Kommunalpolitik, politische (Willens-)Bildung und Jugendbeteiligung vernetzt gestalten

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Kommunalpolitik, politische (Willens-)Bildung und Jugendbeteiligung vernetzt gestalten
PR AXISBEISPIEL II: JUGENDBETEILIGUNG IN DER GEMEINDE

      Kommunalpolitik, politische (Willens-)Bildung
      und Jugendbeteiligung vernetzt gestalten
      Xenia Beck, Gabriele Blawert, Ann-Kathrin Götz, Volker Knoop, Filipe Fraga Sousa, Sarah Stötzel,
      Raphael Walz, Udo Wenzl

                                                                     gung) der Gemeindeordnung lautet „Die Gemeinde soll
      In Gundelfingen (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald)           Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorha-
      entwickelt sich eine Form der kommunalen Jugendbetei-          ben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise
      ligung, die sich schulartübergreifend (Förderschule, Ge-       beteiligen. Dafür sind von der Gemeinde geeignete Betei-
      meinschaftsschule und Gymnasium) in enger Verzahnung           ligungsverfahren zu entwickeln. Insbesondere kann die
      mit der Kommune gestaltet. Gemeinsam mit den Schulen           Gemeinde einen Jugendgemeinderat oder eine andere
      am Ort, Mitarbeitern der Schulsozial- und kommunalen           Jugendvertretung einrichten.“1
      Jugendarbeit, Verantwortlichen des Bürgertreffs und            Die neuen Bildungspläne der allgemein bildenden Schu-
      dem Bürgermeister wird gegenwärtig ein Konzept kom-            len traten mit Beginn des Schuljahres 2016/2017 in Kraft.
      munaler Jugendbeteiligung entwickelt und praktisch um-         Mit Blick auf Politik in der Gemeinde sind im gemeinsamen
      gesetzt. Durch diese handlungsorientierte Praxis politi-       Bildungsplan für die Sekundarstufe I für die Klassenstufen
      scher Bildung und kommunaler Jugendbeteiligung sollen          7, 8 und 9 folgende Zielvorgaben zu finden: „Die Schülerin-
      Jugendliche hautnah erfahren, welche Relevanz Politik          nen und Schüler können Antworten auf die Fragen finden,
      in ihrem Leben haben kann. Die federführend an dem             welche Möglichkeiten Bürger und Jugendliche haben, ihre
      Vorhaben Beteiligten skizzieren die Zielsetzung des Pro-       Interessen in den Entscheidungsprozess in der Gemeinde
      jekts jeweils aus ihrer Perspektive bzw. aus der Sicht ihres   einzubringen und wie die Macht in der Gemeinde verteilt
      Arbeitsfeldes. Des Weiteren beschreiben und bewerten           ist (Macht und Entscheidung), wie die einzelnen Organe
      drei Schülerinnen aus ihrem Blickwinkel einen unlängst         innerhalb der Gemeinde zusammenwirken (Ordnung und
      stattgefundenen Politikworkshop.                               Struktur), welchen Beitrag Verfahren und Institutionen zur
                                                                     Regelung und zum Schutz des friedlichen Zusammenle-
                                                                     bens in der Gemeinde leisten (Interessen und Gemein-
                                                                     wohl) und wie die Gemeinde mit ihren begrenzten finanzi-
      Vorbemerkungen                                                 ellen Mitteln umgeht (Knappheit und Verteilung).“ 2
                                                                     Darüber hinaus finden sich im Bildungsplan zum Inhaltsbe-
      Kommunen sind Beteiligungsorte für alle Generationen           reich „Politische Willensbildungsprozesse in Deutschland“
      und Bildungsorte zugleich. Kinder und Jugendliche sollten      folgende Lernziele: „Die Schülerinnen und Schüler können
      dabei besonderes im Blick sein, denn sie sind Gegenwart        Antworten auf die Fragen finden, welche Möglichkeiten
      und Zukunft in einem. Werden sie frühzeitig ins kommunale
      Geschehen einbezogen, kann eine hohe Identifikation mit
      dem Gemeinwesen entstehen. Dies bedeutet u. a., Ge-
      meinschaft und Wertschätzung zu erfahren und Beteili-
      gung zu lernen, um auf diesem Wege möglichst früh
      positive Erfahrungen mit demokratischen Entscheidungs-
      prozessen zu machen. Junge Menschen können auf der
      kommunalen Ebene unmittelbar erfahren, wie gemeinsam
      mit anderen ein sozial gedeihliches Zusammenleben ver-
      antwortungsvoll gestaltet werden kann.
      Idee des Projekts ist es, dass Kinder, Jugendliche, Erwach-
      sene und Senioren einvernehmlich an der Entwicklung der
      Gemeinde mitwirken. Dies setzt einen ständigen Aus-
      tausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinderat
      und Bürgermeister sowie Mitarbeitenden der Kommunal-
      verwaltung voraus.

