Kantonale Volksabstimmung vom 23. September 2018

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Kantonale Volksabstimmung vom 23. September 2018
Kantonale Volksabstimmung
                               vom 23. September 2018

                               Erläuterungen des Grossen Rates

   Kantonale Volks­            Mit der Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primar-
initiative «Nur eine           schule (Fremdspracheninitiative)» wollen die Initiantinnen und
   Fremdsprache in             Initianten den Fremdsprachenunterricht auf der Primarstufe
                               auf eine Fremdsprache reduzieren. Im Kanton Graubünden soll
  der Primarschule             künftig nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule unter-
   (Fremdsprachen­             richtet werden, je nach Sprachregion soll dies Deutsch oder
          initiative)»         Englisch sein.

                               Das geltende Modell des Fremdsprachenunterrichts in der
                               Volksschule ist ein Kompromiss und berücksichtigt die Drei-
                               sprachigkeit Graubündens. Einer allfälligen Überforderung der
                               Schülerinnen und Schüler, wie von den Initianten geltend ge-
                               macht, kann schon heute mit geeigneten Mitteln entgegnet
                               werden. Eine solche besteht hinsichtlich des Sprachunterrichts
                               aber kaum. Graubünden darf deshalb in schulischer Hinsicht
                               nicht zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler noch mehr zu
                               einer Sprachinsel in der Schweiz werden.

                               Der Grosse Rat lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab.

       Erläuterungen ab S. 3   Abstimmungsvorlage S. 10
Chur, 9. Juli 2018

                        Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

         Wir unterbreiten Ihnen die nachfolgende Vorlage zur Abstimmung:

                  Kantonale Volksinitiative
         «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule
                 (Fremdspracheninitiative)»

Der Grosse Rat hat am 12. Juni 2018          tinnen und Initianten begründeten ihre
die kantonale Volksinitiative «Nur eine      Forderung damit, dass die geltende Re-
Fremdsprache in der Primarschule             gelung viele Schülerinnen und Schüler
(Fremdspracheninitiative)» zuhanden der      überfordere und benachteilige. Deshalb
Volksabstimmung behandelt und emp-           sollten Muttersprache und Mathematik
fiehlt der Bündner Stimmbevölkerung          stärker gefördert werden. Weiter werde
mit 93 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung,       in der gesamten Ostschweiz Englisch als
die Initiative abzulehnen.                   erste Fremdsprache unterrichtet.

A. Die Vorlage im Detail                     2. Der Fremdsprachenunterricht in
                                                 der Schweiz
1. Wortlaut und Ziele der Initiative
                                             In der föderalen und mehrsprachigen
Am 27. November 2013 wurde die kanto-        Schweiz sind das Lernen von Sprachen
nale Volksinitiative «Nur eine Fremdspra-    und entspre­chend auch die Koordination
che in der Primarschule (Fremdsprachen-      des Fremdsprachenunterrichts von zent-
initiative)» in Form einer allgemeinen An-   raler Bedeutung. Über viele Jahrzehnte
regung eingereicht. Sie trägt folgenden      war der Zeitpunkt, ab welchem die zwei-
Wortlaut:                                    te Landessprache in der Schule unter-
Das Gesetz für die Volksschulen des Kan­     richtet wurde, uneinheitlich. Ende der
tons Graubünden ist so abzuän­dern und       1990er-Jahre stellte sich immer deutli-
auszugestalten, dass in der Primarschule     cher die Frage des Unterrichts einer drit-
für den Fremdspra­chenunterricht im gan­     ten Sprache, vor allem des Englischen.
zen Kanton folgende Regel gilt:              Die Schweizerische Konferenz der kan-
«In der Primarschule ist nur eine Fremd­     tonalen Erziehungsdirektoren (EDK)
sprache obligatorisch, je nach Sprach­       stimmte 2004 einer gemeinsamen Stra-
region ist dies Deutsch oder Englisch.»      tegie zum Sprachenunterricht in der ob-
                                             ligatorischen Schule zu. Diese Strategie
Gegenstand der Initiative bildet eine An-    (Modell 3 / 5) beinhaltet die folgenden
passung des Schulgesetzes. Die Initian-      Punkte:

