PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn - Domenico Angelone, Florian Keller & Martin Verner
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Forschungsgemeinschaft PISA Deutschschweiz PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn Domenico Angelone, Florian Keller & Martin Verner
Forschungsgemeinschaft PISA Deutschschweiz PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn Domenico Angelone, Florian Keller & Martin Verner
Herausgeber Forschungsgemeinschaft PISA Deutschschweiz, ein Zusammenschluss der folgenden Institutionen: Kantone • Aargau • Bern • Solothurn • St.Gallen • Wallis Forschungsinstitutionen • Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation, Pädagogische Hochschule Bern (PHBern): Catherine Bauer, Erich Ramseier, Daniela Blum • Institut Professionsforschung und Kompetenz- entwicklung, Pädagogische Hochschule St.Gallen (PHSG): Christian Brühwiler, Grazia Buccheri, Andrea Erzinger, Jan Hochweber • Institut für Bildungsevaluation (IBE), Assoziiertes Institut der Universität Zürich: Domenico Angelone, Florian Keller, Martin Verner • Pädagogische Hochschule Wallis; DBS – Dienststelle für tertiäre Bildung (Bereich Forschung und Entwicklung): Edmund Steiner, Ursula Maria Stalder, Paul Ruppen Layout und Grafik Grafik Monika Walpen, 9200 Gossau Copyright © Institut für Bildungsevaluation (IBE), Assoziiertes Institut der Universität Zürich
Inhalt VORWORT 5 1 PISA 2012: NATIONALE ERGEBNISSE UND VORGEHEN 7 2 FACHLICHE LEISTUNGEN 11 3 MIGRATIONSHINTERGRUND UND LEISTUNGEN 19 4 SCHULSTRUKTUR UND LEISTUNG 23 5 UNTERRICHTSZEIT UND LEISTUNG 28 6 SCHULISCHES ENGAGEMENT 32 7 EMOTIONALE UND MOTIVATIONALE ORIENTIERUNGEN IN MATHEMATIK 37 8 MATHEMATIKUNTERRICHT – EINSCHÄTZUNGEN AUS DEM BLICKWINKEL DER SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER 41 9 INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNOLOGIEN IN DER SCHULE 47 10 FAZIT 51 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 3
Vorwort Im Jahr 2012 hat die OECD im Rahmen von PISA Stärken und Schwächen des jeweiligen Schulsystems zum fünften Mal die schulischen Leistungen von 15- werden in diversen Berichten dargelegt: Für die Kan- Jährigen am Ende der obligatorischen Schulbildung tone Aargau, Bern, Solothurn, St.Gallen, Tessin und erhoben und verglichen. Weltweit wurden die Kom- Wallis wurde je ein Bericht in Form eines kantonalen petenzen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Porträts verfasst. Für die französischsprachigen Kan- Naturwissenschaften von rund 510’000 Jugend- tone wurde ein regionaler Bericht verfasst. lichen getestet. In der Schweiz haben über 11’000 Die kantonalen Porträts beruhen auf der Arbeit Schülerinnen und Schüler am Programm teilgenom- einer Forschungsgemeinschaft, die für die Analyse men. Die Ergebnisse des internationalen Vergleichs der PISA-Daten 2012 gebildet wurde. In einem kan- PISA 2012 wurden im Dezember 2013 veröffent- tonalen Porträt sind die Ergebnisse der Analysen licht. Der erste Bericht widmete sich dem Vergleich jeweils nach den Interessen des Kantons zusammen- der Schweiz mit anderen Ländern sowie bestimmten gestellt und aus dessen Optik beschrieben. Fragestellungen auf nationaler Ebene.1 Das vorliegende Porträt für den Kanton Solothurn Um Aussagen auf kantonaler Ebene treffen zu wurde vom Institut für Bildungsevaluation, assoziier- können, nahmen zahlreiche Kantone der Schweiz tes Institut der Universität Zürich, verfasst. mit einer repräsentativen Stichprobe von Schülerin- nen und Schülern der 9. Klasse an PISA 2012 teil. Ver- Domenico Angelone, Florian Keller & Martin Verner gleiche zwischen den Kantonen sowie Hinweise auf Zürich, Anfang September 2014 1 Konsortium PISA.ch (2013). Bericht PISA 2012: Schülerinnen und Schüler der Schweiz im internationalen Vergleich – Erste Ergebnisse. Bern und Neuchâtel: SBFI/EDK und Konsortium PISA.ch. PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 5
1 PISA 2012: Nationale Ergebnisse und Vorgehen Die Schweiz hat im Jahr 2012 zum fünften Mal am aber auch Finnland (545) und die beiden Nachbar- internationalen Schulleistungsvergleich PISA (Pro- länder Liechtenstein (525) und Deutschland (524). gramme for International Student Assessment) teil- Unter den Ländern, die einen tieferen Mittelwert als genommen. Mit ihr haben sich 34 Länder der OECD die Schweiz aufweisen, sind auch die Nachbarländer sowie 31 Partnerländer an der Erhebung beteiligt Österreich (506), Frankreich (499) und Italien (494). und einer repräsentativen Stichprobe von 15-Jähri- Im Lesen liegt der Mittelwert der Schweizer 15- gen die PISA-Tests vorgelegt. Wie sind die Ergebnis- Jährigen bei 501 Punkten, der OECD-Mittelwert bei se der Jugendlichen ausgefallen? Was wird mit den 496 Punkten. Elf Länder erreichen einen höheren Mit- PISA-Tests gemessen? Worin unterscheiden sich der telwert als die Schweiz. Es sind dies insbesondere die internationale und der nationale Vergleich? Was ist chinesischen Provinzen Shanghai-China (570) und bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten? Hong Kong-China (545) sowie Singapur (542), Japan (538) und Korea (536), aber auch Finnland (524). Sehr gut in Mathematik, gut in Die Mittelwerte der drei Nachbarländer Liechtenstein Naturwissenschaften und im Lesen (516), Deutschland (508) und Frankreich (505) unter- scheiden sich nicht statistisch signifikant vom Mittel- Wie bereits in der PISA-Erhebung von 2009 sind die wert der Schweiz. Die beiden Nachbarländer Italien Ergebnisse der Schweiz auch in PISA 2012 als gut bis (490) und Österreich (490) erzielen jedoch statistisch sehr gut zu bewerten. In der Mathematik gehört die signifikant tiefere Leseleistungen als die Schweiz. Schweiz zu den besten Ländern. In den Naturwissen- schaften und im Lesen liegt sie über dem OECD- INFO 1: Die PISA-Skala Mittelwert. Die Ergebnisse im PISA-Test werden auf einer In der Mathematik liegt der Mittelwert der international normierten Skala dargestellt. Ent- Schweizer 15-Jährigen bei 531 Punkten auf der sprechend den inhaltlichen Schwerpunkten PISA-Skala (vgl. INFO 1), der OECD-Mittelwert bei wurde bei PISA 2000 die Skala für die Lese- 494 Punkten. Bessere Mathematikleistungen als die kompetenzen so normiert, dass der Mittelwert Schweiz erreichen einzig die drei chinesischen Pro- der OECD-Länder bei 500 Punkten und die vinzen Shanghai-China (613), Hong Kong-China Standardabweichung bei 100 Punkten liegen. (561) und Macao-China (538) sowie Singapur (573), Dadurch erreichten bei der ersten Erhebung Chinesisch Taipeh (560) und Korea (554). Von den rund zwei Drittel der Schülerinnen und Schü- Nachbarländern unterscheidet sich einzig der Mittel- ler ein Testergebnis, das zwischen 400 und 600 wert von Liechtenstein (535) nicht statistisch signi- Punkten beträgt, 95 Prozent erreichten ein fikant von der Schweiz. Die übrigen Nachbarländer Testergebnis, das zwischen 300 und 700 Punk- Deutschland (514), Österreich (506), Frankreich ten liegt, und nahezu alle Testergebnisse liegen (495) und Italien (485) erzielen deutlich schlechtere zwischen 200 und 800 Punkten. Mit dem glei- Mathematikleistungen als die Schweiz. chen Vorgehen wurden bei PISA 2003 die Skala In den Naturwissenschaften liegt der Mittelwert für die Darstellung mathematischer Kompe- der Schweiz mit 515 Punkten über dem OECD- tenzen und bei PISA 2006 die Skala für die Mittelwert (501). Unter den 13 Ländern, die einen Darstellung der naturwissenschaftlichen Kom- höheren Mittelwert als die Schweiz erreichen, befin- petenzen normiert. den sich der Spitzenreiter Shanghai-China (580), PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 7
