Knie Klinik des Femoropatellargelenks
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Knie – Klinik des Femoropatellargelenks Weiterbildung für Physiotherapeuten 21.1.2013 Urs Müller Co-Cheftarzt Orthopädie Leiter Sportmedizin 1 Anatomie • Patella: – Sesambein des M. quadrizeps femoris! – Aktiver Bewegungsapparat • Insertion: – Tuberositas tibiae – Vordere Kniebinde • Laterale Mischinsertion mit Tractus iliotibialis am Tubercule de Gerdy • Passive Führung: – MPFL = mediales femoropatellaeres Ligament – LPFL = laterales femoropatellaeres Ligament – Trochlea femoris mit Trochlea groove 2
Femoropatelläres Gleitlager 1: Passive Stabilisation Der Sulcus wird von proximal nach distal tiefer Femoropatelläres Gleitlager 2: Passive Stabilisation A B C Die Knorpeldicke wechselt von proximal nach distal (A-C)
Funktionelle Anatomie und Biomechanik 5 Kräfte- / Zugverteilung Patella
Patellofemorale Gelenkkraft bei Streckung und in 90° Flex • Quadrizepszugkraft Q in Patellarsehne PS mdifiziert nach Bull und Amis 2005 Ventralisierung der Tuberositas tibiae nach Maquet-Bandi Eine allgemeine Druckverminderung im Femoropatellargelenk wird versucht durch die Ventralisierung der Tuberositas tibiae (Maquet-Bandi), auch verbunden mit der Medialisierung, zu erreichen. Nur bei schwerer isolierter Retropatellararthrose und starken Schmerzen sollte eine Patellektomie durchgeführt werden.
Retropatelläre Reaktion auf Belastungen in verschiedenen Positionen 9 Patellofemorale Kontaktfläche in Abh Flex (Müller und Wirz 2000)
Knorpelschaden retropatellär nach Fulkerson et al 2004 Patellarknorpeldeformierung • Fig. 7 Scheme showing the state of patellar cartilage deformation (cartilage thickness change) during normal daily activity and the physiological window of cartilage deformation between non-weight- bearing conditions and heavy exercise, such as deep knee bends. 12
Neurale Gelenkrezeptoren • 4 Typen: – Typ 1 (Ruffini) – Typ 2 (Pacini) – Typ 3 (Golgi) – Typ 4 (freie Nervenendigungen) http://www.neurobiography.info/teaching.php?lectureid=7&mode=all Dr.med. Urs W. Müller Co-Chefarzt Orthopädie / Leiter Sportmedizin LUKS 13 Dye et al 1998 Schmerzregionen und Stärke intraart (Scala 0 – 4 Punkte)
Klinik Anamnese Inspektion Palpation Funktionelle Untersuchung 15 Inspektion Palpation Stand der Patella im Gleitlager Form der Patella Beinachsen Stand der Tuberositas tibiae Verlauf der Rektussehne und Patellarsehne Q - Winkel Schwellungen Narben (Voroperationen) Ober- und Unterschenkelrotation 16
Funktionelle Untersuchung Aktive und passive Beweglichkeit Verlauf der Patella Repositionsmöglichkeit Manuelle Führung Apprehension Druck auf die Patella von medial Sofortige Angst wegen Luxationsgefahr Meistens Reflektorische Flexion und Innenrotation 17 TTTG-Distanz als Risikoparameter für die Patellainstabilität Lateralisierte Tuberositas Tibiae: Zug an der Patella nach lateral (Kräfteparallelogramm) TTTG: Tibial Tuberosity and Trochlear Groove Messung: am Röntgenbild schwierig! Heute MRT oder CT Normal = bis ca 13 mm, Pathologisch > 20 mm
Bildgebung in der Abklärung • Rö: – ap lange Platte in Einbeinstand – Exakte seitliche Aufnahme – Tunnel – Patella axial – Ev Ganzbeinaufnahmen • MRI • Szinti / SPECT-CT • CT (Rotations-CT) • Ultraschall bei Sehnenproblemen (wer‘s kann!) Kniestatus
Rotationsanalyse Definition der knöchernen Fehlstellungen
Planare Szintigraphie Rö SPECT-CT TGTT-Distanz normal pathologisch ca. 13 mm > 20 mm
Crossing sign“ 27 Patella-Typen und Indizes 28
MARA-Kurve (mean age related ability) Pathologisch anatomisches Korrelat und Funktionseinschränkung stehen oft in grosser Diskrepanz zu einander 29 Diffenzialdiagnose • Chondropathia patellae bis Arthrose • Jumper‘s Knee • Quadrizepsteninose • Plicaimpingement • Patellainstabilität • Patella bipartita • Entzündungen • Tumore 30
