KOMMUNALES GRUNDWASSERMONITORING - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER Das Grundmessnetz Hannover - Hannover.de
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1 Das Grundmessnetz Hannover KOMMUNALES GRUNDWASSERMONITORING Schriftenreihe kommunaler Umweltschutz – Heft 55 LANDESHAUPTSTADT HANNOVER
1 Vorwort Liebe Leser*innen, Grundwasser sehen, hören und riechen wir nicht, da es sich verborgen und lautlos im Un- tergrund befindet. Es hat aber eine erhebliche Bedeutung für die Trinkwasserversorgung und als größter Lebensraum auf dem europäischen Festland. Die Auswirkungen menschlicher Tätigkeit sind in vielen Grundwasservorkommen nachweis- bar, so auch im Grundwasser unter Hannover. Hier finden sich eine Reihe von Substanzen, die aus industrieller Herstellung stammen oder in hohen Mengen von Menschen konsumiert werden und über das Abwasser in die Umwelt gelangen (z.B. Arzneimittel, Koffein, Wasch- mittelzusätze oder Kosmetika). Auch die Grundwassertemperatur, die einen erheblichen Einfluss auf den Ablauf von chemischen und biologischen Prozessen hat, rückt zunehmend ins Blickfeld (Stichwort „Wärmeinsel Stadt“). Mit dem Klimawandel und dessen Auswirkungen werden sich die Anforderungen an die Verfügbarkeit von ausreichenden Mengen sauberen Grundwassers erhöhen. Der Bedarf für sommerliche Bewässerung von Gärten, Grünanlagen und sonstige Nutzungen wird beispielsweise deutlich zunehmen. Die Landeshauptstadt Hannover hat sich seit Langem den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Grundwasser zum Ziel gesetzt. So wurde ein stadtweites Grundwasser- überwachungssystem aufgebaut, mit dem seit 2003 die Grundwasserqualität außerhalb von verunreinigten Bereichen regelmäßig beobachtet wird – das kommunale Grundwas- sermonitoring Hannover. Aber auch das Grundwasser als Lebensraum muss erhalten und vor Stoffeinträgen und zu starker Erwärmung geschützt werden. Sehr spannende Einblicke in diese verborgene Welt im Dunkeln ergaben erste Untersuchungen der Tierwelt des hannoverschen Grundwassers, die 2017 durchgeführt wurden. Sie bilden die Grundlage für die weiteren Schritte zum Aufbau eines ergänzenden biologischen Grundwassermonitorings. Die hier vorgelegte Broschüre lädt dazu ein, sich über die bisherigen Ergebnisse des Grund- wassermonitorings zu informieren. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und hoffe, dass Sie sich dadurch angeregt fühlen, sich mit den Themen Grundwasser und dessen Schutz intensiver zu beschäftigen. Neben allgemeinen Informationen rund um das Thema Grund- wasser und einer Übersicht über dessen Qualität im Stadtgebiet finden Sie interessante Hinweise darauf, wie auch Sie einen aktiven Beitrag zum Grundwasserschutz leisten können. Sabine Tegtmeyer-Dette Wirtschafts- und Umweltdezernentin Landeshauptstadt Hannover
3 Inhalt TEIL I: GRUNDLAGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 Das Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Vorkommen und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2 Der Kreislauf des Wassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.3 Volumen und Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.4 Grundwasser – Wasser im Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.5 Wechselwirkung zwischen Grund- und Oberflächenwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.6 Was ist gelöst im Grundwasser? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.7 Grundwasseralter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.8 Klimawandel und Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.9 Warum sind Böden wichtig für das Grundwasser? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.10 Was ist virtuelles Wasser? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.11 Nachhaltige Bewirtschaftung von Grundwasser – Quantität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.12 Nachhaltige Bewirtschaftung von Grundwasser – Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.13 Grundwasser als Lebensraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.14 Jahreszeiten im Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3 Der Raum Hannover und sein geologischer Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4 Wasserversorgung in Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5 Grundwasserschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.1 Grundwasser kann man nicht sehen, aber schützen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.2 Was können wir zu Hause tun, um das Grundwasser zu schützen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.3 Grundwasserbenutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6 Wasserstandsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 TEIL II: DAS KOMMUNALE GRUNDWASSERMONITORING . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1 Untersuchungen zur Grundwasserbeschaffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2 Das Grundmessnetz Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.1 Aufgaben des Grundmessnetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.2 Konzept und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.3 Datenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.4 Probenahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.5 Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3 Ergebnisse des Grundwassermonitorings 2003 – 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1 Allgemeiner Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.2 Charakterisierung des Grundwassers – Grundwassertypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.3 Vorwiegend geogener Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.4 Anthropogene Veränderungen der Grundwasserqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.5 Überblick über die Grundwasserfauna in Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4 Bewertung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.1 Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.2 Die neuen Problemstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.3 Monitoring ist eine Langzeitaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.4 Entwicklungsmöglichkeiten des Messnetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.5 Das lange Gedächtnis des Grundwassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.6 Verantwortliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 TEIL III: VORSTELLUNG AUSGEWÄHLTER PAR AMETER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
