INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN - 15 Jahre Integrationsreferat der Stadt Graz
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INHALT Vorwort4 Bürgermeister Siegfried Nagl Integration im Wandel 6 Stadtrat Kurt Hohensinner 15 Jahre INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 14 Leiterin des Integrationsreferats Roswitha Müller Vielfalt in der Stadt als urbane Realität 20 Petra Wlasak Überlegungen zum Migrationsraum Graz 40 Karin M. Schmidlechner Zahlen im Wandel 56 Der Grazer Uhrturm erzählt: Einblicke in die Vielfalt 66 Petra Wlasak Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Integrationsreferats 72 Petra Wlasak Integration – MIT I WIR I KUNG 2015 – 2020 102 Integrationsstrategie der Stadt Graz 15 Jahre steter Wandel – Einblicke in die österreichische Asylgesetzgebung 122 Lisa Heschl Urban Participatory Governance – Workshops mit PraktikerInnen und ExpertInnen 152 Petra Wlasak Im Gespräch 176 Roswitha Müller und Petra Wlasak Impressum191 INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 3
MENSCHEN- RECHTSSTADT ZU SEIN, IST EINE STÄNDIGE UND BESONDERE VERPFLICHTUNG Siegfried Nagl Bürgermeister der Stadt Graz Sehr geehrte Damen und Herren, Erklärung der Menschenrechte“ als auch die Die Möglichkeit einer umfassenden Teilnahme für wohnt nicht nur die notwendige Balance von „Europäische Menschenrechtskonvention“ von möglichst alle am städtischen Leben wird auch Rechten und Pflichten inne, er steht vor allem Menschenrechtsstadt zu sein, ist eine ständi- Österreich ratifiziert worden. weiterhin ein vorrangiges Ziel unserer Politik auch für eine aktivierende Haltung, die nieman- ge und besondere Verpflichtung, kein „Nice- sein. Damit eng verbunden werden wir aber den ausschließt, von der sich aber auch niemand to-have“, kein Attribut für schöne Sonntags- Die Stadt Graz lebt als erste e uropäische auch künftig vor der nicht kleiner werdenden ausgenommen wissen darf. reden, kein Mascherl als Aufputz. Dieser Titel, Menschenrechtsstadt (seit 2001) ihre dahin- Herausforderung stehen, Integration und kultu- mehr noch: diese Selbstverpflichtung, ist eine gehende V erantwortung unter anderem in relle Identität nicht gegeneinander auszuspielen. Ich danke dem Team der Integrationsabteilung für ständige Aufgabe für die Politik, die Verwaltung einer Reihe institutionalisierter Maßnahmen Plurale Gesellschaften sind eben ein Charakteris- sein großes Engagement, wenn Sie manchmal das und die Zivilgesellschaft. Die Verwirklichung der und E inrichtungen. Die Einrichtung eines tikum urbaner G esellschaften in der sogenannten Gefühl haben, zwischen allen Stühlen zu sitzen, Menschenrechte ist ein andauernder Vorwärts- Integrationsreferats vor 15 Jahren war und ist S pätmoderne. dann sei Ihnen mit dem unvergessenen Axel Corti bewegungsprozess, keine statische Erklärung. hier ein wesentliches Kompetenzzentrum im gesagt, dass der Platz zwischen zwei Stühlen oft Sinne einer dynamischen Menschenrechtsarbeit. Die Unantastbarkeit der menschlichen Würde auch der einzig richtige sein kann. Anders formuliert: Wäre allein dieses Bekennt- Das Referat – ganz allgemein gesprochen – ist für uns ein nicht verhandelbares Gut. Wir nis schon der Standard, müssten alle öster- gewährleistet und fördert die Integration von werden im kommenden Jahr das Jubiläum reichischen Kommunen „Menschenrechtsstädte“ M enschen unterschiedlichster Herkunft und „20 Jahre Menschenrechtsstadt Graz“ daher auch Alles Gute für Ihre Zukunft, sein, schließlich sind sowohl die „Allgemeine k ultureller Prägung. unter den Titel „Respekt“ stellen. Diesem Begriff die ja immer auch unsere ist! INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 4 5
Kurt Hohensinner Integrationsstadtrat Das Kapitel Integration zurückkehrten und die meisten bereits in zweiter Generation in Österreich lebten. ist in den österreichischen Geschichtsbüchern im Die 90er markieren auch den Beginn der Ent- Vergleich zu vielen anderen wicklung der Integrationspolitik. Erstmals wurde wahrgenommen, dass der Politik wie noch ein eher kurzes. der Verwaltung eine Verantwortung zukommt, Erste Ansätze kamen in den 70er-Jahren. Jeder zugezogene Menschen am Weg einer aktiven kennt die Plakatkampagne „I haaß Kolaric, du Integration zu unterstützen. Wie so oft waren haaßt Kolaric, warum sogns zu dir Tschusch”. es gerade lokale Behörden auf der Ebene der Zwar war Österreich auch davor schon vereinzelt Gemeinden und Städte, die als erstes begannen, mit größeren Aufnahmen konfrontiert (Ungarn, Integrationsagenden wahrzunehmen, und Tschechien), doch viele sahen unser Land nur schließlich entsprechende Referate beziehungs- als Zwischenstation und nicht als Schlusspunkt. weise Organisationseinheiten gründeten. Erst mit Beginn der 90er-Jahre wurde langsam wahrgenommen, dass Menschen dauerhaft in Die Stadt Graz tat dies – und damit war sie eine INTEGRATION Österreich bleiben wollten und nicht mehr in der ersten in Österreich – vor nunmehr 15 Jahren. die Herkunftsländer zurückkehren würden. Ein Damit wurde eine Vorreiterrolle eingenommen, Grund war sicherlich der Jugoslawienkonflikt. die seit damals sehr aktiv gelebt wird und durch IM WANDEL Gleichzeitig setzte sich die Erkenntnis durch, dass zahlreiche Projekte belegt ist. Ohne Anspruch auf auch GastarbeiterInnen offenbar nur zu einem Vollständigkeit seien hier Projekte wie die Lernca- sehr geringen Teil wieder in die Heimatländer fés, Startpunkt Deutsch, frühe Sprachförderung INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 7
INTEGRATION IST IMMER EIN ABBILD DER Auch der Zugang zur Integrationsarbeit hat sich massiv gewandelt. War man sich am Anfang teil- wähnt, eine speziell für Kinder von Flüchtlings- familien konzipierte Schuleingangsphase. Dass GESELLSCHAFT weise gar nicht bewusst, dass GastarbeiterInnen Integration zu diesem Zeitpunkt bereits seit zehn Unterstützung zur Integration benötigen würden, Jahren in einem eigenen Referat angesiedelt und kippte man zwischenzeitlich fast etwas ins Gegen- damit schon umfangreiches Know-how und ein teil einer überbordenden Förderung, ohne gleich- tragfähiges Netzwerk an Partnerorganisationen zeitig auch Pflichten der zugezogenen Menschen e tabliert war, wirkte sich besonders positiv aus. einzufordern. In den letzten Jahren hat sich nun Nur dadurch war es möglich, sehr kurzfristig eine Dualität aus „Fördern und Fordern“ auch im Projekte auf die Beine zu stellen, um auf die kon- Integrationsbereich durchgesetzt. krete Situation zu reagieren. Verantwortlich für dieses Umdenken waren Noch heute wirken die Ereignisse und Erkennt- sicherlich die Flüchtlingskrise und die damit ver- nisse des Jahres 2015 in unserer Gesellschaft nach. bundenen Ereignisse des Jahres 2015, das als be- Zum einen sehen wir sie in vielen Bevölkerungs- sondere Zäsur in die Geschichte der Integrations- statistiken, zum anderen aber natürlich noch viel politik eingeht. 