Jubiläumsgrat - Der Reiz des Sinnlosen - Abenteuer Die neue Philosophie des Groundhandling - DHV.de
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www.dhv.de Mai - Juni 2020 Das Magazin für Gleitschirm- und Drachenflieger 223 Abenteuer Jubiläumsgrat – Der Reiz des Sinnlosen Ausbildung Die neue Philosophie des Groundhandling Verband Von Sollbruchstellen, Messfeldern und Audits
Kennst du das geniale Gefühl, sicher zu sein, dass dich am Start nichts überfordern wird? Du hast alles im Griff, weil du deinen Flügel am Boden beherrschst. Groundhandling ist der Schlüssel dazu. Check die Basics bei einer Session in einem SkyPerformance Center und trainiere dann selbständig weiter.
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8 | Hike + Fly im Allgäu und Ausserfern 16 | Mit Respekt – das Owens Valley 36 | Die neue Philosophie des Groundhandling 4 DHV-info 223 www.dhv.de
INFO 223 MAI | JUNI 2020 Foto: Ralf Heuber Unser Titelpapier ist komplett recyclebar Fluggelände - Reisen - Abenteuer Verband 8 Hike + Fly im Allgäu und Ausserfern 62 DHV-Jugend – Ski + Fly 16 Mit Respekt – das Owens Valley am Diedamskopf 20 Jubiläumsgrat – Der Reiz des Sinnlosen 64 Von Sollbruchstellen, Messfeldern und Audits 76 Arbeitsgruppe Gleitschirm- Aerodynamik - Flugtechnik - Gerätetechnik Nachprüfungen 28 Das digitale Cockpit 78 Meldungen 82 Nachrichten der Vereine Sicherheit - Ausbildung - Luftraum Wetter 36 Die neue Philosophie des Groundhandling 88 Analyse über Meteo-Archive 46 Eat - Sleep - Flieg in Marokko 54 Antizipation am Startplatz Wettbewerbe 58 Training für den Fall des Falles 94 Kurzmeldungen Standards 96 Schaufenster 97 Impressum 64 | Von Sollbruchstellen, Messfeldern und Audits www.dhv.de DHV-info 223 5
Corona News auf www■dhv■de Web-Theorieunterricht und Fortbildungen der Flugschulen Die Flugschulen können derzeit keine klassischen Classroom-Theorieunterrichte und Fortbildungen anbieten. Einige haben inzwischen Online-Seminare vorbereitet. Hier werden die jeweiligen Angebote aufgeführt und ständig aktualisiert. Teilnahme- bedingungen und Preisinformation findet Ihr direkt bei den jeweiligen Anbietern. Mehr Infos auf www.dhv.de Verlängerung von Fristen für Lizenzen, Erlaubnissen, Theorieprüfungen Die Corona-Krise macht es erforderlich, dass der DHV, als Beauftragter nach § 31 c des Unterstütze Deine Flugschule-Jetzt! LuftVG, Fristen für den Ablauf von Die Flugschulen müssen sich auf Wochen ohne nennenswerte Lizenzen/Berechtigungen/Erlaub- Einkünfte einstellen. Denn sie sind von einem kompletten Betätigungs- nissen, bzw. von bestandenen verbot betroffen. Viele haben investiert, um zum Saisonbeginn Prüfungen, wie folgt verlängert. ausrüstungsmäßig gut aufgestellt zu sein. Die finanzielle Lage ist Mehr Infos auf www.dhv.de entsprechend angespannt. Der DHV möchte seine Mitglieder auffordern, ihre Flugschulen in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Das vielfältige Flugschul-Angebot ist einer der Hauptgründe, warum das Gleitschirmfliegen ein so attraktiver Sport geworden ist. Es wird eine Zeit nach Corona geben, wo wir alle wieder fliegen werden und die Flugschulen brauchen. Mehr Infos auf www.dhv.de Zeitvertreib in Corona-Zeiten Hier findet Ihr eine Sammlung von unterschiedlichen Angeboten, die Euch helfen sollen, die flugfreie Zeit zu nutzen. Vom Ausrüstungs-Check zu kostenlosen Magazin-Ausgaben, von Flugtechnikvideos zu Online-Akademien. Mehr Infos auf www.dhv.de 6 DHV-info 223 www.dhv.de
KOMMENTAR | VERBAND GELASSEN BLEIBEN! Robin Frieß Charlie Jöst Keine Angst, hier kommt keine Corona-Spezial-Info-Ausgabe. Sobald wir zum gegebenen Zeitpunkt wieder in die Luft gehen Da fast alle Kanäle nur noch über dieses Thema berichten, wol- dürfen, bitten wir Euch schon jetzt, das Thema der Risikomini- len wir Euch mit dem Info wenigstens gedanklich ein Stück mierung mehr denn je in den Fokus zu stellen. Die Flugpause weit in die Normalität unseres wunderschönen Sports zurück- war zwangsläufig länger als gewohnt und wir starten direkt in führen. Mit viel Glück ist vielleicht schon vor dem Erscheinen die thermisch aktivste Zeit. Wenn Ihr am Start Zweifel habt, ob dieser Ausgabe das Fliegen zumindest teilweise wieder mög- die Bedingungen vielleicht doch schon eine Spur zu an- lich! In jedem Fall sollen Euch die beigefügten Artikel und Be- spruchsvoll sind – bleibt am Boden. Selbst der Rettungseinsatz richte gut unterhalten, informieren und mithelfen, das Warten wegen einer harmlosen Baumlandung wird in den nächsten erträglicher zu machen. Monaten in der Öffentlichkeit kritischer bewertet werden als vor der Krise. Updates, News und Infos rund um das Thema Corona und dessen Auswirkungen auf unseren Flugsport findet Ihr auf un- Wir wünschen Euch jetzt viel Spaß mit der Lektüre dieses In- serer Website. Dort können wir aktueller auf die dynamischen fos. Peter Cröniger hat, gewissermaßen passend zum nicht Entwicklungen eingehen. Neben den gewohnten News gibt es vom Startverbot betroffenen Groundhandling, den neuesten jeden Freitag aus der Geschäftsstelle ein Update zur Corona- Stand der Technik zusammengefasst. Ralf Heuber schaut un- Situation. Außerdem findet Ihr hier auf der rechten Seite wei- serer Musterprüfstelle über die Schulter und berichtet über tere wichtige Infos mit einem Verweis zu mehr Details auf die den spannenden Alltag unserer Testmannschaft. Erika Dürr DHV Website. nimmt Euch mit auf den Jubiläumsgrat auf der Zugspitze – ein gedankliches Abenteuer der Extraklasse. Bestimmt nur für Das Ruhen der Geländeerlaubnisse, das wir vom 19.03.2020 ganz wenige zum Nachmachen – aber für jeden spannend zum bis zum 20.04.2020 angeordnet hatten, war die weitreichends- Nachlesen! te, rechtliche Anordnung seit Bestehen des DHV. Die wenigen Verstöße bei uns, in Österreich und in Südtirol haben zwar ei- nigen Staub aufgewirbelt, aber die Mehrheit der Pilotinnen Bleibt gelassen und bleibt gesund! und Piloten hatte Verständnis für diese bisher einmalige Situa- tion. Diese Solidarität mit vielen anderen, in ihrem Freizeit- sport ebenfalls eingeschränkten Mitmenschen, hat uns viel Charlie Jöst Robin Frieß Sympathie in der öffentlichen Wahrnehmung eingebracht. Da- 1. Vorsitzender Geschäftsführer für möchten wir Euch danken! www.dhv.de DHV-info 223 7
Hike + Fly im Allgäu und Ausserfern Auf den Spuren von Gämsen zum Schwarzhanskar in den Lechtalern TEXT UND FOTOS: VERONIKA ROJEK-WÖCKNER 8 DHV-info 223 www.dhv.de