Jumper‘s knee • Patellaspitzensyndrom • Tendinose / Partialruptur des Ligamentum patellae • Eher junge aktive Patienten • Hohe exzentrische Belastung (Bergab- gehen, Sprung- Sprintsportarten 31 Jumper‘s Knee 32
Quadrizepssehnentendinose 33 Therapieansätze • Funktioneller Kraftaufbau schmerzadaptiert • Nur ausnahmsweise Ruhigstellungen • NSAR topisch oder per os • Sono- und Jontophorese • Stosswellentherapie • Operation mit Debridement und Naht 34
Chondropathia patellae • Synonyme: – Chondromalacia patellae – Vorderer Knieschmerz • Oft mit Plicaimpingement vergesellschaftet! • Klinik: – Belastungs- und Bewegungsschmerzen – Nachbelastungsschmerzen mögliche • Therapie – Konservativ – Kräftigung zuerst Isometrie dann Isotonie, Koordination, Vastus medialis als Schlüssel zum Knie – Cave: Hyperlaxiät und Muskelverkürzung können die gleichen Probleme verursachen – NSAR / Chondroprotektiva 35 Outerbridge Klassifikation der Knorpelschäden
Chondromalacie 1° und 2° bis fokal 3° 37 Schmerz bei Chondromalazie? • Unklar! • Selbstversuch von Scott Dye 1998 • Goldstandart der Diagnose : – Arthroskopie mit Inspektion und Palpation Dr.med. Urs W. Müller Co-Chefarzt Orthopädie / Leiter Sportmedizin LUKS 38
Substanz-P spezifische Nervenendigungen in der Adventitia eines Gefässes im Hoffa‘schen fettkörper (Prof. M Bohnsack) „Patellar shift“ • Inkongruente Belastung führt zur Arthrose • Arthrose kann zu Instabilität führen • Aber auch zu stabiler eingeschliffener Arthrose 40
Trochleadysplasie (Dejour et al 1994) Habituelle Patellaluxationen bei Trochleadysplasie 42
Crossing-Sign • Exakte seitliche Röntgen-Aufnahme des Kniegelenks zur Evaluation des Sprungschanzen-Phänomens (Crossing-sign Natural History 44
Ziele der Interventionen • Schmerzfreiheit in Ruhe und bei Belastung • Verbesserung der Kniefunktion • Volle Stabilität mit Stand-und Gangsicherheit zur Erhöhung des Aktivitätsgrades – Inkl. Arbeitsfähigkeit • Hoher Langzeitgewinn • Keine grösseren Probleme bei Folgeeingriffen • Möglichst keine Komplikationen 45 Entscheidungsfindung • Was ist das Problem resp. wo liegt das Problem? • Der Schlüssel zur Entscheidungsfindung ist die korrekte Problemanalyse: – Ausmass der Trochleadysplasie – Ausmass der Weichteildysbalance medial zu lateral – Ausmass der Tuberositas tibiae - Lateralisierung – Ausmass der Patella alta 46
Operative Therapie der Patellainstabilität • Vertiefende Trochleaplastik • Lateraler Release • MPFL-Rekonstruktion (Raffung) • Tuberositas tibiae Medialisierung • Tuberositas tibiae Distalisierung 47 Die vertiefende Trochleaplastik Schematische Darstellung des Problems 48
Die vertiefende Trochleaplastik 2 Schematische Darstellung der Technik 49 Therapie der Patellainstabilität • Lateraler Release • MPFL-Rekonstruktion (Raffung) • Tuberositas tibiae Medialisierung • Tuberositas tibiae Distalisierung 50
Vertiefende Trochlea-Plastik: Praeop und 1 Jahr postop 51 Schematische Darstellung der Anteile des medialen Retinakulums • F = Femur • P = Patella • M = Meniskus • T = Tibia • MPFL = mediales patellofemorals Ligament • MPML = mediales patellomeniskeales Ligament • MPTL = mediales patellotibiales Ligament • VMO = Vastus medialis obliquus
Druckmessfolie Spannung MPFL in Abh Kniefelx bei isokinetischer Knieextension mit 31 Nm (Ostermeier et al 2006)
Lateraler Release: Druckzentrumsverschiebung Lateraler Release: Patellapositionsverschiebung
Position retropatelläres Druckzentrum nach MPFL- Durchtrennung Ostemeier et al 2006 Gefahren / Komplikationen nach Eingriffen am Streckapparat
Mögliche knöcherne Fehlstellungen und ihre Auswirkungen auf verschiedenen Merkmale Allgemeiner Therapieansatz Kraftaufbau braucht Schmerzfreiheit – Erguss ist per se kein Nachteil 60