5 TEIL I: GRUNDLAGEN 1 Einführung Wasser – Grundlage allen Lebens beantragen, so verlängert sich der zeitliche Rahmen Sauberes Wasser wird weltweit zu einem immer wert- jeweils immer um sechs weitere Jahre. volleren Gut. Vor diesem Hintergrund wurde bereits 1992 in der AGENDA 21 das Ziel einer gesicherten Be- Als fundamentaler Unterschied zum bisherigen Bewirt- reitstellung von Wasser in ausreichender Menge und schaftungsansatz von Gewässern, nämlich der Bewer- guter Qualität für die gesamte Weltbevölkerung formu- tung von einzelnen Parametern im Hinblick auf starre liert. Durch Anpassung der Aktivitäten des Menschen Grenzwerte, stellt die WRRL eine neue Herangehenswei- an die Belastungsgrenzen der Natur, also durch nach- se dar. Betrachtet und bewertet werden soll der ökolo- haltiges Handeln, soll die Aufrechterhaltung der hydro- gische Zustand, also das gesamte Ökosystem in einem logischen, biologischen und chemischen Funktionen der ganzheitlichen Ansatz. Dadurch soll vermieden werden, Ökosysteme gewahrt bleiben. In der Agenda 21 heißt es: dass eine isolierte Bewertung von Punktquellen stattfin- „Die allmähliche Zerstörung und die zunehmende Ver- det und die Bewertung des Zustands von Ökosystemen schmutzung der Wasserressourcen in vielen Regionen nur auf einen einzelnen Bewertungsparameter reduziert der Erde im Verbund mit der kontinuierlichen Zunahme wird. Anstelle einer zergliederten Betrachtung durch unverträglicher Tätigkeiten machen eine integrierte Einzeldisziplinen (Politik, Recht, Ökonomie, Hydrologie, Planung und Bewirtschaftung der Wasserressourcen Chemie, Ökologie und Statistik) erfolgt außerdem eine erforderlich.“ In diesem Sinne wurde die Wasserrah- Gesamtbetrachtung über alle diese Disziplinen. menrichtlinie (WRRL) der Europäischen Union einge- führt, die am 22.12.2000 in Kraft getreten ist. Ein wesentlicher Aspekt bei der Umsetzung der WRRL ist daher die Entwicklung eines integrativen Systemver- Die Einführung der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/ ständnisses. Das ist wichtig, um die vielfältigen Nutzun- EC, gilt als die bis heute tiefgreifendste und ambitionier- gen von Wassereinzugsgebieten, die europaweit eine teste Europäische Umwelt Legislative. Das zentrale Ziel sehr unterschiedliche sozioökonomische Prägung haben der WRRL war und ist es einen rechtlichen Handlungs- können, zu berücksichtigen. rahmen für den Schutz von Gewässern der jeweiligen Europäischen Mitgliedsstaaten zu bekommen. Wasser- In Niedersachsen wird die Umsetzung der WRRL fe- körper sollen einen guten ökologischen Status erhalten. derführend vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Die Bestrebungen innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaa- Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ten werden in Zyklen von sechs Jahren evaluiert. Der als nachgeordnete Behörde des Niedersächsischen erste Zyklus endete in 2015. Sollten die Mitgliedsstaaten Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klima- eine Verlängerung für die Umsetzung der Umweltziele schutz umgesetzt. Aufgrund von hohen Nitratgehalten
6 über dem Schwellenwert von 50 Milligramm pro Liter Der Bedarf für sommerliche Bewässerung von Feldern, wurde für etwa 60 Prozent der Grundwasserkörper ein Gärten, Grünanlagen und sonstige Nutzungen wird deut- „schlechter chemischer Zustand“ ermittelt. Zu den ge- lich zunehmen. troffenen Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Belastung führen sollen, zählt zum Beispiel eine Novel- Die Landeshauptstadt Hannover hat sich daher den ver- lierung der Düngeverordnung. Bis 2015 wurden dennoch antwortungsvollen Umgang mit der Ressource Grund- nicht alle Gewässergüteziele erreicht. Die WRRL bzw. wasser zum Ziel gesetzt. Der Rat hat bereits 1999 das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ermöglichen zwei den Aufbau eines stadtweiten Grundwasserüberwa- Fristverlängerungen um jeweils sechs Jahre, also bis chungssystems beschlossen, mit dem ein langfristiges 2021 bzw. bis 2027. Von diesen Fristverlängerungen wird kommunales Monitoring der Grundwasserqualität im nun in Niedersachsen Gebrauch gemacht, um mehr Zeit Stadtgebiet durchgeführt werden soll. Zuvor hatte sich für die Erreichung der Güteziele zu bekommen. die Untersuchung von Grundwasser auf die Qualitäts- kontrolle im Rahmen der Grundwassernutzung oder der Durch das Wasserhaushaltsgesetz ist das Grundwasser Erkundung und Sanierung von Verunreinigungen be- aus rechtlicher Sicht flächendeckend gegen „vermeid- schränkt. Die behördliche Überwachung von Grundwas- bare Beeinträchtigungen“ (§ 1a, WHG) geschützt. Die serschadensfällen erfolgt durch die Region Hannover. Auswirkungen menschlicher Tätigkeit, also die soge- Das seit 2003 betriebene Grundmessnetz ermöglicht nannten anthropogenen Belastungen, sind jedoch in hingegen die Beurteilung des Grundwasserzustands im vielen Grundwasservorkommen nachweisbar. Auflagen gesamten Stadtgebiet, als Lückenschluss zwischen be- zur Lagerung, zum Transport oder Umgang mit was- hördlicher Schadensfallüberwachung und großräumiger sergefährdenden Stoffen haben das Ausmaß konkreter Beobachtung. Nachteilige Veränderungen der Grund- Schadensfälle verringert, aber der diffuse Eintrag aus wasserqualität aufgrund hauptsächlich diffuser Stoff- Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Bebauung hält einträge sollen rechtzeitig erkennbar werden, so dass an. Um hier einen flächendeckenden Grundwasser- durch planvolles Handeln Fehlentwicklungen vermieden schutz zu realisieren, müssen auch flächenhafte Belas- werden können. tungen erkennbar gemacht werden. Diese Broschüre lädt dazu ein, sich über die Ergebnisse, Mit dem zunehmenden Klimawandel und dessen Aus- die das Monitoring der letzten Jahre geliefert hat, zu wirkungen werden sich auch in Stadt und Region Han- informieren. Sie möchte weiterhin eine Anregung sein, nover die Anforderungen an die Verfügbarkeit von aus- sich mit den Themen Grundwasser und dessen Schutz reichenden Mengen sauberen Grundwassers erhöhen. intensiver zu beschäftigen. 2 Das Grundwasser 2.1 Vorkommen den Versiegelung der Bodenoberfläche führen einer- und Bedeutung seits zu einem häufig diffusen Schadstoffeintrag in das Grundwasser und andererseits zu einer Verringerung Als Grundwasser wird das Wasser bezeichnet, das die der Neubildung von Grundwasser. Aus diesem Grund unterirdischen Hohlräume (zum Beispiel Poren zwischen sind zunehmende Anstrengungen erforderlich, um das Sandkörnern, Klüfte oder Risse im Gestein) zusammen- Gut Grundwasser in möglichst natürlichem Zustand zu hängend ausfüllt. Grundwasser erbringt eine Reihe von bewahren. wichtigen Ökosystemleistungen. Die in Deutschland wohl wichtigste ist die Trinkwassergewinnung. In vie- Grundwasser ist kein isoliertes und statisches Was- len Gebieten Deutschlands erfolgt die Trinkwasserge- servorkommen. Es interagiert an vielen Stellen in der winnung aus Oberflächengewässern, also Flüssen und Landschaft mit der Vegetation oder mit Oberflächen- Seen, sowie den eigens angelegten Talsperren. Das we- gewässern. Grundwasserabhängige Ökosysteme finden sentliche Reservoir für Trinkwasser ist aber das Grund- sich überall da, wo wir niedrige Flurabstände finden – wasser, welches daher wie die Oberflächengewässer also dort, wo der Abstand zwischen der Gelände- und in Deutschland gesetzlich besonders geschützt ist. Im der Grundwasseroberfläche sehr gering ist. Flüsse und Vergleich zu vielen Fließgewässern ist Grundwasser in Seen werden oft von Grundwasser durchströmt. Darüber der Regel weniger belastet, da der Boden eine natürli- hinaus fungieren Grundwasserleiter als Lebensraum für che Filterwirkung besitzt. Diese Filterwirkung ist jedoch zahlreiche Organismen. Ein Grundwasserleiter speichert begrenzt und kann das Grundwasser nicht dauerhaft Wasser nur temporär bevor es in ein anderes Reservoir schützen, wie viele Grundwasserschadensfälle aus den übergeht. Daher versteht die WRRL sowohl Grundwas- letzten Jahrzehnten belegen. ser als auch Oberflächenwasser als Teile von ein und demselben ökologischen, hydrologischen und hydro- Industrialisierung, Verkehr, Landwirtschaft und die geologischen System. Ausweitung der Siedlungsräume mit einer zunehmen-