2015 setzte eine gesellschaftliche mehr in vielen Bereichen des täglichen Lebens, in Diskussion in Gang, die bis heute andauert, und denen wir nun vor neue Herausforderungen ge- rückte das Thema Integration in das Zentrum des stellt werden. Ein gutes Beispiel ist der Bildungs- politischen Diskurses. Inhaltlich waren es in den bereich. Im Schuljahr 2004/05 besuchten 7.627 ersten Monaten erneut die Städte und Gemeinden, Kinder die Volksschulen in Graz. 29 % davon die Außergewöhnliches leisteten und kurz- waren Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache. oder auch Heroes genannt, die entweder in Graz die Zunahme der Bevölkerung fast ausschließlich fristig Quartiere, Bildungsplätze, aber auch erste Sieben Prozent der Kinder wurden als außer- ihren Ausgang nahmen oder an unserem Stand- auf den Zuzug aus EU-Ländern und Drittstaaten Arbeitsmöglichkeiten schaffen konnten. Begleitet ordentliche SchülerInnen geführt. 2019/20 hatte ort in besonderer Weise implementiert wurden. zurückzuführen ist. Geopolitische Ereignisse, wurden diese Anstrengungen vielerorts durch ein sich das Bild wesentlich geändert, nicht nur, aber Graz hat immer verstanden, dass Integration dy- wie der Fall des Eisernen Vorhangs und die EU- starkes ehrenamtliches Engagement, was nicht natürlich auch aufgrund des Jahres 2015. Der An- namisch ist und ständige Weiterentwicklung und Osterweiterung, haben diesen Trend maßgeblich zuletzt auch zur Bündelung der Ressourcen zum teil der Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache Innovation braucht. Diese initiativen Ansätze beeinflusst. Graz, das bis in die 90er-Jahre eine Thema „Ehrenamt“ im Integrationsreferat geführt hat sich mit 54 % beinahe verdoppelt. Der Anteil waren und sind auch notwendig, da Graz seit dem Randlage einnahm, liegt nunmehr im Herzen hat, um die Rahmenbedingungen für Freiwillige der Kinder mit außerordentlichem Status mit 17 % Beginn dieses Jahrtausends eine stark wachsende Europas, in einem wachsenden und prosperie- nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig führten die fast verdreifacht. Neue Ansätze – zumindest in den Stadt ist, die eine sehr dynamische Bevölkerungs- renden Raum, der viele Chancen bietet, dem aber Bilder unkontrollierter Flüchtlingsströme auch Ballungsräumen – waren und sind daher gefragt. entwicklung aufweist. Dies war nicht immer so. auch Herausforderungen innewohnen. dazu, dass in vielen Teilen der Bevölkerung die Stichworte wie v erpflichtendes Kindergartenjahr, Graz erlebte eigentlich bis zur Volkszählung 2001 Erkenntnis reifte, dass ein weiterer ungeregelter Deutschklassen und vieles mehr haben aufgrund ein Sinken der Bevölkerung – ein Trend, der sich Genauso dynamisch wie die oben dargestellte Be- Zuzug die Gesellschaft vor nicht-lösbare Heraus- dieser Entwicklung in den Bildungsalltag Einzug seit damals massiv ins Gegenteil verkehrt hat. völkerungsentwicklung ist auch die Entwicklung forderungen stellen würde. Gerade der urbane gefunden. im Integrationsbereich. Integration ist immer ein Raum wurde in dieser Phase besonders und teils Dies lässt sich seit der Gründung des Integrations- Abbild der Gesellschaft. Wenn sich die Gesell- überbordend gefordert. So waren zeitweise mehr Aber auch im Sozialbereich lässt sich auf- referats auch durch Zahlen untermauern. Lebten schaft verändert, verändern sich auch die Heraus- als ein Drittel aller AsylwerberInnen der Steier- zeigen, wie sehr sich die Herausforderungen im Jahr 2005 noch 247.448 Menschen, davon forderungen in der Integrationspolitik. Deshalb mark in Graz untergebracht, während die Landes- im Integrationsbereich seit der Gründung des 215.106 ÖsterreicherInnen, 7.652 EU-BürgerInnen braucht es laufende Evaluierung und den zuvor hauptstadt nur ein Viertel der Wohnbevölkerung Integrationsreferats geändert haben. 2005 gab es und 24.690 Drittstaatsangehörige, in Graz, so schon angesprochenen Mut zur Innovation und beheimatet. 2.691 Haushalte, die Leistungen aus der Sozial- stieg diese Zahl im Jahr 2020 auf 294.630 Men- immer wieder neue Wege. Projekte, die für die hilfe bezogen haben, darunter waren 344 Nicht- schen, davon wiederum 221.366 ÖsterreicherIn- Situation 2005 goldrichtig waren, sind es heute In Graz zeigte sich aber gerade in dieser Zeit ÖsterreicherInnen (12,78 %). 2020 hat sich nicht nen, 36.664 EU-BürgerInnen und 36.600 Dritt- vielleicht nicht mehr. auch wieder der Mut, neue Projekte anzupacken. nur der Anteil der BezieherInnen mit 6.649 staatsangehörige. Auffällig ist hier natürlich, dass Exemplarisch sei hier das Projekt „Malala“ er- Haushalten fast verdreifacht, auch der Anteil der INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 8 9
Jahresbudget des Integrationsreferats 2006 52.000 2006–2020 (€) 2007 218.000 Quelle: Integrationsreferat der Stadt Graz 2008 526.300 2009 590.500 2010 538.400 2011 611.900 2012 771.900 2013 784.700 2014 857.000 2015 941.800 2016 1.152.900 2017 1.212.200 2018 1.428.500 2019 1.473.000 2020 1.493.300 Nicht-ÖsterreicherInnen stieg auf knapp die Hälf- kunftschancen geben müssen. Projekte wie die Integration zu ermöglichen und Menschen sie beherrscht, kann aktiv an der Gesellschaft te (48,32 %) – eine Vervierfachung des Anteils im Jobmesse für Asylberechtigte, der massive Ausbau für diesen Weg zu gewinnen? teilnehmen. Deshalb haben wir in den letzten Vergleich zum Jahr 2005. der Deutschförderung, aber auch die Einführung Jahren das Angebot zum Deutschlernen massiv der Wertekurse durch den Österreichischen Als Integrationsressort nähern wir uns dieser ausgebaut und werden auch in Zukunft im Zuge Schließlich wurde auch das Arbeitsbudget, das Integrationsfonds (ÖIF) sind beispielgebend für Frage auch durch laufende wissenschaftliche der Integrationsstrategie hier einen Schwerpunkt dem Integrationsreferat zur Verfügung steht, in diese Linie. Begleitung an. Einige vom Integrationsreferat setzen. den letzten Jahren massiv erhöht, wie die ab- beauftragte beziehungsweise unterstützte S tudien gebildete Grafik gut darstellt. Damit verbunden erleben wir auf der über- haben zahlreiche wichtige Erkenntnisse für diese Daneben verorten wir ein weiteres Handlungs- geordneten Diskursebene gerade eine weitere, Fragen und die weitere Arbeit gebracht. So etwa feld im Bereich der Frauen. Hier geht es einerseits Das Jahr 2015 hat daher zwei große Erkenntnisse inhaltliche Veränderung. Angestoßen auch durch die Studie „Chance für jedes Kind“ der Uni- um die Einforderung der Gleichberechtigung der manifestiert: Ungeregelte Zuwanderung kann eine Debatte, die – um es sinngemäß mit dem versität Graz, die Erhebungen zur „religiösen und Geschlechter, andererseits aber vor allem