Insolvenz - Sanierung Kartellrecht - FIW-Ferienkurs 24.-26. September 2014 Dr. Andreas Möhlenkamp, LL.M.
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Insolvenz – Sanierung Kartellrecht. FIW-Ferienkurs 24.-26. September 2014 Dr. Andreas Möhlenkamp, LL.M.
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Insolvenz und Sanierung Grundzüge und Herausforderungen Strategiekrise Ertragskrise Liquiditätskrise Positive Fortführungsprognose § 252 I Ziffer 2 HGB Insolvenzreife Eigenverwaltung Insolvenz §§ 17-19 InsO Insolvenzplan
Insolvenz und Sanierung • Außergerichtliche Sanierung - Sanierungsgutachten / Sanierungskonzept (IDW S6 u.a.m.) - Strategie - Leistungswirtschaftliche Maßnahmen - Finanzwirtschaftliche Maßnahmen - Managementstruktur, Controlling und Kommunikation • Restrukturierung - Umwandlung (insb. „Spaltung“: Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) - Distressed M&A (Share Deal / Asset Deal) - Vertragsanpassungen - Sozialpläne und Transfergesellschaften • Eigenverwaltetes Insolvenzplanverfahren
Insolvenz und Sanierung Sanierung schnell gründlich nachhaltig Anamnese Therapieplan OP I Reha Krisenursachen Strategie- und Finanzwirtschaftliche Maßnahmencontrolling Notversorgung Diagnostik Gespräche OP II Sanierungskonzept Sanierung Cash-Abfluss stoppen Datenerhebung Einbindung von Leistungswirtschaftliche Fresh Money zuführen Datenaufbereitung Lieferanten, Kunden, Sanierung Mitarbeiter, Banken, Warenkreditversicherungen • Forderungs- • Stakeholderkrise • Due Dilligence • Strategiekonzept • Stabilisierung der • Rangrücktritt • Cost-Break-Down • Weitere Umsetzung management Supply Chain Gesellschafter- von Maßnahmen • Strategiekrise • Kennzahlenanalyse I • IDW S 6 – Gutachten darlehen • Deckungsbeitrags- • Factoring • Verlustfinanzierung rechnung • Anpassung / Fine-Tuning der • Ertragskrise • Unternehmens- • Integrierte Vermögens-, durch Kunden • Kapitalerhöhung Sanierungsstrategie • Gesellschafter- bewertung I Finanz- und • Produktionsplanung darlehen • Liquiditätskrise Ertragsplanung • Zahlungsziele • Kapitalerhöhung • Erfolgskontrolle • Insolvenzgründe (?) verhandeln nach vereinfachter • Einkaufsoptimierung • Kreditlinien • Insolvenzreife (?) • Kennzahlenanalyse II Kapitalherabsetzung Zahlungsunfähigkeit • Stundungen • Warenwirtschaftssysteme, • Überbrückungs- • Unternehmens- • Umwandlung Logistik, Prozesse, IT kredit Drohende bewertung II • Moratorien mit Banken (Auf- und Abspaltung) Zahlungsunfähigkeit verabreden • F&E • Ggfls. Vorbereitung • Distressed M&A Überschuldung Eigenverwaltung mit • Sanierungskredite • Personalmaßnahmen Schutzschirm • Working Capital- (einschl. BQG, Namensliste, §§ 270, 270 b InsO • Forderungsverzichte Maßnahmen § 125 InsO) u.v.a.m. u.v.a.m. u.v.a.m.
