Kantonale Volksabstimmung vom 23. September 2018
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Kantonale Volksabstimmung vom 23. September 2018 Erläuterungen des Grossen Rates Kantonale Volks Mit der Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primar- initiative «Nur eine schule (Fremdspracheninitiative)» wollen die Initiantinnen und Fremdsprache in Initianten den Fremdsprachenunterricht auf der Primarstufe auf eine Fremdsprache reduzieren. Im Kanton Graubünden soll der Primarschule künftig nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule unter- (Fremdsprachen richtet werden, je nach Sprachregion soll dies Deutsch oder initiative)» Englisch sein. Das geltende Modell des Fremdsprachenunterrichts in der Volksschule ist ein Kompromiss und berücksichtigt die Drei- sprachigkeit Graubündens. Einer allfälligen Überforderung der Schülerinnen und Schüler, wie von den Initianten geltend ge- macht, kann schon heute mit geeigneten Mitteln entgegnet werden. Eine solche besteht hinsichtlich des Sprachunterrichts aber kaum. Graubünden darf deshalb in schulischer Hinsicht nicht zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler noch mehr zu einer Sprachinsel in der Schweiz werden. Der Grosse Rat lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Erläuterungen ab S. 3 Abstimmungsvorlage S. 10
Chur, 9. Juli 2018 Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger Wir unterbreiten Ihnen die nachfolgende Vorlage zur Abstimmung: Kantonale Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule (Fremdspracheninitiative)» Der Grosse Rat hat am 12. Juni 2018 tinnen und Initianten begründeten ihre die kantonale Volksinitiative «Nur eine Forderung damit, dass die geltende Re- Fremdsprache in der Primarschule gelung viele Schülerinnen und Schüler (Fremdspracheninitiative)» zuhanden der überfordere und benachteilige. Deshalb Volksabstimmung behandelt und emp- sollten Muttersprache und Mathematik fiehlt der Bündner Stimmbevölkerung stärker gefördert werden. Weiter werde mit 93 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung, in der gesamten Ostschweiz Englisch als die Initiative abzulehnen. erste Fremdsprache unterrichtet. A. Die Vorlage im Detail 2. Der Fremdsprachenunterricht in der Schweiz 1. Wortlaut und Ziele der Initiative In der föderalen und mehrsprachigen Am 27. November 2013 wurde die kanto- Schweiz sind das Lernen von Sprachen nale Volksinitiative «Nur eine Fremdspra- und entsprechend auch die Koordination che in der Primarschule (Fremdsprachen- des Fremdsprachenunterrichts von zent- initiative)» in Form einer allgemeinen An- raler Bedeutung. Über viele Jahrzehnte regung eingereicht. Sie trägt folgenden war der Zeitpunkt, ab welchem die zwei- Wortlaut: te Landessprache in der Schule unter- Das Gesetz für die Volksschulen des Kan richtet wurde, uneinheitlich. Ende der tons Graubünden ist so abzuändern und 1990er-Jahre stellte sich immer deutli- auszugestalten, dass in der Primarschule cher die Frage des Unterrichts einer drit- für den Fremdsprachenunterricht im gan ten Sprache, vor allem des Englischen. zen Kanton folgende Regel gilt: Die Schweizerische Konferenz der kan- «In der Primarschule ist nur eine Fremd tonalen Erziehungsdirektoren (EDK) sprache obligatorisch, je nach Sprach stimmte 2004 einer gemeinsamen Stra- region ist dies Deutsch oder Englisch.» tegie zum Sprachenunterricht in der ob- ligatorischen Schule zu. Diese Strategie Gegenstand der Initiative bildet eine An- (Modell 3 / 5) beinhaltet die folgenden passung des Schulgesetzes. Die Initian- Punkte: 3
