Integrierte Gesundheitsberichterstattung - Dr. Günter Tempel Gesundheitsamt Bremen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Integrierte Gesundheitsberichterstattung Dr. Günter Tempel Gesundheitsamt Bremen 23. November 2016 Parow
Johann Peter Frank: Akademische Rede vom Volkselend als der Mutter der Krankheiten (Pavia 1790) • Gesundheit und Krankheit sind sozial determiniert • Frank sah in den ärmlichen Lebensverhältnissen (Wohnen, Arbeiten) und den damit verbundenen hygienischen Zuständen die primäre Ursache für Krankheiten der Bevölkerung 2
Soziale Ungleichheit und Gesundheit (Mielck A (2005)) 3
Sozialstatus und Gesundheitszustand Verglichen mit statushöheren Bevölkerungsgruppen haben Menschen mit niedrigem Sozialstatus ► eine (deutlich) geringere Lebenserwartung ► häufiger chronische Krankheiten (Ausnahme: Allergien) und ► sind häufiger im Alltag durch Krankheiten dauerhaft eingeschränkt. Entsprechend schlechter schätzen sie ihren Gesundheitszustand ein. 4
Mittlere Lebenserwartung nach Geschlecht und Einkommensklasse (aus: Robert Koch-Institut, GBE kompakt 2/2014) 85,3 90 80,9 76,9 80 70,1 70 60 50 Alter Armut 40 Wohlstand 30 20 10 0 Frauen Männer 5
Lebensjahre in gutem/sehr gutem Gesundheitszustand (aus: Robert Koch-Institut, GBE kompakt 2/2014) 80 71 71,1 70 60,8 56,8 60 50 Alter Armut 40 Wohlstand 30 20 10 0 Frauen Männer 6
Sozialstatus und gesundheitliche Risikofaktoren Menschen mit niedrigem Sozialstatus ► sind häufiger übergewichtig oder adipös, ► sind zwar weniger sportlich aktiv, ► dafür aber im Alltag häufiger körperlich aktiver (am Arbeitsplatz?), ► weisen höhere Raucheranteile auf, ► haben aber einen insgesamt weniger problematischen Alkoholkonsum als Menschen mit höherem Sozialstatus 7
Alkoholrisikokonsum nach Geschlecht und Sozialstatus (aus: Hapke U, v.d.Lippe E, Gaertner B (2013)) 50 43,2 45 41,2 40 37,3 35 30,5 30 niedriger Sozialstatus 26,3 in % 25 mittlerer Sozialstatus 18,5 hoher Sozialstatus 20 15 10 5 0 Frauen Männer 8
„Alle möglichen Übel werden auf das Haupt der Armen gehäuft. Ist die Bevölkerung der Stadt über- haupt schon zu dicht, so werden sie erst recht auf einen kleinen Raum zusammengedrängt. Nicht damit zufrieden, die Atmosphäre in der Stadt verdorben zu haben, sperrt man sie dutzendweise in ein einziges Zimmer, so dass die Luft, die sie nachts atmen, vollends zum Ersticken wird. Man gibt ihnen feuchte Wohnungen, Kellerlöcher, die von unten, oder Dachkammern, die von oben nicht wasserdicht sind. Man baut ihre Häuser so, dass die dumpfige Luft nicht abziehen kann". Aus: Friedrich Engels (1845): Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Bild: Hamburger Gängeviertel um 1900 (www.germanhistorydocs.ghi-dc.org) 9
Sozialstatus und Wohnbedingungen • Menschen mit niedrigem Sozialstatus wohnen deutlich schlechter: ► geringere Wohnflächen/Überbelegung ► baulich minderwertiger Wohnraum ► Belastungen durch verkehrsreiche Straßen und Industrieanlagen • Daraus ergeben sich höhere Expositionen gegenüber Schadstoffen der Außenluft und gegenüber Lärm. Zudem gibt es mehr Probleme mit Feuchtigkeit in Wohnräumen. • Bei der Schadstoffbelastung des Innenraums ist das Bild eher uneinheitlich (s. Umweltbundesamt 2010) 10
Wohnung an einer stark/extrem befahrenen Durchgangstraße nach Sozialstatus (aus: Laußmann D et al. (2013)) 30 28,3 25 21,8 20 Unterschicht in % 14,8 15 Mittelschicht Oberschicht 10 5 0 11
Wohnungsmängel: Undichtes Dach, Fäulnis in Fensterrahmen oder Fußböden, Feuchtigkeit in Wänden, Fußböden oder Fundament (aus: Leben in Europa 2005, Ergebnisse für Deutschland) 25 22 22 20 15 13 in % 10 5 0 Insgesamt Alleinerziehende Arbeitslose 12
