15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften - Johannes Augustin
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§15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften – Johannes Augustin Gegründet im Jahr 1669, ist die Universität Innsbruck heute mit mehr als 28.000 Studierenden und über 4.000 Mitarbeitenden die größte und wichtigste Forschungs- und Bildungseinrichtung in Westösterreich. Alle weiteren Informationen finden Sie im Internet unter: www.uibk.ac.at. Seite 1
Überblick 1) Hinführung und Vorstellung der Dissertation 2) §15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften a) Literaturüberblick b) Zweck und Inhalt des § 15 EO c) Geschützte Rechtsträger d) Beeinträchtigung der Wahrung öffentlicher Interessen e) Verfahren vor der Verwaltungsbehörde f) OGH 4 Ob 435/33 g) Insolvenzfähigkeit von Gemeinden 3) Abschließende Bemerkungen Seite 2
Hinführung • Thema der Dissertation: Insolvenzfähigkeit und Insolvenzverfahrensfähigkeit österreichischer Bundesländer • Hintergrund Hypo-Alpe Adria – Kärnten • Unbegrenzte Leistungsfähigkeit des Staates? • Steigende Staatsverschuldung • Österreichs Staatsbankrott 1811 • Zahlungskrisen von Gemeinden in älterer (Pinkafeld, Donawitz, Schwaz ) und jüngerer (Eisenerz, Tux, Fohnsdorf, Gramais, Linz) Vergangenheit Seite 3
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften a) Literaturüberblick Monographien: •Fasching Hans, Konkurs, Ausgleich und Zwangsvollstreckung bei Gemeinden (Wien 1983). • Rebhahn Robert/Strasser Rudolf, Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Gemeinden (Linz 1989). • Rechberger Walter H. , Exekutions- und insolvenzrechtliche Fragen kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in Krejci Heinz/Ruppe Hans Georg (Hrsg.), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung (1992). Artikel: • Ballon Oskar, Kann gegen eine Gemeinde Exekution geführt werden oder kann eine Gemeinde in Konkurs und Ausgleich gehen, ÖGZ 9/1996, 2-11. • Meister Herbert, Rechtsprobleme im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit von Gemeinden, ÖGZ 15/1983 330-335. • Traxler Gottfried, Die Exekution gegen Gemeinden, ÖGZ 17/1982, 385-390. Seite 4
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften b) Zweck und Inhalt des § 15 EO Gegen eine Gemeinde oder gegen eine […] Anstalt kann die Exekution zum Zwecke der Hereinbringung von Geldforderungen, […] nur in Ansehung solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden, welche ohne Beeinträchtigung der durch die Gemeinde oder jene Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet werden können. Zur Abgabe der Erklärung, inwieweit letzteres hinsichtlich bestimmter Vermögensbestandteile zutrifft, sind die staatlichen Verwaltungsbehörden berufen. Seite 5
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften b) Zweck und Inhalt des § 15 EO •Auch öffentliches Vermögen unterliegt grundsätzlich dem Zugriff im Rahmen einer Zwangsvollstreckung, falls nicht durch gesetzliche Bestimmungen Ausnahmen von der generellen Exekutionsunterworfenheit normiert werden (vgl. auch § 28 EO, § 16 Abs 2 F-VG) •Keine ausdrückliche Normierung der Insolvenzfähigkeit von Körperschaften öffentlichen Rechts • Zweck § 15 EO: Fasching: „Rechtsverfolgung auch auf die öffentlichen Interessen Rücksicht zu nehmen ist“ Seite 6
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften c) Geschützte Rechtsträger • Ortsgemeinden vs. Pfarr- und Schulgemeinden • Anstalten • Bund und Länder? •Fasching: analoge Anwendung des § 15 EO auf Bund und Länder; zustimmend Rebhahn; Seite 7
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften c) Geschützte Rechtsträger Analoge Anwendung auf Bund und Länder? •Franz Klein (1894): „Bei Exekutionen gegen das Ärar solle eben nur das gelten, was gegen jedem anderen Vermögenssubjekte in der EO vorgesehen ist.“ •Fasching: „Damit ist der historische Wille des Gesetzgebers klargestellt.“ • Fehlende Gesetzeslücke -> • OGH 3 Ob 77/92 (entgegen 4 Ob 435/33): durch § 15 EO werde die Exekution gegen Bund und Länder nicht beschränkt Seite 8
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften d) Beeinträchtigung der Wahrung öffentlicher Interessen • Rebhahn/Strasser: Unbestimmter Rechtsbegriff -> Begriff lasse sich nicht in ein, wie immer geartetes System bringen •Traxler: Anknüpfung an § 5 Abs 2 VO (RGBl 1897/153) „Der Kreis der Vermögensbestandteile, welche der Exekution unterliegen, ist von den genannten Behörden nach freiem Ermessen zu bestimmen“ • Verwaltungsbehörde habe Begriff der „Öffentlichen Interessen“ an denjenigen Rechtsvorschriften des Bundes und Landes, welche den Gemeinden öffentliche Aufgaben zuweisen, zu konkretisieren Seite 9
