Knochen-erkrankungen - Fortbildung und Informationen für Fachleute - Schwerpunkt - Rheuma Schweiz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Fortbildung und Informationen für Fachleute Schwerpunkt Knochen- erkrankungen 3 Mai 2016 www.rheuma-schweiz.ch
In 5 Jahren kann sich vieles ändern – die Wirksamkeit von SIMPONI® hält an.*,1– 3 Etwa 70 % der RA, AS und PsA Patienten waren auch nach 5 Jahren noch auf Therapie.#,1– 3 Von Anfang an bei DMARD-Versagen: Simponi® bei RA*, AS und PsA.#,1– 3 DMARD: krankheitsmodifizierendes Antirheumatikum; RA: Rheumatoide Arthritis; AS: Ankylosierende Spondylitis; PsA: Psoriasis Arthritis. * Nur in Kombination mit Methotrexat. # 80.9 % der RA Patienten mit Simponi 50 mg einmal im Monat waren nach 252 Wochen noch immer auf Therapie. 3 Referenzen: 1. Deodhar A et al. Golimumab administered subcutaneously every 4 weeks in ankylosing spondylitis: 5-year results of the GO-RAISE study. Ann Rheum Dis. 2015;74(4):757 – 761. 2. Kavanaugh A et al. Clinical efficacy, radiographic and safety findings through 5 years of subcutaneous golimumab treatment in patients with active psoriatic arthritis: results from a long-term extension of a randomised, placebo-controlled trial (the GO-REVEAL study). Ann Rheum Dis. 2014;73(9):1689 – 1694. 3. Keystone E.C. et al. Safety and Efficacy of Subcutaneous Golimumab in Patients with Active Rheumatoid Arthritis despite Methotrexate Therapy: Final 5-year Results of the GO-FORWARD Trial. J Rheumatol 2016; 43: 298 – 306. Kurzfachinformation Simponi®. Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die vollständige Fachinformation, publiziert auf der Homepage von Swissmedic (www.swissmedic.ch oder www.swissmedicinfo.ch). Simponi® (Golimumab): monoklonaler Antikörper, der an den menschlichen Tumornekrosefaktor alpha (TNFα) bindet. Eine Fertigspritze (0,5 ml bzw 1 ml) oder ein vorgefüllter Injektor (0,5 ml bzw 1 ml) enthält 50 mg bzw 100 mg Golimumab. Indikationen: Aktive Rheumatoide Arthritis (RA): Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, wenn das Ansprechen auf eine Therapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs), einschliesslich MTX, unzureichend gewesen ist. Zur Behandlung der schweren, aktiven und progredienten rheumatoiden Arthritis bei MTX-naiven Erwachsenen, verringert in Kombination mit MTX die radiographische Progression und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Axiale Spondyloarthritis. Ankylosierende Spondylitis (AS): bei Erwachsenen mit schwerer, aktiver ankylosierender Spondylitis, die auf konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Nicht-radiographische axiale Spondyloarthritis (nr-axiale SpA): bei Erwachsenen mit schwerer, aktiver nichtradiographischer axialer Spondyloarthritis mit objektiven Anzeichen einer Entzündung mit erhöhtem CRP und Magnetresonanztomographie (MRT)-Befund,die auf NSAIDs unzureichend angesprochen haben oder diese nicht vertragen. Aktive Psoriatische Arthritis (PsA): als Monotherapie oder in Kombination mit MTX bei erwachsenen Patienten, deren Ansprechen auf eine vorhergehende antirheumatische Basistherapie (DMARD-Therapie) unzureichend war. Zur Verringerung der radiographischen Progression der peripheren Gelenkschäden und zur Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit. Colitis ulcerosa (CU): Behandlung der mässigen bis schweren, aktiven Colitis ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie, einschliesslich Kortikosteroiden und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA) unzureichend angesprochen, diese nicht vertragen oder eine medizinische Kontraindikation gegenüber einer solchen Therapie haben. Art der Anwendung und Dosierung: RA: Simponi® 50 mg ist subkutan zu injizieren und 1 × / Monat, jeweils am selben Tag des Monats, in Kombination mit MTX zu verabreichen. AS / nr-axiale SpA / PsA: Simponi® 50 mg sc × / Monat, jeweils am selben Tag des Monats. Patienten mit einem Körpergewicht > 100 kg: für alle oben genannten Indikationen ist bei Patienten mit einem Körpergewicht > 100 kg, die nach 3 oder 4 Dosen kein ausreichendes klinisches Ansprechen erzielen, eine Erhöhung der Dosis von Golimumab auf 100 mg einmal monatlich abzuwägen. CU: Patienten mit einem Körpergewicht < 80 kg: Simponi® 200 mg sc initial, gefolgt von 100 mg sc nach 2 Wochen, danach alle 4 Wochen 50 mg sc. Patienten mit einem Körpergewicht ≥ 80 kg: Simponi® 200 mg sc initial, gefolgt von 100 mg sc nach 2 Wochen, danach alle 4 Wochen 100 mg sc. Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose (TB) oder andere schwere Infektionen wie eine Sepsis und opportunistische Infektionen. Mittelschwere oder schwere Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III / IV) Vorsichtsmassnahmen: Simponi® wird nicht empfohlen für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Simponi darf nicht bei Patienten mit einer klinisch relevanten akuten Infektion angewendet werden. Bei der Erwägung der Anwendung von Simponi bei Patienten mit einer chronischen Infektion bzw. mit einer anamnestisch bekannten rezidivierenden Infektion ist Vorsicht geboten. Patienten müssen vor, während und nach der Behandlung mit Simponi ® engmaschig auf Infektionen, einschliesslich Tuberkulose, überwacht werden. Bei Auftreten einer schweren Infektion oder einer Sepsis muss die Behandlung abgesetzt werden. Bei Auftreten einer neuen schwerwiegenden Infektion oder einer Sepsis ist die Anwendung von Simponi zu unterbrechen und eine geeignete antimikrobielle oder antimykotische Therapie einzuleiten, bis die Infektion unter Kontrolle ist. Bei Patienten, die in Gebieten gewohnt haben oder in Gebiete gereist sind, in denen systemische Mykosen, z. B. Histoplasmose, Kokzidioidomykose oder Blastomykose, endemisch vorkommen, ist das Nutzen-Risi- ko-Verhältnis einer Behandlung mit Simponi vor deren Einleitung oder Weiterführung sorgfältig abzuwägen. Bei diesen Risikopatienten muss eine invasive Pilzinfektion vermutet werden, falls eine schwerwiegende systemische Erkrankung auftritt. Vor der Einleitung einer Therapie mit Simponi müssen alle Patienten hinsichtlich einer aktiven oder inaktiven («latenten») Tuberkulose beurteilt werden. Diese Beurteilung muss eine ausführliche klinische Anamnese umfassen. Eine Reaktivierung einer Hepatitis B trat bei Patienten auf, die chronische Träger dieses Virus sind und die mit einem TNF-Antagonisten, einschliesslich Simponi®, behandelt wurden. Die Patienten sind auf das Vorliegen einer HBV-Infektion zu testen, bevor die Behandlung mit Simponi® eingeleitet wird. Bei Patienten, die positiv auf eine HBV-Infektion getestet werden, wird empfohlen, einen in der Behandlung der Hepatitis B erfahrenen Arzt zu konsultieren. Träger des Hepatitis-B-Virus sind während der gesamten Behandlungsdauer und bis mehrere Monate nach Therapieende engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer aktiven HBV-Infektion zu überwachen. Bei Patienten, bei denen es zu einer HBV-Reaktivierung kommt, ist die Therapie mit Simponi abzusetzen und eine effektive antivirale Therapie mit angemessener unterstützender Behandlung ist einzuleiten. Bei Patienten mit malignen Erkrankungen in der Anamnese sowie bei Patienten, bei