Schimmel in Wohnräumen nach Bevölkerungsgruppen (Daten: KiGGS, Welle 1. Eigene Auswertungen) 12 10,5 10 7,8 8 in % 6 4,4 4 3,5 2 0 Zuwanderer autochthone Bevölkerung niedriger Sozialstatus hoher Sozialstatus 13
Sozialstatus und arbeitsbezogene Gesundheitsgefahren Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind deutlich häufiger Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz ausgesetzt. • Im Vergleich zu Hochschulabsolventen haben Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ein deutlich höheres Risiko für einen vorzeitigen krankheits- oder unfallbedingten Renteneintritt. • Arbeiter berichten wesentlich häufiger von Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz als Angestellte, Beamte und Selbstständige. • Personen mit niedrigen Bildungsabschlüssen schätzen ihre Arbeit häufiger als gesundheitsgefährdend ein als Personen mit hohen Bildungsabschlüssen. 14
Wahrnehmung einer arbeitsplatzbezogenen Gesundheitsgefährdung, Altersgruppe 45-64 Jahre (aus: Robert Koch-Institut, Faktenblatt GEDA 2012) 35 30,3 30 28,2 26,1 25 21 20 niedrige Bildung in % 17,2 mittlere Bildung 15 13,2 hohe Bildung 10 5 0 Frauen Männer 15
Ein Basiskonzept integrierter Gesundheitsberichterstattung: Die Sozialraumanalyse • In den 1920er Jahren wurde an der Universität von Chicago die Sozialökologie als stadtsoziologische Theorie entwickelt („Chicago-Schule“). • Ausgangsthese: In der räumlichen Struktur der Stadt spiegelt sich die soziale Struktur der Gesellschaft wider. • Städte untergliedern sich Gebiete, die in sozio-demografischer und funktionaler Hinsicht relativ homogen sind. Häufig sind diese „natural areas“ durch Eisenbahnstrecken, Straßen, Wasserläufe und ähnliche Barrieren voneinander getrennt. • Ein zentraler Begriff der Sozialökologie ist „Segregation“. 16
Was ist Segregation? • Die Tatsache, dass sich ethnische und soziale Gruppen in bestimmten Stadtgebieten konzentrieren, bezeichnet die Stadtsoziologie als Segregation. • Ursachen für Segregation sind der eingeschränkte Zugang zum Wohnungsmarkt (Kaufkraft, Diskriminierung), die Zuweisungspraxis der Sozialbehörden (Belegungsrechte) und Wohnpräferenzen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen. • Segregation lässt sich nicht eindeutig bewerten: Es gibt freiwillige und unfreiwillige Segregation, funktionelle und strukturelle Segregation. • Seit den 1980er Jahren verschärfen sich in deutschen Städten Segregationserscheinungen („Spaltung der Stadt“). Aus den „Orten der Ausgegrenzten“ werden „ausgrenzende Orte“. 17
Stadt der Armen, Stadt der Reichen 18
Zwei weitere Begriffe • Gentrification: Sozialer Umstrukturierungsprozess in vormals sanierungsbedürftigen, zumeist innenstadtnah gelegenen Wohnvierteln. Durch den Zuzug kaufkräftiger Haushalte werden einkommensschwache Haushalte nach und nach verdrängt. In der Folge kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den (ärmeren) alten und den (reicheren) neuen Bewohnern. Beispiele: Schanzenviertel (Hamburg), Prenzlauer Berg (Berlin) • Ghetto: Als Ghetto bezeichnet man ein Wohngebiet, in dem fast ausschließlich Angehörige einer (ethnischen) Gruppe leben. Diese Gruppe lebt zwangsweise im Ghetto und wird von der Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt. 19
Die Auswirkungen sozialer Polarisierung. Zur Entwicklung der Lebenserwartung und Sterblichkeit in ausgewählten Bremer Wohngebieten (Gesundheitsbericht, Gesundheitsamt Bremen 2006) • Ausgangsthese: Soziale Polarisierung führt zu wachsender sozialer Ungleichheit in der Lebenserwartung bzw. Sterblichkeit. • Methode: Vergleich der am meisten segregierten Wohngebiete (bürgerliche Viertel, Arbeiterviertel und Großsiedlungen), Beobachtungszeitraum von 1970 bis 2003. Die amtlichen Mortalitätsstatistiken enthalten keine Informationen über den sozialen Status der Verstorbenen. Als Proxydaten/Stellvertreterdaten lassen sich kleinräumig aufbereitete Mortalitätsdaten der amtlichen Statistik verwenden. 20
