen         «Zum einen ist das historisch gewachsen. Schon die
        auch wünschen, dass mehr Dozierende mit FH-Hin-             früheren HWV oder ‹Abendtechs› haben auf uni-
        tergrund angestellt würden. «Nimmt die Anzahl der           versitär gebildete Dozenten zurückgegriffen.» Mit
        universitär sozialisierten Dozierenden zu, ändert das       der Etablierung des Forschungsbereichs an späteren
        den Charakter und die Qualität einer Institution im         FHs habe sich zudem die Ansicht verbreitet, dass
        Sinne der Art und Weise, wie man lehrt und forscht.»        dafür ein Uni-Hintergrund nötig sei. «Das ist an
                                                                    sich nicht falsch. Aber während man an der Uni den
        Uni-Abgänger suchen häufiger Weg an die FH                  klaren eigenständigen Karriereentwicklungspfad
        Fähige Leute mit dualer Ausbildung und FH-Hin-              kennt, ist dies an der FH leider nicht der Fall.» Der
        tergrund sowie mit Praxisrucksack aus der Wirtschaft        Zugang zum Doktorat an der Uni ist für FH-Ab-
        an die Fachhochschulen zu holen, sei allerdings             solventen noch immer mit hohen Hürden verse-
        schwierig, wie Inderbitzin weiss. «Solche Leute ste-        hen. «Alternativ winkt entweder der steinige Weg
        hen nicht Schlange, es ist eine grosse Herausforde-         via Kooperationsmodelle oder Ausland. Oder es
        rung, sie für eine Dozierendenstelle zu motivieren.»        heisst eben: ‹Du brauchst Berufserfahrung.› Diese
        Es sei eine Tatsache, dass heute universitär ausgebil-      Leute kommen aber nur selten wieder zurück.»
        dete Menschen oft den Weg an eine Fachhochschule            Ob ein dritter Zyklus, also ein eigenständiger PHD
        suchten. Ihnen sei eine solche Laufbahn auch näher.         für Fachhochschulen, das Mittel ist, lässt Wellinger
        «Für FH-Absolvierende ist der Weg zurück an die             offen. Politisch dürfte das in nächster Zeit schwie-
        Fachhochschule eigentlich auch nicht vorgesehen,            rig sein. Deshalb würde er begrüssen, wenn es noch
        sondern es steht eine berufliche Laufbahn in der Pra-       weitere Wege gäbe, um den eigenen Nachwuchs zu
        xis im Vordergrund.» Ein anderer, wenn auch nicht           fördern und FH-Dozierende gemäss dem FH-Pro-
        entscheidender Aspekt ist das Salär. Je nach Fachbe-        fil auszubilden. «Sonst ist es schwierig, längerfristig
        reich ist eine gute Stelle in der Wirtschaft deutlich       dem Anspruch der angewandten Forschung gerecht
        lukrativer. Dazu kommt die Konkurrenzsituation              zu werden.»                                        gus
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       Politiker-«Dating», damit
      Junge an die Urnen gehen
            Eine Web-App, die mit Gamification das Interesse an der Politik weckt. So
      will Design-Absolventin Sophie Walker mehr junge Menschen für Politik begeistern.
            Der erste Test erfolgte bereits im Heimatkanton Uri. Grosses Ziel sind die
                                     nationalen Wahlen 2023.

      F  ür das Interview führt Sophie Walker zu einem ihrer
         Lieblingsplätze in ihrem Heimatkanton Uri, wo sie bis
      nach dem Lockdown vorübergehend bei ihren Eltern
                                                                         Was in Sri Lanka nur eine Idee war, wurde in der
                                                                      Schweiz konkret. «Ich dachte, das könnte doch auch hier
                                                                      funktionieren», erzählt Walker. Einfach mit einer etwas
      lebt: Die Bank unter einem grossen Baum vor dem Ka-             anderen Ausgangslage: Hier liegt es nicht grundsätzlich
      puzinerkloster bietet einen herrlichen Ausblick über Alt-       am Zugang zu Informationen, sondern an der Wahlbetei-
      dorf, hinüber an die bewölkten Flanken des Gitschen.            ligung, besonders bei den Jungen. So gab sie ihrer Arbeit
      Die Idylle der Urschweiz steht im krassen Gegensatz zu          den Namen «Projekt CH+ Games für Demokratie».
