Kognitive Leistungsfähigkeit bei Patienten mit rheumatoider Arthritis - Der medizinischen Fakultät der Friedrich - Alexander - Universität ...
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Kognitive Leistungsfähigkeit bei Patienten mit rheumatoider Arthritis Der medizinischen Fakultät der Friedrich - Alexander - Universität Erlangen - Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. dent. vorgelegt von Eva Cornelia Küllmar
Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich - Alexander - Universität Erlangen - Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Markus F. Neurath Gutachter: Prof. Dr. Georg Schett Gutachter: Prof. Dr. Bernhard Manger Tag der mündlichen Prüfung: 05.November 2019 Die Promovendin ist Zahnärztin.
Für meine Familie Christa, Uwe, Nina, Fussel und Gerhard, Flo, Barbara und Helga IN liebevoller Erinnerung an Alfons und Dieter
Inhaltsverzeichnis 1 ZUSAMMENFASSUNG 1 1.1 HINTERGRUND 1 1.2 METHODEN 1 1.3 ERGEBNISSE 1 1.4 SCHLUSSFOLGERUNG 2 2 EINLEITUNG 3 3 THEORETISCHER HINTERGRUND 6 3.1 RHEUMATOIDE ARTHRITIS 6 3.1.1 GRUNDLAGEN 6 3.1.2 PATHOGENESE 6 3.1.3 DIAGNOSTIK 7 3.1.4 EPIDEMIOLOGIE 8 3.1.5 PROGNOSE UND VERLAUF 9 3.1.6 THERAPIE 9 3.2 KOGNITION 10 3.2.1 DEFINITION 10 3.2.2 INTELLIGENZ 10 3.2.2.1 Die Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz 10 3.2.2.2 Das Drei - Schichten - Modell der menschlichen kognitiven Fähigkeiten (Three Stratum Theory) 11 3.2.2.3 Die Cattell - Horn - Carroll Theorie 11 3.2.2.4 Das Intelligenzkonzept von Wechsler 11 3.2.3 GEDÄCHTNIS 12 3.2.4 EXEKUTIVE FUNKTIONEN 12 3.3 ENTZÜNDUNG UND KOGNITION 13 3.4 EFFEKT VON SCHMERZ, MÜDIGKEIT UND DEPRESSION AUF KOGNITIVE FÄHIGKEITEN 15 3.5 KARDIOVASKULÄRE ERKRANKUNGEN, RHEUMATOIDE ARTHRITIS UND KOGNITIVE LEISTUNGSFÄHIGKEIT 17 3.6 ZIEL DIESER ARBEIT 18 4 METHODIK 19 4.1 DESIGN 19 4.2 ZIELSETZUNG 19
4.3 DATENERFASSUNG 19 4.4 ABLAUF 19 4.5 ERFASSTE DATEN 21 4.5.1 SOZIODEMOGRAPHIE 21 4.5.2 ERFASSUNG DER KOGNITION - WECHSLER ADULT INTELLIGENCE SCALE IV 21 4.5.2.1 Gemeinsamkeiten finden 21 4.5.2.2 Zahlen nachsprechen 22 4.5.2.3 Matrizentest 23 4.5.2.4 Zahlensymboltest 23 4.5.3 KRANKHEITSBEZOGENE DATEN 23 4.5.3.1 Der Disease Activity Score 28 23 4.5.3.2 Diagnose 25 4.5.3.3 Medikamente 25 4.5.3.4 Komorbiditäten 25 4.5.4 ERFASSUNG GESUNDHEITSBEZOGENER DATEN 26 4.5.4.1 Health Assessment Questionnaire - Disability Index (HAQ - DI) 26 4.5.4.2 Functional Assessment of Chronic Illness Therapy Fatigue Skala (FACIT Fatigue) 28 4.5.4.3 Rheumatoid arthritis impact of disease - Score (RAID) 29 4.5.4.4 Allgemeine Angaben 30 4.5.4.5 EQ - 5D 30 4.5.4.6 PHQ - D9 31 4.5.5 STATISTISCHE ANALYSE 32 4.5.5.1 Angewandte interferenzstatistische Testverfahren 33 4.5.5.2 Binäre logistische Regressionsanalyse 33 5 ERGEBNISSE 35 5.1 PATIENTENCHARAKTERISTIKA DER STICHPROBE 35 5.1.1 SOZIODEMOGRAPHISCHE ANALYSE 36 5.1.1.1 Geschlechterverteilung und Durchschnittsalter 36 5.1.1.2 Bildungsniveau und Berufstätigkeit 36 5.1.1.3 Raucherstatus und Alkoholkonsum 37 5.1.1.4 Testdauer 38 5.1.2 KRANKHEITSBEZOGENE UND KLINISCHE PARAMETER 38 5.1.2.1 Krankheitsdauer 39 5.1.2.2 Laborchemische Parameter 39 5.1.3 MEDIKAMENTÖSE THERAPIE 40 5.1.4 KOMORBIDITÄTEN 42
5.1.5 AUSWERTUNG DES RAID - SCORE UND PHQ - D9 - SCORE 43 5.1.6 AUSWERTUNG DER WAIS IV TESTERGEBNISSE 43 5.2 BINÄRE LOGISTISCHE REGRESSIONSANALYSE 44 5.2.1 UNTERDURCHSCHNITTLICHE WAIS WERTE IN EINER DER VIER SKALEN 45 5.2.2 UNTERDURCHSCHNITTLICHE WAIS WERTE IN DER SKALA GEMEINSAMKEITEN FINDEN 46 5.2.3 UNTERDURCHSCHNITTLICHE WAIS WERTE IN DER SKALA MATRIZENWERT 47 6 DISKUSSION 48 7 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 57 8 LITERATURVERZEICHNIS 58 9 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 67 10 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 69 11 TABELLENVERZEICHNIS 70 12 DANKSAGUNG 71 13 LEBENSLAUF FEHLER! TEXTMARKE NICHT DEFINIERT.
1 1 Zusammenfassung 1.1 Hintergrund Die Rheumatoide Arthritis ist eine chronisch - entzündliche Erkrankung, die den Patienten durch Begleiterscheinungen wie Schmerzen, eingeschränkte Mobilität, Müdigkeit und Erschöpfungserscheinungen im Alltag maßgeblich beeinträchtigt. Die aktuelle Studienlage zeigt, dass die kognitive Leistungsfähigkeit bei Patienten mit rheumatoider Arthritis schlechter ist als bei der Normalbevölkerung. Ziel dieser Arbeit ist es mit einem gut genormten Test zu zeigen, dass es kognitive Einschränkungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis gibt und dabei alle mögli- chen Einflussvariablen zu kontrollieren. 1.2 Methoden In einer unizentrischen Querschnittsstudie wurden bei 105 an einer diagnostisch ge- sicherten rheumatoiden Arthritis erkrankten Patienten zu einem Zeitpunkt die kogni- tive Leistungsfähigkeit mit dem standardisierten Intelligenztest „Wechsler Adult Intelligence Scale IV“ beurteilt. Es wurden zusätzlich Patientendaten aus klinischen und laborchemischen Untersuchungen erfasst. Weiterhin füllten die Patienten eigen- ständig einen Fragenbogenkatalog aus, der neben mit genormten Messinstrumenten erhobene Daten auch soziodemografische und krankheitsbezogene Daten erfragte. Mit einer interferenzstatistischen Analyse wurden Gruppenunterschiede zwischen Patienten mit normaler Gedächtnisleistung und Patienten mit unterdurchschnittliche- rer Gedächtnisleistung dargestellt. Mögliche Prädiktoren für eine eingeschränkte kognitive Leistungsfähigkeit wurden mit einer binären logistischen Regression ermit- telt. 1.3 Ergebnisse Bei 44 (41,9%) von 105 Patienten konnten Einschränkungen der kognitiven Leis- tungsfähigkeit beobachtet werden. Am stärksten negativ beeinflusst war das Arbeits- gedächtnis (23,8%), gefolgt vom wahrnehmungsgebundenen logischen Denken (20,0%), dem Sprachverständnis (14,3%) und der Verarbeitungsgeschwindigkeit
2 (8,6%). Ein prädiktiver Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis konnte für das Rauchen, das Bildungsniveau, den Rheu- matoid arthritis impact of disease (RAID) - Score und die Testdauer dargestellt wer- den. 1.4 Schlussfolgerung Die Zusammenfassung der Ergebnisse stellt dar, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis eine schlechtere Gedächtnisleistung haben als gesunde Menschen. Ursäch- lich dafür ist aber nicht der Pathomechanismus der Erkrankung selbst, sondern Be- gleiterscheinungen, die mit der Krankheit einhergehen sowie für die rheumatoide Arthritis typische Risikofaktoren.
