Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017

Die Seite wird erstellt Leon Hübner
 
WEITER LESEN
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
3/2017

Integration

Kollege Roboters
helfende Hand
Seite 12

KVJS                   Soziales              Fortbildung
Um 30 Jahre gealtert   Noch viele Menschen   Wie geht‘s
– Auf dem KVJS-Stand   mit Behinderung in    weiter mit der
der REHAB              Großeinrichtungen     Jugendhilfe?
Seite 4                Seite 6               Seite 21
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
Impressum

                   KVJS aktuell
                   Juli 2017
                   Herausgeber:
                   Kommunalverband für Jugend
                   und Soziales Baden-Württemberg
                   Öffentlichkeitsarbeit
                   Lindenspürstraße 39
                   70176 Stuttgart
                   www.kvjs.de

                   Verantwortlich:
                   Heide Trautwein

                   Mit Beiträgen von:
                   Gabriele Addow (add)
                   Monika Kleusch (mok)
                   Sylvia Rizvi (syr)
                   Lena-Christin Schwelling (les)

                   Titelfoto:
                   Monika Kleusch

                   Layout:
                   Waltraud Gross

                   Bestellungen und Adressänderungen:
                   Petra Wagner
                   Telefon 0711 6375-208
                   Petra.Wagner@kvjs.de

                   Druck:
                   Texdat-Service gGmbH, Weinheim

                                                    Redaktioneller Hinweis:
                                                    Wir bitten um Verständnis, dass aus
                                                    Gründen der Lesbarkeit auf eine
                                                    durchgängige Nennung der weib-
                                                    lichen und männlichen Bezeich-
                                                    nungen verzichtet wird. Selbstver-
                                                    ständlich beziehen sich die Texte in
                                                    gleicher Weise auf Frauen und Män-
                                                    ner.

2   KVJS aktuell
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
KVJS

                      Inhaltsverzeichnis

KVJS              4   Um 30 Jahre gealtert – Auf dem KVJS-Stand der REHAB
                  5   Café im Kulturpark Reutlingen-Nord eröffnet

SOZIALES          6   Noch viele Menschen mit Behinderung in Großeinrichtungen
                  9   Schub fürs gemeindenahe Wohnen

INTEGRATION      10   „Sport ist mein Ding“: Blinder Trainer beim MTV Stuttgart
                 12   Kollege Roboters helfende Hand
                 14   Inklusionsunternehmen: Neue Ideen gefragt
                 15   Gläserne Bäckerei gibt Einblicke

JUGEND           16   Aufnahme junger Geflüchteter: neue Regeln
                 18   Modellprojekt „Eine Kita für alle“ verbessert die inklusive Betreuung und Erziehung
                 20   Wenn Spielplätze verwaisen

FORTBILDUNG      21   Wie geht‘s weiter mit der Jugendhilfe?

NEU ERSCHIENEN   23   Beim KVJS erschienen

3/2017                                                                               KVJS aktuell 3
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
KVJS

Um 30 Jahre gealtert ...
… so konnten sich die Besucher des KVJS-Stands auf der REHAB fühlen

Auf der Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion hatte der KVJS
einen der größten und vielfältigsten Informationsstände.

Alterssimulationsanzug GERT war Teil einer neuen                Doch auf dem Stand
Präsentation zu barrierefreiem Wohnen mit kos-                  wurde nicht nur geges-
tengünstigen und praktischen Lösungen für den                   sen, sondern auch
Haushalt.. Mit Gewichten an Armen, Beinen und                   fleißig über das Leis-
auf der Brust, einer Brille, die eingeschränkte Sicht           tungsspektrum des
bot und Schalldämpfern auf den Ohren konnten                    KVJS und seines Inte-
Standbesucher dank GERT einen Eindruck gewin-                   grationsamtes infor-
nen, wie ihr Körper sich in etwa 30 Jahren anfüh-               miert. Auch die Promi-
len wird.                                                       nenz schaute vorbei
                                                                in Gestalt von Verena
Schwerpunkt Inklusionsunternehmen                               Bentele, Bundesbe-
                                                                hindertenbeauftragte
Der inhaltliche Schwerpunkt der KVJS-Präsenta-                  und Schirmherrin der
tion lag jedoch auf den Inklusionsunternehmen                   REHAB, Stephanie Aeff-
in Baden-Württemberg. Der KVJS hatte dazu ver-                  ner, Landesbehinder-
schiedene Unternehmen eingeladen. Die Firma                     tenbeauftragte von
AfB informierte über ihre Aufbereitung ausgemus-                Baden-Württemberg
terter IT-Produkte vom i-Phone bis zum Compu-                   und Schauspieler und
                                                                                         Mit GERT 30 Jahre in die eigene Zukunft.
ter. Miteinanderleben aus Pforzheim gab Einblick                Autor Samuel Koch, der                                  Fotos: Kleusch
in sein Legosteinrecycling. Die gläserne Bäckerei               die Eröffnungsveran-
Schmidt aus Karlsruhe kam mit dem Backen von                    staltung moderierte.
leckeren Flachswickeln für die Besucher kaum hin-
terher, ebenso wie die Mitarbeiter des Beschäfti-               Eine kleine Fotoschau mit Impressionen vom
gungszentrums Karlsruhe (BZKA), die Waffeln und                 KVJS-Stand auf der REHAB finden Sie hier.
Obst anboten.                                                   https://youtu.be/tk3XtzJTEXA              mok
                                                                INFO

                                                                        Hier geht es zu den Inklusionsunter-
                                                                        nehmen:

                                                                        www.iubw.de
                                                                        www.afb-group.de
                                                                        www.miteinanderleben.de/de/inhalt/
                                                                        service-ggmbh/lego-recycling.html
                                                                        www.baeckerei-schmidt-karlsruhe.de
                                                                        www.lebenshilfe-karlsruhe.de
Leckere Flachswickel von Jürgen Schmidt. Zur gläsernen Bäcke-
rei siehe auch Seite 15.

4   KVJS aktuell                                                                                               3/2017
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
KVJS

          Nicht nur für Kuchenzähne
          Café im Kulturpark Reutlingen-Nord eröffnet

          Pünktlich zu Pfingsten gab es die ersten Kuchen und kleinen Speisen, die man sich
          sowohl drinnen wie draußen schmecken lassen kann: Das Café auf dem Gelände des Kul-
          turparks tischt auch für die Nachbarschaft auf.

          „Wir produzieren zehn unterschiedliche Kuchen               reich, dem Kunstatelier und den Gärten genutzt
          in unserer Förder- und Betreuungsgruppe“, erklärt           werden.
          stolz Inge Burbulla, Leiterin Begleitende Dienste
          und Tagesbetreuung in Rappertshofen. Ihr per-               Kleine Bistrokarte
          sönlicher Geheimtipp: „Rafaellokuchen mit einer
          Kokosschicht. Der ist echt lecker.“ Natürlich kann          Nicht nur für Kuchenzähne, auch für Weinzähne ist
          die Gruppe nicht jeden Tag alle Sorten backen.              gesorgt: Wer eher dem Herzhaften zuneigt, findet
          Das tägliche Angebot wird mit zugekauften                   auf der Bistrokarte kleine Gerichte wie Saiten oder
          Kuchen und verschiedenen Eissorten aufgestockt.             Flammkuchen. Und Getränke aller Art sowieso.

