Ökologisch integer? - Inwieweit liefern CDM-Vorhaben tatsächlich zusätzlichen
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Ökologisch integer? - Inwieweit liefern CDM-Vorhaben tatsächlich zusätzlichen Klimaschutz? Expertenanhörung “Faule Klimaschutzzertifikate?”, Berlin, 4.9. 2007 Axel Michaelowa, Perspectives GmbH, Universität Zürich und BVEK michaelowa@perspectives.cc; axel.michaelowa@pw.uzh.ch, michaelowa@bvek.de michaelowa@perspectives.cc michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc www.perspectives.cc
Themen • Der CDM als Nullsummenspiel • Das Prinzip der Zusätzlichkeit • Wer will Zusätzlichkeit? • Die Interpretation der Zusätzlichkeit im Verlauf der Klimaverhandlungen • Das Versagen der Validierer • Nimmt der CDM-Exekutivrat seine Aufsichtsfunktion korrekt wahr? • Reformmöglichkeiten michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Der CDM… • ist eine einzigartige Anwendung des Marktprinzips auf internationaler Ebene • hat in kurzer Zeit Investitionen in Milliardenhöhe mobilisiert • ist institutionell innovativ und bezieht die Zivilgesellschaft in hohem Maße ein • ist eines der wenigen Elemente des Klimaregimes, das von fast allen Ländern befürwortet wird • kann ein Eckstein des Klimaregimes nach 2012 werden michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Der CDM als Nullsummenspiel Erhöhung des Annex-I CER Budgets • Jede CER erhöht das Emissionsbudget der Industrieländer um denselben Betrag • Daher müssen die CERs “real, messbar und langfristig” sein (Art. 12, 5b des Kyoto-Protokolls) michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Das Prinzip der Zusätzlichkeit • Zusätzlichkeit bedeutet, dass die Emissions- reduktion des CDM-Projekts ohne den CDM- Anreiz nicht stattgefunden hätte • Ansonsten verwässern wir den Klimaschutz Wir tauschen eine wertvolle Einheit (Annex-I- Reduktion) gegen eine wertlose (fiktive Reduktion in Entwicklungsländern) Wir erzeugen also eine Inflation an Emissionsrechten CER A-I Budget michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Das Prinzip der Zusätzlichkeit II • Was ist nicht zusätzlich? Ein Windkraftwerk an einer so windreichen Stelle, dass seine Stromgestehungskosten niedriger sind als diejenigen fossiler Kraftwerke Ein Wasserkraftwerk, das aus Gründen der Energie- sicherheit staatlich finanziert wird Der Austausch eines Kohlekessels gegen einen Gas- kessel, wenn der Betrieb des Gaskessels billiger ist • Was ist sicher zusätzlich? Jedes CDM-Projekt, das nur Kosten verursacht und ohne CERs keine Erlöse bringt • HFKW-23, N2O aus Chemie, Deponiegasabfackelung michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Was ist „business-as-usual“? 10 9 8 7 6 Zubau (GW) 5 4 CER-Volumen (10 3 Mio.) 2 1 0 Groß- Klein- Wind Biomasse wasserkraft wasserkraft • Zubau in Entwicklungsländern 2005 • Jährliches CER-Volumen: 90 Millionen • CER-Volumen über 5 Jahre: 450 Millionen • Wie viele sind zusätzlich? michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Wer will Zusätzlichkeit? • Die Projektentwickler? Nein, denn sie wollen ihren Gewinn maximieren • Die Genehmigungsbehörden im Gastland? Nein, um möglichst viele Projekte bewilligen zu können • Die CER-Ankäufer? Nein, denn sie wollen möglichst billige CERs haben • Die Regierungen in den Industrieländern? Nein, denn sie wollen möglichst billige CERs haben •Die Umweltorganisationen? Ja, aber manche von ihnen wollen den CDM abschaffen und nicht reformieren michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Positionen zur Zusätzlichkeit • Industrie Jedes Projekt, das Emissionen gegenüber einem Referenzfall reduziert, ist zusätzlich • Implizite Annahme: Referenzfall = durchschnittliche Emissionsintensität im Sektor • Beispiel: Durchschnittliche Emissionsintensität der Stromerzeugung = 1000 g CO2/kWh (China) – Alle erneuerbaren Energien, Gas- und neue Kohle- kraftwerke lägen darunter und würden CERs erzeugen • Nichtregierungsorganisationen Ein CDM-Projekt darf ohne die CERs keinen Gewinn machen michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Interpretation der Zusätzlichkeit • Kyoto-Protokoll und Marrakesch-Abkommen Dissens wird durch gebetsmühlenhafte Wiederholung derselben Formulierung übertüncht • CDM-Exekutivrat 2003: Projekt darf nicht dem Referenzfall entsprechen 2004: Freiwilliger Zusätzlichkeitstest • Sucht Antwort auf die Frage: Hätte das Projekt ohne den CDM stattgefunden? • Identifizierung glaubhafter Alternativen • Beweis, dass das Projekt nicht die finanziell attraktivste Alternative ist, oder • Beweis, dass Projekt durch Barrieren verhindert wird • Analyse der gängigen Praxis im Gastland michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Investitionsanalyse 25 