Seit Beginn von PISA im Jahr 2000 ist für die Denkweisen anwenden) sowie Interpretieren (d. h. Schweiz in PISA 2012 im Kompetenzbereich Lesen mathematische Ergebnisse interpretieren und über- erstmals ein positiver Trend feststellbar. Zwischen prüfen) ab. PISA 2000 und PISA 2012 sind die mittleren Leseleis- Die Ergebnisse aus PISA 2012 zeigen, dass die tungen der 15-Jährigen in der Schweiz um durch- 15-Jährigen der Schweiz im Bereich Raum und Form schnittlich rund 1 Punkt pro Jahr gestiegen. Der po- eine relative Stärke und im Bereich Wahrscheinlich- sitive Trend zeigt sich vor allem beim Anteil lese- keit und Statistik eine relative Schwäche aufweisen. schwacher Schülerinnen und Schüler (Kompetenz- Bei den Subskalen zu den mathematischen Prozes- niveau 1 und tiefer), der von der OECD als Risiko- sen kann für die Schweiz einzig im Bereich Formu- gruppe bezeichnet wird. In der Schweiz ist dieser lieren eine relative Stärke nachgewiesen werden. Für Anteil zwischen PISA 2000 und PISA 2012 von 20 die anderen Bereiche sind die Abweichungen vom auf 14 Prozent deutlich zurückgegangen. Die Ergeb- Gesamtmittelwert gering und ohne Bedeutung. nisse der Schweizer 15-Jährigen in den beiden Kom- petenzbereichen Mathematik und Naturwissenschaf- PISA-Grundbildung ten hingegen sind über die Zeit stabil geblieben. PISA orientiert sich am Konzept der Grundbildung Die Mathematik im Fokus (Literacy). Damit ist jene Bildung gemeint, die es den Jugendlichen ermöglicht, ihr Wissen und Können in In jeder PISA-Erhebung bildet ein Kompetenzbereich einem neuen Umfeld anzuwenden, bei einer Pro- den Schwerpunkt und wird besonders umfassend blemstellung eine Vielzahl von Situationen zu analy- getestet. In PISA 2000 war der Schwerpunktbereich sieren, logisch zu denken und in effektiver Weise zu das Lesen, in PISA 2003 die Mathematik, in PISA kommunizieren. Mit PISA wird somit nicht unter- 2006 die Naturwissenschaften und in PISA 2009 wie- sucht, wie gut curriculare Vorgaben und Inhalte derum das Lesen. Mit PISA 2012 wurde nun zum erreicht werden. Von Interesse ist vielmehr, inwieweit zweiten Mal die Mathematik umfassend getestet. die Jugendlichen über Kompetenzen verfügen, die es Dadurch ist erstmals ein detaillierter Vergleich der ihnen erlauben, den beruflichen und schulischen Mathematikleistungen zwischen PISA 2003 und PISA Herausforderungen erfolgreich zu begegnen und 2012 möglich. aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Da bei der Erhebung 2012 die Mathematik den Mathematik – Die mathematische Kompetenz Schwerpunkt bildete, können die Ergebnisse nach wird in PISA definiert als «die Fähigkeit einer Person, Subskalen zu den mathematischen Inhalten und zu Mathematik in einer Vielzahl von Kontexten zu for- den mathematischen Prozessen dargestellt werden. mulieren, anzuwenden und zu interpretieren. Sie Letztere beschreiben, welche Arbeitsschritte die umfasst das mathematische Denken und den Einsatz Schülerinnen und Schüler beim Lösen der Mathe- mathematischer Konzepte, Verfahren, Fakten und matikaufgaben durchlaufen müssen. Abweichungen Instrumente, um Phänomene zu beschreiben, zu der Ergebnisse in den Subskalen zum globalen Mit- erklären und vorherzusagen. Sie hilft dem Einzelnen telwert in der Mathematik ermöglichen die Beurtei- dabei, die Rolle zu erkennen, die Mathematik in der lung relativer Stärken bzw. Schwächen in verschie- Welt spielt, und fundierte Urteile und Entscheidun- denen Teilbereichen der Mathematik. gen zu treffen, wie sie von konstruktiven, engagier- Bei den Subskalen zu den mathematischen Inhal- ten und reflektierenden Bürgern erwartet werden».2 ten werden die vier Bereiche Veränderung und funk- Naturwissenschaften – Die naturwissenschaftliche tionale Abhängigkeiten, Raum und Form, Quantita- Kompetenz wird in PISA definiert als «das naturwis- tives Denken sowie Wahrscheinlichkeit und Statis- senschaftliche Wissen einer Person und deren Fähig- tik unterschieden; die Subskalen zu den mathema- keit, dieses Wissen anzuwenden, um Fragestellungen tischen Prozessen bilden die drei Bereiche Formu- zu identifizieren, neue Erkenntnisse zu erwerben, lieren (d. h. mathematische Situationen beschreiben), naturwissenschaftliche Phänomene zu erklären und Anwenden (d. h. mathematische Konzepte und auf Beweisen basierende Schlüsse über naturwissen- 2 OECD (2013a). PISA 2012 Ergebnisse: Was Schülerinnen und Schüler wissen und können: Schülerleistungen in Lesekompetenz, Mathe- matik und Naturwissenschaften (Band 1). Bielefeld: Bertelsmann. 8 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
schaftliche Sachverhalte zu ziehen. Dies umfasst das INFO 2: Statistische Signifikanz und prakti- Verständnis der charakteristischen Eigenschaften der sche Bedeutsamkeit von Unterschieden Naturwissenschaften als eine Form menschlichen Wissens und Forschens, die Fähigkeit zu erkennen, Weil jeweils nicht alle 15-Jährigen eines Lan- wie Naturwissenschaften und Technologie unsere des (Population), sondern nur Stichproben an materielle, intellektuelle und kulturelle Umgebung PISA teilnehmen, werden die Ergebnisse der prägen, sowie die Bereitschaft, sich mit naturwissen- Länder aufgrund von Stichproben geschätzt. schaftlichen Themen und Ideen als reflektierender Die Schätzung der Ergebnisse – beispielsweise Bürger auseinanderzusetzen».3 eines Mittelwerts – ist deshalb immer mit Lesen – Die Lesekompetenz wird in PISA definiert einem Stichprobenfehler behaftet. Je nach als «die Fähigkeit einer Person, geschriebene Texte Genauigkeit der Stichprobe streuen die Ergeb- zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren nisse in einem grösseren oder kleineren Bereich und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um eigene um den wahren Wert einer Population. Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial Bei der Prüfung der Ergebnisse auf statis- weiterzuentwickeln und aktiv am gesellschaftlichen tisch gesicherte Unterschiede zwischen Län- Leben teilzunehmen».4 dern werden die Stichprobenfehler einer Schät- zung berücksichtigt. Ein Unterschied zwischen Testdurchführung zwei Ländern (Populationen) wird dann als statistisch signifikant bezeichnet, wenn er Die Schülerinnen und Schüler lösen an einem Mor- durch ein statistisches Testverfahren überprüft gen während zwei Stunden PISA-Testaufgaben und und bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von füllen während 45 Minuten einen Fragebogen zum 5 Prozent für gültig befunden wurde. Anhand persönlichen Hintergrund, zu Interessen und Moti- des 95-Prozent-Vertrauensintervalls kann zu- vationen, zu Lerngewohnheiten und zu ihrer Wahr- dem angegeben werden, in welchem Bereich nehmung der Lernumgebung aus. Zudem werden der Wert der Population – beispielsweise der die Schulleitungen über die Ressourcen und die Qua- Mittelwert eines Landes – mit einer 95-pro- lität der Lernumgebung in der Schule befragt. Die zentigen Wahrscheinlichkeit liegt. Tests an den Schulen werden durch externe Perso- Statistisch signifikante Unterschiede sind nen nach standardisierten Vorgaben durchgeführt. nicht in jedem Fall von praktischer Bedeutung. Diese Personen sind auch dafür verantwortlich, dass Als Faustregel werden Unterschiede von 20 die Aufgaben an den Schulen vertraulich behandelt Punkten auf der PISA-Skala als bedeutsam, werden, weil ein Teil der Aufgaben für den Nachweis aber klein beurteilt. Unterschiede von 50 Punk- von Trends bei späteren Zyklen wieder eingesetzt ten werden als mittelgross und Unterschiede wird. von 80 Punkten als sehr gross bezeichnet. Als weitere Referenzgrösse kann der Leistungs- Internationaler Vergleich – unterschied zwischen zwei PISA-Kompetenz- nationaler Vergleich niveaus herangezogen werden. Ein Unter- schied von einem Kompetenzniveau wird in Für den internationalen Vergleich wählt jedes Land PISA als grosser Unterschied betrachtet. Ein mindestens 4’500 15-Jährige aus mindestens 150 Kompetenzniveau umfasst für das Lesen Schulen zufällig aus. Die internationale Stichprobe 73 Punkte auf der PISA-Skala, für die Mathe- wird über das Alter der Schülerinnen und Schüler matik 62 Punkte und für die Naturwissen- definiert und repräsentiert 15-jährige Schülerinnen schaften 75 Punkte. und Schüler, die mindestens sechs Jahre formale Aus- bildung abgeschlossen haben. Weltweit haben an PISA 2012 rund 510’000 15-jährige Schülerinnen 3 OECD (2013a). 4 OECD (2013a). PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 9
und Schüler teilgenommen. In der Schweiz haben INFO 3: Berichterstattung 11’229 15-Jährige aus 411 Schulen am internationa- Ausführliche Informationen zu PISA 2012 sind len Vergleich teilgenommen. den folgenden Quellen zu entnehmen: Für den nationalen Vergleich wurde in der Schweiz eine zusätzliche repräsentative Stichprobe PISA 2012: Kantonale Porträts von Schülerinnen und Schülern der 9. Klasse gezo- Für die Deutschschweizer Kantone Aargau, gen, wodurch der Vergleich der drei Sprachregionen Bern, Solothurn, St.Gallen und Wallis wurden am Ende der obligatorischen Schulzeit möglich wird. auf einer gemeinsamen Grundlage jeweils Die nationale Stichprobe wird über das Schuljahr der eigene Porträts erstellt. Schülerinnen und Schüler definiert und repräsentiert Konsortium PISA.ch (2013). PISA 2012: Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse. Sämtliche Erste Ergebnisse zu PISA 2012. Bern und Neu- Kantone der französischsprachigen Schweiz, der châtel: SBFI/EDK und Konsortium PISA.ch. Kanton Tessin sowie die Kantone Aargau, Bern Konsortium PISA.ch (2014). PISA 2012: (deutschsprachiger Teil), Solothurn, St.Gallen und Vertiefende Analysen zu bildungspolitischen Wallis (deutschsprachiger Teil) nutzten PISA 2012 Fragen. Bern und Neuchâtel: BBT/EDK und für eine repräsentative kantonale Zusatzstichprobe. Konsortium PISA.ch. Insgesamt wurden in der Schweiz 14’625 Schülerin- OECD (2013). PISA 2012 Ergebnisse: Was nen und Schüler der 9. Klasse aus 365 Schulen getes- Schülerinnen und Schüler wissen und können: tet. Auf dieser Stichprobe beruhen die im vorliegen- Schülerleistungen in Lesekompetenz, Mathe- den Porträt berichteten Ergebnisse. matik und Naturwissenschaften (Band 1). Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Bielefeld: Bertelsmann. 15-Jährigen und der Schülerinnen und Schüler der www.pisa.oecd.org 9. Klasse sind in allen drei Kompetenzbereichen www.edk.ch statistisch nicht signifikant. In der Mathematik er- www.pisa2012.ch reichen sowohl die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse als auch die 15-Jährigen 531 Punkte. In den Naturwissenschaften erreichen die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse 513 Punkte und die 15-Jährigen 515 Punkte. Im Lesen erreichen die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse 507 Punkte und die 15-Jäh- rigen 509 Punkte. Zur Interpretation der Ergebnisse PISA führt zu einer Standortbestimmung im interna- tionalen Kontext und informiert die teilnehmenden Länder über Stärken und Schwächen bezüglich drei- er wichtiger Kompetenzen, die in der Schule vermit- telt werden. Es ist deshalb naheliegend, die Ursachen für die PISA-Ergebnisse bei den Merkmalen des jeweiligen Bildungssystems zu vermuten. Allerdings geht diese Ursachenforschung kaum über Vermu- tungen hinaus, weil sich die Ergebnisse von PISA wissenschaftlich nicht schlüssig auf einzelne Merk- male des Bildungssystems wie die Schulstruktur oder das Schuleintrittsalter zurückführen lassen. 10 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
2 Fachliche Leistungen Wie sind die Ergebnisse des Kantons Solothurn im Punkte. Damit liegt der Kanton Solothurn im Ver- nationalen Vergleich zu beurteilen? Wie gross ist gleich mit den anderen Kantonen im Mittelfeld. Die der Anteil an Jugendlichen, deren Grundbildung am Unterschiede zwischen den Kantonen sind jedoch Ende der obligatorischen Schulzeit ungenügend ist? generell klein. Von den Deutschschweizer Kantonen Gibt es Leistungsunterscheide zwischen Mädchen sind einzig die Mathematikleistungen im Kanton und Knaben? Zeigen sich besondere Stärken oder St.Gallen (552 Punkte) und im deutschsprachigen Schwächen in den einzelnen Aspekten der Mathe- Teil des Kantons Wallis (535 Punkte) statistisch matikkompetenz? signifikant höher als im Kanton Solothurn. Im Ver- gleich zur gesamten Deutschschweiz (534 Punkte) Leistungen im Lesen, in der Mathematik sind die Mathematikleistungen im Kanton Solothurn und in den Naturwissenschaften statistisch signifikant tiefer. Der Unterschied ist mit 10 Punkten allerdings gering. Der Rückstand des An PISA 2012 haben die Kantone Aargau, Solothurn, Kantons Solothurn zum Mittelwert der gesamten Bern, St.Gallen, Tessin sowie alle Kantone der fran- Schweiz (531 Punkte) ist statistisch nicht signifikant. zösischsprachigen Schweiz mit einer repräsentativen Im Lesen erreichen die Schülerinnen und Schüler Stichprobe teilgenommen. Dies ermöglicht, die Leis- des Kantons Solothurn durchschnittlich 