Ausgangslage • Ab dem Ende der 1990er Jahre nahmen Armutslagen deutlich zu und verfestigten sich. • Im Zuge dieser Entwicklung stieg das Risiko, sozial abzusteigen. Inwieweit signifikante Teile der Mittelschicht armutsgefährdet sind, wird kontrovers diskutiert. • Die Verschärfung gesellschaftlicher Gegensätze spiegelt sich in wachsender sozialer Segregation in den Städten wider. • Soziale Segregation birgt die Gefahr dauerhafter Ausgrenzung ökonomisch und sozial deprivierter Bevölkerungsgruppen. 21
Methodischer Ansatz • Kleinräumige Analyse epidemiologischer und sozialstatistischer Daten für die Stadt Bremen. • Vergleich der am meisten segregierten Wohngebiete: bürgerliche Viertel, Arbeiterviertel und Großsiedlungen. • Langer Beobachtungszeitraum (1970 - 2003) • Darstellung des Zusammenhangs zwischen sozialräumlichen Entwicklungen und der Entwicklung der mittleren Lebenserwartung/der Mortalität. 22
Definition der Untersuchungseinheiten • Bürgerliche Viertel Ortsteile mit den - höchsten Anteilen Hochschulabsolventen an der Wohnbevölkerung, - höchsten Anteilen Selbstständiger an der Erwerbsbevölkerung, - niedrigsten Arbeiteranteilen an der Erwerbsbevölkerung, - niedrigsten Arbeiter- und Angestelltenanteilen an der im produktiven Gewerbe beschäftigten Erwerbsbevölkerung (gemäß der Volkzählung von 1970) • Arbeiterviertel Ortsteile, in denen - ein relevanter Teil der Bremer Arbeiterschaft lebte (mindestens 2%), - Arbeiter mindestens 50% der Erwerbsbevölkerung ausmachten (gemäß der Volkzählung von 1970) • Großsiedlungen Ortsteile am Stadtrand, in denen mindestens die Hälfte der Wohnfläche auf Wohnblöcke mit (zumeist öffentlich geförderten) Mietwohnungen entfällt 23
Quartierstypen bürgerliche Viertel Arbeiterviertel Großsiedlungen 24
Empirische Basis und Indikatoren • Sozialindikatoren - Einwohner nach deutscher und ausländischer Wohnbevölkerung - Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte - Arbeitslose - Sozialhilfeempfänger (HLU) - Schüler am Wohnort nach Schulart - Wahlbeteiligung • Epidemiologische Daten - Mittlere Lebenserwartung (10-Jahres-Durchschnitt) - Gesamtmortalität - Vorzeitige Sterblichkeit (Sterbefälle im Alter bis 64 Jahre) - Vermeidbare Todesfälle (gemäß Indikatorenkatalog GBE der Länder) - Säuglingssterblichkeit 25
Die Entwicklung in den bürgerlichen Vierteln • Die Einwohnerzahl nahm um 4,7% zu (1970-2002). • Die deutsche Bevölkerung blieb konstant, der Anteil ausländischer Staatsbürger stieg von 1,8% (1970) auf 6,1% (2002). • Die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter stieg um 9,4% (1970-2002). • Unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit, geringer Anteil Sozialhilfeempfänger an der Wohnbevölkerung (2002: 2,3%). • Zwei Drittel der Schüler der 7.-10. Klassenstufe besuchten ein Gymnasium (2002). Der Anteil ausländischer Schüler lag bei 4,9%. • Deutlich über dem Durchschnitt liegende Wahlbeteiligung. 26
Die Entwicklung in den Arbeitervierteln • Die Einwohnerzahl sank um –14,5% (1970-2002). • Die deutsche Bevölkerung nahm um –26,2% ab, der Anteil aus- ländischer Staatsbürger stieg von 4% (1970) auf 17,2% (2002). • Die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter schrumpfte um - 33,7% (1970-2002). • Hohe Arbeitslosigkeit, der Anteil Sozialhilfeempfänger an der Wohnbevölkerung betrug 11,1% (2002). • Jeder vierte Schüler der 7.-10. Klassenstufe besuchte eine Hauptschule (2002). Der Anteil ausländischer Schüler lag bei 19,1%. • Rückläufige, weit unter dem Durchschnitt liegende Wahlbeteiligung. 27