      manchen Stationen ihres Lebens. Die 24-jährige Tochter             Sie führt die App auf ihrem Smartphone gleich selber
      eines Diplomaten hat bereits früh die Welt aus einer an-        vor. Es ist eine Mischung aus politischem Fragebogen,
      deren Perspektive wahrgenommen. Ausser in Uri lebte             Dating-App und Spiel. Der Prozess erfolgt einfach und
      sie in Bern, Berlin, Kairo und der indonesischen Haupt-         Schritt für Schritt.
      stadt Jakarta.
                                                                      Einfache Bedienung in mehreren Schritten
      Andere Sicht, neue Ideen                                        Per Fragebogen von Smartvote geht es los. Dazu arbeitet
      Und so konnte Sophie Walker auch jene Aussensicht               sie mit dem Verein zusammen, «sie stellen mir ihre Platt-
      entwickeln, die sie zur Erkenntnis brachte, dass das hiesi-     form zur Verfügung», erklärt Walker. Eine echte Konkur-
      ge politische System gegenüber anderen doch etliche             renz sei das nicht, sondern eine Ergänzung: «Während
      Vorteile bietet - wobei auch dieses «nicht perfekt» ist, wie    meine Zielgruppe jüngere, ‹unpolitische› Menschen sind,
      sie zweifach betont, «denn perfekt gibt es nicht». Der          hat es Smartvote auf ein gereiftes, politisch interessiertes
      Perfektion wenigstens etwas näher zu kommen, dazu               Publikum abgesehen, das tendenziell der Bildungsschicht
      dient nun ihre Masterarbeit. Sie hat eine Web-App ent-          angehört.» Wie bei Smartvote wird bei ihrer Web-App
      wickelt als Wahlhilfe für Jugendliche. Das Ziel: Sie soll die   auch ein Smartspider erstellt, der das politische Profil des
      Wahlbeteiligung erhöhen und einer jüngeren Schicht,             Users grafisch wie ein Spinnennetz darstellt.
      die sich kaum mit politischen Themen herumschlagen                 Hat die App die politischen Präferenzen des Anwen-
      mag, einen möglichst leichten Einstieg ermöglichen.             ders erfasst, beginnt der eigentlich spielerische Teil, den
         Die Grundlage für ihr Projekt hat sie sich in den Nie-       die Jungen so gut adaptieren können. Man bekommt
      derlanden erworben - ihrer ersten Station, die sie selber       kandidierende Politiker aus dem eigenen Wahlkreis in-
      aussuchen konnte. Dort hat sie den Bachelor in Commu-           klusive Smartspider vorgesetzt, die man entweder nach
      nication and Multimediadesign mit Vertiefung Game               rechts (like) oder nach links (dislike) wischen kann. Das
      Design and Development absolviert. Es folgte der Master         «swipen» funktioniert wie bei der bekannten Dating-
      in Design mit Vertiefung Game Design an der ZHdK,               App Tinder. Der Wisch nach oben bedeutet einen «Su-
      den sie dieses Jahr mit erwähnter Masterarbeit abge-            perlike». Dies geht so lange, bis alle Kandidatinnen und
      schlossen hat.                                                  Kandidaten durch sind.
         Die Idee für ihre Masterarbeit reifte bereits länger in         In einem folgenden Schritt kann die eigene Wahlliste
      ihrem Kopf heran. Erstmals aufgetaucht war sie auf einer        dynamisch zusammengestellt werden. Wiederum ist hier
      Reise nach Sri Lanka während der Studienzeit, wo ihr            der Zugang einfach und leicht verständlich. Per Drag and
      Vater dannzumal als Botschafter im Amt war. «Das Land           Drop können Kandidaten, die man zuvor ausgewählt hat,
      stand vor einem Machtwechsel, mit Neuwahlen des Prä-            auf eine Liste gezogen oder wieder gelöscht werden.