497 Punkte. tungen der Schülerinnen und Schüler dieser Kanto- Die Leseleistungen im Kanton Solothurn liegen somit nen miteinander zu vergleichen sowie die einzelnen 10 Punkte unter dem nationalen und dem Deutsch- Kantone mit den durchschnittlichen Leistungswerten schweizer Mittelwert. Dieser Rückstand ist statis- der Gesamtschweiz und der drei Sprachregionen. tisch zwar signifikant, kann aber als klein beurteilt Die Abbildungen 2.1, 2.2 und 2.3 zeigen die werden. Ergebnisse des Kantons Solothurn für die Mathema- Auch in den Naturwissenschaften liegen die tik, das Lesen und die Naturwissenschaften im natio- durchschnittlichen Leistungen der Schülerinnen und nalen Vergleich. In der linken Spalte sind die Abkür- Schüler des Kantons Solothurn mit 510 Punkten zung für den Kanton sowie der entsprechende Mit- geringfügig unter dem gesamtschweizerischen Mit- telwert auf der PISA-Skala aufgeführt. Rechts davon telwert. Der Rückstand des Kantons Solothurn ist sind die Leistungen in Form eines Balkens darge- jedoch statistisch nicht signifikant. In den Naturwis- stellt. Die Gesamtlänge des Balkens gibt den Bereich senschaften erreichen einzig die Schülerinnen und an, in dem die mittleren 90 Prozent der Schülerleis- Schüler des Kantons St.Gallen statistisch signifikant tungen eines Kantons liegen. Die Länge des Balkens bessere Leistungen als der Kanton Solothurn. ist ein Mass für die Spannweite zwischen den bes- ten und den schlechtesten Schülerinnen und Schü- Leistungsschwache und leistungsstarke lern. Der hellblaue Balken umfasst die 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler mittleren Schülerleistungen. Der kleine schwarze Balken stellt jenen Bereich dar, in dem der Mittelwert PISA teilt die Schülerleistungen in sogenannte Kom- mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent liegt. Je petenzniveaus ein. Die Kompetenzniveaus beschrei- kleiner der schwarze Balken, desto zuverlässiger ist ben, was die Schülerinnen und Schüler innerhalb die Schätzung des Mittelwerts. eines Leistungsbereichs wissen und können. Die Leis- In der Mathematik erreichen die Schülerinnen und tungen der Schülerinnen und Schüler lassen sich auf- Schüler des Kantons Solothurn durchschnittlich 524 grund dieser Beschreibungen inhaltlich interpretie- PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 11
Abbildung 2.1: Mathematikleistungen des Kantons Solothurn im nationalen Vergleich Kanton Mittelwert CH 531 CH (d) 534 CH (f) 523 CH (i) 514 SG 552 FR (f) 550 VS (f) 539 VS (d) 535 BE (d) 529 JU 526 AG 524 SO 524 VD 524 BE (f) 516 TI 515 NE 508 GE 502 300 350 400 450 500 550 600 650 700 Mathematikleistung 5. Perzentil 25. Perzentil 75. Perzentil 95. Perzentil Mittelwert +/- 2 SE Abbildung 2.2: Leseleistungen des Kantons Solothurn im nationalen Vergleich Kanton Mittelwert CH 507 CH (d) 507 CH (f) 509 CH (i) 484 VS (f) 527 FR (f) 520 SG 514 VD 512 BE (d) 505 VS (d) 501 GE 501 JU 501 SO 497 BE (f) 496 AG 495 NE 487 TI 485 300 350 400 450 500 550 600 650 700 Leseleistung 5. Perzentil 25. Perzentil 75. Perzentil 95. Perzentil Mittelwert +/- 2 SE 12 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
Abbildung 2.3: Leistungen in den Naturwissenschaften des Kantons Solothurn im nationalen Vergleich Kanton Mittelwert CH 513 CH (d) 520 CH (f) 500 CH (i) 490 SG 531 FR (f) 518 BE (d) 518 VS (f) 517 AG 511 SO 510 VS (d) 510 JU 500 VD 498 BE (f) 493 TI 490 GE 489 NE 485 300 350 400 450 500 550 600 650 700 Leistungen in den Naturwissenschaften 5. Perzentil 25. Perzentil 75. Perzentil 95. Perzentil Mittelwert +/- 2 SE ren. Für alle drei Kompetenzbereiche werden sechs Bildungspolitisch interessant ist vor allem jener Niveaus unterschieden. Anteil Schülerinnen und Schüler, die in der Mathe- matik und im Lesen das Kompetenzniveau 2 nicht INFO 4: Risikogruppe erreichen. PISA bezeichnet diese Schülerinnen und Zur Risikogruppe gehören Schülerinnen und Schüler als Risikogruppe, weil ihre schulischen Leis- Schüler, deren Leistungen in der Mathematik tungen für einen reibungslosen Übergang in die und im Lesen unter dem Kompetenzniveau 2 Berufsbildung oder in weiterführende Schulen der liegen. Für diese Schülerinnen und Schüler Sekundarstufe II nicht genügen (vgl. INFO 4). besteht die Gefahr, dass sie beim Übergang Schülerinnen und Schüler, die das Kompetenz- von der Schule ins Arbeitsleben grossen Proble- niveau 2 in der Mathematik nicht erreichen, sind men gegenüberstehen und in ihrem späteren zwar fähig, vertraute mathematische Aufgaben zu Leben Möglichkeiten für Fort- und Weiter- lösen, die alle relevanten Informationen zur Lösung bildung nicht nutzen können. Für die Naturwis- enthalten. Sie sind auch fähig, einfache Routinever- senschaften wird der Begriff der Risikogruppe fahren gemäss direkten Instruktionen in unmittelbar nicht verwendet, weil die berufliche und gesell- zugänglichen Situationen anzuwenden. Sobald sich schaftliche Integration weniger stringent auf das mathematische Problem jedoch in einem unbe- naturwissenschaftliche Leistungen zurückge- kannten Kontext stellt, tauchen Schwierigkeiten auf. führt werden kann. Jugendliche, die nicht min- Die mathematischen Kompetenzen reichen nicht aus, destens Kompetenzniveau 2 erreichen, haben um alltagsbezogene Probleme zu lösen. aber ungünstige Voraussetzungen, sich in ihrer Schülerinnen und Schüler, die das Kompetenz- Berufsbildung mit naturwissenschaftlichen niveau 2 im Lesen nicht erreichen, sind zwar in der Themen zu beschäftigen. Lage, einfache Texte zu lesen, einzelne Informa- tionen im Text zu finden oder die Bedeutung eines PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 13
Abbildung 2.4: Anteil Schülerinnen und Schüler nach Kompetenzniveau CH 11% 68% 20% CH (d) 11% 66% 22% CH (f) 11% 73% 16% CH (i) 11% 76% 13% FR (f) 5% 71% 24% VS (f) 5% 77% 18% Mathematik VS (d) 7% 74% 19% SG 8% 63% 29% JU 10% 74% 16% TI 11% 76% 13% VD 12% 71% 17% BE (d) 12% 67% 21% SO 13% 67% 19% NE 14% 74% 12% BE (f) 14% 72% 14% AG 14% 65% 20% GE 16% 74% 10% CH 13% 79% 8% CH (d) 13% 79% 8% CH (f) 12% 81% 8% CH (i) 18% 77% 5% VS (f) 5% 87% 8% FR (f) 7% 85% 8% JU 12% 82% 6% Lesen SG 12% 78% 10% VD 12% 79% 9% VS (d) 13% 82% 5% BE (d) 13% 79% 8% GE 14% 81% 6% BE (f) 16% 77% 7% NE 17% 79% 4% SO 17% 75% 8% AG 18% 75% 7% TI 18% 77% 5% CH 12% 80% 8% CH (d) 11% 80% 9% CH (f) 14% 81% 5% CH (i) 15% 81% 4% Naturwissenschaften FR (f) 7% 87% 5% SG 9% 80% 11% VS (f) 9% 84% 7% VS (d) 9% 88% 4% BE (d) 10% 81% 8% JU 11% 85% 4% SO 13% 80% 6% AG 14% 78% 8% TI 15% 82% 4% VD 16% 79% 5% BE (f) 16% 80% 4% GE 16% 81% 3% NE 18% 79% 3% 20% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Risiko (< Niveau 2) mittel (Niveau 2/3/4) sehr hoch (Niveau 5/6) 14 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