3 2 Einleitung An rheumatoider Arthritis erkrankte Patienten leiden aufgrund des chronisch - ent- zündlichen Charakters der Erkrankung häufig unter einer dauerhaft reduzierten Le- bensqualität [130]. Begleiterscheinungen wie Müdigkeit, chronische Schmerzen und funktionelle Einschränkungen belasten die Patienten maßgeblich im Alltag. Das Be- werkstelligen dieser Belastungen erfordert im besonderen Maße die kognitive Leis- tungsfähigkeit der Erkrankten. Chronische Erkrankungen beeinflussen allerdings häufig nachteilig die Gedächtnisleistung der Patienten [140]. Der Entzündungsme- chanismus der Erkrankung selbst, aber auch Symptome wie Erschöpfung und Schmerzen, Nebenwirkungen von antirheumatischen Pharmazeutika, mit der rheu- matoiden Arthritis assoziierte Komorbiditäten und Langzeitfolgen wie Depressivität stehen als mögliche Prädiktoren zur Diskussion[1, 21, 103, 118, 140]. Shin et al.[118] konnten 2012 in einer Studie mit 115 an rheumatoider Arthritis erkrankten Teilnehmern bei 31% eine Minderung der kognitiven Leistungsfähigkeit nachweisen. Als mögliche Prädiktoren für kognitive Beeinträchtigungen konnten die Autoren einen signifikanten Zusammenhang zwischen verminderter Kognition und den klini- schen Variablen regelmäßige Einnahme von Glukokortikoiden und erhöhte kardi- ovaskulären Risikofaktoren, sowie den soziodemographischen Variablen geringes Bildungsniveau und Grundeinkommen < 20 000$ herstellen. Für die Variablen Ge- schlecht, ethnische Zugehörigkeit, Krankheitsdauer, C - reaktives Protein und De- pression konnten keine Korrelationen zu verminderter Kognition und rheumatoider Arthritis hergestellt werden. Die Autoren folgerten, dass die kognitive Leistungsfä- higkeit nicht durch den eigentlichen Entzündungsprozess, die Dauer oder die Krank- heitsaktivität der rheumatoiden Arthritis beeinflusst wird. Entscheidend für das Vor- liegen eines kognitiven Leistungsdefizits war die therapeutische Behandlung mit Glukokortikoiden, interessanterweise schon in geringen Dosen - die tägliche Durch- schnittsdosis betrug 2,1mg (± 4,7mg SD). Weiterhin erhöhte das Vorhandendsein kardiovaskulärer Risikofaktoren das Risiko einer eingeschränkten Gedächtnisleis- tung. Auch Bartolini et al. [12] untersuchten bei 30 an rheumatoider Arthritis er- krankten Patienten die Kognition. Neben neuropsychologischen Tests wurden MRT - Aufnahmen zur morphologischen und SPECT - Aufnahmen zur funktionellen Unter- suchung der Gehirnmasse durchgeführt. Die kognitiven Leistungseinschränkungen reichten von 38% im Bereich Aufmerksamkeitsvermögen bis zu 71% im visuell - räumlichen Arbeitsgedächtnis. Bei 35% der Patienten konnten auf den MRT - Auf-
4 nahmen Veränderungen der weißen Substanz der Gehirnmasse beobachtet werden und bei 85% konnten auf SPECT - Aufnahmen eine verminderte Perfusion der Fron- tallappen und Parietallappen des Gehirns dargestellt werden. Die Autoren schlussfol- gern, dass die Erkrankung der rheumatoiden Arthritis langsame aber progressive subklinische Veränderungen bestimmter kortikaler Regionen verursacht, unabhängig vom Alter der Patienten. Als Erklärung dafür nennen sie eine mit der rheumatoiden Arthritis oft einhergehende Begleiterscheinung, die Vaskulitis. Diese manifestiert sich in den Arteriolen der Gehirnsubstanz und verursacht eine Unterbrechung der Verbindung zwischen kortikalen und subkortikalen Regionen. Eine weitere mögliche Erklärung ist der durch die in den Gelenken befindliche chronische Entzündung un- terbrochene neuronale Signaltransport zum Gehirn und die damit einhergehende Schwierigkeit, kognitive motorische Aufgaben auszuführen. Wallin et al. [140] hin- gegen führten die verminderte Gedächtnisleistung an rheumatoider Arthritis erkrank- ter Patienten auf den Entzündungscharakter der Erkrankung zurück. Im Rahmen ei- ner populationsbasierten Langzeitstudie wurden von 1.449 an rheumatoider Arthritis erkrankten Patienten mittleren Alters Daten bezüglich der Soziodemographie, Medi- kation und dem Krankheitsverlauf der rheumatoiden Arthritis erfasst. Zwanzig Jahre später wurden die Daten aktualisiert und zusätzlich Daten zur kognitiven Leistungs- fähigkeit erhoben. Patienten, die im mittleren Lebensalter an rheumatoider Arthritis erkrankten, erlitten im Vergleich zur nicht an rheumatoider Arthritis erkrankten Pati- entengruppe zwanzig Jahre später signifikant häufiger kognitive Leistungsdefizite, eine Demenzerkrankung oder entwickelten Morbus Alzheimer. Kontrolliert wurde die Kohorte für die Variablen Alter, Geschlecht, Bildung, Vorhandensein mindestens eines Apolipoprotein E ε4 - Allels, BMI, Raucherstatus, körperliche Aktivität, kardi- ovaskuläre Risikofaktoren und medikamentöser Therapie. In einem im Januar 2018 von Meade et al. [30] veröffentlichten Review, in dem 15 Studien zu dem Thema rheumatoide Arthritis und kognitiven Impairment analysiert wurden, konnten die Autoren ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und verminderter Gedächtnisleistung herausarbeiten. Die Studiengruppe konnte darstellen, dass bei Patienten die an rheumatoider Arthritis erkrankt waren, insbesondere in den Berei- chen Gedächtnis, Aufmerksamkeit und verbale Funktion kognitive Defizite vorlagen. Die aktuelle Studienlage zeigt unterschiedliche Zusammenhänge zwischen rheumato- ider Arthritis und verminderter kognitiver Performance auf. Chronische Entzün-
5 dungsprozesse, dauerhafte Medikation und eine verfrühte Immunoseneszenz werden ebenso diskutiert wie strukturelle und funktionale Veränderungen der Gehirnstruktur. Ziel dieser Arbeit ist es, unter Berücksichtigung aktueller Literatur und bestehender Studienlage den Einfluss der chronisch - entzündlichen Erkrankung rheumatoide Arthritis auf die Kognition der Patienten zu untersuchen. Beurteilt wird die kognitive Leistungsfähigkeit mit einem genormten Testverfahren, der Wechsler Adult Intelli- gence Scale IV. Weiterhin sollen aus soziodemographischen und krankheitsassoziier- ten Kontrollvariablen sowie Komorbiditäten Prädiktoren für verminderte kognitive Leistungsfähigkeit identifiziert und deren ursächlicher Charakter diskutiert werden.