LECHTALER | FLUGGELÄNDE ← Nach einer guten Stunde Soaring am Schwarzhanskar kriecht der Nebel langsam aus Füssen Richtung Reutte. Zeit zum Landen und Aufwärmen! Auch wenn unsere Aufstiegsvariante nicht schön, aber selten war, so ist der Startplatz makellos und für jedermann geeignet. D as Schwarzhanskar ist ein gut erschlosse- ner Flugberg und zu jeder Jahreszeit fin- den sich Flieger von nah und fern ein. Als wir uns in die Lechtaler Alpen aufmach- ten, erwarteten wir trotz kräftigem N/ NW-Wind fliegerische Gesellschaft. Der Aufstieg von Forchach aus ist gut zu machen, wobei wir uns die Liegfeistgruppe etwas näher anschauen und danach als Krönung vom Schwarzhanskar abgleiten wollten. Gesagt getan. Wir parkten auf dem Wandererparkplatz bei Stan- zach. Hier muss man sich vor der Brücke (Namloser Bach/Krabach) im Stadtkern Stanzach links halten. Da wir aber eine Landung beim Auto je nach Talwind nicht weiterempfehlen können, kann auch direkt in Stanzach bei den öffentlichen Parkplätzen geparkt werden. Von dort geht es dann über einen Waldweg die Westseite der Pleisspitze hinauf. Man kommt im- mer wieder auf Lichtungen und bekommt einen Ausblick auf die Lechtaler Alpen. Ein Traumtal mit grünen Wiesenhängen und dem letzten Wildfluss Europas. Nach ca. 700 hm erreicht man die Pleishütte (pri- vat), von wo es dann über den Grat weiter hinauf- geht. Der Waldweg ist wirklich ein Genuss und man trifft auch keine Menschenseele. Von der Pleisspitze selbst könnte man Richtung West starten. Es handelt sich hierbei um einen steinigen und kleinen Start- platz (maximal ein Schirm). Die Länge des Startplat- zes ist durch Latschen begrenzt, wenn man also nicht schnell genug in der Luft ist, liegt man mit Si- cherheit drin. Der Wind steht zwar gut an, wir wollen aber weiter Richtung Schwarzhanskar. Zuerst folgt man dem Weg am Grat entlang, wobei man eine Beschilderung des Weges vergeblich sucht. GPS ist empfehlenswert, bringt am Ende aber auch nichts... Hierbei bietet sich einem ein toller Ausblick in den Bergkessel, wo wir bestimmt 100 Gämse rum- springen sahen. Auf der anderen Seite des Grats fällt eine Wiese ins Namlostal ab, wo bei Südwind von ei- ner sehr großzügigen Wiese gestartet werden kann. Nach einer Viertelstunde erreicht man dann die Aus- läufer der Mittergrotzenspitze und steigt ins steinige Gelände ein. Wir sind mit dem GPS unterwegs und versuchen, dem Track zu folgen. Zu Beginn ist noch ansatzweise ein Weg zu erken- nen, aber wir folgen dann relativ schnell nur noch den Gamsspuren, bzw. was sie für uns übriglassen. www.dhv.de DHV-info 223 9
↖ Das Schwarzhanskar weiß es uns mit einem beeindruckenden Schattenspiel zu begeistern, das jeden Tropfen Schweiß und angestrengten Seufzer vom mühsamen Auf- Der „Weg“ führt zwischen Gesteinsnadeln stieg wieder wett macht. Vor allem jedoch und Geröllfeldern entlang, wobei es nach fri- kommen Wasserfreunde auf ihre Kosten, schen Schüttungen aussieht. Auf halber Stre- denn der Blick auf eine der letzten Wild- cke zum Schwarzhanskar wird die Sache flusslandschaften Europas - dem Lechtal dann noch um einiges interessanter. Wir sind - lassen Herzen höher springen. auf Track, aber ein Weg ist nicht in Sicht. So- wohl unterhalb als auch oberhalb von uns ist das Gelände nicht wirklich begehbar und hier den Gamsspuren zu folgen, ist nur noch utopisch. Wir kämpfen uns demnach durch eine weglose Kletterei, wobei der Stein recht brüchig ist und wir permanent kleinere Ge- röllhaufen lostreten. Irgendwann befinden wir uns oberhalb des Tracks, aber unter uns ist nichts, was ei- nem Weg ähneln würde. Nach einer nerven- aufreibenden halben Stunde ist jedoch zum Glück das Schwarzhanskar in Sicht und wir hackeln den > 40° steilen SW-Schrofenrücken zum Gipfelkreuz hoch. Dort angekommen, müssen wir dann wieder zum Startplatz ab- steigen – aber ich bin irgendwie erleichtert. Wer sich diesen Weg also vornimmt, sollte sich darauf einstellen, seinen eigenen Pfad zu suchen und sich auch bei wegloser Kletterei wohl zu fühlen. Der vermeintliche „Wander- weg“ existiert nämlich nicht, da die schroffe Verwitterung des Hauptdolomits zwar für die schönen charakteristischen Gipfelformatio- nen verantwortlich ist – aber zeitgleich eine Instandhaltung eines Wegs scheinbar un- möglich macht. Der Startplatz selbst bietet Platz für hun- derte von Schirmen und fällt flach Richtung 10 DHV-info 223 www.dhv.de
LECHTALER | FLUGGELÄNDE Hebertaljoch Gruppe Südlicher Hauptkamm Region Ammergauer Alpen Startrichtungen (SO), S, SW Talort Lähn GPS (Berg) 47.439394 10.854224 GPS (Tal) 47.419297, 10.831586 Höhe Startplatz [amsl] 2.104 Höhenunterschied [m] 995 Startplatz In südliche Richtung einfacher Wiesenstartplatz Flughinweise Thermisch aktive Südflanke Landeplatz 1. Landeplatz beim Lähner Übungshang (mit Windfahne) 2. Offizieller Landeplatz in Lermoos Wind am Landeplatz Im Sommer drückt der Bayerische Wind ins Tal. Schwarzhanskarspitze Gruppe Liegfeist Gruppe Westen ab. Bei Wind aus nördlicher Rich- Region Lechtaler Alpen tung kommt man auch problemlos in die Startrichtungen (N), NW, W, SW Luft. Nach unserer Ankunft startet vom unte- Talort Stanzach ren Teil der Wiese bereits ein Gleitschirmflie- GPS (Startplatz) 47.407620, 10.613406 ger, während uns ein eher böiger Wind mit rund 20 km/h um die Ohren pfeift. Auch wir GPS (Landeplatz) 47.379865, 10.555915 entscheiden uns, ein klein wenig tiefer zu ge- Höhe Startplatz [amsl] 2.100 hen in der Hoffnung, dass zumindest die Bö- Höhenunterschied [m] 1.160 igkeit des Windes abnimmt. Weit gefehlt. Der Aufstiegsvarianten 1. Langer und anspruchsvoller Aufstieg von Stanzach über die Pleisspitze Startplatz birgt jedoch wenig Gefahren und 2. Aufstieg von Forchach ist für Jedermann geeignet. Nach einer guten Viertelstunde bin ich dann endlich in der Startplatz Ein sehr großer Wiesenstartplatz. Viele Startrichtungen möglich Luft und werde sofort in die Höhe katapul- Flughinweise Der Talwind kann an thermischen Tagen sehr hoch gehen und stark sein. tiert. Auch wenn der Wind beim Starten eher Landeplatz Sehr große Wiesenflächen südlich von Stanzach hinderlich war, ist er perfekt zum Soaren. So Talwind am Landeplatz Starker Talwind in diesem Teil des Lechtals! geht es dann auf knapp 2.500 m hoch und wir können bis zur Pleis und wieder zurück Hermann von Barth Hütte soaren. Der Ausblick rundum ist natürlich phänomenal, wobei die paar gut sichtbaren Gruppe Krottenkopfgruppe Lenticularis schon eher stören. Irgendwann Region Allgäuer Alpen