definierten Textausschnittes zu erarbeiten. Sie haben schnitt. Dies gilt insbesondere für den Kompetenz- aber Schwierigkeiten, verschiedene Informationen in bereich Lesen. Mit 17 Prozent müssen im Kanton einem Text miteinander in Beziehung zu setzen. Auf- Solothurn statistisch signifikant mehr Schülerinnen grund ihrer Lesekompetenzen können sie nur sehr und Schüler zu den Leseschwachen gezählt werden einfache Leseaufgaben lösen, die sich auf klar loka- als in der Schweiz insgesamt. lisierte Textstellen beziehen. Dies reicht nicht aus, In den Naturwissenschaften beträgt der Anteil um Leseaufgaben zu bewältigen, die sich im Alltag leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler 13 und in Ausbildungssituationen stellen. Schwache Prozent. Dieser Anteil ist tendenziell höher als in der Leserinnen und Leser können somit vom Bildungs- Gesamtschweiz oder der Deutschschweiz, wobei es angebot nicht in gewünschter Weise profitieren. sich hier jedoch um statistisch nicht signifikante Auch haben diese Jugendlichen geringe Chancen auf Unterschiede handelt. eine erfolgreiche Bildungs- und Berufslaufbahn. Der Anteil leistungsstarker Schülerinnen und Schülerinnen und Schüler, die das Kompetenz- Schüler ist in der Mathematik besonders gross. In niveau 2 in den Naturwissenschaften nicht erreichen, diesem Kompetenzbereich erreicht im Kanton Solo- verfügen zwar über beschränktes naturwissenschaft- thurn fast jede fünfte Schülerin bzw. jeder fünfte liches Wissen, das sie auf wenige, vertraute Situa- Schüler das Kompetenzniveau 5 oder 6. Zwischen tionen anwenden können. Ihre Fähigkeiten reichen den Deutschschweizer Kantonen unterscheidet sich aber nicht aus, eine Ausbildungs- und Berufslauf- der Anteil Schülerinnen und Schüler mit sehr hohen bahn einzuschlagen, die ein naturwissenschaftliches Kompetenzen kaum. Einzig im Kanton St.Gallen Verständnis verlangt. Auch im Alltag wird es ihnen erreicht ein statistisch signifikant grösserer Anteil kaum möglich sein, einfache technische oder natur- Schülerinnen und Schüler als im Kanton Solothurn wissenschaftliche Probleme zu verstehen. Für die sehr hohe Kompetenzen in der Mathematik. Naturwissenschaften wird der Begriff der Risikogrup- Im Kompetenzbereich Lesen beträgt der Anteil pe nicht verwendet, weil die berufliche und gesell- leistungsstarker Schülerinnen und Schüler im Kanton schaftliche Integration weniger stringent auf natur- Solothurn 8 Prozent und entspricht somit den Antei- wissenschaftliche Leistungen zurückgeführt werden len für die Gesamtschweiz und die Deutschschweiz. kann. Mit 6 Prozent Schülerinnen und Schülern, die in Abbildung 2.4 zeigt, wie sich die Schülerinnen den Naturwissenschaften das Kompetenzniveau 5 und Schüler auf die Kompetenzniveaus verteilen. Die oder 6 erreichen, liegt Solothurn im Mittelfeld der Prozentanteile leistungsschwacher Schülerinnen und untersuchten Kantone. Dieser Anteil ist tendenziell Schüler variieren je nach Kompetenzbereich. Im Kan- tiefer als die entsprechenden Anteile in der Gesamt- ton Solothurn gehören aufgrund der mathema- schweiz und der Deutschschweiz, jedoch handelt es tischen Leistungen 13 Prozent und aufgrund der sich auch hier um nicht statistisch signifikante Diffe- Leseleistungen 17 Prozent zur Risikogruppe. In den renzen. Naturwissenschaften erreichen 13 Prozent das Kom- petenzniveau 2 nicht. Leistungsunterschiede zwischen In der Mathematik erreichen 13 Prozent der Schü- Mädchen und Knaben lerinnen und Schüler aus dem Kanton Solothurn das Kompetenzniveau 2 nicht. Das sind statistisch signi- Abbildung 2.5 zeigt die Leistungsunterschiede zwi- fikant mehr als im deutschsprachigen Teil des Kan- schen Mädchen und Knaben. In der Abbildung ist tons Wallis oder im Kanton St.Gallen. Im Vergleich für jeden Kompetenzbereich die Differenz zwischen zur gesamten Schweiz unterscheidet sich der Anteil der durchschnittlichen Leistung der Mädchen und leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler hin- Knaben dargestellt. Dunkelblaue Balken weisen auf gegen nicht statistisch signifikant. statistisch signifikante, hellblaue Balken auf statis- Im nationalen Vergleich ist der Anteil Schülerinnen tisch nicht signifikante Unterschiede hin. und Schüler in der Risikogruppe im Kanton Solo- In der Mathematik erreichen die Knaben im Kan- thurn grösser als in den meisten anderen Kantonen ton Solothurn statistisch signifikant höhere Leistun- und grösser als im gesamtschweizerischen Durch- gen als die Mädchen (16 Punkte). Diese Differenz ist PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 15
mit den Geschlechterunterschieden der gesamten chen (15%) als Knaben (11%) der Gruppe der Leis- Schweiz (15 Punkte) und der Deutschschweiz (14 tungsschwachen an. Punkte) vergleichbar. Im Lesen erreichen mit 10 Prozent statistisch sig- Im Lesen erreichen die Mädchen im Kanton Solo- nifikant mehr Mädchen als Knaben (5%) sehr hohe thurn im Durchschnitt 35 Punkte mehr als die Kna- Kompetenzen. Der Anteil leistungsschwacher Schü- ben. Dieser Leistungsunterschied ist tendenziell, aber lerinnen und Schülern ist deutlich grösser. 12 Prozent statistisch nicht signifikant tiefer als die Leistungs- der Mädchen und 22 Prozent der Knaben erreichen unterschiede zwischen Mädchen und Knaben in der das Kompetenzniveau 2 im Lesen nicht. Das bedeu- gesamten Schweiz (38 Punkte) oder in der Deutsch- tet, dass jeder fünfte Knabe im Kanton Solothurn im schweiz (39 Punkte). Lesen zur Risikogruppe gezählt werden muss. Diese In den Naturwissenschaften bestehen im Kanton Schüler sind nicht in der Lage, Leseaufgaben zu Solothurn keine statistisch signifikanten Leistungs- bewältigen, die sich im Alltag und in der Ausbildung unterschiede zwischen Mädchen und Knaben. In stellen. der Gesamtschweiz sind die Leistungen der Knaben Im nationalen Vergleich unterscheiden sich die 6 Punkte und damit statistisch signifikant höher als Anteile leistungsstarker Mädchen und Knaben im diejenigen der Mädchen. Kanton Solothurn nicht von den Anteilen leistungs- Die Leistungsunterschiede in den durchschnitt- starker Mädchen und Knaben in der Gesamtschweiz lichen Leistungen von Mädchen und Knaben wieder- oder der Deutschschweiz. In der Mathematik und in spiegeln sich auch in der Verteilung auf die Kompe- den Naturwissenschaften ist der Anteil leistungs- tenzniveaus. In der Mathematik erreichen im Kanton schwacher Mädchen beziehungsweise Knaben eben- Solothurn 22 Prozent der Knaben sehr hohe Kompe- falls mit den Anteilen der Gesamtschweiz vergleich- tenzen. Der Anteil leistungsstarker Knaben ist in der bar. Einzig die Anteile leseschwacher Mädchen und Mathematik damit statistisch signifikant grösser als Knaben sind im Kanton Solothurn statistisch signifi- der Anteil leistungsstarker Mädchen (17%). Umge- kant grösser als in der ganzen Schweiz und in der kehrt gehören auch statistisch signifikant mehr Mäd- Deutschschweiz. Abbildung 2.5: Unterschiede in den durchschnittlichen Leistungen von Mädchen und Knaben (Differenz Mädchen – Knaben) Knaben Geschlechterunterschied zugunsten Mädchen Mathematik SO 16 CH 15 CH (d) 14 Lesen SO 35 CH 38 CH (d) 39 Naturwissenschaften SO 8 CH 6 CH (d) 5 60 40 20 0 20 40 60 statistisch signifikante Unterschiede Punkte auf der Leistungsskala statistisch nicht signifikante Unterschiede 16 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