          Das Café wartet mit einem Innen- und einem                  Wer nun Lust bekommen hat, das Café im Kultur-
          Außenbereich auf. Der barrierefreie Innenraum               park zu besuchen: außer montags steht es täglich
          kann auch für private Feiern, Ausstellungen, Kul-           zwischen 14 und 18 Uhr für seine Gäste offen.
          turveranstaltungen und den Verkauf von Eigen-                                                             mok
          produkten aus dem Förder- und Betreuungsbe-
                                                                      INFO

                                                                               Rappertshofen Reutlingen …

                                                                               … ist eine Einrichtung für Pflege,
                                                                               Betreuung und Beratung, soziale und
                                                                               berufliche Integration von Menschen
                                                                               mit Körper- und Mehrfachbehinde-
                                                                               rungen der LWV.Eingliederungshilfe
                                                                               GmbH. Für die Personen mit hohem
                                                                               Assistenzbedarf der offenen Förder-
                                                                               und Betreuungsgruppe (FuB) sollte
                                                                               das Beschäftigungsangebot erweitert
                                                                               werden. Gesucht wurden weitere sinn-
                                                                               volle, produktorientierte Tätigkeiten.
                                                                               Gefunden wurde die Idee zum Kultur-
                                                                               park Reutlingen-Nord, der im vergan-
                                                                               genen November eröffnet wurde.
Süße Verführung: zehn verschiedene Kuchen können selbst hergestellt            Mehr unter: www.lwv-eh.de/kulturpark
werden.						Foto: lwv.eh

          3/2017                                                                                          KVJS aktuell 5
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
SOZIALES

                 Noch viele Menschen mit Behinderung in Großeinrichtungen
                 Neue Studie beleuchtet Situation in Baden-Württemberg

                 Wo gibt es welche Angebote für wen? Bisher wusste die Fachwelt zwar, wie viele Men-
                 schen mit Behinderung in Baden-Württemberg Eingliederungshilfe beziehen. Aber die
                 Statistik schwieg darüber, ob die Leistungsempfänger zum Beispiel im eigenen Stadt-
                 und Landkreis wohnen oder andernorts und welche Angebote im Land vorgehalten
                 werden. Eine neue Studie des KVJS schließt diese Lücke – und liefert wertvolle Infor-
                 mationen für die Sozialplanung im Land.

                 „Die Einrichtungen in Baden-Württemberg haben                   Erwachsene mit Behinderung aus zwei Perspek-
                 die Situationsanalyse aktiv unterstützt“, sagt Dr.              tiven dar. Zum einen zeigt sie landesweit, für wie
                 Gerrit Grünes. „Ohne sie wäre die Studie nicht                  viele Menschen sie in ihrem Stadt- oder Landkreis
                 möglich gewesen.“ Fast alle Heime, Einrichtun-                  Eingliederungshilfe bezahlen. Zum anderen zeigt
                 gen und Werkstätten hätten mitgemacht, sagt der                 sie, wie viele Menschen mit Behinderung auf wel-
                 Sozialwissenschaftler.                                          che Angebote im Land zurückgreifen können und
                                                                                 erhebt zum ersten Mal die Zahl Erwachsener und
                 Die Analyse stellt landesweite Strukturdaten                    Kinder, die erstmals Leistungen beziehen. „Die
                 zur Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie zum                  Daten bieten eine fundierte Planungsgrundlage
                 Stichtag 31.12.2014 zur Verfügung. Sie stellt die               für die Angebote in den Stadt- und Landkreisen
                 baden-württembergischen Wohnangebote für                        und liefern Anregungen für eine Weiterentwick-
                                                                                 lung“, berichtet Grünes. Beim Fachtag am 10. April
                                                                                 in Herrenberg-Gültstein präsentierte der Verband
                                                                                 die Ergebnisse.

                                                                                 Die Situationsanalyse zeigt: in den baden-würt-
                                                                                 tembergischen Stadt- und Landkreisen schreitet
                                                                                 der Ausbau ambulanter Wohnangebote voran.
                                                                                 Während zum Stichtag 31.12.2014 über 24 Pro-
                                                                                 zent aller gut 22 000 Menschen mit geistiger und
                                                                                 körperlicher Behinderung in einer ambulanten
                                                                                 Wohnform lebten, erhält im Laufe des Jahres 2014
                                                                                 bereits jeder zweite der etwa 1 200 „Neufälle“
                                                                                 ein solches Angebot. Erwachsene mit seelischer
                                                                                 Behinderung leben dagegen zu 63 Prozent ambu-
                                                                                 lant. Doch selbst bei dieser Gruppe gibt es noch
                                                                                 ein Plus: von den neuen Leistungsbeziehern wer-
                                                                                 den etwa 68 Prozent ambulant betreut.

Ein KVJS-Fachtag am 10. April 2017 im KVJS-Tagungszentrum Herrenberg-Gültstein
bot einen umfassenden Überblick über die Angebotsstrukturen der Behinderten-
                                                                                 Ein Großteil der stationären Angebote wird wei-
hilfe und der Sozialpsychiatrie im Land.                            Foto: KVJS   terhin an einigen zentralen Standorten erbracht.

                 6   KVJS aktuell                                                                                            3/2017
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
SOZIALES

                                                N= 748

           Baden-                                                                           andere
         Württemberg                                                                     Bundesländer

                                                       N= 1.309

Wechsel über Bundesländergrenzen: In Baden-Württemberg werden mehr Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung aus
anderen Bundesländern (1.309 Personen) stationär betreut als umgekehrt (748 Personen). Grafik KVJS.

Zum Stichtag 31.12.2014 wohnten über ein Viertel               Erwachsene in Doppelzimmern
der Erwachsenen mit geistiger und körperlicher
Behinderung stationär im Rems-Murr-Kreis, im                   Die Situationsanalyse erhebt in Baden-Württem-
Kreis Ravensburg sowie im Neckar-Odenwald-                     berg erstmals landesweit, wie viele Erwachsene
und Bodenseekreis. Die stationären Angebote für                mit Behinderung in stationären Wohnheimen in
Kinder und Jugendliche mit geistiger und kör-                  Doppelzimmern leben. Entsprechend der Landes-
perlicher Behinderung werden zur Hälfte von vier               heimbauverordnung haben sie ab 2019 Anspruch
Kreisen vorgehalten (Rhein-Neckar-Kreis, Boden-                auf ein Einzelzimmer. Zum Stichtag lebten noch
seekreis, Ravensburg und Rems-Murr-Kreis). Und                 etwa jeder siebte Erwachsene mit geistiger und
etwa ein Drittel der Erwachsenen mit seelischer                körperlicher Behinderung und etwa jeder sechste
Behinderung wohnen stationär in vier Landkreisen               Erwachsene mit seelischer Behinderung im Dop-
(Rhein-Neckar-Kreis, Reutlingen, Ortenaukreis und              pelzimmer. Bis zum Jahr 2019 müssen gemäß der
Freudenstadt).                                                 Studie für 1 330 Erwachsene mit geistiger und kör-
                                                               perlicher Behinderung und etwa 450 Erwachsene
Immerhin: Für Erwachsene mit geistiger und kör-                mit seelischer Behinderung ambulante Wohn-
perlicher Behinderung ist in vielen Kreisen ein                plätze oder Einzelzimmer geschaffen werden. „Die
Ausbau wohnortnaher Unterstützungsangebote                     Einzelzimmervorgabe der Landesheimbauverord-
zu beobachten. Zum Stichtag erhalten 45,1 Pro-                 nung ist bis zum Jahr 2019 realistisch erreichbar“,
zent im stationären Wohnen ein Angebot im Her-                 schätzt Grünes. Seit der Datenabfrage haben die
kunftskreis. Bei neuen Leistungsbeziehern sind es              Einrichtungen bereits etliche Doppelzimmer auf-
fast zwei Drittel. Ein großer Wermutstropfen: Der              gelöst und durch Einzelzimmer ersetzt.
Ausbau wohnortnaher stationärer Angebote für
Menschen mit seelischer Behinderung tritt auf der
Stelle.