                                                                     Ein Höhepunkt des Politikwork-
      Rechtliche und (bildungs-)politische                           shops war das Gespräch mit
      Rahmenbedingungen                                              Staatssekretär Volker
                                                                     Schebesta und Bürgermeister
      Mit der am 17. Oktober 2015 novellierten Gemeindeord-          Raphael Walz. Die Schülerin-
      nung von Baden-Württemberg (GemO) wurde mit der nun            nen und Schüler waren
      verbindlich festgeschriebenen Jugendbeteiligung ein            erstaunt von den vielfältigen
      Steuerungsinstrument für eine aktivierende Jugendpolitik       Aufgaben eines Politikers.
      auf den Weg gebracht. §41a (Kinder- und Jugendbeteili-                         Foto: Udo Wenzl

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Kommunalpolitik, politische (Willens-)Bildung und Jugendbeteiligung vernetzt gestalten
Bürger haben, ihre Interessen in den politischen Entschei-               KOMMUNALPOLITIK, POLITISCHE (WILLENS-)BILDUNG
dungsprozess einzubringen (Macht und Entscheidung) und                     UND JUGENDBETEILIGUNG VERNETZT GESTALTEN
wie das Grundgesetz die Teilhabe regelt (Regeln und
Recht), welchen Beitrag die Beteiligungsverfahren zum de-
mokratischen und gewaltfreien Lösen von Interessenkon-          kenntnis aus der Shell-Jugendstudie 2015 ist, dass die
flikten leisten, wie die Demokratie gesichert und geschützt     junge Generation sich in einem Aufbruch befindet, so Ul-
werden kann (Interessen und Gemeinwohl) und welche Be-          rich Schneekloth, der maßgeblich an der Erstellung der
deutung Medien für eine demokratische Gesellschaft ha-          Studie beteiligt war. Die Jugendlichen haben zunehmend
ben (Privatheit und Öffentlichkeit).“ 3                         mehr Interesse am Weltgeschehen, aber auch an ihrem un-
Der Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregie-           mittelbaren Lebens- und Sozialraum. Fast die Hälfte der
rung vom 9. Mai 2016 formuliert auf Seite 80 das Anliegen,      15- bis 24-Jährigen gab an, sich für Politik zu interessieren.
junge Menschen zur Partizipation zu ermutigen, sehr allge-      Geändert hat sich allerdings die Art ihres Engagements. 6
mein: „Wir sprechen uns für eine stärkere politische Beteili-   Die etablierten Parteien profitieren nicht vom wachsenden
gung von Kindern und Jugendlichen aus. Die politische Bil-      Politikinteresse, so das Autorenteam der Shell-Jugendstudie:
dung der Jugendlichen in Baden-Württemberg werden wir           Nur vier Prozent der 12- bis 25-Jährigen haben sich bereits
im schulischen und außerschulischen Bereich weiter stär-        in politischen Gruppen oder Parteien engagiert. Jugendli-
ken.“4 Aber wie? Eine konkrete Antwort ist diesbezüglich        che bringen Parteien – wie schon in den vergangenen Jah-
nicht zu finden. Und das ist auch gut so: Denn das Wie kann     ren – nur wenig Vertrauen entgegen. 7
am besten vor Ort, in den Gemeinden und Städten ent-            Zielsetzung kommunaler Jugendbeteiligung kann es nicht
schieden werden. Wünschenswert wäre jedoch, dass die            sein, Jugendliche zu jungen Parteigängern zu machen. Kin-
Landesregierung weitere Unterstützungsmittel durch den          der und Jugendliche sollen vielmehr erfahren, dass Kommu-
„Zukunftsplan Jugend“ bereitstellen würde. 5                    nalpolitik und Landespolitik durchaus eng miteinander ver-
Schulen sind Teil des kommunalen Gemeinwesens und ein           woben sein können. Es gilt, Kindern und Jugendlichen zu
wesentlicher sozialer Erfahrungs- und Lebensraum für die        vermitteln, dass durch Wahlen parlamentarische Mehr-
junge Generation. Daraus lassen sich mehrere pädagogi-          heitsbildungen und Regierungsbildungen bestimmt werden.
sche Maßgaben ableiten: Wenn (Ober-)Bürgermeister               Die Mehrheit der Wählerschaft legt den generellen Kurs der
bzw. Bürgermeisterinnen, Vertreterinnen und Vertreter der       Politik fest, indem sie einer bestimmten Partei oder einem po-
Schulen und der Kommunalverwaltung an einem Strang              litischen Lager das Mandat dafür erteilt, sachpolitische Ent-
ziehen, kann gemeinsam eine Form kommunaler Jugend-             scheidungen voranzutreiben. Ändern sich nach einer Wahl
beteiligung entwickelt und praktiziert werden.                  die Mehrheitsverhältnisse, dann kann sich entsprechend
                                                                dieser Logik auch die politische Richtung ändern.