7 2.2 Der Kreislauf des Wassers Das Grundwasser ist ein wesentlicher Bestandteil des Wasserkreislaufs auf der Erde, der durch die Sonnen- energie in Bewegung gehalten wird (Abbildung 1). Sie bewirkt die ständige Verdunstung von Wasser auf den Kontinenten und Meeren. Es fällt als Niederschlag auf die Erde, wo ein Teil von der Vegetation aufgenommen wird oder direkt verdunstet. Durch den Oberflächenab- fluss wird die Landschaft geformt und durch die Erosion werden Mineralien in das Meer gespült. Der Teil des Wassers, der versickert und nicht von den Pflanzen dem Boden entzogen wird, sammelt sich über stauenden Erdschichten und bildet dort den Grundwasserkörper. Wie in den Flüssen und Strömen bewegt sich auch das Grundwasser mit dem Gefälle der Landschaft letztlich Abbildung 1: Der Kreislauf des Wassers (LHH, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün) im Untergrund auf das Meer zu, wo es wieder für ei- Süßes Grundwasser, das als Quelle für Trinkwasser ge- nen neuen Kreislauf zur Verfügung steht. Je nach den nutzt werden kann, macht aber nur einen kleinen Teil Untergrundverhältnissen dauert es Jahre bis Jahrhun- der gesamten Wasservorkommen auf der Welt aus (Ta- derte oder länger, bis die Grundwasserleiter vollständig belle 1 ; nach Oki, T., Kanae, S. 2006). durchströmt sind. Die Dynamik des Grundwassers ist nicht immer und 2.4 Grundwasser – Wasser überall erkennbar. Mit Ausnahme von Quellaustritten sind Anzeichen für die Bewegung von Grundwasser eher im Untergrund unsichtbar. Dennoch handelt es sich um einen dynami- Wasser unterhalb der Erdoberfläche kann man prinzi- schen Wasservorrat, der eng an den hydrologischen piell in zwei verschiedene Kategorien einteilen, Boden- Kreislauf gekoppelt ist. bzw. Sickerwasser und Grundwasser. 2.3 Volumen und Verteilung Grundwasser ist weltweit eine der wichtigsten Quellen für Trinkwasser. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen be- ziehen ihr Wasser aus Grundwasservorkommen. Auch in Deutschland ist die Hauptquelle für Trinkwasser das Abbildung 2: Die Verteilung von Wasser, Mi- neralkorn und Luft im Untergrund (IWW GmbH) Grundwasser. Etwa Dreiviertel der Wasserversorgung werden aus dieser Quelle entnommen. Der Rest wird aus Oberflächenreservoiren gedeckt zum Beispiel Talsper- Boden- und Sickerwasser erfüllt den freien Raum zwi- ren. Grundwasser wird ebenfalls in großem Umfang von schen Mineralkörnern oder in einem Gestein (Beispiels- der Landwirtschaft genutzt, um Kulturen zu bewässern. weise Risse) nur teilweise, der Rest ist mit Luft gefüllt. Dem Grundwasser kommt damit eine zentrale und nati- Das bedeutet, dass der Boden ungesättigt ist (Abbildung onale Bedeutung als Süßwasserreserve zu. 2). Das Wasser bewegt sich entweder langsam durch Sickern nach unten, oder haftet an den Mineralkörnern. Bodenwasser bildet demnach einen Zwischenspeicher Tabelle 1: Die Verteilung von Wasser auf der Erde. von Wasser. Mengenangaben in 1.000 km3 Grundwasser hingegen erfüllt den freien Raum zwi- Ozean 1.338.000 schen Mineralkörnern im Untergrund gänzlich. Dort, Schnee und Eis 24.064 wo der durchgehend mit Wasser erfüllte (gesättigte) Feuchtgebiete 17 Porenraum beginnt, befindet sich in etwa die Grund- Flüsse 2 wasseroberfläche. Seen 175 Grundwasser 23.400 In unserem Klima wird das Grundwasser von dem Nie- Boden 17 derschlag gespeist, der durch den Bodenkörper in die Atmosphäre 13 Tiefe sickert. Dabei wirkt der Boden einerseits filternd und nimmt im Regen enthaltene Stoffe auf und gibt andererseits Stoffe an das kaum mineralisierte Nieder- schlagswasser ab.
8 Einige allgemeine Fakten zum Thema Grundwasser Grundwasser ist das Wasser, das die unterirdischen Hohlräume (zum Beispiel Poren zwischen Sandkörnern, Klüfte oder Risse im Gestein) zusammenhängend ausfüllt. Grundwasser bildet daher in der Regel eine zusammenhängende Oberfläche (Grundwasserspiegel) unter der Erde aus. Der Abstand von der Erdoberfläche zur Grundwasseroberfläche schwankt oft saisonal. Liegt die Grundwasseroberfläche über der Erdoberfläche sehen wir das Grundwasser als See oder Fließgewässer. Grundwasser findet man fast überall unter der Erdoberfläche. Die flächenhafte Verteilung von Grund- wasser macht es möglich, dass es überall als Quelle für trinkbares Wasser oder zur Bewässerung eingesetzt werden kann. Grundwasser folgt der Gravitation: Wie das Wasser in den Flüssen fließt auch das Grundwasser von einem Punkt zu einem anderen, solange zwischen den beiden Punkten ein Unterschied in der Höhe (oder genauer im Druck) vorhanden ist und eine hydraulische Verbindung zwischen beiden Punkten besteht. Je durchlässiger die hydraulische Verbindung und je größer der Höhen-(bzw. Druck-)unterschied ist, desto schneller fließt das Grundwasser. Grundwasserneubildung findet durch die Versickerung von Regen und durch Zuflüsse von Ober- flächengewässern statt. Beispiel Deutschland: Hier ist die Neubildung nah an die Niederschlagsmenge gekoppelt. Die Rate der jährlichen Grundwasserneubildung schwankt aber regional zwischen weniger als 50 l pro Quadratmeter in einigen Teilen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt und über 2000 l pro Quadratmeter in den Alpen. Grundwasser fließt langsam. Typische Fließgeschwindigkeiten für Grundwasser liegen bei einigen Milli- meter bis Zentimeter pro Jahr in Porengrundwasserleitern. In Kluft- und Karstgrundwasserleitern können die Fließgeschwindigkeiten allerdings mehrere Meter pro Tag betragen. Das Grundwasser bildet einen zusammenhängenden ßerdem durch Lösung des Gesteins, der Verkarstung, Wasserkörper, der sich in Porengrundwasserleitern zur Bildung größerer Hohlräume und Entstehung von meist über große Flächen und Gebiete erstreckt. Es Karstwasserleitern. handelt sich um die gesättigte Zone, weil alle Poren mit Wasser gefüllt sind. Das Wasser sickert hier nicht mehr nach unten, wie es im ungesättigten Boden oberhalb 2.5 Wechselwirkungen der Grundwasseroberfläche der Fall ist, sondern strömt in Richtung des Gefälles der Grundwasseroberfläche. zwischen Grund- und Oberflächenwasser Grund- und Oberflächengewässer sind keine isolierten Wasservorkommen in der