darum, nicht funktionieren. Wir haben weder die Arbeits- ehemaligen deutschen Innenminister, Thomas de ethischen Wertorientierung von muslimischen die Rolle der Frauen im Integrationsprozess plätze, die Ausbildungsplätze in den Schulen und Maiziere, zu sagen – fragt: Ist Integration mehr, Flüchtlingen in Graz“ unter der Leitung von Prof. zu stärken und diese verstärkt als wichtige Kindergärten noch die Wohnungsressourcen, um als nur einen Arbeitsplatz zu haben, sich an die Ednan Aslan oder die Moscheen-Studie des ÖIF. Impulsgeberinnen und Multiplikatorinnen für unbegrenzt Menschen aufzunehmen. Eine res- Gesetze zu halten und Deutsch zu lernen? Oder die Integrationsarbeit zu gewinnen. triktive Zuwanderungspolitik ist daher ein Gebot abgewandelt: Sie alle zeigen uns Handlungsfelder auf, denen verantwortungsvoller Politik. Auf der anderen wir uns in den kommenden Jahren verstärkt Auch die Rolle der Religion für den Integrations- Seite muss uns klar sein, dass wir denjenigen Was heißt Zukunftschancen und Perspek- widmen werden. Ein weiterhin wichtiger Fak- prozess muss verstärkt beleuchtet werden. Gera- Menschen, die hier sind und bleiben werden, Zu- tiven?Was braucht es, um eine positive tor ist und bleibt das Thema Sprache. Nur wer de für muslimische Zuwanderungsgruppen spielt INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 10 11
der Glaube eine ungemein wichtige Rolle. Nicht Die eingangs angeführte Vorreiterrolle der Stadt nur interreligiöser Dialog, sondern das Erkennen Graz ist dabei unser größter Ansporn. Auch in von Religionsgemeinschaften als wesentlicher Zukunft werden wir nicht müde werden, w eitere Faktor für Integration muss daher in der täglichen wichtige Akzente in diesem Bereich zu setzen Arbeit in den Vordergrund treten. Klar ist, und und durch laufende Evaluierung und Innovation das hat auch die (siehe oben) Moscheen-Studie den Integrationsprozess aktiv zu gestalten. Ein gezeigt: Religionen können integrationsfördernd, großer Dank gilt in diesem Zusammenhang den aber auch -hemmend wirken. Auch sie gilt es MitarbeiterInnen des Integrationsreferats, die daher verstärkt, für den Integrationsprozess sich laufend den ständig verändernden Rahmen- zu gewinnen. Schon jetzt setzen wir verstärkte bedingungen stellen und mit großem Engagement Anstrengungen in diese Richtung (Stichwort und Mut zu Neuem den neuen Herausforderungen Moscheengespräche), um integrationsfördernde begegnen. Ebenso wichtig sind die zahlreichen Aspekte zu aktivieren. Partnerorganisationen, die mithelfen, das s oziale Netz im Bereich der Integration immer weiter und Abschließend ist festzuhalten: engmaschiger zu knüpfen. Gemeinsam a rbeiten wir am gesellschaftlichen Zusammenhalt in Die Stadt Graz setzt auf klare unserer Stadt, mit dem Ziel, dass alle GrazerInnen hier eine sichere und lebenswerte Heimat finden, Bekenntnisse im Bereich sich verwirklichen und ein gutes Leben führen der Integration. Wir wollen k önnen. Menschen Zukunftschancen und -perspektiven bieten. Es braucht klare Handlungs- maximen für die Kommune, aber auch eine klare Erwartungshaltung in Richtung zuziehender Menschen. SPRACHE, BILDUNG, RELIGION, FAMILIE, EHRENAMT UND VIELES MEHR: die Facetten von erfolgreicher Integrationsarbeit sind vielfältig, das Ziel dafür eindeutig: Wir stärken gesellschaftlichen Zusammenhalt und INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. arbeiten für das positive Zusammenleben von morgen. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 12 13
Roswitha Müller Leitung Geschäftsbereich Integration Zusammenleben und konkrete Zusammenleben von Menschen statt. Hier wird Integration auch ausgestaltet und Integration finden vor g elebt. Ort statt. Graz – seit 2001 erste Menschenrechtsstadt Zuwanderung war in Österreich schon immer ein E uropas – hat am 3. November 2005 das zentrales Thema für den urbanen Raum. So l ebten Integrationsreferat ins Leben gerufen. Ziele waren im Jahr 2017 63 % der im Ausland g eborenen und sind die Koordination und Umsetzung von Menschen, aber nur ein Drittel der in Österreich Integrationsmaßnahmen sowie die Förderung der geborenen Menschen in Städten mit mehr als Integration und Teilhabe aller in Graz lebenden 15 JAHRE 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner 1. In Graz leben im Jahr 2020 Menschen aus fast 160 Nationen und nahezu 25 % der Grazerinnen und Menschen. Als Kommune sind wir an die Bundes- und INTEGRATION Grazer haben eine andere Staatsbürgerschaft Landesgesetzgebung gebunden. Das bedeutet, als die ö sterreichische (wiederum die Hälfte dass das Handeln vor Ort ganz entscheidend davon aus Nicht-EU-Staaten). Integration ist durch Regelungen bestimmt wird, auf die die GEMEINSAM also nicht nur eine zentralstaatliche Aufgabe, Stadt keinen unmittelbaren Einfluss hat. Für diese denn in den Städten und Gemeinden findet das vorgegebenen Regelungen müssen aber kommu- GESTALTEN 1 Vgl. Migration & Integration, Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres, URL: https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/ user_upload/Zentrale/Integration/Integrationsbericht_2018/Statistisches_Jahrbuch_migration__und_integration_2018.pdf (abgerufen 17.10.2020), 15. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 15
INTEGRATION VOR ORT – DIE HALTUNG g über das Grundbekenntnis zu einem etwaigen emeinsamen „Werteverständnis“. Hier ist es unser Zugang, unsere Strategien immer möglichst mit den anderen zuständigen Stellen aus Bund und Land abzustimmen. In unseren ZAHLT Häufig werden vier Dimensionen von Integration Überlegungen sind beim Thema Integration genannt: alle Menschen, die in Graz leben, grundsätzlich mitzuberücksichtigen – schließlich geht es um das • die kulturelle Integration Zusammenleben aller in einer Stadtgemeinschaft. (zum Beispiel Wissenserwerb, Sprache) Schwerpunktsetzungen sind natürlich dennoch nötig. • die strukturelle Integration (zum Beispiel Beteiligung am Integration gemeinsam gestalten Bildungs- oder Arbeitsmarkt) Die Stadt Graz versteht Integration als Quer- schnittsaufgabe, die nahezu alle Bereiche der • die soziale Integration Verwaltung und des Zusammenlebens in der (soziale Beziehungen im Alltag) Stadt betrifft. Der Geschäftsbereich Integration ist abteilungsübergreifend Ansprechpartner für • die identifikatorische Integration das Thema Integration und unterstützt und berät (Zugehörigkeitsgefühl) städtische Abteilungen und Einrichtungen, aber auch andere Institutionen und Organisationen Maßnahmen und konkrete Angebote in der im Themenbereich der Zuwanderung, Integra- Integrationsarbeit sollten alle diese Dimensionen tion und des interkulturellen Zusammenlebens. berücksichtigen. Eine Zielvision könnte etwa sein, Weitere Aufgaben sind, auf etwaige Lücken im dass sich Menschen in einem Land