sehen wir auch eine Bodeninversion in Form Startrichtungen SW, S, SO von Nebelschwaden aus den Lechtaler Ne- Talort Elbigenalp bentälern kriechen, weswegen wir uns nach GPS (Berg) 47.308111, 10.396056 einer guten Stunde auf den Weg Richtung Auto machen – kalt ist es nämlich auch ge- GPS (Tal) 47.287028, 10.429944 worden und hungrig sind wir erst recht. Füs- Höhe Startplatz [amsl] 2.080 sen und das Alpenvorland sind schon längst Höhenunterschied [m] 1.017 unter einer dunklen Wolkendecke vergra- Startplatz Westlich von der Hütte gibt es ein paar Startmöglichkeiten. Alles Wiese und ben, die sich auch langsam über Reutte her- unproblematisch macht. Flughinweise Tagsüber kann es in den Sommermonaten zu stärkeren Talwinden im Lechtal Ursprünglich wollen wir beide beim Auto kommen. – zwar auf einer größeren Landewiese, aber Landeplatz Großzügige Wiese im Tal, nicht zu nah am M-Preis landen (Lee!) im Lee von einem Waldstück mit Häusern – landen. Je tiefer wir jedoch kommen, desto Talwind am Landeplatz Nördlich bei thermischen Bedingungen. Auf die Fahnen im Dorf achten. www.dhv.de DHV-info 223 11
↑ Im Sommer schießen die Wolken in den Ammergauern gerne wie Pilze in die Höhe und am Herbtaljoch findet sich ein idealer Start- platz, auch für Streckenausflüge. Wem die Luft zu bewegt ist, der sollte unbedingt im Herbst wiederkommen, wenn sich das Grün in alle erdenklichen Farben wandelt. stärker wird der Talwind. Da ich noch mehr gauer Hauptkamms erreichen, sind dann hingegen daheim die bunt blühenden Wie- Höhe habe als Alex, entscheide ich mich, aber auf Grund der Wetterlage lieber vom sen, der gesunde Wald und einfach das Grün weiter südlich von Stanzach auf den riesigen Hebertaljoch gestartet. Wieso das? Weil der jede Tour zu etwas Besonderen machen. Feldern zu landen. 50 m über Grund bläst Startplatz einfach schöner ist, wir in die Luft Oberhalb der Baumgrenze ist man schon der Talwind mit gut 30 km/h und ohne Be- wollten, bevor es doch noch regnet und wie- weit weg vom Fernpass, wird von Gämsen schleuniger geht recht wenig. Alex muss so- so laufen, wenn man fliegen kann! heimlich beobachtet und eine Menschen- gar voll beschleunigt landen, um wenigstens Nach Stop & Go auf der B 179 parken wir in seele trifft man auch nicht. Man könnte hier ein paar km/h Vorwärtsfahrt zu haben. Wel- Lähn. Vom Parkplatz folgt man dem ausge- auch eigentlich überall starten. Wir laufen come to Lechtal. schilderten Weg Richtung Alpenrosensteig/ aber weiter zum Hebertaljoch und behalten Fazit: Unsere Wanderung war schon eher Daniel und läuft direkt am Landeplatz bzw. die kräftige Wolkenentwicklung im Auge. Am aufregend und der Flug einfach spektakulär. Soaring-Buckel vorbei. Man geht das erste Joch angelangt, kommt der Wind teilweise Weitaus angenehmer erreicht man das Stück auf einem geschotterten Forstweg, be- von Norden, und tatsächlich kann man bei Schwarzhanskar von Forchach aus, was wir vor es in den Wald abzweigt. Bedarf auch, mit dem Plan am Plansee zu in Zukunft auch bevorzugen werden. Der ganze Aufstieg ist wirklich sehr schön, landen, starten. 5 km Strecke sollte man auch da man nicht konstant im Wald geht, son- bei einem schlechten Gleitwinkel hinkrie- Saftige Wiesen am Hebertaljoch in dern immer wieder saftige Blumenwiesen gen. Das Risiko muss jedoch jeder selbst mit den Ammergauern quert. Hier wird uns auch klar, weswegen sich ausmachen, denn wenn es doch nicht Ja, an einem Samstag zu Ferienbeginn Rich- Hike + Flys bei uns daheim so viel schöner ist klappt, gibt es im Hebertal keine Notlande- tung Fernpass zu fahren, ist gewagt. Und ja, als z.B. am Südalpenrand. Am Südalpenrand möglichkeit. Die Idee schieben wir somit auf wir standen im Stau, auch wenn wir erst kann man zwar im Herbst noch schöne Stre- ein nächstes Mal, da wir uns erstmal bei ei- Reutte Süd auf die B179 raufgefahren sind. cken fliegen, wenn man will, aber man findet ner gemütlichen Wanderung ein Bild von Und ja, es hat sich trotzdem gelohnt. Wir meistens eine struppige trockene Vegetation der Landschaft machen wollen. wollten eigentlich den Daniel bzw. die Ups- vor, man sieht selten Wasser in Form von Bä- Wir entscheiden uns, nicht weiter Rich- spitze über den Grat des südlichen Ammer- chen und die Landschaft wirkt fast blass. Wo- tung Upsspitze zu gehen, da uns die dunkle 12 DHV-info 223 www.dhv.de
LECHTALER | FLUGGELÄNDE ↖ Wir sind schon ein wenig in den Alpen herumgekommen. Der Reiz der Lechtaler Alpen jedoch bleibt ungebrochen, denn wir haben selten einen schöneren Ort gefunden. Eine Perle der Lechtaler ist auf jeden Fall die Hermann-von- Barth-Hütte, die für einen Walk & Fly ebenfalls beste Be- dingungen bietet. Im Sommer ist der Talwind jedoch nicht außer Acht zu lassen! Wolke über dem Daniel schon beeindruckt erstklassigen Startplatz. Der Blick zum im- wie jahreszeitverirrte Krokusse. Man kann und machen uns startbereit. Der Startplatz posanten Zugspitzmassiv ist bei dem Gan- das Kraut wohl bei Gicht verwenden oder ist riesig und bietet ideale Bedingungen zum zen noch das i-Tüpfelchen. Demnach TOP, sich gleich damit vergiften… Starten Richtung S und SW. Bei SO hat man mehr braucht es zu einem schönen Tag Im Laufe der Wanderung wird mir auch schon mehr Wind von der Seite als von vor- nicht. noch der Unterschied zwischen dem Schwal- ne. Mit der nächsten thermischen Ablösung benwurzenzian, Bayerischen Enzian, Gel- direkt nach oben. Die Thermik ist hier im Kräuterhexen bei der Hermann-von- ben Enzian und Alpen-Enzian gezeigt - mehr Frühjahr und Sommer tendenziell kräftiger Barth-Hütte in den Allgäuern Formen des Enzians gibt es in der Region und bringt einen schon mal direkt an die Ba- Wir hatten die Möglichkeit an einer geführ- wohl nicht. Der Gelbe ist gut für den Magen, sis. Über dem Daniel treffen wir dann auch ten Wanderung zur Hermann-von-Barth- daher macht man Magenbitter draus und die zwei Segelflieger in hochgezogenen Fahrt- Hütte teilzunehmen. Alex konnte so seinen Blauen dienen nur der Zierde. Und den Rest kurven, während wir uns im direkten Ver- Arbeitskollegen mal zeigen, was er in seiner kann ich mir nicht mehr merken - außer dass gleich in Slowmotion bewegen. Freizeit macht und ich konnte etwas über die das Lechtal berühmt für seine Kräuterhexen Beim Flug über den Daniel ist uns auf den Geschichte des Lechtals vom Bergführer ler- ist, die seit Generationen das Wissen über ersten Blick nicht ganz ersichtlich, wo man nen. Win-Win-Situation also! Heilkräuter