Insolvenz und Sanierung • Insolvenz (früher: Konkurs) - Gesamtvollstreckungsverfahren vs. Einzelzwangsvollstreckung - Grundsatz: gleichmäßige und bestmögliche Gläubigerbefriedigung - Besonderheiten: Insolvenzverwalter, -Anfechtung, -Tabelle, -Verfahren • Insolvenzgründe - Zahlungsunfähigkeit, § 17 II InsO - drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 II InsO - Überschuldung, § 19 II InsO • Insolvenzverschleppung - (nur) bei juristischen Personen, § 15 a InsO - zivilrechtliche, persönliche Haftung des Geschäftsführers, z.B. § 64 GmbHG
Insolvenz und Sanierung • Sanierung durch Insolvenzverfahren - Option des Insolvenzverfahrens, § 1 InsO (vgl. Chapter 11 – US bankruptcy code) - ESUG (1.3.2012) hat Sanierung in der Insolvenz gestärkt (u.a. §§ 22 a, 56 a, 270 b InsO) - Ziel: rechtzeitigere Sanierung durch Insolvenzverfahren • Insolvenzplan - Abweichungen vom Regelinsolvenzverfahren ≠ Übertragende Sanierung („Asset Deal“) - Unternehmen kann fortgeführt werden - Gläubiger müssen zustimmen, aber: Obstruktionsverbot, § 245 InsO • Eigenverwaltung - redliche Schuldner („keine Nachteile für die Gläubiger“) führen ihr Insolvenzverfahren mit Insolvenzplaninitiative unter der Aufsicht eines Sachwalters, §§ 270 ff. InsO - vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren ggfls. mit „Schutzschirm“, § 270 b InsO
Insolvenz und Sanierung Team- und Kontroll-Struktur eines eigenverwalteten Insolvenzplanverfahrens (vorl.) Gläubigerausschuss Gericht (vorl.) Sachwalter • Zustimmung zu • ordnet Eigenverwaltung an • Aufsicht über die besonders • Bestellt (vorl.) Sachwalter Geschäftsführung, bedeutsamen • Bestellt (vorl.) GA § 274 Abs. 2 und 3 Rechtshandlungen • Bestimmt weitere Befugnisse InsO § 276 InsO und Pflichten • Bestimmt verfahrensleitende • Widerspruch von • Unterstützt und Termine außergewöhnlichen kontrolliert oder auch gewöhn- Sachwalter, lichen Geschäften, § 69 InsO Insolvenzschuldner „Sanierende Eigenverwaltung“ § 275 Abs. 1 InsO • Kontrolliert Ge- Insolvenzexperte Sanierungsexperte bisheriges • Kassenführungsbe- schäftsführung (CIO) (CRO) Management fugnis, §§ 270a Abs. 1 S. 2, 275 Abs. • Aufhebung des • Koordination und Umsetzung der • Erarbeitung und Umsetzung • Kommunikation mit Kunden, 2 InsO insolvenzspezifischen Fort- Sanierungskonzept Lieferanten und Mitarbeitern Schutzschirms, führungsbesonderheiten §270b Abs. 4 Nr. 1 • Kommunikation des • Operative Führung des • Insolvenzrechtliche Buchhaltung Fortschritts mit Stakeholdern Geschäftsbetriebes InsO • Koordination der zweiseitigen Verträge • Insolvenzgeldfinanzierung und Arbeitnehmerfragen • Erarbeitung und Umsetzung Insolvenzplan
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Insolvenzverfahren Insolvenzverfahren Phase 1 Phase 2 Phase 3 Drohende Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag Eröffnung des Verfahrens Gläubigerversammlung Insolvenzplan Zahlungsunfähigkeit max. 3 Wochen Vorläufiges Verfahren • Schuldner ist rechtlich voll • Schwacher vorl. IV: • Eigenverwaltung mit SW od. IV handlungsfähig Verwaltungs- u. Verfügungs- befugnis bleibt beim Schuldner, • ab Eröffnung Begr. v. Masseverbindlichk. • Geschäftsführer haftet für Zahlungen aber Zustimmungsvorbehalt ab materieller Insolvenz • Masseverbindlichkeiten haben Vorrang • Starker vorl. IV: • Gesellschafter riskieren Haftung wg. Verwaltungs- und Verfügungs- • IV haftet für Erfüllung aus § 60, 61 InsO existenzvernichtendem Eingriff befugnis geht auf vorl. IV über; (str. für Schuldner / GF), aber: Leistungs- Begründung von Masseverbind- fähigkeit d. Schuldners, nicht des IV • Zahlungen / Rechtshandlungen an Gläubiger können in der „kritischen lichkeiten im vorl. InsO-Verf. • Aber: Sanierendes / eigenverwaltetes Phase“ der Insolvenzanfechtung • Ggfls. Einzelermächtigungen InsO-Verf. kann „kippen“; Durchführung unterliegen (sog. „Halbstarker IV“) des Vertrags ist dann gefährdet (!)