denen eine maligne Erkrankung auftritt und die weiterbehandelt werden sollen, ist bei der Erwägung der Anwendung von TNF-Blockern Vorsicht geboten. Fälle von Leukämie wurden bei Patienten berichtet, die mit einem TNF-Antagonisten, einschliesslich Simponi, behandelt wurden. Nach der Markteinführung wurden seltene Fälle von hepatosplenalen T-Zell-Lymphomen bei Patienten berichtet, die mit anderen TNF-Blockern behandelt wurden. Diese seltene Form eines T- Zell-Lymphoms hat einen sehr aggressiven Krankheitsverlauf und verläuft meistens tödlich. Die Mehrheit der Fälle trat bei adoleszenten und jungen erwachsenen Männern auf, die fast alle eine gleichzeitige Behandlung mit Azathioprin (AZA) oder 6-Mercaptopurin (6-MP) wegen chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erhielten. Das potentielle Risiko der Kombination von AZA oder 6- MP und Simponi sollte sorgfältig bedacht werden. Alle Patienten mit Colitis ulcerosa, die ein erhöhtes Risiko für eine Dysplasie oder ein Kolonkarzinom haben (z. B. Patienten mit seit langer Zeit bestehender Colitis ulcerosa oder primär sklerosierender Cholangitis) oder die in der Vorgeschichte eine Dysplasie oder ein Kolonkarzinom aufweisen, sollten vor der Therapie und während des Krankheitsverlaufs in regelmässigen Intervallen auf Dysplasien untersucht werden. Diese Untersuchung sollte eine Koloskopie und Biopsien gemäss lokaler Empfehlungen einschliessen. Bei Patienten unter Simponi mit neu diagnostizierten Dysplasien müssen Risiken und Nutzen für den individuellen Patienten sorgfältig überprüft werden und es sollte geprüft werden, ob die Therapie weitergeführt werden soll. Regelmässige Hautuntersuchungen werden für alle Patienten empfohlen, besonders für solche mit Risikofaktoren für Hautkrebs. Bei Patienten mit leichter Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse I / II) ist Simponi mit Vorsicht anzuwenden. Die Patienten sind engmaschig zu überwachen. Bei Patienten mit einer vorbestehenden oder vor kurzem neu aufgetretenen demyelinisierenden Erkrankung ist vor der Einleitung der Therapie mit Simponi das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Behandlung mit einem TNF-Blocker sorgfältig abzuwägen. Treten bei einem Patienten nach der Behandlung mit Simponi Symptome auf, die auf ein Lupus-ähnliches Syndrom hindeuten, und wird der Patient positiv auf Antikörper gegen doppelsträngige DNA (dsDNA) getestet, so ist die Therapie mit Simponi abzusetzen. Ein Abbruch der Simponi-Therapie sollte bei Patienten mit bestätigten erheblichen hämatologischen Auffälligkeiten erfolgen. Die Anwendung von Simponi® bei Schwangeren wird nicht empfohlen; Simponi® darf in der Schwangerschaft nur dann verabreicht werden, wenn dies eindeutig medizinisch indiziert ist. Mögliche Medikationsfehler; Simponi ist in den Stärken 50 mg und 100 mg für die subkutane Verabreichung zugelassen. Wichtig ist, die richtige Stärke zu verwenden, damit die unter «Dosierung» genannte korrekte Dosis verabreicht wird. Um sicherzustellen, dass die Patienten nicht unter- oder überdosiert werden, muss auf die Verabreichung der richtigen Stärke besonders geachtet werden. Interaktionen: Keine Anwendung in Kombination mit anderen Biologika, einschliesslich Anakinra oder Abatacept. Lebendimpfstoffe dürfen nicht gleichzeitig mit Simponi ® angewendet werden. Unerwünschte Wirkungen: Sehr häufig: Infektionen der oberen Atemwege. Häufig: Bakterielle Infektionen, virale Infektionen, Infektion der unteren Atemwege, Bronchitis, Sinusitis, oberflächliche Pilzinfektionen,Abszess, Anämie, allergische Reaktionen (Bronchospasmus, Überempfindlichkeit, Urtikaria), Auto-Antikörperpositiv, Depression, Schlaflosigkeit, Schwindel, Parästhesien, Kopfschmerzen, Hypertonie, Asthma und verwandte Symptome, Dyspepsie, gastrointestinale und abdominale Schmerzen, Übelkeit, entzündliche Magen- und Darmerkrankungen, Stomatitis, Leberfunktionstörungen, Alopezie, Dermatitis, Juckreiz, Hautausschlag, Fieber, Asthenie, Reaktionen an der Injektionsstelle, Beschwerden im Brustbereich, Knochenbrüche. Packungen: Packung mit 1 Fertigspritze, sowie Packung mit 1 vorgefüllten Injektor. Lagerungshinweise: Im Kühlschrank lagern (2° C – 8° C). Nicht einfrieren. Die Fertigspritze / den vorgefüllten Injektor in der Originalpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen. [B] Zulassungsinhaberin: MSD Merck Sharp & Dohme AG, Werftestrasse 4, CH-6005 Luzern. Stand der Fachinformation: Dezember 2015. GAST-1181883-0000. Erstellungsdatum: April 2016. Standard-Sicherheitshinweise für Simponi ® . Gegenanzeigen.* Simponi® darf nicht angewendet werden bei: • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. • Aktiver Tuberkulose (TB) oder anderen schweren Infektionen wie einer Sepsis und opportunistischen Infektionen. • Mittelschwerer oder schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III / IV). Sicherheitshinweise. } Vor Behandlungsbeginn. Die Simponi® Patienten-Hinweiskarte enthält wichtige Sicherheitsinformationen für den Patienten. Jeder Patient muss sie erhalten und erklärt bekommen. Während und bis zu 6 Monaten nach der Behandlung mit Simponi ® müssen die Patienten jeder Ärztin/jedem Arzt bei der/dem sie sich behandeln lassen, die Hinweiskarte vorlegen. Vor Beginn einer Therapie mit Simponi ® müssen Patienten untersucht werden auf: • Tuberkulose (TB) : Aktive und latente Erkrankung. Patienten mit aktiver TB dürfen nicht mit Simponi ® behandelt werden. Wird eine latente TB nachgewiesen, muss vor Beginn der Simponi ®-Behandlung eine geeignete Therapie durchgeführt werden. • (Frühere) HBV-Infektion: Die Erfolgsaussichten einer anti-viralen Therapie zur Verhinderung einer HBV-Reaktivierung bei Patienten unter TNF-Antagonisten sind nicht bekannt. HBV-Träger müssen engmaschig bezüglich einer HBV-Reaktivierung kontrolliert werden. } Während der Behandlung. Erforderliche Überwachung von Patienten, die mit Simponi® behandelt werden: • Alle Patienten auf das Auftreten von Infektionen, einschliesslich Sepsis und Tuberkulose. • Alle Patienten auf das Neuauftreten oder eine Verschlechterung einer Herzinsuffizienz. • HBV-Träger auf Hepatitis B. • Alle Patienten auf anaphylaktische oder andere schwerwiegende allergische Reaktionen. • Regelmässige Hautuntersuchungen werden für alle Patienten empfohlen, besonders für solche mit Risikofaktoren für Hautkrebs. Es ist ein potentielles Risiko bereits nach der ersten Anwendung für akute Injektionsreaktionen und schwere Hypersensitiviätsreaktionen vorhanden. Beim Eintreten solcher Ereignisse muss die Behandlung mit Simponi ® abgebrochen und eine geeignete Therapie eingeleitet werden. } Simponi-Injektionen. • Die Packungsbeilage enthält ausführliche Anweisungen wie Simponi® zu verabreichen ist. Weitere Unterlagen, z. B. eine DVD, sind verfügbar. • Nach einem ausführlichen Training können Patienten mit Zustimmung des behandelnden Arztes die Injektion selbst durchführen. • Bei jeder Injektion muss die gesamte Menge Simponi® verabreicht werden. Bitte melden Sie jeden Fall, bei dem Simponi® nicht oder nicht vollständig verabreicht wurde. • Leichte Reaktionen an der Injektionsstelle treten häufig auf. Sollte eine schwere Reaktion auftreten, muss Simponi® abgesetzt werden. Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die komplette Fachinformation publiziert auf der Website von Swissmedic (www.swissmedic.ch) oder unter www.swissmedicinfo.ch. RHEU-1140088-0004, Erstellungsdatum: Januar 2015. * Fachinformation SIMPONI ®, Stand Dezember 2015. Die vollständige Fachinformation ist auf der Website von Swissmedic (www.swissmedic.ch) oder unter www.swissmedicinfo.ch publiziert. Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die vollständige Fachinformation. Kopien der Studienpublikationen können bei Bedarf unter der links angegebenen Adresse angefordert werden. © MSD Merck Sharp & Dohme AG, Luzern, Schweiz. Alle Rechte vorbehalten. RHEU-1175450-0004; Erstellt im Mai 2016