Die Entwicklung in den Großsiedlungen • Die Einwohnerzahl sank um –9,5% (1970-2002). • Die deutsche Bevölkerung nahm um –25,6% ab, der Anteil ausländischer Staatsbürger stieg von 0,9% (1970) auf 18,4% (2002). • Die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter schrumpfte um -31,3% (1970-2002). • Hohe Arbeitslosigkeit, der Anteil Sozialhilfeempfänger an der Wohnbevölkerung lag bei 14,5% (2002). • Jeder fünfte Schüler der 7.-10. Klassenstufe besuchte eine Hauptschule (2002). Der Anteil ausländischer Schüler lag bei 23,6%. • Ebenfalls rückläufige und unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung. 28
Entwicklung der Lebenserwartung - Jungen (1979 – 2003) Die mittlere Lebenserwartung eines neugeborenen Jungen stieg • in den bürgerlichen Vierteln um 6,9 Jahre von 71 auf 77,9 Jahre • in den Arbeitervierteln um 5,4 Jahre von 67,1 auf 72,5 Jahre • in den Großsiedlungen um 4 Jahre von 69,1 auf 73,1 Jahre 29
Entwicklung der Lebenserwartung - Mädchen (1979 – 2003) Die mittlere Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchen stieg • in den bürgerlichen Vierteln um 6 Jahre von 77,5 auf 83,5 Jahre • in den Arbeitervierteln um 5,4 Jahre von 74,2 auf 79,6 Jahre • in den Großsiedlungen um 4,9 Jahre von 76 auf 80,9 Jahre 30
Altersstandardisierte vorzeitige Sterblichkeit Männer (1970-2003) Zwischen 1970 und 2003 sank die vorzeitige Sterblichkeit • in den bürgerlichen Vierteln um -50,8% von 495,2 auf 243,6 pro 100.000 Einwohner • in den Arbeitervierteln um -29,4% von 680,2 auf 480 pro 100.000 Einwohner • in den Großsiedlungen um -15,2% 560,4 auf 475,4 pro 100.000 Einwohner 31
Altersstandardisierte vorzeitige Sterblichkeit Frauen (1970-2003) Zwischen 1970 und 2003 sank die vorzeitige Sterblichkeit • in den bürgerlichen Vierteln um -50,5 % von 279,9 auf 138,6 pro 100.000 Einwohner • in den Arbeitervierteln um -37,5% von 379,4 auf 237 pro 100.000 Einwohner • in den Großsiedlungen um -14,4% von 285,3 auf 244,3 pro 100.000 Einwohner 32
Altersstandardisierte vermeidbare Sterblichkeit Männer (1970-2003) Zwischen 1970 und 2003 sank die vermeidbare Sterblichkeit • in den bürgerlichen Vierteln um -56,5% von 164,1 auf 71,4 pro 100.000 Einwohner • in den Arbeitervierteln um -31,8 von 225,2 auf 153,6 pro 100.000 Einwohner • in den Großsiedlungen um -20,5 von 167,6 auf 133,3 pro 100.000 Einwohner 33
Altersstandardisierte vermeidbare Sterblichkeit Frauen (1970-2003) Zwischen 1970 und 2003 sank die vermeidbare Sterblichkeit • in den bürgerlichen Vierteln um -26,1% von 65,3 auf 48,1 pro 100.000 Einwohner • in den Arbeitervierteln um -22,9% von 106,6 auf 82,2 pro 100.000 Einwohner • in den Großsiedlungen um -5,5% von 77,6 auf 73,4 pro 100.000 Einwohner 34
Sterblichkeit durch bösartige Neubildungen der Luftröhre, Bronchien, Lunge Männer, 15-64 Jahre. Altersstandardisierte mittlere Jahresraten pro 100.000 Einwohner 50 45 40 35 30 Bremen (Stadt) 25 Großsiedlungen 20 15 10 5 0 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95-99 00-03 35
Säuglingssterblichkeit (gestorbene unter einjährige Kinder pro 1.000 Lebendgeburten) 25 20 15 Bremen (Stadt) Großsiedlungen 10 5 0 70-74 75-79 80-84 85-89 90-94 95-99 00-04 36
Resümee (1) Ausweitung der sozialräumlichen Disparitäten • Im Beobachtungszeitraum hat sich in der Stadt Bremen die soziale Segregation verschärft. • Parallel nahmen zwischen privilegierten und benachteiligten Wohnvierteln die Unterschiede in der Lebenserwartung und Sterblichkeit zu. • Mögliche Erklärungen: ► Die Lebensverhältnisse sozialer Unterschichten haben sich verschlechtert, und/oder ► in bestimmten Stadtvierteln konzentrieren sich Bevölkerungsgruppen mit hohen Gesundheitsrisiken. 37