Insolvenzverfahren • Forderungsanmeldung, § 87 InsO - Insolvenzforderung, § 38 InsO: z.B. Rückforderungen von Beihilfen (BGH, Urt. v. 5.7.2007 IX ZR 221/05) oder (kartellrechtliche) Schadenersatzforderungen - Nachrangige Forderung, § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO: z.B. (kartellrechtliches) Bußgeld; • Insolvenzverwalter, § 56 ff. InsO - Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, § 80 InsO (begründet Masseverbindlichkeiten) - Klagen gegen Schuldner wg. Schadenersatz werden unterbrochen, § 240 ZPO - Klageantrag ist umstellen auf Feststellung zur Insolvenztabelle, § 180 Abs. 2 InsO - Klagen des Schuldners kann IV aufnehmen, sonst der Schuldner od. Gegner, § 85 InsO • Gläubiger, §§ 56 a, 160, 235 ff. InsO - Gläubiger „Herren des Verfahrens“; Zustimmung u.a. zum Insolvenzplan erforderlich
Komplexe Kalkulation und Prognose Cash-Flow-Vergleich für Gläubiger in Abwicklung u. Sanierung Cashflows in der Cashflows in der Abwicklung sanierenden Eigenverwaltung Verwertung von Insolvenz- Sanierungskredit Sicherheiten Quote Verlust- Erträge * Insolvenz- Finanzierung, Anfechtung Anfechtung Ʃ Abwicklung Ʃ Sanierung 1 2 3 4 1 2 3 4 Periode Periode * Sicherheiten Quelle: Möhlenkamp/Andres, Eigenverwaltung – wann ja, wann nein?, S. 120 Insolvenzplan Neugeschäft
Grundzüge und Herausforderungen Strategiekrise Ertragskrise Liquiditätskrise Positive Fortführungsprognose § 252 I Ziffer 2 HGB Insolvenzreife Eigenverwaltung Insolvenz §§ 17-19 InsO Insolvenzplan
Standard-Insolvenz-Lösung: „Übertragende Sanierung“ Asset Deal: Verkaufserlös für Assets finanziert Schulden (quotal) 0. Alt–GmbH (§§ 17 II, 19 II InsO) 1. New Co - GmbH 2. Alt–GmbH i.L. Aktiva Passiva Aktiva Passiva Aktiva Passiva Sachanlagen 150 Stammkapital 100 Sachanlagen 100 Stammkapital 200 Sachanlagen 0 Stammkapital 0 Finanzanlagen 100 Verluste 1.000 Goodwill 100 Finanzanlagen 100 Inso-G./-Verw. 200 Vorräte 1.500 Rückstellungen 500 Vorräte 400 Rückstellungen 0 Vorräte 0 Rückstellungen 500 Ford. LuL 200 Bank 800 Ford. LuL 100 Bank 600 Ford. LuL 0 Bank 400 Verb. LuL 250 Bank 100 Verb. LuL 0 Haftung 150 Verb. LuL 100 RAP 30 RAP 20 RAP 0 RAP 0 Anfechtung 200 RAP 0 Latente Steuern 20 Latente Steuern 30 Latente Steuern 0 Latente Steuern 0 Asset Deal Latente Steuern 0 (Rest) 250 Neg. EK 700 Fehlbetrag 500 Ʃ 2.700 Ʃ 2.700 Ʃ 800 Ʃ 800 Ʃ 1.200 Ʃ 1.200
Herausforderungen Allgemein: - Ordnungspolitik: Wie viel (öffentlich geförderte) Sanierung verträgt der Wettbewerb? - Sanierungsstrategien erlauben ggfls. Fortführung des Unternehmens ohne Haftung für (kartellrechtliche) Schuld. Ist das fair / gerecht, z.B. ggüb. Wettbewerbern? Speziell: - Kartellrecht: (1) Bußgeldreduktion, wenn das Unternehmen nicht zahlen kann? (2) Darf sich ein Unternehmen durch Insolvenz dem Bußgeld entziehen? - Fusionskontrolle: Darf ein Unternehmen vom Wettbewerber übernommen werden, wenn es sonst abgewickelt werden müsste („Sanierungsfusion“)? - Vergaberecht: (1) Dürfen insolvente Unternehmen mitbieten („Leistungsfähigkeit“)? (2) Neuausschreibung geboten, wenn der Auftragnehmer insolvent ist? - Beihilfenrecht: Darf der Staat Unternehmen durch Fördermittel vor der Insolvenz bewahren („Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen“)?