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Inhaltsverzeichnis Impressum Fachzeitschrift Rheuma Schweiz Organ der Rheuma Schweiz In Zusammenarbeit mit SGR, Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie Advisory Board Rheuma Schweiz Prof. Dr. Cem Gabay 5 Editorial Dr. Walter Kaiser Dr. Nicola Keller Prof. Dr. Diego Kyburz Schwerpunkt Knochenerkrankungen Dr. Thomas Langenegger Prof. Dr. Beat A. Michel Prof. Dr. Alexander So 7 Einleitung Prof. Dr. Peter Villiger Dr. Peter Wiedersheim Knochenerkrankungen Wir danken den Sponsoren Bristol-Myers Squibb, Celgene GmbH, Grünenthal Pharma AG, 8 Mechanische und IBSA Institut Bioclinique SA, Janssen-Cilag AG, Merck Sharp & Dohme-Chibret AG, Pfizer AG, nicht-mechanische Roche Pharma (Schweiz) AG und UCB-Pharma AG, die diese Fachzeitschrift ermöglichen. Muskel-Knochen-Interaktion 2016; 8. Jahrgang, Nr. 3 Auflage: 5000 Exemplare 16 La chaussure instrumentée Erscheint 6 x jährlich pour l’analyse de la marche et Nächste Ausgabe: Juli 2016 de l’activité quotidienne Chefredaktor: Prof. Dr. Beat A. Michel Redaktion 22 Lieber vorbeugen als stürzen Dr. Pius Brühlmann Dr. Adrian Forster Programm der Rheumaliga Dr. Andreas Krebs Dr. Thomas Langenegger reduziert die Sturzangst Rudolf Stutz Bereichseditoren Deutschschweiz 26 Osteoporose – Therapie nach PD Dr. Daniel Aeberli Dr. Michael Andor T-score oder nach Frakturrisiko? Dr. Ulrich Böhni PD Dr. Thomas Daikeler Prof. Dr. Oliver Distler 32 Neue osteologische Therapien Prof. Dr. Claudio Dora PD Dr. Frauke Förger Prof. Dr. Diego Kyburz 36 Aufbau eines Osteoporose Dr. Stefan Mariacher Registers in der Schweiz PD Dr. Britta Maurer Prof. Dr. Christian Meier PD Dr. Traudel Saurenmann Prof. Dr. Michael Seitz 40 Hypophosphatasie, Diagnostik Dr. Andrea Stärkle-Bär und Therapie Dr. Giorgio Tamborrini Dr. Markus Weber Dr. Lukas Wildi 46 Juvenile Rheuma-Erkrankungen PD Dr. Hans-Rudolf Ziswiler Die Enthesitisassoziierte Les éditeurs de section romandie PD Dr. Laure Brulhart juvenile Arthritis EAA Prof. Dr. Jean Dudler Prof. Dr. Axel Finckh PD Dr. Pascal Zufferey 52 Sportmedizin und Rheumatologie Redaktionelle Aufbereitung: Michela Segura «Runner’s tendon» Sportinduzierte Kreation, Layout, Administration: Tendinopathie der Achillessehne Pomcanys Marketing AG, www.pomcanys.ch Druck: Stutz Druck AG, www.stutz-druck.ch Rheuma Schweiz 56 Wettbewerb Aargauerstrasse 250, 8048 Zürich info@rheuma-schweiz.ch Telefon: 044 496 10 70 58 Fortbildungskalender | Vorschau Fachzeitschrift Rheuma Schweiz kostenlos Die Literaturhinweise aller Artikel finden abonnieren: Sie unter: www.rheuma-schweiz.ch www.rheuma-schweiz.ch / fachzeitschrift
Neurodol® Tissugel Reduziert den Schmerz und die Allodynie bei PHN. Wirkt nur dort, wo’s weh tut. - Kassenzulässig. - Keine systemischen Nebenwirkungen. - Einfache, 1-mal tägliche Anwendung. - Insbesondere auch für multimorbide Patienten geeignet. - Keine anästhetische, rein analgetische Wirkung. Z: Lidocain 700 mg. I: Schmerzen bei postherpetischer Neuralgie. Darf nur auf intakte Haut appliziert werden. D: Erwachsene und Kinder über 12 Jahre: 1-mal täglich bis zu 3 selbsthaftende Pflaster während maximal 12 Stunden auf die schmerzenden Hautzonen aufbringen. KI: Überempfindlichkeit auf Lidocain oder andere Lokalanästhetika, atopische Dermatitis. IA: Mit Antiarrhythmika der Klasse I oder anderen Lokalanästhetika, Imidazol-Derivaten, Makroliden, Proteinase-Hemmern ist Vor- sicht geboten. UW: Lokal: Ödem, Erythem, Pruritus oder Brennen; selten allergische Reaktionen. Systemisch: Sehr selten bei Überdosierung ZNS-Erregung bzw. -Dämpfung, Bradykardie, Hypotonie. P: Pflaster: 5*/10*. Liste: B. *Kassenzulässig. Ausführlichere Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch IBSA Institut Biochimique SA, Headquarters and Marketing Operations Via del Piano 29, CH-6915 Pambio-Noranco, www.ibsa.ch Bewegt Menschen.
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Editorial Editorial Geschätzte Kollegin, geschätzter Kollege Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist den Knochenerkrankungen gewidmet. Dabei kom- men nebst grundlegenden Überlegungen auch ganz praktische Aspekte zum Zuge wie Sturzgefährdung und deren Profilaxe oder etwa dem Stellenwert verschiedener aktuel- ler wie auch kommender Therapien. Ein besonderes Augenmerk ist der Interpretation beziehungsweise der Rolle von Risikofaktoren gewidmet. Die Knochendichte ist nur ein Element – zwar ein wichtiges – jedoch nicht das einige Merkmal, um die Frakturge- fährdung zu quantifizieren. Neue Instrumente zur Risikoerfassung werden vorgestellt. Herzlichen Dank an PD Dr. Daniel Aeberli aus Bern für die Planung und Koordination dieses Schwerpunktes. Die zwei neuen Serien der Sportmedizin sowie der Rheuma-Erkrankungen bei Kindern werden fortgeführt. Beide Themen widmen sich besonderen Aspekten von Sehnen- problemen. Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen Ihre Redaktion Prof. Dr. Beat A. Michel Dr. Pius Brühlmann Dr. Adrian Forster Dr. Andreas Krebs Dr. Thomas Langenegger Rudolf Stutz Fachzeitschrift & Web-Portal Überall, wo Sie dieses Symbol in der Fachzeitschrift sehen, finden Sie weiterführende Informationen auf www.rheuma-schweiz.ch. Das können Literaturhinweise, Downloads von Tabellen oder Artikeln sowie Beiträge der Sponsoren sein. Sie kommen über die Website mit wenigen Klicks zu den gewünsch- ten Informationen oder Sie können direkt www.rheuma-schweiz.ch / fachzeitschrift eingeben. Alle Informationen befinden sich im geschützten Bereich für Fachpersonen. Falls Sie Rheuma Schweiz vollumfänglich nutzen möchten und noch kein Passwort haben, fordern Sie es bitte hier an: info@rheuma-schweiz.ch. Wir freuen uns darauf, Sie auf dem Web-Portal zu begrüssen! 5