                                                                                     3
• Eine erste Fremdsprache (eine Landes-       gen. In einsprachigen Gemeinden erfolgt
  sprache oder Englisch) wird ab dem          der Unterricht in der Amtssprache der
  3. Schuljahr gelernt.                       Gemeinde (Schulsprache). In mehrspra-
• Eine zweite Fremdsprache (eine Landes­      chigen Gemeinden erfolgt der Unterricht
  sprache oder Englisch) wird ab dem          in der angestammten Sprache. In die-
  5. Schuljahr gelernt.                       sen und in deutschsprachigen Gemein-
                                              den kann die Regierung auf Antrag der
Für den Beginn des Fremdsprachenunter-        Gemeinde im Interesse der Erhaltung
richts wurde damit eine einheitliche Lö-      der angestammten Sprache die Führung
sung gefun­den. Für die Reihenfolge der       einer zweisprachigen Volksschule bewil-
zu lernenden Sprachen war dies jedoch         ligen. Den rätoromanischen Gemeinden
nicht der Fall. Es wurde einzig festgelegt,   steht zudem offen, das regionale Idiom
dass die Reihenfolge der unterrichteten       oder Rumantsch Grischun als Schulspra-
Sprachen (zweite Landes­    sprache oder      che zu bestimmen.
Englisch) regional koordiniert werden soll
und per Ende der obligatorischen Schul-       Beinahe bis zur Jahrtausendwende wur-
zeit in beiden Fremdsprachen vergleich-       den in den deutschsprachigen Bündner
bare Kompetenzen zu erreichen sind. Im        Primarschu­   len keine Fremdsprachen
aktuellen Schuljahr haben 23 Kantone          unterrichtet. Ab der Sekundarstufe  I lern-
die strukturellen Eckwerte der Sprachen-      ten diese Schülerinnen und Schüler in
strategie der EDK eingeführt. Dies gilt un-   der Regel als erste Fremdsprache Fran-
verändert seit dem Schuljahr 2015 / 16. In    zösisch. In Italienisch- und insbesonde-
diesen 23 Kantonen leben rund 92 Pro-         re in Romanischbünden war Deutsch
zent der Wohnbevölkerung. In 22 Kanto-        teilweise bereits in der Primarschule ein
nen wird nach dem Modell 3 / 5 unterrich-     Pflichtfach, allerdings wurde der Ein-
tet. Der Kanton Tessin, in welchem drei       führungsbeginn nicht vereinheitlicht.
Fremdsprachen obligatorisch unterrich-        Auf das Schuljahr 1999 / 2000 wurde der
tet werden, kennt ein eigenes Modell.         Beginn des Unterrichts in einer ersten
                                              Fremdsprache auf das 4. Schuljahr für
                                              alle Bündner Sprachregionen festgelegt
3. Sprachen in Bündner Schulen                beziehungsweise vereinheitlicht. Auf der
                                              Sekundarstufe I wurde auf das Schuljahr
Auf der Grundlage des Sprachengeset-          2002 / 03 Englisch als zweite Fremdspra-
zes des Kantons Graubünden regeln die         che in allen Sprachregionen obligato-
Gemeinden in ihrer kommunalen Gesetz-         risch. Der Grosse Rat stimmte 2008 einer
gebung die Schulsprachen für den Unter-       Teilrevision des Schulgesetzes zu und
richt in der Volksschule. Die Zuordnung       schuf damit die Voraussetzungen, um
der Gemeinden zu den ein- und mehr-           den Beginn des Unterrichts in der ers-
sprachigen Gemeinden erfolgt analog           ten Fremdsprache auf das 3.  Schuljahr
den Be­stimmungen über die Amtsspra-          zu verschieben und ab dem Schuljahr
chen. Im Interesse der Erhaltung einer be-    2012 / 13 in allen Sprachregio­nen Englisch
drohten Landessprache bei der Wahl der        als zweite obligatorische Fremdsprache
Schulsprache kann die Regierung auf An-       auf der Primarstufe einzuführen. Diese
trag der Gemeinde Ausnahmen bewilli-          neue Fremdsprachenlösung entspricht