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion • Bußgeldleitlinien 2006 (ABl. (EG) C 210/2 ff. v. 1.9.2006, Randziffer 35) • Kommission, Mitteilung v. 12.6.2010, SEC (2010) 737/2, („Inability to pay“) • Früher: Milderung = ungerechtfertigte Bevorzugung, Insolvenz ggfls. in Kauf zu nehmen • Heute: Zahlungsunfähigkeit („Inability to pay“) kann Milderungsgrund für Bußgeld sein • Zahlungsunfähigkeit? Prognoseentscheidung erforderlich • Unabhängig von Zahlungsunfähigkeitskonzepten des nationalen Insolvenzrechts • Prognosezeitraum EU-Kommission: aktuelles Geschäftsjahr und zwei Folgejahre • Prognosezeitraum § 18 Abs. 2 InsO: aktuelles Geschäftsjahr und ein Folgejahr • Umfang: Reduktion bis zur Zahlungsfähigkeit…, sonst Stundung (Sicherheitsleistung?)
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Kartellrecht 1. Flucht in die Insolvenz (Deutschland) • Grundsatz: - Bußgelder sind nachrangige Insolvenzschulden, § 39 I Nr. 3 InsO, aber: - keine Entschuldung durch Insolvenzplan, § 225 III InsO, - keine Entschuldung durch Restschuldbefreiung, § 302 Nr. 2 InsO • § 30 II a OWiG: Durchbrechung des strengen Rechtträgerprinzips Gesamtrechtsnachfolge oder „partielle Gesamtrechtsnachfolge“ (Anwachsung, Verschmelzung, Aufspaltung, nicht: Formwechsel, Share Deal (keine „Nachfolge“), Ausgliederung, Abspaltung (kein „Erlöschen“ des Rechtsträgers) Rechtsfolge: Geldbuße kann gegen Rechtsnachfolger festgesetzt werden, aber: Begrenzung d. Bußgeldes auf Wert des übernommenen Vermögens • Flucht: Keine Anwendung auf Asset Deals („wirtschaftliche Gesamtrechtsnachfolge“) • Sonstiges: Insolvenzverwalter haftet für Asset Deal (deutlich) unter Marktwert; Kartellrechtliche Schadenersatzansprüche sind Insolvenzforderungen
Kartellrecht 2. Flucht in die Insolvenz (Europa) • Grundsatz: Art. 23 Abs. 2 lit. a VO 1/2003 Bußgeldleitlinien 2006, ABL. C 210/2 v. 1.9.2006 • Unternehmen: „Wirtschaftliche Einheit“, ggfls. Haftung im Konzernverbund „Rechtsträgerprinzip“, aber: Zuordnung der Verantwortlichkeit (vgl. Kersting, Der Konzern 2011, 445 ff.) • Rechtsnachfolge: Share Deal und Rechtsträger-Umwandlung (unproblematisch, s.o.) • Flucht: 1. „Asset Deal“ - keine ausdrücklichen Regeln, aber: 2. Sog. ANIC-Regeln (EuGH, Urt. v. 8.7.1999, Rs. C 49/92, „Anic Participacione“), „Rechtsträgerprinzip“, aber: wirtschaftliche Kontinuität (str. vgl. Aberle, FIW 2013, Heft 245, S. 95 ff.) • Besonderheiten: Art. 23 Abs. 4 VO1/2003 („Geldbuße gg. Unternehmensvereinigung“)