MabThera bei RA: 1st 6 Monate Freiheit! 2* after one 3 * Re-Therapie alle 6 Monate, sofern keine Remission erreicht wurde und der Patient im 1. Zyklus angesprochen hat. MabThera® (Rituximab): Monoklonaler chimärer Antikörper gegen das Antigen CD20. Ind: Rheumatoide Arthritis (RA): MabThera in Kombination mit Methotrexat (MTX) ist zur Behandlung erwach- sener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA indiziert nach Versagen einer oder mehrerer Therapien mit Tumornekrose faktor- (TNF-) Hemmern. ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV): MabThera in Kombination mit Kortikosteroiden ist zur Behandlung von Patienten mit schwerer aktiver AAV (Granulomatose mit Polyangiitis (auch bekannt als Morbus Wegener) und mikroskopische Polyangiitis) indiziert. D: Es soll stets eine Prämedikation verabreicht werden. RA: Ein Behandlungszyklus besteht aus zwei i. v. Infusionen zu je 1000 mg im Abstand von 2 Wochen. AAV: Die empfohlene Dosierung beträgt 375 mg / m2 Körperoberfläche, einmal wöchentlich i. v. während 4 Wochen. KI: Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des Arzneimittels. Aktive Infektionen. Schwere Herzinsuf- fizienz (NYHA Klasse IV). In Kombination mit Methotrexat während der Schwangerschaft und Stillzeit. VM: Bei vorbestehender respiratorischer Insuffizienz, Herzerkrankungen, Schwangerschaft, stark eingeschränkter Immunabwehr. IA: Keine IA mit MTX. UAW: Infusionsreaktionen, Infektionen (insbesondere der oberen Atemwege und Harnwege), Bronchospasmus / Stenoseatmung, Oedeme, Urtikaria, Alopezie, reversible Hypotonie oder Hypertonie. P: 2 Amp. MabThera zu 100 mg /10 ml und 1 Amp. zu 500 mg / 50 ml Infusionskonzentrat. Verkaufskategorie A. Weitere Informationen, u. a. zu onkologischen Indikationen, entnehmen Sie bitte der publizierten Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. März 2015 www.roche-rheumatology.ch Referenzen: (1) Fachinformation MabThera unter www.swissmedicinfo.ch (2) Emery P et al. Retreatment with rituximab based on a treatment-to-target approach provides better disease control than treatment as needed in patients with rheumatoid arthritis: a retrospective pooled analysis. Rheumatology 2011; 50(12) : 2223–32. (3) Emery P et al. Rituximab versus an alternative TNF inhibitor in patients with rheumatoid arthritis who failed to respond to a single previous TNF inhibitor: SWITCH-RA, a global, observational, comparative effectiveness study. Ann Rheum Dis 2015; 74: 979–984. Roche Pharma (Schweiz) AG 04/2016 4153 Reinach
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen Knochen- Erkrankungen PD Dr. Daniel Aeberli einflusst, führte später zum Begriff der Knochen- Universitätsklinik für Rheumatologie Muskel-Einheit. Inzwischen wissen wir, dass der Inselspital Bern Knochen auch ein endokrines Organ darstellt und die Osteozyten im Knochen eine Schlüsselfunktion haben. Seit der Entdeckung des anti-resorptiven Effekts Liebe Leserinnen und Leser von Bisphosphonaten 1969 durch Herbert Fleisch und der osteoanabolen Wirkung von humanem Teri- Ich freue mich ganz besonders Ihnen diese Sonder- paratid 1980 sind uns die von Wolff und Frost defi- ausgabe zur Osteologie zu präsentieren. Wussten nierten Gesetzmässigkeiten etwas aus dem Blick- Sie, dass osteologische Erkrankungen sozio-ökono- feld geraten. Daran änderten auch die weiteren misch zu den zehn wichtigsten Krankheitsbildern pharmakologischen Erfolge mit selektiver Neutra gehören und dass ein Grossteil aller und insbeson- lisierung von Rezeptor Aktivator NFkB Ligand dere der typisch osteoporotischen Frakturen bei (RANKL) oder von Sklerostin wenig. Sondern im Ge- Stürzen, Fehl- oder Überlastungen auftreten? Dabei genteil konzentriert sich die aktuelle osteologische wäre es doch ziemlich einfach: «Ein gesunder Kno- Therapie immer mehr auf pharmakologische Mecha- chen braucht ausreichend Belastung». nismen. Die Abhängigkeit von Knochendichte resp. Geomet- In dieser Sonderausgabe zur Osteologie stellen wir rie und Belastung wurde bereits im 19. Jahrhundert nebst neuen pharmakologischen Therapien und durch Julius Wolf als «Gesetz der Transformation Therapiekonzepten zur Osteoporose bewusst die As- der Knochen» und im 20. Jahrhundert von Harald pekte über die Knochen-Muskel-Einheit in den Vor- Frost als Utah Paradigma postuliert. Die Erkennt- dergrund. Sie erfahren, wie Sie Ihre Knochen und nis beider war, dass der Knochen sich an Belastung die ihrer Patienten ein Leben lang erhalten respek- adaptiert, ungenügende Belastung zu Knochenver- tive aufbauen können, wie unsere Bewegungsmus- lust und ein gesunder Knochen adäquate Belastung ter erforscht werden und ganz praktisch Sturzprä- benötigt. Dass diese gegenseitige Abhängigkeit weit vention im Alltag aussieht. Zudem stellen wir Ihnen über die Mechanik hinausreicht, also auch lösliche das prospektive Osteoporose Register der Schweize- Mediatoren wie Zytokine umfasst, welche das An- rischen Gesellschaft für Rheumatologie vor. Abge- sprechen des Knochens auf muskuläre Stimuli be- rundet wird diese Sonderausgabe mit einem Artikel zur Hypophosphatasie, einer genetischen Erkran- kung mit Beteiligung von Muskel und Knochen. An dieser Stelle bedanke ich mich bei den verschie- denen Autoren, welche an dieser Ausgabe mitge- wirkt haben. Viel Vergnügen beim Lesen! PD Dr. Daniel Aeberli, Inselspital Bern Koordinator 7
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen Mechanische und nicht-mechanische Muskel-Knochen- Interaktion Dr. sc. nat. ETH Marco Toigo auch die Knochenmasse minimiert werden, und dies bei gleich- Labor für Muskelplastizität zeitiger Optimierung der Knochensteifigkeit. Universität Zürich Balgrist Campus, Zürich Beim Gesunden werden die beschriebenen Knochenanpassun- gen im Wesentlichen durch zwei metabolische Prozesse vermit- telt: Knochenaufbau (Ablagerung) und Knochenabbau (Resorp- tion). Die Spezifität der Knochenanpassung, d. h. die gezielte David Augayo, PhD Veränderung der Knochengrösse (Länge und /oder Durchmes- Research & Development ser) und /oder der Knochenform durch Veränderungen in Kno- Kieser Training AG, Zürich chenmasse und -geometrie wird durch die örtliche und zeitliche Auflösung dieser beiden metabolischen Prozesse bestimmt. Die zellulären Effektoren dieser Anpassungen sind die Osteoblasten (Aufbau) und Osteoklasten (Abbau). Der englische Begriff Mode- ling bezieht sich dabei auf die örtlich und zeitlich unabhängige Wirkung von Osteoblasten und Osteoklasten mit dem Resultat Einleitung der Veränderung von Knochengrösse und /oder Knochenform. Die Idee, dass Knochen mechanische Einflüsse wahrnehmen Modeling kann folglich knochenbildend (engl. formation mode- können und sich strukturell an die mechanische Beanspru- ling) oder knochenabbauend (engl. resorption modeling) sein. chung anpassen, ist alt. Üblicherweise schreibt man sie dem Dagegen bezieht sich der Begriff Remodeling auf die sequenti- deutschen Mediziner Julius Wolff (1836 –1902) zu und zitiert da- elle, örtlich und zeitlich gekoppelte Wirkung (Aktiv ierung – Re- bei seine berühmte Schrift «Das Gesetz der Transformation der sorption – Ablagerung) dieser beiden Zelltypen. Remodeling Knochen» 1. Wolff war aber sicher nicht der erste, der diese Be- zielt darauf ab, die Akkumulation von Mikroverletzungen im obachtung machte. Bereits Galilei (1638) 2 und andere frühe Au- Knochen, die zu Ermüdungsbrüchen führen könnten, zu verhin- (z. B. 3, 4) toren wiesen auf die mechanischen Implikationen der dern. Dies wird dadurch erreicht, dass in einem bestimmten Knochenform hin. Was man heute allgemeinhin als Wolff’sches «Knochenpaket» älteres Knochenmaterial entfernt und durch Transformationsgesetz bezeichnet, beinhaltet de facto nicht nur neu gebildetes Knochenmaterial ersetzt wird. Grösse und Form die Erkenntnisse Wolffs, sondern die drei grundlegenden des Knochens bleiben hierbei normalerweise unverändert. Beim Schlüsselkonzepte, die im neunzehnten Jahrhundert von ver- Remodeling bestimmt das Verhältnis zwischen der Aufbau schiedenen Forschern entwickelt wurden: 1. Optimierung der schnelligkeit und Abbauschnelligkeit und der Dauer der jewei- Knochenstärke relativ zur Knochenmasse, 2. Orientierung der ligen Aufbau- und Abbauphase, ob unter dem Strich Knochen Knochentrabekel an die Richtung der mechanischen Haupt- gebildet oder abgebaut wird. spannung, 3. Selbstregelung der Knochenstruktur durch Zellen, die auf mechanische Stimuli reagieren. Einfacher gesagt besa- gen diese Konzepte in toto, dass die Knochenmasse und deren räumliche Anordnung (Knochengeometrie) bei mechanischer Belastung so geregelt wird, dass sowohl das Frakturrisiko wie 8