3/2017                                                                                                   KVJS aktuell 7
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
SOZIALES

                  Blick über die Ländergrenze                                      che Konzepte im Standortkreis fehlen. Es trifft vor
                                                                                   allem junge Erwachsene mit komplexem Unter-
                  In den 44 Stadt- und Landkreisen werden auch                     stützungsbedarf. Nun wollen die Kreise Sozial-
                  Personen aus anderen Bundesländern stationär                     und Jugendhilfe stärker vernetzen und auch zum
                  betreut. Mal liegt die Einrichtung nah zur Grenze,               Beispiel Wohnangebote mit Ausbildungsbeglei-
                  mal wollen Betroffene aus persönlichen Gründen                   tung entwickeln. Bei Menschen mit geistiger und
                  in einem anderen Bundesland leben, etwa wegen                    körperlicher Behinderung sehen mehr als zwei
                  einer Partnerschaft. Zuweilen sehen sich Betrof-                 Drittel der Stadt- und Landkreise Handlungsbe-
                  fene mit besonderen Unterstützungsbedarfen ver-                  darf bei der Tages- und Seniorenbetreuung sowie
                  geblich nach passenden Angeboten in ihrer Nähe                   beim ambulant betreuten Wohnen.
                  um oder die Plätze sind bereits belegt.
                                                                                   Viele haben mitgemacht
                  Neu ist die Erkenntnis, dass mehr Menschen mit
                  geistiger und körperlicher Behinderung aus ande-                 Der KVJS hat die Situationsanalyse in einem mehr-
                  ren Bundesländern ein stationäres Wohnangebot                    jährigen, breiten Beteiligungsprozess erarbeitet.
                  in Baden-Württemberg erhalten als umgekehrt.                     Sozialplanerinnen und Sozialplanern aus zehn
                  Ganz anders sieht es bei Menschen mit seelischer                 Stadt- und Landkreisen haben sie von Beginn
                  Behinderung aus. Sie erhalten öfter ein stationä-                an durch einen Begleit-Arbeitskreis unterstützt.
                  res Wohnangebot in einem anderen Bundesland                      Zusätzlich gab es eine Lenkungsgruppe mit Füh-
                  als umgekehrt. Beide Trends bestätigen sich bei                  rungskräften aus Sozialdezernaten und Sozialäm-
                  neuen Leistungsempfängern.                                       tern, in die Städtetag, Landkreistag und Gemein-
                                                                                   detag Baden-Württemberg eingebunden waren.
                  Passende Angebote für Menschen mit seelischer                    Auf neun kommunalen Arbeitstreffen stellte der
                  Behinderung und besonderem Unterstützungsbe-                     KVJS den 44 Stadt- und Landkreisen Zwischener-
                  darf sind noch nicht überall verfügbar. 84 Prozent               gebnisse vor und diskutierte diese vor Ort.
                  der Stadt- und Landkreise kennen betroffene Ziel-                                                                 syr
                  gruppen, für die geeignete Angebote oder fachli-
                                                                                   INFO

                                                                                            Situationsanalyse zum Stand der
                                                                                            Sozial- und Teilhabeplanung in
                                                                                            Baden-Württemberg, Hrsg.: KVJS,
                                                                                            Stuttgart 2017.
                                                                                            Ergebnisse einer Datenerhebung zur
                                                                                            Situation von Menschen mit geistiger
                                                                                            und körperlicher Behinderung und
                                                                                            Menschen mit seelischer Behinderung
                                                                                            aus den Jahren 2014 und 2015

                                                                                            Im Internet unter
                                                                                            www.kvjs.de/der-kvjs/service/publika-
                                                                                            tionen/
                                                                                            Stichwort: Situationsanalyse
In Baden-Württemberg schreitet der Ausbau ambulanter Wohnangebote voran.
                                                           Foto: Bilkei, fotolia

                  8   KVJS aktuell                                                                                              3/2017
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
Gemeinsam mit Schwung.								                                                      Foto: auremar, fotolia

Schub fürs gemeindenahe Wohnen
Land und KVJS fördern Baumaßnahmen von Behinderteneinrichtungen

Das Sozialministerium hat über sechs Millionen Euro für Bauvorhaben in Behinderten-
einrichtungen freigegeben. Der KVJS legt rund 1,4 Millionen Euro obendrauf. Von den
Geldern profitieren zwölf Einrichtungen. Sie können notwendige Umbauten und Moder-
nisierungen in Wohnheimen und Werkstätten umsetzen.

Die sechs Millionen Euro stammen aus dem Lan-        ein gutes Hilfenetz für Menschen mit Behinderung
deshaushalt und der Ausgleichsabgabe. Mit den        zu schaffen“, sagt Aleksandra Melzer vom KVJS.
KVJS-Haushaltsmitteln bilden sie die erste Tranche
der diesjährigen Förderung von Behindertenein-       Auch das Land möchte die Teilhabe von Menschen
richtungen. Die unterstützten Projekte liegen in     mit Handicap verbessern. „Die Landesregierung
den Stadt- und Landkreisen Stuttgart (2), Schwä-     will Menschen mit Behinderungen in Baden-Würt-
bisch Hall (1), Main-Tauber-Kreis (2), Heidenheim    temberg die gleiche selbstbestimmte Lebensge-
(1), Rottweil (4), Bodenseekreis (1) und Ravens-     staltung ermöglichen wie Menschen ohne Behin-
burg (1).                                            derungen“, sagt Landessozialminister Manfred
                                                     Lucha. „Unser besonderes Augenmerk gilt dabei
Alles in allem stehen 2017 rund 19,4 Millionen       einem bedarfsgerechten Angebot von inklusivem
Euro zur Verfügung, aus der KVJS-Kasse fließen       Wohnen und Arbeiten. Die von uns geförderten
zusätzlich rund drei Millionen Euro. Der Verband     Behinderteneinrichtungen erleichtern Menschen
fördert seit 2013 Behinderteneinrichtungen. „Ziel    mit Behinderungen, ihr Leben unabhängiger füh-
ist es, in Baden-Württemberg das gemeindenahe        ren und besser an der Gesellschaft teilhaben zu
Wohnen auszubauen und auf kommunaler Ebene           können.“                                      syr

3/2017                                                                                  KVJS aktuell 9
Kollege Roboters helfende Hand 3/2017 - KVJS - Ausgabe 3/2017
INTEGRATION

„Sport ist mein Ding“
Blinder Trainer beim MTV Stuttgart

Falsche Bewegungsabläufe und Verspannungen erkennt Mulgheta Russom blind. Der
Fitnesstrainer arbeitet beim MTV Stuttgart im hauseigenen Studio Motiv. Dort hat er
auch seine Ausbildung gemacht. Und dort ist er aktiver Fußballer.

Student Patrick, groß, schlank, sportlich, hat seine   und seine Ohren. „Wenn jemand die Gewichte hart
Langhantel an jeder Seite mit 20 Kilo beladen          fallen lässt oder keuchend atmet, lasse ich mir die
und geht langsam in die Kniebeuge. Fitness- und        Übung zeigen. Meist hat er dann zu viel Gewicht
Personaltrainer Mulgheta – im Verein ist man           eingestellt.“
grundsätzlich per du – legt seine Hand leicht auf
Patricks Rücken und verfolgt seine Bewegungen.         Wechsel zu einer andern Station im Studio, die
Dann korrigiert er: Nicht ins Hohlkreuz gehen,         der Fitnesstrainer zielsicher ansteuert. „Die Leute
saubere Kniebeugen im 90-Gradwinkel von Ober-          merken zum Teil nicht, dass ich blind bin“, sagt er.
und Unterschenkel. „Nimm lieber mehr Gewicht           „Und manchmal vergesse ich es selber.“ Mehr
und mach weniger Wiederholungen“, denn Läufer          Muskelmasse wünscht sich auch das nächste MTV-
Patrick möchte schnell Muskelmasse aufbauen.           Mitglied, eine zierliche ältere Dame, die sich für
                                                       eine bevorstehende Operation wappnen möchte.
Um zu erkennen, ob eine Übung richtig ausge-           „Es ist nie verkehrt, sich vor einer OP körperlich zu
führt wird, nutzt der blinde Trainer seine Hände       stabilisieren. Wenn man vorarbeitet, verläuft auch

Mulgheta Russom berät nicht nur zu den richtigen Gewichten.						                               Foto: Kleusch