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Fusionskontrolle Sanierungsfusionen • Grundsatz USA: „Failing Company/Firm-Defence“ / „Failing Devision Defence“ Europa/Deutschland: „Sanierungsfusion“ (Zusammenschluss ist nicht kausal für Wettbewerbsbeschränkung) • Voraussetzungen - Unternehmen würde ohne Fusion aus dem Markt ausscheiden („Marktaustritt“) - keine weniger wettbewerbsbeschränkende Alternative („kein alternativer Erwerber“) - Marktanteile würden ohnehin dem übernehmenden Unternehmen zufallen („Marktanteilsabsorption“) • § 36 I 2 Nr. 3 GWB Sonderregel für Pressefusionen • Aktuelles BKartA, PM v. 25.7.2014 („WAZ / Ruhr-Nachrichten“) BKartA , Beschl. v. 1.9.2014 („WN / Münster´sche Zeitung“) Problem: Beweislastverteilung („Kausalität“ oder „Defence“?)
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Vergaberecht Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit • § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB, § 2 Abs. 1 Satz 1 EG VOL/A „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ (= Eignungskriterium) fachkundig, leistungsfähig, gesetzestreu, zuverlässig (geeignet) • § 97 Abs. 4 a GWB - Präqualifikationssysteme • Insolvenz kann Ausschlussgrund sein, z.B. - § 6 Abs. 6 lit. a EG VOL/A - § 6 Abs. 3 Nr. 2 lit. e VOB/A - § 4 Abs. 9 lit. a VOF - § 21 Abs. 4 Nr. 1 SektVO • Insolvenz wirkt nicht nur auf Eignung, sondern auch auf Zuschlag und Durchführung - § 19 Abs. 4, 5 EG VOL/A - § 16 Abs. 1 Nr. 2 lit. a VOB/A - § 8 Nr. 1 VOL/B - § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B (Problem: Kündigung durch Auftraggeber nach Insolvenzeröffnung beschränkt Wahlfreiheit des Insolvenzverwalters nach §§ 103 ff. InsO, darum Verstoß gegen § 119 InsO (?); vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012, IX ZR 169/11; a.A. LG Wiesbaden, Urt. v. 7.2.2014, 1 O 139/13 m.w.N.)
Vergaberecht Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung Insolvenz darf nicht automatisch zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen Einzelfallprüfung erforderlich Rechtsprechung, z.B. - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.8.2011 (VII Verg 34/11) - OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.2.2012 (VII Verg 68/11) - OLG Schleswig, Beschl. v. 30.5.2012 (1 Verg 2/12), Insolvenz des Nachunternehmers - OLG Celle, Beschl. v. 18.2.2013 (13 Verg 1/13) Weiterführend: einzelfallbezogene Prüfung (erst) in der Insolvenz oder (schon) in der Krise (z.B. mithilfe von „Rating-Tools“) (?) - OLG Schleswig, Urt. v. 9.12.2011 (1 U 72/11) „[Allgemeine Insolvenzgefahr] muss jeder Auftraggeber hinnehmen“ – m.E. sehr zweifelhaft (!) Interesse(n) der Vergabestelle Vergabestelle muss Sanierungsbemühungen nicht unterstützen… - …darf aber auch nicht blockieren (vgl. Hinweise bei Kayser, ZIP 2013, 1353 ff.). - evtl. Eigeninteresse der Vergabestelle an Sanierung des Bieters beachten (Erhalt von Wettbewerb(ern) (!))