Umwelt, sondern müssen als eine zusammenhängende Ressource verstanden wer- den. Die Verbindung zwischen beiden ist aber nicht immer offensichtlich, da der Austausch unter der Erde geschieht. Die Interaktion zwischen Grundwasser und Oberflä- Abbildung 3: Hydraulische Verbindung chengewässern wie Seen oder Flüssen ist oft komplex zwischen einem Fließgewässer und dem Grundwasser Grundwasser tritt teilweise an der Erdoberfläche zu und wird durch viele Faktoren beeinflusst. Zum Bei- (LHH, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün) Tage. So können Seen zum Beispiel fast ausschließlich spiel kann ein Fließgewässer vom Grundwasser gespeist durch Grundwasser gespeist sein oder zumindest teil- werden oder Flusswasser sickert dem Grundwasser zu weise von Grundwasser durchflossen werden. Spekta- (Abbildung 3). Entscheidend sind die Wasserstände im kulärer sind Quellen, aus denen Grundwasser an der Fluss und im Grundwasser. Da Wasser der Schwerkraft Erdoberfläche zu Tage tritt. Das ist immer dann der Fall, folgt, also von einem höheren zu einem niedrigeren wenn die Grundwasseroberfläche über der Erdober- Punkt fließt, kann der Austausch von Grundwasser und fläche liegt. Eine solche Situation findet man häufig in Oberflächengewässer daher am einfachsten mit Grund- bergigen Regionen, wo Grundwasser direkt aus Klüften wasserstandsmessungen erfasst werden. und Rissen im Gestein fließt. Über gering durchlässigen Schichten sammelt sich das Wasser in den Poren der lehmigen, sandigen oder kiesigen Ablagerungen, den Lockergesteinen. In den Festgesteinen, also zum Beispiel Kalksteinen, Mergeln oder Sandsteinen, befindet sich das Grundwasser in den Klüften. Es wird daher von Poren- und Kluftgrund- wasserleitern gesprochen. In Kalksteinen kommt es au-
9 2.6 Was ist gelöst im 2.8 Klimawandel und Grundwasser? Grundwasser Der Stoffgehalt im Grundwasser hängt im Wesentli- Derzeitig verändert sich der hydrologische Kreislauf chen von der Wechselwirkung des Wassers mit den durch menschliche und klimatische Einflüsse und es ist Mineralien und Gesteinen im Boden ab. Die Lösung von bereits absehbar, dass die Veränderungen sich auch auf Mineralen beginnt bereits beim Versickern des Nieder- das Grundwasser auswirken werden. schlags in der Bodenzone. Hinzu kommen Stoffeinträge aus menschlichen Aktivitäten wie Düngeausbringung, Im Zuge des Klimawandels werden sich viele meteorolo- Streusalzanwendung im Winter oder der Einsatz von gische Änderungen ergeben, die einen unmittelbaren Ein- Pflanzenschutz- und -behandlungsmitteln in Gärten, auf fluss auf alle Wasserressourcen rund um die Welt haben Grünflächen und Sportplätzen sowie auf Äckern. werden, so auch das Grundwasser. Eine der markantesten Änderungen betrifft die saisonale Verteilung und Menge Zu den Hauptinhaltsstoffen eines natürlichen Grund- von Niederschlägen, die letztlich die Grundwasservorräte wassers zählen die Ionen Calcium, Magnesium, Kalium, wieder auffüllen. Vor allem im Nordosten von Deutsch- Natrium, Chlorid, Sulfat und Hydrogenkarbonat. Neben land wird ein Rückgang der Grundwasserneubildung in diesen Hauptionen können auch größere Mengen von den nächsten 50 Jahren erwartet, der vor allem durch Eisen, Mangan oder Nitrat vorkommen. einen leichten Rückgang in der Summe der sommerlichen Niederschläge verursacht wird, also in den Monaten, in Stoffe, die in geringeren Konzentrationen vorhanden denen das Wasser mehr gebraucht wird. Zusätzlich wird sind, werden Spurenstoffe genannt. Diese können ein Teil des Niederschlags in kurzen aber intensiven Epi- aus natürlichen oder menschlichen Quellen kommen. soden als Starkniederschlag fallen. Für die Wintermonate In jüngerer Zeit werden zunehmend Spurenstoffe im hingegen wird, je nach Szenario, ein leichter Anstieg der Grundwasser beobachtet, die aus Industrie und Land- Niederschlagsmengen prognostiziert. Zum Vergleich: In wirtschaft stammen. Diese sind oft in (geologisch) jun- den Alpenregionen wird ein Anstieg im gesamten Jah- gem Grundwasser zu finden und liegen in der Regel in resniederschlag erwartet. Die durch den Klimawandel Abbildung 4: Schematische Darstellung der chemischen und physikalischen Prozesse im Boden sehr niedrigen Konzentrationen vor. Die Konzentration ausgelösten Änderungen bei der Grundwasserneubildung und im Grundwasser (LHH, Fachbereich Umwelt von Spurenstoffen wird daher oft in der Einheit Nano- können also lokal sehr unterschiedlich ausfallen. und Stadtgrün) gramm pro Liter angegeben. Aber die Konzentration sagt zunächst nichts über die Schädlichkeit aus. Dafür werden Schwellenwerte herangezogen, die beim Über- schreiten auf eine toxikologische Wirkung eines Stoffes im Grundwasser hinweisen können. 2.7 Grundwasseralter Die dynamische Natur des Grundwassers lässt sich am Verflüchtigung ehesten am Alter erkennen. Junges Grundwasser hat als Gas Erosion und Verdriftung nur eine kurze Aufenthaltszeit im Untergrund und ist durch Wasser und Wind daher oft weniger mineralisiert. Aber junges Grund- Photochemischer Abbau wasser kann auch öfter mit Stoffen belastet sein, die menschlichen Ursprungs sind, wie zum Beispiel In- dustriechemikalien oder Medikamente. Älteres Grund- wasser, das eine längere Kontaktzeit mit Mineralen und Gesteinen im Untergrund hatte, ist oft stärker mineralisiert. Dafür ist Grundwasser, das älter als 100 Schadstoffe Chemischer Zerfall Jahre ist, in der Regel nicht mit Pestiziden oder Indus- triechemikalien belastet. Mikrobieller Abbau Nur etwa sechs Prozent des gesamten in der Erdkrus- Aufnahme Bodenlösung durch Pflanze te vorkommenden Grundwassers wird innerhalb der Lebensspanne eines Menschen (25 – 100 Jahre) neu Adsorbtion und Filterung fester Auswaschung chemische Fällung Substanzen gebildet. Der Großteil erneuert sich nur über sehr lange Zeiträume und hat eine wesentlich längere Aufenthalts- zeit im Untergrund. Grundwasser
10 Einige allgemeine Begriffe Grundwasserdargebot: Die gesamte verfügbare Menge an Grundwasser, die gewonnen werden kann. Grundwasserneubildung: Wasser, das dem Grundwasser über natürliche oder künstliche Prozesse zugeführt wird. Die natürliche Grundwasserneubildung errechnet sich aus der Wasserbilanz. Demnach ergibt sich die Grundwasserneubildung als Niederschlagsmenge, die nicht verdunstet, von einer Pflanze aufgenommen oder oberirdisch abgeflossen ist. Unter dem Einfluss der Schwerkraft bewegt sich der Niederschlag als Sickerwasser zunächst nach unten. Wenn das Sickerwasser die Grundwasseroberfläche erreicht, findet die Neubildung statt. Grundwasserleiter: Gesteins- oder Mineralienschicht, die durchlässig ist und eine Durchströmung mit Grundwasser erlaubt. Grundwassernichtleiter: Gesteins- oder Mineralienschicht, die nur eine geringe Durchlässigkeit besitzt und daher nicht oder nur sehr langsam von Grundwasser durchströmt wird. Flurabstand: Als Flurabstand wird der Abstand zwischen der Erdoberfläche und der Grundwasseroberfläche bezeichnet. Der Flurabstand kann örtlich und zeitlich variieren. Geringe Flurabstände in Auenbereichen und an anmoorigen Standorten sind oft an Vernässungen der Erdoberfläche zu erkennen. Hohe Flurabstände sind häufig an Pflanzen zu erkennen, die an trockene Standorte angepasst sind. Grundwasserkörper: Ein abgegrenztes Grundwasservolumen aus einem oder mehreren zusammenhängen- den Grundwasserleitern, die nach Auffassung der Wasserrahmenrichtlinie „prinzipiell erneuerbare natürliche Ressourcen“ darstellen. 