4
dem EDK-Modell 3 / 5 und berücksich-         in Italienisch- und Romanischbünden mit
tigt die spezifischen Rahmenbedingun-        der Fremdsprache Englisch im 7. Schul-
gen des Kantons Graubünden. Besonde-         jahr beginnen würden, mit Deutsch im
re Rücksicht wurde bei der getroffenen       3.  Schuljahr. Das Verwaltungsgericht
Lösung auf die Minderheitensprachen          Grau­bünden und das Bundesgericht stel-
Rätoromanisch und Italienisch genom-
­                                            len fest, dass damit eine klare Benachtei-
men. Bei der Totalrevision des Schulge-      ligung, also Diskriminierung, aufgrund
setzes im Jahr 2012 wurde die Regelung       der Sprache erfolgen würde. Durch das
von 2008 ohne inhaltliche Änderungen         Anbieten einer zweiten Fremdsprache als
übernommen.                                  fakultatives Fach parallel zu der obliga-
                                             torischen Fremdsprache, kann diese Be-
                                             nachteiligung verhindert und damit die
4. Die Umsetzung der Fremdsprachen-         Gleichbehandlung gewährleistet wer-
    initiative in der eingereichten Form     den. Dies müsste gemäss Verwaltungs-
    (ohne Gegenvorschlag)                    gerichtsurteil nicht nur in Italienisch- und
                                             Romanischbünden geschehen, sondern
Die Fremdspracheninitiative wurde so-        analog auch in Deutschbünden. Als F    ­ olge
wohl von der Regierung (2014) als auch       davon gelangen die Schülerinnen und
vom Grossen Rat (2015) als ungültig er-      Schüler mit unterschiedlichem Wissens-
achtet. Gegen den Ungültigkeitsbe-           stand in der zweiten Fremdsprache in die
schluss des Grossen Rats wurde von           Oberstufe, weshalb auf dieser Stufe min-
sechs Beschwerdeführenden Verfas-            destens zwei verschiedene Niveaugrup-
sungsbeschwerde beim Verwaltungs­            pen geführt werden müssten.
gericht des Kantons Graubünden erho-
ben. Sie beantragten, der angefochtene
Beschluss des Grossen Rats sei aufzuhe-      5. V
                                                 on der Umsetzung besonders
ben, die Gültigkeit der Initiative festzu-      betroffene Bereiche
stellen und die Sache zur Neubeurteilung
an den Grossen Rat zurückzuweisen.           Lehrplan
Diese Beschwerde wurde 2016 gutge-
­
heissen. Gegen das Urteil des Verwal-        Die bisherigen Lehrpläne des Kantons
tungsgerichts erhoben 18 Privatperso-        Graubünden stammten aus den Jahren
nen gemeinsam Be­schwerde beim Bun-          2002 (Kinder­   garten: Erziehungsplan),
desgericht. Sie beantragten die Aufhe-       1984 (Primarstufe) und 1993 (Sekundar-
bung des angefochtenen Urteils und die       stufe I). In den Jahren 2010 bis 2014 ha-
Bestätigung des Beschlusses des Gros-        ben Lehrpersonen aus der gesamten
sen Rats von 2015 betreffend Ungültig­       deutsch- und mehrsprachigen Schweiz
erklärung der Fremdspracheninitiative.       zu­sammen mit Fachdidaktikerinnen und
Das Bundesgericht wies die Beschwerde        Fachdidaktikern verschiedener Hoch-
im Mai  2017 mit 3 zu 2 Stimmen ab.          schulen einen gemeinsamen Lehrplan für
                                             die deutsch- und mehrsprachigen Kan-
Die Umsetzung der Fremdspracheninitia-       tone der Schweiz ausgearbeitet (Lehr-
tive nach dem Wortlaut würde also be-        plan  21). Dieser legt erstmals die gemein-
deuten, dass Schülerinnen und Schüler        samen inhaltlichen Ziele der Volksschu-