inne haben. dort anständig starten könnte. Klar, man Wir treffen uns alle am Parkplatz der Gei- In den Lechtaler und Allgäuer Alpen kommt da mit Sicherheit aus einer der Ge- erwally und starten gemütlich Richtung herrscht der schroffe Hauptdolomit vor, wo- röllscharten in die Luft, aber ob das unbe- Berg. Bereits an der Gibleralm lerne ich was bei sich auch Allgäuschichten, bestehend dingt so schön ist... Dann lieber vom Herber- Augentrost ist und wieso er so heißt: Das aus tonigem Mergel und Kieselkalk, und taljoch oder von der Kohlbergspitze, die Sommerwurzgewächs soll wohl als Aufguss Kreideschiefer dazwischen mischen, so zu- übrigens am anderen Ende des Kamms liegt, bei trockenen und entzündeten Augen hel- mindest der Bergführer. Das ist insofern ein- fliegen. fen…Medizinisch nachgewiesen ist das je- malig wunderbar, da durch natürliche Erosi- Fazit: Die kommode Wanderung über doch nicht. Unterwegs finden wir dann noch on vor allem auf den Südseiten fruchtbare saftige Almwiesen bringt einen zu einem zahlreiche Herbstzeitlose, welche aussehen Grasberge entstehen konnten. Kein Wunder www.dhv.de DHV-info 223 13
FLUGGELÄNDE | LECHTALER ← Die Lawinenbebauungen an der Klimm- spitze sind normalerweise ein Garant für Thermik, nur heute nicht. Ansonsten sind die Almwiesen des Lechtals des Gleitschirmflie- gers Traum, während der Talboden wegen des Talwinds mit Vorsicht zu genießen ist. Es hat lange nicht mehr geregnet, daher ist der Aufstieg trocken. Ansonsten kann die Tonerde sehr, sehr rutschig werden. Im Schatten ist es recht kühl und sobald wir in die Latschen kommen, fängt das Schwitzen an. Der Ausblick auf die schroffe Ilfen- und Wolrebnerspitzen ist imposant und erinnert fast an die Dolomiten. Hier kann man sich entscheiden, weiter hinauf bis zum Her- HIKE+FLY HINWEIS mannskartum zu steigen und dann oberhalb Hike+Fly, auch Para-Alpinismus, stellt eine der schönsten Spielarten des Gleitschirmfliegens dar. Zu des Felsriegels zu wandern oder man folgt Fuß auf den Berg, schwerelos gleitend wieder ins Tal. Klingt sehr einfach, doch leider ist es das nicht. dem kürzeren Steig unterhalb. Hier muss Start- und Landeplätze müssen selbständig ausgewählt und auf ihre Eignung beurteilt werden sowie man etwas auf den Tritt achten, da es zur Sei- Wind- und Wetterverhältnisse im unbekannten Terrain zuverlässig eingeschätzt werden können. Gute te steil runter geht - ansonsten ist körperliche Konstitution ist Grundvoraussetzung, um nach einem anstrengenden Anstieg genügend auch der Anstieg technisch nicht anspruchs- Reserven für einen sicheren Start und Flug oder Abstieg zu haben. Außerdem muss der Pilot vorher voll. abklären, ob Start-, und Landeplätze legal sind. Jedes Land, oft sogar jedes Bundesland/Kanton, hat So erreichen wir die Hermann-von-Barth- andere gesetzliche Bestimmungen. Viele Flugschulen bieten auf www.dhv.de unter Travel&Training Hütte von Westen aus und erfreuen uns ei- Hike+Fly-Reisen an. Der DHV empfiehlt Einsteigern in dieses faszinierende Abenteuer, die ersten nes wolkenlosen blauen Himmels und einer Touren unter fachkundiger Anleitung zu unternehmen. Erfrischung. Gegen Mittag haucht es dann vereinzelte Ablösungen den Hang hinauf und wir wollen unser Bestes versuchen. also, dass sich bei der mittelalterlichen Wal- mittags im Schatten ist. Im Frühling hinge- Man kann sich einen der vielen Grasfle- serwanderung die Region zur Bewirtschaf- gen muss man mit mehr oder weniger cken zum Starten aussuchen, wobei es ca. tung anbot. Während das Tal mit dem steini- Schnee rechnen. 250 m westlich der Hütte am einfachsten gen Flussbett des Lechs eher karg war, scheint, sonst sind die Wiesen zum Teil recht konnte nach oben hinaus Almwirtschaft be- flach. Der Startplatz ist sehr einfach und so trieben werden. Für Gleitschirmflieger bie- sind wir bei der nächsten Ablösung in der ten diese Berge somit auch ideale Vorausset- Luft. Leider reicht es nicht an warmer Luft, zungen, um schöne Startplätze zu finden. um sich in der Luft zu halten. Erst ca. 300 Me- Wir passieren die Gibler Alm und folgen ter über Grund kann man dank des leichten dem Wirtschaftsweg gen Norden. Der Weg Nordwinds etwas soaren und den Abgleiter schlängelt sich um die Mutte rum, während verlängern. es rechter Hand steil abwärts geht. Das Bern- Das Landen ist auf der Wiese hinter dem hardstal wird immer schmäler und schmäler M-Preis problemfrei. Hier ist wie gesagt der bis man den Bernhardsbach passiert. Von oft vorhandene Nordwind (sei es thermisch hier aus folgt man nunmehr einem Steig für oder überregional) zu beachten - nicht zu ca. 500 Höhenmeter. nah am Gebäude oder der Baumreihe zu Der Aufstieg über das Birgertal ist steiler landen, ist ratsam. als die Variante übers Kasermandl, daher Fazit: Eine angenehme und landschaftlich geht man als Fußgänger gegen den Uhrzei- DIE AUTORIN reizvolle Hike & Fly Tour, die sich vielleicht gersinn. Wer plant runterzufliegen, der kann Dr.-Ing. Veronika Rojek-Wöckner, Hike & Fly sogar im Winter mit Schneeschuhen oder Ski überlegen, im Herbst lieber die Südseite auf- Enthusiastin und Projektmanagerin bei Pilatus Aircraft anbieten würde (hier jedoch Lawinensitua- zusteigen, da das Birgertal im September bis tion beachten!). 14 DHV-info 223 www.dhv.de
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REISEN | OWENS VALLEY EINS IST SOFORT KLAR: EIN FEHLSTART HAT HIER KATASTROPHALE FOLGEN. Mit Respekt – das Owens Valley Den steirischen Drachenflieger Ralf Müller zog es in die Wiege des Streckenfliegens, nach Kalifornien ins Owens Valley. Dort gab es die ersten Weltrekorde und auch eine Weltmeisterschaft. TEXT UND FOTOS: RALF MÜLLER D as Owens Valley - das tiefste m) hohen Mount Whitney, dem höchsten machen Querungen zur maximalen Heraus- Tal der Welt - liegt in Kalifor- Berg der USA unter Ausnahme Alaskas. Aber forderung für jeden Hängegleiter, anderer- nien zwischen der Sierra auch die Whites im Nordosten mit ihrem seits ermöglicht das breite Tal aber auch die Nevada im Westen und den gleiterfressenden, da thermisch extrem star- Flucht vor sich schnell entwickelnden Ge- Inyo Mountains sowie den ken und turbulenten White Mountain errei- wittern oder haarsträubenden Lee-Rotoren White Mountains im Osten. Die Sierra - das chen eine Höhe von 14.252 ft (4.340 m). Ne- an der Sierra. Hier schaffte George Worthing- Schneegebirge - erhebt sich vom 45°C hei- ben der Tiefe des Tales ist auch seine Breite ton 1980 den ersten Flug über 100 Meilen ßen Wüstenboden bis zum 14.497 ft (4.419 beeindruckend. Die mindestens 10 Meilen (exakt 169 km) mit einem Starrflügler. Von 16 DHV-info 223 www.dhv.de