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen Mechanostat-Theorie und M uskel-Knochen-Hypothese Deformationsreiz», um sich nicht auf eine einzelne Deformati- Es gibt mehrere Theorien, anhand derer versucht wurde zu onseigenschaft festlegen zu müssen 14. Die Mechanostat-Theorie erklären, ob die Aktivierung von Modeling oder Remodeling in von Frost per se trifft jedoch keine Annahmen über den Ur- Abhängigkeit der mechanischen Situation auf- oder abbauenden sprung der mechanischen Kräfte, die zur Knochendeformation Charakter hat (z. B. 5 –7). Diesen Theorien ist gemeinsam, dass Sie führen. In Übereinstimmung mit Thompson’s (1917) 15 Vorstel- a llesamt entweder den mechanischen Spannnungsgradienten lung, dass die Knochenmasse von der Entwicklung der Muskel- (engl. stress gradient) oder die mechan ische Deformation(- masse abhängig ist und basierend auf den Daten von Zanchetta senergie) (engl. bzw. strain energy density) als Reiz für die et al. (1995) 16, postulierten Schiessl et al. (1998) 17, dass auf- K nochenanpassung sehen. Sie machen jedoch keine Aussagen grund der anatomischen Hebelverhältnisse die grössten, wie- darüber, wann (z. B. ab welcher Deformationsgrösse) die derholt auf den Knochen einwirkenden Kräfte unter physiologi- 8 K nochenanpassungen aktiviert werden. Frost (1987) bietet schen Bedingungen nicht von der Gravitation, sondern von den diesbezüglich mit seiner «Mechanostat-Theorie» eine mögliche Muskeln stammen («Muskel-K nochen-Hypothese»). Als Konse- mechanistische Erklärung dafür. Im Zentrum dieser Theorie quenz bilden Muskeln (resp. die Muskelkraft) und Knochen steht das Konzept, dass mechanische Kräfte und Knochen einen (resp. die Knochenfestigkeit) eine funktionelle Einheit, die soge- Regelkreis mit negativer Rückkoppelung darstellen (vgl. 9). In die- nannte Muskel-Knochen-Einheit 9, 18, 19. sem Regelkreis erfasst der «Mechanostat», d. h. der Regler, des- sen zelluläres Korrelat das Osteozyten-Netzwerk ist, die Kno- Muskel und Knochen als Drüsen: Die aufstrebende Rolle von chenverformung und analysiert sie im Sinne eines Vergleichs nicht-mechanischen Faktoren zwischen Istwert (Regelgrösse) und Sollwert (Führungsgrösse). Neben der noch vorherrschenden «mechanozentrischen» Sicht- Abweichungen des Istwerts vom Sollwert beantwortet der Me- weise auf die Muskel-Knochen-Interaktion schält sich jedoch chanostat über Stellglieder (Osteoblasten und Osteoklasten) mit immer mehr das Bild heraus, dass Muskel und Knochen endo- einer Adaptation der Stellg rösse (Knochenfestigkeit), die den krine Organe sind, d. h. dass sie über chemische Signale mitei- Istwert zum Sollwert zurückführt. Die Knochenverformung nander und mit anderen Körperorganen kommunizieren kön- stellt in diesem Regelkreis demnach die Regelgrösse dar, welche nen (Abb. 2). Die vom Muskel sekretierten Zytokine und andere konstant gehalten wird, wobei u. a. Hormone und Zytokine die Proteine bezeichnet man als Myokine 20. Die Gesamtheit aller Empfindlichkeit des Reglers bzw. Mechanostats modulieren Faktoren, die vom Muskel bzw. Knochen sekretiert werden, können. Knochenmasse und -geometrie (als Surrogate für die nennt man das Muskel- bzw. das Knochen-Sekretom. Das Sekre- Knochenfestigkeit) werden demnach so an die einwirkenden tom ist für jeden betrachteten Zeitpunkt eine Funktion aller mechanischen Kräfte angepasst, dass die regelhafte Einleitung kombinierten systemischen und lokalen Einflüsse (Bewegung / derselben Kräfte eine jeweils gleiche Knochenverformung her- Training, Verletzung, Hormone, Ernährung, Entzündung, Alte- vorruft. Gemäss der Mechanostat-Theorie handelt es sich beim rung, etc.) auf das entsprechende Gewebe. Notabene können die Sollwert allerd ings nicht um einen einzelnen Wert, sondern um sekretierten Faktoren sowohl bezüglich Anabolismus wie auch einen Wertebereich für die Knochenverformungen. Liegt die Katabolismus autokrine, parakrine und /oder endokrine Wir- Knochenverformung in diesem Wertebereich, der sogenannten kung entfalten. Zu den Myokinen, für die ein Effekt auf den Kno- «trägen Zone» (engl. lazy zone), kommt es netto zu keiner Kno- chen charakterisiert wurde, gehören z. B. Myostatin, GDF-8 chenadaptation. Entsprechend grössere Verformungen führen (growth and differentiation factor 8), IGF-1 (insulin-like growth zu einer Knochenzunahme, während kleinere Verformungen zu factor 1), FGF-2 (fibroblast growth factor 2), TGF-ß1 (transfor- einer Knochenabnahme führen (Abb. 1a). ming growth factor beta 1), IL-15 (interleukin 15), MMP-2 (matrix metalloproteinase 2), Osteonectin, IL-6 (interleukin 6), Dass die Knochendeformation die geregelte Grösse darstellt, lei- IL-7 (interleukin 7) und BMP-1 (bone morphogenic protein 1). tet sich aus der wissenschaftlichen Evidenz ab, dass die höchs- Mögliche molekulare Knochenfaktoren mit Effekt auf den Mus- ten gemessenen Werte für die Knochendeformation für ver- kel sind u. a. Undercarboxilated Osteocalcin, Prostaglandine, schiedene Spezies vergleichsweise sehr ähnlich sind bzw. dass Sclerostin, Myostatin, BMPs, und FGF-23 21, 22. Es ist daher klar, sie sich im Vergleich in einem schmalen Wertebereich bewegen dass zwischen Muskeln und Knochen nicht nur mechanische In- (z. B. 12) . Seit der Formulierung der Mechanostat-Theorie sind je- formation in Form von Kraft fliesst, sondern dass auch bidirektio- doch neben der Stärke auch andere Eigenschaften der Knochen- nal chemische Information ausgetauscht wird. deformation entdeckt worden, die sich auf die funktionelle Ad- aptation des Knochens auswirken können, so z. B. die Deformationsschnelligkeit, die Frequenz, mit der wiederholte Deformationen innerhalb eines Belastungszyklus stattfinden, die Ruhephase zwischen mehreren Belastungszyklen und natürlich die Art der Knochendeformation (axial, scherend, biegend, verdrehend; 13). Man spricht daher vom «habituellen 9