10 KVJS aktuell                                                                                       3/2017
INTEGRATION

der Heilungsprozess leichter“, sagt Mulgheta         Das Motiv-Fitnessstudio arbeitet nach einem
Russom.                                              Schmerzfrei-Konzept. Schmerzfrei heißt, es gibt
                                                     individuelle Trainingspläne nach gründlicher
Kämpfer mit positiver Lebenseinstellung              Überprüfung der Muskulatur. Außerdem wird
                                                     immer wieder kontrolliert, ob sich nicht im Laufe
Sport hat ihm selbst geholfen, wieder auf die        der Zeit Fehler in das persönliche Training ein-
Beine zu kommen, damals, nach dem Unfall, durch      schleichen.
den er sein Augenlicht verlor. Er war zwanzig,
Modeberater in einem Tübinger Kaufhaus, akti-        Mulgheta Russom arbeitet nicht nur als Trainer
ver Fußballer und Boxer. Ein Kämpfer mit positi-     sondern bietet nach einer Weiterbildung auch
ver Lebenseinstellung. Das half ihm. „Ich habe mir   Massagen mit Schwerpunkt Schulter und Rücken
schon im Krankenhaus einen eigenen Trainings-        an. „Ich empfehle auch Übungen für Zuhause,
plan gemacht“, sagt er. Er zog nach Stuttgart-       damit sich die Verspannungen lösen“, erklärt er.
Botnang in die Nikolauspflege, eine Stiftung für     So kann er ein Gesamtpaket aus Massage, Tipps
blinde und sehbehinderte Menschen, lernte Korb-      zum Üben daheim und individuell angepasstem
macher – und begann, beim MTV zu trainieren          Training im Studio anbieten, was ihm eine Reihe
und in der neu aufgebauten Blindenfußballmann-       treuer Stammkunden beschert hat.
schaft zu spielen.
                                                     Der leidenschaftliche Fußballer kommt aber nicht
„Wir haben erst gedacht, wie soll das gehen“, sagt   nur für den Halbtagsjob als Fitnesstrainer zum
MTV-Geschäftsführer Karsten Ewald über seine         MTV. Als Mitglied trainiert er dreimal in der Woche
erste Reaktion auf die Anfrage der Nikolauspflege,   in der Blindenfußballmannschaft auf Bundesliga-
ob sich der MTV eine Trainerausbildung für           niveau. Und im August geht er als deutscher
Mulgheta vorstellen könnte. Denn das Handwerk        Nationalspieler nach Berlin zur Europameister-
des Korbflechtens ist eher nicht so optimal für      schaft. Oder wie Mulgheta Russom schlicht sagt:
Menschen mit ausgeprägtem Bewegungsdrang             „Sport ist mein Ding.“
wie den gebürtigen Eritreer.                                                                         mok

Maßgeschneiderte Ausbildung

Beim MTV setzte man sich zusammen und tüftelte
schließlich einen internen zweijährigen Ausbil-
dungsplan aus für den ersten – und immer noch
einzigen – blinden Fitnesstrainer Deutschlands.
                                                     INFO

„Wir haben viele Anfragen von blinden Men-                    Anpfiff in Stuttgart
schen, ob wir weitere Trainer ausbilden“, erklärt
Geschäftsführer Ewald. „Wir hätten ja zugesagt,               Wer die MTV-Mannschaft in Aktion
aber bisher war kein Studio bereit, einen blinden             erleben will, hat dazu am 16. und 17.
Trainer zu übernehmen. Dabei kann ich das jedem               Juli in Stuttgart die Gelegenheit.
empfehlen.“ Zumal das KVJS-Integrationsamt                    Näheres unter
Zuschüsse zahlt, um auszugleichen, dass Kollegen              www.blinden-fussball.de/saison-2017/
ihn in manchen Bereichen unterstützen müssen.

3/2017                                                                                   KVJS aktuell 11
Der Roboterarm kann unter anderem unterschiedliche Reichweiten der Mitarbeiter ausgleichen.

                  Kollege Roboters helfende Hand
                  Maschineller Zuarbeiter für schwerbehinderte Beschäftigte erprobt

                  Roboter soll Handicaps ausgleichen: Sachsenheimer Inklusionsunternehmen ISAK
                  erprobt gemeinsam mit dem Fraunhoferinstitut neue Wege der Unterstützung für
                  Mitarbeiter mit Behinderung. Der Bund fördert das Projekt.

                  Er ist leise und präzise: Der Bosch-Roboter „APAS                Die Duschkopfproduktion erfordert präzises Ein-
                  assistant“, der bei dem Projekt AQUIAS seine hel-                setzten und Festdrücken der Düsen. Festgedrückt
                  fende Hand – oder vielmehr seinen Roboterarm                     wurde bisher von Hand mit einer kurzen Hebel-
                  – zwei schwerbehinderten Kollegen leiht. Die neu-                bewegung. Viel Kraft ist dabei nicht notwendig.
                  este Generation von Sicherheitssensorik in Robo-                 Aber: „Unsere Spitzenkräfte montierten bis zu
                  tern ermöglicht eine völlig neue Organisation der                10 000 Düsen am Tag“, erklärt ISAK-Geschäftsfüh-
                  Produktionsarbeit ohne Schutzzaun. So montieren                  rer Thomas Wenzler beim Demonstrationstag des
                  Mensch und Maschine gemeinsam Duschköpfe                         Projekts AQUIAS am 10. Mai 2017. Da kann auch
                  beim Inklusionsunternehmen ISAK. Die ISAK-Mit-                   eine Bewegung mit wenig Kraftaufwand zur Belas-
                  arbeiter wurden während des gesamten Projetpro-                  tung werden.
                  zesses regelmäßig informiert. Berührungsängste
                  mit dem neuen Roboterkollegen kamen deshalb                      Nun gibt es Unterstützung durch den automati-
                  gar nicht erst auf.                                              schen Produktionsassistenten von Bosch. Dabei

                  12 KVJS aktuell                                                                                            3/2017
Robotergreifarm statt alter Handpresse: Passgenaue Unterstützung für Mitarbeiter.						                       Fotos: Kleusch

       muss kein ISAK-Mitarbeiter Angst um seinen Job          heitskonzept berücksichtigt alle vorgeschriebenen
       haben: „Unser Ziel ist es, auch Mitarbeitern, die       Sicherheitsstandards für die Mensch-Roboter-Kol-
       Aufgrund ihrer Behinderung die Arbeit an der            laboration. Um spezielle behinderungsbedingte
       Duschkopfmontage nicht ausführen konnten, die-          Risiken auszuschließen, wird zudem eine indivi-
       ses Arbeitsfeld zu eröffnen“, so Wenzler. Projekt-      duelle Risikoanalyse mit jedem Einzelnen durch-
       koordinator David Kremer von Fraunhofer IAO             geführt, der am Robotik-Arbeitsplatz arbeiten soll.
       erklärt: „Der Roboter übernimmt die ergonomisch         Daraus werden zusätzliche personenbezogene
       ungünstigen Aufgaben des Ausgangsarbeitsplat-           Sicherheitsmaßnahmen abgeleitet.
       zes, die für den Menschen belastend wirken kön-                                                       mok
       nen. Abschließende Kontroll- und Prüfaufgaben
       bleiben dagegen beim Mitarbeitenden.“
                                                               INFO