Horseshoe aus flog Larry Tudor 1983 seinen ersten Flex-Wing Weltrekord über 200 Mei- len (exakt 355 km). Hier fanden 1993 atem- beraubende Weltmeisterschaften statt. Über das Tal werden zahlreiche Unan- nehmlichkeiten berichtet: Tucks (Über- schläge) auf Grund der unbändigen Thermik jenseits der 10 m/sek, Amnesien und Be- wusstlosigkeiten auf Grund der Hypoxie in Flughöhen bis zu 21.000 ft (6.400 m) und ver- misste Piloten. Einer von ihnen, oder besser gesagt seine DNA, wurde erst zwei Jahre nach seinem Verschwinden gefunden. Kein ↑ The inner circle of the Tarantulas: Larry „LoLo“ Fleming, Rick „Mumbles“ Devlin, Wunder, dass selbst einige Piloten der aktu- Ralf „Googles“ Müller, Steve „Skippy“ Cheuvront, Don „Donut“ Burns, Greg „Meat“ Billow, ellen Weltelite dieses Tal meiden wie die Paul „Shortrib“ Clayton (von links nach rechts) Pest. Was hat mich hierher in dieses Tal ver- schlagen, einen derzeit eher schwächlich fliegenden 60 Jahre alten Flugsaurier mit 38 wechselhaften Jahren an Luft-Erfahrung? Die langjährige Freundschaft zu Larry Fle- ming, dessen Buch „Downwind – A true Hang Gliding Story“ (aus 1992) ich übersetz- te und in einer zweiten Auflage mit wesent- lich erweitertem Umfang unter Mitarbeit von Manfred Ruhmer, Angelo d’Arrigo und zahlreichen anderen unter dem Titel „Mit dem Wind II – Eine wahre Geschichte vom freien Fliegen“ herausbrachte. Larry ist ein wahrer Pionier des Drachenfluges, der be- reits seit 1976 im Owens Valley fliegt. ↑ Ralf „Googles“ Müller über dem ausgetrockneten Owens Lake Vom Base Camp in Bishop rollen wir früh- morgens mit zwei 4WD-Trucks nach Lone Pine und fahren von dort durch die Alabama Hills den Horseshoe hoch zum Walt’s Point, so genannt, weil sich hier ein gewisser Walter beim Bau der Straße mitsamt seinem Cater- pillar für immer verabschiedete. Beim Blick von diesem in über 9.000 ft gelegenen Start- platz in die gruselige, etwa 5.000 ft tiefe Start- schlucht hoffe ich, dass der bestehende Rü- ckenwind anhält. Eins ist sofort klar: Ein Fehlstart hat hier katastrophale Folgen. Der Wind dreht optimal auf den nach Os- ten gerichteten Starthang, es ist ein konstan- ter und an Stärke zunehmender OSO. Don „Donut“, Paul „Short Rip“ und Steve „Skippy“ bauen auf, sind alsbald airborne und drehen mit atemberaubenden Steigen über einem kleinen Sattel zwischen zwei Schluchten rechts vor dem Start auf. Weg sind sie, kein Sichtkontakt für den Rest des Tages! Ich be- ↑ Sagebrush, der Dic zum Ringelpiez zwingen will und Wolkenstraße über den Inyo Mountains www.dhv.de DHV-info 223 17
Paul „Shortrib“ Clayton über einem „Hidden Lake“ irgendwo in der Sierra Nevada A RICHTIGA DROCHNFLIEGA MUSS IM OWENS GFLOGEN SEIN.“ MANFRED RUHMER schließe den ersten Flugtag in einem der bei- Lavafelder mit ihren messerscharfen Zacken den mit einem leistungsstarken 2-Meter- hinzu. Darüber hinaus sollte man möglichst Funk ausgerüsteten Chase-Trucks zu nahe am Highway 395 im Zentrum des Tales verbringen. So lerne ich alle bedeutenden landen, um sich stundenlange Märsche mit Checkpunkte kennen, beobachte die Über- 34 kg Drachen plus 18 kg Gurtzeug am Rü- entwicklung, die sich wie ein Reißverschluss cken in der gleißenden Wüstensonne zu er- hinter der Flugbahn der Piloten schließt, sparen. sehe gewaltige Lentis auftauchen, die sich An diesem Tag zieht Donut auf und davon. mit den darunter liegenden Cumuli vermen- Short Rip hat technische Probleme: Sein Mi- DER AUTOR gen. Meine Augen streifen über den Wüsten- krofon funktioniert nicht mehr. Die Verstän- Der steirische Drachenflieger Ralf Müller boden auf der Suche nach Landemöglichkei- digung per „Klick-Klick“ ist kaum noch zu ist Facharzt für Anästhesie und Intensiv- ten. Das Owens Valley ist eine Stein- und verantworten. Zudem friert er auf einer Höhe medizin, Leitender Notarzt sowie Buch- Staubwüste, unterbrochen durch teils ausge- von 15.000 ft. Schließlich dreht er seinen Li- autor („Mit dem Wind II“, erhältlich unter trocknete Salzseen, übersät mit Sagebrush, tespeed runter und landet sicher nach etwa office@ralfmueller.at). Das Flugfieber dem im amerikanischen Nordwesten typi- 50 Meilen Strecke nahe dem Lake Tinemaha. erfasste ihn 1982, seither fliegt er überall, schen Wüstensalbei. Seine Äste aus knorri- Chase-Car II holt ihn ab und bringt ihn zu- wo Wind und Thermik zu Hause sind: Über den Alpen, den Küsten der Kanaren oder gem Holz ragen bis zu drei Meter hoch. Dazu rück ins Base Camp. Donut berichtet später, dem Outback Australiens. kommen noch viele Quadratkilometer große am White Mountain mit einem Mörderbart 18 DHV-info 223 www.dhv.de
OWENS VALLEY | REISEN gekämpft zu haben. Einmal fliegt er, den Bart Schritt, dann noch zwei bis drei weit ausla- dem Luftraum des Lone Pine Airport. Wohl maximal zentrierend gegen eine unsichtbare dende Schritte über loses Geröll und mein wissend, dass ich mich im Luftraum G ohne Mauer, die seine Flugbahn jäh stoppt, Flügel hebt mich sanft, ohne Durchsacken in aktive NOTAMs befinde, stelle ich den Alarm schmiert seitlich ab und fängt das Gerät nach die Luft. Ich drehe sanfte Kreise in der Start- ab und schalte auf meinen Landebildschirm diesem atemberaubenden, seitlichen Stall schlucht, überhöhe den Start und sollte nun, um – die Technik beeindruckt mich: Mein wieder ab. Sicher kein Fliegerlatein, er war laut Instruktion der Tarantulas, sofort den Fluginstrument zeigt mir fette Windfahnen Jahrzehnte lang Test- und Akropilot bei nahen Sattel zwischen der Startschlucht und aus OSO mit 12 Knoten an, dazu die Höhe WillsWing und anderen Firmen. dem Canyon dahinter anfliegen, um einen über Grund, Airspeed und Groundspeed. der verlässlichsten Bärte des Tales zu errei- Da kommt er auch schon, der verdammte Am nächsten Tag beschloss ich zu starten, chen. Zwischen zwei Wüstenschluchten Sagebrush: Er will meine linke Unterver- völlig egal wohin mich die Clubmitglieder über einem schmalen und kurzen Sattel zu spannung fangen und meinen Gleiter zu ei- der Tarantulas führen werden. Wieder geht hängen, ist mir für den Erstflug nun doch et- nem Ringelpiez zwingen... Nix da, der Gleiter es frühmorgens Richtung Horseshoe zum was zu heiß. Ich beginne also schon jetzt mit wird rausgedrückt und landet sanft zwischen Oststart. Sogar die Kleidung zum Auf- und dem „Burbling”, dem tiefen, flachen