Politik in der Lebenswelt der jungen Generation
                                                                Den politischen Bildungsauftrag der Schulen
Die Jugend wird heute oft als unpolitisch und politisch un-     lebensweltorientiert und kommunal gestalten
interessiert apostrophiert. Doch aktuelle Jugendstudien                                                        (Volker Knoop)
zeigen, dass das Interesse der jungen Menschen an Politik
in den letzten Jahren zugenommen hat. Eine zentrale Er-         Im neuen Bildungsplan für das Unterrichtsfach Gemein-
                                                                schaftskunde wird die Verantwortung der Schulen für die
                                                                politische Bildung wie folgt beschrieben: „Das politische
                                                                System Deutschlands kann nur dann nach demokratischen
                                                                Prinzipien funktionieren, wenn es von politisch mündigen
                                                                Bürgern getragen und gestaltet wird. Die Schülerinnen
                                                                und Schüler zu demokratischem Denken und Handeln zu
                                                                befähigen und zu ermutigen, ist die wichtigste Aufgabe
                                                                der politischen Bildung, aber auch der Schule insgesamt“. 8
                                                                Die Bedeutung, die der politischen Bildung für die Demo-
                                                                kratie beigemessen wird, zeigt sich letztlich auch darin,
                                                                dass das Unterrichtsfach Gemeinschaftskunde Verfas-
                                                                sungsrang hat. In Artikel 21 der Landesverfassung heißt es:
                                                                „Die Jugend ist in den Schulen zu freien und verantwor-
                                                                tungsfreudigen Bürgen zu erziehen und an der Gestaltung
                                                                des Schullebens zu beteiligen.“ Und der zweite Absatz
                                                                fährt fort: „In allen Schulen ist Gemeinschaftskunde or-
                                                                dentliches Lehrfach.“ 9
                                                                Schulen können Schülerinnen und Schüler für Demokratie
                                                                und Partizipation in ihrem unmittelbaren schulischen Um-
                                                                feld begeistern. Das Gundelfinger Projekt versucht, Brü-
                                                                cken zur realen Politik zu bauen, um selbstwirksames Ler-
                                                                nen zu ermöglichen. Es geht mithin um Demokratieerzie-
                                                                hung durch neue Ideen und Impulse.
                                                                Der Sozial- und Erziehungswissenschaftler Wolfgang
                                                                Edelstein, der maßgeblich an dem Modellversuch „Demo-
                                                                kratie lernen und leben“ beteiligt war, vertritt ein erwei-