2.9 Warum sind Die übermäßige Entnahme aus nicht erneuerbaren Böden wichtig für das Grundwasservorkommen zur Produktion von Handels- gütern hat zur Folge, dass die Grundwasserstände fallen Grundwasser? können. Somit ist der Export von virtuellem Wasser eine wichtige Ursache für fallende Grundwasserstände in vie- Das Verwitterungsmaterial der Gesteine an der Erd- len Teilen der Erde, die wasserintensive Nahrungsmittel oberfläche bildet die oberste Haut der Erde und wird und Rohstoffe für den Export produzieren. als Boden bezeichnet. Ein Boden ist ein Gemisch aus Mineralkörnern, lebenden und toten Organismen, Pflan- zenwurzeln und -resten, Wasser und Luft. Böden zeigen 2.11 Nachhaltige eine hohe mikrobiologische Aktivität, sie nehmen Stoffe auf oder geben sie ab und speichern Wasser. Damit Bewirtschaftung von bilden sie die erste Barriere für Stoffe, die mit dem Grundwasser – Quantität Regenwasser versickern. Ein intakter Boden hat eine natürliche Filterfunktion und trägt somit zum Schutz Grundwasser ist eine endliche, aber erneuerbare des Grundwassers bei. In Trinkwasserschutzzonen ist Ressource. Der maßvolle Umgang ist daher von gro- daher die Aufarbeitung oder Umlagerung von natürlich ßer Bedeutung. Aber was ist maßvoll? Einfach aus- gewachsenen Böden oftmals untersagt oder nur un- gedrückt: die Menge an Grundwasser, die aus einem ter Auflagen erlaubt. Es gilt die Regel: Bodenschutz ist Grundwasserleiter entnommen wird, sollte nicht die Grundwasserschutz! Menge an Grundwasser übersteigen, die durch Neubil- dung wieder zugeführt wird. Grundwasser sollte also so bewirtschaftet werden, dass keine ökologischen, öko- 2.10 Was ist virtuelles nomischen und sozialen Konsequenzen drohen. Eine Wasser? einfache Rechnung, die in der Praxis nicht immer so einfach umsetzbar ist. Grundwasserneubildung ist ein Grundwasser wird nicht nur zur Gewinnung von Trink- Prozess, der in der Fläche und über die Jahre hinweg wasser verwendet, sondern auch für den Anbau von sehr variabel sein kann. Eine sorgfältige Bewirtschaf- Lebensmitteln und Rohstoffen wie Getreide oder tungsstrategie muss darum auf längere Zeiträume Baumwolle. Werden die Lebensmittel oder Rohstoffe ausgelegt werden. Letztlich ist die Neubildung von exportiert, so handelt es sich dabei um einen Handel Grundwasser ein geologischer Prozess. Daher müssen mit Wasser, das bei der Produktion eingesetzt wur- bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Grundwas- de, aber nicht unbedingt mehr im Produkt enthalten servorkommen die Zeiträume der Betrachtung sehr sein muss. Dieses Wasser wird als virtuelles Wasser groß gewählt werden. Denn manche Folgen einer Über- bezeichnet. Deutschland importiert etwa 121 km³ vir- bewirtschaftung machen sich erst nach einigen Jahren tuelles Wasser pro Jahr und exportiert etwa 71 km³ oder gar Jahrzehnten bemerkbar. pro Jahr. Als Beispiel: Die Agrarprodukte mit einem sehr hohen Beitrag am Import von virtuellem Wasser nach Deutschland sind Baumwolle, Pistazien, Mandeln, Kaffee und Avocados.
11 Abbildung 5 a-c: Grundwassertiere: Höh- lenschnecke, Höhlenflohkrebs und Höhlenassel (Wasserflöhe, Muschelkrebse, Ruderfußkrebse, Brun- 2.12 Nachhaltige nenkrebse, Asseln und andere), Rädertierchen, Schne- (Michael Papenberg natursehen) Bewirtschaftung von cken, Würmer und andere. Sie fressen zum Beispiel Mikroben und sorgen durch ihre Bewegungsaktivitäten Grundwasser – Qualität dafür, dass vorhandene Lückenräume im Grundwasser- leiter nicht verstopfen. Die für die Trinkwassergewinnung verfügbare Menge an Grundwasser ist abhängig von der Qualität. Je schlech- Das Vorkommen solcher Organismen hat aber nicht ter die Qualität, desto mehr Energie und Kosten müssen nur aus akademischer Sicht einen hohen Wert, denn in die Aufbereitung gesteckt werden. Besonders proble- sie können als Indikatoren für die Qualität des Grund- matisch wird es, wenn Inhaltsstoffe, die schädlich sind wassers verwendet werden. Sie reagieren auf die Ge- oder die Genießbarkeit des Wassers herabsetzen, nicht samtheit der wirksamen Umweltfaktoren über einen mehr entfernt werden können. Dann ist ein Grundwas- größeren Zeitraum hinweg, sodass bereits geringfü- servorkommen nicht mehr zur Trinkwassergewinnung gige Veränderungen in der Umwelt, wie zum Beispiel geeignet. Das Aufsuchen von neuen Ressourcen ist mit sich verändernde Schadstoffkonzentrationen oder auch viel Aufwand und Kosten verbunden. Darum ist nicht Änderungen der Grundwassertemperatur, sich in der nur die Sicherung der Menge, sondern vor allem auch Lebensgemeinschaft oder dem Verhalten einzelner In- die Sicherung der Qualität eine Aufgabe für Gegenwart dividuen widerspiegeln. Dadurch ergeben sich Impulse und Zukunft. für die Untersuchung der spezifischen Ursachen. Die Empfindlichkeit der Grundwasserlebensgemeinschaft gegenüber Grundwasserbelastungen ist so ausgeprägt, 2.13 Grundwasser als dass ihre Verbreitung und der allgemeine Gesundheits- Lebensraum zustand als „Frühwarnsystem“ verwendet werden kann! Der Lebensraum Grundwasser rückt in den letzten Jah- Die Grundwasserfauna ist aber nicht nur Anzeiger für die ren mehr und mehr in den Fokus der Wissenschaft, Qualität des Grundwassers, sondern gestaltet sie auch denn der Grundwasserkörper wird, neben einer Vielzahl aktiv mit. Eine gesunde und intakte Lebensgemeinschaft von Mikroorganismen, auch von größeren Organismen trägt maßgeblich zur Reinigung des Grundwassers bei bewohnt, die als Stygobionte bezeichnet werden. Sty- und ist unverzichtbar, um weiterhin sauberes Trinkwas- gobionten sind wirbellose Lebewesen, die ausschließlich ser aus Grundwasser gewinnen zu können. Grundwas- im Grundwasser leben und daher spezifische morpholo- serschutz trägt auch zum Schutz dieser „unsichtbaren“ gische und physiologische Merkmale zum Überleben im Biotope bei und umgekehrt garantiert die Erhaltung der Untergrund entwickelt haben. Sie sind in jedem Fall far- Funktionalität des Ökosystems ein Grundwasser von blos, erscheinen durchsichtig und besitzen keine Augen. hoher Qualität. Eine kontinuierliche Überwachung der Im Vergleich zu den in Oberflächengewässern leben- Grundwasserqualität und der Grundwasserfauna ist Vor- den Arten ist der Stoffwechsel erheblich verlangsamt, aussetzung für eine nachhaltige Bewirtschaftung dieser ihre Lebensdauer ist deutlich höher. Zu den Tieren, die lebenswichtigen Ressource und den langfristigen Erhalt im Grundwasser gefunden werden, zählen Krebstiere dieses Lebensraums.