                                                                                        5
le für alle deutsch- und mehrsprachigen       Weiterbildung Lehrpersonen
Kantone der Schweiz fest. Er schliesst an
bestehende und bewährte pädagogische          Die Aus- und Weiterbildung der Lehrper-
und didaktische Konzepte sowie an die         sonen tragen entscheidend zur Qualität
bisher gültigen Lehrpläne an. Die Umset-      des Schulunterrichts bei. Weiterbildun-
zung in den Kantonen richtet sich nach        gen für Lehrpersonen sind nicht nur bei
dem jeweiligen kantonalen Recht. Den          einer Veränderung des Beginns und der
Kantonen steht es frei, Anpassungen am        Abfolge vom Fremdsprachenunterricht
Lehrplan 21 (Vorlage) vorzunehmen. Für        zentral, sondern auch für die erfolgreiche
Graubünden erforderte die besondere           Einführung eines neuen Lehrplans oder
Sprachensituation eigens für den Kanton       neuer Lehrmittel. Für die Einführung des
erarbeitete Lehrplanteile. Die Bündner        Lehrplans 21 GR sind für sämtliche 2650
Regierung hat die Einführung des Lehr-        Lehrpersonen, welche im Kanton Grau-
plans 21 GR auf das Schuljahr 2018 / 19 be-   bünden in der Volksschule unterrichten,
schlossen.                                    obligatorische Weiterbildungen vorge­
                                              sehen.
Der Lehrplan 21 und damit auch der Lehr-
plan 21 GR sind auf das Fremdsprachen-
modell 3 / 5 ausgerichtet. Dies hat auch      6. Finanzielle Folgen
Auswirkungen auf alle anderen Fächer
wie beispielsweise Ma­      thematik oder     Die finanziellen Folgen der Umsetzung
Schulsprache (Deutsch, Rätoromanisch          der Fremdspracheninitiative können
oder Italienisch). Eine Abkehr vom Mo-        nicht abschliessend abgeschätzt wer-
dell 3 / 5 hätte zur Folge, dass zum Aus-     den, Erfahrungswerte können aber Hin-
gleich der zeitlichen und stofflichen Be-     weise liefern. Die Gesamtkosten für die
lastung der Schülerinnen und Schüler          Erarbeitung des Lehrplans 21 unter der
zwingend auch andere Lehrplanbereiche         Federführung der Deutschschweizer
und die Lektionentafeln grundlegend           Erziehungsdirektorenkonferenz      betru-
überarbeitet werden müssten.                  gen rund 9 Millionen Franken. Der Kan-
                                              ton Graubünden hatte sich daran, ent-
                                              sprechend seiner Bevölkerungszahl, mit
Lehrmittel                                    knapp 300 000 Franken beteiligt. Das Teil-
                                              projekt Graubünden (Lehrplan      21 GR)
Ändern die Lektionentafeln und Lehr-          löste zusätzliche Kosten in der Höhe von
pläne für eine Fremdsprache, muss             rund 800 000 Franken aus. Für die Um-
auch der Einsatz der Lehrmittel wieder        setzung des überarbeiteten Lehrplans
neu beurteilt werden. Allenfalls müss-        werden wiederum diverse Umsetzungs-
ten neue Lehrmittel eingeführt werden.        massnahmen inklusive die Weiterbildung
Dies ist jeweils verbunden mit einer ob-      der 2650 Bündner Lehrpersonen notwen-
ligatorischen Weiterbildung für die Lehr-     dig sein. Für die Umsetzung des Lehr-
personen, mit der Begleitung durch eine       plans 21 GR wurde durch den Grossen
Arbeitsgruppe sowie möglicherweise            Rat ein Verpflichtungskredit in der Höhe
mit der Erarbeitung von Zusatzmateria­        von 4,5 Millionen Franken gesprochen.
lien und Übersetzungen.                       Für die Weiterbildungen im Rahmen der