6 3 Theoretischer Hintergrund 3.1 Rheumatoide Arthritis 3.1.1 Grundlagen Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine systemische chronisch - entzündliche Auto- immunerkrankung der Gelenke, gekennzeichnet durch eine Entzündung der Gelenk- synovia, einhergehend mit der Zerstörung des Gelenkknorpels und des angrenzenden Knochens [114]. Aufgrund der chronischen Entzündung leiden die Patienten häufig unter psychosozialen Folgen. Funktionelle Einschränkungen, chronischer Schmerz, Erschöpfung, Depressivität, Arbeitsunfähigkeit und Nebenwirkungen der antirheu- matischen Therapie verschlechtern maßgeblich die Lebensqualität der Patienten [101]. Die rheumatoide Arthritis äußert sich im Frühstadium durch Gelenkschwel- lungen und Schmerzen, Morgensteifigkeit über 30 Minuten, Kraftlosigkeit und Ab- geschlagenheit. Im fortgeschrittenen Stadium sind Deformationen, Deviationen, Ankylosen und atrophe Veränderungen der gelenknahen Muskeln zu beobachten. Die Krankheit manifestiert sich vor allem an den Fingergrund - und Mittelgelenken der Hand, wobei die Metacarpophalangealgelenke II und III besonders betroffen sind. 3.1.2 Pathogenese Die genaue Ätiologie der rheumatoiden Arthritis ist bis heute nur in Ansätzen ver- standen. Man vermutet eine multifaktorielle Genese - unbestritten ist allerdings, dass genetischen Faktoren und Umweltfaktoren eine entscheidende Funktion zukommt. Ungefähr 80 - 90% an rheumatoider Arthritis erkrankte kaukasische Patienten sind Träger eines HLA - DRB1 - Alleles. HLA - DRB1*04 - Subtypen und HLA - DRB1*01 - Subtyen codieren ein als Shared Epitop (SE) bezeichnetes Aminosäure- motiv [77]. Bei Trägern des SE-Gens führt die Präsentation eines noch unbekannten arthrogenen Antigens zur Einwanderung und Akkumulation von Entzündungszellen - wie aktivierten CD4+ - T - Lymphozyten, B - Lymphozyten und Makrophagen - in die Synovialmembran der Gelenke. Diese initiieren die Proliferation und die Über- produktion von proinflammatorischen Zytokinen, insbesondere TNF - α und Inter- leukin I. TNF - α und Interleukin I stimulieren die Proliferation mesenchymaler Zel- len wie Fibroblasten, Osteoblasten, Endothel - und Synovialzellen im Gelenkspalt, was wiederum zur Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen und Enzymen
7 sowie einer Manifestation der Entzündung im Gelenkspalt führt. Die Etablierung der chronischen Entzündung im Gelenkspalt hat zum einen das destruktive Einwandern und die Anheftung von Pannozyten an knorpelfreien Arealen des Gelenkknochens, und zum anderen die Aktivierung von Chondrozyten und Osteoklasten zur Folge. Diese Prozesse enden im klinischen Bild der fortgeschrittenen rheumatoiden Arthri- tis: Pannusbildung mit Knochenerosionen, Knorpeldestruktion und Knochenentmine- ralisierungen [65, 89]. 3.1.3 Diagnostik Neben Anamnese, klinischer Untersuchung und Röntgendiagnostik kommt insbe- sondere der Labordiagnostik eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung der rheumatoiden Arthritis zu. Routinemäßig werden die Entzündungsparameter C - re- aktives Protein (CRP) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), welche schon im Frühstadium der rheumatoiden Arthritis nachweisbar sind erfasst. Ein weiterer wichtiger Nachweisparameter ist der Rheumafaktor (RF). Der Rheumafaktor ist ein Autoantikörper - hauptsächlich vom Typ IgM. Er richtet sich gegen das Fc - Fragment des humanen IgG. Die Spezifität beträgt ca. 80%, die Sensitivität ca. 70% [77]. Eine deutlich höhere Spezifität von 95% und Sensitivität bis zu 75% [126, 131] ergibt der Nachweis von Antikörpern gegen citrullinierte Peptide (ACPA). Dies stellt eine neuartige Nachweismethode dar, die ersten Krankheitsanzeichen zehn Jahre vorrausgehen kann. Sie ermöglichen schon im Frühstadium der Erkrankung aufgrund ihres guten prädiktiven Charakters, einen erosiven von einem nicht - erosiven Krankheitsverlauf zu unterscheiden und somit frühzeitig eine effektive Therapie zu initiieren. Im Gegensatz zum Rheumafaktor, der zwar vor den ersten Symptomen nachgewiesen werden kann, sind ACPAs schon bis zu 15 Jahre vor Krankheitsaus- bruch messbar [85]. Die zwei wichtigsten serologischen Marker sind Antikörper ge- gen cyclisches Citrullin (anti - CCP - Antikörper) und gegen mutiertes citrulliniertes Vimentin (anti - MCV - Antikörper). Ungefähr 60% der Patienten mit rheumatoider Arthritis sind ACPA positiv. Ein positiver ACPA Nachweis geht in der Regel mit einem aggressiveren Krankheitsverlauf und schwereren Gelenkdestruktionen inner- halb der ersten fünf Jahre einher [63, 90]. Für die rheumatoide Arthritis spezifische erosiv-destruktive Veränderungen an Hand - und Fußgelenken können auf röntgeno- logischen Aufnahmen schon relativ früh nach Krankheitsausbruch erkannt werden. Bei 40% der Patienten sind bei unbehandelter Krankheit sechs Monate nach Aus-
8 bruch die ersten radiologischen irreversiblen funktionellen Gelenkschäden sichtbar. Die Kriterien der European League against Rheumatism von 2010 [94] erlauben eine Klassifikation der rheumatoiden Arthritis. Sie stellen eine Weiterentwicklung der 1987 vom American College of Rheumatology (ACR) [9] entwickelten Klassifikati- onskriterien dar. Tabelle 1 EULAR-Klassifikationskriterien der rheumatoiden Arthritis Spalte1 Spalte2 Spalte3 Kriterium Punktwert Gelenkbeteiligung 1 mittleres bis großes Gelenk 0 2 - 10 mittlere bis große Gelenke 1 1 - 3 kleine Gelenke 2 4 - 10 kleine Gelenke 3 > 10 kleine Gelenke 5 Serologie RF negativ und ACPA negativ 0 niedrigtitrig postiv (RF+ und/oder ACPA+) 2 hochtitrig postiv (RF+ und/oder ACPA+) 3 Akute-Phase-Proteine (BSG oder CRP) normal 0 erhöht 1 Symptomdauer < 6 Wochen 0 ≥ 6 Wochen 1 Die jeweils höchsten Werte einer Kategorie werden summiert. Der Bereich zwischen ≥6 und 10 definiert einen Patienten als an rheumatoider Arthritis erkrankt. 3.1.4 Epidemiologie Mit einer Prävalenz von 0,5% - 1% in Nord-Europa und Nord-Amerika [2] ist die rheumatoide Arthritis die am häufigsten auftretende Autoimmunerkrankung in den westlichen Industrieländern. Die Inzidenz liegt zwischen 5 bis 50 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner und steigt mit zunehmendem Lebensalter. Frauen erkranken drei Mal häufiger als Männer [114]. Der Gipfel der Neuerkrankung liegt bei Frauen zwischen dem 3. und 5. Lebensjahrzehnt und bei Männern zu Beginn des 6. Lebens- jahrzent. Die Erkrankung kann allerdings in jedem Alter auftreten [125].