Mathematikleistungen Objekte aus einer anderen Perspektive gezeichnet nach mathematischen Inhalten beziehungsweise wiedererkannt werden müssen (mentale Rotation). Da der Kompetenzbereich Mathematik den thema- • Der Inhaltsbereich Wahrscheinlichkeit und Statis- tischen Schwerpunkt von PISA 2012 bildet, ist es tik bezieht sich auf die Interpretation und das möglich, die Mathematikleistung nach weiteren Leis- Auseinandersetzen mit Daten bzw. mit verschie- tungsfacetten zu differenzieren. So ordnet PISA die denen Arten der Datendarstellung. Diese Kate- Aufgaben in vier Bereiche mathematischer Inhalte, gorie beinhaltet Aufgaben, in welchen mehrheit- die jeweils unterschiedliche mathematische Kenntnis- lich stochastisches Denken vorausgesetzt wird. So se und Denkweisen voraussetzen: werden die Schülerinnen und Schüler beispiels- weise dazu aufgefordert, Diagramme zu interpre- • Die Aufgaben des Inhaltsbereichs Veränderung tieren oder die Wahrscheinlichkeit bestimmter und funktionale Abhängigkeiten fokussieren auf Ereignisse zu berechnen. funktionale Beziehungen zwischen Objekten und Im Folgenden werden die Leistungen in diesen den mathematischen Prozessen, die sich aus Inhaltsbereichen für den Kanton Solothurn, die Änderungen dieser Beziehungen ergeben. Typisch Deutschschweiz sowie die Schweiz mit der Gesamt- für diese Kategorie sind z. B. Textaufgaben, in wel- leistung in der Mathematik (Gesamtmittelwert) ver- chen Reisezeiten basierend auf Angaben zu Dis- glichen. Da die Leistungen der vier Inhaltsbereiche tanzen und Durchschnittsgeschwindigkeiten be- jeweils im Vergleich zum Gesamtmittelwert be- rechnet werden müssen. rechnet werden, können relative Schwächen und • Aufgaben zum Quantitativen Denken umfassen Stärken im Rahmen der Mathematikleistung eruiert Vergleiche und Berechnungen beruhend auf werden. Tabelle 2.1 zeigt, wie stark die Ergebnisse in quantitativen Beziehungen und numerischen den vier Inhaltsbereichen vom Gesamtmittelwert der Eigenschaften von Objekten und Ereignissen. Mathematikleistung abweichen. Bedeutende relative Dieser Inhaltsbereich liegt am nächsten bei der Schwächen (Abweichungen von mehr als –10 Punk- Arithmetik und bezieht sich auf Aufgaben, in wel- ten) sind rot, bedeutende relative Stärken (Abwei- chen zum Beispiel Masseinheiten geordnet oder chungen von mehr als +10 Punkten) sind blau ein- Anteile berechnet werden müssen. gefärbt. • Aufgaben zum Inhaltsbereich Raum und Form Die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler beinhalten räumliche Beziehungen zwischen des Kantons Solothurn weisen einzig im Inhaltsbe- Objekten, Messergebnissen und weitere geo- reich Wahrscheinlichkeit und Statistik eine deutliche, metrische Aspekte des räumlichen Denkens. Die- relative Schwäche auf. Tendenziell zeigen sich für ser Inhaltsbereich entspricht am ehesten dem den Kanton Solothurn relative Stärken in den Berei- Lehrplanbereich Geometrie und beinhaltet Aufga- chen Veränderung und funktionale Abhängigkeiten ben, in welchen beispielsweise dreidimensionale und Raum und Form. Tabelle 2.1: Abweichungen der Ergebnisse in den vier Inhaltsbereichen der Mathematik vom Gesamtmittelwert der Mathematikleistung Gesamtmittelwert Abweichungen in Punkten Mathematik Veränderung Quantitatives Raum und Wahrschein- und funktionale Denken Form lichkeit Abhängigkeiten und Statistik SO 524 –1 +7 +8 –14 CH 531 –1 –1 +15 –10 CH (d) 534 +1 +1 +14 –10 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 17
Tabelle 2.2: Abweichungen der Ergebnisse in den drei Prozessen vom Gesamtmittelwert der Mathematikleistung Gesamtmittelwert Abweichungen in Punkten Mathematik Formulieren Anwenden Interpretieren SO 524 +11 –3 –5 CH 531 +8 –2 –3 CH (d) 534 +10 –3 –4 Ein ähnliches Stärken-Schwächen-Profil wie im • Anwenden heisst Lösungsstrategien einsetzen, Kanton Solothurn zeigt sich für die gesamte Schweiz. um mathematische Fragestellungen erfolgreich zu In der Schweiz erzielen die Schülerinnen und Schü- bearbeiten. Dazu gehört beispielsweise das Lösen ler im Inhaltsbereich Raum und Form ein im Ver- einer Gleichung oder das Entnehmen mathema- gleich zum Gesamtmittelwert markant besseres tischer Informationen aus Tabellen oder Abbil- Ergebnis (+15 Punkte). Eine relative Schwäche lässt dungen. sich hingegen im Bereich Wahrscheinlichkeit und • Interpretieren meint, mathematische Ergebnisse Statistik feststellen (–10 Punkte). Mit der Einfüh- beurteilen, reflektieren und anwenden. Dazu rung des Lehrplans 21 wird Statistik zu einem eige- gehört beispielsweise das Bewerten der Lösung nen Kompetenzbereich. Es ist zu hoffen, dass mit einer mathematischen Problemstellung. dieser stärkeren Gewichtung statistischer Lerninhal- Tabelle 2.2 zeigt, wie stark die Ergebnisse in den drei te die relative Schwäche in diesem Bereich der Prozessen vom Gesamtmittelwert der Mathematik- Mathematik ausgeglichen werden kann. leistung abweichen. Bedeutende relative Schwächen (Abweichung von mehr als –10 Punkten) wurden Mathematikleistungen rot, bedeutende relative Stärken (Abweichung von nach mathematischen Prozessen mehr als +10 Punkten) blau eingefärbt. Bei den mathematischen Prozessen kann für den Eine weitere Differenzierung der Mathematikkom- Kanton Solothurn eine bedeutsame Stärke im Prozess petenzen lässt sich aufgrund mathematischer Akti- Formulieren festgestellt werden. In den Prozessen vitäten beziehungsweise mathematischer Prozesse Anwenden und Interpretieren sind unbedeutende vornehmen. Folgende drei Prozesse werden unter- Schwächen erkennbar. Das Profil des Kantons Solo- schieden: thurn ist demnach demjenigen der Schweiz be- • Formulieren bedeutet, eine Situation in mathema- ziehungsweise der gesamten Deutschschweiz sehr tische Strukturen und Repräsentationen zu über- ähnlich. tragen. Dazu gehört beispielsweise das Erkennen von Gesetzmässigkeiten und Mustern oder das Übertragen von alltäglichen Situationen in mathe- matische Formeln. 18 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