oder einer bestehenden System aufmerksam zu machen und Stadt für die gleiche Gesellschaft verantwortlich gegebenenfalls Angebote zu entwickeln. fühlen, sich zugehörig fühlen. Das schließt nicht aus, dass sich Menschen mit ihrer alten Heimat Der Geschäftsbereich Integration initiiert und verbunden fühlen können beziehungsweise sogar fördert außerdem Integrationsprojekte, o rganisiert fühlen sollen. Fach- und Informationsveranstaltungen und nale Lösungen gefunden werden – zum Beispiel Was ist gelungene Integration und kümmert sich um die Vernetzung wichtiger Akteu- im Kinderbildungs- und Betreuungsbereich. Als wen betrifft Integrationsarbeit? Auch an wen sich Integrationsarbeit richten soll, rinnen und Akteure. Zudem ist der Bereich für die Städte sind wir aber auch Akteurinnen und Ge- Eine allgemeingültige Definition von Integration ist immer wieder ein diskutiertes Thema. So stellt Umsetzung und Fortschreibung der Integrations- stalterinnen von Integrationspolitik und nehmen gibt es nicht. Der Begriff war und ist Teil einer etwa die Bleibeperspektive Integrationspolitik strategie der Stadt Graz zuständig. Einfluss auf die Strukturen und Schwerpunkte gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung und immer wieder vor Herausforderungen. Soll der Integrationsarbeit vor Ort. Wir planen stra- wird je nach Standpunkt mit unterschiedlichen Integration gefördert werden, wenn eine Rückkehr Die Flüchtlingsmigrationen der letzten Jahre dür- tegisch Maßnahmen und reagieren auf neue Si- Bedeutungen und Erwartungen aufgeladen. wahrscheinlich scheint? Oder umgekehrt: Soll fen uns nicht vergessen lassen, dass seit jeher tuationen und Bedarfsfälle, zum Beispiel durch jemand deshalb von Integrationsangeboten/ neben Arbeitsmigration und Flucht auch die Zu- die S chaffung neuer A ngebote, die Vernetzung Oft werden unter gelungener Integration gute -maßnahmen ausgeschlossen werden – wanderung früherer Jahre und Jahrzehnte Ein- wichtiger Akteurinnen und Akteure oder die Deutschkenntnisse, einer Arbeit nachzugehen und bei mutmaßlich zu erwartenden negativen fluss auf die Stadtgemeinschaft nimmt – diese gezielte Unterstützung von Initiativen und eine gewisse (nicht genau d efinierte, mindestens Effekten von Demotivation bis hin zu illegalen war schon immer international und wird es zu- Maßnahmen. Denn auch wenn die Kommune aber an eine gesetzliche Norm a usgerichtete) Aktivitäten? Und wer beziehungsweise welche nehmend. oftmals formal gar nicht zuständig ist: Die darin Anpassung verstanden. Dies sagt jedoch noch Gebietskörperschaft ist überhaupt für wen/welche lebenden Menschen können meist sehr gut nichts über die Qualität des Zusammenlebens in Zielgruppe zuständig? Welche Unterscheidung Mit der Verankerung des Themas Integration erkennen und formulieren, was funktioniert und einer Stadtgemeinschaft/Nachbarschaft oder ein wird außerdem zwischen den Bereichen Migration im Stadtentwicklungskonzept und später einer was noch verbessert werden muss. Gefühl der Zugehörigkeit aus – ebenso wenig wie und Asyl getroffen? eigenen Strategie wurde das Thema Integration INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 16 17
immer stärker strategisch betrachtet. Auch Ein- Integration vor Ort – die Haltung zählt richtungen wie die Antidiskriminierungsstelle, Wir halten also fest: Integration passiert vor Ort diverse Beiräte, das Friedensbüro und Aktionen und Integration ist ein Querschnittsthema. Wie wie der Beitritt der Stadt Graz zur Städtekoalition Integration letztlich vor Ort umgesetzt oder eine gegen Rassismus zeigen den Stellenwert, den integrative/inklusive Stadtgesellschaft konkret ein gutes Zusammenleben in der kommunalen ausgestaltet wird, hängt neben Ressourcen und Politiklandschaft einnimmt. Die Schnittstelle Rahmenbedingungen vor allem auch von der zu ehrenamtlichem Engagement im Bereich Haltung ab, die man dem Thema gegenüber der Integrationsarbeit ist zusätzlich als äußerst mitbringt. Wir im Geschäftsbereich sehen alle wesentlich erkannt worden. Menschen, die in Graz leben, als Grazerinnen und Grazer und damit als Teil unserer Unsere Arbeit sehen wir neben der Wahrnehmung Stadtgemeinschaft und unserer Bemühungen. von Integration als „Querschnittsthema“ vor Grazerinnen und Grazer mit internationaler allem einer Serviceorientierung verpflichtet. An- Biografie sind aktiv handelnde Personen, die gebote der Stadt Graz sollen in ihrer Qualität und an der Gestaltung unserer Stadtgesellschaft IM RÜCKBLICK in ihrem Zugang so gestaltet sein, dass sie für mitwirken. möglichst alle Grazerinnen und Gazer nicht nur inklusiv, sondern auch attraktiv sind. Unsere Bemühungen haben außerdem die Förderung Unser Zugang entspricht dem einer chancen- und auf die letzten 15 Jahre gilt unser Dank allen, die teilhabeorientierten Auffassung von Integration. des sozialen Friedens in sich aktiv an der Integrationsarbeit beziehungsweise Es geht darum, dass Menschen ihren Platz in der unserer Stadt zum Ziel. deren Gestaltung in Graz beteilig(t)en – auch den Gesellschaft finden oder – wie oben schon ein- Deshalb sehen wir auch die Kolleginnen und Kollegen der städtischen Abteilungen. mal erwähnt – dass sie sich zugehörig fühlen (können). Netzwerke in Herkunftsländer oder sogenannte „Aufnahme innerhalb von Communities bleiben bestehen gesellschaft“ beziehungsweise und werden als Ressource geschätzt, während die Menschen ohne gleichzeitig neue Netzwerke mit der sogenannten „Mehrheitsgesellschaft“ im persönlichen Umfeld entstehen – so unsere Vorstellung. Migrationsbiografie als relevant im Hinblick auf unsere WIR HOFFEN, Arbeit und Zielsetzungen. dass Sie alle uns auch zukünftig bei der Weiterentwicklung der kommunalen Integrationsarbeit konstruktiv und kritisch zur Seite stehen und uns unterstützen. WIR WÜNSCHEN UNS, dass die Grazerinnen und Grazer möglichst zufrieden auf unsere vielfältige Stadtgemeinschaft und unser INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. gutes Zusammenleben blicken. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 18 19