9 3.1.5 Prognose und Verlauf In 70 - 80% beginnt die Erkrankung schleichend mit dem Befall einzelner Gelenke und verläuft im Krankheitsverlauf schubweise. Dabei wechseln sich Phasen starker Entzündung mit schwacher Entzündung ab. Diese Schübe können einige Tage bis Monate dauern, und sind gekennzeichnet durch ein plötzliches, verstärktes Auftreten der Symptomatik. Zwischen den Schüben sind die Patienten meistens beschwerde- frei. Weitere 10% der Patienten gehen schon im Frühstadium der Krankheit in Re- mission, bei den restlichen 10% verläuft die Krankheit unkontrollierbar bis maligne. Für einen prognostisch ungünstigen Verlauf sprechen: eine hohe Krankheitsaktivität, der positive Nachweis von RF und ACPA sowie das Vorliegen von HLA - DR4 Al- lelen. 3.1.6 Therapie Ziel der Therapie der rheumatoiden Arthritis ist eine vollständige Remission bzw. ein Zustand geringster möglicher Krankheitsaktivität [120]. Dies wird durch den Einsatz von Medikamenten, die Einfluss auf den pathogenen Entstehungsprozess von Ent- zündungen nehmen, bewirkt. Eine kausale Therapie ist aufgrund unbekannter Ätio- logie nicht möglich. Entscheidend für Verlauf und Prognose der rheumatoiden Arth- ritis ist ein früher Therapiebeginn innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Krankheit. Die Art und das Ausmaß der Therapie richten sich an dem individuellen Krankheitsverlauf und der aktuellen Krankheitsaktivität aus. Zum Einsatz in der medikamentösen Therapie kommen folgende Gruppen: - Nicht - steroidale Antirheumatika (NSAR) - Glukokortikoide - Basistherapeutika (DMARDs) - Biologicals Die auf den EURLAR - Empfehlungen basierte 2018 veröffentliche S2e-Richtlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie [44] empfiehlt unmittelbar nach Di- agnosestellung die frühzeitige Basistherapie mit Methotrexat (MTX) als Monothera- pie oder die Kombination von MTX mit niedrig dosiertem Prednisolon als optimierte Monotherapie. Methotrexat gehört neben Leflunomid, Hydroxychloroquin und Sul- fasalazin zu den konventionellen Disease - modifying anti - rheumatic drugs
10 (DMARDs). Im Gegensatz zu nicht - steroidalen Antirheumatika, die ausschließlich schmerzlindernd und entzündungssenkend wirken, vermögen DMARDs die Krank- heitsaktivität zu senken und Gelenkdestruktionen zu vermindern. Da sich das volle Wirkspektrum der Basistherapeutika erst einige Wochen nach Verabreichung entfal- tet, kommen zur Überbrückung nicht - steroidale Antirheumatika und das Glukokor- tikoid Prednisolon zum Einsatz. Nicht - steroidale Antirheumatika wirken analge- tisch, antiphlogistisch und antipyretisch. Das Behandlungsziel der optimierten Mono- therapie sollte innerhalb von drei Monaten nach Therapiebeginn erreicht sein [74]. Bei sehr hoher Krankheitsaktivität, schlechter Prognose und Versagen der Kombina- tionstherapie konventioneller DMARDs wird das Verabreichen eines Biological in der Regel in Kombination mit MTX empfohlen. In der Regel werden Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab, Rituximab sowie Abatacept oder Tocilizumab verabreicht. 3.2 Kognition 3.2.1 Definition Der Begriff Kognition bezeichnet sämtliche bewusst und unbewusst ablaufende in- formationsverarbeitende Prozesse eines intelligenten Systems bzw. die geistige Akti- vität des Menschen [75]. Die kognitive Leistungsfähigkeit eines Menschen umfasst Prozesse der Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, des Denkens, des Lernens, des Erinnerns, der Motivation und Problemlösens sowie das Sprachver- ständnis. 3.2.2 Intelligenz 3.2.2.1 Die Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz Der modernen Kognitionsforschung liegt die Cattell-Horn-Carroll - Theorie der menschlichen kognitiven Fähigkeiten zu Grunde. Raymond Cattell definierte 1941 [28, 29], dass Intelligenz aus zwei Faktoren besteht: die fluide Intelligenz (Gf) und die kristalline Intelligenz (Gc). Die fluide Intelligenz beschreibt dabei die angeborene Leistungsfähigkeit und ermöglicht dem Individuum mit unbekannten Situationen umzugehen, ohne über umfangreiche früherer Lernerfahrungen zu verfügen. Die kristalline Intelligenz umfasst das durch Lebenserfahrung und Ausbildung erworbene Wissen und ist von der fluiden Intelligenz und von Umweltbedingungen beeinflusst.
11 John L. Horn überarbeitete gemeinsam mit Cattell dessen Gf - Gc - Modell und er- weiterte es zu einem Faktoren - Modell welches Abstand von einer generellen Intel- ligenz nahm und neun Dimensionen der Intelligenz beschreibt: fluides Schlussfol- gern, kulturspezifisch - wissensbezogene Intelligenz, kurzfristige Aufnahme und Abruf von Informationen, visuelle Verarbeitung, auditive Verarbeitung, tertiäres Ab- speichern und Abrufen, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Geschwindigkeit für korrekte Entscheidungen und quantitatives Wissen [60]. 3.2.2.2 Das Drei - Schichten - Modell der menschlichen kognitiven Fähigkeiten (Three Stratum Theory) 1993 definierte John B. Caroll [27] Intelligenz als ein Konstrukt mit hierarchischer Struktur, das Drei - Schichten - Modell der menschlichen kognitiven Fähigkeiten. Auf der untersten der drei Ebenen befinden sich sehr spezifische, enge Fähigkeiten, von denen er insgesamt 69 definierte. Auf der mittleren Ebene befinden sich acht komplexere, breitere Faktoren der Intelligenz: fluide Intelligenz, kristalline Intelli- genz, allgemeine Gedächtnisfähigkeit, visuelle Wahrnehmung, auditive Wahrneh- mung, Abruffähigkeit, kognitive Geschwindigkeit und Verarbeitungsgeschwindig- keit. Die oberste Ebene beschreibt die generelle, allgemeine kognitive Intelligenz. 3.2.2.3 Die Cattell - Horn - Carroll Theorie Die sehr ähnlichen Definitionen der komplexen, breiten Fähigkeitsfaktoren von Horn und Cattell auf der einen Seite und Carroll auf der anderen Seite führten zu Beginn des 21. Jahrhundert zur Zusammenführung beider Theorien und zur Entwicklung der Cattell - Horn - Carroll Theorie. Ein entscheidender Unterschied in den beiden Mo- dellen bleibt Carrolls Annahme einer generellen Intelligenz, welche in der Gf - Gc - Hypothese fehlt [45, 88]. 3.2.2.4 Das Intelligenzkonzept von Wechsler „Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wir- kungsvoll auseinander zu setzen.“ [143] Nach Wechsler sind die Komponenten der Intelligenz hierarchisch angeordnet. Er geht ebenfalls von einer allgemeinen Intelli- genz aus, die sich in zwei Komponenten aufspalten lässt. Die verbale Intelligenz und die praktische Intelligenz.