6
Weiterbildungen im Rahmen der Umsetzung des aktuellen Fremdsprachenunte
                                            dells im Kanton Graubünden betrugen die Kosten rund 9 Millionen Franken. Da
                                            sich durchaus schliessen, dass auch für die Umsetzung des an die Fremdsprach
                                            angepassten Lehrplans 21 GR erneut erhebliche Kosten anfallen.
Umsetzung des aktuellen Fremdspra- B. Argumente des Initiativkomitees
                                Weiter müssten für den Unterricht in den Fremdsprachen die Arbeit mit den be
chenunterrichtsmodells im Kanton      Grau-
                                Lehrmitteln  an den überarbeiteten Lehrplan 21 GR angepasst oder neue Lehrmitt
                                und eingeführt werden. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht abgeschätzt werde
bünden betrugen die Kosten rund       9  Mil-      Das geltende Sprachenkonzept des Kan-
                                le Lehrmittel beziehungsweise Fächer betroffen wären.
lionen Franken. Daraus lässt sich durch- tons setzt nicht die Bedürfnisse der Kin-
                                Der Kanton leistet für die Volksschule an die Gemeinden die im Schulgesetz
aus schliessen, dass auch für die                  der und
                                    Umset-und Beiträge.
                                Pauschalen                          Jugendlichen
                                                               Ansonsten     sind die Kosten  nach       einer op-
                                                                                                der Volksschulen      inkl. der
zung des an die Fremdspracheninitiative            timalen Ausbildung
                                nenbesoldung vollumfänglich        durch die Gemeinden   undzuverbesserter
                                                                                                     tragen. Mit der Verpflic
                                Schulträgerschaften, auf der Primarstufe Freifächer anzubieten und auf der Seku
angepassten Lehrplans 21 GR erneut         er- zuberuf­
                                Niveauklassen               licher
                                                      führen,   würdenMöglichkeiten
                                                                           bei den Gemeinden      ins    Zentrum,
                                                                                                      erhebliche    Mehrkosten
hebliche Kosten anfallen.       4,3 Millionen Franken    anfallen.regional- und sprachpolitische
                                                   sondern
                                                   Argumente.
                                Die organisatorischen      und finanziellen Aus      diesem Grund
                                                                                Herausforderungen                  ver-
                                                                                                        für die Umsetzung       d
                                spracheninitiative
Weiter müssten für den Unterricht    in den suchten sind somit sehr    gross. Kanton
                                                                  Regierung,            und insbesondere
                                                                                      Grosser        Rat und    die Gemeinden
                                                                                                                    die
                                einer Annahme der Initiative respektive bei einer nachfolgenden, verfassungs
Fremdsprachen die Arbeit mitUmsetzung
                                  den be-    in derSprachorganisationen
                                                    Folge zusätzliche, derzeit noch nicht  der bezifferbare,
                                                                                                 Rätoromanen     finanzielle und
                                le Ressourcen bereitzustellen.
                                                   und Italienischbündner dem Volk die Mit-
stehenden Lehrmitteln an den überarbei-
teten Lehrplan 21 GR angepasst oder sprache bei der Wahl der Schulsprachen
                                B. Argumentezu
neue Lehrmittel evaluiert und eingeführt            desverweigern.
                                                          Initiativkomitees   Mit grossem Aufwand ist
werden. Im gegenwärtigen Zeitpunkt                 es dem Initiativkomitee
                                Das geltende Sprachenkonzept          des Kantons setztgelungen,             sich so-der Kind
                                                                                             nicht die Bedürfnisse
kann nicht abgeschätzt werden,gendlichen
                                 wie   viele nach einer optimalen Ausbildung und verbesserter beruflicher Möglic
                                                   wohl      beim      Bündner         Verwaltungs­
                                Zentrum, sondern regional- und sprachpolitische Argumente. Aus diesem Grund
                                                                                                             gericht
Lehrmittel beziehungsweise Fächer
                                Regierung,         alsRat
                                          be-Grosser     auchund vor       Bundesgericht der
                                                                   die Sprachorganisationen          durchzuset-
                                                                                                          Rätoromanen und
                                bündner dem Volk die Mitsprache bei der Wahl der Schulsprachen zu verweigern
troffen wären.                  sem Aufwand ist zen,
                                                   es dem  um     dem Stimmvolk
                                                             Initiativkomitee                 damit
                                                                                 gelungen, sich    sowohl diebeimMög-
                                                                                                                    Bündner Ve
                                                   lichkeit
                                gericht als auch vor            zu geben,
                                                       Bundesgericht              sich zuumden
                                                                          durchzusetzen,         demSchulspra-
                                                                                                        Stimmvolk damit die M
                                zu geben, sich zu den Schulsprachen zu äussern.
Der Kanton leistet für die Volksschule an chen zu äussern.
die Gemeinden die im Schulgesetz ge-
nannten Pauschalen und Beiträge. An-
sonsten sind die Kosten der Volksschu-
le inkl. der Lehrpersonenbesoldung voll­
umfänglich durch die Gemeinden zu
tragen. Mit der Verpflichtung der Schul-
trägerschaften, auf der Primarstufe Frei-
fächer anzubieten und auf der Sekundar-
stufe I Niveauklassen zu führen, würden
bei den Gemeinden erhebliche Mehrkos-
                                                           Das Fuder ist überladen, deshalb JA zu einer Entlastung
ten von rund 4,3 Millionen Franken anfal- Das Fuder ist überladen, deshalb JA zu
len.                            Zwei verschiedene     Fremdsprachen
                                                   einer     Entlastung    in der Primarschule sind für viele Schüler ein
                                            lastung. Besonders in Deutschbünden zeigt sich, dass die hohen Erwartungen,
                                            frühen Fremdsprachenunterricht gesetzt wurden, nicht erfüllt werden können.
                                            schätzung wird auch wissenschaftlich gestützt, wonach zwei bis drei Wochenlektio
Die organisatorischen und                finanziellen        Zwei verschiedene Fremdsprachen in der
                                            nachhaltiges Lernen nicht genügen. Wenn die Sprache im Alltag wenig Relevanz
Herausforderungen für die                Umsetzung           Primarschule
                                            auch die Lernmotivation entsprechendsind
                                                                                  tief. für viele Schüler eine
der Fremdspracheninitiative sind so-                          Überbelastung. Besonders in Deutsch-
mit sehr gross. Kanton und insbeson-                          bünden zeigt sich, dass die hohen Er-
dere die Gemeinden haben bei einer                            wartungen, die in den frühen Fremdspra-
Annahme der Initiative respektive bei                         chenunterricht gesetzt wurden, nicht er-
einer nachfolgenden, verfassungskon-                          füllt werden können. Diese Einschätzung
formen Umsetzung in der Folge zusätz-                         wird auch wissenschaftlich gestützt, wo-
liche, derzeit noch nicht bezifferbare,                       nach zwei bis drei Wochenlektionen für
finanzielle und personelle Ressourcen                         ein nachhaltiges Lernen nicht genügen.
bereitzustellen.                                              Wenn die Sprache im Alltag wenig Rele-