Mag.ª phil., Petra Wlasak MA, MAS, PhD, geboren 1985 in Graz, Politikwissenschafterin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bildungs- und Erziehungswissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz Petra Wlasak studierte Politikwissenschaften an der Universität Wien, Gender Studies an der Ruhr-Universität Bochum und an der Karl-Franzens-Universität Graz sowie European Project and Public Management an der Fachhochschule Graz. Sie absolvierte 2017 mit ihrer Dissertation über „Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung – innovative Lösungen im Spannungsfeld M igration, Flucht und Gender“ das interdisziplinäre PhD-Programm „Nachhaltige Stadt- und Regional entwicklung“ der Karl-Franzens-Universität Graz. Petra Wlasak war als Projektkoordinatorin und außeruniversitäre wissenschaftliche Mitarbeiterin im NGO-Bereich tätig. Von 2014 bis 2019 war sie operative Leiterin des Regionalen Zentrums für Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Universität Graz. Seit 2019 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bildungs- und Erziehungswissenschaften der Universität Graz. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen kritische Migrationsforschung und Bildung für nachhaltige Entwicklung. In einem aktuellen P rojekt beschäftigt sie sich mit Active Urban Citizenship von Frauen mit und ohne Migrationserfahrung in Graz. Ein zentrales Merkmal für die Befreiung von sozialer Kontrolle und ge- sellschaftlicher Zwänge sowie die Kreation und städtischen Lebens ist das Ausprobieren neuer Lebensstile.2 die Vielzahl von Unterschiedlichkeit. Ohne das Zusammenleben unterschiedlichster Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen Seit jeher ist das städtische Leben durch eine wäre eine Heterogenität in diesem Maße und eine soziale, kulturelle und ökonomische Vielfalt ge- damit einhergehende Vielfalt des städtischen prägt und wird durch unterschiedliche Lebens- Lebens nicht gegeben. stile, Milieus, (Alltags-)Kulturen, Traditionen und Religionen charakterisiert.1 Städtische Die Diversität der StadtbewohnerInnen und ihrer VIELFALT IN DER Räume bieten damit ihren BewohnerInnen eine große Auswahl an Lebenspraktiken, -erlebnissen und -möglichkeiten. So gibt es in der Stadt unterschiedlichen Lebensstile ist unter anderem das Ergebnis von Migrationsprozessen, von wel- chen Städte seit jeher geprägt sind.3 Kolonialismus, STADT ALS URBANE vielfältige Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten, die Industrialisierung mit ihrer einhergehenden eine V ielzahl an Bildungserfahrungen, ver- Landflucht, die Weltkriege sowie wirtschaftliche schiedene K onsumarten, kulturelle Angebote und Krisen sind nur einige historische Beispiele der REALITÄT eine A uswahl an Freizeiterlebnissen. Menschen Ursachen von Migrationsbewegungen in Städte.4 unterschiedlicher sozialer Schichten, kultureller Hintergründe und Interessen prägen, nutzen Auch aktuell – in Zeiten der Globalisierung und und gestalten diese städtische Diversität, welche des wirtschaftlichen Zusammenwachsens – Petra Wlasak das Urbane ausmacht. Dieses Urbane steht auch sind es besonders die Städte, an welchen sich INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 21
enschen, Waren und Ideen aus aller Welt treffen M migrantische Erfahrungen und Leistungen zur Letzterem hat sich die Stadt Graz in ihrem Leitbild nun eigentlich handle. Der Wunsch nach Auf- und austauschen. Städte werden damit zum urbanen Ressource werden9. wie folgt bekannt: klärung stößt auf großes öffentliches Interesse; Ausdruck der „globalisierten Realität“.5 es gilt also, ein für allemal zu klären, was denn Auch Graz, regionales Zentrum mit einer „Wir machen Graz gemeinsam mit den nun Integration sei beziehungsweise nicht sei Die Wanderung von Menschen in und aus der Stadt achsenden und diversen Bevölkerung, muss w razerinnen und Grazern zur lebenswertes- G und sein soll und wie diese Integration herbeizu- und die damit verbundene Diversität geht aber sich die Frage stellen, wie mit Migration um- ten Stadt Europas.“ 13 führen sei. Wie bei allen komplexen gesellschaft- auch mit gesellschaftlichen Herausforderungen gegangen werden soll, welche Vorstellungen von lichen Prozessen gilt auch hier, dass es die eine einher, wie beispielsweise die Gestaltung von Gemeinschaft vorherrschen und vorherrschen Seit nun 15 Jahren ist der Geschäftsbereich Definition für Integration nicht gibt, sondern je Teilhabe- und Mitgestaltungsmöglichkeiten.6 sollen und auf welche Weise alle GrazerInnen I ntegration14 der Stadt Graz damit beauftragt, das nach aktuellem gesellschaftlichen und politi- in diese Stadtgesellschaft integriert werden und Zusammenleben in Vielfalt in Graz in Zusammen- schen Diskurs und Interesse Unterschiedliches So muss die Frage gestellt werden, wie mit werden sollen. arbeit mit unterschiedlichen AkteurInnen zu för- darunter verstanden wird. der urbanen Vielfalt in ihrer Komplexität und dern, zu gestalten und zu dokumentieren. Mit wel- Hybridität in der Stadt umgegangen werden soll, Graz und der Umgang chen Ansätzen begegnet man diesen Aufgaben Versteht man Integration im Kontext von Mi- wie Personen und Personengruppen mit ihren mit wachsender Diversität und was bedeutet dieses 15-jährige Jubiläum für gration, worunter „Wanderungsbewegungen unterschiedlichen Interessen inkludiert werden Graz ist eine wachsende Stadt. Laut der aktuel- die wachsende und diverse Stadt Graz? Mit diesen größerer Gruppen über substanzielle Distanzen sollen und in weiterer Folge wie das Zusammen- len Bevölkerungsstatistik wird die Grazer Be- Fragen beschäftigten sich auf Initiative des Ge- und Grenzen“15 gemeint sind, bezieht sie sich leben ausverhandelt und organisiert werden soll. völkerung bis 2034 um 22 % wachsen. Das be- schäftsbereichs Integration im Zeitraum 2018 bis „auf die Einwanderung und auf die Verhältnisse deutet für 2034 eine EinwohnerInnenzahl von 2020 VerwaltungsmitarbeiterInnen, Wissenschaf- und Beziehungen zwischen sozial konstruierten Diese Ausverhandlungen sind dynamische Pro- 329.000 gegenüber 270.000 im Jahr 2014. Jährlich terInnen, ExpertInnen und PartnerInnen aus der Gruppen in Migrationsgesellschaften“16. Diese zesse, die mit der De- und Rekonstruktion der ziehen rund 20.000 Personen nach Graz, hiervon Praxis. Ziel war es, einerseits zu reflektieren, was Verhältnisse und Beziehungen werden nach Vorstellung von Gemeinschaft und des Wir-Ver- rund 7.100 bis 7.500 Personen aus dem Ausland in den letzten 15 Jahren vonseiten des Geschäfts- unterschiedlichen Vorstellungen, Werten, Interes- ständnisses verbunden sind. Je nach historischem und etwa 12.300 bis 12.700 Personen aus den bereichs Integration an Integrationsarbeit getan sen und Einflussmöglichkeiten gestaltet und aus- Kontext und gesellschaftlichen Entwicklungen steirischen Regionen sowie den restlichen öster- wurde und bis heute getan wird, und andererseits verhandelt. Je nach Resultat dieser fortlaufenden und damit verbundenen vorherrschenden Ideo- reichischen Bundesländern.10 daraus Herausforderungen und Visionen für die Prozesse sind MigrantInnen in unterschied- logien und politischen Vorstellungen ist dieses Zukunft abzuleiten. Im Zentrum stand dabei, lichem Grad in der Gesellschaft, welcher sie zu- Wir-Verständnis von Offenheit oder Exklusivität Graz ist eine vielfältige Stadt. So leben 151 Na- herauszufinden, was aus den bisherigen Ent- gewandert sind, in den verschiedenen Bereichen geprägt und schließt damit spezifisch konstruier- tionen in Graz (Stand 1. 1. 