12 3.2.3 Gedächtnis Das Gedächtnis ist der Wissensspeicher aller individuell bewusst oder unbewusst erlernten Informationen. Nach Aufnahme aus der Umwelt werden Informationen selektiert und kurzzeitig oder dauerhaft gespeichert. Verknüpfungen zwischen ein- zelnen Informationen werden geschaffen und bei Bedarf wieder aufgerufen. Anhand der Dauer der Informationsspeicherung unterscheidet man das Ultrakurzzeitgedächt- nis, das Arbeitsgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis. Das Ultrakurzzeitgedächtnis speichert für einige Sekunden aus der Umwelt aufgenom- mene Sinnesreize. Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht eine kurzfristige Speicherung von Informationen zur Bewerkstelligung von Arbeitsprozessen. Im Kurzzeitgedächt- nis werden Informationen über einige Stunden gespeichert, bevor sie selektiert und dauerhaft ins Langzeitgedächtnis übergehen, um dort Wochen, Monate oder lebens- lang gespeichert zu werden. Bezüglich der Art der Gedächtnisspeicherung unter- scheidet man das explizite - deklarative vom impliziten Gedächtnis. Das explizite Gedächtnis dient der bewussten Informationsspeicherung. Es setzt sich aus dem epi- sodischen und dem semantischen Gedächtnis zusammen. Das episodische Gedächt- nis speichert erlebte Ereignisse, wie z.B. Urlaube aus der Vergangenheit und bildet unsere biographische Identität. Das semantische Gedächtnis beherbergt das bewusste Faktenwissen. Im Gegensatz dazu werden im impliziten Gedächtnis unbewusste In- formationen eingelagert. Es wird untereilt in das prozeduale Gedächtnis, dort werden Bewegungsabfolgen abgespeichert und in das perzeptuelle Gedächtnis, welches dazu dient bekannte Personen, Gegenstände und Orte zu erkennen. Weitere semantische Gedächtnisleistungen sind die Konditionierung und das Priming, das vorbereitende Gedächtnis. 3.2.4 Exekutive Funktionen Als exekutive Funktionen werden komplexe und nicht - routinierte Vorgänge be- zeichnet, die durch Kontrolle, Steuerung und Koordination verschiedener Vorgänge ein zielorientiertes und situationsangepasstes Denken und Handeln ermöglichen [115]. Maßgeblich beteiligt an den exekutiven Prozessen sind das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition und die Aufmerksamkeitssteuerung [92, 93]. Sie ermöglichen dem Individuum auch in nicht routinierten, dem Alltag fremden und unvorhergesehen Situationen flexibel und angepasst zu handeln. Diese Prozesse laufen unter bewusster kognitiver Kontrolle und Steuerung ab und werden von automatisiert ablaufenden
13 Verhaltensweisen abgegrenzt. Nach Norman und Shallice [95] kommt laut der Theo- rie des Supervisory Attentional Systems der Aufmerksamkeit bei der Abgrenzung dieser Prozesse eine entscheidende Funktion zu. Routinierte, bekannte Verhaltens- weisen laufen nach Meinung der Autoren in bestimmten Schemata ab. Diese werden durch Stimuli aus der Umwelt aktiviert und in vorprogrammierter, automatischer Weise ausgeführt. Neue, unbekannte, komplexe Situationen hingegen benötigen zur Lösung Aufmerksamkeit und eine willkürliche Lenkung des Geschehens. Dies wird durch die Steuerung und Überwachung durch das Supervisory Attentional System verantwortet. 3.3 Entzündung und Kognition Als mögliche Ursache für den leistungsmindernden Effekt der rheumatoiden Arthritis auf die Kognition wird der Entzündungscharakter der Erkrankung diskutiert [83, 140]. Die Pathophysiologie neurodegenerativer Veränderung ausgelöst durch die systemische Entzündung, ist bis heute noch nicht vollständig verstanden. Allerdings konnte dem Tumornekrose Faktor - a, welcher typischerweise bei chronischen Ent- zündungen wie der rheumatoiden Arthritis erhöht ist, eine Schlüsselfunktion zuge- ordnet werden. McGeer et al. [86, 87] machten die Beobachtung, dass entzündliche erhöhte TNF - a - Spiegel Mikrogliazellen aktivieren, die in Form eines zerebralen endogenen Immunsystems arbeiten und unabhängig von Reizen des peripheren Im- munsystems eine chronische Entzündung im Gehirn einleiten und aufrechterhalten können. Durch die Aktvierung der Mikroglia kommt es zur intrazerebralen Produkti- on und Ausschüttung inflammatorischer Zytokine und Akute-Phase-Proteine wie IL - 6, IL - 1b, TNF - a und CRP. Insbesondere für erhöhte Interleukin - 1b - Spiegel konnte ein negativer Effekt auf die Kognition dargestellt werden [105, 139]. Die Folgen der Ausschüttung von IL - 1b sind Zelllyse von zerebralen, intakten Zellen und Phagozytose von Pathogenen und zerstörten Zellen, was angesichts dessen, dass Neuronen postmytotisch, also nicht regenerierbar sind als entscheidender Mechanis- mus zur Ausbildung von eingeschränkter kognitiver Funktion und der Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Alzheimer beiträgt [53, 86, 87, 129]. C - reaktives Protein ist als Opsonin Teil des Immunsystem und aktiviert bei in- flammatorischen Vorgängen das Komplementsystem [40]. In der Honolulu - Asia - Aging Studie [113] wurde beobachtet, dass Männer mit einem Serumspiegel von über 0,34mg/L des hochsensitiven C - reaktiven Proteins (hs - CRP) im mittleren
14 Lebensalter ein 3 - fach erhöhtes Risiko im Vergleich zu Probanden mit einem Se- rumspiegel von hs - CRP unter 0,34mg/L für die Entwicklung von neurodegenerati- ven Erkrankungen und kognitivem Verfall hatten. Ein weiteres erklärendes Modell für verminderte kognitive Funktion durch system- mische entzündliche Prozesse ist am Beispiel von Morbus Alzheimer sehr gut ver- standen. Bei Patienten mit Morbus Alzheimer konnten im Liquor des Gehirns und Rückenmarks erhöhte Werte proinflammatorischer Zytokine, Chemokine und Kom- plementfaktoren nachgewiesen werden [5, 36]. Insbesondere bei chronischen Ent- zündungen von Makrophagen produziertes TNF - a und von der Leber ausgeschütte- tes C - reaktives Protein konnte in für Morbus Alzheimer typischerweise vorhande- nen Beta - Amyloid Plaques und Taufibrillen identifiziert werden [41, 117]. Beta - Amyloid ist ein Proteinfragment, welches bei einem gesunden Individuum zersetzt und eliminiert wird, bei Morbus Alzheimer hingegen akkumulieren diese Fragmente zu unlöslichen Plaques. Man geht davon aus, dass unlösliche Beta - Amyloid Plaques und abnormale Tau - Fibrillen [16, 116], welche Neuronen zerstören entzündliche Vorgänge im Gehirn initiieren und aufrecht halten [48]. Bemerkenswert ist, dass die kognitive Leistungsfähigkeit der Patienten unter effekti- ver Therapie besser wird. In einer open - label Pilotstudie untersuchten Raftery et al. [103] bei 15 an rheumatoider Arthritis erkrankten Patienten die Wirksamkeit der erstmaligen Therapie mit dem TNF - a - Blocker Adalimumab. Erfasst wurde die Wirkung auf Müdigkeit, Kognition und dem zerebralen Blutfluss. Nach zwölfwöchi- ger Therapie kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Krankheitsaktivität und den Ermüdungserscheinungen, sowie der kognitiven Leistungsfähigkeit. Allerdings konnten die Autoren keine Korrelation zwischen der Verbesserung der Kognition und den Variablen Müdigkeit, Krankheitsaktivität und zerebraler Blutfluss feststel- len. Im Gegensatz zu anderen in der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetz- ten Medikamenten ist die entzündungshemmende Wirkung von TNF - a - Blockern schon 24 Stunden nach Verabreichen registrierbar. Hess et al. [55] vermuteten, dass das schnelle Anschlagen der Therapie mit TNF - a - Blockern nicht nur auf die un- terbrochene Entzündungskaskade in den Gelenken zurückzuführen ist, sondern viel- mehr auch durch direkte Einwirkung auf neuronale Prozesse einhergeht. So scheint TNF - a zum einen am nozizeptiven System als auch am limbischen System zu wir-