Knie-TP und Patellaersatz Überlegungen von Simone Wurm Biomechanik Murnau • In Europa werden jährlich über 250.000 Knieendoprothesen implantiert. • Deutschland 100.000 • Schweiz 13.000 • Femoropatellare Probleme sind hierbei die häufigsten • Komplikationen mit einer Prävalenz von bis zu 50%.1,2 • In der Literatur wird die Frage nach dem Retropatellarersatz nach wie vor kontrovers diskutiert. 1 Barrack et al.: Resurfacing of the patella in total knee arthroplasty. A prospective, randomized, double-blind Study. J Bone Joint Surg Am 79/8 (1997) 1121 – 1131 2 Campbell et al.: Patellar resurfacing in total knee replacement. J Bone Joint Surg [Br] 88-B/6 (2006) 734 - 739 Retrospektive Studien Studie Ø Anzahl Komplikationen Schmerz ROM Follow -up Boyd, 6,5 a 891 signifikant signifikant mehr gleich A. D.; mehr ohne RPE ohne RPE 1993 Ogon, 11,6 a 65 signifikant mehr mit RPE schlechter mit RPE (Ø M.; mehr mit RPE (Ø signifikant) signifikant) 2002 Van 1,5 a 53 kein kein gleich, aber: bei Hemert signifikanter signifikanter Alltagstest (Treppen; ; 2007 Unterschied Unterschied Aufstehen) signifikant besser mit RPE
Prospektive Studien Studie Ø Anzahl Komplikatione Schmerz ROM Follow n -up Smith, 4,4 a 181 kein kein kein signifikanter A. J.; signifikanter signifikanter Unterschied 2008 Unterschied Unterschied Wood, 3a 220 gleich signifikant kein signifikanter D.; mehr ohne Unterschied, aber: 2002 RPE Treppengehen besser mit RPE Feller, 3a 40 gleich gleich kein signifikanter J.A.; Unterschied, aber: 1996 schlechtere Scores und schlechteres Treppengehen mit RPE Waters 5,3 a 514 gleich, aber: signifikant kein signifikanter ,T. S.; höhere mehr ohne Unterschied 2003 Zufriedenheit RPE mit RPE Hierbei zeigte sich nach RPE: • signifikante Abnahme der femoropatellaren Gelenkfläche 3,4, v.a. in höherer Flexion7 • Anstieg des retropatellaren Drucks4,6 • signifikanter Anstieg der Scherkäfte 5 3 Benjamin et al.: Contact areas and pressures between native patellas and prosthetic femoral components. J Arthroplasty 13/6 (1998) 693 - 698 4 Matsuda et al.: Patellofemoral joint after knee arthroplasty. J Arthroplasty 12/7 (1997) 790 - 797 5 Singerman et al.: Patellar contact forces with and without patellar resurfacing in total knee arthroplasty. J Arthroplasty 14/5 (1999) 603 - 609 6 Stukenborg-Colsman et al.: Dynamische In-vitro-Messung des retropatellaren Drucks nach alloplastischem Kniegelenkersatz. Orthopäde 32 (2003) 319 - 322 7 Xu et al.: Effects of patellar resurfacing on contact area and contact stress in total knee arthroplasty. Knee 14 (2007) 183 - 187
Retropatellarer Druck 3 2,5 retropatellarer Druck (MPa) 2 nativ TEP 1,5 TEP; RPE (gliding) TEP; RPE (fixed) 1 0,5 0 0 20 40 60 80 100 Knieflexion (°) Retropatellarer Druck Maximaldruck 3,00 2,50 retropatellarer Druck (MPa) 2,00 nativ TEP 1,50 TEP; RPE (gliding) TEP; RPE (fixed) 1,00 0,50 0,00 0 20 40 60 80 100 120 Knieflexion (°)
Mittlerer retropatellärer Druck nach verschiedenen Eingriffen am Streckapparat Dr.med. Urs W. Müller Co-Chefarzt Orthopädie / Leiter Sportmedizin LUKS 67 Therapiealgorithmus vorderer Knieschmerz
Therapiealgorithmus Knorpelschäden Tumoren der Patella: Sehr selten!! Aneurysmatische Knochenzyste 70
Zusammenfassung • Anatomische Faktoren, die das Femoropatellargelenk beeinfussen: – Varus / Valgus – Form der Trochlea femoris / Patella – Patella alta / baja – Rotationsstellung distales Femur zu Femur/Tibia Dr.med. Urs W. Müller Co-Chefarzt Orthopädie / Leiter Sportmedizin LUKS 71 „Take home message“ oder was wir uns hinter die Ohren schreiben sollten • Femoropatelläre Probleme ernst nehmen! • Sie können harmlos aber auch Vorboten von fatalen Arthroseverläufen sein! • Risikofaktoren mit den adäquaten Untersuchungsmethoden suchen. • Therapien sollen kausal sein 72
Finden sie heraus, ob es sich um ein Schaf im Wolfspelz oder um einen Wolf in Schafspelz handelt Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 73
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