                                                                                                                                 345
Xenia Beck, Gabriele Blawert, Ann-Kathrin Götz, Volker Knoop, Filipe Fraga Sousa, Sarah Stötzel, Raphael Walz, Udo Wenzl
                                                                                                                            tertes Verständnis politischer Bildung, deren Aufgabe im
                                                                                                                            Aufbau einer demokratischen Grundhaltung gesehen
                                                                                                                            wird. Dieser Ansatz setzt an der Lebenswelt der Kinder
                                                                                                                            und Jugendlichen an. Kontexte demokratieförderlichen
                                                                                                                            Lernens sind schulische und außerschulische Erfahrungs-
                                                                                                                            und Handlungsfelder, die Informationen über Demokratie,
                                                                                                                            Kompetenzen für Demokratie und Erfahrungen durch De-
                                                                                                                            mokratie vermitteln.10 Schule hat demzufolge die Aufgabe,
                                                                                                                            Demokratie als Lebensform erlebbar zu machen.11
                                                                                                                            Das Gundelfinger Jugendbeteiligungsverfahren, das schul-
                                                                                                                            artübergreifend mit der Kommune durchgeführt wird, und
                                                                                                                            gleichermaßen auch die landepolitische Ebene mit einbe-
                                                                                                                            zieht (die Schülerinnen und Schüler fahren u. a. in den Land-
                                                                                                                            tag von Baden-Württemberg nach Stuttgart), bietet Schü-
                                                                                                                            lerinnen und Schülern die Möglichkeit, Politik hautnah zu
                                                                                                                            erleben. Sie können Erfahrungen sammeln und sich in der
                                                                                                                            Welt der Politik erproben. Gerade die politische Arbeit auf
                                                                                                                            kommunaler Ebene, der direkte Kontakt und Austausch der
                                                                                                                            Schülerinnen und Schüler mit den politisch Aktiven, den
                                                                                                                            Funktionsträgern und politischen Organen einer Gemeinde
                                                                                                                            verdeutlicht die Relevanz der Politik im Alltag der Jugendli-
                                                                                                                            chen. Diese Art der politischen Beteiligung stärkt und er-
                                                                                                                            höht die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, aber
                                                                                                                            auch der Lehrerinnen und Lehrer, sich in Schule, Schulleben
                                                                                                                            und Gemeinde zu engagieren. Politik so zu lernen und zu
                                                                                                                            erleben, festigt das Fundament der Demokratie. Dieser be-       Schulworkshop Politik im Bildungszentrum Meckenbeuren
                                                                                                                            sondere Lernprozess stellt einen durchaus nachahmens-           (Bodenseekreis)                             Fotos: Udo Wenzl
                                                                                                                            werten Lernweg dar und ist gleichzeitig ein nachhaltiges
                                                                                                                            Qualitätsmerkmal der beteiligten Schulen.
                                                                                                                                                                                            Die Veranstaltung sei interessant, lehrreich, praxisbezo-
                                                                                                                                                                                            gen gewesen. Vor allem das Gefühl, etwas zu tun, was mit
                                                                                                                            Mit der Großgruppe „politische Bildung“ gestalten               dem wirklichen Leben der Jugendlichen zu tun hat, kam gut
                                                                                                                                                                            (Udo Wenzl)     an. Die Gruppen, die zum Beispiel Briefe an Politiker schrie-
                                                                                                                                                                                            ben, fanden die Gruppenphase sehr spannend. Ein Mäd-
                                                                                                                            Stellen Sie sich vor, zwischen 100 und 150 Jugendliche be-      chen betonte im Namen der Teilnehmerinnen und Teilneh-
                                                                                                                            finden sich in einem Raum, in einer Aula oder in einer Stadt-   mer (aus der Nachbargemeinde), dass auch ihnen der
                                                                                                                            halle und beschäftigen sich mit der Perspektive ihrer Stadt.    Workshop viel gebracht habe. Einige fanden die Mischung
                                                                                                                            Durch das anfängliche Warming up ist eine Atmosphäre            aus ernsthafter, realitätsbezogener Arbeit und ‚gechillter‘
                                                                                                                            entstanden, in der schöpferisches Denken und gelingen-          Atmosphäre sehr gut. Im Wesentlichen gab es nur einen
                                                                                                                            des Miteinander-Reden möglich geworden ist. Es geht             Kritikpunkt: Einige Schülerinnen und Schüler vermissten
                                                                                                                            hierbei um das individuelle aber auch um das kollektive         eine Diskussion im Plenum.“
                                                                                                                            Denken und Sprechen. Die Fragen, „Wie lebe ich/Wie              Und ein teilnehmender Jugendliche schrieb nach dem
                                                                                                                            lebst Du in der Gemeinde?“, aber auch „Was verbindet            Workshop: „Ich finde, dass man uns Jugendlichen schon
                                                                                                                            uns?“ und “Was beschäftigt uns gemeinsam?“ werden er-           früh beibringen sollte, wie die heutige Politik geht. Nur je-
                                                                                                                            örtert. Jeder junge Mensch kann sich dabei einbringen;          mand, der es früh lernt und sich beteiligt, kann später die
                                                                                                                            seine Meinung, Gedanken aber auch Fragen sind wichtig           richtige Entscheidung treffen. Ich z. B. werde dieses Jahr 18
                                                                                                                            für den gesamten Prozess. Die Jugendlichen arbeiten in          und habe wenig bis keine Ahnung von Politik. Hätte es
                                                                                                                            den Themengruppen selbstorganisiert. Den anwesenden             schon früher politische Bildung gegeben, würde ich jetzt
                                                                                                                            Erwachsenen können jederzeit Fragen gestellt werden. Es         nicht so ins kalte Wasser geworfen werden. Und ich würde
                                                                                                                            gibt nur eine klare verbindliche Vorgabe: Die Ergebnisse        gerne richtig wählen, um so den deutschen Staat zu unter-
                                                                                                                            werden am Ende der Einheit im Plenum bzw. in der Groß-          stützen. Ich finde es sehr wichtig, Jugendliche zu ermuti-
                                                                                                                            gruppe vorgestellt.                                             gen, wählen zu gehen. Das geht aber nur, indem man mehr
                                                                                                                            Die erarbeiteten Ergebnisse werden in einem zweiten             Politik in der Gemeinde für Jugendliche (und Erwachsene)
                                                                                                                            Schritt im Gemeinderat vorgestellt und diskutiert. Jugend-      einbringt!“
                                                                                                                            liche aus den einzelnen Themengruppen stellen die Ergeb-
                                                                                                                            nisse im Gemeinderat selbst vor und treten somit in den
                                                                                                                            direkten Dialog mit den politisch Verantwortlichen der Ge-      Politische Bildung und Jugendbeteiligung gemeinsam
                                                                                                                            meinde.                                                         in einem Workshop gestalten
                                                                                                                            Ein Lehrerteam eines Berufsschulzentrums hat nach einem         (Xenia Beck, Ann-Kathrin Götz, Sarah Stötzel)
                                                                                                                            solchen Großgruppenworkshop die beteiligten Jugendli-
                                                                                                                            chen gefragt und folgendes Statement aufgrund der Rück-         Auf Grund des Wunsches nach mehr Jugendbeteiligung in
                                                                                                                            meldung zusammengefasst: „Meine Kollegin und ich ha-            der Gemeinde Gundelfingen ergriff die Gemeinde die Ini-
                                                                                                                            ben jetzt in unseren Klassen ein kleines Feedback zum           tiative und startete einen schulübergreifenden Politikwork-
                                                                                                                            Workshop eingeholt. Es gab fast nur positive Reaktionen.        shop für die achten Klassen. Über zwei Tage hinweg arbei-