15 ken und somit die Schmerzwahrnehmung und auch emotionales Verhalten wie De- pressivität während einer chronischen Erkrankung zu regulieren. Schon unmittelbar nach Verabreichen der TNF - a - Blocker und deutlich vor der entzündungshemmen- den Wirkung ist ein positiver Effekt im zentralen Nervensystem zu beobachten. 3.4 Effekt von Schmerz, Müdigkeit und Depression auf kognitive Fähigkeiten Die durch Schwellung und Destruktion einhergehenden Schmerzen sind das schwer- wiegendste und den Patienten mit am stärksten beeinträchtigende Symptom der rheumatoiden Arthritis [56]. Einhergehend mit dem Schmerzleiden der Patienten sind häufig sowohl kognitive als auch funktionelle Ermüdungserscheinungen, aber auch Depressivität [136, 141]. Starke Schmerzen wirken sich negativ auf kognitive Fertigkeiten aus, insbesondere das Aufmerksamkeitsvermögen und die Konzentrati- onsfähigkeit sind betroffen [39, 98]. Nicht nur das Schmerzleiden selbst wirkt sich aber auf die Kognition aus, sondern auch die häufig durch starke Schmerzen ausge- lösten Depressionen. Brown et al. [21] wiesen 2001 bei 121 Patienten, die unter rheumatoider Arthritis litten einen negativen Effekt von Schmerz und Depression auf die kognitiven Fähigkeiten nach. Als kognitive Parameter wurden Verarbeitungsge- schwindigkeit, induktives Denken, Arbeitsgedächtnis und das Langzeitgedächtnis erfasst. Sie machten die Beobachtung, dass Schmerz zum einen ein starker Prädiktor für kognitive Defizite ist und zum anderen chronischer Schmerz, ausgelöst durch die rheumatoide Arthritis, gehäuft zu Depressionen bei den Erkrankten führt. Die De- pression wiederum beeinträchtigt ebenfalls die kognitive Leistung der Patienten und beeinflusst zusätzlich das Verhältnis zwischen Schmerz und Kognition. Abeare et al. [1] untersuchten in einer Gruppe von 157 Probanden ebenfalls den Zusammenhang von Schmerz und Kognition bei rheumatoider Arthritis. Allerdings erfassten sie nur einen Teilbereich der kognitiven Fähigkeiten, die exekutive Funktion. Als Schmerz beeinflussende Parameter wurden positive und negative Einflüsse erhoben. Die Stu- die zeigte, dass sich Schmerz und kognitive Leistungsfähigkeit umgekehrt proportio- nal zu einander verhalten. Das heißt, je intensiver der Schmerz, desto größer sind die kognitiven Leistungseinbußen. Anders als in der Studie von Brown et al. [21] in der Depression Kognition maßgeblich beeinflusst, haben laut Abeare negative Affekte keine relevante Auswirkung auf die Beziehung zwischen Schmerzwahrnehmung und der exekutiven Funktion der Kognition. Da in der vorliegenden Studie nur ein Teil- bereich der Kognition, die exekutiven Funktionen berücksichtigt wurde, vermuten
16 die Autoren dass Schmerz verschiedene Bereiche der kognitiven Leistungsfähigkeit im unterschiedlichen Ausmaß beeinflusst. Depressivität ist mit einer Prävalenz von 17% - 41% [64, 69] neben Angstzuständen die häufigste psychiatrische Begleiter- scheinung einer rheumatoiden Arthritis. Depressionen entstehen zum einen als psy- chologische Reaktion auf die alltäglichen Belastungen, die eine rheumatoide Erkran- kung mit sich bringt, wie funktionelle Einschränkungen, Müdigkeit und Schmerz. Man vermutet aber auch einen direkten Zusammenhang zwischen dem Entzün- dungsmechanismus der rheumatoiden Arthritis und der Entwicklung einer Depressi- on. Die Aktivierung des Immunsystems im Rahmen der rheumatoiden Arthritis führt zur Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen. Infolgedessen wird das En- zym Indolamin -2,3- Dioxygenase (IDO) aktiviert. IDO baut den Serotonin- Vorläufer Tryptophan ab und reduziert die Serotoninsynthese, und induziert somit auf neuroendokrinem und neurochemischen Weg eine Depression. Außerdem konn- ten erhöhte Zytokinlevel mit einer Hyperaktivität der Hypothalamus - Hypophysen - Nebennierenrinden - Achse in Verbindung gebracht werden, welche über komplexe neuroendokrine Wege die Stressreaktion eines Menschen reguliert und bei Fehlsteue- rung zu depressiven Verstimmungen führt [112]. Weiterhin führt verstärkte Zytokin- ausschüttung im zentralen Nervensystem zu lokalen neuronalen Entzündungsprozes- sen, Aktivierung von Mikroglia, Fehlfunktion der Mitochondrien sowie oxidativem und nitrosativem Stress und löst dadurch eine Verminderung der kognitiven Leistung aus [7, 78]. Kognitive Leistungsdefizite sind mit die häufigsten Symptome einer schweren depressiven Störung, die auch nach Abklingen der depressiven Phase be- stehen bleiben können [10, 108]. Besonders betroffen sind das Aufmerksamkeits- vermögen, die Erinnerung und die exekutiven Funktionen. Es wird davon ausgegan- gen, dass neuronale Schaltkreise, die Depressivität und bestimmte Bereiche der Ge- dächtnisleistung steuern, sich in kortikalen Strukturen überschneiden. Dabei betrof- fen ist vor allem der anteriore cinguläre Cortex, dem bei der Pathophysiologie einer Depression eine entscheidende Rolle zukommt, der aber auch die neuronalen Struk- turen der Aufmerksamkeit und emotionaler Komponenten beherbergt [18]. Erschöp- fung ist nach dem Schmerz die Lebensqualität des Patienten am negativsten beein- flussende Begleiterscheinung der rheumatoiden Arthritis [58, 137]. Die Patienten sind nicht nur müde, sondern erschöpft, schwach und energielos [110]. Dabei wirkt sich die Ermüdung sowohl körperlich als auch kognitiv aus [97]. Die Prävalenz der Erschöpfung reicht von 40% - 98% [15, 102] bei rheumatoiden Erkrankungen. Wolfe
17 et al.[144] konnten bei 88 - 98% unter einer Gelenkerkrankung (Rheumatoide Arthri- tis, Osteoarthritis, Fibromyalgie) leidenden Patienten Erschöpfung beobachten, bei 41% RA - Patienten wurden klinisch relevante stark erhöhte Werte von Ermüdungs- erscheinungen mittels visueller Analog Skala gemessen. Als starke Prädiktoren konnten Schmerz, Schlafstörungen, Depressivität, Anzahl der schmerzhaften Gelen- ke und funktionelle Einschränkungen ausgemacht werden. Es liegt die Vermutung nahe, dass Müdigkeit und Erschöpfung sich direkt auf die kognitive Leistungsfähig- keit an rheumatoider Arthritis erkrankten Patienten auswirkt. Außerdem aber auch indirekt durch Erschöpfung provozierende Faktoren, wie Depressivität und Schmer- zen. An Studien, die den direkten Zusammenhang von Müdigkeit und Kognition bei RA - Patienten untersuchten mangelt es allerdings, so dass weiterhin die mit Müdig- keit assoziierten Parameter Schmerz und Depression als vordergründige Prädiktoren für kognitive Leistungsdefizite im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis bestehen bleiben [102]. 3.5 Kardiovaskuläre Erkrankungen, Rheumatoide Arthritis und kognitive Leistungsfähigkeit Auch das Vorhandensein relevanter Komorbiditäten wie ein erhöhtes kardiovaskulä- res Risiko scheint als Ursache von kognitivem Impairment bei Patienten mit rheu- matoider Arthritis möglich. Neben der entzündlichen Veränderung und Destruktion der Gelenke gehen mit der rheumatoiden Arthritis häufig extraartikuläre Manifestati- onen einher. Besonders stark betroffen ist dabei das kardiovaskuläre System. Die Vaskulitis - eine entzündlich - rheumatische Erkrankung kleiner Blutgefäße und Ka- pillaren, meist arterieller Herkunft - führt durch inflammatorische Veränderungen der Gefäßwand zur Hypoperfusion und Schädigung der zu versorgenden Organsysteme, Polyneuropathien und Ulzerationen. Weiterhin haben RA - Patienten ein zweifach erhöhtes Risiko einen Myokardinfarkt sowie Herzversagen zu erleiden, bzw. an Dia- betes zu erkranken [100]. Neben den herkömmlichen kardiovaskulären Risikofakto- ren arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und Rauchen müssen auch direkt mit der rheumatoiden Erkrankung vergesellschaftete Risiken berücksichtig werden. Denn bei Patienten mit rheumatoider Arthritis führen aufgrund der chronisch aufrecht erhaltenen Entzündung erhöhte Zytokinlevel von TNF - a und IL - 6 über Endotheldysfunktion zu Arteriosklerose und Plaques. Dies trifft auch bei Patienten ohne ein ansonsten erhöhtes kardiovaskuläres Risiko zu [6, 68]. Auch die
18 antirheumatische Therapie mit NSAR und Glukokortikoiden erhöht das mit der RA assoziierte kardiovaskuläre Risiko durch Hypertonie und Herzversagen, sowie nach- teilige Beeinflussung des Lipid - und Glucosestoffwechsels [37, 109, 128]. Ebenso konnte für bestimmte TNF - a - Blocker und DMARDs ein gewisser negativer Effekt auf das kardiovaskuläre System nachgewiesen werden [121]. Erhöhtes kardiovasku- läres Risiko ist außerdem maßgeblich an der Entwicklung von kognitiven Leistungs- einschränkungen bis hin zur vaskulären Demenz oder Morbus Alzheimer beteiligt [76]. Arterielle Hypertonie beeinflusst dabei besonders die exekutive Funktion, das Erinnerungsvermögen und das Aufmerksamkeitsvermögen [33]. Ursächlich für eine verminderte Kognition bei arterieller Hypertonie scheinen durch cerebrovaskuläre Perfusionsstörungen ausgelöste subklinische Schlaganfälle und Mikroläsionen in der weißen Substanz des Gehirns zu sein [19, 79]. Weiterhin begünstigen Störungen des Cholesterinstoffwechsels, Übergewicht und Rauchen eine verminderte kognitive Leistung [33]. 3.6 Ziel dieser Arbeit Intention dieser Arbeit war es, den Zusammenhang zwischen der chronisch - ent- zündlichen Erkrankung rheumatoide Arthritis und der kognitiven Leistungsfähigkeit mit einem alle Bereiche der Intelligenz beurteilenden neuropsychologischen Testver- fahren zu untersuchen und möglichst umfangreich soziodemographische und krank- heitsassoziierte Kontrollvariablen sowie Komorbiditäten zu erfassen und anhand des Datenkollektivs Prädiktoren für verminderte kognitive Leistungsfähigkeit zu identifi- zieren.