• Eine erste Fremdsprache (eine Landes- gen. In einsprachigen Gemeinden erfolgt sprache oder Englisch) wird ab dem der Unterricht in der Amtssprache der 3. Schuljahr gelernt. Gemeinde (Schulsprache). In mehrspra- • Eine zweite Fremdsprache (eine Landes chigen Gemeinden erfolgt der Unterricht sprache oder Englisch) wird ab dem in der angestammten Sprache. In die- 5. Schuljahr gelernt. sen und in deutschsprachigen Gemein- den kann die Regierung auf Antrag der Für den Beginn des Fremdsprachenunter- Gemeinde im Interesse der Erhaltung richts wurde damit eine einheitliche Lö- der angestammten Sprache die Führung sung gefunden. Für die Reihenfolge der einer zweisprachigen Volksschule bewil- zu lernenden Sprachen war dies jedoch ligen. Den rätoromanischen Gemeinden nicht der Fall. Es wurde einzig festgelegt, steht zudem offen, das regionale Idiom dass die Reihenfolge der unterrichteten oder Rumantsch Grischun als Schulspra- Sprachen (zweite Landes sprache oder che zu bestimmen. Englisch) regional koordiniert werden soll und per Ende der obligatorischen Schul- Beinahe bis zur Jahrtausendwende wur- zeit in beiden Fremdsprachen vergleich- den in den deutschsprachigen Bündner bare Kompetenzen zu erreichen sind. Im Primarschu len keine Fremdsprachen aktuellen Schuljahr haben 23 Kantone unterrichtet. Ab der Sekundarstufe I lern- die strukturellen Eckwerte der Sprachen- ten diese Schülerinnen und Schüler in strategie der EDK eingeführt. Dies gilt un- der Regel als erste Fremdsprache Fran- verändert seit dem Schuljahr 2015 / 16. In zösisch. In Italienisch- und insbesonde- diesen 23 Kantonen leben rund 92 Pro- re in Romanischbünden war Deutsch zent der Wohnbevölkerung. In 22 Kanto- teilweise bereits in der Primarschule ein nen wird nach dem Modell 3 / 5 unterrich- Pflichtfach, allerdings wurde der Ein- tet. Der Kanton Tessin, in welchem drei führungsbeginn nicht vereinheitlicht. Fremdsprachen obligatorisch unterrich- Auf das Schuljahr 1999 / 2000 wurde der tet werden, kennt ein eigenes Modell. Beginn des Unterrichts in einer ersten Fremdsprache auf das 4. Schuljahr für alle Bündner Sprachregionen festgelegt 3. Sprachen in Bündner Schulen beziehungsweise vereinheitlicht. Auf der Sekundarstufe I wurde auf das Schuljahr Auf der Grundlage des Sprachengeset- 2002 / 03 Englisch als zweite Fremdspra- zes des Kantons Graubünden regeln die che in allen Sprachregionen obligato- Gemeinden in ihrer kommunalen Gesetz- risch. Der Grosse Rat stimmte 2008 einer gebung die Schulsprachen für den Unter- Teilrevision des Schulgesetzes zu und richt in der Volksschule. Die Zuordnung schuf damit die Voraussetzungen, um der Gemeinden zu den ein- und mehr- den Beginn des Unterrichts in der ers- sprachigen Gemeinden erfolgt analog ten Fremdsprache auf das 3. Schuljahr den Bestimmungen über die Amtsspra- zu verschieben und ab dem Schuljahr chen. Im Interesse der Erhaltung einer be- 2012 / 13 in allen Sprachregionen Englisch drohten Landessprache bei der Wahl der als zweite obligatorische Fremdsprache Schulsprache kann die Regierung auf An- auf der Primarstufe einzuführen. Diese trag der Gemeinde Ausnahmen bewilli- neue Fremdsprachenlösung entspricht 4