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teten 135 Schülerinnen und Schüler der Förderschule, der               KOMMUNALPOLITIK, POLITISCHE (WILLENS-)BILDUNG
Gemeinschaftsschule und des Gymnasiums an politischen                    UND JUGENDBETEILIGUNG VERNETZT GESTALTEN
Themen, die sie auf kommunaler Ebene interessieren.
Der Workshop startete am Vormittag des 17. Novembers
mit einer Einführung in das Programm durch den Projektlei-    Verantwortung übertragen wurde und sie kreativ den
ter Udo Wenzl. Er präsentierte die Auswertung der bereits     Workshop begleiten konnten.
im Vorfeld durchgeführten Jugendumfrage. Die Umfrage          Das Gespräch mit dem Staatssekretär Volker Schebesta
behandelte Themen wie z.B. das eigene Wohlbefinden in         war sehr interessant. Die Schülerinnen und Schüler stellten
der Gemeinde, Angebote für Jugendliche und eigene An-         viele Fragen und zeigten großes Interesse. Er antwortete
regungen zur Verbesserung der Situation in der Gemeinde.      sehr ausführlich und diskutierte mit ihnen auch über aktu-
Um sich einen besseren Überblick über die verschiedenen       elle Themen, wie beispielsweise die Flüchtlingssituation in
Meinungen zu verschaffen, stellte er viele Fragen zu aktu-    Deutschland. Auch war ihm wichtig, dass die Schülerinnen
ellen Themen, die die Jugendlichen betreffen. Zur Beant-      und Schüler einen Einblick in seinen Beruf als Staatssekre-
wortung der Fragen sollten sich die Schüler auf einem Mei-    tär bekommen, und so erklärte er ihnen bis ins kleinste De-
nungsbarometer, der von 1 (unwichtig) bis 10 (sehr wichtig)   tail seinen Wochenablauf und die Vielfältigkeit seines Be-
reichte, im Raum verteilen und mit der Gruppe über ihre       rufs. Auch Raphael Walz erzählte im Anschluss, wie sein
Positionierung diskutieren. Manche dieser Fragen wurden       Beruf als Bürgermeister funktioniert und dass gerade die
später in den Arbeitsgruppen wieder aufgegriffen (z.B.        von Herrn Schebesta angesprochene Vielfalt den Beruf so
„Wählen ab 16 – gut oder weniger gut?“). Im Anschluss da-     interessant macht. Die Jugendlichen waren sehr erstaunt
ran zeigte Udo Wenzl den Jugendlichen Bilder, die mit         von den verschiedenen Aufgaben eines Politikers.
Kommunalpolitik zu tun hatten, und die Schülerinnen und       Zum Abschluss des Gesprächs lobte der Landespolitiker
Schüler sollten die damit verbundenen Aufgaben der Kom-       die Vorbereitung und die Art und Weise der Mitwirkung
mune und des Bürgermeisters erraten und entwickeln.           der Jugendlichen und ermutigte sie, ihr Interesse an der
Nach motivierenden Worten des Bürgermeisters teilten          Politik zu behalten und all die Dinge, die sie in der Diskus-
sich die Jugendlichen in Arbeitsgruppen auf, um gemein-       sion besprochen haben, auch weiter an die Gemeinderäte
sam über unterschiedliche Themen zu diskutieren. Die          heranzutragen, da es „wichtig ist, dass wir uns gemeinsam
Schülerinnen und Schüler machten sich Gedanken über           überlegen, wohin der Weg der Zukunft geht“.
ihre Zukunft in der Gemeinde, über Mobilität, das Genera-     Im Anschluss wurde die Diskussion ausgewertet. Die Ju-
tionenverhältnis vor Ort und die Integration der geflüchte-   gendlichen waren sehr zufrieden, stellten jedoch fest, dass
ten Menschen in Gundelfingen. Außerdem überlegte sich         „Politiker zwar viel sagen, aber gar nicht direkt auf jede
eine Gruppe, was sie dem Bürgermeister schon immer ein-       Frage antworten würden“. Die Jugendlichen erzählten,
mal sagen wollten und was für Ideen sie zur Gestaltung        dass sie sehr viel aus der Diskussion genommen haben und
der Gemeinde hätten. Einer großen Gruppe von Schülern         es auch eine sehr gute Vorbereitung auf die kommende
war es beispielsweise ein besonderes Anliegen, dass der       Gemeinderatssitzung war.
alte Fußballplatz einen neuen Kunstrasen bekommt. Also        Ein besonders spannender Programmpunkt für die Jugend-
suchten sie nach Argumenten, informierten sich über die       lichen war ein Gespräch im Anschluss mit Pavlos Wacker,
möglichen Kosten für die Gemeinde, redeten mit dem Bür-       der in den letzten beiden Jahren politisch aktiv geworden
germeister und überlegten, wie sie selbst Geld sammeln        ist. Pavlos erzählte den Jugendlichen, dass er in ihrem Alter
könnten. Da auch Schülerinnen und Schüler aus anderen         angefangen hat, sich für Politik zu interessieren und er-
Gemeinden anwesend waren, beriet der Projektleiter sie,       klärte ihnen sehr schülernah, wie wichtig es ist, sich zu be-
wie sie am besten mit ihrem Bürgermeister reden können,       teiligen. Er berichtete ihnen von einem Mobilitätsprojekt,
damit auch in ihren Gemeinden mehr auf die Wünsche und        dass er selbst gestartet hatte und ermutigte sie, sich auch
Ideen der Jugendlichen eingegangen wird.                      für ihre Projekte und Ideen einzusetzen. Für die Jugendli-
Da für den kommenden Vormittag eine Diskussion mit dem        chen war es sehr wichtig, von Leuten in ihrem Alter etwas
Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport,   über Politik zu erfahren, da dies einen besonderen Anstoß
Volker Schebesta, vorbereitet werden musste, wurde eine       zur eigenen politischen Beteiligung gibt. Am Ende des
neue Arbeitsgruppe gegründet, in der jeweils zwei Schüle-     Workshops wurden die Ergebnisse des Workshops zusam-
rinnen und Schüler der vorherigen Arbeitsgruppen ihre Er-     mengetragen und letzte Vorbereitungen für die Fahrt in
gebnisse zusammentrugen und sich gemeinsam Fragen für         den Landtag nach Stuttgart und die Gemeinderatssitzung
die Diskussion überlegten. Ein Lehrer gab den Jugendli-       getroffen.
chen eine kurze Einführung, wie man konstruktiv Fragen        Wir sind der Meinung, dass der Workshop sehr wichtig für
stellt und motivierte sie, viele Fragen zu stellen und ihre   Achtklässler ist, da sie mit vielen verschiedenen Methoden
Meinung zu äußern.                                            angeregt werden, über politische Themen nachzudenken
Im Anschluss an die Gruppenarbeitsphase setzten sich die      und sich für ihre politischen Interessen einzusetzen. Wir
Schülerinnen und Schüler wieder im Plenum zusammen und        würden jeder Schule ein solches Projekt empfehlen!
präsentierten ihre Ergebnisse. Nachdem jede Gruppe prä-
sentiert hatte, äußerten sich abschließend der Bürgermeis-
ters und zwei Gemeinderäte. Sie zeigten sich sehr erfreut     Kommunale offene Jugendarbeit als Ort politischer
über das Interesse und die Ideen der Jugendlichen und lu-     Bildung und Beteiligung
den sie ein, dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung ihre                                              (Filipe Fraga Sousa)
Ergebnisse zu präsentieren.
Das Einbinden der Schülerinnen und Schüler in den Work-       Jugendliche an kommunalpolitischen Entscheidungen zu
shop als Reporter, Filmteam oder in der Moderation ver-       beteiligen, ist keine einfache, aber eine bedeutsame Auf-
stärkte das Interesse noch einmal immens, da ihnen viel       gabe. In Gundelfingen entsteht gegenwärtig in Gestalt von