202011) und circa 24 % wicklungen und Tätigkeiten gelernt werden kann. wie Sprache, Kultur, Bildung, Arbeitsmarkt oder te Personengruppen ein oder aus. der BewohnerInnen mit Hauptwohnsitz in Graz soziale Beziehungen zu anderen Menschen ein- haben eine andere Staatsangehörigkeit als die Hierfür wurden Interviews mit ZeitzeugInnen der gegliedert.17 Je nach erreichtem Grad dieser Ein- Zentral dabei ist, dass die Auseinandersetzung österreichische.12 Außerdem ist Graz Wohnort Gründungszeit des Referats aus der Verwaltung gliederung spricht man von Assimilierung, der mit der Gestaltungsform des gesellschaftlichen von Menschen mit unterschiedlichen Religionen, und Politik durchgeführt, um die politischen und „Reduktion oder ein Verschwinden von Grenzen Miteinanders ein stetiger Prozess ist, in welcher Bildungshintergründen, Einkommen und Fami- strategischen Überlegungen und Motivationen und Unterschieden zwischen sozialen Gruppen“, Fragen zu struktureller Benachteiligung, Identi- lien- beziehungsweise Haushaltskonstellationen. für die Einrichtung des Geschäftsbereichs Integ- oder Segregation, dem dauerhaften Bestehen von fikation und gruppenbezogenen Stereotypen un- ration zu verstehen. Weiters wurden Dokumente, Unterschieden zwischen ethnischen Gruppen.18 weigerlich auftauchen7, sofern das Ziel ist, „dass Das Bevölkerungswachstum sowie die damit Berichte und Gemeinderatsbeschlüsse analysiert alle Personen das gleiche Recht haben, unter verbundene zunehmende Diversität stellen die und zwei transdisziplinäre Workshops mit Part- Im wissenschaftlichen Diskurs geht es darum, fairen Bedingungen der Chancengleichheit nach Stadt Graz vor die komplexe Herausforderung, nerInnen aus Praxis, Wissenschaft und dem in einem empirisch-analytischen Zugang zu gesellschaftlicher Achtung zu streben“8. mit sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Geschäftsbereich Integration durchgeführt, in beschreiben und zu erklären, wie diese Ein- Phänomenen und Veränderungsprozessen hin- denen diese Fragen bearbeitet wurden. gliederung erfolgt, ohne sie jedoch dabei zu be- Marc Hill plädiert dafür, stets ein Auge auf un- sichtlich des gesellschaftlichen Miteinanders um- werten.19 Konkret wird die Frage gestellt, wie gleiche Machtverhältnisse hierbei zu haben, Be- zugehen und dabei gleichzeitig eine hohe Lebens- Was ist nun diese „Integration“? „MigrantInnen als neu hinzugekommene Akteu- nachteiligungen und Marginalisierung entgegen- qualität für alle GrazerInnen und zukünftigen Die zentrale Frage, die vor jeglichem Reflexions- rInnen Teil der Einwanderungsgesellschaft sind zutreten und vor allem Migration als Normalität Generationen mit all ihren unterschiedlichen prozess zum Thema Integration gestellt wird, ist beziehungsweise wie sie mit dem anderen Teil der zu akzeptieren, durch die kulturelle Vielfalt und Bedürfnissen und Interessen zu ermöglichen. Zu nach wie vor, worum es sich bei Integration denn Gesellschaft verbunden“ 20 werden. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 22 23
Hartmut Esser entwickelte hierfür vier hört, das durch gezielte Erziehungsmaßnahmen migrantisch) an die erkannte Migrationsrealität deren Besonderheiten führte, nun sollte die Stadt Integrationskategorien, in welchen diese ompensiert werden müsse“24. Dieses Defizit k angepasst werden“30. Graz sich stattdessen auf das „Zusammenfügen zu gesellschaftliche Verbundenheit21 analysiert wird häufig mit der „Kultur“ der MigrantInnen etwas Neuem“ konzentrieren. Zusammengefasst werden kann: begründet, welche zur Markierung der Fremdheit Eine solche postmigrantische Perspektive weitet wurde dies wie folgt formuliert: „Dies ist sowohl und Andersartigkeit verwendet wird. Römhild den Blick für eine umfassendere Gesellschafts- eine Absage an ein Nebeneinander der Kulturen • Kulturation: Erwerb von Kenntnissen und beschreibt, wie mit dieser Zuschreibung Migran- analyse, in welcher Migration nicht länger als (Multikulturalität) wie auch an die Stigmatisie- Fertigkeiten, um am Leben der Aufnahme tInnen und sogar deren Kinder und EnkelInnen spezifische historische Ausnahmeerscheinung rung der ImmigrantInnen als Fremde, die sich gesellschaft teilnehmen zu können als problematische Andere, als Anzupassende behandelt wird, sondern in welcher Migration zu assimilieren haben. Alle GrazerInnen bilden oder als zu duldende Minderheiten konstruiert als gesellschaftliche Realität und Normalität an- in ihrer individuellen Vielfalt und Verschieden- • Platzierung: Erwerbung einer sozialen werden.25 erkannt und aus einer gesamtgesellschaftlichen heit die Stadtgemeinschaft.“36 Es wurde betont, Position in entscheidenden gesellschaftlichen Perspektive betrachtet wird, die alle betrifft.31 dass die aktive Mitwirkung und Teilhabechancen Bereichen wie Wohnungsmarkt, Bildung, Stattdessen sollten MigrantInnen als selbst- Folglich ist damit Integration keine von oben von einzelnen Personen hierfür essenziell sind, Arbeitsmarkt, Rechtssystem et cetera bestimmte AkteurInnen gesehen werden, die herab verordnete Maßnahme oder eine zu er- und der individuelle Anteil an Integration unter- „weder Opfer der Verhältnisse noch Marionetten bringende Leistung, sondern die Aufgabe aller strichen. Auch wird erkennbar, dass über einen • Interaktion: Aufbau von Beziehungen ihrer Herkunftskultur, sondern aktive Handelnde Menschen mit und ohne Migrationserfahrung. gesellschaftlichen Konsens nachgedacht wurde, wie beispielsweise mit NachbarInnen, mit subjektiven Bedürfnissen und heterogenen der die Grundlage des Zusammenlebens in Viel- FreundInnen, aber auch Partnerschaften, Voraussetzungen“26 sind. Nur mit einer solchen Das Integrationsverständnis der Stadt falt ausmacht und der sich aus den Menschen- Familiengründung über soziale und geänderten Perspektive können MigrantInnen Graz: Von der gruppenspezifischen rechten, der Demokratie, der Rechtsstaatlich- ethnische Grenzen hinweg als gleichberechtigte MitgestalterInnen von Multikulturalität hin zur individuellen keit, der Gewaltenteilung, der Gleichstellung von Gesellschaft anerkannt und damit auch an der aktiven Partizipation Mann und Frau sowie der Trennung von Staat und • Identifikation: mentale und emotionale Gestaltung des Zusammenlebens in Vielfalt auf Der Fokus im Bereich Integration hat sich für Kirche zusammensetzt.37 Verbundenheit mit der Aufnahmegesellschaft gleicher Augenhöhe beteiligt werden. den Geschäftsbereich Integration in den letz- wie beispielsweise durch Loyalitätsgefühl, ten 15 Jahren verändert. Zu seiner Gründungs- In der jüngsten Integrationsstrategie der Stadt Identifikation und Zugehörigkeitsgefühl22 Kritische Migrationsforschung kann – basie- zeit standen, dem ethnischen Pluralismus der Graz (2015–2020) wird der Fokus auf Mitwirkung rend auf der Analyse von Herrschaftsstrukturen, 