Weiter- den Büschen im Staub der Wüste. Abbauen sollte hier durchdacht sein: Weiße kreisen knapp über dem Wüstenboden an Langarm-T-Shirts, Krempen-Hüte mit Na- den Hängen der Sierra entlang. Vor mir er- Ich bin heilfroh am Boden zu sein. Am Mt. ckenschutz, dunkle Sonnenbrillen und Sun- hebt sich der gewaltige Mt. Whitney. Sein Whitney blitzt und donnert es schon gewal- blocker mit Faktor 50 sind zu empfehlen. Gipfel verbirgt sich bereits jetzt in tiefschwar- tig. Nach ein paar weiteren Flugabenteuern Schon beim Aufbauen in der prallen Sonne zen Wolken. Mit 8.000 ft hätte ich noch einige hier mit meinen amerikanischen Freunden über 9.000 ft kann man leicht überhitzen Chancen, hochzudrehen, so zum Beispiel an bin ich glücklich darüber, zu jenen wenigen oder einen Sonnenstich erleiden. In den der Nordschulter des Whitney-Portals, dort Promille aller Drachenflieger zu gehören, die Pickup-Trucks befindet sich Gott sei Dank wo die Bergsteiger und Wanderer ihre Zu- jemals das Owens Valley befliegen durften. genügend gekühltes Wasser und Eiswürfel, fahrt zu diesem Bergmassiv finden. Ich dre- Glücklich darüber, dieses gewaltige Aben- die ich mir immer wieder unter den Hut und he aber ab, überfliege die „Postage Stamp teuer gesund und unverletzt überstanden zu mein T-Shirt schiebe. Es wird später als ge- Landing Zone“ – sie mutiert nach jeder Lan- haben. Während ich meinen Gleiter durch dacht, die tollen Cumuli tendieren zum dung eines Drachenfliegers zur „Fucking die verdammt heiße und staubige Wüste zu Überentwickeln, die F-18-plus Abfangjäger Postage Stamp Landing Zone“. Ich lasse auch dem doch nicht so nahen Highway 395 knallen irgendwo über meinem Segel durch die nicht gerade ehrenhafte „Little Girls‘ schleppe, steht bereits fest: Ich komme wie- den Luftraum. Ich stelle den Vogel mit dem Landing Zone“ links liegen, fliege seitlich an der in dieses Urparadies der Drachenflieger, Trapez ganz nach vorne an die Kante, so dass den Alabama Hills vorbei zum Lake Diaz. das über all die Jahrzehnte nichts an Attrakti- die Fläche gut angeströmt werden kann. Die Südlich der Landebahn des Flugplatzes von vität verloren hat. Mit genügend Respekt erste Ablösung lasse ich durchziehen, warte Lone Pine drehe ich meinen WillsWing run- stellt das Owens Valley eines der faszinie- den Beginn der zweiten Ablösung ab und ter und bereite mich innerlich auf den Sag- rendsten Fluggebiete des Planeten dar oder hebe den Flügel hoch. Der Anstellwinkel ist ebrush nahe dem Highway 395 vor. Mein anders, mit den Worten eines Manfred perfekt ausgerichtet, der Wind weht mir Skytraxx 3.0 warnt mich mit rot blinkendem Ruhmer formuliert: „A richtiga Drochnfliega frontal ins Gesicht. Ein erster, langsamer Display und einem fordernden Alarmton vor muss im Owens gflogen sein.“ Langfassung mit zahlreichen Tipps unter www.dhv.de/piloteninfos/wettbewerb-sport/drachen-szene/ live-berichte/owens-valley-mit-ralf-mueller/ ANZEIGE CREX - der Spassflügel! Einziges DHV 1 - Gerät mit Doppelsegel nur 23 kg und Teleskopsystem 5.50/3.30m Vertrieb BRD: Peter Fischer, zum Weierdamm 14A D-54314 Zerf +49 171 4418434 p.fischer.zerf@t-online.de Vertrieb Österreich: Skypoint GmbH, Gewerbestr. 3A A-6274 Aschau +43 660 5155747 info@skypoint.at Hersteller: Delta-Flugschule CONDOR, Boden1, CH-8825 Hütten +41 79 654 16 77 condor.d@uudial.ch www.dhv.de DHV-info 223 19
Der Reiz des Sinnlosen Man hätte das auch einfacher haben können. Entspannt, auf mehrere Tage. Mit großer Kamera und ganz viel Zeit. Vielleicht sogar mit deponiertem Gleitschirm oder halt einfach ohne, denn der Startplatz ist ungefähr 30 Schritte von der rettenden Gondel entfernt. Aber nein, wir wollten ja alles in einem Tag. Mit Gleitschirm. Am wohl letzten möglichen Tag dieser Saison. TEXT UND FOTOS: ERIKA UND MICHAEL DÜRR 20 DHV-info 223 www.dhv.de
JUBILÄUMSGRAT | ABENTEUER Über Sinn und Nicht-Sinn ren, war dann im Kopf auch bald nicht mehr. Einen Gleitschirm über eine weite Strecke In stockdunkler Nacht ging es dem Weg nach mitzuschleifen, um sich dann den Abstieg zu – das Bergmassiv über uns konnten wir nicht sparen, macht natürlich sehr wohl Sinn. Ihn mal erahnen, so dunkel war es. Besser so. aber 3.000 Höhenmeter hoch und ichweiß- Der Weg fand sich leicht. Erst Latschen, garnichtwieviele Kilometer rüber zu schlei- dann Geröll, irgendwann die große Bahn- fen, noch dazu bei absolut untauglicher stütze, dann der lange Quergang. Das muss Windprognose, nur um dann wortwörtlich bei Tageslicht ganz schön luftig sein, der neben der Gipfelbahn vielleicht-womöglich- Lichtkegel der Stirnlampen verlor sich im eher-nicht zu starten, das… nun… Naja, las- Abgrund. sen wir das mit der Sinnfrage. Weit unten die kleinen Lichter des Tals. Was für ein Gefühl hier oben mitten in der Die wahren Probleme des Alpinismus Felswand zu stehen, während unten alles Ein weiteres Problem tauchte am Abend auf: schläft. Ein massives Rechenproblem. Wir planten vier Stunden für den Aufstieg zur Zugspitze, Im Stopselzieher wollten kurz vor dem ersten Licht oben sein, Bald die winterfest gemachte Wiener-Neu- um etwas zu verschnaufen. Start also um städter-Hütte. Keine Pause, gleich weiter. drei, wenn um sieben die Dämmerung ein- Dann die Stahlseile des Stopselziehers. Das setzt. berühmte Felsloch, durch das man klettert, Allerdings: Zeitumstellung. Genau heute danach immer wieder Passagen, in denen Nacht. Von drei auf zwei, oder wie war das wir nach Markierungen suchen mussten. noch gleich? Die Lösung nach langer Grü- Das und die kleinen Schneefelder bremsten belei: Timer statt Wecker. Ja, das sind die aus. Langsam spürten wir den Wind, der wahren Probleme des Alpinismus. oben kräftig blies. Zurück in die Zukunft Auf der Zugspitze 2.56 Uhr: Start in Ehrwald. Ein paar Minuten Bald dann das Licht der Gipfelstation, gefolgt später war es eine Stunde früher, aber allzu von seltsamem Surren, das im Pfeifen des viel Kapazität darüber noch länger zu sinnie- Windes schier unterging. Die werden doch www.dhv.de DHV-info 223 21