20 15 10 IRR (%) 5 0 Kohle- Gaskraftwerk CDM- kraftwerk Windkraftwerk Ist die IRR der Alternativen realistisch? michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Investitionsanalyse II 16 14 12 10 8 IRR (%) 6 4 2 0 Schwelle in Regierungs- CDM- der Firma anleihe Windkraftwerk Ist die firmeninterne Schwelle realistisch? Ist die verwendete Regierungsanleihe relevant? michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Das Versagen der Validierer • Validierer sollen durch ihre Audits die Integrität des CDM schützen Unabhängige Prüfung, inweifern die Projekt- dokumentation regelkonform ist • Faktisch entwickeln sie sich aber zu Erfüllungsgehilfen der Projektentwickler Öffentliche Kommentare werden mit faden- scheinigen Argumenten abgebügelt Es werden keine Plausibilitätsprüfungen vorgenommen Einzelne Validierer in Indien nehmen sogar Erfolgshonorar michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Der CDM-Exekutivrat… • registrierte zwischen Ende 2004 und Anfang 2006 alle validierten Projekte • setzte Anfang 2006 das Registrierungs- und Ausgabeteam ein, um die Validierungsberichte auf Regelkonformität zu prüfen • verschärfte die Anforderungen an die Validierer bezüglich des Zusätzlichkeitstests Prüfung der Daten hinsichtlich Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit und Dokumentation im Validierungsbericht • wies seit Frühjahr 2006 15 Projekte (2%) wegen mangelnder Zusätzlichkeit zurück michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Hauptprobleme • Inkonsistente Entscheidungen des ER Großprojekte werden selten abgelehnt Erneuerbare Energie scheint einen “Bonus” zu genießen Plötzliche Umorientierung (Zementbeimischung) • Keine Bestrafung des inakzeptablen Verhaltens der Validierer • Zunehmender struktureller Betrug in den Projektdokumentationen Zu niedrige Ausweisung der Vollaststunden (China) Zurückdatierung von Vorstandsbeschlüssen (Indien) michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Reformvorschläge • Validierer werden vom Exekutivrat nach dem Zufallsprinzip zugewiesen und bezahlt Keine Notwendigkeit, dem Projektentwickler zu gefallen • Exekutivrat erhält volle gerichtliche Immunität Keine Angst vor Klagen mächtiger Projektentwickler • Standardisierung des Barrierentests Klare Definition, wann eine Barriere prohibitiv ist • Standardisierung der Schwellenwerte für die Investitionsanalyse • NGOs richten CDM Watch wieder ein michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Vielen Dank! Weitere Informationen: www.perspectives.cc oder: michaelowa@perspectives.cc michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Fallstudie Indien I • JSW Vijayanagar: Gas aus Stahlwerk für Stromerzeugung JSW Steel betreibt Stahlwerk, JSW Energy die Kraftwerke (490 MW, 3 Mio. CERs p.a.) JSW Steel verlangt von JSW Energy einen fiktiven Transferpreis für das Gas (=Kohlepreis) Die Investition in den Gaskessel des Kraftwerks 1 (260 MW) amortisiert sich nach 100 GWh Stromproduktion Die JSW-Firmengruppe macht einen hohen Gewinn Das Projekt wurde ohne Probleme registriert! michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Fallstudie Indien II • Bajaj Auto Windkraftwerke Bajaj-Jahresbericht 2000-1: “The project is extremely beneficial on a standalone basis and has a payback period of three years with an internal rate of return in excess of 28 per cent. In addition to hedging Bajaj Auto’s power costs, this investment also provides sales tax incentives and an income tax shield." Der Bericht erwähnt weder CDM noch Emissionsrechte Die Projekte wurden vom CDM-Exekutivrat abgelehnt michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Fallstudie Indien III • 125 MW-Windparks in Karnataka 80% Abschreibung im Baujahr • Steuergutschrift von 24% der Projektkosten (Bei Firmensteuersatz von 30%) 10 Jahre Einkommensteuerbefreiung IRR im PDD: 7.3% IRR-Neuberechnung durch Gutachter: 11% IRR mit Steuervorteilen: 22% Projekt ohne Probleme registriert Ein weiteres ähnliches Projekt wurde registriert, das sogar noch eine weitere Art von Subventionen bekam! michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
Fallstudie aus Brasilien IV • Zementbeimischung mit Hochofenschlacke Angebliche Barrieren: • Logistik für Beschaffung derZuschlagstoffe • Erhöhung der Produktionskosten Jedoch sprach die Firma in einem externen Bericht von einer Erhöhung des Gewinns durch die Beimischung Bei der Begutachtung durch den CDM-ER behauptete die Firma, dass die Anlieferung der Schlacke die Kosten erhöhen würde. Jedoch konnten die mitgelieferten Daten dies nicht belegen Das Projekt wurde durch den ER zurückgewiesen michaelowa@perspectives.cc www.perspectives.cc
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