                                                                                                                              347
Xenia Beck, Gabriele Blawert, Ann-Kathrin Götz, Volker Knoop, Filipe Fraga Sousa, Sarah Stötzel, Raphael Walz, Udo Wenzl

                                                                                                                                                                                                                         Auch im Jugendzentrum von
                                                                                                                                                                                                                         Gundelfingen fand ein Work-
                                                                                                                                                                                                                         shop statt. In dem Workshop
                                                                                                                                                                                                                         wurden Themen, Empfehlun-
                                                                                                                                                                                                                         gen und Anregungen der
                                                                                                                                                                                                                         Jugendlichen gesammelt und
                                                                                                                                                                                                                         dem Bürgermeister Raphael
                                                                                                                                                                                                                         Walz vorgestellt.
                                                                                                                                                                                                                                          Foto: Udo Wenzl

                                                                                                                            Workshops eine Beteiligungsform, die überwiegend im             shop im Jugendzentrum anzubieten. Wenn Jugendlichen
                                                                                                                            schulischen Rahmen stattfinden soll. Die Schule ist durchaus    bewusst wird, dass Kommunalpolitik sie direkt betrifft, sind
                                                                                                                            der geeignete Ort für politische Bildung, um die Beteiligung    sie eher bereit, sich zu engagieren.
                                                                                                                            von Jugendlichen zu fördern. Ebenso bietet aber auch der
                                                                                                                            außerschulische Rahmen der kommunalen und offenen Ju-
                                                                                                                            gendarbeit gute Voraussetzungen für die Beteiligung bzw.        Jugendbeteiligung und Bürgerengagement im Sinne
                                                                                                                            demokratische Partizipation von Jugendlichen. Der Auftrag       eines Generationendialogs vernetzen
                                                                                                                            der Kinder- und Jugendarbeit wird unter anderem in § 11                                                  (Gabriele Blawert)
                                                                                                                            SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) konkretisiert:
                                                                                                                            „Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwick-          Mit dem Ziel, das gesellschaftliche und politische Leben in
                                                                                                                            lung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfü-        Gundelfingen mitzugestalten, hat sich 2012 der Verein
                                                                                                                            gung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Men-       „Bürger für Bürger e. V. – Bürgertreff Gundelfingen“ ge-
                                                                                                                            schen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestal-        gründet. Nach dreijähriger Tätigkeit mussten die im Bür-
                                                                                                                            tet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu           gertreff ehrenamtlich Engagierten feststellen, dass sich
                                                                                                                            gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem En-         zwar viele ältere Menschen für das Leben in der Kommune
                                                                                                                            gagement anregen und hinführen.“12                              engagieren und bei politischen Veranstaltungen vertreten
                                                                                                                            Das Jugendzentrum in Gundelfingen ist im Prinzip wie eine       sind, die Jungen hingegen fehlen. Bereits anlässlich der
                                                                                                                            „eigene kleine Gemeinde“, in der Jugendliche unterschied-       Kommunalwahl 2014 hat der Bürgertreff eine Infoparty
                                                                                                                            liche Möglichkeiten haben, sich mit ihren Interessen und        durchgeführt, auf der junge Menschen mit den Kandidatin-
                                                                                                                            Bedürfnissen aktiv zu beteiligen. Sie können die Alltags-       nen und Kandidaten ins Gespräch kommen konnten. Mit
                                                                                                                            strukturen, Programme und Projekte mitgestalten. Die Ju-        Unterstützung der Gemeinde wurden 700 Erstwähler an-
                                                                                                                            gendlichen können so demokratische Strukturen kennen            geschrieben und eingeladen. Der Erfolg war allerdings