                                                                                                                      7
vanz besitzt, ist auch die Lernmotivation     C. Argumente des Grossen Rates
entsprechend tief.
                                              Mehrere Gründe für ein Nein zur
Ganz anders zeigt sich die Situation          Initiative
in ­Romanisch- und Italienischbünden:
Die dort unterrichteten Fremdsprachen         Heutige Lösung berücksichtigt die
Deutsch und Englisch sind beide im All-       Dreisprachigkeit Graubündens
tag präsent und für die Zukunft der Kin-
der wichtig. Gerade aus diesem Grund          Das Bündner Modell des Fremdspra-
lässt die Initiative Raum für regionale Lö-   chenunterrichts in der Volksschule ist ein
sungen, indem sie es erlaubt, neben einer     gewachsener Kompromiss. Berücksich-
obligatorischen Fremdsprache in der Pri-      tigt werden dabei insbesondere auch
marschule eine weitere Fremdsprache           das Fremdsprachenmodell der übrigen
als Wahlfach anzubieten.                      Kantone und die Dreisprachigkeit unse-
                                              res Kantons. Die Dreisprachigkeit gehört
Weiterhin werden an der Bündner Volks-        zur Kultur und Identität Graubündens. Ein
schule zwei Fremdsprachen unterrichtet,       Kennenlernen der anderen Sprachkultur
die Initiative verschiebt bloss den obliga-   in der Kindheit schafft diese Identität und
torischen Beginn der zweiten Fremdspra-       gehört zum Bildungsauftrag in Graubün-
che auf die Oberstufe. Wie Erfahrungen        den.
aus anderen Kantonen zeigen, bedeutet
ein späterer Beginn keinen Nachteil. Aus-
serdem können die wegfallenden Lektio-        Überforderung kaum vorhanden
nen in der Primarschule sinnvoll für den
vertieften Unterricht in der Mutterspra-      Die Volksschule stellt viele Anforderun-
che, in den musischen und den zusätz­         gen. Die Schülerinnen und Schüler ge-
lichen Fächern (gemäss Lehrplan 21) ver-      hen unterschiedlich damit um und die
wendet werden.                                Lernentwicklungen sind sehr individuell,
                                              auch in Bezug auf die Fremdsprachen.
Die Fremdspracheninitiative setzt Quali-      Das geltende Schulgesetz kennt bereits
tät vor Quantität und erfüllt gleichzeitig    eine Reihe von Massnahmen, Lernziel-
alle gesetzlichen Vorgaben; sie diskri-       anpassungen oder sogar die Dispensie-
miniert niemanden, sie entlastet weni-        rung. Eine Umfrage, welche im Jahre
ger sprachbegabte und fremdsprachige          2013 / 14 vom Amt für Volksschule und
Kinder und ist, entgegen den Behauptun-       Sport gemacht worden ist, hat ergeben,
gen der Gegner, klar kostengünstiger als      dass lediglich 4,6 Prozent der Schülerin-
das aufwändige Modell mit zwei obliga-        nen und Schüler eine Lernzielanpassung
torischen Fremdsprachen in der Primar-        bei den Fremdsprachen haben. Das zeigt,
schule und den dazu notwendigen Fach-         dass die Überforderung so, wie sie be-
lehrkräften.                                  hauptet wird, wenige Schülerinnen und
                                              Schüler betrifft.
Keine Sprachenpolitik auf dem Buckel
unserer Kinder. Deshalb:
www.fremdspracheninitiative-ja.ch.