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften d) Beeinträchtigung der Wahrung öffentlicher Interessen •Traxler –> privatrechtliche Dreiteilung • Gemeindevermögen -> Einzelfallprüfung • Öffentliches Gut • Gemeindegut • Fasching -> Begriffsbestimmung nach materiellem Gemeinderecht; privatR Unterscheidung wenig praktikabel; • Notwendige Bedingung: gesetzliche Grundlage • Pflichtaufgaben – freiwillige Aufgaben • Finanzvermögen - Verwaltungsvermögen Seite 10
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften d) Beeinträchtigung der Wahrung öffentlicher Interessen •Rebhahn/Strasser: „öffentlich“ -> Interesse einer größeren gesellschaftlichen Gruppe; • Pflicht- und freiwilligen Aufgaben • gesetzliche Verpflichtung -> stets öffentliches Interesse • Pflichtaufgaben iwS • Finanzvermögen - Verwaltungsvermögen Seite 11
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften d) Beeinträchtigung der Wahrung öffentlicher Interessen •Zusammenfassend • Rechberger: „verwirrendes Bild“ • Jedenfalls im öffentlichen Interesse: Pflichtaufgaben ieS • Jedenfalls exekutionsunterworfen: „Finanzvermögen“, sowie freiwillig erbrachte Leistungen, die nicht im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten Gemeinschaft gelegen sind Seite 12
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften e) Verfahren vor der Verwaltungsbehörde • VO des Justizministers 6.5.1897 (RGBl 1897/153) • aufgehoben im Zuge des 1. Rechtsbereinigungs- gesetzes (BGBl 1999/191) -> 31.12.2009 außer Kraft • Zuständige Behörde? • §5 VO –> „staatlichen Verwaltungsbehörden“ Gemeinden und Anstalten außerhalb Statutarstädten: landespolizeilichen politischen Bezirksbehörden Anstalten in Statutarstädten: politischen Landesbehörde • hL: verwaltungsbehördlichen Entscheidung über die Vollstreckungsunterworfenheit -> Angelegenheit des Seite 13 Zivilrechtswesens iSd Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften e) Verfahren vor der Verwaltungsbehörde • Zuständige Behörde? • Vollziehung in mittelbare Bundesverwaltung gemäß Art 102 B-VG -> Bezirksverwaltungsbehörde • Rechtsmittel an das Landesverwaltungsgericht • (Anstalten in) Städte(n) mit eigenem Statut -> Stadtstatut • Rechtmittel an das Landesverwaltungsgericht • Frühere Auffassung (Fasching, Rebhahn, so aber auch noch Jakusch (2012)): LH in erster Instanz, BMI in zweiter Instanz; Seite 14
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften e) Verfahren vor der Verwaltungsbehörde • Exekutionsbewilligung vor Entscheidung der Verwaltungsbehörde? • OGH 3 Ob 88/90 • Schutz vor Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nur dann gewährleistet, wenn Bescheid der Verwaltungsbehörde im Zp. der Entscheidung bereits vorliegt • Beeinträchtigung bereits bei Pfändung Seite 15
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften f) Der Fall Donawitz: OGH 4 Ob 435/33 • OLG Graz (2 R 317/33): Konkursfähigkeit vs. Zulässigkeit der Durchführung eines Konkursverfahrens • OLG: Konkursfähigkeit deckt sich mit dem Begriff der Vermögensfähigkeit -> vgl. Art 116 (2) B-VG • OGH (4 Ob 435/33): Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Gemeinde nur insoweit zulässig, als ein Vermögen der Gemeinde vorhanden ist, das ohne Beeinträchtigung der zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung verwendet werden kann Seite 16
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften f) Der Fall Donawitz: OGH 4 Ob 435/33 • OLG Graz (2 R 317/33): „Soweit Exekutionsbeschränkungen hinsichtlich eines Vermögens bestehen, ist es [Anm.: das Vermögen] nach § 1 KO nicht geeignetes Objekt der Konkurseröffnung“ und folgert „dass nur jenes Vermögen der Gemeinde konkursfähig sein [wird], das nicht zur Befriedigung solcher öffentlichen Interessen zu dienen hat.“ Seite 17
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften g) Insolvenzfähigkeit von Gemeinden • Insolvenzfähigkeit von der hL bejaht (aA nur Meister) • Rebhahn/Strasser -> Insolvenzfähigkeit als logische Konsequenz der Einzelzwangsvollstreckungsfähigkeit für den Fall der Gläubigermehrheit und Zahlungsunfähigkeit • Insolvenzfähigkeit als Ausfluss der Privatrechtsfähigkeit Seite 18
§ 15 EO als Anhaltspunkt einer Insolvenz von Gebietskörperschaften g) Insolvenzfähigkeit von Gemeinden • Gegenargumente: • Auflösung der Gemeinde (vgl. aA schon OGH 4 Ob 435/33; Rebhahn/Strasser, Fasching) -> Einwand seit IRÄG 2010 eindeutig abzulehnen • Historische Gesetzgeber durch bewusste Nichtregelung Insolvenz von Gemeinden ausgeschlossen • Gesetzgeber rechne nicht mit Insolvenz / Unwahrscheinlichkeit einer Insolvenz / F-VG und FAG zielen darauf ab, Insolvenz zu vermeiden • Meister: Unmöglichkeit der Feststellung der Konkursmasse Seite 19
Abschließende Bemerkungen • Schweigen der Rechtsordnung •Analoge Anwendung des § 15 EO auf Bund und Länder ausgeschlossen • d.h. aber nicht, dass Insolvenzverfahren über Bund und Länder ausgeschlossen ist • im Gegenteil: Föderalismus ohne Insolvenz? • Entwicklung eines Insolvenzverfahrensrechts anhand des Sanierungsgedankens Seite 20
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