12 in der Regel ab Ende Oktober wieder zu steigen, um 2.14 Jahreszeiten im je nach Witterung bis etwa April den höchsten Grund- Grundwasser wasserstand zu erreichen (Abbildung 6). Der Abfluss aus dem Grundwasserleiter wird in dieser Zeit wieder Der mittlere Niederschlag beträgt in Hannover 650 mm aufgefüllt. Es besteht ein empfindliches Gleichgewicht, pro Jahr. Davon erreichen jährlich weniger als etwa das durch Grundwasserentnahmen oder großräumige 100 mm beziehungsweise 100 Liter pro Quadratmeter Versiegelung der Oberfläche durch Straßen, Plätze und die Grundwasserkörper und füllen sie auf. Diese Neubil- Gebäude gestört werden kann. Versiegelung kann zu dung von Grundwasser findet in unseren Breiten vorwie- einem erhöhten oberirdischen Abfluss durch die Regen- gend im Winterhalbjahr etwa von Oktober bis April statt, wasserkanalisation führen, wodurch weniger Wasser für wenn sich die Vegetation in ihrer Ruhephase befindet. die Grundwasserneubildung zur Verfügung steht. Auch Die hohen Niederschläge im Sommer gelangen dagegen der Klimawandel wird mit einer verschobenen Vertei- kaum in das Grundwasser, da vor allem die Pflanzende- lung der Jahresniederschläge die Grundwasserneubil- cke das Wasser aufnimmt und über die Verdunstung dung verändern. wieder an die Atmosphäre abgibt. Warum ist es wichtig die Schwankungen des Grundwas- Die Aufenthaltszeit des Sickerwassers im Boden ist ab- sers zu beobachten und zu dokumentieren? Zum einen hängig von der Bodenart, der Mächtigkeit der Bodenzone ist die Langzeitbetrachtung von Grundwasserständen und dem Niederschlag. Sie liegt bei niedrigen Flurab- wichtig, um das Grundwasserdargebot abschätzen zu ständen, also einem geringen Abstand zwischen Gelän- können. Das Grundwasserdargebot ist wichtig für die de- und Grundwasseroberfläche, in der Größenordnung Vegetation, deren Wurzeln bis in den grundwasserbe- von einigen Wochen, kann aber auch Monate bis Jahre einflussten Raum reichen (grundwasserbeeinflusste betragen, wenn die Flurabstände besonders hoch sind. Landökosysteme). Veränderungen im Dargebot durch übermäßige Wasserentnahmen oder durch klimabeding- Die allgemein niedrigen Flurabstände in Niedersachsen te Veränderungen können so frühzeitig erkannt werden. bedingen, dass das Grundwasser relativ schnell auf sai- Zum anderen ist der Grundwasserstand in urbanen Räu- sonale Unterschiede im Bodenwasserhaushalt reagiert. men eine wichtige Größe für Baumaßnahmen, die das So sinkt der Grundwasserspiegel im Verlauf des Som- Erdreich betreffen (Kanalisation, Keller, Tiefgaragen) Abbildung 6: Ganglinie des Grundwas- mers durch hohe Verdunstung von Wasser im Boden und ist daher für die Planung von baulichen Maßnahmen serspiegels im Verlauf von sechs Jahren (LHH, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün) und durch die Blätter von Pflanzen ab und beginnt dann unerlässlich. Ganglinien Abfrage: Messstellen, alle Landeshauptstadt Messstelle: 40597, Datum von 01.01.2013 bis 31.12.2018 Umweltschutz Druckdatum: 08.11.2018 11:05
13 3 Der Raum Hannover und sein geologischer Untergrund Hannover befindet sich im Vorland des niedersächsi- haben. Bei diesen harten Gesteinen handelt es sich um schen Berglandes, am Übergang zur Norddeutschen Kluftgrundwasserleiter. Der Bereich des Salzstocks tritt Tiefebene. Der Kern der Stadt Hannover liegt in der nicht als Anhöhe in Erscheinung, da Gips und andere Niederung der Leine mit Höhen von gut 50 m über NN. Salze ausgelaugt werden. Aus diesem Grund sind im Sie wird im Südosten von den Anhöhen des Kronsberges Südwesten von Hannover stellenweise sehr salzhaltige (mehr als 100 m über NN) und im Westen von den Höhen Grundwässer vorhanden, die sogar als Salzquellen zu des Benther Berges, des Mühlen- und Lindener Berges Tage treten können. und schließlich vom Heisterberg umgeben. Die genann- ten Höhenzüge zeichnen Strukturen nach, welche die Der Höhenzug des Kronsberges ist durch den Salzauf- gesamte Geologie Hannovers bestimmen (Abbildung 7). stieg des Benther – und des Lehrter Salzstocks ent- standen. Während dort die Schichten gehoben wurden, Der Benther Salzstock erstreckt sich mit seinem von senkten sie sich zum Ausgleich in dem Gebiet zwischen Auslaugung betroffenen Gipshut, also seinen obersten den Salzstöcken. Im Zentrum dieser Mulde blieben da- Salzschichten, im Untergrund von Limmer und Linden her auch die jüngeren Gesteine der Oberkreide erhalten. bis weit südlich von Ronnenberg. Bei seinem Aufstieg Sie besteht aus Kalkmergelsteinen und Kalksteinen, die hat er die über ihm liegenden Gesteinsschichten verbo- aufgrund ihrer geringeren Verwitterungsrate den Rü- gen, in Schollen zerbrochen und teilweise steil aufge- cken des Kronsberg-Höhenzuges bilden. Das Zentrum richtet. Die harten Gesteine aus den Zeitaltern der Trias der geologischen Mulde wird also von einem Höhenzug und des Jura widerstanden der Verwitterung besser als markiert, ein Phänomen, das man als Reliefumkehr be- die weichen Tonsteine der Umgebung, so dass sich bis zeichnet. Hier liegt ebenfalls ein Kluft- und stellenweise heute die Anhöhen am Rand des Salzstocks erhalten auch Karstwasserleiter vor. Abbildung 7: Hydrogeologische Gliederung des Stadtgebietes (Dr. Pelzer und Partner)