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Am Ende der Volksschule dieselben            mit der Annahme der Initiative noch mehr
Kompetenzen                                  zum Sonderfall und zu einer Sprachinsel
                                             werden, was nicht im Interesse des Kan-
Am Ende der obligatorischen Schulzeit        tons liegt.
müssen Schülerinnen und Schüler diesel-
ben Kompetenzen in Englisch und einer
zweiten Landessprache haben. Würde           Kein Gegenvorschlag
nur eine Fremdsprache in der Primar-
schule vermittelt, müsste die Lektionen-     Der Grosse Rat diskutierte über einen
zahl für die zweite Fremdsprache auf der     Antrag für einen Gegenvorschlag, wel-
Oberstufe stark ausgebaut werden, was        cher im Gegensatz zur Initiative für alle
wiederum den Lerndruck auf die Schüle-       Sprachregionen als erste Fremdsprache
rinnen und Schüler in der Ober­stufe er-     eine Kantonssprache vorsah. Er sprach
höht. Somit müsste Schulstoff von der        sich jedoch aus denselben Gründen, wel-
Primarschule in die Oberstufe verscho-       che für ihn gegen die Initiative sprechen,
ben werden und umgekehrt.                    auch gegen den Gegenvorschlag aus. So-
                                             mit kommt nur die Initiative vor das Volk.
                                             Es wird ihr kein Gegenvorschlag gegen-
Konstanz in Bildung bringen                  übergestellt.