                                                                        Projekt AQIUAS
       Kollaborativer Roboter

                                                                        Das Forschungsprojekt AQUIAS wird
       Der Roboter arbeitet den Mitarbeitern unmittel-
                                                                        mit Mitteln des Bundesministeriums
       bar zu. Mit seinem Greifer zieht er vom Mitarbei-
                                                                        für Bildung und Forschung (BMBF)
       ter vorbereiteten Werkteile zu sich und schiebt
                                                                        gefördert. AQUIAS ist das Kürzel für
       sie nach Bearbeitung wieder zurück. So gleicht er
                                                                        Arbeitsqualität durch individuell
       die unterschiedliche Reichweite der schwerbehin-
                                                                        angepasste Arbeitsteilung zwischen
       derten Mitarbeitenden beim Greifen aus. Außer-
                                                                        Servicerobotern und schwer-/nichtbe-
       dem benötigen die Beschäftigten aufgrund ihrer
                                                                        hinderten Produktionsmitarbeitern. Es
       unterschiedlichen Einschränkungen individuelle
                                                                        handelt sich um ein Verbundprojekt
       Tischhöhen, die je nach aktueller körperlicher Ver-
                                                                        zwischen dem Inklusionsunternehmen
       fassung im Tagesverlauf variieren können. Kein
                                                                        ISAK, der Fraunhofergesellschaft und
       Problem für den Produktionsassistenten, denn er
                                                                        Bosch.
       kann sich mit seinem Roboterarm flexibel an die
       veränderte Tischhöhe der Mitarbeiterinnen und
                                                                        Im Projekt entwickelt das Fraunho-
       Mitarbeiter anpassen – und das sogar im laufen-
                                                                        fer-Institut für Arbeitswirtschaft und
       den Betrieb.
                                                                        Organisation IAO unter arbeitswis-
                                                                        senschaftlichen Gesichtspunkten
       Bosch stellt als Partner im Projekt AQUIAS den
                                                                        Praxislösungen der Mensch-Roboter-
       „APAS assistant“ zur Verfügung und passt das
                                                                        Kollaboration. Bosch stellt den »APAS
       Gerät an die Fertigungsumgebung der Firma ISAK
                                                                        assistant« zur Verfügung und hat die
       an. „Seine speziell von Bosch entwickelte Sensor-
                                                                        Aufgabe übernommen, ihn speziell für
       haut erkennt, wenn sich ein Mensch im Nahbe-
                                                                        die ISAK anzupassen. Derzeit läuft die
       reich befindet; die Maschine stoppt, bevor es zu
                                                                        Praxisphase bei ISAK. Das Unterneh-
       einer Berührung kommt“, beschreibt Wolfgang
                                                                        men beschäftigt 79 Mitarbeiter, darun-
       Pomrehn, Produktmanager für die APAS Produk-
                                                                        ter zahlreiche mit Behinderung.
       tionsassistenten bei Bosch. Das zertifizierte Sicher-

       3/2017                                                                                      KVJS aktuell 13
INTEGRATION

Inklusionsunternehmen: Neue Ideen gefragt
KVJS-Integrationsamt beteiligt sich an Konzeptentwicklung

Mit 150 Millionen Euro fördert die Bundesregierung deutschlandweit Inklusionsunter-
nehmen. Auf Baden-Württemberg entfallen davon 20 Millionen Euro. Das Ziel: mehr
Arbeitsplätze.

Derzeit unterstützt und berät das KVJS-Integra-
tionsamt Inklusionsunternehmen und solche, die
es werden wollen, bei der Entwicklung eines lang-
fristig tragfähigen Konzepts. „Was jetzt entsteht,
soll nachhaltig sein, deshalb haben wir zunächst
eine längere Planungs- und Umsetzungsphase“,
erklärt Bernhard Pflaum, der zuständige Referats-
leiter.

Ziel ist es unter anderem, Ideen zu entwickeln, die
an mehreren Standorten umgesetzt werden kön-
nen. Derzeit wird beispielsweise an dem Konzept
für ein Boardinghouse gearbeitet, das mit schwer-
behinderten Mitarbeitern betrieben werden soll.
In einem Boardinghouse werden voll ausgestat-
tete Zimmer und Appartements mit hotelähnli-
chen Leistungen angeboten. Sie werden beson-          und 50 Prozent schwerbehinderte Mitarbeiter.
ders von Unternehmen genutzt, die auswärtige          Dank neuer Ideen und der Anschubfinanzierung
Mitarbeiter für einen längeren Aufenthalt unter-      durch die Bundesregierung sollen in den nächsten
bringen müssen.                                       fünf bis sechs Jahren in Baden-Württemberg rund
                                                      500 neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behin-
Inklusionsunternehmen zählen zum ersten               derungen entstehen. Bernhard Pflaum ist optimis-
Arbeitsmarkt. Sie bieten sozialversicherungspflich-   tisch: „Das schaffen wir.“
tige Arbeitsplätze und beschäftigen zwischen 25                                                    mok

Beteiligung der SbV an Kündigungsverfahren
Das überarbeitete Neunte Sozialgesetzbuch räumt       desarbeitsgemeinschaft der Hauptfürsorgestellen
der Schwerbehindertenvertretung (SbV) einen           und Integrationsämter (BIH) auf ihrer Homepage
wichtigen Part bei Kündigungen ein. Wird sie im       veröffentlicht:
Kündigungsverfahren nicht beteiligt, ist die Kün-     www.integrationsaemter.de/
digung unwirksam (Unwirksamkeitsklausel). Eine        unwirksamkeitsklausel/678c/index.html
ausführliche Stellungnahme dazu hat die Bun-                                                      mok

14 KVJS aktuell                                                                                 3/2017
INTEGRATION

Gläserne Bäckerei gibt Einblicke
Inklusives Backwerk schmeckt den Karlsruhern

Seit vergangenem Dezember laufen die Backöfen. Was dabei herauskommt, zog so viele
Kunden an, dass die Schlange der Hungrigen teils auf die Straße reicht. Jetzt wird umge-
baut.

Bäckermeister Thomas Schmidt lässt sich von
seiner Kundschaft genau auf die Finger sehen:
Durch eine halbhohe Glaswand in seiner Bäckerei
in Karlsruhe kann man genau verfolgen, wie Brot,
Brötchen, Brezeln und süße Teilchen entstehen.
Schmidt verwendet ausschließlich die ungespritz-
ten und Gentechnikfreien Mehle des regionalen
Anbieters KraichgauKorn.

Ungewöhnlich ist nicht nur die Backstube, unge-
wöhnlich ist auch, dass in der Bäckerei vier Men-
schen mit Behinderung arbeiten. Die gläserne
Bäckerei ist ein vom KVJS-Integrationsamt aner-
kanntes und gefördertes Inklusionsunternehmen.
Für das soziale Engagement der Firma spricht
auch, dass Langzeitarbeitslose hier eine Chance
bekommen. Als Bäckermeister darf Thomas
Schmidt zudem Lehrlinge ausbilden: „Ich würde
auch einen Azubi mit Behinderung einstellen“,
                                                    Bäckermeister Thomas Schmidt (rechts) mit zweien seiner Mitarbeiter: Brot wird
erklärt er.                                         mit Drei-Stufen-Sauerteig produziert.		                 Foto: Thomas Brenner

Zweite Kasse nötig

Der Kundschaft schmeckt, was das inklusive Team
produziert und über die Ladentheke reicht. Zeit-
weilig ist der Andrang so groß, dass die Warte-
                                                    INFO

schlange bis auf die Straße reicht. Nun wird der               Die Bäckerei im Film
Verkaufsraum so umgebaut, dass eine zweite
Kasse eingerichtet werden kann.                                Eine Studierendengruppe hat für das
                                                               HD-Campus.tv einen Film über die
Auf der REHAB im Mai in Karlsruhe präsentierte                 ungewöhnliche Bäckerei gedreht, der
die Bäckerei Schmidt am Stand des KVJS-Integra-                hier zu sehen ist:
tionsamtes Kostproben ihres Könnens. Die lecke-                www.baeckerei-schmidt-karlsruhe.de/
ren Flachswickel gingen weg wie die sprichwört-                ein-studentenprojekt-film-ueber-uns/
lichen „warmen Semmeln“.		                mok

3/2017                                                                                          KVJS aktuell 15
KVJS-Landesjugendamt ist zuständig für das Verteilen von UMA.                                                               Foto: fotolia

                  Aufnahme junger Geflüchteter: neue Regeln
                 Änderungen im bundesweiten Verteilverfahren

                 Nach intensiven Diskussionen ist Ende April zwischen den Ländern und dem Bund ein
                 verändertes bundesweites Verfahren zur Verteilung unbegleiteter minderjähriger Aus-
                 länder (UMA) vereinbart worden.