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Wirkungsebene Der relative Einfluss von mechanischen und dieser Faktoren gegenüber der Wirkungsebene der in der Me- nicht-mechanischen Faktoren auf das (Re-)Modeling chanostat-Theorie beschriebenen Modulatoren zu unterschei- Die Resultate aus kürzlich publizierten experimentellen Stu- den. Die Rolle von Hormonen und Zytokinen (die sogenannten dien deuten darauf hin, dass nicht-mechanische Faktoren das Modulatoren, s. o.) beschränkt sich in der Mechanostat-T heorie (Re-)Modeling des Knochens bei mechanischer Belastung im Wesentlichen auf die Modulation der Empfindlichkeit des wesentlich beeinflussen. So wurde geschätzt, dass mechanische Reglers, z. B. indem sie den Sollwert bzw. die Führungsgrösse und nicht-mechanische Faktoren das (Re-)Modeling des trabe- verändern (z. B. Veränderung der Mechanosensitivität der Os- kulären Knochens im distalen Teil der Tibia bei gesunden post- teozyten). Ihre Rolle beschränkt sich somit darauf, dass sie die menopausalen Frauen als Funktion der mechanischen Bean- molekulare und zelluläre Interpretation eines gegebenen spruchung je zu ca. 50 % mitbestimmen 10. In der gleichen mechanischen Reizes verändern können. Im Unterschied dazu Humanstudie wurde gezeigt, kompatibel mit dem postulierten können die oben beschriebenen nicht-mechanischen Faktoren Einfluss von nicht-mechanischen Faktoren, dass ein positiver (Myokine und Knochenfaktoren) prinzipiell unabhängig vom l inearer Zusammenhang zwischen mechanischer Beanspru- mechanischen Reiz Wirkung entfalten. Bei offenen chung und (Re-)Modeling besteht (Abb. 1b; 10). Der positive K nochenbrüchen beispielsweise, die mit Muskelverletzung l ineare Zusammenhang zwischen Knochenbeanspruchung und einhergehen, verheilt der Knochen schneller und besser, wenn Netto-Knochenu msatz entsteht dadurch, dass sich die die Bruchstelle mit Muskellappen versorgt bzw. abgedeckt wird. -Wertebereiche für Knochenaufbau und -abbau deutlich überlap- Dies wurde sowohl im Tiermodell wie auch am Menschen ge- pen (Abb. 1b; 10, 11). Dieses experimentelle Resultat widerspricht 23, 24 zeigt . Es ist in diesem Falle plausibel anzunehmen, dass der Voraussage der Mechanostat-Theorie, wonach eine «träge nicht-mechanische Muskelfaktoren für den positiven Effekt ver- Zone» der Knochenadaptation existiere bzw. dass die lokale Kno- antwortlich sind. Notabene beschränken sich die nicht-mecha- chenadaptation hinsichtlich Ablagerung und Resorption auf nischen Einflüsse nicht nur auf molekulare Faktoren, sondern spezifische Strain-Wertebereiche limitiert sei (s. o.). Auch die sie inkludieren auch zelluläre Mechanismen. In der Tat konnte Resultate aller bestehenden tierexperimentellen Studien spre- nachgewiesen werden, dass auch Muskelstammzellen zur Kno- chen gegen die Existenz einer solchen «trägen Zone» 11, 25, 26. 24 chenregeneration beitragen können . Abb. 1.: Knochenumsatz in Abhängigkeit des mechanischen Deformationsreizes (engl. strain). a, Klassische Mechanostat-Theorie mit der «trägen Zone» in schwarz; b) Qualitative Darstellung der humanexperimentellen Daten für die Tibia (modifiziert nach 10 ); c, d, e, Qualitative Darstellung der experimentellen Daten für junge (c), adulte (d) und ältere (e) Mäuse (modifiziert nach 11). Man beachte die qualitativ sehr ähnlichen Resultate in b (Humandaten) d (adulte Mäuse).
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen Die tierexperimentellen Daten von Razi et al. (2015) 11 widerspre- Klinische und gesellschaftliche Praxisrelevanz chen zudem der Hypothese, wonach es mit zunehmendem Alter Es ist bekannt, dass es im Alter zu einer Abnahme zu einer Verschiebung der Strain-Werte kommt, welche die der Knochenfestigkeit und folglich zu einer Erhö- Knochenbildung auslösen oder die Knochenresorption hem- hung des Frakturrisikos kommen kann 28. Die oben men 27. Bei adulten und älteren Mäusen kam es bei mittelgro- beschriebene Dysregulation der mechanischen Kon- ssen und grossen Knochenbeanspruchungen wie erwartet zu ei- trolle im fortgeschrittenen Alter stellt diesbezüglich ner zunehmenden Knochenbildung und Hemmung der eine weitere Erklärungsgrundlage dar. Man kann Knochenresorption. Das Alter der Mäuse wirkte sich aber diffe- die Dysregulation der mechanischen Kontrolle im rentiell auf die Breite der oben beschriebenen Übergangszone Alter sinngemäss und netto gesehen auch als eine aus 11: Bei adulten Mäusen scheint der Bereich von Strain-Wer- Art «anabole Resistenz» verstehen. Als solche weist ten, bei denen sowohl Knochenaufbau und -abbau hervorgeru- sie Parallelen zur bekannten muskulären «anabolen fen wurde, schmal zu sein, während bei älteren Mäusen diese Resistenz» im Alter auf. Bezüglich der Muskelatro- Übergangszone viel breiter war. Genauer gesagt existierte bei phie haben Studien nämlich gezeigt, dass ältere den älteren Mäusen ein wesentlich grösserer Bereich an mittel- Menschen – im Vergleich zu jungen – auf die glei- grossen Knochendeformationswerten, die unspezifisch sowohl chen anabolen Reize (Krafttraining und /oder Zu- die Knochenbildung wie auch die Knochenresorption auslösten, fuhr von essentiellen Aminosäuren) mit einer gerin- mit dem Resultat, dass bei älteren Mäusen im Vergleich zu den geren Steigerung der Muskelproteinsyntheserate adulten Mäusen der Knochenumsatz ausgehend von tiefen bis reagieren (vgl. 29, 30). Man vermutet, dass die musku- zu hohen Deformationswerten linear ansteigt (Abb. 1d,e; 11). Zu- läre «anabole Resistenz» zum altersassoziierten Ver- sammengefasst scheint es somit, als würde mit zunehmendem lust von Muskelmasse, Sarkopenie genannt, bei- Alter der (direkte) Einfluss von nicht-mechanischen Faktoren trägt bzw. mit diesem Prozess in Verbindung steht. auf das (Re-)Modeling so zunehmen, dass es über einen Verlust Wie auch beim Knochen wird die muskuläre «ana- der Spezifität des mechanischen Signals zu einer Dysregulation bole Resistenz» primär auf den Einfluss von nicht- der mechanischen Kontrolle des (Re-)Modelings kommt. Bei jun- mechanischen Faktoren zurückgeführt (z. B. auf gen Mäusen nahm hingegen die Knochenbildung linear mit zu- eine niederschwellige chronische Entzündung; 31). nehmender Knochenbeanspruchung zu während über die ganze Man kann daher darüber spekulieren, ob der mög Strain-Bandbreite an Strains kaum Knochenresorption festge- liche muskuloskelettale Abbau im Alter nicht stellt werden konnte (Abb 1c), was damit erklärt wurde, dass durch übergreifende Mechanismen, die gleichzeitig sich die jungen Mäuse noch in der Wachstumsphase befanden 11. und direkt sowohl Muskeln wie auch Knochen be- treffen, verursacht wird. In diesem Kontext ist es wünschenswert und notwendig, dass in Zukunft vermehrt wissenschaftliche Einsichten über den Einfluss von direkten, nicht-mechanischen Interak- tionen zwischen Muskeln und Knochen über die situationsspezifischen (örtlich, zeitlich, inhaltlich) Muskel- und Knochen-Sekretome sowie über Stammzellen gewonnen werden. Das knochenaufbauende Potential von Training und Bewegung rein aus Sicht der erzielten K nochendeformation: Praxistipps Wie erwähnt stammt die grösste, wiederholt auf den Knochen einwirkende Kraft von der aktiv produ- zierten Muskelkraft. Somit stammen auch die gröss- Abb. 2.: Schematische Darstellung der mechanischen und nicht-mechanischen bidirektionalen Muskel-Knochen Interaktion. 11