dem EDK-Modell 3 / 5 und berücksich- in Italienisch- und Romanischbünden mit tigt die spezifischen Rahmenbedingun- der Fremdsprache Englisch im 7. Schul- gen des Kantons Graubünden. Besonde- jahr beginnen würden, mit Deutsch im re Rücksicht wurde bei der getroffenen 3. Schuljahr. Das Verwaltungsgericht Lösung auf die Minderheitensprachen Graubünden und das Bundesgericht stel- Rätoromanisch und Italienisch genom- len fest, dass damit eine klare Benachtei- men. Bei der Totalrevision des Schulge- ligung, also Diskriminierung, aufgrund setzes im Jahr 2012 wurde die Regelung der Sprache erfolgen würde. Durch das von 2008 ohne inhaltliche Änderungen Anbieten einer zweiten Fremdsprache als übernommen. fakultatives Fach parallel zu der obliga- torischen Fremdsprache, kann diese Be- nachteiligung verhindert und damit die 4. Die Umsetzung der Fremdsprachen- Gleichbehandlung gewährleistet wer- initiative in der eingereichten Form den. Dies müsste gemäss Verwaltungs- (ohne Gegenvorschlag) gerichtsurteil nicht nur in Italienisch- und Romanischbünden geschehen, sondern Die Fremdspracheninitiative wurde so- analog auch in Deutschbünden. Als F olge wohl von der Regierung (2014) als auch davon gelangen die Schülerinnen und vom Grossen Rat (2015) als ungültig er- Schüler mit unterschiedlichem Wissens- achtet. Gegen den Ungültigkeitsbe- stand in der zweiten Fremdsprache in die schluss des Grossen Rats wurde von Oberstufe, weshalb auf dieser Stufe min- sechs Beschwerdeführenden Verfas- destens zwei verschiedene Niveaugrup- sungsbeschwerde beim Verwaltungs pen geführt werden müssten. gericht des Kantons Graubünden erho- ben. Sie beantragten, der angefochtene Beschluss des Grossen Rats sei aufzuhe- 5. V on der Umsetzung besonders ben, die Gültigkeit der Initiative festzu- betroffene Bereiche stellen und die Sache zur Neubeurteilung an den Grossen Rat zurückzuweisen. Lehrplan Diese Beschwerde wurde 2016 gutge- heissen. Gegen das Urteil des Verwal- Die bisherigen Lehrpläne des Kantons tungsgerichts erhoben 18 Privatperso- Graubünden stammten aus den Jahren nen gemeinsam Beschwerde beim Bun- 2002 (Kinder garten: Erziehungsplan), desgericht. Sie beantragten die Aufhe- 1984 (Primarstufe) und 1993 (Sekundar- bung des angefochtenen Urteils und die stufe I). In den Jahren 2010 bis 2014 ha- Bestätigung des Beschlusses des Gros- ben Lehrpersonen aus der gesamten sen Rats von 2015 betreffend Ungültig deutsch- und mehrsprachigen Schweiz erklärung der Fremdspracheninitiative. zusammen mit Fachdidaktikerinnen und Das Bundesgericht wies die Beschwerde Fachdidaktikern verschiedener Hoch- im Mai 2017 mit 3 zu 2 Stimmen ab. schulen einen gemeinsamen Lehrplan für die deutsch- und mehrsprachigen Kan- Die Umsetzung der Fremdspracheninitia- tone der Schweiz ausgearbeitet (Lehr- tive nach dem Wortlaut würde also be- plan 21). Dieser legt erstmals die gemein- deuten, dass Schülerinnen und Schüler samen inhaltlichen Ziele der Volksschu- 5
le für alle deutsch- und mehrsprachigen Weiterbildung Lehrpersonen Kantone der Schweiz fest. Er schliesst an bestehende und bewährte pädagogische Die Aus- und Weiterbildung der Lehrper- und didaktische Konzepte sowie an die sonen tragen entscheidend zur Qualität bisher gültigen Lehrpläne an. Die Umset- des Schulunterrichts bei. Weiterbildun- zung in den Kantonen richtet sich nach gen für Lehrpersonen sind nicht nur bei dem jeweiligen kantonalen Recht. Den einer Veränderung des Beginns und der Kantonen steht es frei, Anpassungen am Abfolge vom Fremdsprachenunterricht Lehrplan 21 (Vorlage) vorzunehmen. Für zentral, sondern auch für die erfolgreiche Graubünden erforderte die besondere Einführung eines neuen Lehrplans oder Sprachensituation eigens für den Kanton neuer Lehrmittel. Für die Einführung des erarbeitete Lehrplanteile. Die Bündner Lehrplans 21 GR sind für sämtliche 2650 Regierung hat die Einführung des Lehr- Lehrpersonen, welche im Kanton Grau- plans 21 GR auf das