19 4 Methodik 4.1 Design Die unizentrische Querschnittsstudie wurde in der Medizinischen Klinik 3 für Rheumatologie und Immunologie des Universitätsklinikums der Friedrich-Alexander - Universität Erlangen - Nürnberg in Bayern, Deutschland durchgeführt. Im Zeitraum vom 11. März 2013 bis 24. Oktober 2013 wurden 105 ambulante und stationäre Pati- enten mit rheumatoider Arthritis rekrutiert. 4.2 Zielsetzung Ziel der Studie war es die kognitive Leistungsfähigkeit von Patienten mit rheumatoi- der Arthritis mittels eines genormten Untersuchungsverfahrens zu ermitteln und mögliche Einflussfaktoren wie Depression, körperliche Aktivität, Medikamentenein- nahme und Komorbiditäten, zu erfassen und deren Zusammenhang zu untersuchen. 4.3 Datenerfassung Die erhobenen Daten setzten sich aus Eigenbeurteilungen der Patienten, klinischen Untersuchungen der Patienten, laborchemischen Parametern und einer Untersuchung zu den kognitiven Fähigkeiten zusammen. Es wurden außerdem soziodemografische Daten, gesundheitsbezogene und krankheitsbezogene Daten erhoben. Die Rekrutierung der Patienten fand sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich statt. 4.4 Ablauf Die Untersuchung erfolgte im Rahmen eines regulären Arzttermins mit Blutentnah- me. Hierauf hat die Studie keinen Einfluss genommen. Alle Patienten, die die Ein- schlusskriterien erfüllten und ihr schriftliches Einverständnis gaben wurden zu einem einmaligen Zeitpunkt mittels Wechsler Adult Intelligence Scale IV (WAIS - IV) ge- testet. Die Einschlusskriterien sind in Tabelle 2 dargestellt.
20 Tabelle 2 Einschlusskriterien der WAIS-Kognition-Studie Einschlusskriterien Diagnostisch gesicherte RA aller Schweregrade aller Aktivitätsgrade jeglicher Erkrankungsdauer in stationärer oder ambulanter Behandlung jeden Alters Von der Studie ausgeschlossen wurden Patienten die folgenden Kriterien erfüllten: Tabelle 3 Ausschlusskriterien der WAIS-Kognition-Studie Ausschlusskriterien aktuell behandlungsbedürftigte psychiatrische Erkrankung (Depression, Schizophrenie, Sucht, Demenz, …) Fibromyalgie Rot-Grün-Sehschwäche vermindertes oder verlustiges Hörvermögen mangelnde Deutschkenntnisse Alle Personen, die die Einschlusskriterien erfüllten, wurden der Poolliste der geeig- neten und einverstandenen Studienteilnehmer zugeordnet. Nach dem regulären Arzt- termin und der Blutentnahme füllten die Patienten eigenständig eine Einverständnis- erklärung zur Teilnahme an der Studie und den für die Studie zusammengestellten Fragebogenkatalog aus. Anschließend wurde der WAIS IV Test durch einen geschul- ten Untersucher in einem separaten Raum durchgeführt. Die Untersuchung dauerte durchschnittlich 35 Minuten und wurde von der Ethikkommission genehmigt.
21 4.5 Erfasste Daten 4.5.1 Soziodemographie Als soziodemographische Daten wurden Alter, Geschlecht, Zivilstand, Schulbildung, Berufstätigkeit, Berentung, Sozialverhalten und das Konsumverhalten bezüglich Al- kohol und Nikotin erfasst. 4.5.2 Erfassung der Kognition - Wechsler Adult Intelligence Scale IV Die Wechsler Intelligence Scale for Adults Fourth Edition (WAIS IV) stellt ein ge- normtes Instrument zur Testung der kognitiven Fähigkeiten von Jugendlichen und Erwachsenen im Alter von 16 bis 89,11 Jahren dar. Der WAIS IV wurde in Deutsch- land 2012 [99] als überarbeitete und weiterentwickelte Version der Wechsler Intelli- gence Scale for Adults Third Edition veröffentlicht. In der ursprünglichen Version des Wechsler Intelligenztest, der WAIS I, welcher 1955 erstmals von David Wechs- ler publiziert wurde und eine Überarbeitung der von ihm 1939 veröffentlichten Wechsler - Bellevue Intelligence Scale darstellt, ging Wechsler davon aus, dass Intel- ligenz einerseits ein globales Konstrukt darstellt, weil sie das Verhalten eines Indivi- duums als Ganzes bestimmt. Andererseits kann sie aber als spezifisch dargestellt werden, weil Intelligenz aus Faktoren zusammengesetzt ist, in denen sich Individuen unterscheiden. Diese individuellen Faktoren sind allerdings nicht als vollständig un- abhängig zu sehen, sondern stehen alle in Beziehung zueinander. Trotzdem kann nach Wechsler jeder dieser Faktoren isoliert betrachtet und beurteilt werden [143]. Aus dieser Erkenntnis geht die Entwicklung der Untertests, auf denen auch die WAIS IV Version basiert, einher. Der WAIS IV besteht insgesamt aus 15 Untertests, die folgende vier kognitive Teilbereiche erfassen: Sprachverständnis, wahrneh- mungsgebundenes logisches Denken, Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsge- schwindigkeit. Anhand der Einzelergebnisse der Untertests kann der Gesamtintelli- genzquotient bestimmt werden. Für die Erfassung der Kognition in der vorliegenden Arbeit wurde aus jedem Teilbe- reich ein Untertest ausgewählt. 4.5.2.1 Gemeinsamkeiten finden Der Untertest „Gemeinsamkeiten finden“ wurde aus dem Teilbereich „Sprachver- ständnis“ ausgewählt und zuerst durchgeführt. Der Patient bekam zu Beginn des