ABENTEUER | JUBILÄUMSGRAT ↑ Sonnenaufgang im ersten Drittel des Jubiläumsgrat. Der Blick der Autorin fällt zurück zur Zugspitze. Ein langer Tag liegt hinter uns und ein noch längerer wartet vor uns. nicht etwa? Um diese Uhrzeit…? Doch. Gera- leicht abschüssig, gut zu gehen, nicht mal und dann natürlich wieder alles hoch. de als wir ankamen, erreichte in dunkler wirklich anstrengend. Ausgesetzt, aber nicht Die Sinn-Frage kam mir in den Kopf, ver- Nacht eine Gondel die Station. Kurze Zeit ganz schlimm! hallte aber sofort im Geschnaufe und im später entriegelte jemand den Eingang der Während die Sonne am wolkenlosen Verdrängen der Höhenangst. Irgendwann Gipfelstation. Glück für uns – es war kalt und Himmel aufging, machten wir richtig gut dann ein erstes Gipfelchen. ungemütlich. Strecke. Gefühlscheck: Pure Euphorie. Pause. Puh. Mit aufgefülltem Wasser warteten wir an Wenn das so weitergeht, sind wir in ein Und: Menschen! Auf dem Hauptgipfel vor einem Heizkörper im Treppenhaus auf das paar Stunden drüben! uns waren fünf Gestalten, sie mussten in der erste Licht. Schon komisch, für andere wäre Die Schlüsselstelle im Fels (3- zum Ab- Biwakschachtel übernachtet haben. Ver- hier schon Schluss. Für uns war es nur der klettern) ging problemlos, mehrmals muss- rückt. Wie es hier wohl im Sommer zugeht?! Auftakt zu Größerem – zwar hatten wir zwei te ich der Welt mitteilen, dass das ja genau Drittel der Höhenmeter jetzt hinter uns, mein Gelände sei. Maximale Freude! Notabstieg aber zwei Drittel an Distanz noch vor uns. Um für alle den Steinschlag zu minimieren, Vorwiegend zum Kraxeln, hin und wieder Ernüchterung passten wir die beiden Gruppen in der auch Klettern bis in den zweiten, unteren Und dann kam der erste Blick hinunter in die Scharte ab und machten uns an den Auf- dritten Grad. Wie es wohl werden würde? Scharte vor uns. Die tausend Höhenmeter, stieg. Ungewohnt, mal länger nach oben zu Werde ich schnell genug sein? die man allein auf dem Grat zurücklegt, müs- klettern. Aber was bedeutet an diesem Grat sen ja von irgendwoher kommen. schon »lang«!? Jubliäumsgrat Unter anderem eben von genau diesem Danach: Ein recht endloses Auf- und Ab, Und dann ging sie los, unsere kleine Fels- Abschnitt: Einige hundert Höhenmeter mal an Stahlseilen, mal nicht. Insgesamt fahrt. Fröhlich hüpfend ging es über den ging es runter, immer wieder wirklich aus- langsam etwas müde. Grat, das Gelände war genau mein Ding: gesetzt und in mittelmäßigem Fels hinüber Irgendwann dann doch der Notabstieg 22 DHV-info 223 www.dhv.de
ANZEIGE ↑ Die Biwakschachtel bietet zwölf Betten, dafür weder Wasser noch Kochmöglichkeit. zur Knorrhütte, angeblich die Hälfte der bis zur Alpspitze angegeben gewesen, 5 ½ Tour. Oder war die erst an der Biwakschach- Stunden blieben noch bis zur letzten Gon- tel? Von der war noch weit und breit nichts del, falls der Wind am Osterfelderkopf nicht zu sehen. passen würde. Spätestens in sechs würde es aber eh langsam dunkel werden. Stressig, Biwakschachtel dieser Herbst. Also weiter. Hoch, runter, Stahlseil, hoch, Müdigkeit machte sich langsam bemerk- runter, noch mehr Stahlseil, runter, hoch, bar. Kletterstellen, die anfangs noch mühe- langsam bisschen unerwartet viel Stahlseil. los gelangen, gingen langsamer, an einer Die Handschuhe waren nicht unbedingt da- plattigen Stelle war ich ausgesprochen für gemacht und bekamen zunehmend zu- sätzliche Lüftungsklappen. Ohne wäre rich- dankbar für den Hinweis, dass ich üben sollte, meinen Füßen zu vertrauen. Das sind Die neue tig übel, bei all dem Stahl. Irgendwann dann doch: Die Biwak- die Sätze, die man braucht, wenn man mit- ten in einer mindestens senkrechten, griff- GENERATION der mid schachtel. Hübsches Ding, sehr sauber. losen Platte nur wenige Augenblicke vor Warme Sonne, aber der Wind pfiff immer dem sicheren Tod steht. noch stark. Ja, hier drinnen einfach blei- Das Dumme daran: Er hat ja recht. ben… Das wär was! Ja hört das denn nie auf! Gleitschirme Weiter, immer weiter Ein paar Stunden später, kurz vor den angeb- Aber nicht für uns. Nach wenigen Minuten lich überhängenden Klettersteigstellen, war ging es weiter: 4 ½ Stunden waren irgendwo sie dann langsam wirklich aufgebraucht, die Follow us www.dhv.de www.icaro-paragliders.com
ABENTEUER | JUBILÄUMSGRAT Die Tour Start: Bahnhof Ehrwald Stopselzieher: (A/B-Klettersteig, bei Schneefeldern können Steigeisen sinnvoll sein). 1.750 hm Aufstieg, 6 km, ca. 5 Stunden. Einkehr oder Übernachtung auf Wiener-Neu- städter-Hütte oder am Münchner Haus (Gipfel Zugspitze). www.alpenvereinaktiv.com/de/tour/ueber-den-stopselzieher-auf-die-zugspit- ze/6620847/ Jubiläumsgrat: Kletterstellen bis 3-, Klettersteigstelle D gegen Ende des Grates. Ernstzunehmende, sehr exponierte, sehr lange Tour. Nur bei beständigem Wetter und entsprechender Erfahrung unternehmen! Bis auf einen Notabstieg keine Fluchtmöglich- keit. Übernachtungsmöglichkeit auf der Biwakschachtel (12 Betten, sauber). 6 km bis zur Alpspitze, 700 hm Aufstieg, 1.000 hm Abstieg, ca. 8-10 Stunden. www.alpenvereinaktiv.com/de/tour/jubilaeumsgrat-sehr-exponiert-von-der-zugspitze- auf-die-alpspitze Abstieg: 600 hm Abstieg zur Gipfelstation Osterfelderkopf, entweder direkt über Kraftreserve. Nachdem bis hier her alles gut ohne Siche- Nordwand-Ferrata (durchgehende Seilversicherung, beständiger Gegenverkehr) oder rung ging, war ich froh, gestern im letzten Moment doch über Normalweg. noch den Gurt in den Rucksack geworfen zu haben. Taktik: Je nach Kondition kann die Tour mit Übernachtungen in der Wiener-Neustädter- Die Klettersteig-Passagen (D) waren wirklich steil, Hütte, im Münchner Haus oder der Biwakschachtel entzerrt werden. wirklich abgespeckt und wirklich nicht leicht. Der Flug Ganz langsam rückte sie aber näher: die Alpspitze. Offizieller Startplatz (Startrichtung O) an der Gipfelstation der Osterfelderkopf-Bahn. Und mit ihr die Erkenntnis, dass wir dort nochmal einige Bei Restschnee und entsprechendem Können evtl. Start an der Alpspitze. Höhenmeter nach oben krabbeln müssen. Gott sei Dank, Landen entweder direkt an der Talstation der Osterfelderkopfbahn oder direkter Flug sonst wären wir ja am Ende womöglich gar nicht platt! zum nächsten Bahnhof (Landeplatz Hausberg-Bahn). Je nach Bedingungen und Schirm evtl. etwas weit: Wir waren beide jeweils mit einem Pi2 (19 und 23) und Strapless Ab zur Grieskarscharte (beides Advance) unterwegs. Mit weniger Gleitleistung wird sich der Flug zum Bahnhof Nach rund sieben Stunden verließen wir endlich die be- eher nicht ausgehen. rühmte Gratschneide und stiegen unschön durch Schnee Video der Tour: bit.ly/jubifly hinab. Mit Bergschuhen wär’s feiner, kann man schon zu- geben! Irgendwann kam die Grieskarscharte in den Blick. Mit ihr zwei Aspiranten, die uns etwas entsetzt anstarrten, 24 DHV-info 223 www.dhv.de