      sidenten und des Parlaments. Soviel ich erfuhr, wünsch-         Dazu können auch die offiziellen Wahllisten abgerufen
      ten sich die Menschen einfach eine Veränderung. Ich             werden und wie auf dem Wahlzettel ergänzt oder ge-
      habe überlegt, wie man ihnen eine Wahlhilfe geben               mischt (panaschiert) werden. Zudem wird jeweils der
      könnte, etwa mit spielerischen Elementen.»                      Durchschnitts-Smartspider der gesamten Liste angezeigt,
Bild: Ullmann Photography
der sich mit jeder Veränderung anpasst. So hat man jeder-     «Einer Partei würde ich mich momentan nicht anschlies-
zeit den Überblick, inwiefern die Liste mit den eigenen       sen.» Ihr Ziel ist vielmehr, die Jugend parteiunabhängig
Präferenzen übereinstimmt.                                    stärker zu politisieren. «Den älteren Generationen wird
   Vor allem das Design der App fällt auf. Es ist anspre-     schon mehr Hilfestellung geboten, sie sind durch die
chend, bildhaft, benutzerfreundlich. Dass viel Leidenschaft   Wahlunterlagen stärker angesprochen, verstehen bereits
und entsprechende Arbeitsstunden drin stecken, lässt sich     die Amtssprache.» Für Junge hingegen gebe es bisher zu
erahnen. «Für junge Menschen funktioniert die App sehr        wenig Einstiegsmöglichkeiten. «Gleichzeitig nimmt gera-
einfach und intuitiv, weil man mit jeder erfüllten Aufgabe    de unter ihnen die Zahl von News-Deprivierten zu», also
aufsteigt, also motiviert wird», erklärt Walker. «Das hilft   jenen, die kaum noch relevante Medieninhalte, sondern
zudem auch beim Strukturieren der Gedanken.»                  fast nur noch seichte sogenannte «soft News» konsumie-
   Die Anwendung agiert dabei mit Begriffen, welche ein       ren. «Zudem ist es nicht leicht, bei diesem Informations-
junges Publikum mehr ansprechen als die spröde Amts-          Overflow die Übersicht zu behalten.»
sprache oder der Politjargon. So wird die Wahlliste als          Hier will Walker einsetzen und die Jungen dort abho-
«Team» bezeichnet. Und bei den Urner Kantonsratswah-          len, wo sie zu Hause sind. Deshalb auch das Element der
len im März dieses Jahres, wo die App erstmals zum Ein-       Gamification, das sie für einen sinnvollen Zweck einsetzt.
satz kam, hiess es bei einem Wisch auf die linke Seite        «Die Möglichkeiten, die spielerische Elemente bieten,
kurz und bündig «abfahrä». Auch sonst wurde stellenwei-       sind fast unbegrenzt», schwärmt Walker. Umso mehr ist
se, etwa in den Titeln, mit Dialekt gearbeitet. «Hier im      sie konsterniert darüber, dass diese noch immer haupt-
Kanton Uri ist das gut angekommen.»                           sächlich für Marketingzwecke eingesetzt werden, etwa
   Hinter all den Details stecken aber nicht nur ihre eige­   um Menschen möglichst lange auf einer Plattform zu be-
nen Überlegungen. So legt sie auch Wert auf die Fest-         halten. «Dabei könnten wir diese Elemente auch sinnvoll
stellung, dass die App im Co-Design entstanden ist: «Da-      nutzen, etwa für den Wissenstransfer. Ich bin überzeugt,
bei geht es darum, möglichst viele Perspektiven in den        dass Kinder in Zukunft ganz anders lernen können und
Designprozess miteinzubeziehen.» Dazu hat sie unter           die Schule richtiggehend Spass macht.» Ethik im digita-
anderem nach den nationalen Wahlen eine Onlineumfra-          len Raum ist ihr ein grosses Anliegen.