14 Arten von Grundwasserleitern Je nach geologischer Ausprägung des Untergrundes unterscheidet man Poren-, Kluft- und Karstgrundwasserlei- ter. Im Lockergestein füllt das Grundwasser den gesamten Porenraum aus. Es wird daher als Porengrundwas- serleiter bezeichnet. Im Festgestein bewegt sich das Grundwasser durch Risse, Fugen und entlang von Klüften. Diese Grundwasserleiter werden als Kluftgrundwasserleiter bezeichnet. Unter Karstgrundwasserleiter versteht man Kluftgrundwasserleiter mit großen verbundenen Hohlräumen, die oft durch die chemische Lösung des Gesteins entstanden sind. Aufgrund der geringen Filterwirkung in Kluft- und Karstgrundwasserleitern sind diese auch besonders anfällig für Verunreinigungen. Der Festgesteinsuntergrund der Leineniederung besteht aufgrund der in den einzelnen Phasen der Eiszeit immer aus tonigen Gesteinen, die im Wesentlichen der unteren wieder fortschreitenden Erosion höher als jüngere. Die Kreide zuzurechnen sind. Sie sind Grundwassergering- in der letzten Kaltzeit entstandene Niederterrasse hat leiter oder -stauer, das heißt sie besitzen für Wasser nur sich in die Ablagerungen der vorangegangenen Kaltzeit, eine sehr geringe Durchlässigkeit. in der noch vom Inlandeis Geschiebemergel gebildet wurden, eingeschnitten. Es kam schließlich zur Bildung Die tonigen Schichten wurden während der Eiszei- von Niederterrassen- und Talsanden. Die Ablagerung ten, dem Zeitalter des Pleistozäns, stark erodiert und der Auenlehme der Leine setzte dann mit dem Beginn Schmelzwasserrinnen haben sich in sie eingegraben. Die unserer Warmzeit, dem Holozän, ein. Geschiebemergel Rinnenfüllungen und die über ihnen lagernden Flusster- und stellenweise vorhandene aus Warmzeiten stam- rassenablagerungen bestehen aus Sanden und Kiesen, mende lehmige bis torfige Ablagerungen wirken als also aus Lockergesteinen beziehungsweise Porengrund- Grundwassergeringleiter und können kleinräumig den wasserleitern. Ältere Terrassensedimente liegen dabei Porengrundwasserleiter in Stockwerke gliedern. 4 Wasserversorgung in Hannover Die öffentliche Trinkwasserversorgung der Landes- Um die Grundwasserressourcen in den überwiegend hauptstadt Hannover und von Teilen der Städte Lan- land- und forstwirtschaftlich geprägten Wassergewin- genhagen, Seelze und Laatzen sowie Umlandgemein- nungsgebieten nachhaltig zu sichern, schließt enercity den erfolgt durch die enercity AG (vormals Stadtwerke seit mehr als 27 Jahren freiwillige Vereinbarungen mit Hannover). der umliegenden Land- und Forstwirtschaft ab. enerci- ty sichert die Grundwasserressourcen sowie das öko- Über 90 Prozent des Trinkwasserbedarfs wird aus Grund- logisch wertvolle Naturschutzgebiet rund um das Was- wasser gedeckt. Der Rest wird aus den Talsperren des serwerk in Grasdorf bei Laatzen unter anderem durch Harzes bezogen. Das Grundwasser wird ortsnah im Ge- pächterseitige Auflagen zum Schutz der Vogelwelt und biet der Leineniederung bei Grasdorf und im Fuhrberger freiwillige Vereinbarungen mit den Landwirten über Feld gewonnen und in den drei Wasserwerken Grasdorf, eine grundwasserschonende Bodenbewirtschaftung. Elze-Berkhof und Fuhrberg zu Trinkwasser aufbereitet. Erfahrene Beratungsträger unterstützen im Fuhrberger Im Bereich der Leineniederung wird zeitweilig zusätzlich Feld und in Grasdorf die Landwirte bei nachhaltiger, Flusswasser versickert und dort unter natürlicher Filte- grundwasserschonender Land- und Forstwirtschaft. rung im Grundwasserleiter gereinigt, bevor es wieder Darüber hinaus ist das Wassergewinnungsgebiet Fuhr- zur weiteren Nutzung gefördert wird. berger Feld seit 1996 als Wasserschutzgebiet ausge- wiesen. Der Trinkwasserverbrauch im gesamten Versorgungs- gebiet der Stadtwerke liegt in einer Größenordnung Für eine Notfallversorgung sind über das Stadtgebiet von 41 Mio. Kubikmeter pro Jahr. Bei einer Grundwas- verteilt etwa 160 Trinkwassernotbrunnen vorhanden. serneubildung von im Mittel 160 mm pro Jahr kommen Die Brunnen fördern im Stadtgebiet vorhandenes Grund- auf der Gesamtfläche der beiden Wassergewinnungsge- wasser und sichern im Katastrophen- oder Verteidi- biete von 340 km² rechnerisch jedes Jahr rund 54 Mio. gungsfall die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser. Kubikmeter neu hinzu und stehen für die Deckung des Trinkwasserbedarfs der Bevölkerung zur Verfügung. Informationen zur Trinkwasserqualität inclusive aktuel- Zum Vergleich: das Stadtgebiet von Hannover besitzt ler Analysendaten sind unter www.enercity.de/wasser eine Fläche von 204,7 km² und umfasst etwa zur Hälfte zu finden. versiegelte Areale.
15 5 Grundwasserschutz 5.1 Grundwasser kann man es viele Alternativen zu kommerziellen Mineraldünger- nicht sehen, aber schützen! präparaten und Pestiziden. Die Trinkwassergewinnung durch die enercity AG greift Sorgfältige Trennung von Müll auf Grundwasser in ländlichen Regionen, also außerhalb Lagern Sie keinesfalls umweltschädliche Substanzen auf des Stadtgebietes zurück. Grund ist die Tatsache, dass Ihrem Grundstück, sondern bringen Sie ungebrauchte dort der Schutz des Grundwassers aufgrund der Nutzung Lacke, Farben, Öle und Pestizide zur Entsorgung zu den eher gewährleistet werden kann, als es in einem städti- örtlichen Wertstoffhöfen. So kann das Risiko eines un- schen Siedlungsgebiet möglich ist. Allerdings sind dabei gewollten Austretens und Versickerns von Schadstoffen die möglichen Beeinträchtigungen zum Beispiel durch die verhindert werden. Entsorgen Sie keine Abfälle oder landwirtschaftliche Nutzung nicht zu vernachlässigen, Medikamentenreste über die Toilette. die durch Vereinbarungen, Auflagen und Grundstücks- käufe sowie regelmäßige Kontrollen des Grundwassers Herstellen der natürlichen Bedingungen durch minimiert werden. Ein effektiver vorbeugender Grund- flächenhafte Niederschlagsversickerung auf wasserschutz ist dabei auf die Kooperation mit landwirt- dem eigenen Grundstück schaftlichen Betrieben und Grundwasserschutzprojekte Versuchen Sie den natürlichen Wasserhaushalt auf Ih- mit den Kommunen angewiesen. rem Grundstück wiederherzustellen, in dem Sie versi- ckerungsfähiges Pflaster verbauen bzw. soweit möglich Im Stadtgebiet erfolgt Grundwasserschutz zum Bei- auf Versiegelungsmaßnahmen verzichten. spiel durch bauliche und technische Einrichtungen beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Einen Sanierung von Schmutz- und wichtigen Beitrag leistet die Sanierung der städtischen Mischwasserkanälen Schmutzwasserkanäle. Die Förderung von Entsiegelung Durch undichte Schmutz- und Mischwasserleitungen und Niederschlagsversickerung erhöht die Neubildungs- auf Privatgrundstücken kann je nach Höhe des Grund- rate des Grundwassers. wasserstandes Schmutzwasser aus den Leitungen austreten, in das Grundwasser gelangen und es ver- unreinigen. Bei hohen Grundwasserständen kann aber 5.2 Was können wir auch Grundwasser in undichte Leitungen eintreten, der zu Hause tun, um das Grundwasserstand wird dadurch abgesenkt. Deshalb ist es wichtig, diese Leitungen alle 25 Jahre gemäß den Grundwasser zu schützen? technischen Normen durch eine Fachfirma überprüfen und im Bedarfsfall sanieren zu lassen. Jede*r Einzelne kann zum Schutz der Grundwasservor- kommen etwas beitragen. Hier ist eine kleine Liste von Dingen, die beachtet werden sollten. 