                                                                                                                            lernen, diese einüben und dabei Verantwortung für sich          mäßig – gerade mal 20 junge Menschen kamen. Daraus
                                                                                                                            und die Gruppe übernehmen.                                      zogen wir die Folgerung, dass Jugendliche frühzeitiger
                                                                                                                            Wenn Jugendliche sich im Jugendzentrum aktiv beteiligen,        über Möglichkeiten und Formen der Partizipation informiert
                                                                                                                            dann sind sie u. a. auch daran interessiert, sich in die Kom-   werden müssen. Kurzfristig angesetzte Aktionen unmittel-
                                                                                                                            munalpolitik der Gemeinde einzubringen. Dafür müssen            bar vor Wahlen sind ineffektiv und verpuffen rasch. Es geht
                                                                                                                            die Jugendlichen aber zuerst die kommunalen Strukturen          also nicht um einzelne Aktionen, sondern um den gezielten
                                                                                                                            und Abläufe verstehen. Dies soll durch einen Workshop           Aufbau eines demokratischen Grundverständnisses und
                                                                                                                            zum Thema Kommunalpolitik im Jugendzentrum gesche-              die Förderung der politischen Partizipation.
                                                                                                                            hen. Darüber hinaus sollen im Workshop Themen, Anlie-           Jugendbeteiligung braucht fachliche Beratung und Beglei-
                                                                                                                            gen und Empfehlungen der Jugendlichen gesammelt wer-            tung, die in unterschiedlicher Form geleistet werden kann.
                                                                                                                            den, die anschließend an den Gemeinderat weitergege-            So wurden z. B. auf Landesebene (finanzielle) Anreize ge-
                                                                                                                            ben werden. Auch in der Schule finden Workshops statt.          schaffen, die einen solchen Prozess unterstützen. Mit der
                                                                                                                            Da aber nicht alle Jugendlichen der Gemeinde an der             Allianz für Beteiligung und dem Programm „Gut beraten“
                                                                                                                            Schule erreicht werden können, ist es sinnvoll, einen Work-     wurde das Vorhaben in Gundelfingen mit unterstützt.13

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Die Kommune als Lebens- und Perspektivraum der                               KOMMUNALPOLITIK, POLITISCHE (WILLENS-)BILDUNG
jungen Generation                                                              UND JUGENDBETEILIGUNG VERNETZT GESTALTEN
                                               (Raphael Walz)

In den Köpfen vieler junger Menschen findet Kommunalpo-
                                                                  ANMERKUNGEN
litik nur wenig Beachtung. Woran liegt das? In unserer glo-
balisierten und vernetzten Welt verfügt nahezu jeder Ju-          1 Vgl. URL: http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&
                                                                  query=GemO+BW+Inhaltsverzeichnis&psml=bsbawueprod.psml&max=
gendliche über ein Smartphone. Erstmals gibt es eine Ge-          true [17.10.2016].
neration Heranwachsender, die eine Welt ohne Computer,            2 Vgl.       URL:    http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/Startseite/
Smartphone und Tablet gar nicht mehr kennt. Nachrichten           BP2016BW_ ALLG/BP2016BW_ ALLG_SEK1_GK_IK_7–8-9_03_02
                                                                  [17.10.2016].
werden in Sekundenschnelle über die sozialen Medien               3 Vgl.       URL:    http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/Startseite/
(WhatsApp, Facebook, Twitter, Snapchat, Instagram usw.)           BP2016BW_ ALLG/BP2016BW_ ALLG_SEK1_GK_IK_7–8-9_03_02
verbreitet und geteilt. Mit Politikerinnen und Politikern ver-    [17.10.2016].
                                                                  4 Vgl. URL: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/regierung/lan-
binden die jungen Menschen in erster Linie Bundespolitiker.       desregierung/koalitionsvertrag/ [17.10.2016].
Nur wenige sind mit der Landespolitik vertraut. Dass es so        5 Vgl. URL: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/sozi-
etwas wie Kommunalpolitik überhaupt gibt und was es da-           ales/kinder-und-jugendliche/zukunftsplan-jugend/ [17.10.2016].
                                                                  6 Vgl. Schneekloth, Ulrich (2015): Jugend und Politik: Zwischen positivem
mit auf sich hat, können nicht viele Jugendliche spontan –        Gesellschaftsbild und anhaltender Politikverdrossenheit. In: Shell Deutsch-
ohne Blick ins Internet – beantworten. Zwar haben gewiss          land Holding (Hrsg.): Jugend 2015. Eine pragmatische Generation im
die meisten Jugendlichen von Gemeinderätinnen, Gemein-            Aufbruch. Frankfurt am Main, S. 153–200.
                                                                  7 Ebenda, S. 193.
deräten und Bürgermeistern gehört, einen Zusammenhang             8 Vgl.       URL:    http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/Startseite/
mit dem Begriff „Politik“ stellen jedoch nur wenige her. Da-      BP2016BW_ ALLG/BP2016BW_ ALLG_SEK1_GK_LG [17.10.2016].
bei wächst jeder Mensch in einer Gemeinde, ob in einer            9 Vgl. URL: https://www.lpb-bw.de/bwverf/bwverf.htm [17.10.2016].
                                                                  10 Vgl. Edelstein, Wolfgang/Fauser, Peter (2001): „Demokratie lernen und
Großstadt oder in einer kleinen Kommune, auf und ver-             leben“. Gutachten für ein Modellversuchsprogramm der Bund-Länder-
bringt hier auch große Teile seiner Freizeit. Jeder von uns       Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung. Heft 96. Bonn.
nutzt im Laufe seines Lebens die kommunale Infrastruktur,         11 Vgl. Himmelmann, Gerhard (2001): Demokratie als Lebens-, Gesell-
                                                                  schafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr- und Studienbuch. Schwalbach/Ts.
wie Straßen, Wege, Plätze, Kindergärten, Jugendzentren,           12 Vgl. URL: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/ [17.10.2016].
Schulen oder Turnhallen. Veränderungen an dieser Infra-           13 Vgl. URL: http://allianz-fuer-beteiligung.de/foerderprogramme/gut-
struktur sind ohne politische Entscheidungsträger, sind           beraten/ [17.10.2016].
ohne Gemeinderat und Bürgermeister nicht möglich.
Wenn sich Jugendliche eine neue Skateanlage oder einen