Vergaberecht Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Anforderungen an Begründung • Keine überspannten Anforderungen; keine zeitraubende Recherche • Ferner: Mitwirkungsobliegenheit des Bewerbers/Bieters aber: • „Insolvenz“ als abstrakte Gefährdungslage genügt nicht; keine „Regelvermutung“ • Konkrete, einzelfallbezogene Ermessenserwägung (Sachverhalt auswerten!) • Einzelfallbezogene Risiken müssen - zumindest kurz - abgewogen werden • Keine „Allerweltsfloskeln“, (z.B. „verantwortungsvoller Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln“, „erfolgreiche Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht absehbar“ usw.) • Prognose erforderlich
Vergaberecht Risiko: Neuausschreibung • Insolvenz des Anbieters kann im Laufe des Insolvenzverfahrens zur Neuausschreibungspflicht führen, u.a. Veränderungen wesentlicher Vertragsbestandteile z.B. aufgrund von Nachverhandlungen, weil Insolvenzverwalter mit Erfüllungsablehnung droht, vgl. EuGH, Urt. v. 19.6.2008, C-454/06 („Pressetext“) Grundsatz der Wesentlichkeit des Vertragspartners z.B. Asset Deal / Übertragende Sanierung im Insolvenz- (Plan-) Verfahren Grundsatz der Unwesentlichkeit des Inhaberwechsels z.B. Rechtsträger erhaltende Sanierung / Debt-Equity-Swap / Kapitalerhöhung Dritter Wechsel des Nachunternehmers z.B. wenn (insolvent gewordener) Nachunternehmer erheblich für den Zuschlag war, vgl. OLG Frankfurt, 29.1.2013, 11 U 33/12 • Ermessensfehler begründen „nur“ Nachprüfung oder Schadenersatz, § 114 II 1 GWB
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Beihilfenkontrolle Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV • Beispiele - Sanierungserlass 2003 - Erlass der Gewerbesteuer - Sanierungsklausel zum Verlustvortrag, § 8c KStG • Beihilfe - staatlich oder aus staatlichen Mitteln - „selektive“ Begünstigung EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-6/12 P Oy („Selektivität“); zur „Begünstigung“ vgl. „Private Investor Test“ - Verfälschung des Wettbewerbs - Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels • AGVO - VO (EU) Nr. 651/2014, ABl. L 187 v. 26.6.2014 - nicht anwendbar auf „Unternehmen in Schwierigkeiten“, Art. 1 Nr. 4 c) - aber: erstmalig Definition „UiS“ in Art. 2 Nr. 18 AGVO
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Beihilfenkontrolle De-Minimis-Beihilfen • Grundlagen - De-Minimis-Beihilfen sind nicht zu notifizieren, weil sie nicht alle Voraussetzungen des Art. 107 AEUV erfüllen - Nur Beihilfen bis 200.000,00 Euro in drei Jahren („Bruttosubventionsäquivalent“) • bis 2014 - De-Minimis-VO 1998/2006 v. 15.12.2006, ABl. L 379/5 v. 28.12.2006 - „Unternehmen in Schwierigkeiten“ waren ausgenommen, Art. 1 Abs. 1 lit. h) • ab 2014 - De-Minimis-VO 1407/2013 v. 18.12.2013, ABl. L 352/1 v. 24.12.2013 - „Unternehmen in Schwierigkeiten“ nicht mehr ausgenommen - aber: Darlehen (< 1,0 Mio. €) und Bürgschaften (< 1,5 Mio. €) nicht an „insolvente“ Unternehmen - „Große Unternehmen“ benötigen Rating „B-“ oder besser - „insolvent“ = Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, nicht auch drohende Zahlungsunfähigkeit - Zuschüsse, Zinszuschüsse, Kapitalbeteiligungen wohl stets zulässig