5.3 Natürliche Bepflanzung Grundwasserbenutzungen Pflanzen Sie Bäume und Sträucher, die an die örtlichen Während die Trinkwassergewinnung für die öffentliche Begebenheiten angepasst sind. Sie brauchen weniger Wasserversorgung Hannovers außerhalb des Stadt- Wasser um zu wachsen, sind widerstandsfähiger gegen gebietes erfolgt, werden innerhalb der Stadtgrenzen Schädlinge und tragen so zum Schutz von Natur und jährlich um die 5 Mio. Kubikmeter Grundwasser zu be- Umwelt bei. Wählen Sie für Grünflächen anspruchslose trieblichen und sonstigen Zwecken entnommen. Dabei Rasensorten, die an das örtliche Klima angepasst sind, handelt es sich häufig um Nutzungen als Kühl- und Pro- um den Bewässerungsbedarf zu reduzieren. zesswasser, aber auch um den Einsatz in der Getränkein- dustrie. Im Rahmen der Erweiterung des Mergelabbaus Reduzierter Einsatz von chemischen Pflanzen- in Misburg und der dafür erforderlichen Trockenhaltung schutz- und -behandlungsmitteln und Streusalz der Gruben wird die Menge der Grundwasserentnahme Verwenden Sie keine Pestizide, um den Garten und ge- in den nächsten Jahren/Jahrzehnten deutlich ansteigen. pflasterte Wege frei von Wildkräutern zu halten. Die Pestizide versickern teilweise in den Untergrund, wo sie Dauerhafte und temporäre Grundwasserentnahmen das Grundwasser unnötig belasten. Benutzen Sie kein für die öffentliche und private Wasserversorgung, für Streusalz zur Freihaltung der Wege im Winter, um die Grundwasserabsenkungen bei Baumaßnahmen (zum Versalzung der städtischen Böden und des Grundwas- Beispiel Tiefgaragen) und die Regulierung von Vernäs- sers zu minimieren. sungsschäden sind grundsätzlich nach dem Wasser- recht erlaubnispflichtig. Entnahmen unter 5.000 m³ Umsteigen auf ökologischen Anbau im Haus- sind zwar erlaubnisfrei, aber anzeigepflichtig. Ebenso oder Kleingarten erlaubnispflichtig sind Grundwassernutzungen für geo- Versuchen Sie für Ihren Garten Anbaumethoden aus thermische Zwecke. Darüber hinaus ist für jegliches dem ökologischen Anbau zu übernehmen. Häufig gibt Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, für dessen
16 Aufstau, Umleitung und mehr als unerhebliche schäd- sich unter https://www.hannover.de/Leben-in-der-Re- liche Veränderung seiner chemischen, physikalischen gion-Hannover/Umwelt-Nachhaltigkeit/Wasser-Abwas- oder biologischen Beschaffenheit (zum Beispiel durch ser/Gewässer/Service-rund-um-den-Gewässerschutz. Erdwärmenutzung) eine Erlaubnis erforderlich. Geplante direkte und indirekte Eingriffe in das Grundwasser, wie Hinzu kommen die nach der Trinkwasserverordnung zum Beispiel Bohrungen und andere Erdaufschlüsse, anzeigepflichtigen Eigenwasserversorgungsanlagen, sind bei der zuständigen Wasserbehörde der Region also die häusliche Nutzung für den eigenen Bedarf auf Hannover anzuzeigen. Wohngrundstücken, sowie die zahlreichen für Bewässe- rungszwecke eingesetzten Gartenbrunnen insbesondere Zuständige Stelle für die genannten Nutzungen ist die in Kleingärten. Für Eigenwasserversorgungsanlagen ist Untere Wasserbehörde der Region Hannover (E-Mail: ge- der Fachbereich Gesundheit der Region Hannover zu waesserschutz@region-hannover.de), Formulare finden kontaktieren (E-Mail: hygiene@region-hannover.de). 6 Wasserstandsmessungen Grundwassermessstellen Der Ringraum wird mit Filterkies aufgefüllt und nach Grundwassermessstellen sind unser wichtigster Zugang oben hin mit einer Tonsperre gegen den Zutritt von zur Beobachtung des Grundwassers. Zum Beispiel wird Oberflächenwasser und Verunreinigungen geschützt. die Menge des im Untergrund befindlichen Grundwas- Die Messung erfolgt meist von Hand mit einem elekt- sers durch eine Wasserstandsmessung erfasst. Außer rischen Lot (zum Beispiel Lichtlot), bei dem durch die der Menge kann auch die Qualität untersucht werden, elektrische Leitfähigkeit des Wassers der Kontakt ge- indem aus einer Grundwassermessstelle mittels Pum- schlossen wird. Teilweise werden auch automatische pen das Wasser zu Tage gefördert und im Labor auf Messsysteme eingesetzt. seine Inhaltsstoffe untersucht wird. Hydraulisches Messnetz Der Grundwasserstand wird in Grundwassermessstel- Der Bereich Umweltschutz des Fachbereichs Umwelt len kontrolliert. Dabei handelt es sich in der Regel um und Stadtgrün unterhält seit Jahren ein hydraulisches verrohrte Bohrlöcher (üblicherweise zirka 168 bis 332 Messnetz zur Überwachung der Grundwasserstände mm Durchmesser), in die ein Rohr (zwischen 50 und im Stadtgebiet. Es umfasst mehr als 3.000 in einer 150 mm Durchmesser) mit einer dem Standort ange- Datenbank registrierte Grundwassermessstellen der passten Filterstrecke eingebracht wird (Abbildung 8). Stadt, von Behörden, Firmen und Institutionen sowie Abbildung 8: Bohrprofil und Ausbau einer 40210 Grundwassermessstelle (LHH, Fachbereich 59,00 m NN Umwelt und Stadtgrün) Hydrantenkappe 0,09 A MBP 01.01.50: 58,51 m NN 0,10 A A / / künstliche Auffüllung / / DIN-C-Verschluss 0,95 A 0,20 Unterflurschacht 57,00 m NN / Mittelsand; schwach schluffig / / / 1,60 Stahl, verzinkt Aufsatzrohr DN 50 1,80 / Feinkies- Mittelkies; schwach schluffig / / / PVC Aufsatzrohr DN 50 2,50 Filterkies mittel / Mittelsand, Feinkies, Schluff; / / / 3,10 3,10 55,00 m NN / Mittelsand, Schluff, Kies; / / / 4,00 / Mittelsand; / / / PVC Filterrohr DN 50 53,00 m NN 6,00 6,50 / Mittelsand; schwach kiesig / / / 51,00 m NN / Feinkies- Grobkies; sandig / / / 7,60 PVC Sumpfrohr DN 50 8,20 8,10 PVC Bodenkappe DN 50 8,25 / Geröll; / / / Bohrhindernis 8,20 Ø 219 mm Horizontalmaßstab 1:50 49,00 m NN Tiefenangaben Profil und Ausbau bezogen auf GOK Name d. Bhrg. 40210 RW: 3552597,5 Bhrg. Id 52072 HW: 5800490,5 Autor Ralf Hiller Höhe NN: 58,51 Bearbeiter Datum: 20.12.2016 Bohrfirma Maßstab : 1:100
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