1980er- und 1990er-Jahre folgend32, Aspekte der und aktive Partizipation gelegt. Insbesondere wird Im öffentlichen Diskurs hingegen wird in der Interessensausverhandlungsprozessen und Dis- interkulturellen Öffnung der Stadt Graz und die die Teilung gemeinsamer Werte38 betont und for- Regel normativ über Integration diskutiert, das kursen im Kontext von Migration und Integration Förderung des interkulturellen Zusammenlebens muliert, dass alle AkteurInnen und Individuen in heißt, in welchem Grad und auf welche Weise die – diese „symbolischen und materiellen Zugehö- im Vordergrund33. Die Arbeit von Vereinen einzel- Graz einen Beitrag zur Integration leisten können Eingliederung der MigrantInnen erfolgen soll. rigkeits- und Diskriminierungsverhältnisse“ 27, die ner MigrantInnengruppen wurden als „wesent- und sollen. Explizit wird „eine Separierung auf- Beispiele aus der politischen Praxis hierfür sind zu Exklusion führen, benennen, analysieren und lich zur Erleichterung der Integration“ erachtet grund kultureller Verschiedenheit“ abgelehnt und Strategiepapiere mit definierten Visionen und da- kritisieren. Damit können Wege geebnet werden, und unterstützt.34 Unter Integration wurde dabei ein Schwerpunkt auf individuelle Leistung gelegt.39 raus abgeleiteten Zielen.23 eine Veränderung in der Integrationsdebatte und die „politische, rechtliche und soziale Gleich- weiterer Folge Integrationspolitik zu bewirken. stellung von In- und AusländerInnen“ verstanden Trotz dieser Wandlung des Fokus der Integrations- Neue Ansätze in der Integrationsdebatte und „beinhaltet ein Bekenntnis zum kulturellen arbeit der Stadt Graz in den letzten 15 Jahren Neue Ansätze in der Migrationsforschung Wir befinden uns im Zeitalter der Migration, in Pluralismus“35. können drei Punkte identifiziert werden, wel- kritisieren, dass im Kontext der öffentlichen welcher Gesellschaften weltweit mit einem An- che sich in allen Überlegungen und Strategien Integrationsdebatte, aber auch der Integrations- stieg von ethnischer und kultureller Diversität Fünf Jahre später, 2010, wird in einem Bericht zur zur Integrationsarbeit der Stadt Graz von multi- beziehungsweise Migrationsforschung selbst konfrontiert sind.28 Diese Gesellschaften werden Integrationsstrategie der Stadt Graz an den Ge- kulturellen bis hin zu werte- und leistungs- MigrantInnen stets als Objekte von Integrations- in der Literatur als postmigrantisch29 bezeichnet, meinderat die Wertschätzung der Vielfalt und die orientierten Ansätzen wiederfinden: maßnahmen gesehen werden, welche zur wenn deren Wandel in eine heterogene Grund- Förderung der Selbstorganisation von migranti- Integration zu erziehen seien. Erol Yildiz nennt struktur anerkannt wird, Migrationsbewegungen schen Vereinen als „Multikulturalität“ zusammen- • Besinnung auf die Menschenrechte und dies eine spezifisch pädagogisch-paternalisti- als Phänomene erkannt werden, die die Gesell- gefasst. Es wurde zwar gewürdigt, dass dieser stetiger Bezug auf Graz als Menschenrechts- sche Haltung, „zu deren Argumenten die Be- schaft prägen, und „Strukturen, Institutionen Zugang in der Vergangenheit zu einem besseren stadt und die Deklaration der Menschen- hauptung eines a ngeblichen Identitätsdefizits ge- und politische Kulturen nachholend (also post- Verständnis für andere Kulturen beziehungsweise rechte der Stadt Graz (2001), welche besagt: INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 24 25
„Die Stadt Graz, insbesondere die Mitglieder aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Diszi- ihres Gemeinderates und der Stadtregierung, plinen, praktisches als auch angewandtes Wis- werden sich in ihrem Handeln von den inter- sen, angemessen zu berücksichtigen und in die nationalen Menschenrechten leiten lassen“.40 Rückschau einfließen zu l assen. Als Ergebnis die- ser Rückschau finden sich nun Beiträge aus unter- • Bekenntnis zur Verurteilung von schiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen und Diskriminierung jeglicher Art, sei es aus Perspektiven. Gründen des Geschlechts, der Herkunft, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen So findet sich im Anschluss an diese thematische Einführung ein „Begriffskompass. Der Versuch BESINNUNG AUF DIE MENSCHENRECHTE Ausrichtung. eines Glossars“ zusammengestellt von Petra Wlasak und dem Team des Integrationsreferats. • Förderung des Erlernens der deutschen Sprache. Es folgt ein historischer Rückblick auf Migration und stetiger Bezug auf Graz als Menschenrechtsstadt und die Deklaration nach Graz. Gemäß dem Zitat von Erol Yildiz, Aufbau dieser trans- und der meint, „Stadtgeschichten sind immer auch der Menschenrechte der Stadt Graz (2001), welche besagt: „Die Stadt Graz, insbesondere interdisziplinären Publikation Migrationsgeschichten“42, zeigt die Historike- die Mitglieder ihres Gemeinderates und der Stadtregierung, werden sich in ihrem Handeln Für die Reflexion der 15 Jahre Integrationsarbeit rin Karin M. Schmidlechner im Beitrag „Über- von den internationalen Menschenrechten leiten lassen.“ in Graz wurde der Versuch unternommen, unter- legungen zum Migrationsraum Graz“ mit schiedliche Perspektiven auf Integrationsarbeit einem Blick in die Vergangenheit die Wanderungs- in Graz aus Verwaltung, Praxis und Wissen- bewegungen von und nach Graz seit 1945 auf. BEKENNTNIS ZUR schaft(en) zusammenzuführen. Das heißt einer- Sie verdeutlicht dabei, wie der „Normalfall Mig- seits, die jeweiligen Interessen sowie Arbeits- und ration“ zentraler Bestandteil der Geschichte der Lebensrealitäten der IntegrationsakteurInnen Stadt ist und dass ein Bewusstsein darüber im VERURTEILUNG VON aus Verwaltung und der Zivilgesellschaft und die aktuellen Migrationsdiskurs teilweise noch fehlt. daraus abgeleiteten Forderungen zu verstehen, zu analysieren und anzuerkennen, andererseits Fakten sind essenziell, um einen Überblick über DISKRIMINIERUNG aber auch diese gewonnene Erkenntnis aus der evidenzbasierte Verhältnisse zu erhalten. Dafür Perspektive von unterschiedlichen wissenschaft- gibt der nächste Beitrag „Zahlen im Wandel“, lichen Zugängen zu betrachten und so neue Er- zusammengestellt vom Team des Integrations- kenntnisse daraus abzuleiten. referats, auf Basis aktueller demographischer Zah- Beim Zusammenfügen dieser unterschiedlichen Wissensquellen orientieren wir uns am Konzept len einen Überblick zu Personen mit Migrations- erfahrung in Graz in den letzten 15 Jahren. JEGLICHER ART, der Transdisziplinarität nach Thomas Jahn. Er Der nächste Themenblock dieser Publikation sei es aus Gründen des Geschlechts, der Herkunft, der Religion, geht davon aus, dass für die Bearbeitung komple- idmet sich der Entwicklung der Integrations- w der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder xer gesellschaftlicher Herausforderungen und das arbeit der Stadt Graz. Hierfür teilt zu Beginn einer der sexuellen Ausrichtung. Finden von gesellschaftlichen Problemlösungen der wohl bekanntesten Grazer überhaupt, nämlich – wie beispielsweise für Formen des Zusammen- der Grazer Uhrturm, auf u northodoxe Weise lebens in Vielfalt – nicht nur disziplinenüberg- seine auf Jahrhunderten v oller B eobachtungen FÖRDERUNG reifend gearbeitet werden muss, sondern dass basierende Einschätzung der Buntheit von Graz. auch alltagspraktisches und wissenschaftliches Im Beitrag „Der Grazer U hrturm erzählt: Wissen aufeinander bezogen werden muss41. Das Einblicke in die Vielfalt“ von Petra Wlasak bedeutet für 15 Jahre Integrationsreferat, Wissen stellt sich dabei heraus, dass der Grazer Uhrturm DES ERLERNENS DER INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. DEUTSCHEN SPRACHE. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 26 27