Entwicklung der Segregation in der Stadt Bremen Indikator: Kinderarmut (0 = Gleichverteilung, 100 = vollständige Entmischung. Daten: Monitoring Soziale Stadtentwicklung, Bremen) 40 35 35,4 35,6 35 34,1 32,9 33,4 31,8 32 30,4 31 29,6 30 25 20 15 10 5 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 38
Resümee (2) Männer als Verlierer des Strukturwandels der Wirtschaft? • Die sozialen Unterschiede in der Lebenserwartung und Sterblichkeit vergrößerten sich vor allem unter den Männern. • Eine Erklärung: Männer haben ein höheres soziales Abstiegsrisiko. ► Der Beschäftigungsrückgang im produzierenden Sektor (1991-2015: -24,2%) betrifft vor allem Männer. Vom Beschäftigungszuwachs im Dienstleistungssektor (1991-2015: +34,1%) profitierten vor allem Frauen. ► Zwischen 1991 und 2015 ging die Zahl der erwerbstätigen Männer um 1,8% zurück, die Zahl der erwerbstätigen Frauen stieg um 20,7%. Die Zahl der erwerbslosen Männer stieg um 21%, die Zahl erwerbsloser Frauen sank um 17,7%. (Quelle: Statistisches Bundesamt (2016), Fachserie 1 Reihe 4.1.1.) ► Unter den westdeutschen Männern hat die Aufwärts-, aber auch die Abwärtsmobilität zugenommen. Unter den westdeutschen Frauen stieg die Aufwärtsmobilität, die Abwärtsmobilität nahm ab. ► Männer stehen sozial akzeptierte Alternativen zur Erwerbsarbeit kaum zur Verfügung. Sie tragen daher ein relativ hohes Risiko gesellschaftlich zu scheitern, oft mit massiven gesundheitlichen Folgen. 39
Gefährdete Kindheit. Auswirkungen sozialer Ungleichheit auf die Entwicklungschancen von Kindern in Bremen (Gesundheitsbericht, Gesundheitsamt Bremen 2007) • Beschreibung der gesundheitlichen Situation Bremer Kinder und Jugendlicher, u.a. durch Analyse von Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen der Jahre 1998-2005. • Gegenläufige Trends in Bremer Wohngebieten mit hohem Sozialstatus und niedrigem Sozialstatus 40
Anteil der Kinder mit alleinerziehenden Elternteilen (Daten: Schuleingangsuntersuchungen Gesundheitsamt Bremen) 30 24,2 25 19,3 19,4 19,2 20 15,4 Stadt Bremen 15 statushohe Viertel 10,8 statusniedrige Viertel 10 5 0 1998 2005 41
Anteil übergewichtiger Kinder (Daten: Schuleingangsuntersuchungen Gesundheitsamt Bremen) 16 14,3 14 11,6 12 10,5 11,1 10 8,8 7,9 Stadt Bremen 8 statushohe Viertel statusniedrige Viertel 6 4 2 0 1998-2001 2002-2005 42
Anteil der Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht (< 2.500 Gr., in Deutschland geborene Kinder mit deutscher Staatsangehörig- keit. Daten: Schuleingangsuntersuchungen Gesundheitsamt Bremen) 9 8,1 8 6,9 7 6,3 6,2 6,1 6 5,3 5 Stadt Bremen statushohe Viertel 4 statusniedrige Viertel 3 2 1 0 1998-2001 2002-2005 43
Literaturhinweise (Auswahl) • Robert Koch-Institut (Hg.): GBE kompakt Gesundheitliche Ungleichheit im höheren Lebensalter (1/2016) Gesund aufwachsen – welche Bedeutung kommt dem sozialen Status zu? (1/2015) Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung (2/2014) Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung und Gesundheit (1/2012) Armut und Gesundheit (5/2010) • Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ) Mitte (APuZ 49/2014) Armut in Deutschland (APuZ 51-52/2010) Arbeitslosigkeit: Psychosoziale Folgen (APuZ 40-41/2008) Abstieg – Prekariät – Ausgrenzung (APuZ 33-34/2008) Gesundheit und soziale Ungleichheit (APuZ 42/2007) 44
Kontakt Dr. Günter Tempel Gesundheitsamt Bremen Horner Straße 60-70, 28203 Bremen Tel. (0421) 361-15 92 1 guenter.tempel@gesundheitsamt.bremen.de www.gesundheitsamt.bremen.de 45
Sie können auch lesen