                 Seit 1. Mai 2017 gilt: Bestandsfälle finden dem-     seländer, lag jedoch seit Jahresbeginn bei rund
                 nach keine Berücksichtigung mehr, vielmehr           260 UMA und damit weit über dem Soll nach dem
                 werden die Neuzugänge nach dem Königsteiner          Königsteiner Schlüssel.
                 Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer verteilt.
                                                                      Einreiseland Baden-Württemberg
                 Im Mai 2017 wurde ein bundesweiter Zugang
                 von 1 000 UMA pro Monat prognostiziert, was für      Baden-Württemberg ist daher vom Bundesver-
                 Baden-Württemberg entsprechend des König-            waltungsamt (BVA) für den Monat Mai 2017 als
                 steiner Schlüssels (rund 13 Prozent), eine Aufnah-   ein Einreiseland definiert worden. Die Einreiselän-
                 meverpflichtung von 130 UMA im Monat bedeu-          der können ihre UMA-Neuzugänge, soweit keine
                 tet. Der durchschnittliche monatliche Zugang in      Verteilhindernisse vorliegen, unabhängig von der
                 Baden-Württemberg, als einem der Haupteinrei-        eigenen Aufnahmeverpflichtung zur bundes-

                 16 KVJS aktuell                                                                                   3/2017
JUGEND

weiten Verteilung anmelden. Damit soll die           die die UMA innerhalb ihres Landes den jeweili-
gerechte Verteilung unter den Bundesländern          gen Jugendämtern zuordnen. Die abgebenden
sichergestellt werden. Neben Baden-Württem-          Jugendämter in Baden-Württemberg werden von
berg zählten im Mai auch Bayern, Hessen, Bremen,     der Landesverteilstelle UMA beim KVJS daraufhin
Schleswig-Holstein und Hamburg zu den Einreise-      über die aufnehmenden Jugendämter in Kenntnis
ländern.                                             gesetzt, um die Übergabe direkt mit dem aufneh-
                                                     menden Jugendamt organisieren zu können.
Der genaue Ablauf der bundesweiten Verteilung
gestaltet sich folgendermaßen: „Junge Geflüch-       Das veränderte bundesweite UMA-Verteilverfah-
tete werden bei der unbegleiteten Einreise vom       ren soll nach sechs Monaten von allen Beteilig-
örtlichen Jugendamt zunächst vorläufig in Obhut      ten überprüft werden. Sollte in den kommenden
genommen“, erklärt Gerald Häcker, beim KVJS-         Monaten zur Erfüllung der Landesquote wieder
Landesjugendamt zuständiger Referatsleiter für       eine interne UMA-Verteilung in Baden-Württem-
die Verteilung der jungen Geflüchteten. Nach         berg erforderlich werden, ist mit dem Ministerium
Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen         für Soziales und Integration besprochen, dass
Ersteinschätzungen, wie ärztlichen Untersuchun-      bezüglich des Verteilmaßstabs auch weiterhin, die
gen, werden sie bei der Landesverteilstelle UMA      UMA-Bestandsfälle aller 46 Jugendämter berück-
des KVJS-Landesjugendamts zur Verteilung ange-       sichtigt werden.
meldet. Voraussetzung ist, dass keine Hinderungs-                                                    les
gründe wie Gefährdung des Kindeswohls oder
ansteckende Krankheiten vorliegen.

Wöchentliche Meldungen

„Neu ist, dass die Landesverteilstelle dem Bundes-
                                                     INFO

verwaltungsamt (BVA) seit 1. Mai 2017 die vorläu-             Kompass: Flucht und Integration
figen Inobhutnahmen wöchentlich weitermelden
muss“, erklärt Häcker, „und auch, ob die Neuzu-               Auf unseren Internetseiten finden Sie
gänge im Land bleiben oder bundesweit verteilt                alle Dienstleistungen des KVJS, die für
werden sollen.“ In Baden-Württemberg werden                   Migranten und geflüchtete Menschen
derzeit nach Festlegung des zuständigen Ministe-              relevant sind. Besonders hinweisen
riums für Soziales und Integration alle UMA-Neu-              dürfen wir auf unsere umfassenden
zugänge zur Verteilung angemeldet, sofern keine               Angebote im Bereich der Fortbildung.
Hindernisse vorliegen.
                                                              www.kvjs.de/kompass/flucht-und-inte-
Das BVA bestimmt auf diese Meldung hin dann                   gration/
die zur Aufnahme verpflichteten Bundesländer,

3/2017                                                                                   KVJS aktuell 17
JUGEND

Anders ist normal
Modellprojekt „Eine Kita für alle“ verbessert die inklusive Betreuung und Erziehung

Wie sich nicht-behinderte und förderbedürftige Kinder in Kindertagesstätten am besten
gemeinsam betreuen lassen, hat der Landkreis Göppingen erprobt. Der KVJS hat das Pro-
jekt im Rahmen eines dreijährigen Modellvorhabens gefördert.

In den vier Göppinger Modell-Kitas werden aktuell                                                   Foto: Sont-
                                                                                                    heimer, Geis-
etwa zehn Kinder mit Inklusionsbedarf betreut.                                                      linger Zeitung
Die Inklusionsfachkräfte sind fester Bestandteil
des Teams. In jeder Kita wurde eine Zukunftswerk-
statt organisiert und ein Team-Coaching einge-
richtet, in dem die einzelnen Teams sich intensiv
damit beschäftigen, was Inklusion in ihrer Kita
bedeutet und wie sie diese am besten umsetzen
können. Auch die verschiedenen Bereiche der Ver-
waltung haben sich mit der Thematik auseinan-
dergesetzt, um Abläufe effektiver zu gestalten und
stärker auf die Bedürfnisse der Eltern und Kinder
auszurichten.

„Mit dem Modell haben wir ein Projekt gefördert,
das eine neue und innovative Herangehensweise
erprobt“, sagt Ulrike Gfrörer vom KVJS-Landesju-
gendamt. „Die Suche nach einer gemeinsamen
Lösung zur Förderung der Inklusion behinderter
Kinder in der Kindertagesbetreuung von Jugend-
und Sozialamt sowie mit den Tagesbetreuungs-
Einrichtungen fanden wir dabei sehr interessant“.
Was dem einzelnen Kind und auch der Gruppe gut
tut, wie die Mitarbeiter mit dem Thema Inklusion
umgehen und wie Eltern partizipieren können, das
waren einige der zentralen Fragen, mit denen sich
die Kitas in Göppingen, Geislingen, Adelberg und
Eberbach in den letzten Jahren beschäftigt haben.
                                                     INFO

Eine wichtige Erkenntnis: „Ob mit festangestellter          Zum Göppinger Modellprojekt ist
Integrationsfachkraft oder einem Mitarbeiter-Pool           ein ausführlicher Abschlussbericht
für mehrere Einrichtungen – ohne multiprofes-               erschienen. Es gibt ihn zum Down-
sionelles Team kann Inklusion nicht gelingen“, so           loaden unter
Cordula Schonard vom Kreisjugendamt. Im Kreis               www.kvjs.de/jugend/modellvorhaben
Göppingen besuchten Ende des vergangenen

18 KVJS aktuell                                                                            3/2017
JUGEND

Jahres 125 Kinder im Alter bis sechs Jahren, die       Belange der Eingliederungshilfe und Inklusion in
wegen einer drohenden oder bestehenden Behin-          der Kindertagesbetreuung im Landkreis Göppin-
derung Anspruch auf finanzielle Eingliederungs-        gen zuständig sein.
hilfe hatten, eine Kindertagesstätte. Sie werden                                                     add
dort bisher von Fachkräften nur stundenweise
betreut. Der Förderbedarf wird anhand einer Diag-
nose festgelegt.