Inhalte A. Insolvenz und Sanierung 1. Grundzüge und Herausforderungen 2. Insolvenzverfahren B. Kartellrecht 1. Bußgeldreduktion 2. Flucht in die Insolvenz C. Fusionskontrolle D. Vergaberecht E. Beihilfenkontrolle 1. Sanierungshilfen und Art. 107 AEUV 2. De-Minimis-Beihilfen 3. Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
Beihilfenkontrolle Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen I • Leitlinien 2014 - Leitlinien für Staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung [von] Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. C 249/1 v. 31.7.2014 - ersetzen die RuU-Leitlinien v. 2004 • Grundstruktur - nur für „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (vgl. Definition aus AGVO und Leitlinien 2014, Rz. 20). - Rettungsbeihilfen (max. 6 Monate) - Umstrukturierungsbeihilfen (max. 18 Monate) - vorübergehende Umstrukturierungsbeihilfen (neu) (max. 18 Monate) • KMU - Keine Rating-Einschränkung für De-Minimis-Darlehen und -Garantien - RuU-Leitlinien auch anwendbar auf „kleinere staatliche Unternehmen“ - Vorübergehende Umstrukturierungsbeihilfen nur für KMU - bis 3 Jahre nach Gründung kein UiS, d.h. Zugang zu anderen Beihilfekategorien möglich - RuU-Beihilfen auch für „akuten Liquiditätsbedarf“ - Umstrukturierungsplan: Marktstudie nicht erforderlich
Beihilfenkontrolle Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen II • Voraussetzungen Ziel von gemeinsamem Interesse 1. Überdurchschnittliche Arbeitslosenquote (NUTS-2-Ebene) oder (?) 2. Härtefall Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt 1. Vergleichsrechnung (Umstrukturierung mit/ohne Beihilfen) 2. Umstrukturierungsbeihilfen nur mit Umstrukturierungsplan 3. Angemessenheit nach Cash-Flow-Formel: EBIT t + Abschreibung – (Nettoumlaufvermögen t – Nettoumlaufvermögen t-1) 2 4. Eigenbeitrag und Lastenverteilung 5. Strukturelle Maßnahmen und Verhaltensmaßregeln 6. Beihilfen-Website
Literaturhinweise Bundeskartellamt Stellungnahme zum DiskE des BMJ zur Regelung der Rechtsnachfolge in die Bußgeldhaftung v. 25.5.2012 Görner, A. Die Gesamtrechtsnachfolge in Kartellbußgeldverfahren nach § 30 Abs. 2 a OWiG, ZWeR 2014, 102 ff. Heinichen, C. Unternehmensbegriff und Haftungsnachfolge im europäischen Kartellrecht, 2010 ders. Rechtsnachfolge im deutschen Kartellordnungswidrigkeitenrecht, WRP 2012, 159 ff. Hübner, A./Frauer, A. Vergaberecht und Insolvenz - Der Debt-Equity-Swap in seiner vergaberechtlichen Dimension, NZBau 2011, 142 ff. Körber, T. Die Sanierungsfusion im Kartellrecht, ZWeR 2014, 32 ff. Möhlenkamp, A. Unternehmenssanierung und Insolvenz – Herausforderungen für Kartellrecht und Wettbewerbspolitik, FIW-Schriftenreihe, Heft 246 (2013), S. 41 ff. ders. Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten - Die neuen Leitlinien der EU-Kommission im System des europäischen Beihilfenrechts, ZIP 2014 (erscheint demnächst) ders./Andres, D. Eigenverwaltung – wann ja, wann nein?, 2013
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