Schuljahr 2018 / 19 be- bünden in der Volksschule unterrichten, schlossen. obligatorische Weiterbildungen vorge sehen. Der Lehrplan 21 und damit auch der Lehr- plan 21 GR sind auf das Fremdsprachen- modell 3 / 5 ausgerichtet. Dies hat auch 6. Finanzielle Folgen Auswirkungen auf alle anderen Fächer wie beispielsweise Ma thematik oder Die finanziellen Folgen der Umsetzung Schulsprache (Deutsch, Rätoromanisch der Fremdspracheninitiative können oder Italienisch). Eine Abkehr vom Mo- nicht abschliessend abgeschätzt wer- dell 3 / 5 hätte zur Folge, dass zum Aus- den, Erfahrungswerte können aber Hin- gleich der zeitlichen und stofflichen Be- weise liefern. Die Gesamtkosten für die lastung der Schülerinnen und Schüler Erarbeitung des Lehrplans 21 unter der zwingend auch andere Lehrplanbereiche Federführung der Deutschschweizer und die Lektionentafeln grundlegend Erziehungsdirektorenkonferenz betru- überarbeitet werden müssten. gen rund 9 Millionen Franken. Der Kan- ton Graubünden hatte sich daran, ent- sprechend seiner Bevölkerungszahl, mit Lehrmittel knapp 300 000 Franken beteiligt. Das Teil- projekt Graubünden (Lehrplan 21 GR) Ändern die Lektionentafeln und Lehr- löste zusätzliche Kosten in der Höhe von pläne für eine Fremdsprache, muss rund 800 000 Franken aus. Für die Um- auch der Einsatz der Lehrmittel wieder setzung des überarbeiteten Lehrplans neu beurteilt werden. Allenfalls müss- werden wiederum diverse Umsetzungs- ten neue Lehrmittel eingeführt werden. massnahmen inklusive die Weiterbildung Dies ist jeweils verbunden mit einer ob- der 2650 Bündner Lehrpersonen notwen- ligatorischen Weiterbildung für die Lehr- dig sein. Für die Umsetzung des Lehr- personen, mit der Begleitung durch eine plans 21 GR wurde durch den Grossen Arbeitsgruppe sowie möglicherweise Rat ein Verpflichtungskredit in der Höhe mit der Erarbeitung von Zusatzmateria von 4,5 Millionen Franken gesprochen. lien und Übersetzungen. Für die Weiterbildungen im Rahmen der 6
Weiterbildungen im Rahmen der Umsetzung des aktuellen Fremdsprachenunte dells im Kanton Graubünden betrugen die Kosten rund 9 Millionen Franken. Da sich durchaus schliessen, dass auch für die Umsetzung des an die Fremdsprach angepassten Lehrplans 21 GR erneut erhebliche Kosten anfallen. Umsetzung des aktuellen Fremdspra- B. Argumente des Initiativkomitees Weiter müssten für den Unterricht in den Fremdsprachen die Arbeit mit den be chenunterrichtsmodells im Kanton Grau- Lehrmitteln an den überarbeiteten Lehrplan 21 GR angepasst oder neue Lehrmitt und eingeführt werden. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht abgeschätzt werde bünden betrugen die Kosten rund 9 Mil- Das geltende Sprachenkonzept des Kan- le Lehrmittel beziehungsweise Fächer betroffen wären. lionen Franken. Daraus lässt sich durch- tons setzt nicht die Bedürfnisse der Kin- Der Kanton leistet für die Volksschule an die Gemeinden die im Schulgesetz aus schliessen, dass auch für die der und Umset-und Beiträge. Pauschalen Jugendlichen Ansonsten sind die Kosten nach einer op- der Volksschulen inkl. der zung des an die Fremdspracheninitiative timalen Ausbildung nenbesoldung vollumfänglich durch die Gemeinden undzuverbesserter tragen. Mit der Verpflic Schulträgerschaften, auf der Primarstufe Freifächer anzubieten und auf der Seku angepassten Lehrplans 21 GR erneut er- zuberuf Niveauklassen licher führen, würdenMöglichkeiten bei den Gemeinden ins Zentrum, erhebliche Mehrkosten hebliche Kosten anfallen. 