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen ten willentlichen Knochenverformungen bei Alltags oder trainingsbasiert) verschrieben wird, sollte die aktivitäten, im Sport oder beim Training von der Muskel-Knochen-Einheit funktionell quantifiziert Muskelkraft. Betrachtet man nun ausschliesslich werden 9, 18. Die Bestimmung des Muskel-Knochen- die mechanische Komponente der Knochenadapta- Status erfolgt hierbei, indem man die ermittelte tion, so kann man das «anabole Potential» verschie- maximale willkürliche Kraft beim mehrfachen Ein- dener Bewegungs- bzw. Beanspruchungsmuster beinsprung in Relation setzt zur tibialen miteinander vergleichen. Allgemein nimmt man Knochenmasse /-geometrie bei 14% der Tibialänge. aufgrund des Begriffes «Krafttraining» an, dass Durch dieses Vorgehen kann beim Vergleich mit un- dies die beste Trainingsform sei, um die Knochen zu seren publizierten Referenzwerten nämlich be- stärken. Wenn dem wirklich so wäre, müssten beim stimmt werden, ob der Knochen a) angemessen an Krafttraining im Vergleich zu anderen Trainings- die maximale Muskelkraft angepasst ist und b) auf formen oder Sportarten die grösseren Knochende- welchem relativen Kraftniveau sich dieser Zustand formationen auftreten. Doch trifft das wirklich zu? manifestiert. Daraus lassen sich folglich mittels ei- nes 2-stufigen Algorithmus a priori vier grundsätz- Um den potentiellen knochenstärkenden Effekt liche diagnostische Situationen (Normalzustand, einer Trainingsform zu untersuchen, braucht man primärer Knochendefekt, sekundärer Knochende- zuerst einen Anhaltspunkt. Strikt auf die Tibia be- fekt, gemischter Knochendefekt) bestimmen 9, 18. Ba- zogen, entspricht dieser Anhaltspunkt der Knochen- sierend auf dem Resultat kann besser abgeschätzt deformation, die beim Gehen (5 km / h) auftritt. werden, welche Interventionen erfolgsversprechend Grund hierfür ist, dass bei postmenopausalen sind und welche nicht. Frauen normales Gehen im Normalfall zu keiner oder nur zu einer minimalen Zunahme der Kno- Interessant ist, dass dabei weniger die Absprünge chenstärke führt 32, 33. Für Trainingsformen, die im für die grössten Tibiadeformationen verantwortlich Grad und in der Schnelligkeit der Knochendeforma- sind. Vielmehr sind es die Landungen auf dem Vor- tion ähnlich oder tiefer liegen als das Gehen, ist bei fuss (ohne Fersenkontakt), insbesondere wenn sie Erwachsenen die Wahrscheinlichkeit demnach von mit einem erneuten Hochschnellen gekoppelt sind. vornherein nur klein, dass sie den Knochen weiter Warum treten die grössten Knochendeformationen zur Stärkung anregen können. Zu solchen Trai- bei der Landung auf? Weil nur die maximale Mus- ningsformen, so zeigte sich in wissenschaftlichen kelkraft zur grössten Knochenverformung führt Studien, gehören beispielsweise das Radfahren, das und die Muskeln ihre maximale Kraft nur unter Training auf dem Crosstrainer und das Krafttrai- pliometrischen Bedingungen (d. h. während die ning an der Beinpressmaschine 34. Anders beim Muskeln gedehnt werden, unpassenderweise oft schnellen Laufen im Freien (17 km / h) und bei ein- noch «exzentrische Kontraktion» genannt) entfalten fachen Sprungübungen (z. B. einbeiniges Hüpfen können 18. Dies ist während der Landung bzw. und Zickzack-Sprünge auf harter Unterlage): Im Bremsphase genau der Fall. Vergleich zum Gehen führten diese Trainings- bzw. Beanspruchungsformen zu deutlich höheren Kno- Hier ein paar einfache Tipps, wie Sie im Alltag mit chendeformationen als beim Gehen 35. Mindestens einfachen Mitteln versuchen können, die Knochen gleich hohe Knochendeformationswerte wie beim zu stimulieren: schnellen Laufen und Hüpfen zeigten sich übrigens n Absolvieren Sie täglich so viele Schritte wie beim Basketball Rebounding 36. möglich. n Nehmen Sie wenn immer vorhanden die Treppe. Aus Sicht des habituellen Knochendeformationsrei- n Beim Hinaufsteigen der Treppen achten Sie zes am Unterschenkel scheinen demnach von den darauf, falls möglich, zwei Stufen auf einmal zu untersuchten Trainingsformen nur sehr schnelles nehmen. Setzen Sie dabei den Körper auf dem Laufen bzw. Sprinten, maximale einbeinige Sprünge Vorfuss auf. in verschiedene Richtungen und Sportarten wie n Beim Hinabsteigen setzen Sie ebenfalls ab und Basketball das Potenzial aufzuweisen, wirkungs- zu bewusst Ihren Körper auf dem Vorfuss volle Kräftigungsübungen für die Tibia zu sein. Im- mer vorausgesetzt natürlich, dass sich die Knochen- stärke der trainierenden Person überhaupt noch steigern lässt und dass das nicht-mechanische mo- lekulare und zelluläre Milieu dies zulässt. Bevor nämlich eine Intervention (medikamentös und / 12
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen auf. Halten Sie dabei das Knie und die Hüfte die Sie mit Ihren Kindern, Neffen und Enkeln gestreckt, sodass Sie die Abwärtsbewegung gemeinsam spielen können. Ihres Körpers allein mit der Wadenmuskulatur abbremsen müssen. Lassen Sie die Ferse nicht Zu guter Letzt: Für die Stärkung der Unterarmkno- aufprallen. chen sind (Negativ-)Klimmzüge aus Sicht des dabei n Wechseln Sie ab und zu die Ausrichtung Ihres erzielten Knochendeformationsreizes effektiver als Oberkörpers beim Hinauf- und Hinabsteigen Hantelübungen oder Maschinenübungen für den der Treppen: Stellen Sie sich z. B. seitlich zu r Oberarm bzw. Unterarm 37. Eine weitere gute Übung Treppe hin und nehmen Sie die Stufen seitlich. ist das Abbremsen des zu Boden fallenden Oberkör- n Kaufen Sie sich ein Springseil und führen pers, z. B. aus einer knienden Position am Boden. Sie die Sprünge barfuss auf dem Vorfuss mit Sehr Fortgeschrittene können sich auch stehend mit gestreckten Knien und Hüften durch, ohne dass gestrecktem Körper nach vorne fallen lassen und die Fersen dabei den festen Boden berühren. den fallenden Körper dabei mit den Armen zum n Führen Sie ab und zu ein paar Sprints im Freien Stillstand abbremsen, bevor dieser den Boden be- durch. Intervallartiges schnelles Joggen (engl. rührt. Fazit: Negativtraining (d. h. Training mit plio- high-intensity interval running) tut es auch. metrischer, «exzentrischer», Muskelkraftproduk- n Beachten Sie allgemein, dass sowohl eine starke tion) mit maximaler Kraftanstrengung ist bezüglich (Turn-)Schuhdämpfung wie auch Laufbänder des Deformationsreizes positiv für Ihre Knochen! oder weiche bzw. flexible Oberflächen den Grad Neben diesen Beanspruchungsformen empfiehlt es der Knochenverformung reduzieren und somit sich aufgrund der mehrheitlich noch unbekannten aus Sicht des Knochens nicht zu bevorzugen nicht-mechanischen Einflüssen aber auch dringend, sind. das Muskel- und Kreislaufsystem möglichst vielfäl- n Ein bisschen Abwechslung im Leben kann nicht tig zu beanspruchen. Hierzu gehören alle evidenz- schaden: «Himmel und Hölle», «Schnecke», basierten Trainingsmassnahmen, die positive ge- «Hexentanz» und «Auf Zack»...sind Hüpfspiele, sundheitliche Effekte mit sich bringen. Zusammenfassung (Re-)Modeling zunimmt und zu einer Dysregula- Muskeln und Knochen bilden eine funktionelle tion der mechanischen Kontrolle des (Re-)Mode- Einheit. Während des Wachstums passen sich lings kommt, zeigt die klinische und gesellschaft- Knochen und Gelenksflächen an die alltäglichen liche Praxisrelevanz auf. Im Sinne einer «anabolen mechanischen Belastungen an. Das Ziel: Knochen- Resistenz» ist das Verständnis von direkten me- masse und Frakturrisiken zu minimieren, wäh- chanischen und nicht-mechanischen Interaktio- rend die Festigkeit verbessert wird. Das Verhält- nen