ge gestartet, an der 500 Personen teilnahmen. Diese Er-
kenntnisse flossen zusammen mit in die App ein, die an        Mit frischem Wind ins neue Abenteuer
den Urner Wahlen zum Einsatz kam.                             An den baldigen Wahlen in Basel Stadt im kommenden
                                                              Oktober erfolgt denn auch die nächste Nagelprobe für
Im Ausland politisiert                                        ihre Anwendung. Diesmal ohne den Bonus, eine Einhei-
Politisiert wurde Sophie Walker nach eigenen Angaben          mische zu sein. Allerdings nimmt sie auch viel Erfahrung
in den Gastländern. «Ich habe dort die Prozesse miterlebt     mit und weiss bereits, was sie anders machen möchte als
und kennengelernt.» Das hat ihr vor allem die grossen         beim ersten Mal. Es beginnt damit, dass sie so viele Part-
Unterschiede aufgezeigt. Trotzdem würde sie sich selber       ner mit ins Boot holt wie möglich. An Ideen fehlt es ihr
nicht entschieden als politischen Menschen bezeichnen.        nicht. Der Junge Rat und der Jugendbeauftragte des Er-
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      ziehungsdepartements sind zum Beispiel mit dabei. Mehr       war sie beeindruckt vom Wissen ihrer Professorinnen
      verraten kann Walker aber noch nicht, nur so viel: «Wir      und Professoren: «Sie haben mir einen extrem breiten
      müssen unsere Sichtbarkeit vergrössern und auch die          Horizont eröffnet, ich dachte, meine Welt stellt sich auf
      Reichweite.» So sucht sie diesmal zum Beispiel auch den      den Kopf.» Für ihre Masterarbeit habe sie sehr wertvolle
      Zugang zu den Schulen. Denn mit dem Ergebnis bei den         Hilfestellung erhalten, «wir gingen auch stark der Frage
      Urner Wahlen ist sie nur bedingt zufrieden, 230 Nutzer       nach, was Spiele alles vermitteln können.» Dennoch sei
      haben sich registriert. «Ich hätte mehr erwartet, auch       der praktische Zugang stets im Vordergrund gestanden.
      wenn die Rückmeldungen der User sehr positiv waren»,            Zum einen also ermöglichte das Know-how des Stu-
      sagt sie offen. «Wir waren aber wohl auf den falschen Ka-    diums, ihre Idee umzusetzen. Doch zusätzlich war kräfti-
      nälen präsent.» Selbstredend werden auch die Erkenntnis-     ge finanzielle Hilfe nötig. «IT ist teuer», sagt Walker tro-
      se aus der Abschlussumfrage in Uri in die Basler Wahlhilfe   cken. Fündig wurde sie beim Förderprogramm «First
      einfliessen. Für die Basler Wahlen wird die App zudem in     Ventures» der Gebert Rüf Stiftung. Diese fördert damit
      einem ganz neuen Kleid daherkommen. Während es in            Bachelor- und Masterstudierende von Fachhochschulen,
      Uri eine Gebirgskette war, die für Identifikation sorgte,    die in ihrer Abschlussarbeit eine innovative Geschäftsidee
      wird das Hintergrunddesign in Basel eher städtisch ge-       entwickeln mit bis zu 150 000 Franken. Diesen Maxi-
      prägt sein. Auch sonst gäbe es noch viel weiterzuentwi-      malbetrag hat auch Sophie Walker erhalten – für die Pro-
      ckeln. Für Walker ist das ein stetiger Prozess.              jektdauer 2020 bis 2022. Geld, das grösstenteils in Perso-
                                                                   nalkosten fliesst. Die Projektdauer bis 2022 hat einen
      Studium als Horizonterweiterung                              guten Grund: Erklärtes Ziel ist es, ihre Web-App auch für
      Ohne ihr FH-Studium wäre dieses Projekt nicht zu             die nationalen Wahlen 2023 anbieten zu können.
      stemmen, ist für Sophie Walker klar. «In Holland war die        Bis dahin werden noch weitere Prüfsteine zu über-
      Arbeit immer stark projektorientiert, wir arbeiteten         winden sein und viel Entwicklungsarbeit sowie Moni-
      quartalsweise in Teams. Das war unheimlich wertvoll in       toring in das Projekt fliessen. Doch das Selbstvertrauen
      Bezug auf Menschenkenntnis, Stärken erkennen, auf            und die Entschlossenheit, die Sophie Walker ausstrahlt,
      Deadlines hinarbeiten. Es war sehr praxisnah», schwärmt      lassen kaum daran zweifeln, dass das Ziel erreicht wird.
      sie. Bei ihrem Masterstudium an der ZHdK wiederum                                                                    gus

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