                                                       INFO
Die Träger der vier Modell-Kitas haben deshalb                 Landesweiter Fachtag
feste Stellen für Integrationsfachkräfte geschaffen.
Der Nutzen liegt auf der Hand: Eine kontinuierli-              Das Modellprojekt stößt bei vielen
che Arbeit im Team ist gewährleistet, auch wenn                Kommunen und Landkreisen aus
sich die Anzahl der betreuten Kinder ändert. Die               Baden-Württemberg auf großes Inte-
Fachkraft hat alle Kinder im Blick. Sie bemerkt Ent-           resse. Am 20. Oktober 2017 ist daher
wicklungsverzögerungen sofort und kann schnell                 in Kooperation mit dem KVJS eine lan-
reagieren.                                                     desweite Abschlusstagung in Göppin-
                                                               gen geplant, bei der die Ergebnisse
„Wir sehen die Umsetzung des Modellprojekts als                des Projekts und seine Umsetzung vor-
Chance zur Qualitätsentwicklung für die Einrich-               gestellt werden. Informationen hierzu
tungen der Kindertagesbetreuung. Inklusion kann                ab Juli unter
gelingen, wenn die Rahmenbedingungen stim-                     www.landkreis-goeppingen.de/,Lde/
men und alle an einem Strang ziehen“, betont                   start/Landratsamt/Kindertagesbetreu-
die Kita-Fachberaterin. Der Erfolg spricht für das             ung.html
Göppinger Modell der neuen Wege in Kitas und
Verwaltung. Geplant ist, das Projekt von 2019 an               Kontakt:
auf acht Modelleinrichtungen zu erweitern und                  Andrea Ziegler
zusätzliche Inklusionsfachkräfte in diesen Kitas               Telefon 07161 202-3864 (Mo, Do)
einzustellen. Parallel dazu soll im Sozialdezernat             a.ziegler@landkreis-goeppingen.de
ein Inklusionsfachdienst eingerichtet werden.                  Cordula Schonard
Hierfür werden Aufgaben aus dem Jugend- und                    Telefon 07161 202-442
Sozialamt zusammengelegt. Der Dienst bietet                    c.schonard@landkreis-goeppingen.de
Hilfen aus einer Hand, denn er soll künftig für alle

3/2017                                                                                    KVJS aktuell 19
JUGEND

Wenn Spielplätze verwaisen
Jahrestagung Mobile Jugendarbeit zum Thema gesellschaftliche Veränderungen

Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die Digitalisierung
schreitet rasant voran, rechtspopulistische Strömungen bekommen Auftrieb. Besonders
auffällig: Neue Treffpunkte von Jugendlichen ersetzen klassische Streetworkorte.

                                                                  gelingende Zugänge zu erarbeiten, um aus diesen
                                                                  unsteten Zusammenschlüssen die Zielgruppe her-
                                                                  auszufiltern und erfolgreiche Beziehungen aufzu-
                                                                  bauen.“

                                                                  Für Jugendliche, die in sozialen Milieus leben, die
                                                                  von Arbeits- und Perspektivlosigkeit, Gewalt, fami-
                                                                  liären Problemen, Sucht, Schulden und Obdach-
                                                                  losigkeit geprägt sind, sind die Streetworker
                                                                  kompetente Ansprechpartner. Mit ihren Ange-
                                                                  boten möchten sie die jungen Menschen stark
Markt der Möglichkeiten im Foyer des KVJS-Tagungszentrum          dafür machen, Selbsthilfekräfte und Ressourcen
Gültstein mit Präsentationen aus der aktuellen Arbeit – Doku-     zur Lösung ihrer sozialen Probleme zu nutzen.
mentationen, Fotos, Jahresberichte, Filme		          Foto: KVJS
                                                                  Ziel aller Maßnahmen ist es, ihre Lebenssituation
                                                                  nachhaltig zu verbessern und sie in Ihrer Entwick-
Die Mobile Jugendarbeit steht vor der Heraus-                     lung zu fördern.
forderung, auf diese Entwicklungen mit neuen
Handlungskonzepten adäquat zu reagieren. Dies                     Die Dokumentation der Tagung findet sich im
machte die Jahrestagung 2017 im April deutlich,                   Internet unter www.kvjs.de/jugend/jugendarbeit-
die der KVJS gemeinsam mit der Landesarbeits-                     jugendsozialarbeit/mobile-jugendarbeit/     add
gemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork
Baden-Württemberg veranstaltet hat.
                                                                  INFO

                                                                          Mobile Jugendarbeit wird 50
„Die Streetworker sind mittendrin im Alltag, denn
sie suchen junge Menschen an ihren Treffpunkten                           Am 20.10.1967 begann der Weg der
im Gemeinwesen auf“, sagt Riva Moll vom KVJS-                             Mobilen Jugendarbeit in Baden- Würt-
Landesjugendamt. Gingen die jungen Leute noch                             temberg mit dem ersten Arbeitstag
vor einigen Jahren regelmäßig raus, um sich an                            von Prof. Dr. Walther Sprecht in Stutt-
bestimmten Bolz- und Spielplätzen zu treffen, zie-                        gart-Freiberg. Am 20.10.2017 findet in
hen sie sich heute verstärkt in ihre eigenen vier                         Stuttgart-Bad Cannstatt (Kleiner Kur-
Wände zurück oder verabreden sich zum Beispiel                            saal) ab 15 Uhr eine große Jubiläums-
in Einkaufszentren. Dort treffen die Mitarbeiter                          feier anläßlich des 50-jährigen Beste-
dann kaum noch eine feste Straßenclique mit ähn-                          hens der Mobilen Jugendarbeit statt.
lichen Bildungsbiografien an, sondern lose Grüpp-                         Nähere Informationen unter
chen, die jeweils ihren eigenen Interessen nach-                          www.lag-mobil.de/on/
gehen. „Hier kommt es entscheidend darauf an,

20 KVJS aktuell                                                                                                3/2017
FORTBILDUNG

Wie geht‘s weiter mit der Jugendhilfe?
Großer Andrang beim Fachtag zum 15. Kinder- und Jugendbericht

Rege Diskussion unter rund 100 Fachleuten aus Jugendhilfe und Jugendpolitik auf dem
KVJS-Fachtag. Zentrales Thema: Die sich daraus ergebenden Anforderungen für die
Weiterentwicklung der Jugendhilfestrukturen und Hilfeleistungen.