                                                                                                                                         UNSER AUTORENTEAM
neuen Bolzplatz wünschen, dann beschäftigen sie sich be-
reits mit kommunalpolitischen Themen. Dies ins Bewusst-
sein der Jugendlichen zu bringen, ihnen vor Augen zu füh-
ren, dass sie sich tagtäglich in ihrer Kommune bewegen
und dabei an einer Vielzahl von zuvor kommunalpoltisch
entschiedenen Projekten vorbeigehen, ist eine Aufgabe,
der sich die Gemeinde Gundelfingen sehr gerne annimmt.
Ziel ist es, die junge Generation zunächst für Kommunalpo-
litik zu sensibilisieren. Ist dieser erste wichtige Schritt er-
reicht, kann in einem nächsten Schritt das Interesse an der
Teilhabe am kommunalpolitischen Geschehen bei den Ju-               Von links nach rechts: Volker Knoop ist Direktor des Albert-Schwei-
gendlichen geweckt werden. Den kommunalpolitisch Ver-               zer-Gymnasiums. Gabriele Blawert, Vorstandsmitglied von „Bür-
antwortlichen ist es ein perspektivisches Anliegen, junge           ger für Bürger e.V“. war die Jugendbeteiligung in Gundelfingen
Menschen für Kommunalpolitik zu gewinnen. Die Jugend                ein großes Anliegen. Filipe Fraga Sousa ist Sozialarbeiter und
ist die Zukunft einer jeden Gemeinde. Je mehr junge Men-            Leiter des Jugendzentrums Gundelfingen. Raphael Walz ist seit
schen sich für ihre Gemeinde interessieren und sich in ihrer        2015 Bürgermeister der Gemeinde Gundelfingen. Udo Wenzl,
Gemeinde engagieren, desto positiver können Gemein-                 systemischer Kommunalberater, begleitet den gesamten Jugend-
den in die Zukunft blicken. Wenn es gelingt, junge Men-             beteiligungsprozess der Gemeinde Gundelfingen.
schen für Kommunalpolitik gar zu begeistern, ist das Enga-
gement für das Gemeinwesen in der Zukunft gesichert.
Gerade auch vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen
und bildungspolitischen Initiativen hin zu mehr Ganzta-
gesangeboten an Bildungseinrichtungen, kommt der
Schule als Sozial- und Lebensraum junger Menschen eine
hohe Bedeutung zu. Deshalb ist es richtig und wichtig, die
jungen Menschen dort abzuholen. Die Kooperation von
Schule und Gemeinde funktioniert in Gundelfingen bereits
sehr gut. Deshalb ist der Ansatz, Schule und Kommu-
nalpolitik in Workshops zusammenzubringen, äußerst
vielversprechend. Denn eine Gemeinde ist nur dann leben-            Von links nach rechts: Ann-Kathrin Götz (Gundelfingen), Sarah
dig, wenn Gemeinschaft gelebt wird. Und Gemeinschaft,               Stötzel (Heuweiler), Xenia Beck (Glottertal); Schülerinnen der Ge-
so wie wir sie heute kennen und schätzen, ist ohne das En-          meinschaftsschule und vom Gymnasium bildeten das Autorinnen-
gagement der heutigen Jugend in Zukunft nicht denkbar.              team bei dem Politikworkshop.

                                                                                                                                                             349
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