22 Tests die Testanweisung in exaktem Wortlaut aus dem Durchführungsmanual des WAIS IV vorgelesen. Anschließend begann die eigentliche Testung. Die Testperson bekam durch den Testleiter zwei Begriffe genannt, und musste die Gemeinsamkeit der beiden Begriffe benennen. Insgesamt gab es 18 Wortpaare, die dem Testleiter in einer festgelegten Reihenfolge vorgegeben sind. Die Antworten werden mit 2, 1 und 0 Punkten bewertet. Zur Bewertung der Antworten diente dem Testleiter eine Liste mit möglichen Antworten in den drei Punktekategorien im Durchführungsmanual des WAIS IV Test. Einige Antworten aus dem 1 und 0 Punkte Bereich waren mit einem N gekennzeichnet. Der Testleiter wurde dazu angehalten, bei diesen Antworten er- neut nachzufragen und der Testperson die Möglichkeit zu geben, die gegebene Ant- wort weiter zu erläutern und diese eventuell zu korrigieren und zu verbessern. Wurde bei drei Fragen hintereinander eine Antwort aus der 0 Kategorie gegeben, trat das Abbruchkriterium in Kraft und der Test wurde vorzeitig beendet. Maximal konnten in dem Test „Gemeinsamkeiten finden“ 36 Punkte erreicht werden. 4.5.2.2 Zahlen nachsprechen Aus dem Bereich „Arbeitsgedächtnis“ wurde der Untertest „Zahlen nachsprechen“ als zweite Testung ausgewählt. Dieser Test unterteilte sich wiederrum in die drei Teile „Zahlen nachsprechen vorwärts“ (ZNV), „Zahlen nachsprechen rückwärts“ (ZNR) und „Zahlen nachsprechen sequenziell“ (ZNS). Auch hier bekam der Patient zunächst die Durchführung des Tests erklärt. Der Testperson wurden Zahlenreihen- folgen vorgelesen. Diese durften vom Testleiter nur einmal vorgelesen und auf Nach- frage des Probanden nicht wiederholt werden. Die Anzahl der nachzusprechenden Zahlen nahm im Verlauf jeder der drei Testteile zu, beginnend von zwei bis zu neun im Teil ZNV und ZNS und von zwei bis zu acht im Teil ZNR. Pro Testabschnitt gab es acht zu lösende Aufgaben, die jeweils aus zwei Zahlenfolgen der gleichen Länge bestanden. Der Patient wurde im ersten Teil aufgefordert die Zahlen in der gleichen Reihenfolge zu wiederholen wie sie vom Testleiter vorgelesen wurden. Im zweiten Teil mussten die Zahlen in rückwärtiger Reihenfolge und im dritten Teil in aufstei- gender Reihenfolge nachgesprochen werden. Jede Zahlenfolge innerhalb einer Auf- gabe wurde mit 0 oder 1 Punkt bewertet. Pro Aufgabe konnten also 0, 1 oder 2 Punk- te erreicht werden. Der jeweilige Testabschnitt wurde abgebrochen, wenn zwei Zah- lenfolgen innerhalb einer der acht Aufgaben mit 0 und somit die ganze Aufgabe mit
23 0 bewertet wurde. Maximal konnten pro Testabschnitt 16 Punkte und für den Ge- samttest 48 Punkte erlangt werden. 4.5.2.3 Matrizentest Der dritte Untertest „Matrizentest“ wurde aus dem Bereich „Wahrnehmungsgebun- denes logisches Denken“ ausgewählt. Zunächst wurde der Testperson anhand von Übungsaufgaben der Testablauf erklärt. Der Testperson wurden Bilder vorgelegt. Auf diesen Bildern befanden sich im oberen Teil der Testseite vier Kästchen. In drei- en dieser Kästchen waren Symbole abgebildet, im vierten ein Fragezeichen. Im unte- ren Abschnitt der Testseite waren fünf Antwortmöglichkeiten gegeben, aus denen der Proband das passende Bild auswählen musste. Insgesamt konnten 26 Aufgaben bear- beitet werden, die jeweils mit 0 oder 1 Punkt bewertet werden. Der Test wurde abge- brochen, wenn drei Aufgaben hintereinander mit 0 Punkten bewertet wurden. Insge- samt konnten 26 Punkte erreicht werden. 4.5.2.4 Zahlensymboltest Der letzte Test „Zahlensymboltest“ stammte aus dem Bereich „Verarbeitungsge- schwindigkeit“. Der Patient bekam einen Testbogen auf dem sich ein Zahlen - Symbol - Schlüssel sowie die Testaufgabe befanden. Der Schlüssel bestand aus den Zahlen 1 bis 9. Jeder dieser Zahlen war ein einfach zu zeichnendes Symbol zugeord- net. In der Testaufgabe befanden sich 135 Zahlenfelder deren korrelierendes Symbol fehlte. Aufgabe der Testperson war es, in einem der Testperson unbekannten Zeit- rahmen von 120 Sekunden die fehlenden Symbole korrekt zu den passenden Zahlen in der vorgegebenen Zahlenreihenfolge einzuzeichnen. Jedes richtige Symbol erhielt 1 Punkt, somit konnten in diesem Test insgesamt 135 Punkte erreicht werden. 4.5.3 Krankheitsbezogene Daten 4.5.3.1 Der Disease Activity Score 28 Der Disease Activity Score 28 (DAS 28) erfasst als kombiniertes Fremd - und Ei- genbeurteilungsinstrument die Krankheitsaktivität und den Krankheitsverlauf bei Patienten mit rheumatoider Arthritis. Er wurde von der European League against Rheumatism [133] als Alternative zu den Kriterien zur Bestimmung der Krankheits- aktivität bei RA - Patienten des American College of Rheumatology [4, 9] entwi-
24 ckelt. Der DAS 28 zeigt die Krankheitsaktivität zu jedem Zeitpunkt im Krankheits- verlauf und den Krankheitsfortschritt bzw. das Ansprechen auf Therapie. Zur Beurteilung des DAS 28 werden insgesamt 28 Gelenke auf Schmerzen und Schwellung untersucht: Schultergelenke, Ellenbogengelenke, Handgelenke, die me- tacarpophalangealen sowie wie die proximal - interphalangealen Gelenke und die Kniegelenke. Anschließend wird der DAS 28 - Score aus den Parametern Anzahl der schmerzhaften Gelenke (TJC), Anzahl der geschwollenen Gelenke (SJC), Blutsen- kungsgeschwindigkeit (BSG) bzw. C - reaktives Protein (CRP) und Patientenbeurtei- lung der Krankheitsaktivität mittels visueller Analogskala von 1 bis 10 (VAS) mit dargestellter Formel berechnet: Abbildung 1 Berechnung des DAS 28 DAS28=0.56 x √(TJC) + 0.28 x √(SJC) + 0.70 x ln(BSG) + 0.014 x VAS Die Auswertung der errechneten Werte mit anschließender Tabelle berücksichtigt die Einteilung der Krankheitsaktivität entsprechend der DAS 28 Bewertung in mäßig aktiv, aktiv und sehr aktiv sowie das Ansprechen der Therapie bzw. Verbesserung der Krankheitsaktivität gemäß den EULAR Response Kriterien: gute, mäßige und keine Verbesserung [46]. Eine niedrige Krankheitsaktivität liegt bei Werten > 2,6 und < 3,2 vor, eine mittlere Krankheitsaktivität bei Werten zwischen > 3,2 und < 5,1, bei Werten > 5,1 geht man von einer hohen Krankheitsaktivität aus. Der Patient be- findet sich in Remission bei einem Wert < 2,6. Tabelle 4 EULAR Response Kriterien Aktueller DAS 28 DAS 28 Verbesserung zum Ausgangswert > 1,2 0,6 - 1,2 < 0,6 < 3,2 gute Verbesserung mäßige Verbesserung keine Verbesserung 3,2 - 5,1 mäßige Verbesserung mäßige Verbesserung keine Verbesserung > 5,1 mäßige Verbesserung keine Verbesserung keine Verbesserung
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