Die Leitungs- und Fachkräfte trafen sich im Mai in    schiedliche Kristal-
Stuttgart zum Fachtag „Jugend im Blick“, um von       lisa​tionspunkte der
wissenschaftlichen Impulsen und Praxiserfahrun-       Jugendpolitik neu
gen zu profitieren. Im Mittelpunkt standen dabei      in den Kontext der
die Ergebnisse des 15. Kinder- und Jugendbericht      Jugendbilder und
der Bundesregierung. Der Bericht mit dem Titel        der Lebenslagen
„Zwischen Freiräumen, Familie, Ganztagsschule         junger Menschen
und virtuellen Welten – Persönlichkeitsentwick-       zu stellen.
lung und Bildungsanspruch im Jugendalter“ ana-
lysiert die Lebenslagen Jugendlicher in Deutsch-      Mit einer speziel-
land. Er beschreibt die Einflussfaktoren, die ihren   len Sichtweise
Alltag prägen und die Bedingungen, die notwen-        auf die Heraus-
dig sind, damit das Aufwachsen in unserer heuti-      forderungen
gen Zeit gelingt.                                     im Jugendalter
                                                      ergänzte Sophie
„Das Besondere an der Expertise ist, dass sie nicht   Hubbe von der
mehr wie seit Jahren üblich die frühe Kindheit im     Jugendredaktion
Blick hat, sondern sich auf Jugendliche und junge     die Präsentation.
Erwachsene fokussiert“, sagte Roland Kaiser vom       Die wissenschaft-
KVJS, der die Gäste im Geno-Haus begrüßte. Nicht      liche Mitarbeiterin
das einzige Novum: Erstmals ist begleitend zum        an der Sigmund-
Bericht eine Jugendbroschüre erschienen. Sie ist      Freud-Privatuniver-
von einem Redaktionsteam der Jugendpresse             sität Wien befasste
Deutschland erarbeitet worden und bereitet die        sich mit den The-
Kerninhalte des Berichts kompakt und verständ-        men, zu denen sich
lich auf.                                             junge Menschen
                                                      selbst immer wie-     Sophie Hubbe vom Redaktionsteam der Jugendpresse
                                                                            Deutschland.		                       Foto: Addow
Die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen             der einbringen:
des Berichts vor dem Hintergrund einer neuen          Was sie verbindet
Jugendorientierung nahm Prof. Dr. Stephan May-        und was sie trennt, welche Beziehungen sie zu
kus von der Hochschule Osnabrück in den Blick.        Gleichaltrigen haben, wie sie sich beteiligen und
Demnach sei es notwendig, so das Mitglied der         welche Räume sie beanspruchen. Ihre Forderung:
Berichtskommission, die Lebenslagen Jugend-           „Kinder und Jugendliche müssen die Möglichkeit
licher und junger Erwachsener differenziert zu        haben, die Entscheidungsprozesse, die ihr Leben
betrachten und sozial-, bildungs- und jugendpoli-     und ihre Zukunft betreffen, selbst mitzugestalten“.
tisch adäquat zu gestalten. Auch gelte es, unter-

3/2017                                                                                      KVJS aktuell 21
FORTBILDUNG

Plädoyer für starke Jugendorientierung                chen Gremien Jugendpolitik nachhaltig verankert
                                                      werden kann, wie die Perspektiven junger Men-
Wie muss Gesellschaft gestaltet sein, damit           schen stärker in die Planung und Ausgestaltung
Jugend ihren Stellenwert findet? Für eine neue        der Jugendhilfemaßnahmen einbezogen werden
und stärkere Form der Jugendorientierung plä-         können, oder wie jugendpädagogische Konzepte
dierte Prof. Klaus Schäfer, Staatssekretär a. D.      an der Ganztagsschule aussehen können.
von Nordrhein-Westfalen und stellvertreten-                                                        add
der Vorsitzender der Berichtskommission. Dazu
gehöre es zwingend, den Jugendlichen und jun-
gen Erwachsenen sowohl Qualifizierung als auch
Selbstposi­tionierung und Verselbständigung zu
ermöglichen. Gleichzeitig müsse es gelingen, die

                                                      INFO
wachsenden sozialen Ungleichheiten in individu-                Die Dokumentation des Fachtages
eller als auch in struktureller Hinsicht abzubauen.            zum 15. Kinder- und Jugendbericht –
Mehr als andere Institutionen könne hier die Kin-              Jugend im Blick – vom 29. Mai 2017
der- und Jugendhilfe ein Initiator für neue Pers-              in Stuttgart steht im Internet bereit
pektiven sein.                                                 unter:
                                                               www.kvjs.de/jugend/arbeitshilfen-for-
Zwischen den Vorträgen der Experten trafen sich                mulare-und-rundschreiben/tagungs-
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum fachli-                 unterlagen/fachtag-zum-15-kinder-
chen Austausch. In kleinen Gruppen diskutierten                und-jugendbericht/
die Gäste unter anderem darüber, wie und in wel-

Veranstaltungen zum Persönlichen Budget
Seit Anfang dieses Jahres wird stufenweise das        gehen. Auf unsere Internetseite können Sie sich
Bundesteilhabegesetz (BTHG) eingeführt. Ziel          anmelden:
des Gesetzes ist unter anderem die Lebenssitua-       www.kvjs.de/fortbildung/veranstaltungssuche/
tion von Menschen mit Behinderungen im Sinne
von mehr Teilhabe und mehr Selbstbestimmung           Persönliches Budget: Basiswissen am
zu verbessern. Ein Instrument, das explizit darauf    10.10.2017: Buchungsnummer 17-2-EHS17-1
abzielt, ist das Persönliche Budget. Um Fachkräfte
in der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung in       Persönliches Budget: „Ich fühle mich wie auf
der Praxis zu unterstützen, bietet der KVJS ver-      dem Basar“ – Beratung und Gesprächsführung
schiedene Seminare an. Die Teilnehmerinnen und        am 11.10.2017: Buchungsnummer 17-2-EHS18-1
Teilnehmer haben ausreichend Gelegenheit, kom-        Die beiden Veranstaltungen finden im KVJS-
plexe Fälle zu diskutieren und lernen, mit heraus-    Tagungszentrum Gültstein statt.
fordernden Gesprächssituationen effektiv umzu-                                                    add

22 KVJS aktuell                                                                                  3/2017
NEU ERSCHIENEN

Beim KVJS erschienen
Alle aufgeführten Publikationen des KVJS sind kostenlos. Sie stehen auch im Internet
unter www.kvjs.de/service/publikationen.html zum Herunterladen zur Verfügung.

KVJS                                               Jugendhilfe

KVJS-Schlaglicht „Junge Wohnungslose“,             Grundlagen für die Jugendhilfe im Strafverfah-
Stuttgart 2017.                                    ren in Baden-Württemberg, 2017
Der KVJS fördert Projekte und den Fachdialog.      Die Broschüre für Fachleute der Jugendhilfe will
                                                   einen Beitrag leisten zur Umsetzung des Paragra-
Kostenlos zu beziehen beim KVJS                    fen 52 Achtes Sozialgesetzbuch (Mitwirkung der
Petra Wagner                                       Jugendhilfe in gerichtlichen Verfahren).
Telefon: 0711 6375-208
publikationen@kvjs.de                              KVJS-Forschung „Beteiligung leben!“, Material-
                                                   band, 2017
                                                   Anregungen und Ideen aus der Praxis für die
Schwerbehinderung und Arbeit                       Praxis. Materialband zur Umsetzung von Beteili-
                                                   gungs- und Beschwerdeverfahren in der Heimer-
Zeitschrift „Behinderte Menschen im Beruf“,        ziehung.
2/2017.
Nachrichten des Integrationsamts beim KVJS.        Inklusive Erziehung, Bildung und Betreuung
                                                   von Kindern mit und ohne Behinderungen in
Kostenlos zu beziehen beim KVJS                    Kindertageseinrichtungen, 1. aktualisierte Auf-
Manuela Weimar                                     lage Mai 2017
Telefon 0721 8107-942                              Die Broschüre zeigt pädagogischen Fachkräften,
integrationsamt@kvjs.de                            Fachberatungen und Trägern von Einrichtungen
                                                   rechtliche Grundlagen, strukturelle Rahmenbedin-
                                                   gungen, mögliche Kooperationsformen oder Mög-
Soziales, Behinderung, Pflege                      lichkeiten zur Zusammenarbeit mit Eltern auf.

Situationsanalyse zum Stand der Sozial- und        Kostenlos zu beziehen beim KVJS
Teilhabeplanung in Baden-Württemberg, 2017.        Diane Geiger
Ergebnisse einer Datenerhebung zur Situation von   Telefon 0711 6375-406
Menschen mit geistiger und körperlicher Behinde-   versand-landesjugendamt@kvjs.de
rung und Menschen mit seelischer Behinderung
aus den Jahren 2014 und 2015.

Kostenlos zu beziehen beim KVJS
Manuela Weissenberger oder Maria Cumplido
Telefon 0711 6375-307 oder -769
Sekretariat21@kvjs.de

3/2017                                                                               KVJS aktuell 23
Lindenspürstraße 39
70176 Stuttgart (West)
Telefon 07 11 63 75-0

www.kvjs.de
info@kvjs.de
Sie können auch lesen