4,3 Millionen Franken anfallen.regional- und sprachpolitische sondern Argumente. Die organisatorischen und finanziellen Aus diesem Grund Herausforderungen ver- für die Umsetzung d spracheninitiative Weiter müssten für den Unterricht in den suchten sind somit sehr gross. Kanton Regierung, und insbesondere Grosser Rat und die Gemeinden die einer Annahme der Initiative respektive bei einer nachfolgenden, verfassungs Fremdsprachen die Arbeit mitUmsetzung den be- in derSprachorganisationen Folge zusätzliche, derzeit noch nicht der bezifferbare, Rätoromanen finanzielle und le Ressourcen bereitzustellen. und Italienischbündner dem Volk die Mit- stehenden Lehrmitteln an den überarbei- teten Lehrplan 21 GR angepasst oder sprache bei der Wahl der Schulsprachen B. Argumentezu neue Lehrmittel evaluiert und eingeführt desverweigern. Initiativkomitees Mit grossem Aufwand ist werden. Im gegenwärtigen Zeitpunkt es dem Initiativkomitee Das geltende Sprachenkonzept des Kantons setztgelungen, sich so-der Kind nicht die Bedürfnisse kann nicht abgeschätzt werden,gendlichen wie viele nach einer optimalen Ausbildung und verbesserter beruflicher Möglic wohl beim Bündner Verwaltungs Zentrum, sondern regional- und sprachpolitische Argumente. Aus diesem Grund gericht Lehrmittel beziehungsweise Fächer Regierung, alsRat be-Grosser auchund vor Bundesgericht der die Sprachorganisationen durchzuset- Rätoromanen und bündner dem Volk die Mitsprache bei der Wahl der Schulsprachen zu verweigern troffen wären. sem Aufwand ist zen, es dem um dem Stimmvolk Initiativkomitee damit gelungen, sich sowohl diebeimMög- Bündner Ve lichkeit gericht als auch vor zu geben, Bundesgericht sich zuumden durchzusetzen, demSchulspra- Stimmvolk damit die M zu geben, sich zu den Schulsprachen zu äussern. Der Kanton leistet für die Volksschule an chen zu äussern. die Gemeinden die im Schulgesetz ge- nannten Pauschalen und Beiträge. An- sonsten sind die Kosten der Volksschu- le inkl. der Lehrpersonenbesoldung voll umfänglich durch die Gemeinden zu tragen. Mit der Verpflichtung der Schul- trägerschaften, auf der Primarstufe Frei- fächer anzubieten und auf der Sekundar- stufe I Niveauklassen zu führen, würden bei den Gemeinden erhebliche Mehrkos- Das Fuder ist überladen, deshalb JA zu einer Entlastung ten von rund 4,3 Millionen Franken anfal- Das Fuder ist überladen, deshalb JA zu len. Zwei verschiedene Fremdsprachen einer Entlastung in der Primarschule sind für viele Schüler ein lastung. Besonders in Deutschbünden zeigt sich, dass die hohen Erwartungen, frühen Fremdsprachenunterricht gesetzt wurden, nicht erfüllt werden können. schätzung wird auch wissenschaftlich gestützt, wonach zwei bis drei Wochenlektio Die organisatorischen und finanziellen Zwei verschiedene Fremdsprachen in der nachhaltiges Lernen nicht genügen. Wenn die Sprache im Alltag wenig Relevanz Herausforderungen für die Umsetzung Primarschule auch die Lernmotivation entsprechendsind tief. für viele Schüler eine der Fremdspracheninitiative sind so- Überbelastung. Besonders in Deutsch- mit sehr gross. Kanton und insbeson- bünden zeigt sich, dass die hohen Er- dere die Gemeinden haben bei einer wartungen, die in den frühen Fremdspra- Annahme der Initiative respektive bei chenunterricht gesetzt wurden, nicht er- einer nachfolgenden, verfassungskon- füllt werden können. Diese Einschätzung formen Umsetzung in der Folge zusätz- wird auch wissenschaftlich gestützt, wo- liche, derzeit noch nicht bezifferbare, nach zwei bis drei Wochenlektionen für finanzielle und personelle Ressourcen ein nachhaltiges Lernen nicht genügen. bereitzustellen. Wenn die Sprache im Alltag wenig Rele- 7