zwischen Muskeln und Knochen eine wichtige nis zwischen Knochenaufbaurate und -abbaurate Grundlage für das zukünftige Verständnis der bi- und deren örtliche Lage bestimmt somit in jedem direktionalen Muskel-Knochen Interaktion. Ver- definierten Zeitintervall, ob Knochenmasse auf- gleicht man nun verschiedene mechanische Bewe- oder abgebaut wird und wie bzw. ob sich dabei die gungs- bzw. Beanspruchungsmuster, kann aus Knochengeometrie verändert. Neben der in der Sicht des habituellen Knochendeformationsreizes Mechanostat-Theorie und der Muskel-Knochen- am Unterschenkel nur sehr schnelles Laufen bzw. Hypothese dargelegten Verbindung zwischen (ma- Sprinten, maximale einbeinige Sprünge in ver- ximaler) intrinsischer Muskelkraft und schiedene Richtungen und Sportarten wie Basket- Knochenmasse /-geometrie und der daraus resul- ball das Potenzial aufweisen, wirkungsvolle Kräf- tierenden Wichtigkeit für eine funktionelle Ein- tigungsübungen für die Tibia zu sein. Mit einer schätzung der muskuloskelettalen Gesundheit, korrekten funktionellen Einschätzung kann be- spielen die nicht-mechanischen, sekretorischen stimmt werden, ob der Knochen a) angemessen an Einflüsse der Muskel-Knochen-Einheit eine neue die maximale Muskelkraft angepasst ist und b) auf Rolle im Verständnis des Knochenumbaus. Der re- welchem relativen Kraftniveau sich dieser Zu- lative Einfluss von mechanischen und nicht-me- stand manifestiert. Erst aufgrund der erfassten di- chanischen Faktoren auf das (Re-)Modeling ist da- agnostischen Situationen lässt sich eine zielgerich- bei noch nicht abschliessend erforscht. Der Fakt, tete und effektive Intervention auf der Basis von dass mit zunehmendem Alter der (direkte) Ein- Bewegung, Training und /oder medikamentöser fluss von nicht-mechanischen Faktoren auf das Behandlung ableiten. 13
Fortbildung und Informationen für Fachleute 3 | 2016 Schwerpunkt Knochenerkrankungen 14. Skerry TM (2006) One mechanostat or many? Modifications Schlussfolgerung of the site-specific response of bone to mechanical loading Neben den mechanischen Faktoren tragen auch by nature and nurture. J Musculoskelet Neuronal Interact nicht-mechanischen Faktoren wesentlich zur 6:122–127. (Re-)Modellierung des Knochens bei. Wie neue 15. Thompson D (1917) On Growth and Form (abridged edition). wissenschaftliche Studien zeigen, kommt es im Cambridge: Cambridge University Press; 1961 (original editi- Alter zu einer nicht-mechanisch bedingten Dys- on published in 1917). 16. Zanchetta JR, Bogado CE, Sánchez TV, et al (1995) [In vivo regulation der mechanischen Kontrolle der (Re-) measurement of the mineral content of renal calculi by Modellierung. Die Kenntnis über den relativen dual-photon absorptiometry. Correlation with its fragility Anteil dieser zwei interagierenden Einflussfak- to extracorporeal shockwave lithotripsy]. Medicina (Mex) toren ist wiederum eine Voraussetzung für die 55:307–310. zielgerichtete, effektive und effiziente Präven- 17. Schiessl H, Frost HM, Jee WS (1998) Estrogen and bone-mu- tion und Behandlung von Osteopenie und Osteo- scle strength and mass relationships. Bone 22:1–6. porose durch Bewegung, Training und /oder 18. Anliker E, Toigo M (2012) Functional assessment of the mu- Medikamente. Es braucht daher dringend mehr scle-bone unit in the lower leg. J Musculoskelet Neuronal Interact 12:46–55. Forschung, um die Mechanismen besser zu ver- 19. Schönau E, Werhahn E, Schiedermaier U, Mokow E, Schiessl stehen und um entsprechende Diagnosemetho- H, Scheidhauer K, et al. (1996) Influence of muscle strength den zu entwickeln. on bone strength during childhood and adolescence. Horm Res 45:63-66. 20. Pedersen BK, Febbraio MA (2008) Muscle as an endocrine organ: focus on muscle-derived interleukin-6. Physiol Rev Literaturverzeichnis 88:1379–1406. doi: 10.1152/physrev.90100.2007. 1. Wolff J (1892) Das Gesetz der Transformation der Knochen. 21. Brotto M, Bonewald L (2015) Bone and muscle: Interac- Verlag von August Hirschwald. tions beyond mechanical. Bone 80:109–114. doi: 10.1016/j. 2. Galilei G (1638) Discorsi e dimonstrazioni matematiche, in- bone.2015.02.010. torno a due nuove scienze attentanti alla meccanica ed a 22. Cianferotti L, Brandi ML (2014) Muscle-bone interactions: movimenti locali. Madison: University of Wisconsin Press. basic and clinical aspects. Endocrine 45:165–177. doi: 3. Monro A (1776) The Anatomy of the Human Bones, Nerves 10.1007/s12020-013-0026-8. and Laceal Sac and Duct. (Published in Dublin) 23. Harry LE, Sandison A, Paleolog EM, et al (2008) Comparison 4. von Meyer GH (1867) Die Architektur der Spongiosa. Arch of the healing of open tibial fractures covered with either mu- Anat Physiol Wiss Med 34:615–628. scle or fasciocutaneous tissue in a murine model. J Orthop 5. Frost HM (1964) The Laws of Bone Structure. Thomas, Spring- Res Off Publ Orthop Res Soc 26:1238–1244. doi: 10.1002/ field. jor.20649. 6. Jansen M (1920) On Bone Formation: Its Relation to Tension 24. Liu R, Schindeler A, Little DG (2010) The potential role of and Pressur. Longmans, London. muscle in bone repair. J Musculoskelet Neuronal Interact 7. Weinbaum S, Cowin SC, Zeng Y (1994) A model for the excita- 10:71–76. tion of osteocytes by mechanical loading-induced bone fluid 25. Schulte FA, Ruffoni D, Lambers FM, et al (2013) Local mecha- shear stresses. J Biomech 27:339–360. nical stimuli regulate bone formation and resorption in mice 8. Frost HM (1987) The mechanostat: a proposed pathogenic at the tissue level. PloS One 8:e62172. doi: 10.1371/journal. mechanism of osteoporoses and the bone mass effects of pone.0062172. mechanical and nonmechanical agents. Bone Miner 2:73–85. 26. Sugiyama T, Meakin LB, Browne WJ, et al (2012) Bones’ ad- 9. Toigo M (2013) Funktionelle Interaktion zwischen Muskeln aptive response to mechanical loading is essentially linear und Knochen: Theorie und potenzielle klinische Relevanz. J between the low strains associated with disuse and the high Für Gynäkol Endokrinol 7:14–20. strains associated with the lamellar/woven bone transition. J 10. Christen P, Ito K, Ellouz R, et al (2014) Bone remodelling in Bone Miner Res Off J Am Soc Bone Miner Res 27:1784–1793. humans is load-driven but not lazy. Nat Commun 5:4855. doi: doi: 10.1002/jbmr.1599. 10.1038/ncomms5855. 27. Lanyon L, Skerry T (2001) Postmenopausal osteoporosis as 11. Razi H, Birkhold AI, Weinkamer R, et al (2015) Aging Leads to a failure of bone’s adaptation to functional loading: a hy- a Dysregulation in Mechanically Driven Bone Formation and pothesis. J Bone Miner Res Off J Am Soc Bone Miner Res Resorption. J Bone Miner Res Off J Am Soc Bone Miner Res 16:1937–1947. doi: 10.1359/jbmr.2001.16.11.1937. 30:1864–1873. doi: 10.1002/jbmr.2528. 12. Rubin CT, Lanyon LE (1982) Limb mechanics as a function of speed and gait: a study of functional strains in the radius and tibia of horse and dog. J Exp Biol 101:187–211. Die Literaturhinweise 28–37 finden 13. Yang PF, Bruggemann GP, Rittweger J (2011) What do we Sie unter: currently know from in vivo bone strain measurements in www.rheuma-schweiz.ch/fachzeitschrift humans. J Musculoskelet Neuronal Interact 11:8–20. 14
Sie können auch lesen