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↑ Ein Meer aus endlosen Wogen Fels. So einsam bekommt man den Grat bei diesem Wetter aber wohl nur in der Nebensaison. als sie realisierten, dass wir heute Nacht in lich schon sein dürfen, aber wir wollten das Gleitschirm raus! Ehrwald gestartet waren. An diesen Blick ja selber so. Dann irgendwann der erste Blick Eine Stunde vor Bahn-Schluss liefen wir ein durften wir uns die kommenden Stunden auf die Windfahne am Osterfelderkopf: Null an dem wunderbaren Startplatz. Geneigte dann gewöhnen. Wind. Zwei Tandem-Schirme lagen aus. Es Wiese, kein anderer Pilot da. Noch einmal gibt gar kein besseres Zeichen. Vorfreude volle Aufmerksamkeit mobilisieren, jetzt Alpspitze Überschreitung pochte auf. bloß keinen Murks machen. Der Aufstieg zur Alpspitze zog sich, war aber Der Wind kam unverschämt perfekt ganz im Vergleich zu so manchen Passagen am Ju- leicht von vorne. Vorwärtsstart, ganz easy. biläumsgrat wirklich schön. Und dann war er Wie viel Glück darf man bei so einer Tour irgendwann da: Der Gipfel der Alpspitze. erwarten?! Was für ein Geschenk. Das offizielle Ende des Jubiläumsgrates. Und dann hieß es nur noch: Klein ma- 12 Stunden nach Aufbruch in Ehrwald chen, staunen, Höhe halten. Ohne eine ein- warteten jetzt nur noch 700 Höhenmeter zige Kurve ging es zum Hausberg-Bahnhof, Abstieg. Und die ganz leise Hoffnung, die unverhofft zehn Minuten später mit dem keiner von uns beiden sich auszusprechen Zug nach Ehrwald und dort die letzten zwei traute: Es blies kaum mehr Wind! Sollte sich Kilometer zu Fuß zurück zum Auto. ein Start womöglich wirklich ausgehen!? Das erste Mal, dass wir sahen, was wir vor 15 Stunden in der Nacht zurückgelegt hat- Nordwand-Ferrata ten: Die Zugspitze thronte mächtig über DIE AUTORIN Ein letztes Mal Stahlseil-Gepatsche. Ausgie- uns. Gut, dass es da dunkel war. Erika Dürr nützt im Vergleich zu den meisten Piloten big allerdings, denn die Alpspitz-Nordwand Was für ein Tag. den Schirm am liebsten, um rasch runter zu kommen. ist quasi ununterbrochen versichert. Dank Auf ihrem Blog ulligunde.com berichtet sie über diese der Seile und der ausgesprochen freundli- Touren. Im dazugehörigen Podcast plaudert sie mit chen Leute ging’s richtig zügig nach unten. ihren Gästen unter anderem übers Fliegen. Ein bisschen weniger »runter« hätte es natür- 26 DHV-info 223 www.dhv.de
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Red Bull X-Alps 2019 Teil- nehmer Maxime Pinot (FRA4) beim Start in Davos im Juni Das digitale Cockpit 2019. Gut zu sehen sein digitales Equipement. Im Artikel „Fliegen mit Instrumentenunterstützung“ (DHV-Magazin 219) haben wir den effektiven Umgang mit den klassischen Flugdaten (Höhe, Geschwindigkeit, Steigwerte) besprochen. Doch moderne Flugcomputer und -apps können weitaus mehr. Sie unterstützen die Navigation, zeigen Lufträume und Geländekarten, stellen VITEK LUDVIK/RED BULL CONTENT POOL Assistenzsysteme und vernetzen den Piloten mit anderen. Dieser Funktionsumfang will jedoch zielführend genutzt werden und er kann den Piloten auch schnell überfordern. TEXT UND FOTOS: STEFAN UNGEMACH Überblick sistenzsystemen. Die Vorteile der Kombination eines solchen mit ei- Die erweiterten Funktionen von Flugrechnern basieren auf soge- nem „richtigen“ Fluginstrument zu einem arbeitsteiligen Cockpit nannten relativen Informationen. Diese stehen nie für sich alleine, sind immens: sondern immer im Kontext mit der Umgebung. Karten bilden die • das Auge findet zwei klar unterscheidbare Bereiche vor: Landschaft ab, Lufträume sind 3D- Gebilde, die es zu umfliegen gilt. ■ ein Display mit den relevanten Fluginformationen (Höhe, Ziel- und Wendepunkte sind meistens auch Landmarken und selbst Vario, Geschwindigkeit, Gleitzahl, Wind), auf das man eine auf dem Instrument visualisierte Thermik reißt an einer echten häufig, aber ermüdungsarm schaut. Geländestelle ab. Hinderniswarnungen beziehen sich auf Kabel und ■ ein fein auflösender Bildschirm mit Karten und Assisten- Seilbahnen und auch die anderen Piloten, die man im Flugradar sieht ten, auf den man intensiver, aber dafür seltener blickt. oder gar vom Kollisionswarner gemeldet bekommt, fliegen im wirkli- • Aufzeichnungsbackup chen Leben um einen herum. Kurzum: Alles, was so ein Instrument • das „lebenswichtigere“ System „Vario“ bleibt dank energiesparen- zeigt, gibt es auch irgendwo „in echt“. der Auslegung auch noch funktional, wenn dem Computer mit den Die Anzeige zeigt also Dinge, die man mit etwas in der Umgebung ganzen Spielereien der Saft ausgeht. abgleicht. Der Blick wandert also stets vom Instrument in die Umge- Übrigens hat Flymaster gerade mit seinem brandneuen Modell „2D“ bung und wieder zurück. Letzteres verbraucht im Laufe eines Fluges als erster und bisher einziger Hersteller die „Zwei-Bildschirme- viel Energie, denn jeder Blick zum Instrument erfordert die mit zu- Philosophie“ konsequent für ein einziges Gerät umgesetzt – was nehmendem Alter anstrengende Nah-Akkommodation. Außerdem freilich den Backup kostet. muss der Pilot (im Vergleich zu einem Autofahrer) einen viel größe- ren Bereich von Entfernungen, Richtungen und Art der beobachteten Life-Hack für Tablets Objekte abdecken. Die dafür verbrauchte Energie kostet Konzentra- tion, was den Streckenflug unsicherer macht. Auch wer statt zweier Geräte ein etwas größeres Tablet mit XCSoar nutzt, kann sich dieses Ergonomiewissen zunutze machen. Hierzu schneidet man sich eine Pappschablone mit zwei Ausschnitten, die Deshalb spielt die Ergonomie der Anzeige eine entscheidende Rolle. durch einen wenigstens 2cm breiten Steg getrennt sind (bastelfreu- Hilfreich sind hier: digere Gemüter erstellen gleich eine entsprechende Hülle aus dem • klare Trennung von absoluten und relativen Informationen 3D-Drucker, die gleich noch einen Zusatzakku aufnimmt), und befestigt über verschiedene Displays/ Bildschirmteile sie auf dem Tablet. Die Anzeige der App wird so konfiguriert, dass alle • sparsamer Umgang mit Karteninhalten absoluten Fluginformationen in einem der „Fenster“, und alle Karten/ • situationsbezogene Karten Assistenten im anderen erscheinen. Der Effekt lässt sich noch stei- • Verzicht auf Unnötiges gern, wenn man die beiden Ausschnitte verschiedenfarbig umrahmt. Der Pilot wird schnell merken, dass er mit diesem Setup ermüdungs- Die Bildschirme von Smartphones und deren Rechenleistung erlau- freier fliegt. ben das Zeichnen detailreicher Karten und die Entwicklung von As- 28 DHV-info 223 www.dhv.de
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