3 Migrationshintergrund und Leistungen Ein grosser Teil der Leistungsunterschiede am Ende rinnen und Schüler, die zu Hause Deutsch sprechen. der obligatorischen Schulbildung lässt sich durch Die zweite Gruppe umfasst die einheimischen Schü- individuelle Merkmale der Schülerinnen und Schü- lerinnen und Schüler, die zu Hause – weil sie z. B. aus ler, insbesondere durch den Migrationshintergrund, der Romandie oder dem Tessin zugezogen sind – die Kenntnis der Schulsprache und der sozialen eine andere Sprache als Deutsch sprechen. Die drit- Herkunft erklären. Welche Leistungen erbringen te Gruppe umfasst die Schülerinnen und Schüler mit Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Migrationshintergrund, die zu Hause die Schulspra- Herkunftsmerkmalen im Kanton Solothurn? Wie gut che Deutsch sprechen und die vierte Gruppe die gelingt es dem Kanton Solothurn, Schülerinnen und fremdsprachigen Schülerinnen und Schüler mit Schüler mit Migrationshintergrund zu fördern? Migrationshintergrund. Im Kanton Solothurn gehören 79 Prozent der Leistungen in Mathematik und im Lesen Jugendlichen zur Gruppe der deutschsprachigen Ein- nach Herkunftsmerkmalen heimischen. 3 Prozent der Schülerinnen und Schüler zählen zur Gruppe der fremdsprachigen Einheimi- In der Schweiz hat der Anteil an Schülerinnen und schen. 8 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Schülern mit Migrationshintergrund in den letzten Kanton Solothurn haben einen Migrationshinter- Jahrzehnten – wie in den meisten OECD-Ländern – grund und sprechen zu Hause die Schulsprache zugenommen. 2012 sind in der Schweiz 24 Prozent Deutsch. 10 Prozent der Jugendlichen haben einen der Schülerinnen und Schüler im Ausland geboren Migrationshintergrund und sprechen zu Hause nicht oder haben Eltern, die im Ausland geboren wurden. die Schulsprache Deutsch. Die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter- In Abbildung 3.1 sind die Leistungsunterschiede grund verfügen oft über ungenügende Kenntnisse zwischen den verschiedenen Schülergruppen in der Schulsprache und sie stammen überproportional Mathematik dargestellt. Die Balken zeigen, wie sich häufig aus sozioökonomisch benachteiligten Fami- die Mathematikleistungen zwischen den einheimi- lien. Diese Kumulation von Herkunftseffekten er- schen Schülerinnen und Schülern und denjenigen schwert für viele Schülerinnen und Schülern mit mit Migrationshintergrund im Kanton Solothurn Migrationshintergrund den Bildungserfolg. Ein zen- beziehungsweise in der gesamten Schweiz unter- trales Anliegen der Bildungspolitik ist es deshalb, den scheiden. Um zu beurteilen, inwieweit die Leistun- Bedürfnissen einer heterogenen Schülerschaft ge- gen der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshin- recht zu werden und die Leistungsunterschiede zwi- tergrund auf die soziale Herkunft zurückzuführen schen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sind, wurde zudem die Bedeutung des soziökonomi- kultureller und sozialer Herkunft möglichst gering zu schen Hintergrunds statistisch kontrolliert. halten. 5 Im Kanton Solothurn beträgt der Leistungsunter- Um zu zeigen, wie gut es dem Kanton Solothurn schied zwischen den einheimischen Schülerinnen und gelingt, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedli- Schülern und den deutschsprachigen Schülerinnen cher kultureller und sozialer Herkunft zu fördern, und Schüler mit Migrationshintergrund 60 Punkte. werden die Jugendlichen in vier Gruppen eingeteilt. Die durchschnittliche Mathematikleistung der fremd- Die erste Gruppe umfasst die einheimischen Schüle- sprachigen Schülerinnen und Schüler liegt 73 Punk- 5 OECD (2013b). PISA 2012 Results: Excellence Through Equity. Giving Every Student the Chance to Succeed (Volume II). PISA, OECD Publishing. PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 19
INFO 5: Migrationshintergrund, Kenntnis Soziale Herkunft der Schulsprache, Index der sozialen Herkunft Aufgrund der Angaben der Schülerinnen und Schüler im Fragebogen wird in der PISA-Studie ein Migrationshintergrund Index des wirtschaftlichen, sozialen und kulturel- Für die Bestimmung des Migrationshintergrunds len Status (ESCS) gebildet, im Folgenden kurz nutzt PISA den Geburtsort. Zu den Schülerinnen Index der sozialen Herkunft genannt. Der Index und Schülern mit Migrationshintergrund gehö- setzt sich aus der höchsten beruflichen Stellung ren jene Schülerinnen und Schüler, die wie ihre der Eltern, dem höchsten Bildungsabschluss der Eltern im Ausland geboren sind (erste Generation) Eltern und den im Elternhaus vorhandenen Besitz- sowie Schülerinnen und Schüler, die in der tümern zusammen. Die Skala wurde so normiert, Schweiz geboren sind, deren Eltern jedoch im dass der Mittelwert der OECD-Länder M = 0 und Ausland geboren sind (zweite Generation). Alle die Standardabweichung SD = 1 beträgt. Somit anderen Schülerinnen und Schüler werden als ein- erreichen innerhalb der OECD rund zwei Drittel heimische Schülerinnen und Schüler bezeichnet. der Schülerinnen und Schüler Indexpunkte zwi- schen –1 und +1, 95 Prozent Indexpunkte zwi- Sprache zu Hause schen –2 und +2 und nahezu alle Schülerinnen Als Indikator für die Kenntnis der Schulsprache und Schüler Indexpunkte zwischen –3 und +3. Ein wurde die zu Hause gesprochene Sprache erfasst. negativer Wert bedeutet nicht zwingend, dass die Schülerinnen und Schüler, die sich zu Hause vor- Fragen negativ beziehungsweise verneinend wiegend in der Schulsprache unterhalten, wer- beantwortet wurden, sondern lediglich, dass im den als deutschsprachig bezeichnet; Schülerinnen Vergleich zum OECD-Mittelwert weniger stark und Schüler, die sich zu Hause vorwiegend in einer zugestimmt wurde. Umgekehrt verweisen posi- anderen Sprache als der Schulsprache unterhalten, tive Werte darauf, dass die Zustimmung stärker werden als fremdsprachig bezeichnet. ist als im OECD-Mittelwert. te unter der Leistung der einheimischen Schülerinnen Im Lesen sind die Leistungsunterschiede zwischen und Schüler. Beide Leistungsrückstände sind als gross den fremdsprachigen Schülerinnen und Schüler mit zu beurteilen. Migrationshintergrund und den deutschsprachigen Nach der statistischen Kontrolle der sozialen Her- einheimischen Schülerinnen und Schülern ähnlich kunft werden die Leistungsrückstände der Schülerin- gross wie in der Mathematik. Im Kanton Solothurn nen und Schüler mit Migrationshintergrund geringer. erreichen die fremdsprachigen Schülerinnen und Diese Verringerung ist sowohl in der Schweiz als auch Schüler mit Migrationshintergrund 70 Punkte weni- im Kanton Solothurn bei fremdsprachigen Schülerin- ger als einheimische Schülerinnen und Schüler. Nach nen und Schülern statistisch signifikant. Bei gleicher der statistischen Kontrolle der sozialen Herkunft sozialer Herkunft reduziert sich ihre Leistungsdiffe- reduziert sich die Leistungsdifferenz zwischen den renz zu den einheimischen Schülerinnen und Schü- fremdsprachigen und den deutschsprachigen einhei- lern im Kanton Solothurn auf 44 Punkte. Trotzdem mischen Schülerinnen und Schülern. Es verbleibt aber bleiben bedeutsame und statistisch signifikante ein statistisch signifikanter Leistungsrückstand von Unterschiede bestehen, die nicht mit der sozioöko- 42 Punkten. Auch die Leseleistungen der deutsch- nomischen Herkunft, beispielsweise durch die feh- sprachigen Schülerinnen und Schüler mit Migra- lende Unterstützung durch die Familie, erklärt wer- tionshintergrund unterschieden sich im Kanton Solo- den können. Auch die deutschsprachigen Schülerin- thurn statistisch signifikant von den Leseleistungen nen und Schüler mit Migrationshintergrund weisen der deutschsprachigen Einheimischen. Dabei redu- bei gleicher sozialer Herkunft einen Leistungsrück- ziert sich der Rückstand bei statistischer Kontrolle stand von 44 Punkten auf und unterscheiden sich der sozialen Herkunft von 70 auf 43 Punkte. somit nicht von den fremdsprachigen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. 20 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn
Abbildung 3.1: Leistungsrückstand in der Mathematik der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund AG Mit Migrationshintergrund und (8%) –60 Schulsprache zu Hause –44 Mit Migrationshintergrund (10%) –73 fremdsprachig –44 CH Mit Migrationshintergrund und (11%) –44 Schulsprache zu Hause –36 Mit Migrationshintergrund (12%) –61 fremdsprachig –41 –80 –70 –60 –50 –40 –30 –20 –10 0 Abweichung in Punkten Differenz zu den einheimischen Schülerinnen und Schülern Differenz zu den einheimischen Schülerinnen und Schülern nach Kontrolle der sozialen Herkunft Anmerkungen: Die Balken in der Abbildung zeigen die Differenz in den Mathematikleistungen zwischen Schülerinnen und Schülern mit Migra- tionshintergrund und den deutschsprachigen einheimischen Schülerinnen und Schülern. In Klammer ist der prozentuale Anteil Schülerinnen und Schüler mit den entsprechenden Herkunftsmerkmalen angegeben. Verteilung der Schülerinnen und Schüler Kanton Solothurn. Als Vergleichswert ist der gesamt- mit unterschiedlichen Herkunfts- schweizerische Anteil als dunkelblauer Punkt darge- merkmalen auf die Kompetenzniveaus stellt. in Mathematik und Lesen Im Kanton Solothurn erreichen 8 Prozent der deutschsprachigen einheimischen Schülerinnen und Der Einfluss der individuellen Herkunftsmerkmale Schüler in der Mathematik das Kompetenzniveau 2 wiederspiegelt sich auch in der Verteilung der Schü- nicht. Sie gehören zur Risikogruppe. Für diese Schü- lerinnen und Schüler auf die Kompetenzniveaus. Ins- lerinnen und Schüler besteht die Gefahr, dass sie besondere für fremdsprachige Schülerinnen und beim Übergang von der Schule ins Arbeitsleben Schüler mit Migrationshintergrund ist die Chance, grossen Problemen gegenüberstehen und in ihrem sehr hohe Kompetenzen zu erreichen, geringer als späteren Leben Möglichkeiten für Fort- und Weiter- für deutschsprachige einheimische Schülerinnen und bildungen nicht nutzen können. Im Vergleich zum Schüler. Umgekehrt sind Schülerinnen und Schüler gesamtschweizerischen Durchschnitt (7 Prozent) ist mit Migrationshintergrund sowie fremdsprachige dies kein statistisch signifikant grösserer Anteil. Schülerinnen und Schüler in der Risikogruppe über- Bei den fremdsprachigen Schülerinnen und Schü- vertreten. lern mit Migrationshintergrund ist der Anteil Schüle- Abbildung 3.2 zeigt zum einen den Anteil Schü- rinnen und Schüler in der Risikogruppe statistisch lerinnen und Schüler, die in der Mathematik das signifikant grösser als bei den einheimischen Schü- Kompetenzniveau 2 nicht erreichen und damit zur lerinnen und Schülern. 32 Prozent der fremdsprachi- Risikogruppe gezählt werden müssen und zum ande- gen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter- ren den Anteil Schülerinnen und Schüler, die in der grund müssen zur Risikogruppe gezählt werden. Das Mathematik sehr hohe Kompetenzen erreichen heisst, dass nahezu jede dritte fremdsprachige Schü- (Kompetenzniveau 5 und 6). Die blauen Balken zei- lerin und jeder dritte fremdsprachige Schüler im Kan- gen die Anteile einer bestimmten Schülergruppe im ton Solothurn das Kompetenzniveau 2 in der Mathe- PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 21
Abbildung 3.2: Anteil Schülerinnen und Schüler nach Kompetenzniveau in der Mathematik nach Herkunftsmerkmalen Kompetenzniveau
4 Schulstruktur und Leistung Die Sekundarstufe I ist in der Deutschschweiz durch den sich die durchschnittlichen Leistungen entspre- die Zuteilung der Schülerinnen und Schüler zu chend dem Anspruchsniveau deutlich. Im Gymna- Schultypen mit unterschiedlichen Leistungsansprü- sium beträgt der Mittelwert in Mathematik 623 chen geprägt. Wie sieht im Kanton Solothurn die Punkte, in der Bezirksschule 561 Punkte, in der Leistungsverteilung in den verschiedenen Schul- Sekundarschule 479 Punkte und in der Oberschule typen der Sekundarstufe I aus? Welche Leistungs- 422 Punkte. Die Leistungsunterschiede zwischen überschneidungen zeigen sich zwischen dem Gym- der Bezirks- und der Sekundarschule sowie zwischen nasium, der Bezirksschule, der Sekundarschule und der Bezirksschule und dem Gymnasium betragen der Oberschule? damit mehr als ein PISA-Kompetenzniveau in Mathematik (62 Punkte). Ähnlich gross sind die Fachliche Leistungen nach Schultyp Leistungsunterschiede zwischen den Schultypen in den Kompetenzbereichen Lesen und Naturwissen- In der Schweiz werden die Schülerinnen und Schü- schaften. ler auf der Sekundarstufe I mehrheitlich in Schul- typen mit unterschiedlichen Leistungsansprüchen Mathematikleistungen der Schulen unterrichtet. Im Kanton Solothurn wechseln die nach Schultyp Schülerinnen und Schüler nach sechs Jahren Primar- schule in das Gymnasium, die Bezirksschule, die Die deutlichen Leistungsunterschiede zwischen den Sekundarschule oder die Oberschule. Schülerinnen und Schülern zeigen sich auch in der Gemäss den Zahlen der PISA-Stichprobe besuch- Darstellung der Mathematikleistungen der Schulen. ten im Schuljahr 2012/13 18 Prozent der Schülerin- Abbildung 4.1 zeigt die Schulen der Deutschschweiz nen und Schüler das Gymnasium, jeweils 33 Prozent (weisse Punkte) und des Kantons Solothurn (farbige eine Bezirks- oder Sekundarschule und 15 Prozent Punkte). Die Position einer Schule wird durch die die Oberschule. Tabelle 4.1 zeigt für den Kanton durchschnittlichen Mathematikleistungen (Vertikale) Solothurn die Leistungsmittelwerte in den drei Kom- und den durchschnittlichen Index zur sozialen Her- petenzbereichen Lesen, Mathematik und Natur- kunft (Horizontale) bestimmt. Der Mittelwert des wissenschaften nach den verschiedenen Schultypen Indexes einer Schule wird als Indikator der sozialen der Sekundarstufe I. Erwartungsgemäss unterschei- Zusammensetzung der Schule genutzt. Tabelle 4.1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Leistungen in den drei Kompetenzbereichen nach den Schultypen der Sekundarstufe I im Kanton Solothurn Anteil Mathematik Lesen Naturwissenschaften Schüler/innen M SD M SD M SD Gymnasium 18% 623 55 598 55 588 54 Bezirksschule 34% 561 63 529 65 547 63 Sekundarschule 33% 479 57 455 64 475 63 Oberschule 15% 422 60 398 65 415 63 PISA 2012: Porträt des Kantons Solothurn 23
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