Der Fremdsprachenunterricht auf der Pri-
marstufe, wie er erst seit wenigen Jahren    D. Antrag
erfolgt, wurde noch nicht abschliessend
evaluiert. Zum jetzigen Zeitpunkt kann       Der Grosse Rat lehnte in der Junisession
die Wirkung des Sprachunterrichts nicht      2018 die kantonale Volksinitiative «Nur
umfassend beurteilt werden. Eine natio-      eine Fremdsprache in der Primarschule
nale Evaluation wurde auf das Jahr 2019      (Fremdspracheninitiative)» mit 93 zu 17
angekündigt. Es macht Sinn, diese Über-      Stimmen bei 1 Enthaltung ab.
prüfung abzuwarten und erst danach
Schlüsse zu ziehen.                          Wir beantragen Ihnen, liebe Mitbürgerin-
                                             nen und Mitbürger, die kantonale Volks-
                                             initiative «Nur eine Fremdsprache in der
Nationale Koordination zentral               Primarschule (Fremdspracheninitiative)»
                                             abzulehnen.
Die anderen mehrsprachigen Kantone
der Schweiz räumen ihren Kantonsspra-
chen Priorität ein, die erste Fremdsprache   Namens des Grossen Rates:
ist auch dort die zweite Kantonssprache,
gefolgt von Englisch ab dem 5. Schuljahr.    Der Standespräsident:
Die Sprachgrenzkantone lernen zuerst         Martin Aebli
die Sprache des Nachbarn. In verschie-
denen Kantonen wurden ähnliche Initiati-     Der Aktuar:
ven lanciert. Diese wurden ausnahmslos       Daniel Spadin
deutlich abgelehnt. Graubünden könnte

                                                                                     9
Abstimmungsvorlage

     Beschluss des Grossen Rates über die kantonale
     Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der
     Primarschule (Fremdspracheninitiative)»

     Vom Grossen Rat beschlossen am 12. Juni 2018

     1. Auf die Vorlage wird eingetreten.

     2. Die kantonale Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primar-
        schule (Fremdspracheninitiative)» wird dem Volk zur Ablehnung emp-
        fohlen.

     3. Auf einen Gegenvorschlag wird verzichtet.

                     Wortlaut der Volksinitiative
     Das Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden ist so abzuän-
     dern und auszugestalten, dass in der Primarschule für den Fremdspra-
     chenunterricht im ganzen Kanton folgende Regel gilt:
     «In der Primarschule ist nur eine Fremdsprache obligatorisch, je nach
     Sprachregion ist dies Deutsch oder Englisch.»

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Abstimmen ist einfacher, als man denkt!

Wenn Sie am Abstimmungssonntag ab-
wesend oder am Gang zur Urne verhin-
dert sein sollten, haben Sie folgende
Möglichkeiten, trotzdem an der Abstim-
mung teilzunehmen:

1. Vorzeitige Stimmabgabe

Auch in Ihrer Gemeinde besteht an min-
destens zwei der vier letzten Tage vor
dem Abstimmungstag die Gelegenheit,
entweder
– an der Urne abzustimmen
  oder
– den Stimmzettel in einem verschlosse-
  nen Umschlag bei einer Amtsstelle der
  Gemeinde abzugeben.

2. Briefliche Stimmabgabe

– Die notwendigen Unterlagen (Zustell-
  kuvert, Stimmkuvert) erhalten Sie au-
  tomatisch von der Gemeinde zuge-
  stellt.
– Das Zustellkuvert oder den Stimm-
  rechtsausweis haben Sie unbedingt zu
  unterzeichnen, weil Ihre Stimmab-
  gabe sonst ungültig ist.
– In der Folge haben Sie zwei Möglich-
  keiten zur brieflichen Stimmabgabe:
  entweder übergeben Sie das Zustell-     Auskünfte zu allen Fragen im Zusammen-
  kuvert der Post oder Sie werfen es in   hang mit der vorzeitigen und brieflichen
  einen von der Gemeinde bezeichneten     Stimmabgabe erteilt Ihnen Ihre Gemeinde-
  Briefkasten der Gemeindeverwal-         kanzlei. Beachten Sie zudem bitte die amtli-
  tung.                                   chen Publikationen.
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