vanz besitzt, ist auch die Lernmotivation C. Argumente des Grossen Rates entsprechend tief. Mehrere Gründe für ein Nein zur Ganz anders zeigt sich die Situation Initiative in Romanisch- und Italienischbünden: Die dort unterrichteten Fremdsprachen Heutige Lösung berücksichtigt die Deutsch und Englisch sind beide im All- Dreisprachigkeit Graubündens tag präsent und für die Zukunft der Kin- der wichtig. Gerade aus diesem Grund Das Bündner Modell des Fremdspra- lässt die Initiative Raum für regionale Lö- chenunterrichts in der Volksschule ist ein sungen, indem sie es erlaubt, neben einer gewachsener Kompromiss. Berücksich- obligatorischen Fremdsprache in der Pri- tigt werden dabei insbesondere auch marschule eine weitere Fremdsprache das Fremdsprachenmodell der übrigen als Wahlfach anzubieten. Kantone und die Dreisprachigkeit unse- res Kantons. Die Dreisprachigkeit gehört Weiterhin werden an der Bündner Volks- zur Kultur und Identität Graubündens. Ein schule zwei Fremdsprachen unterrichtet, Kennenlernen der anderen Sprachkultur die Initiative verschiebt bloss den obliga- in der Kindheit schafft diese Identität und torischen Beginn der zweiten Fremdspra- gehört zum Bildungsauftrag in Graubün- che auf die Oberstufe. Wie Erfahrungen den. aus anderen Kantonen zeigen, bedeutet ein späterer Beginn keinen Nachteil. Aus- serdem können die wegfallenden Lektio- Überforderung kaum vorhanden nen in der Primarschule sinnvoll für den vertieften Unterricht in der Mutterspra- Die Volksschule stellt viele Anforderun- che, in den musischen und den zusätz gen. Die Schülerinnen und Schüler ge- lichen Fächern (gemäss Lehrplan 21) ver- hen unterschiedlich damit um und die wendet werden. Lernentwicklungen sind sehr individuell, auch in Bezug auf die Fremdsprachen. Die Fremdspracheninitiative setzt Quali- Das geltende Schulgesetz kennt bereits tät vor Quantität und erfüllt gleichzeitig eine Reihe von Massnahmen, Lernziel- alle gesetzlichen Vorgaben; sie diskri- anpassungen oder sogar die Dispensie- miniert niemanden, sie entlastet weni- rung. Eine Umfrage, welche im Jahre ger sprachbegabte und fremdsprachige 2013 / 14 vom Amt für Volksschule und Kinder und ist, entgegen den Behauptun- Sport gemacht worden ist, hat ergeben, gen der Gegner, klar kostengünstiger als dass lediglich 4,6 Prozent der Schülerin- das aufwändige Modell mit zwei obliga- nen und Schüler eine Lernzielanpassung torischen Fremdsprachen in der Primar- bei den Fremdsprachen haben. Das zeigt, schule und den dazu notwendigen Fach- dass die Überforderung so, wie sie be- lehrkräften. hauptet wird, wenige Schülerinnen und Schüler betrifft. Keine Sprachenpolitik auf dem Buckel unserer Kinder. Deshalb: www.fremdspracheninitiative-ja.ch. 8
Am Ende der Volksschule dieselben mit der Annahme der Initiative noch mehr Kompetenzen zum Sonderfall und zu einer Sprachinsel werden, was nicht im Interesse des Kan- Am Ende der obligatorischen Schulzeit tons liegt. müssen Schülerinnen und Schüler diesel- ben Kompetenzen in Englisch und einer zweiten Landessprache haben. Würde Kein Gegenvorschlag nur eine Fremdsprache in der Primar- schule vermittelt, müsste die Lektionen- Der Grosse Rat diskutierte über einen zahl für die zweite Fremdsprache auf der Antrag für einen Gegenvorschlag, wel- Oberstufe stark ausgebaut werden, was cher im Gegensatz zur Initiative für alle wiederum den Lerndruck auf die Schüle- Sprachregionen als erste Fremdsprache rinnen und Schüler in der Oberstufe er- eine Kantonssprache vorsah. Er sprach höht. Somit müsste Schulstoff von der sich jedoch aus