von seiner erhöhten Position aus nicht nur Im nächsten Beitrag mit dem Titel „Urban Zusammenschau Innen müssen in diesen Prozess einfließen wie einen sehr guten Überblick über das Geschehen Participatory Governance. Workshops mit Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass auch ExpertInnenwissen aus der Praxis (zum in Graz hat, sondern auch mit allen Sinnen die PraktikerInnen und ExpertInnen“ von Petra trotz der unterschiedlichen Herangehensweisen Beispiel von Beratungsstellen) und Fachwissen Integrationsarbeit in Graz beobachtet und recht Wlasak wird auf Basis der theoretischen Konzepte wie auch Themenfelder und in Anbetracht eines aus unterschiedlichen wissenschaftlichen philosophische bis gar kritische Überlegungen von participatory governance und good gover- nach wie vor regen gesellschaftlichen Interesses D isziplinen. dazu anstellt. nance die Netzwerk- und Kooperationsarbeit für Migration klar ist, dass sich auch das „Haus des Geschäftsbereichs Integration analysiert. Graz“ mit Themen wie urbaner Diversität, inter- Komplexen gesellschaftlichen Wer die Beobachtungen des Grazer Uhrturms liest, Für eine intensivere Auseinandersetzung zur kulturellem Zusammenleben, Chancengleich- Herausforderungen, wie die wird sich wohl einige Fragen zu im Beitrag ge- Frage der Urban Governance in Bezug auf heit, Anti-Rassismus und sozialer Inklusion nannten Erklärungen, Gemeinderatsbeschlüssen Integrationsarbeit veranstaltete der Geschäfts- auseinandersetzen muss, um die Vision „der Gestaltung des Lebens in oder einer genannten FEE stellen. Genaue bereich Integration 2019 zwei Workshops mit lebenswertesten Stadt Europas“43 umzusetzen. Vielfalt in der Stadt, kann nicht Erklärungen und Ausführungen finden sich dazu ExpertInnen unterschiedlichster Gremien und Weitere Integrationsarbeit beziehungsweise eine mit simplen Lösungen begegnet im Beitrag „Entstehungs- und Entwicklungs- Organisationen und PraxispartnerInnen aus der Fach- und Querschnittsstelle, die sich umfassend geschichte des Integrationsreferats“ von Grazer NGO-Szene. Gemeinsam wurden dabei damit auseinandersetzt, ist daher unumgäng- werden. Es braucht iterative Petra Wlasak, der die Entwicklung des die ganzheitliche, partizipative und interaktive lich. Die Gestaltung des Zusammenlebens in Lernprozesse aller Beteiligten Integrationsreferats mit allen damit verbundenen Erfassung der Integrationsarbeit in Graz dis- einer wachsenden und diversen Stadt wie Graz und ein offenes Bekenntnis Entscheidungen, Beschlüssen und Strategien kutiert und m ögliche neue Formen von parti- verlangt nach einer stetigen Auseinandersetzung genau beschreibt. Interviewte ZeitzeugInnen zipativen, kreativen Ansätzen auf interaktive mit Themen des gesellschaftlichen Miteinanders zu einer postmigrantischen kommen zu Wort und lassen so die Etablierung Weise entworfen. Die Ergebnisse daraus werden und beinhaltet wie bei allen Prozessen mit Realität, welche nicht nur von und Entwicklung des Referats nachvollziehen. in diesem Beitrag zusammengefasst. Der Beitrag unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen der Politik und Verwaltung, bietet außerdem Inspiration und die Unterlagen Herausforderungen und Konfliktpotenzial. Die Übersicht „Meilensteine der Integrations- dazu, sich selbst in Form eines interaktiven krea- sondern auch von der Mehrheit arbeit“, aufbereitet vom Team des Integrations- tiven Rollenspiels mit dem Thema Integration Die Stadt Graz als Gebietskörperschaft kann und der GrazerInnen erkannt, referats, fasst graphisch diese E ntwicklung a useinanderzusetzen. soll diese Prozesse begleiten und gemeinsam mitgetragen und mitgestaltet z usammen. mit ExpertInnen aus Praxis und Wissenschaft Im abschließenden Beitrag „Im Gespräch“ aktiv und partizipativ gestalten. Damit dieser wird. Folgend wird die Integrationsstrategie der Stadt wird der transdisziplinäre Versuch unter- Prozess bedürfnisorientierte, alltagstaugliche und Graz „Integration – MIT | WIR | KUNG 2015 – nommen, den Prozess der Rückschau aus kreative Lösungen hervorbringen kann, ist das Diese Publikation ist das Ergebnis eines solchen 2020“ und das „Team 2020“ des Integrations- Verwaltungsperspektive als auch wissenschaft- Zusammentragen unterschiedlicher Wissens- und Lernprozesses, bei welchem unterschiedliches referats der Stadt Graz vorgestellt. licher Projektbegleitungsperspektive gemeinsam Erfahrungsquellen auf Augenhöhe unumgänglich. Wissen zusammengetragen wurde sowie v ersucht zu reflektieren. Roswitha Müller als Leiterin des wurde, von der Vergangenheit zu lernen und Einen Überblick über das österreichische Geschäftsbereiches Integration und Petra Wlasak, Diskriminierungserfahrung, Alltagsherausforder Inspiration für zukünftige Integrationsarbeit zu sylwesen und seine zahlreichen Reformen in A wissenschaftliche Projektbegleiterin, versuchen ungen und Lebensrealitäten von allen Grazer erarbeiten. den letzten 15 Jahren liefert im Anschluss die dies in Form eines abschließenden Gesprächs, bei Juristin Lisa Heschl im Beitrag „15 Jahre s teter welchem sie feststellen, dass es trotz aller b isher Wandel: Einblicke in die österreichische umgesetzter Maßnahmen einen fortlaufenden Asylgesetzgebung“. Dabei geht sie ebenso auf intensiven und kritischen und auch sogar die menschenrechtliche Dimension der Auf- utopischen Umgang mit dem Thema braucht. nahme und des Umgangs mit Flüchtlingen ein, Es gilt dabei, Erreichtes aufrechtzuerhalten, beschreibt die Grundversorgung von Asylwerbe- bestehende Herausforderungen weiter zu be- rInnen und verdeutlicht, wie die Auswirkungen arbeiten und auch Rückentwicklungen aufzu- des globalen Fluchtgeschehens auf lokaler, halten. städtischer Ebene spürbar werden. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. INTEGRATION. GEMEINSAM. GESTALTEN. 15 JAHRE INTEGRATIONSREFERAT. 28 29
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