denselben Gründen, wel- Primarschule in die Oberstufe verscho- che für ihn gegen die Initiative sprechen, ben werden und umgekehrt. auch gegen den Gegenvorschlag aus. So- mit kommt nur die Initiative vor das Volk. Es wird ihr kein Gegenvorschlag gegen- Konstanz in Bildung bringen übergestellt. Der Fremdsprachenunterricht auf der Pri- marstufe, wie er erst seit wenigen Jahren D. Antrag erfolgt, wurde noch nicht abschliessend evaluiert. Zum jetzigen Zeitpunkt kann Der Grosse Rat lehnte in der Junisession die Wirkung des Sprachunterrichts nicht 2018 die kantonale Volksinitiative «Nur umfassend beurteilt werden. Eine natio- eine Fremdsprache in der Primarschule nale Evaluation wurde auf das Jahr 2019 (Fremdspracheninitiative)» mit 93 zu 17 angekündigt. Es macht Sinn, diese Über- Stimmen bei 1 Enthaltung ab. prüfung abzuwarten und erst danach Schlüsse zu ziehen. Wir beantragen Ihnen, liebe Mitbürgerin- nen und Mitbürger, die kantonale Volks- initiative «Nur eine Fremdsprache in der Nationale Koordination zentral Primarschule (Fremdspracheninitiative)» abzulehnen. Die anderen mehrsprachigen Kantone der Schweiz räumen ihren Kantonsspra- chen Priorität ein, die erste Fremdsprache Namens des Grossen Rates: ist auch dort die zweite Kantonssprache, gefolgt von Englisch ab dem 5. Schuljahr. Der Standespräsident: Die Sprachgrenzkantone lernen zuerst Martin Aebli die Sprache des Nachbarn. In verschie- denen Kantonen wurden ähnliche Initiati- Der Aktuar: ven lanciert. Diese wurden ausnahmslos Daniel Spadin deutlich abgelehnt. Graubünden könnte 9
Abstimmungsvorlage Beschluss des Grossen Rates über die kantonale Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule (Fremdspracheninitiative)» Vom Grossen Rat beschlossen am 12. Juni 2018 1. Auf die Vorlage wird eingetreten. 2. Die kantonale Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primar- schule (Fremdspracheninitiative)» wird dem Volk zur Ablehnung emp- fohlen. 3. Auf einen Gegenvorschlag wird verzichtet. Wortlaut der Volksinitiative Das Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden ist so abzuän- dern und auszugestalten, dass in der Primarschule für den Fremdspra- chenunterricht im ganzen Kanton folgende Regel gilt: «In der Primarschule ist nur eine Fremdsprache obligatorisch, je nach Sprachregion ist dies Deutsch oder Englisch.» 10
Abstimmen ist einfacher, als man denkt! Wenn Sie am Abstimmungssonntag ab- wesend oder am Gang zur Urne verhin- dert sein sollten, haben Sie folgende Möglichkeiten, trotzdem an der Abstim- mung teilzunehmen: 1. Vorzeitige Stimmabgabe Auch in Ihrer Gemeinde besteht an min- destens zwei der vier letzten Tage vor dem Abstimmungstag die Gelegenheit, entweder – an der Urne abzustimmen oder – den Stimmzettel in einem verschlosse- nen Umschlag bei einer Amtsstelle der Gemeinde abzugeben. 2. Briefliche Stimmabgabe – Die notwendigen Unterlagen (Zustell- kuvert, Stimmkuvert) erhalten Sie au- tomatisch von der Gemeinde zuge- stellt. – Das Zustellkuvert oder den Stimm- rechtsausweis haben Sie unbedingt zu unterzeichnen, weil Ihre Stimmab- gabe sonst ungültig ist. – In der Folge haben Sie zwei Möglich- keiten zur brieflichen Stimmabgabe: entweder übergeben Sie das Zustell- Auskünfte zu allen Fragen im Zusammen- kuvert der Post oder Sie werfen es in hang mit der vorzeitigen und brieflichen einen von der Gemeinde bezeichneten Stimmabgabe erteilt Ihnen Ihre Gemeinde- Briefkasten der Gemeindeverwal- kanzlei. Beachten Sie zudem bitte die amtli- tung. chen Publikationen.
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